Dar-kAs
17.09.2006, 17:10
1. Die große Zeremonienhalle von Mar Kalad wurde durch flackernde Fackeln erhellt. An den Wänden zogen sich breite Simse entlang, auf denen Krieger in voller Rüstung knieten und mit der rechten Hand ihre auf dem Boden aufgesetzte Klinge hielten. Ihre Köpfe waren gesenkt und sie verharrten in bewegungsloser Stille, nur die Fackeln in den Halterungen an den Wänden gaben knacksende Geräusche von sich. Die Krieger warfen verschwommene Schatten auf die hinter ihnen liegende Höhlenwand, da das Licht die Halle nur spärlich erleuchtete.
Eine Ebene unter den Männern standen junge Adeptinnen aufrecht in zwei Reihen. Sie blickten starr geradeaus und schienen sehr konzentriert. Fünf Meter vor ihnen verlief der Mittelgang, über den schon so viele Opfer gegangen waren. Dieser war gesäumt von verzierten Lichtstäben, welche die Frauen um Haupteslänge überragten. In ihren oberen, verdickten Enden brannten Feuer, welche von den Adeptinnen am Leben gehalten wurden und deren Schein gerade weit genug reichte, um die Höhle bis zu den Felssimsen zu erhellen. Im vorderen Teil der Halle stand ein von Hohepriesterinnen bewachter Steinthron, auf dem die Matriarchin des Volkes der Dunklen saß. Sie blickte ebenso starr wie die Adeptinnen, allerdings auf einen mächtigen Steinaltar, der sich am anderen Ende der Höhle über einer Treppe erhob. Ebenso taten es die neun Hohepriesterinnen, vier zu jeder Seite und eine hinter dem Thron. Sie waren die Auserwählten des Dunklen Volkes, jede von ihnen hatte die Chance, selber einmal Matriarchin zu werden und über das Reich Mar Kalad zu herrschen.
Ein seltsamer Duft erfüllte die düstere Halle. Er schärfte die Sinne der Krieger und unterstützte die mentalen Kräfte der Priesterinnen und Adeptinnen. Seitlich des Altars standen zwei Kerzen, welche den Duft verströmten. Sie beleuchteten auch dunkle Flecken auf der Steinplatte und auf der Vorderseite des Altars, die von schlangenartigen Erhebungen dominiert wurde. In der Platte befand sich eine beckenartige Vertiefung, dazu gedacht, das Blut der Opfer aufzufangen. Hinter diesem Monument des Blutkultes war nichts als undurchdringliche Schwärze, so als ob die Welt an dieser Stelle zu Ende wäre und etwas Anderes, Unbekanntes begänne.
Wie auf Kommando erhoben sich die Krieger auf den Simsen und schauten zu ihrer Herrin. Durch zwei schmale Seiteneingänge in der Nähe des Throns betrat je eine dunkel gewandete Gestalt den Raum, unterbrach aber die angespannte Stille nicht durch ihr Auftreten. Was die Atmosphäre störte, war der durchdringende Schrei, der von dem Bündel im Arm der linken Gestalt ausging, aber gleich darauf verstummte. Wieder herrschte Schweigen, als sich die Gestalten der ersten Adeptin in der Reihe zuwandten. Diese trat hervor und nahm von der rechten Priesterin einen langen Ritualdolch entgegen. Danach verneigte sie sich vor der Matriarchin und folgte der Gestalt mit dem Säugling zum Altar.
Ein bedrohliches Summen ertönte plötzlich und langsam lauter werdend aus dutzenden Kehlen; die Richtung, aus der es kam, war unbestimmbar. Synchron wandten die Männer und die anderen Adeptinnen ihren Kopf dem Mädchen mit dem Dolch zu.
Die Priesterin legte das Bündel mit dem Kind auf den kalten Stein und öffnete es. Der Junge strampelte mit den Beinen und schaute die Gestalt interessiert und gar nicht ängstlich an. Dabei gluckste er vor sich hin. Die Adeptin, die nach dem Blutopfer zur Priesterin geweiht werden sollte, nahm den Platz der anderen Frau ein und schloss ihre Hand noch fester um den Griff des Dolches. Sie spürte, wie das Adrenalin durch ihren Körper schoss, wie das Summen ihrer Schwestern in ihren Ohren dröhnte und wie die Blicke der Matriarchin sie von hinten zu durchbohren schienen. Das war sogar noch schlimmer als die auf sie gerichteten Blicke aller anderen Anwesenden.
