deserted-monkey
11.08.2006, 14:36
Ich bin Mike und 18 Jahre alt. Ich habe einen Traum, und der ist Autor zu werden. Bitte gebt mir ein Feedback zur folgenden Geschichte.
DER TOTENGRÄBER
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1. Teil - Der Zwischenfall
Der Strasse vor ihnen war leer. Seit zwei Stunden hatten sie kein Auto mehr gesehen. In was für eine gottverlassene Gegend waren sie hier nur gekommen? Na gut, es war vielleicht halb drei Uhr morgens, aber diese Abkürzung, von der ihnen dieser Mann erzählt hatte, war Eddie irgendwie nicht geheuer. Die Strasse war anscheinend schon lange nicht mehr repariert worden, andauernd fuhr sein Cadillac durch ein Schlagloch und er und Susanna wurden richtiggehend durchgeschüttelt. Es regnete leicht und die Dunkelheit um sie herum schien das Licht der Scheinwerfer regelrecht aufzusaugen.
"Schatz?" Wieder ein Schlagloch.
"Ja Prinzessin?" Eddie war müde, er hatte keine Lust zu reden, er wollte nur noch nach Hause.
Er war sowieso ein wortkarger Mensch. "Was ist los mit dir? Du siehst so ... komisch aus." Susanna strich sich eine Strähne ihres pechschwarzen Haares aus dem Gesicht.
"Ich bin nur müde", er fing an in seiner Tasche nach Zigaretten zu kramen. "Mach dir keine Sorgen."
Er blickte kurz zu Susanna hinüber, dann wieder auf die Strasse. Sie lächelte.
"Fahr doch nicht so schnell, Eddie. Diese Schlaglöcher bringen mich noch um."
Er hatte seine Zigaretten gefunden und steckte sich eine in den Mund. "Zigarette?" fragte er und hielt die Packung Susanna hin. Sie nahm sich eine und zündete ihre und Eddies an.
Der Rauch sah irgendwie interessant aus, nur im Licht des Amaturenbrettes. "Schalt mal das Radio an." sagte Susanna und zog genüsslich an der Zigarette.
Eddie begann am Empfänger des Radios herumzudrehen, doch man hörte nichts als ein Rauschen.
Er versuchte es weiter, doch alle Kanäle schienen tot zu sein. "Kein Empfang in dieser gottverlassenen
Gegend." brummte Eddie und hörte auf, am Empfänger zu drehen. Susanna kam das komisch vor. So weit im Niemandsland konnten sie nun auch wieder nicht sein, das sie gar keinen Radiosender empfingen. Doch sie machte sich nicht gross Gedanken darüber, auch sie war müde und wollte so schnell wie möglich nach Hause und ins Bett.
Wumm! Wieder fuhren sie durch ein Schlagloch. Das tut der Karre auch nicht gerade gut, dachte Eddie. Aber bei dieser gottverdammten Dunkelheit kann man keine zwanzig Meter weit sehen.
Sie passierten ein Schild, auf dem irgendeine Ortschaft angeschrieben war, doch weder Eddie noch Susanna konnten ausmachen, was der Name dieses Ortes war. Das konnte ihnen sowieso egal sein.
Plötzlich rumpelte es gewaltig. Der Cadillac nahm einen Satz und landete unsanft wieder auf der Strasse, oder besser gesagt, dort wo die Strasse eigentlich sein sollte. Vor ihnen war ein ca. 50 Zentimeter tiefes Loch, das die Strasse wie abhackte. Die hintere Achse brach und der Wagen rutschte auf dem steinigen Untergrund einige Meter weiter, bevor er zum Stillstand kam. Der Motor hüstelte noch einmal und verstummte dann. Zwei Sekunden lang war es totenstill.
Dann fluchte Eddie: "So eine Scheisse! Der Wagen ist im Eimer!" Susanna machte nur ein erschrockenes Gesicht und sagte gar nichts.
Eddie tastete nach dem Türgriff und öffnete die Türe. "Wart im Wagen Schatz. Ich sehe kurz nach, was los ist." Susanna drückte mit zittrigen Fingern die Zigarette aus. "Ja ist gut Eddie."
Eddie stieg aus dem Wagen und lief um ihn herum zur Rückseite des Cadillac. Viel konnte er bei dieser Dunkelheit nicht erkennen, doch er wusste das einer der hinteren Reifen geplatzt und das die Achse gebrochen war. Mit diesem Auto würden sie heute nirgendwo mehr hinfahren.
Shit! fluchte Eddie in Gedanken. Ich hab überhaupt keine Lust für so eine Scheisse! Ich will nur nach Hause! Er hörte wie die Beifahrertür geöffnet wurde. Susanna kam um den Wagen.
"Was ist? Können wir nicht mehr weiter?" fragte sie.
