PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Also sprach Zarathustra – Utopie oder Dystopie?



Saga
06.09.2006, 23:35
Guten Abend!
Friedrich Nietzsche legte seine visionären Worte in den Mund der mehr oder minder fiktiven Person Zarathustra. Das Vorbild, den „echten“ Zarathustra (ergo Zoroaster) vergessen wir jetzt einfach mal. Zarathustra prophezeite den Menschen das Kommen des Übermenschen. Dieser unterscheidet als metaphorischer Gegenpol in allen Belangen von der Masse Mensch. Die Menschen sind zu einem antriebslosen, wissensundurstigen und absolut zufriedenen Haufen geworden. Der Übermensch jedoch wollte weiterhin schaffen, hatte Vertrauen in seine Fähigkeiten, Mut, Willen und Durchsetzungsvermögen. Doch das Kommen des Übermenschen ist als Äquivalent zum Ende der Menschheit zu verstehen. So in etwa lässt sich Nietzsches Werk ganz einfach und banal aufs wesentliche beschränkt ganz kurz beschreiben.

Szenenwechsel.

Übertragen wir dieses Szenario auf die reale Welt. Unsere Gesellschaft lebt in einer Zeit des Fortschrittes. Unsere Vorväter lebten in Zeiten der Veränderungen und des Fortschrittes wie die Menschen die Jahrhunderte und Jahrtausende vor ihnen gelebt haben. Wir sind keine antriebslose Masse. Denn so schnell wie sich die Technologie oder die Forschung (also der Fortschritt) erweitert, so schnell kommen viele Menschen gar nicht mit. Neue Erkenntnisse, Entdeckungen und Erfindungen brachten den Stein des Fortschrittes schon vor Äonen ins Rollen und heute haben wir in vielen Bereichen ein Maxim an Fortschritt und Entwicklung erreicht. Wir leben in einer Zeit in der durch Technologie und Forschung nahezu alle Träume der Menschheit zumindest ansatzweise erfüllt wurden. Wir besitzen die Technologie zu den Sternen zu reisen und zu fliegen. Durch Medizin wurde die Länge des Lebens verlängert. Reisen dauern nicht mehr allzu lange, da wir eine Infrastruktur erschaffen haben. Durch klassische Medien und Technologie ist man praktisch immer über alle Weltgeschehnisse informiert. Wir haben erreicht, dass Menschen frei denken dürfen, sich Religion und politische Gesinnung frei wählen können. Und das Angebot ist groß. Es gibt Gesetze, die bei Einhaltung das Wohl der Menschen schützen. Natürlich darf man das nicht pauschal auf die ganze Welt übertragen. Trotz des Fortschrittes oder gerade wegen ihm, haben die negativen Züge des Menschen neue Dimensionen des Grauens erreicht. Auch in Punkto Kriegsführung, Waffentechnologie, Grausamkeit und dem Leid zufügen, haben wir ein aktuelles Maxim erreicht. Und es gibt eine Hiobsbotschaft. Der Fortschritt ist auch hier nicht aufzuhalten. Haben die werten Damen und Herren in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts etwa über die Visionen des Herrn Fritz Lang und seiner Gemahlin Thea von Harbou gelacht, als Metropolis in den Lichtspielhäusern vorgeführt wurde, so sind diese heute längst überholte Realität geworden. Wie sieht Krieg dann in 100 Jahren aus? Ist der Terminator dann auch Realität? Haben wir unseren Planeten dann etwa auch zerstört sodass wir die Oberfläche nicht mehr bewohnen können, so wie in George Lucas’ Debütfilm THX 1138? Wer weiß dass schon. Aber Fakt ist, dass Science Fiction irgendwann Realität werden könnte. Während man heute noch mit einem Schmunzeln vor den Bildschirmen/Büchern sitzt, könnten unsere Nachkommen in ferner/naher Zukunft darunter leiden.

Jetzt könnte man sich fragen was Arkon eigentlich mit diesem Erguss an pseudo-philosophischen Zukunftszenarios sagen will. Was haltet ihr von dem Fortschritt der uns ja alle betrifft? Wie kommt ihr damit klar? Was erwartet/erhofft/befürchtet ihr von der Zukunft im Zeichen des kontinuierlichen Fortschritts? Was hat Nietzsche damit zu tun? Ihr könnt neue Fragen aufwerfen, einfach herum philosophieren oder einfach schreiben was euch einfällt. Ganze im Sinne von

Ein Ort zum Ausruhen, Reden, Nachdenken, Philosophieren, Träumen und Spinnen.


Mein Szenario einer nicht näher bestimmten Zukunft sieht wie folgt aus. Etwas pessimistisch und (noch) unwahrscheinlich, aber dennoch ein Nachtmahr basierend auf diversen Dingen der Gegenwart.