Dieses Opfer war etwas Besonderes, nicht nur für sie. Der Junge, mit dessen Blut sie die dunklen Götter ehren sollte, war nicht nur vom Blute der Herrschenden, er war der Enkel der Matriarchin selbst und damit ein besonderer Gunstbeweis ihr selber und auch den Göttern gegenüber. Bisher hatte kein direkter männlicher Nachfahre der Matriarchin länger als ein paar Tage überlebt und auch diesem würde es nicht anders ergehen.
Die Adeptin ergriff den Säugling und drehte ihn mit der Kehle zu der Vertiefung, in welcher sich eine Kristallschale befand, aus der erst sie und danach die Dunklen Götter vom Blut des Kindes trinken würden. Entschlossen hob sie den Dolch, bereit, den tödlichen Akt durchzuführen. Mit der anderen Hand bog das Mädchen den Kopf des Kindes nach hinten, um den erst im Ansatz vorhandenen Hals freizulegen. Immer lauter wurde das Dröhnen und schien die Waffe vibrieren zu lassen.
Nicht zum ersten Mal beendete die Adeptin das Leben eines Mitgliedes ihres Volkes. Um in den Genuss einer Ausbildung zur Adeptin zu gelangen, hatte sie schon einmal ein Kind geopfert und so konnte sie der bevorstehenden Prüfung mit Gelassenheit und Stolz entgegensehen.
Muskeln spannten sich, ein Blick konzentrierte sich auf die Kehle eines Dunkelelfenkindes, Verwirrung machte sich in einem Kopf breit, Verwirrung darüber, dass der angespannte Arm nicht zu seinem Opfer gesenkt werden konnte. Die Adeptin war unfähig, sich zu bewegen, war unfähig, das Leben des Kindes den Göttern zu überantworten. Die Augen der Krieger verengten sich, das Singen schien ungeduldig, drängend zu klingen, und die Initiatin spürte den tadelnden Blick ihrer Matriarchin und der anderen Frauen. Ein anderes, noch bedrohlicheres Summen erhob sich aus der Dunkelheit hinter dem Altar, also direkt vor ihr, eine eisige Kälte erfasste sie, aber sie konnte nichts sehen. Das Gesicht des Jungen färbte sich dunkelrot und ein lauter Schrei entrang sich seiner Kehle, während die Adeptinnen verstummten. Im Hintergrund begannen die Priesterinnen nervös zu murmeln, als auch schon ein unsichtbarer Stoß in die Rippen die Adeptin in die Knie gehen lies und ihr den Dolch aus der Hand schlug. Bis auf das hohle Klirren der auf dem harten Steinboden aufschlagenden Klinge war es plötzlich totenstill. Sogar der Säugling hielt in seinem Schreien inne. Jeder der Anwesenden spürte die dunkle Präsenz, die sich der Höhle bemächtigt hatte.
Als sich die Matriarchin von ihrem Thron erhob, wandten sich die Blicke der Adeptinnen und Krieger ihr zu. Die Priesterinnen konzentrierten sich weiterhin auf den Altar, der scheinbaren Quelle der dunklen Präsenz. Sie begriffen die Vorgänge mehr als die anderen. Doch die Matriarchin hatte sie spüren können, noch bevor alle anderen auch nur erahnten, wie sich das scheinbar Unbekannte in den Raum schlich und stärker wurde. Aber sie hatte die Initiationszeremonie nicht unterbrochen, da sie wissen wollte, was passiert.
„Die Dunklen Götter nehmen dieses Opfer nicht an, das Kind soll leben!" Schlagartig verschwand das Bedrohliche aus den Köpfen der Anwesenden, die junge Adeptin am Altar rappelte sich auf und schaute fragend zum Thron. Aber sie war unwichtig. Die Matriarchin ignorierte sie, denn interessanter war jetzt die Frage, was mit ihrem Enkel geschehen sollte, der auf dem Altar lag und wieder in das entstandene Schweigen brüllte. Vorerst würde er leben, aber sie musste nachdenken. In dem Unbekannten spürte sie Vertrautes.
Wortlos wandte sich die Herrscherin der Dunkelelfen dem rechten Ausgang zu und verließ die Höhle; ihre neun Priesterinnen folgten. Das Feuer in den Lichtstäben verblasste und Dunkelheit hüllte Altar und Opfergang ein, lediglich die Schatten an den Wänden führten einen bedrohlichen Tanz auf und vor der absoluten Dunkelheit im hinteren Höhlenteil schwebten wie verloren die Flammen der zwei Kerzen.