"Nein verdammt! Der Wagen ist Schrott! Der fährt nirgendwo mehr hin!" Er strich sich nervös durch das vom Regen schon ganz nasse Haar. "Kacke!", Susanna schlug die Faust gegen das Heck des Cadillac. "Was machen wir jetzt?" - "Es ist gleich drei Uhr morgens. Einen Abschleppdienst können wir nicht anrufen, das Handy funktioniert hier sowieso nicht. Wir müssen uns einen trockenen Ort suchen und erstmal abwarten." Eddie zündete sich noch eine Zigarette an, der Regen durchnässte sie allerdings so schnell, das er sie gleich wieder fortschmiss.
Eddie ging um den Wagen, nahm den Zündschlüssel an sich und verriegelte die Tür.
"Lass uns gehen." Er nahm Susanna bei der Hand und ging mit ihr zum Rand des Lochs, in das sie gefahren waren. Es war so dunkel, das er sich beinahe die Knie am Betonrand aufschürfte. "Scheisse!" brüllte er, es schien sein momentanes Lieblingswort zu sein.
"Mach dir keinen Kopf", sagte Susanna ruhig. Sie hatte sich wieder gefasst. "Wir suchen uns jetzt einen Unterschlupf und morgen schauen wir weiter." Eddie stieg aus dem Loch und Susanna folgte ihm.
Sie gingen Hand in Hand die dunkle Strasse entlang. Sie hatten kein Licht dabei, Eddie zündete nur ab und zu mit seinem Feuerzeug, damit Susanna nicht über die Kante des Lochs stürtzte.
Dieses war so breit wie die Strasse und ca. 50 Meter lang. Sie gingen noch etwa 10 Meter weiter und kamen zu einem schitteren Weg, der von der Strasse abzweigte. Ein Schild zeigte an, das es dort zu einer bestimmten Ortschaft Namens Gravetown führte. "Gravetown? Tönt nicht gerade sehr einladend." meinte Susanna. "Aber vielleicht finden wir dort eine Übernachtungsgelegenheit."
Eddie war es auf einmal unheimlich zumute. Er war sonst eigentlich überhaupt kein ängstlicher Mensch.
Aber irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl als sie das Schild passierten. Als gäbe es nun kein zurück mehr. Er wusste, das in dieser Nacht noch etwas passieren würde.
2. Teil - Gravetown
Der Weg führte sie durch einen lichten Wald. Eddie schaute immer ganz nervös umher, als würde er in der Dunkelheit allerlei Dinge sehen. "Was hast du denn?" fragte Susanna. "Du zitterst ja."
"Nichts." sagte Eddie nur, doch das entsprach nicht der Wahrheit. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, aber er wünschte sie hätten es nicht getan. Überall zwischen den Bäumen sah er Bewegung, und er hatte das Gefühl, als würden sie beobachtet.
Der Regen war in einen feinen Nieselregen übergegangen und es zog zu allem Übel auch noch Nebel auf.
Das Gefühl beobachtet zu werden wurde immer stärker. Eddies Gedanken rasten. Er hatte noch nie Angst vor der Dunkelheit gehabt. Was war nur mit ihm los? "Hast du noch 'ne Zigarette?" fragte Susanna neben ihm.
Eddie blieb stehen und klaubte die Packung hervor. Er steckte Susanna eine in den Mund und griff nach seinem Feuerzeug. Er zündete es an und dann zuckte er so fest zusammen, das Susanna meinte, er hätte irgendeinen Anfall.
"Stimmt etwas nicht Eddie?" fragte Susanna besorgt und hielt Eddies zweite Hand auch.
"Ich ... ich weiss nicht", stammelte Eddie. "Ich hab etwas gesehen." "Was denn?" wollte Susanna wissen. Sie sprach absolut ruhig. "Als ich das Licht angezündet habe, da ... hab ich eine Gestalt hinter dir gesehen. Sie stand zwischen den Bäumen und schaute zu uns herüber. Eine gebückte Gestalt ..." Eddie brach ab und zuckte noch einmal zusammen, als hätten seine Worte die Gestalt zurückgebracht. "Hör auf damit Eddie. Deine Fantasie hat dir einen Streich gespielt." Susanna streichelte liebevoll Eddies Hände. "Du hattest schon immer eine lebhafte Fantasie."
"Warum sind wir nicht einfach im Auto geblieben? Shit!" sagte Eddie leise und wollte gerade wieder umkehren, doch Susanna hielt ihn zurück. "Ach komm Eddie", sagte sie. "In deiner Karre ist nicht gerade viel Platz zum pennen und bis Gravetown ist es bestimmt nicht mehr weit."
Eddie nickte. Susanna hatte wahrscheinlich recht. Er war einfach müde und seine Fantasie hatte ihm einen Streich gespielt. Sie gingen weiter. Bald waren sie aus dem Wald heraus. Dicke Nebelschwaden zogen vor ihnen auf. Ein zerlöchertes Schild zeigte an, das Gravetown vor ihnen lag.
Jemand hatte eine Katze an das Schild genagelt. Blut klebte daran. "Was zur Hölle ist das für ein Ort?" fragte Eddie, und Angst schwang erneut in seiner Stimme mit.
