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Katan
28.01.2006, 16:22
Das Handbuch für die gute Ehefrau


In einer Familie zählen nur die Bedürfnisse von einem einzigen, und das ist der Ehemann - jedenfalls wenn es nach der britischen Zeitschrift "Housekeeping Monthly" geht, die in ihrer Ausgabe vom 13. Mai 1955 zusammenfasst, wie eine gute Ehefrau sich ihrem Mann gegenüber zu betragen hat und damit gleichzeitig ein düster-skurriles Sittenbild von Partnerschaft in den 50er Jahren zeichnet:


Verwöhne IHN!
Halten Sie das Abendessen bereit. Planen Sie vorausschauend, evtl. schon am Vorabend, damit die köstliche Mahlzeit rechtzeitig fertig ist, wenn er nach Hause kommt. So zeigen Sie ihm, dass Sie an ihn gedacht haben und dass Ihnen seine Bedürfnisse am Herzen liegen. Die meisten Männer sind hungrig, wenn sie heimkommen, und die Aussicht auf eine warme Mahlzeit (besonders auf seine Leibspeise) gehört zu einem herzlichen Empfang, so wie man ihn braucht.
Machen Sie sich schick. Gönnen Sie sich 15 Minuten Pause, sodass Sie erfrischt sind, wenn er ankommt. Legen Sie Make-up nach, knüpfen Sie ein Band ins Haar, sodass sie adrett aussehen. Er war ja schließlich mit einer Menge erschöpfter Leute zusammen.
Seien Sie fröhlich, machen Sie sich interessant für ihn! Er braucht vielleicht ein wenig Aufmunterung nach einem ermüdenden Tag und es gehört zu Ihren Pflichten, dafür zu sorgen.
Räumen Sie auf. Machen Sie einen letzten Rundgang durchs Haus, kurz bevor Ihr Mann kommt.
Räumen Sie Schulbücher, Spielsachen, Papiere usw. zusammen und säubern Sie mit einem Staubtuch die Tische.
Während der kälteren Monate sollten Sie für ihn ein Kaminfeuer zum Entspannen vorbereiten. Ihr Mann wird fühlen, dass er in seinem Zuhause eine Insel der Ruhe und Ordnung hat, was auch Sie beflügeln wird. Letztendlich wird es Sie unglaublich zufrieden stellen, für sein Wohlergehen zu sorgen.
Machen Sie die Kinder schick. Nehmen Sie sich ein paar Minuten, um ihre Hände und Gesichter zu waschen (wenn sie noch klein sind). Kämmen Sie ihr Haar und wechseln ggf. ihre Kleidung. Die Kinder sind ihre "kleinen Schätze" und so möchte er sie auch erleben. Vermeiden Sie jeden Lärm. Wenn er nach Hause kommt, schalten Sie Spülmaschine, Trockner und Staubsauger aus. Ermahnen Sie die Kinder, leise zu sein.
Seien Sie glücklich, ihn zu sehen.
Begrüßen Sie ihn mit einem warmen Lächeln und zeigen Sie ihm, wie aufrichtig Sie sich wünschen, ihm eine Freude zu bereiten.


Opfere dich auf - ER ist der Chef!
Hören Sie ihm zu. Sie mögen ein Dutzend wichtiger Dinge auf dem Herzen haben, aber wenn er heimkommt, ist nicht der geeignete Augenblick, darüber zu sprechen. Lassen Sie ihn zuerst erzählen - und vergessen Sie nicht, dass seine Gesprächsthemen wichtiger sind als Ihre.
Der Abend gehört ihm. Beklagen Sie sich nicht, wenn er spät heimkommt oder ohne Sie zum Abendessen oder irgendeiner Veranstaltung geht. Versuchen Sie stattdessen, seine Welt voll Druck und Belastungen zu verstehen. Er braucht es wirklich, sich zu Hause zu erholen.
Ihr Ziel sollte sein: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Zuhause ein Ort voller Frieden, Ordnung und Behaglichkeit ist, wo Ihr Mann Körper und Geist erfrischen kann.
Begrüßen Sie ihn nicht mit Beschwerden und Problemen.
Beklagen Sie sich nicht, wenn er spät heimkommt oder selbst wenn er die ganze Nacht ausbleibt. Nehmen Sie dies als kleineres Übel, verglichen mit dem, was er vermutlich tagsüber durchgemacht hat.
Machen Sie es ihm bequem. Lassen Sie ihn in einem gemütlichen Sessel zurücklehnen oder im Schlafzimmer hinlegen. Halten Sie ein kaltes oder warmes Getränk für ihn bereit.
Schieben Sie ihm ein Kissen zurecht und bieten Sie ihm an, seine Schuhe auszuziehen. Sprechen Sie mit leiser, sanfter und freundlicher Stimme.
Fragen Sie ihn nicht darüber aus, was er tagsüber gemacht hat. Zweifeln Sie nicht an seinem Urteilsvermögen oder seiner Rechtschaffenheit. Denken Sie daran: Er ist der Hausherr und als dieser wird er seinen Willen stets mit Fairness und Aufrichtigkeit durchsetzen. Sie haben kein Recht, ihn in Frage zu stellen.
Eine gute Ehefrau weiß stets, wo ihr Platz ist.