Der Mensch verkommt zu einem reinen Konsumenten. Der Sinn des Lebens liegt im Konsumieren von Waren von Produkten. Der Mensch in der Arbeit wird wegrationalisiert. In Geschäften gibt es keine Verkäufer mehr. Man geht in ein Geschäft und findet sich in einem kreisartigen Raum wieder. Man geht im Uhrzeigersinn herum und findet an den Wänden nur mehr riesige Automaten wie man sie aus der Gegenwart von Getränkeautomaten kennt. Man wirft den zu zahlenden Beitrag ein und durch einen Schacht kommt sofort die Ware in den Einkaufskorb. Alles völlig anonym. Small Talk mit anderen möchte man nicht mehr führen, weil man sich schämen könnte, dass man sich weniger schöne Sachen leisten kann wie andere. Auch in Betrieben wo Handwerker arbeiteten, gibt es nur mehr computergesteuerte Maschinen. Chauffeure von Bussen, Taxen, Straßenbahnen, etc sind ebenfalls unnötig. Denn wo heute schon Navigationssysteme Einzug halten, wird es in meiner Zukunft gar keine Menschen mehr geben. Autopiloten und Navigationssysteme zusammen können ebenfalls funktionieren und Menschen ersetzen. Um es kurz zu halten, einfach überall wurden Menschen durch Maschinen ersetzt. So ergeht es der Unterschicht. Diese müssen Jobs übernehmen, die man heute meidet. Sie verdienen alle ja nach Leistung Geld. Je mehr sie arbeiten – sprich je mehr Freizeit sie opfern, desto mehr Verdienen sie. Dadurch soll die Unterschicht dank Konkurrenzkämpfe motiviert werden. Die Oberschicht besteht nun aus den Menschen, die elitär über die Unterschicht wachen. Sie sind die gebildete Minderheit. Forscher, Entwickler, etc und natürlich die Politiker die durch ein totalitäres System über die Menschheit wachen. Zugang zu Bildung, Kunst, Kultur, Musik, etc haben nur Vertreter der Oberschicht. Ein Mittelschicht existiert nicht mehr (Wolfgang Schüssel lässt grüßen }:) ). Überwachung sieht so aus, dass jedem Menschen bei der Geburt ein Mikrochip injiziert wird. Überall in den Viertel der Unterschicht gibt es Überwachungskameras und Polizeipräsenz. Die Welt an sich ist zerstört. Umwelt ist vollkommen verschmutzt. Flora und Fauna ist entweder ausgelöscht oder mutiert. Das Leben ist nur mehr in Städten möglich, in denen das totalitäre System die Oberhand hat. Die Bürokratie nimmt unglaubliche Dimensionen an. Jedes Ansuchen muss erst mal an den Ämtern angenommen werden. Dann wird er in Massenabfertigung von einer Kommission genehmigt oder nicht. Es dauert verdammt lange bis man eine Antwort erhält. Kriminalität, Gewalt, Krieg, etc gibt es fast nicht mehr. Als Preis musste die Menschheit ihre Anonymität und Individualität zahlen. Denn anstelle von Familiennamen gibt es nur Nummern, die auf den Arm tätowiert wie ein Barcode funktioniert. Das gilt für beide Schichten. Sobald man Gebäude, Arbeitsplatz, Flughafen, etc betritt wird man gescannt. Dadurch kann Anwesenheit und Sicherheit gewährleistet werden. Da die Kulturen vereinheitlicht wurden, gibt es auch nur mehr eine Religion, die auf das Regime zugeschnitten ist. Ich denke man kann sich vorstellen wie diese Welt aussehen würde.

Das reicht glaube ich fürs erste. Dieser Thread hat nicht unbedingt eine feste Struktur. Egal ob philosophische Auseinandersetzungen mit dem Fortschritt oder diverse Sci-Fi-Szenarios, hier ist einfach alles was mit der Thematik „Mensch und Fortschritt“ zu tun hat erwünscht.

Stefan
07.09.2006, 00:11
Und was hat Nietzsche jetzt damit zu tun?

Saga
07.09.2006, 01:36
@Motorradcop68

Und was hat Nietzsche jetzt damit zu tun?
Nietzsche beschrieb eine Masse, eine Menschheit, für die es keinen Fortschritt mehr gab. Die Menschen waren zufrieden mit dem was sie erreicht haben und wollten nicht mehr. Der Übermensch war das metaphorische Gegenteil. Wir, also jene Menschen in dieser realen Welt, sind geprägt vom Fortschritt (Meinetwegen vom Geist des Übermenschen). Ich kenne Nietzsches Werke und weiß schon was er damit aussagen wollte und dass man sie nicht wörtlich nehmen darf. Also sprach Zarathustra gab mir aber den Anlass darüber nachzudenken welches Schicksal uns bevorsteht, wo wir doch vom Fortschritt/der Technik abhängig sind. Wohin führt das? Nietzsches Menschen mussten untergehen, damit der eine Übermensch kommt. Wie geht es mit uns weiter? Ich habe den Thread deswegen so getauft, weil für mich das Buch Auslöser war darüber nachzudenken und weil so wahrscheinlich mehr User auf ihn aufmerksam werden ;) Nicht mehr nicht weniger, was ich übrigens im Post kurz angedeutet habe. Man kann da nicht viel hinein interpretieren. Das Buch war ausschlaggebend was meine Gedankengänge angeht, von dem her hat Nietzsche für mich schon ansatzweise was mit dem zu tun. Wenn ich mir aber die Bemerkung erlauben dürfte. Du hättest auch etwas mehr, vor allem etwas Produktives schreiben können. Da wäre immer noch genügend Platz gewesen deine Frage zu stellen. Aber einfach einen mehr oder minder sinnfreien Einzeiler zu schreiben, das ist gar ein bisschen mager.

Gabriel
07.09.2006, 02:08
Vorherein muss ich sagen, ich hatte nur kurz was von Nietsche inner Hand damals, lang isses her, in der Schule aber ich glaube schon das das Thema ähnlich war


Hm schwer zu sagen ob Utopie oder Hirngespinnst.