"Komm wir gehen weiter", sagte Susanna bestimmt, doch auch sie warf einen skeptischen Blick auf die tote Katze. Dann kamen sie nach Gravetown. Der Ort bestand aus nicht mehr als fünf Häusern, die aussahen, als wären sie der Kulisse eines Wildwestfilmes entsprungen. Hinter einem der Häuser war ein kleiner Friedhof angelegt. Es war totenstill. Eddie und Susanna gingen schweigend der Strasse entlang. Plötzlich stand vor ihnen mitten auf der Strasse ein Auto. Eddie zündete mit seinem Feuerzeug. Der Lack des Wagens war überall verrostet und auch sonst machte er einen recht schitteren Eindruck, was darauf schliessen liess, das er schon lange hierstand.
"Wenn der Wagen noch läuft", sagte Eddie. "dann nehmen wir den und fahren damit weiter."
Er ging um die Seite des Wagens herum und zur Fahrertüre. Die Scheibe war eingeschlagen. Wieder zündete er mit seinem Feuerzeug, um das Interieur des Wagens zu begutachten.
Vor Schreck liess er sein Feuerzeug fallen und gab einen quiekenden Laut von sich. Überall im Wagen klebte Blut. Es war über die gesammte Frontscheibe gespritzt und auch auf den Sitzen war eine Menge davon. Es roch abscheulich. Eddie musste sich fast übergeben.
"Fuck!" stöhnte Eddie und sein Gesicht wurde kreidebleich. Susanna sah ihn erschrocken an. "Was stimmt mit dem Wagen nicht?" fragte sie vorsichtig.
"Blut. Der ganze Wagen ist voller Blut." sagte er hysterisch. "Wir sollten hier so schnell wie möglich abhauen. Keine Ahnung was hier für Psychopathen leben."
"Ok, wir kehren um." sagte Susanna. Nun war es auch ihr nicht mehr geheuer. Ein Wagen voller Blut? Was war hier nur passiert? Susanna machte auf dem Absatz kehrt. Eddie folgte ihr. Sie gingen nun schneller zurück, als sie gekommen waren. Als sie das letzte Haus passierten, ging im oberen Stock des Gebäudes ein Licht an. Eddie und Susanna blieben wie angewurzelt stehen. Eine gebückte Gestalt war oben am Fenster erschienen. Susanna konnte nicht viel vom Gesicht dieser Gestalt erkennen, doch sie sah, das es ein alter Mann war, dessen Gesicht halb erleuchtet war, von der Laterne, die er in den Händen hielt. Seine Augen. Sie hatte noch niemals solche Augen gesehen. Sie blitzten und funkelten in der Dunkelheit, wie die Augen einer Katze. Und sie blickten genau in die ihren.
3. Teil - Der Totengräber
"Entschuldigen Sie", rief Eddie dem Mann zu. "Können Sie uns sagen, wo wir hier übernachten können?"
Er bekam keine Antwort.
Die Gestalt am Fenster bewegte sich nicht. Der Mann blickte immer noch mit seinen faszinierenden Augen auf sie herunter. Im tanzenden Lichtschein der Laterne sah er unheimlich aus.
"Hallo! Können Sie uns hören?" rief Susanna, doch ihre Stimme tönte sehr unsicher, der Mann machte ihr Angst. Wieder bekamen sie keine Antwort. "Komm wir gehen einfach." sagte Eddie und blickte noch einmal zum Fenster hinauf. Der Mann war verschwunden.
"Dieser Ort macht mir Angst." sagte Susanna und schmiegte sich dichter an Eddie.
Sie gingen den Weg zurück, den sie gekommen waren. Susanna kam es so vor, als würde der Rückweg ewig dauern. Wieder kamen sie in den Wald, der Nebel wurde immer dichter und zog über den Boden her, wie Wolken aus Watte. Es ging nicht mehr lange und sie kamen an dem verlöcherten Ortsschild mit der angenagelten Katze vorbei. Sie waren wieder in Gravetown, obwohl sie eigentlich genau den Weg zurückgegangen waren, den sie gekommen waren! Was war hier los? Waren sie beide verrückt geworden? Eddie sah ganz so aus. "Verflucht", flüsterte er. "Wir sind wieder in Gravetown! Wie kann das sein?" Susanna weinte fast. Sie hatte höllische Angst. "Eddie", sagte sie unter Tränen. "Wir müssen schleunigst weg hier. Wenn der Mann wieder kommt..." Sie brach ab und schluchzte.
Eddie nahm sie bei der Hand und begann, diesmal in die andere Richtung zu gehen, oder besser gesagt zu rennen. Sie liefen an dem blutigen Wagen vorbei und weiter. Vor ihnen tauchte ein Licht im Nebel auf.
Es kam immer näher und auf sie zu. Eddie zog Susanna von der Strasse und wollte sich gerade in einem der Gärten der Häuser ins Gebüsch schlagen, als jemand hinter ihnen mit einer rauhen Stimme sagte: "Wohin des Weges, meine Kinder?"
Eddie und Susanna drehten sich um. Hinter ihnen stand der Mann vom Fenster. Er hatte schütteres graues Haar und einen schwarzen Zylinder auf dem Kopf. Sein Gesicht war übersäht von Narben und Geschwüren, es sah aus wie eine Kraterlandschaft. Und diese Augen, diese kalten blitzenden Augen.