Diese Geschichte ist geistiges Eigentum ihres Autors und darf, außer von ihm, nicht weiter verbreitet oder bearbeitet werden.
Eine Ebene unter den Männern standen junge Adeptinnen aufrecht in zwei Reihen. Sie blickten starr geradeaus und schienen sehr konzentriert. Fünf Meter vor ihnen verlief der Mittelgang, über den schon so viele Opfer gegangen waren. Dieser war gesäumt von verzierten Lichtstäben, welche die Frauen um Haupteslänge überragten. In ihren oberen, verdickten Enden brannten Feuer, welche von den Adeptinnen am Leben gehalten wurden und deren Schein gerade weit genug reichte, um die Höhle bis zu den Felssimsen zu erhellen. Im vorderen Teil der Halle stand ein von Hohepriesterinnen bewachter Steinthron, auf dem die Matriarchin des Volkes der Dunklen saß. Sie blickte ebenso starr wie die Adeptinnen, allerdings auf einen mächtigen Steinaltar, der sich am anderen Ende der Höhle über einer Treppe erhob. Ebenso taten es die neun Hohepriesterinnen, vier zu jeder Seite und eine hinter dem Thron. Sie waren die Auserwählten des Dunklen Volkes, jede von ihnen hatte die Chance, selber einmal Matriarchin zu werden und über das Reich Mar Kalad zu herrschen.
Ein seltsamer Duft erfüllte die düstere Halle. Er schärfte die Sinne der Krieger und unterstützte die mentalen Kräfte der Priesterinnen und Adeptinnen. Seitlich des Altars standen zwei Kerzen, welche den Duft verströmten. Sie beleuchteten auch dunkle Flecken auf der Steinplatte und auf der Vorderseite des Altars, die von schlangenartigen Erhebungen dominiert wurde. In der Platte befand sich eine beckenartige Vertiefung, dazu gedacht, das Blut der Opfer aufzufangen. Hinter diesem Monument des Blutkultes war nichts als undurchdringliche Schwärze, so als ob die Welt an dieser Stelle zu Ende wäre und etwas Anderes, Unbekanntes begänne.
Wie auf Kommando erhoben sich die Krieger auf den Simsen und schauten zu ihrer Herrin. Durch zwei schmale Seiteneingänge in der Nähe des Throns betrat je eine dunkel gewandete Gestalt den Raum, unterbrach aber die angespannte Stille nicht durch ihr Auftreten. Was die Atmosphäre störte, war der durchdringende Schrei, der von dem Bündel im Arm der linken Gestalt ausging, aber gleich darauf verstummte. Wieder herrschte Schweigen, als sich die Gestalten der ersten Adeptin in der Reihe zuwandten. Diese trat hervor und nahm von der rechten Priesterin einen langen Ritualdolch entgegen. Danach verneigte sie sich vor der Matriarchin und folgte der Gestalt mit dem Säugling zum Altar.
Ein bedrohliches Summen ertönte plötzlich und langsam lauter werdend aus dutzenden Kehlen; die Richtung, aus der es kam, war unbestimmbar. Synchron wandten die Männer und die anderen Adeptinnen ihren Kopf dem Mädchen mit dem Dolch zu.
Die Priesterin legte das Bündel mit dem Kind auf den kalten Stein und öffnete es. Der Junge strampelte mit den Beinen und schaute die Gestalt interessiert und gar nicht ängstlich an. Dabei gluckste er vor sich hin. Die Adeptin, die nach dem Blutopfer zur Priesterin geweiht werden sollte, nahm den Platz der anderen Frau ein und schloss ihre Hand noch fester um den Griff des Dolches. Sie spürte, wie das Adrenalin durch ihren Körper schoss, wie das Summen ihrer Schwestern in ihren Ohren dröhnte und wie die Blicke der Matriarchin sie von hinten zu durchbohren schienen. Das war sogar noch schlimmer als die auf sie gerichteten Blicke aller anderen Anwesenden.
Dieses Opfer war etwas Besonderes, nicht nur für sie. Der Junge, mit dessen Blut sie die dunklen Götter ehren sollte, war nicht nur vom Blute der Herrschenden, er war der Enkel der Matriarchin selbst und damit ein besonderer Gunstbeweis ihr selber und auch den Göttern gegenüber. Bisher hatte kein direkter männlicher Nachfahre der Matriarchin länger als ein paar Tage überlebt und auch diesem würde es nicht anders ergehen.