Gehen wir zuersteinmal davon aus das wir den Homo Superior erschaffen, ein Hoch auf die Gentechnik. Ist das so wahrscheinlich das es dann zum Konflikt zw. "normalos" und den Supermenschen kommt. Ich glaube mal: "Ja", ich seh das dann genauso wie du.
Version 1:
Die Genforschung schluckt Unmengen von Geld also können sich Wunschkinder eh nur die reichen der Bevölkerung geben. Und während man dann später in Schule, die dann sicher auch getrennt ist, da die Superkinder (o_O) ja schneller lernen könnten, gleich mal totalitär eingeteilt wird in unschöne Berufe die eigendlich nur Arbeitskraft und kein Gehirnschmalz erforden. Die Supermenschen hingegen übernehmen nach und nach alle wichtigen Posten, auch Politische. Die normalen werden dann Überzüchtung (zbsp einen Supermenschen der die pure Muskelkraft ist) und künstlicher "Zeugung" nach und nach unwichtiger... erste Gesetze gegen normale Menschen werden erlassen das sie nicht mehr arbeiten brauchen - die Welt freut sich. Misstrauische Menschen werden dank Anti-Terrorgesetze und verschärften Polical Correctness Gesetzen gleich mal weggesperrt -> Sicherheitsverwahrung. Nach und nach wird der normale Mensch ausgerottet, der Mensch als perfekte biologische Maschine ist das was übrigbleibt.
Version 2:
Genforschungsgesetze werden erlassen, ab sofort ist es verboten seine Kinder künstlich zu verbessern. Jedoch gibt es Ausnahmereglungen bei Krankheiten, nebenbei entwickelt sich ein gigantischer Schwarzmarkt. Und jedes genetisch behandelte Kind wird permanent überwacht. Bei seltsamen Vorkommnissen gibts keine Verhandlung, sondern sofortige Vernichtung da laut den 1.§ Genforschungsgesetze Klone und genetisch verbesserte Menschen keine Rechte haben und vor dem Gesetz auch nicht als Menschen gelten.
Es entwickelt sich ein netter Untergrund und irgendwann explodiert das Pulverfass.
Version 3:
Während einige Staaten Gentechnik ohne Beschränkungen erlauben ist es in anderen Staaten komplet verboten. Zur Sicherheit ratifiziert die UN schnell mal ein allgemeines Verbot für Staaten, erlaubt jedoch Forschung in Gruppen (ähnlich Weltraumforschung). Jedoch sorgen zahlreiche Beschränkungen dafür das sich die Gentechnik kaum entwickelt, so das sie im Laufe der Zeit immer unwichtiger in der Wohlstandsgesellschaft wird. Findige Geldgeber mit schier endlosen Mitteln erscheinen auf der Bühne - Militärs. Sie wollen und können ihren Supersoldaten züchten, dieser wird dann benutzt um andere Staaten als Sateliten zu "gewinnen", auch hier kann sich Schöpfung irgendwann mal gegen Schöpfer wenden.

puh
Was Cyborgs, Maschinen, Mechs, Orbitalkriege, Orwells 1984 etc angeht ;)
Da hab ich ja nochmehr dolle Theorien ^^

Obwohl ich auch gern was positives schreiben würde, doch leider ist der Mensch mit Macht, der also was zu sagen hat, jemand der nie (wirklich nie) etwas selbstloses gutes ohne Grund tut.

Ianus
07.09.2006, 09:54
Wir haben erreicht, dass Menschen frei denken dürfen, sich Religion und politische Gesinnung frei wählen können. Hahahahahaha, oh wow, hahahahaha. Natürlich, darum gibt es Gesetze gegen Verfassungsfeindliche Tätigkeiten und Ideologien, auch wenn sich inzwischen niemand mehr daran hält.

Geh noch mal zurück und bezieh "Das heilige Nein" der Löwenphase in den Text ein. Danach kommst du wieder und versuchst vor dir selbst weiterhin zu behaupten, dass Nietzsche sich mehr als einen Dreck um den technischen Fortschritt gekümmert hätte. Oder gar die Technologische Utopie anstrebte, die uns seit 1910 von den Wissenschaftlern ausgemalt wurde und welche du beschreibst.

Und das wir vom Werkzeug abhängig sind, wird dir spätestens dann klar, wenn du versucht hast, Fleisch mit deinen Fingernägeln zu zerschneiden. :rolleyes: Woher kommt diese Feindlichkeit gegen hochentwickelte Hämmer, Messer und Grammophone?

La Cipolla
07.09.2006, 11:52
OK, erstmal auf Nitzsche bezogen, finde ich schon, dass seine Aussprüche in angesprochenem Werk darauf abzielen, dass der Übermensch den Menschen von der Erde fegt. (Man könnte jetzt wieder Parallelen zu X-Men und den Dinosauriern ziehen, aber ich mach lieber einen Cut.)

Es gibt aber ein Problem, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie der gute Philosoph der Meinung war, seine Theorie würde uns helfen. Wir reden hier von einem Übermenschen. Jemand, der über dem Menschen steht. Wir können uns nicht herausnehmen, zu behaupten, es wäre das Ende der Menschheit, weil wir als Menschen nicht verstehen können, was seine Handlungsweise wäre. Er könnte uns alle vernichten, er könnte in Koexistenz mit uns leben. Über die Möglichkeiten könnte man sich streiten, aber es bringt nichts, denn schließlich ist keiner von uns im Stande, sich in die Rolle des Übermenschens zu versetzen. Es ist wie eine Aussprache über den Tod. Man kann Meinungen hören, diskutieren, aber am Ende ist man nicht klüger, wiel eine vergleichbare Erfahrung fehlt, auf die man sich beziehen kann.
Wunderschön zusammengefasst in dem idiotischen Satz "Was wäre, wenn nichts wäre?"
Der Mensch denkt über etwas nach, das nicht existiert, und welche Erfahrung zieht er heran? Die der Existenz. Wunderbar.

In dem Sinne bewerte ich seine ganzen Übermenschentheorie einerseits für Bullshit, denn sie hilft den Menschen nicht direkt. Indirekt hilft sie wieder nur denen, die es davor auch schon hingekriegt hätten, also wieder das alte Philosophen-Problem.