Der Mann war sehr altmodisch gekleidet, wie im Mittelalter. Es scheint sowieso so, als wäre die Zeit an diesem Ort stehen geblieben, dachte Eddie.
"Wir suchen einen Ort zum Übernachten." sagte Eddie und versuchte, das seine Stimme so ruhig wie möglich klang. Der alte Mann sah gebrechlich aus, sie brauchten sich eigentlich nicht vor ihm zu fürchten. "Hier hat seit Jahren niemand mehr übernachtet." sagte der Mann und grinste ein schiefes Grinsen. Seine Zähne waren gelb und halb verfault. Die Laterne in seiner Hand flackerte.
"Vielleicht können wir in einem der Häuser Unterschlupf finden." Eddie wusste nicht, ob er nun eine Frage gestellt hatte, oder ob es eine Feststellung war.
Susanna stand an seiner Seite und blickte den Mann nur voller Angst an.
"Kommt mit mir." sagte der alte Mann und begann, die Strasse herunter zu gehen. Er schwankte bei jedem Schritt hin und her, wie ein Schiff bei heftigem Wellengang.
"Wo bringen Sie uns hin?" fragte Susanna leise. "An einen guten Ort." sagte der Mann nur und lachte. Wenn eine Vogelscheuche lachen könnte, dachte Susanna, dann würde es wahrscheinlich so klingen.
Der Mann führte sie zum ersten Haus und dann hinter dieses. Der kleine Friedhof lag vor ihnen. Weiter hinten konnte Eddie eine kleine Holzhütte erkennen, in der Licht brannte.
"Wieso wohnen Sie nicht in einem der grossen Häuser?" wollte Eddie wissen.
"Weil ich der Totengräber bin und der Totengräber hat seine eigene Hütte." antwortete der Mann.
Susanna war es nicht wohl bei dem Gedanken, bei diesem komischen Alten zu schlafen. Sie wollte überhaupt nur noch weg von hier und Eddie auch. Doch sie folgten dem Totengräber trotzdem quer über den Friedhof. Wenn er Susanna was antut, dachte Eddie, schlage ich ihn tot.
"Keine Angst, ich werde ihr nichts antun." sagte der Totengräber. Eddie durchzuckte der Schrecken wie ein Blitz. Der Mann hatte seine Gedanken gelesen!
"Was haben Sie gesagt?" fragte Susanna unsicher.
"Eddie macht sich Sorgen um dich." antwortete der Totengräber und lachte sein Vogelscheuchenlachen.
Woher kennt der meinen Namen? fragte sich Eddie. Ich habe ihn nicht erwähnt!
Eddie spürte, wie seine Knie weich wurden und er schlotterte am ganzen Körper. Er musste nur einen kurzen Blick auf Susanna werfen, damit er sah, das es ihr genauso erging.
Sie waren am anderen Ende der Gräberreihe auf dem Friedhof angelangt und die Holzhütte stand vor ihnen. Sie war sehr klein, in ihr hätten niemals drei Leute Platz zum Schlafen gehabt.
"Wir sind da." sagte der Totengräber. Eddie fiel etwas auf. Am Ende der Gräberreihe, wo sie nun standen, waren zwei frische Gräber, die vor kurzer Zeit ausgehoben worden mussten. Bei beiden war ein hölzernes Kreuz vor dem Loch in den Boden gesteckt. Eddie konnte die Namen auf den Kreuzen nicht lesen, doch er wusste genau, wie sie lauteten. Eddie Dean und Susanna Delgado. Der Totengräber hatte ihre Gräber schon geschaufelt.
4. Teil - Das Spiel
Eddie und Susanna durchlebten die Hölle auf Erden. Der Totengräber war ihr Schicksal. Sie wollten fliehen, einfach wegrennen, doch der Totengräber liess das nicht zu. Er öffnete die Türe zu seiner Hütte. Die Türe quietschte schrecklich in den Angeln. Der Totengräber blickte über seine Schulter zurück und machte eine nickende Kopfbewegung, was bedeuten sollte, das Eddie und Susanna folgen sollten.
Als Eddie die Hütte betrat, kam ihm die Galle hoch. Er kotzte auf den Boden, halb über Susannas Füsse, die neben ihm stand. In der Hütte herrschte ein Gestank, den ein normaler Mensch nicht in Worte fassen konnte. Es roch nach Verwesung, nach Tod und nach Urin und Scheisse. Susanna verzog das Gesicht zu einer Grimasse, auch sie musste sich fast übergeben. Sie nahm Eddies Hand und er spürte wie sie zitterte. "Fühlt euch wie zu Hause." sagte der Totengräber und grinste.
Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. Das Licht in der Hütte rührte von einem prasselnden Feuer in einer Nische der Hütte. Die tanzenden Flammen zeichneten Schatten an die Wand, die aussahen wie Gesichter die sich auf und ab bewegten. In der Mitte der Hütte standen drei altmodische Sessel um einen kleinen runden Tisch herum. Auf dem Tisch lag ein Buch, das mindestens 5000 Seiten umfassen musste. An der hinteren Wand der Hütte war eine Schlafstelle an die Wand angebracht, die Bezeichnung Bett hätte die Liegestelle nicht verdient. Das Teil musste härter sein als eine Gefängnispritsche. Ansonsten war die Hütte leer, allerdings hätte auch nicht mehr darin platzgehabt.