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Mal ganz ehrlich: Mit so einer Frau könnte ich nicht zusammen leben. Schon Crows "GATTIN v1.0"-Witz gelesen? Dieser Text rangiert imo irgendwo im Bereich "willenlose Sklavin v1.0". Erinnert mich übrigens sehr an einen Film, den ich einmal gesehen habe. Den Namen kriege ich leider nicht mehr zusammen, aber der verlief ähnlich. Das einzige, was zählte, waren die Bedürfnisse des Mannes - die Frau war vollkommen egal.
Result: Ich wäre genervt von einer solchen Frau, der kein Hirn zugestanden wird und die nur dazu da ist, sich um den Haushalt zu kümmern. Tun wir doch nicht so, als hätte der Mann ja ein ach so schweres Arbeitsleben.

Shiravuel
28.01.2006, 16:40
Na ja, heute ist der Text für uns höchstens noch lächerlich oder sogar ein Ärgernis, aber man muss ihn auch im Kontext der damaligen Zeit sehen. Da war es wohl leider so, zumal viele Frauen in der Zeit nicht - wie heute - selbst berufstätig waren. Es war eine andere Generation, ein anderes Sittenbild. Für uns heute unvorstellbar. Würde ein Mann von mir derartiges verlangen, er flöge achtkantig zur Tür hinaus mit der Bemerkung, eine Sklavin und Barbiepuppe könne er sich woanders suchen, aber zu der Zeit war das wohl definitiv anders.
Und das ist noch harmlos im Gegensatz zu der Tatsache, dass Frauen bis in die 60er Jahre in der Schweiz nicht mal wahlberechtigt waren. Also nicht als vollgültige, erwachsene Menschen zählten. Und in wievielen Ländern wird auch heute noch die Frau leider als "Eigentum" gesehen, dass in die Küche gehört und ansonsten zur Gebärmaschine und fürs Bett taugt, aber bloß ja nicht selbst über sich entscheiden darf. Auch dagegen ist diese Regel von 1955 "harmlos".
Damit will ich keinesfalls sagen, dass ich das gut finde, aber: andere Zeiten, andere Sitten und zu allen Zeiten in allen Ländern, wo ein Patriarchat herrschte, haben wir Frauen erst geradezu gewaltsam um unsere Gleichberechtigung kämpfen müssen und wo dies nicht geschah, da ist die Frau heute noch Besitz des Mannes und sieht das sogar noch als "natürlich" an. Aber was von Generation zu Generation, ohne es zu hinterfragen, hingenommen und an die Kinder weiter vermittelt wird, erstarrt irgendwann zu einem Sittenkodex, der nur noch durch gewaltsame Opposition gesprengt werden kann, wobei dann meist die "Vorreiter" sogar noch als schwarze Schafe angesehen werden. Doch diese einstigen schwarzen Schafe sind diejenigen, die späteren Generationen ein Leben in mehr Freiheit ermöglicht haben.
Die meisten der heutigen Männer dürften übrigens ein solches Frauenbild auch nicht mehr berauschend finden, denn sie sind ebenfalls dahintergekommen, dass solche Frauen langweilig sind. Aber sie konnten dahinter kommen, weil auch sie anders erzogen worden sind und somit eine reale Chance bekamen, ihr Denken zu verändern. Denn was aus einem Menschen wird: wie er denken, fühlen, handeln wird, das beginnt bereits in der Kindheit und der entsprechenden Erziehung der Eltern.

GreyWolf
28.01.2006, 16:45
[...] Erinnert mich übrigens sehr an einen Film, den ich einmal gesehen habe. Den Namen kriege ich leider nicht mehr zusammen, aber der verlief ähnlich. [...]
Die Frauen von Stepford?

Ansonsten kann ich Dir nur zustimmen. Aus heutiger Sicht eine echte Horrorvorstellung, so eine willenlose Sklavin um sich zu haben. Wirklich interessant, wie sich da der Zeitgeist geändert hat. Vergleichbares habe ich übrigens neulich betreffs dem "idealen Verhalten eines Angestellten" in einem Schrieb, der um die Jahrhundertwende 1899/1900 verfasst wurde, gelesen. Ebenfalls der pure Horror, heutzutage vielleicht sogar aus der Sicht eines Arbeitgebers... oder nicht?

James Bond
28.01.2006, 20:22
Ganz ehrlich gesagt: Ich musste schmunzeln beim Durchlesen des Textes. Irgendwie hört sich das nach einem ordinären sexistischem Witz an.
Dass das aber so publiziert wurde finde ich leicht schockierend. Aber wie DL sagte: Das war eine andere Zeit.

Ich könnte jedenfalls nie mit einer solchen Frau zusammen sein.


Und das ist noch harmlos im Gegensatz zu der Tatsache, dass Frauen bis in die 60er Jahre in der Schweiz nicht mal wahlberechtigt waren
Bis in die 60er Jahre ist gut. 1971 wurde das Frauenstimmrecht auf eidgenössischer Eben eingeführt (wenn mich meine Schuldbildung da nicht im Stich lässt^^)