Ganz davon abgesehen halte ich einen Übermenschen für etwas, das nichts mehr mit einem Tier gemeinsam hat, also keinerlei Instinkte mehr besitzt. Natürlich kann man darauf hinarbeiten, aber man es nicht schaffen. Außerdem mag ich Nietzsche nicht, dafür, dass er den Übermenschen als etwas Gutes hingestellt hat. Für alle, die mir zustimmen, eine Frage im Raum: Jemand, der sich seinen Instinkten völlig ergeben hat, ist der dann ein Übermensch oder ein "Untermensch"? Ich spreche jetzt von Tieren, "psychisch kaputten", Massentriebtätern, und absoluten Eremiten.

Stan
07.09.2006, 17:15
Ganz davon abgesehen halte ich einen Übermenschen für etwas, das nichts mehr mit einem Tier gemeinsam hat, also keinerlei Instinkte mehr besitzt.
Seh ich anders? Kannst du das am Text belegen? (:D) Ich denke nicht dass Nietzsches Übermensch instinktlos ist und vor allem nicht, dass er eine X-Men-ähnliche Figur ist. In der Vorrede Zarathustras heißt es:

"Der Übermensch ist der Sinn der Erde. (...) Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden! (...) Verächter des Lebens sind es, Absterbende (...)."

Könnte es der Sinn der Erde sein, keine Instinkte mehr zu besitzen?

Weiter heißt es:
"Einst blickte die Seele verächtlich auf den Leib: und damals war diese Verachtung das Höchste: - sie wollte ihn mager, grässlich, verhungert. So dachte sie ihm und der Erde zu entschlüpfen.
Oh diese Seele war selber noch mager, grässlich und verhungert: und Grausamkeit war die Wollust dieser Seele!"

Kann sich diese Kritik an reiner Geistlichkeit - gegen die Instinkte wenden?

Heidegger definiert in "Was ist Denken?" den Übermenschen stark an seiner Fähigkeit von der Rache abzulassen, verkürzt gesagt ist nach Heidegger und Nietzsche die Rache: "Der Widerwille des Willens gegen die Zeit und ihr 'Es war'". Indem der Wille also das 'Es war', also die Vergänglichkeit der Zeit, annimmt und nicht mehr als Feind ansieht, sondern sagt: Ja, so wollte ich es, kann er sich von einer rächerischen Moral befreien. Nach Heidegger ein wichtiger Schritt zum Übermenschen.
Und was den Übermenschen imo am klarsten darstellt, ist eine Sicht die in Richtung Darwin geht. Nietzsche hat gegen Darwin polemisiert, nicht weil er seine Theorie für falsch hielt, sondern für nicht ausführlich genug. Der Mensch ist Kette einer physischen Evolution, aber ebenso! Und vielleicht noch mehr! Teil einer geistigen Evolution. Und nach Nietzsche ist der letzte Mensch, das Ende dieser Evolution, weil nach ihm keine Entwicklung mehr stattfinden kann.
Der Übermensch hingegen ist in der Lage zur geistigen Evolution (durch Selbstreflexion, durch annehmen des Leides, durch Bejahung des Körpers, durch Bejahung der ewigen Wiederkehr des Gleichen).


Gehen wir zuersteinmal davon aus das wir den Homo Superior erschaffen, ein Hoch auf die Gentechnik. Ist das so wahrscheinlich das es dann zum Konflikt zw. "normalos" und den Supermenschen kommt.
Auch wenn du das vielleicht nicht gemeint hast, aber mit Gentechnik haben die letzten und Übermenschen bei Nietzsche gar nichts zu tun.


Übermensch war das metaphorische Gegenteil.
Metapher für was? Ich seh den Übermenschen eher als Leitfaden, als nicht erreichbares, aber anstrebbares Ideal.


Doch das Kommen des Übermenschen ist als Äquivalent zum Ende der Menschheit zu verstehen.
Warum? Klar, es gibt die ganzen Übergang, Untergang Szenen im Zarathustra, aber bedeutet das gleichzeitig das der Übermensch der Untergang ist? Er ist schließlich auch eine Art Mensch und keiner der aus Langeweile mit 'ner Knarre durch Karstadt rennt.

Saga
07.09.2006, 18:31
@Stan

Warum? Klar, es gibt die ganzen Übergang, Untergang Szenen im Zarathustra, aber bedeutet das gleichzeitig das der Übermensch der Untergang ist? Er ist schließlich auch eine Art Mensch und keiner der aus Langeweile mit 'ner Knarre durch Karstadt rennt.
Soweit ich mich erinnern kann, wurde im Buch davon gesprochen dass der Übermensch nur kommen könne, wenn die Masse Mensch vorher untergeht und somit Platz macht. Der Übermensch wäre demnach durchaus eine neue erstrebenswerte Stufe der geistigen Entwicklung.


Metapher für was? Ich seh den Übermenschen eher als Leitfaden, als nicht erreichbares, aber anstrebbares Ideal.
Die Menschen= antriebslose zufriedene Masse
Der Übermensch= einzelnes wissensdurstiges, mächtiges, etc Individuum
Mit dem Leitfaden gebe ich dir aber recht.

Stan
07.09.2006, 20:25
Soweit ich mich erinnern kann, wurde im Buch davon gesprochen dass der Übermensch nur kommen könne, wenn die Masse Mensch vorher untergeht und somit Platz macht. Der Übermensch wäre demnach durchaus eine neue erstrebenswerte Stufe der geistigen Entwicklung.