Der Totengräber setzte sich in einen der Sessel und bedeutete Eddie und Susanna, das sie sich setzen sollten. Sie taten wie geheissen. Der Totengräber faltete die Hände auf dem Tisch und blickte abwechselnd Susanna und Eddie an. "Das Spiel beginnt." verkündete er mit einem Grinsen. Eddie hatte die Worte gar nicht richtig verstanden, der Gestank in der Hütte benebelte seine Sinne. Susanna hielt sich die Nase zu und schaute den Totengräber voller Entsetzen an. Was für ein Spiel?
"Heute ist eine schöne Nacht", sagte der Totengräber weiter. "Die Nacht eures Schicksals. Ich habe schon lange auf euch gewartet."
Die Worte hallten in Eddies Kopf wie ein tausendfaches Echo. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Alles um ihn war so surreal. "Lassen Sie uns gehen." verlangte Susanna mit weinerischer Stimme. "Ich lass euch gehen, ja", sagte der Totengräber und sein Gesicht sah aus wie ein grinsender Totenschädel. "Aber nur einer von euch."
Susanna zuckte zusammen. Eddie starrte den Totengräber einfach an, wahrscheinlich hatte er die Worte nicht einmal gehört. "Wieso tun Sie das?" fragte Susanna und brach in Tränen aus.
Der Totengräber beantwortete ihre Frage nicht. Stattdessen sagte er: "Einer von euch muss bei mir bleiben. Und ihr selbst werdet entscheiden wer es ist."
Susanna schluchzte und schüttelte den Kopf. Die Worte des Totengräbers ergaben nicht viel Sinn in ihrem aufgewühlten Verstand. Der Totengräber schlug das dicke Buch vor ihm auf.
"Das Spiel beginnt." sagte er noch einmal. Plötzlich veränderte sich etwas. Der ganze Raum schien sich zu bewegen, alles waberte und schien zu fliessen. Das Licht wurde greller. Eddie war überzeugt, das er nun zu halluzinieren begann. Aber so wie Susanna aussah, wusste er, das auch sie die Veränderungen wahrnahm. Dann war die Hütte komplett verschwunden. Eddie und Susanna sassen nun beide im Schneidersitz auf Waldboden. Ein paar Meter vor ihnen, über einem prasselnden Feuer, schwebte eine Art Dolch, der blau leuchtete. Eddie traute seinen Augen kaum. Sie waren auf einer Waldlichtung, umgeben von mehreren Dutzend Leuten, die eine Art Tanz aufzuführen schienen. Die Menschen sahen aus wie Indianer. Eddie blickte in den Himmel und sah die Sterne. Diese Sterne, er hatte noch nie solche Sterne gesehen. Er konnte sie nicht beschreiben, sie waren viel heller als normal und tausend mal schöner anzusehen. Dann fiel sein Blick aprubt auf den blauen Dolch. Ein Energieschlag durchzuckte ihn wie ein Blitz. Von diesem Dolch ging eine Anziehungskraft und Faszination aus, wie er sie noch nie erlebt hatte. Eddie konnte nicht mehr überlegen. Er wollte nur noch diesen Dolch, wollte ihn an sich reissen, als gäbe es nichts anderes mehr, als würde der Dolch die Welt retten.Mit einem Satz sprang er auf. "Nein Eddie!" schrie Susanna und versuchte auch aufzustehen, doch es gelang ihr irgendwie nicht. "Nein!"
Eddie hörte sie nicht mehr. Er hatte nur noch Augen für den Dolch. Er griff nach ihm und merkte gar nicht, wie das Feuer seine Haut versengte. Kaum hatte er den Dolch in Händen, fuhr eine unglaubliche Kraft durch seinen Körper. Susanna blickte in Eddies Gesicht und seine Augen fingen an zu leuchten und zu funkeln. Wie die Augen des Totengräbers. Eddie grinste. Susanna wollte ihm etwas sagen, wollte sagen er solle den Dolch fallen lassen, doch keine Worte kamen über ihre Lippen.
Eddie kam auf sie zu. Sie versuchte aufzustehen, doch sie schien mit dem Boden verwachsen.
Eddie stand vor ihr und blickte mit seinen neuen Augen auf sie herunter. Die Hand, in der er den Dolch hielt, zuckte nach vorne. Das Getanze der Indianer, oder was auch immer sie waren, wurde wilder und hektischer. Eddies Hand hob sich wie von Geist geführt. Dann schnellte sie herunter. Die Klinge des Dolches bohrte sich in Susannas Kopf. Der letzte klare Gedanken, den Eddie fassen konnte, war:
Warum nur? Warum habe ich das getan? Dann versank er in Dunkelheit. Es wurde still. Totenstill.