Die Adeptin ergriff den Säugling und drehte ihn mit der Kehle zu der Vertiefung, in welcher sich eine Kristallschale befand, aus der erst sie und danach die Dunklen Götter vom Blut des Kindes trinken würden. Entschlossen hob sie den Dolch, bereit, den tödlichen Akt durchzuführen. Mit der anderen Hand bog das Mädchen den Kopf des Kindes nach hinten, um den erst im Ansatz vorhandenen Hals freizulegen. Immer lauter wurde das Dröhnen und schien die Waffe vibrieren zu lassen.
Nicht zum ersten Mal beendete die Adeptin das Leben eines Mitgliedes ihres Volkes. Um in den Genuss einer Ausbildung zur Adeptin zu gelangen, hatte sie schon einmal ein Kind geopfert und so konnte sie der bevorstehenden Prüfung mit Gelassenheit und Stolz entgegensehen.
Muskeln spannten sich, ein Blick konzentrierte sich auf die Kehle eines Dunkelelfenkindes, Verwirrung machte sich in einem Kopf breit, Verwirrung darüber, dass der angespannte Arm nicht zu seinem Opfer gesenkt werden konnte. Die Adeptin war unfähig, sich zu bewegen, war unfähig, das Leben des Kindes den Göttern zu überantworten. Die Augen der Krieger verengten sich, das Singen schien ungeduldig, drängend zu klingen, und die Initiatin spürte den tadelnden Blick ihrer Matriarchin und der anderen Frauen. Ein anderes, noch bedrohlicheres Summen erhob sich aus der Dunkelheit hinter dem Altar, also direkt vor ihr, eine eisige Kälte erfasste sie, aber sie konnte nichts sehen. Das Gesicht des Jungen färbte sich dunkelrot und ein lauter Schrei entrang sich seiner Kehle, während die Adeptinnen verstummten. Im Hintergrund begannen die Priesterinnen nervös zu murmeln, als auch schon ein unsichtbarer Stoß in die Rippen die Adeptin in die Knie gehen lies und ihr den Dolch aus der Hand schlug. Bis auf das hohle Klirren der auf dem harten Steinboden aufschlagenden Klinge war es plötzlich totenstill. Sogar der Säugling hielt in seinem Schreien inne. Jeder der Anwesenden spürte die dunkle Präsenz, die sich der Höhle bemächtigt hatte.
Als sich die Matriarchin von ihrem Thron erhob, wandten sich die Blicke der Adeptinnen und Krieger ihr zu. Die Priesterinnen konzentrierten sich weiterhin auf den Altar, der scheinbaren Quelle der dunklen Präsenz. Sie begriffen die Vorgänge mehr als die anderen. Doch die Matriarchin hatte sie spüren können, noch bevor alle anderen auch nur erahnten, wie sich das scheinbar Unbekannte in den Raum schlich und stärker wurde. Aber sie hatte die Initiationszeremonie nicht unterbrochen, da sie wissen wollte, was passiert.
„Die Dunklen Götter nehmen dieses Opfer nicht an, das Kind soll leben!" Schlagartig verschwand das Bedrohliche aus den Köpfen der Anwesenden, die junge Adeptin am Altar rappelte sich auf und schaute fragend zum Thron. Aber sie war unwichtig. Die Matriarchin ignorierte sie, denn interessanter war jetzt die Frage, was mit ihrem Enkel geschehen sollte, der auf dem Altar lag und wieder in das entstandene Schweigen brüllte. Vorerst würde er leben, aber sie musste nachdenken. In dem Unbekannten spürte sie Vertrautes.
Wortlos wandte sich die Herrscherin der Dunkelelfen dem rechten Ausgang zu und verließ die Höhle; ihre neun Priesterinnen folgten. Das Feuer in den Lichtstäben verblasste und Dunkelheit hüllte Altar und Opfergang ein, lediglich die Schatten an den Wänden führten einen bedrohlichen Tanz auf und vor der absoluten Dunkelheit im hinteren Höhlenteil schwebten wie verloren die Flammen der zwei Kerzen.
Diese Geschichte ist geistiges Eigentum ihres Autors und darf, außer von ihm, nicht weiter verbreitet oder bearbeitet werden.