Ja, sowas wird zwar auch immer wieder gesagt, aber imo ist folgende Stelle viel stärker (Drittes Buch, Vom Vorrübergehen):
"(...) Mich ekelt auch dieser grossen Stadt und nicht nur dieses Narren. Hier und dort ist Nichts zu bessern, Nichts zu bösern.
Wehe dieser grossen Stadt! Und ich wollte, ich sähe schon die Feuersäule, in der sie verbrannt wird!
Denn solche Feuersäulen müssen dem grossen Mittage [Zeit d. Übermenschen?] vorangehn. Doch diess hat seine Zeit und sein eigenes Schicksal. -
Diese Lehre aber gebe ich dir, du Narr, zum Abschiede: wo man nicht mehr lieben kann, da soll man v o r ü b e r g e h n! -

Also sprach Zarathustra und gieng an dem Narren und der grossen Stadt vorüber."

D.h. es liegt durchaus Blut auf dem Weg, aber nicht durch Zarathustra oder seine Gefolgschaft. (Wobei sich Z. strikt gegen Gefolgschaft wehrt, siehe Ende erstes Buches.) Sondern eher durch die letzten Menschen und ihre konsumierende, unreflektierende, Freiheit ablehnende Lebensweise. 1933 - 1945.


Die Menschen= antriebslose zufriedene Masse
Der Übermensch= einzelnes wissensdurstiges, mächtiges, etc Individuum
Mit dem Leitfaden gebe ich dir aber recht.
Dann ist der Übermensch aber nicht so richtig 'ne Metapher. Sondern eben ... eine Bezeichnung. ^^

La Cipolla
07.09.2006, 20:41
Seh ich anders? Kannst du das am Text belegen?
Mein gott NEIN!! :eek: :rolleyes: Wie gesagt, ist nur meine Meinung, nicht Nietzsches. ;D

Ok, nach allen Punkten, die du (Stan) beschrieben (bzw auch von Nietzsche zitiert) hast, ist der Übermensch der, der sich vollends auf seine Instinkte beruft, also das Gegenteil von dem, was ich angenommen hat. Geht IMHO auch in Ordnung. Wo wieder die Frage im Raum steht, ob es nicht ein Untermensch, also ein Tier ist, was Nietzsche beschrieben hat. Ich bin der Meinung, dass der Mensch während seiner Perfektion immer weiter an Ideale kommen würde. Ist er aber perfekt, wird er ebenso wie alle anderen Menschen auch handeln.
Irgendwie ist der Übermensch in meinem Verständnis ein Modron aus D&D. @_@ heißt, er will das Universum nur zur Ordnung hin verändern. Damit handelt er bewusst so, wie der Mensch unterbewusst handelt.
Vielleicht ist das der Unterschied. Homo Superior ist einfach ein Mensch, der IMMER überbewusst handelt. Interessante Vorstellung, vollkommen krank. ^^''


Könnte es der Sinn der Erde sein, keine Instinkte mehr zu besitzen?
Können wir nicht beantworten, weil wir welche haben. ;D Ich denke schon, das wäre schließlich absolute Vernunft. Kann aber auch gut sein, dass die alle einfach wegsterben.


und vor allem nicht, dass er eine X-Men-ähnliche Figur ist.
Das war nur darauf bezogen, dass in X-Men auch eine höhere Rasse ihren inneren Krieg austrägt, was mit den Menschen passiert. Versklavung oder Koexistenz? Das wäre meine Frage an den Übermenschen. Ausrottung der "Niederen" oder Koexistenz, wenn er doch so weit über uns ist? Die Frage ist aber, wie gesagt, Quatsch, weil wir uns nicht in die Gedanken eines Übermenschen versetzen können.

Eigentlich ist es QUATSCH, darüber zu diskutieren, denn Nietzsche konnte sich einen Übermenschen ebensowenig wie wir vorstellen. Er hat uns sozusagen nur Flauseln zum Interpretieren in den Kopf gesetzt.
Den meisten Sinn zieht man noch aus der Theorie, wenn man den Übermenschen einfach als glücklich hinstellt.

Stan
07.09.2006, 21:03
Mein gott NEIN!! :eek: :rolleyes: Wie gesagt, ist nur meine Meinung, nicht Nietzsches. ;D

Ok, nach allen Punkten, die du (Stan) beschrieben (bzw auch von Nietzsche zitiert) hast, ist der Übermensch der, der sich vollends auf seine Instinkte beruft, also das Gegenteil von dem, was ich angenommen hat. Geht IMHO auch in Ordnung. Wo wieder die Frage im Raum steht, ob es nicht ein Untermensch, also ein Tier ist, was Nietzsche beschrieben hat. Ich bin der Meinung, dass der Mensch während seiner Perfektion immer weiter an Ideale kommen würde. Ist er aber perfekt, wird er ebenso wie alle anderen Menschen auch handeln.
Irgendwie ist der Übermensch in meinem Verständnis ein Modron aus D&D. @_@ heißt, er will das Universum nur zur Ordnung hin verändern. Damit handelt er bewusst so, wie der Mensch unterbewusst handelt.
Vielleicht ist das der Unterschied. Homo Superior ist einfach ein Mensch, der IMMER überbewusst handelt. Interessante Vorstellung, vollkommen krank. ^^''