5. Teil - Das Erwachen
Eddie schlug die Augen auf.
Sein Körper fühlte sich an, als wäre er fünf Stunden ohne Pause gerannt. Seine Gliedmassen waren taub, er konnte sich kaum bewegen. Was war passiert?
Eddie schaute sich um. Er sass in einem Auto. In seinem Auto. Eddie blinzelte. Er konnte sich praktisch an nichts mehr erinnern. Nur der Totengräber und Susanna hatte er noch in Errinnerung.
Draussen ging die Sonne auf und blendete seine Augen. Eddie senkte seinen Blick und sah auf seine Hände. Er hatte üble Verbrennungen und sie schmerzten ihn. Erst jetzt, als sein Blick auf sie fiel, spürte er den Schmerz. Wo hatte er sich diese Verbrennungen nur zugezogen?
Eddie suchte in seiner Tasche nach den Zigaretten. Er nahm sich eine aus der Packung und zündete sie an. Erst jetzt fiel ihm auf, das Susanna gar nicht da war. Scheisse! dachte Eddie. Wo war sie?
Eddie versuchte die Wagentüre zu öffnen. Es gelang ihm mit grosser Anstrengung.
Die Türe gab nach und schwang nach aussen. Die Halterungen brachen und die Tür fiel scheppernd zu Boden. Eddie hievte sich aus dem Auto und klatschte der Länge nach auf den steinigen Untergrund.
Sein Cadillac, der einst schön und sauber gewesen war, sah aus, als hätte er ein paar Jahre im Regen gestanden. Überall war Rost und es klebte Dreck und Staub am ganzen Auto. Wie konnte das über Nacht passiert sein? Eddie war immer noch benommen. Immerhin war er immer noch am selben Ort. Das Loch, in das sie in der Nacht gefahren waren, war immer noch da und die Strasse auch. Aber wo war Susanna? Vielleicht musste sie mal, versuchte sich Eddie zu beruhigen.
Dann hörte er etwas, es tönte wie ein Pochen oder Klopfen. Zuerst dachte Eddie, das Geräusch würde nur seiner Fantasie entspringen, doch es wurde immer energischer und kam von irgendwo rechts von ihm. Eddie drehte seinen Kopf in diese Richtung, doch er konnte nicht erkennen, woher das Klopfen kam. Er robbte auf dem Bauch zum Heck des Cadillac. Das Klopfen wurde lauter. Anscheinend schien es aus dem Cadillac selber zu kommen, genauer gesagt aus dem Kofferraum. Eddie zog sich am hinteren Türgriff, welcher unter seinem Gewicht ächzte und beinahe abbrach, des Autos hoch und stand wackelig auf seinen Beinen. Das Klopfen wurde energischer.
Nun war es eindeutig. Es kam aus dem Kofferraum des Cadillac. Eddie stützte sich am Wagen und erreichte den Griff um den Kofferraum zu öffnen. Er drückte ihn nach innen und es klickte. Der Kofferraum öffnete sich langsam. Eddie konnte nicht erkennen, wer oder was oder ob überhaupt jemand darin war. Doch dann sah er einen Arm, der aus dem Kofferraum herauslugte. Am Handgelenk blinkte eine Rolex im Sonnenlicht. Susanna hat auch eine Rolex! schoss es Eddie durch den Kopf. Aber warum zur Hölle ist sie in meinem Kofferraum eingesperrt?
Eddie zwang sich zu bewegen und in den Kofferraum zu sehen. Was er dort sah, erinnerte ihn schlagartig an die vergangene Nacht und all ihre schrecklichen Ereignisse. Susanna lag im Kofferraum. Sie war nackt und ihre Haut war übersäht von eitrigen Geschwüren und tiefen Narben. Das Loch in ihrem Kopf, in dem der Dolch gesteckt hatte, gab ein schmatzendes Geräusch von sich, als sie sich auf die Ellenbogen stützte. Eddie konnte durch das Loch in ihr Gehirn sehen, sah wie sich das verletzte Fleisch bewegte. Susanna grinste. Ihre Zähne waren schwarz und verfault.
"Lass uns ein Spiel spielen", keifte das Ding, das einmal Susanna Delgado gewesen war und ein dicker Schwall Blut spritzte aus dem zerschundenen Mund. Eddie konnte sich nicht rühren vor Schreck. Als sich die rasiermesserscharfen Fingernägel des Dings in seinen Hals gruben, schrie er, und das war das letzte was er in seinem Leben tat.
DER TOTENGRÄBER
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1. Teil - Der Zwischenfall
Der Strasse vor ihnen war leer. Seit zwei Stunden hatten sie kein Auto mehr gesehen. In was für eine gottverlassene Gegend waren sie hier nur gekommen? Na gut, es war vielleicht halb drei Uhr morgens, aber diese Abkürzung, von der ihnen dieser Mann erzählt hatte, war Eddie irgendwie nicht geheuer. Die Strasse war anscheinend schon lange nicht mehr repariert worden, andauernd fuhr sein Cadillac durch ein Schlagloch und er und Susanna wurden richtiggehend durchgeschüttelt. Es regnete leicht und die Dunkelheit um sie herum schien das Licht der Scheinwerfer regelrecht aufzusaugen.