Nein, du vereinfachst das zu stark. Es geht viel um Moral. Die Moral vom Ü. (das Wort nervt mich mit der Zeit <_<) ist im Gegensatz zu der alltäglichen Moral nicht normengesteuert, dass heißt freier, unabhängiger, ich glaube Nietzsche beschreibt das mal mit einem "aus sich selbst rollenden Rad".
Außerdem geht es beim Ü. oder auf dem Weg dahin immer um 'Entwicklung des Geistes' also Bildung, Wissen, Erfahrung als Gegensatz zum Hedonismus des letzten Menschen. Und letzteres hat sich ja wohl in unserer Gesellschaft sehr eindeutig durchgesetzt, deswegen halte ich Nietzsches Gegensatz dazu für aktuell. Dazu gehört auch die Bejahung des Schmerzes und des Leids, denn auch das hat seine Notwendigkeit. (Hat natürlich nichts mit dem Aufruf zum selbstverletzenden Verhalten zu tun.)
Ein weiterer Punkt ist die Einstellung zur ewigen Wiederkehr des Gleichen (Nietzsche 'beweist' die recht simpel: Zeit unendlich + Möglichkeiten begrenzt = Wiederholung; allerdings zählt hier die Richtigkeit der These nicht, sondern der psychologische Effekt den diese auf den Menschen hätte, also die Verantwortung den Moment zu leben und nicht verfallen zu lassen), Übermensch wäre der, der zu jedem Augenblick in seinem Leben sagen könnte: Noch einmal, da capo!

Vierter Theil, Das Nachtwandler-Lied:
Schmerz ist auch eine Lust, Fluch ist auch ein Segen, Nacht ist auch eine Sonne, - geht davon oder ihr lernt: ein Weiser ist auch ein Narr.
Sagtet ihr jemals Ja zu Einer Lust? Oh, meine Freunde, so sagtet ihr Ja auch zu a l l e m Wehe. Alle Dinge sind verkettet, verfädelt, verliebt, -
(...)
Alles von neuem, Alles ewig, Alles verkettet, verfädelt, verliebt, oh so l i e b t e t ihr die Welt, -
- ihr Ewigen, liebt sie ewig und allzeit: und auch zum Weh sprecht ihr: vergeh, aber komm zurück! D e n n a l l e L u s t w i l l - E w i g k e i t!"



Eigentlich ist es QUATSCH, darüber zu diskutieren, denn Nietzsche konnte sich einen Übermenschen ebensowenig wie wir vorstellen. Er hat uns sozusagen nur Flauseln zum Interpretieren in den Kopf gesetzt.
Den meisten Sinn zieht man noch aus der Theorie, wenn man den Übermenschen einfach als glücklich hinstellt.

Jetzt wird's aber polemisch und oberflächlich.

La Cipolla
07.09.2006, 21:56
Nein, du vereinfachst das zu stark. Es geht viel um Moral. Die Moral vom Ü. (das Wort nervt mich mit der Zeit <_<) ist im Gegensatz zu der alltäglichen Moral nicht normengesteuert, dass heißt freier, unabhängiger, ich glaube Nietzsche beschreibt das mal mit einem "aus sich selbst rollenden Rad".
Na wunderbar, dazu brauch ich doch keinen Übermenschen... Es wäre höchstens ein perfekter Mensch, in dem Sinne hat Nietzsche seinen namen dumm gewählt, denn Übermensch hast ja "Über dem Mensch stehend", während das, was du beschrieben hast, eindeutig menschlich ist. (Wir können es verstehen)
Und das kann man gerne anstreben, aber irgendwie sehe ich keine große Erkenntnis darin, dass es keine festgelegte Moral gibt, seh ich eh als Sebstverständlichkeit an. Dass der Mensch (ich auch) sich trotzdem auf Normen beruft, ist Instinkt. Und damit wären wir wieder bei der Überwindung des Instinkts. Denn wenn du eine Moral ohne Werte und Normen machen willst, darfst du keinerlei Instinkte haben. Sonst sucht man schon rein tierisch nach einem Festhaltepunkt, und man kann sich nicht an dem eigenen Verstand festhalten. Nietzsche hat sich in dem Sinne auch nur an seinem Übermenschen festgehalten. Schließlich sagt man ohne andere Erziehung automatisch "Du darfst nicht töten!", weil der Instinkt Angst vor dem Tod hat.



Jetzt wird's aber polemisch und oberflächlich.
Ich sehe diese Theorie als etwas sehr Oberflächliches an. Denn sie redet von Dingen, die wir uns in meiner Logik nicht vorstellen können (Übermensch), und zwar mit festen Worten und Vergleichen, was vollkommen üverflüssig ist. ("Hinter dem universum ist alles schwarz." "Wieso?" "Weil ich mir nicht vorstellen kann, wie es sonst sein sollte.")

Ianus
08.09.2006, 12:39
Na wunderbar, dazu brauch ich doch keinen Übermenschen... Es wäre höchstens ein perfekter Mensch, in dem Sinne hat Nietzsche seinen namen dumm gewählt, denn Übermensch hast ja "Über dem Mensch stehend", während das, was du beschrieben hast, eindeutig menschlich ist. (Wir können es verstehen) Nein, wir brauchen den Übermenschen, da die klägliche Gestalt des Menschen schon in "Menschliches, allzu Menschliches" offengelegt wurde. Die Kleinlichkeit und der soziale Sadomasochismus dieser Kreatur ist bedenkenswert.

Stan
08.09.2006, 13:53
@ Cipo: Du gehst nur teilweise auf meine Posts ein und ich sehe das anders. Punkt. :O

Den Übermenschen ohne Kontexte wie Nietzsches Moralkritik (Sklavenmoral, Schuldmoral), die Idee vom intellektuellen Gewissen, die ewige Wiederkehr des Gleichen oder das Bild des letzten Menschen zu sehen, ist einfach der Sache nicht angemessen.