"Schatz?" Wieder ein Schlagloch.
"Ja Prinzessin?" Eddie war müde, er hatte keine Lust zu reden, er wollte nur noch nach Hause.
Er war sowieso ein wortkarger Mensch. "Was ist los mit dir? Du siehst so ... komisch aus." Susanna strich sich eine Strähne ihres pechschwarzen Haares aus dem Gesicht.
"Ich bin nur müde", er fing an in seiner Tasche nach Zigaretten zu kramen. "Mach dir keine Sorgen."
Er blickte kurz zu Susanna hinüber, dann wieder auf die Strasse. Sie lächelte.
"Fahr doch nicht so schnell, Eddie. Diese Schlaglöcher bringen mich noch um."
Er hatte seine Zigaretten gefunden und steckte sich eine in den Mund. "Zigarette?" fragte er und hielt die Packung Susanna hin. Sie nahm sich eine und zündete ihre und Eddies an.
Der Rauch sah irgendwie interessant aus, nur im Licht des Amaturenbrettes. "Schalt mal das Radio an." sagte Susanna und zog genüsslich an der Zigarette.
Eddie begann am Empfänger des Radios herumzudrehen, doch man hörte nichts als ein Rauschen.
Er versuchte es weiter, doch alle Kanäle schienen tot zu sein. "Kein Empfang in dieser gottverlassenen
Gegend." brummte Eddie und hörte auf, am Empfänger zu drehen. Susanna kam das komisch vor. So weit im Niemandsland konnten sie nun auch wieder nicht sein, das sie gar keinen Radiosender empfingen. Doch sie machte sich nicht gross Gedanken darüber, auch sie war müde und wollte so schnell wie möglich nach Hause und ins Bett.
Wumm! Wieder fuhren sie durch ein Schlagloch. Das tut der Karre auch nicht gerade gut, dachte Eddie. Aber bei dieser gottverdammten Dunkelheit kann man keine zwanzig Meter weit sehen.
Sie passierten ein Schild, auf dem irgendeine Ortschaft angeschrieben war, doch weder Eddie noch Susanna konnten ausmachen, was der Name dieses Ortes war. Das konnte ihnen sowieso egal sein.
Plötzlich rumpelte es gewaltig. Der Cadillac nahm einen Satz und landete unsanft wieder auf der Strasse, oder besser gesagt, dort wo die Strasse eigentlich sein sollte. Vor ihnen war ein ca. 50 Zentimeter tiefes Loch, das die Strasse wie abhackte. Die hintere Achse brach und der Wagen rutschte auf dem steinigen Untergrund einige Meter weiter, bevor er zum Stillstand kam. Der Motor hüstelte noch einmal und verstummte dann. Zwei Sekunden lang war es totenstill.
Dann fluchte Eddie: "So eine Scheisse! Der Wagen ist im Eimer!" Susanna machte nur ein erschrockenes Gesicht und sagte gar nichts.
Eddie tastete nach dem Türgriff und öffnete die Türe. "Wart im Wagen Schatz. Ich sehe kurz nach, was los ist." Susanna drückte mit zittrigen Fingern die Zigarette aus. "Ja ist gut Eddie."
Eddie stieg aus dem Wagen und lief um ihn herum zur Rückseite des Cadillac. Viel konnte er bei dieser Dunkelheit nicht erkennen, doch er wusste das einer der hinteren Reifen geplatzt und das die Achse gebrochen war. Mit diesem Auto würden sie heute nirgendwo mehr hinfahren.
Shit! fluchte Eddie in Gedanken. Ich hab überhaupt keine Lust für so eine Scheisse! Ich will nur nach Hause! Er hörte wie die Beifahrertür geöffnet wurde. Susanna kam um den Wagen.
"Was ist? Können wir nicht mehr weiter?" fragte sie.
"Nein verdammt! Der Wagen ist Schrott! Der fährt nirgendwo mehr hin!" Er strich sich nervös durch das vom Regen schon ganz nasse Haar. "Kacke!", Susanna schlug die Faust gegen das Heck des Cadillac. "Was machen wir jetzt?" - "Es ist gleich drei Uhr morgens. Einen Abschleppdienst können wir nicht anrufen, das Handy funktioniert hier sowieso nicht. Wir müssen uns einen trockenen Ort suchen und erstmal abwarten." Eddie zündete sich noch eine Zigarette an, der Regen durchnässte sie allerdings so schnell, das er sie gleich wieder fortschmiss.
Eddie ging um den Wagen, nahm den Zündschlüssel an sich und verriegelte die Tür.
"Lass uns gehen." Er nahm Susanna bei der Hand und ging mit ihr zum Rand des Lochs, in das sie gefahren waren. Es war so dunkel, das er sich beinahe die Knie am Betonrand aufschürfte. "Scheisse!" brüllte er, es schien sein momentanes Lieblingswort zu sein.