La Cipolla
08.09.2006, 17:03
Auf was ich nicht eingehe, erkenne ich als richtig bzw unwichtig an, oder ich habe es nicht verstanden. @_@ (Oder vergessen) Und in den allermeisten Fällen hört es sich so an, als würde es nicht in mein Verständnis der Frage passen, die für mich immer als "Was kann es uns nutzen?" im Raum steht.
Aber gut. Ich merk schon, es hapert auch an der Stelle, dass ich die Übermenschentheorie in einem gewissen Sinne, so wie sie geschrieben steht, als sinnlos empfinde. Viel besser wäre eine "perfekter Mensch" Theorie. Und es hapert halt, weil das jetzt nicht der Sinn des Threads ist, sorry. Aber es wäre mal ein interessanter versuch, in drei Sätzen zu sagen, wie diese Theorie den Durchschnittsmenschen hilft. Wenn das nicht klappt, hätte man sich sie imho auch sparen können... Oder aber (!) man hätte es anders ausdrücken müssen.


Den Übermenschen ohne Kontexte wie Nietzsches Moralkritik (Sklavenmoral, Schuldmoral), die Idee vom intellektuellen Gewissen, die ewige Wiederkehr des Gleichen oder das Bild des letzten Menschen zu sehen, ist einfach der Sache nicht angemessen.
http://www.multimediaxis.de/images/smilies/old/s_010.gif Wenn jemand das halbe Werk eines Autors lesen muss, um eine Theorie bewerten zu dürfen, ist das IMHO ein Armutszeugnis des Schreiberlings.

derBenny
08.09.2006, 17:49
Nietzsches Zarathustra habe ich etwa bis zur Hälfte gelesen, aber dann wegen Metapher-Overkill weggelegt.

Was Zukunftsvisionen betrifft, so gefallen mir vor allem die der Transhumanisten, wie sie beispielsweise Ray Kurzweil beschreibt. Die Übertragung des menschlichen Geistes in die Maschine, virtuelle Realitäten und all diese Spielereien haben schon ihren Reiz. Und die immer glaubhaftere Darstellung in Science-Fiction Filmen mit Hilfe von Computertechnik lässt all diese Visionen heute mehr und mehr als technisch realisierbar erscheinen. Leider überschätzen die Transhumanisten den technischen Fortschritt: Sie glauben, ihre vollkommene Welt irgendwann nochmal zu erleben. Viele der bekannten Vertreter leben geistig schon fast in ihrer Traumwelt. Die derzeitige Welt ist für sie nur ein störendes Hindernis, das ihnen den Zugang zu ihrem Paradies versperrt.


Der Mensch, so die transhumanistische These, ist nur eine Art Missing Link, das das Optimum an Entwicklung darstellt, was die Evolution zu leisten vermag. Die Evolution wird übrigens von More als viel zu langsam und in vielerlei Hinsicht als erfolglos dargestellt, da ihr beispielsweise ein klar determiniertes Ziel fehlt. Dieses Telos zu definieren, ist seiner Ansicht nach die eigentliche Aufgabe des Menschen, der im 21. Jahrhundert die Evolution endgültig entmündigen und seine weitere Entwicklung in Form einer wissenschaftlich- technisch gesteuerten Postanthropogenese selbst übernehmen soll. Die ersten Etappen dieser von den Extropianern forcierten und herbeigesehnten Entwicklung sind gezielte Eingriffe in das Erbgut des Menschen sowie die Ergänzung und Verbesserung seines Körpers und Geistes durch eine Vielzahl von Prothesen wie implantierbare Chips oder künstliche Exoskelette. Auf der Wunschliste ganz oben steht dabei eine direkte Vernetzung des Gehirns mit dem Computer und dem Internet. Außerdem soll mit allen nur zur Verfügung stehenden technischen Mitteln das Leben verlängert werden.

Doch das so entstehende Hybridwesen aus Mensch und Maschine, Cyborg genannt, wird auch nur als Übergangsform angesehen, da der menschliche Körper dank seiner biologischen Herkunft und Beschränktheiten nicht als zukunftstauglich angesehen wird. Stattdessen sollen Roboter oder Chips den Geist des Menschen übernehmen und ihn somit unsterblich machen. Die entsprechende Technik nennen die Entropianer „Uploading“, ein Prozess, bei dem das Bewusstsein eines Menschen aus dem Gehirn – wie auch immer – extrahiert und digital gespeichert werden soll. Um die angestrebte Unsterblichkeit auch garantieren zu können, sollen natürlich möglichst viele Kopien erstellt werden, die, im ganzen Universum verteilt, selbst bei der Zerstörung einzelner Pseudoindividuen, die ewige Fortexistenz sichern sollen. Auf diese Weise sollen die Kopien gleichzeitig das Universum erforschen, ihm die letzten Geheimnisse entreißen und es vor der Entropie bewahren, sprich beherrschen.Quelle (zeit.de) (http://www.zeit.de/feuilleton/Kursbuch_164/flessner?page=all)
So sieht die Vision der Transhumanisten etwa aus. Zusammen mit den technischen Spielereien, die prophezeit werden, übt diese Vision natürlich eine enorme Anziehungskraft auf technikbegeisterte Menschen wie mich aus.
Inzwischen betrachte ich diese ganze Bewegung etwas nüchterner, aber ich denke immernoch, dass Technologie eine Schlüsselbedeutung in der weiteren Entwicklung der Menschheit haben wird (okay, eigentlich trivial), auch wenn noch nicht völlig klar ist, in welcher Form.


Denn wo heute schon Navigationssysteme Einzug halten, wird es in meiner Zukunft gar keine Menschen mehr geben. Autopiloten und Navigationssysteme zusammen können ebenfalls funktionieren und Menschen ersetzen.Die Frage ist nur, welchen Sinn eine Fahrzeug mit Autopilot und Navigationssystem erfüllt, wenn man den Menschen ausschließt ...


Der Mensch verkommt zu einem reinen Konsumenten.Gibt's heute ja schon fast. Man schaue sich die amerikanische Außenhandelsbilanz an: 650 Milliarden (!) Dollar ... im Minus.

Stan
09.09.2006, 11:16
Auf was ich nicht eingehe, erkenne ich als richtig bzw unwichtig an, oder ich habe es nicht verstanden. @_@ (Oder vergessen) Und in den allermeisten Fällen hört es sich so an, als würde es nicht in mein Verständnis der Frage passen, die für mich immer als "Was kann es uns nutzen?" im Raum steht.
Aber gut. Ich merk schon, es hapert auch an der Stelle, dass ich die Übermenschentheorie in einem gewissen Sinne, so wie sie geschrieben steht, als sinnlos empfinde. Viel besser wäre eine "perfekter Mensch" Theorie. Und es hapert halt, weil das jetzt nicht der Sinn des Threads ist, sorry. Aber es wäre mal ein interessanter versuch, in drei Sätzen zu sagen, wie diese Theorie den Durchschnittsmenschen hilft. Wenn das nicht klappt, hätte man sich sie imho auch sparen können... Oder aber (!) man hätte es anders ausdrücken müssen.


http://www.multimediaxis.de/images/smilies/old/s_010.gif Wenn jemand das halbe Werk eines Autors lesen muss, um eine Theorie bewerten zu dürfen, ist das IMHO ein Armutszeugnis des Schreiberlings.

Würdest du auch zu Einstein gehen und sagen: Erklär mir in drei Sätzen die Relativitätstheorie! Würdest du zu Marx gehen und sagen: Erklär mir in drei Sätzen den Kommunismus! Würdest du zu einem Starcraft-Pro sagen: Erklär mir in drei Sätzen Starcraft! (:D)

Dem Durchschnittsmenschen bietet der Übermensch folgenden Nutzen (verknappt für Cipo :O):
- Das verloren gegangen Ideal des Wissens, nicht der Schulbildung, aber der Reflektion über Normen und Begebenheiten
- Die neue Einstellung zu Leid und Glück, beidem nicht auszuweichen und beides nicht zu erzwingen, aber beides anzunehmen und zu 'verwerten'
- Den Ansatz einer neuen moralische Qualität, welche den alten Moralitäten den Boden geraubt hat

La Cipolla
09.09.2006, 13:26
Würdest du auch zu Einstein gehen und sagen: Erklär mir in drei Sätzen die Relativitätstheorie! Würdest du zu Marx gehen und sagen: Erklär mir in drei Sätzen den Kommunismus! Würdest du zu einem Starcraft-Pro sagen: Erklär mir in drei Sätzen Starcraft!
Definitiv. Aber im vollen Ernst. Wobei Einstein was anderes, da braucht man Vorraussetzungen. Und selbst die kann man mit einer guten Beschreibung umgehen. (Siehe deinen Minitext unten)
Außer vielleicht bei dem Dritten. Weil, manche Sachen, naja. Die kann man einfach nicht in drei Sätzen erklären.
...
:rolleyes:


Dem Durchschnittsmenschen bietet der Übermensch folgenden Nutzen (verknappt für Cipo :O):
- Das verloren gegangen Ideal des Wissens, nicht der Schulbildung, aber der Reflektion über Normen und Begebenheiten
- Die neue Einstellung zu Leid und Glück, beidem nicht auszuweichen und beides nicht zu erzwingen, aber beides anzunehmen und zu 'verwerten'
- Den Ansatz einer neuen moralische Qualität, welche den alten Moralitäten den Boden geraubt hat
Wunderbar, vielen Dank. ^.^ Jetzt stellt sich nur die Frage, warum Herr Nitzsche das nicht so geschrieben hat. : O Das hätte mir genau so viel gebracht wie die Lektüre seiner Werke und ich hätte die ganze Lesezeit noch für andere Dinge verwenden können. ^^''
Aber gut, sorry, für diese "Blasphemie", ich schweife ab. ;)
(und mir ist schon klar, dass sich drei Sätze im Vergleich zu einem Buch nicht verkaufen.)

The Game
09.09.2006, 14:53
Hihi, Philosophen unter sich find ich immer wieder lustig. :D Demnächst steig ich ein. *g*

Ianus
09.09.2006, 15:54
Wunderbar, vielen Dank. ^.^ Jetzt stellt sich nur die Frage, warum Herr Nitzsche das nicht so geschrieben hat. : O Weil er nicht wollte. Er sagt es doch immer wieder, dass er keine Sinn darin sieht, auch für den letzten Narren verständlich zu schreiben. Damit schloss er auch viele Vertreter der Universitären Elite seiner Zeit ein, btw. :D

Stan
09.09.2006, 21:41
Wunderbar, vielen Dank. ^.^ Jetzt stellt sich nur die Frage, warum Herr Nitzsche das nicht so geschrieben hat. : O Das hätte mir genau so viel gebracht wie die Lektüre seiner Werke und ich hätte die ganze Lesezeit noch für andere Dinge verwenden können. ^^''


Zwei für mich mehr als nur rechtfertigende Gründe:

1. Die faszinierende, mitreissende, einzigartige Schönheit von Nietzsches Sprache. Schönheit ist Sinn.
2. Die Lebendigkeit der Sprache und der Form. Es gibt ein Nietzsche-Zitat (ich hab's nur sinngemäß im Kopf), dass in etwa lautet: "Form ist immer ein Teil der Aussage!" Und die Form, diese einzigartige poetische Philosophie (vergleich diesen heiteren, lebendigen Ton mal mit dem von Kant oder irgendeinem anderen Philosophen vor Nietzsche) unterstreicht die Lebendigkeit der Philosophie Nietzsches, die Diesseitigkeit der Philosophie, die Lebensbejahung der Philosophie, der Versuch der Überwindung des Nihilismus. All das steckt neben der reinen Ästhetik der Sprache.