"Mach dir keinen Kopf", sagte Susanna ruhig. Sie hatte sich wieder gefasst. "Wir suchen uns jetzt einen Unterschlupf und morgen schauen wir weiter." Eddie stieg aus dem Loch und Susanna folgte ihm.
Sie gingen Hand in Hand die dunkle Strasse entlang. Sie hatten kein Licht dabei, Eddie zündete nur ab und zu mit seinem Feuerzeug, damit Susanna nicht über die Kante des Lochs stürtzte.
Dieses war so breit wie die Strasse und ca. 50 Meter lang. Sie gingen noch etwa 10 Meter weiter und kamen zu einem schitteren Weg, der von der Strasse abzweigte. Ein Schild zeigte an, das es dort zu einer bestimmten Ortschaft Namens Gravetown führte. "Gravetown? Tönt nicht gerade sehr einladend." meinte Susanna. "Aber vielleicht finden wir dort eine Übernachtungsgelegenheit."
Eddie war es auf einmal unheimlich zumute. Er war sonst eigentlich überhaupt kein ängstlicher Mensch.
Aber irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl als sie das Schild passierten. Als gäbe es nun kein zurück mehr. Er wusste, das in dieser Nacht noch etwas passieren würde.
2. Teil - Gravetown
Der Weg führte sie durch einen lichten Wald. Eddie schaute immer ganz nervös umher, als würde er in der Dunkelheit allerlei Dinge sehen. "Was hast du denn?" fragte Susanna. "Du zitterst ja."
"Nichts." sagte Eddie nur, doch das entsprach nicht der Wahrheit. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, aber er wünschte sie hätten es nicht getan. Überall zwischen den Bäumen sah er Bewegung, und er hatte das Gefühl, als würden sie beobachtet.
Der Regen war in einen feinen Nieselregen übergegangen und es zog zu allem Übel auch noch Nebel auf.
Das Gefühl beobachtet zu werden wurde immer stärker. Eddies Gedanken rasten. Er hatte noch nie Angst vor der Dunkelheit gehabt. Was war nur mit ihm los? "Hast du noch 'ne Zigarette?" fragte Susanna neben ihm.
Eddie blieb stehen und klaubte die Packung hervor. Er steckte Susanna eine in den Mund und griff nach seinem Feuerzeug. Er zündete es an und dann zuckte er so fest zusammen, das Susanna meinte, er hätte irgendeinen Anfall.
"Stimmt etwas nicht Eddie?" fragte Susanna besorgt und hielt Eddies zweite Hand auch.
"Ich ... ich weiss nicht", stammelte Eddie. "Ich hab etwas gesehen." "Was denn?" wollte Susanna wissen. Sie sprach absolut ruhig. "Als ich das Licht angezündet habe, da ... hab ich eine Gestalt hinter dir gesehen. Sie stand zwischen den Bäumen und schaute zu uns herüber. Eine gebückte Gestalt ..." Eddie brach ab und zuckte noch einmal zusammen, als hätten seine Worte die Gestalt zurückgebracht. "Hör auf damit Eddie. Deine Fantasie hat dir einen Streich gespielt." Susanna streichelte liebevoll Eddies Hände. "Du hattest schon immer eine lebhafte Fantasie."
"Warum sind wir nicht einfach im Auto geblieben? Shit!" sagte Eddie leise und wollte gerade wieder umkehren, doch Susanna hielt ihn zurück. "Ach komm Eddie", sagte sie. "In deiner Karre ist nicht gerade viel Platz zum pennen und bis Gravetown ist es bestimmt nicht mehr weit."
Eddie nickte. Susanna hatte wahrscheinlich recht. Er war einfach müde und seine Fantasie hatte ihm einen Streich gespielt. Sie gingen weiter. Bald waren sie aus dem Wald heraus. Dicke Nebelschwaden zogen vor ihnen auf. Ein zerlöchertes Schild zeigte an, das Gravetown vor ihnen lag.
Jemand hatte eine Katze an das Schild genagelt. Blut klebte daran. "Was zur Hölle ist das für ein Ort?" fragte Eddie, und Angst schwang erneut in seiner Stimme mit.
"Komm wir gehen weiter", sagte Susanna bestimmt, doch auch sie warf einen skeptischen Blick auf die tote Katze. Dann kamen sie nach Gravetown. Der Ort bestand aus nicht mehr als fünf Häusern, die aussahen, als wären sie der Kulisse eines Wildwestfilmes entsprungen. Hinter einem der Häuser war ein kleiner Friedhof angelegt. Es war totenstill. Eddie und Susanna gingen schweigend der Strasse entlang. Plötzlich stand vor ihnen mitten auf der Strasse ein Auto. Eddie zündete mit seinem Feuerzeug. Der Lack des Wagens war überall verrostet und auch sonst machte er einen recht schitteren Eindruck, was darauf schliessen liess, das er schon lange hierstand.
"Wenn der Wagen noch läuft", sagte Eddie. "dann nehmen wir den und fahren damit weiter."
Er ging um die Seite des Wagens herum und zur Fahrertüre. Die Scheibe war eingeschlagen. Wieder zündete er mit seinem Feuerzeug, um das Interieur des Wagens zu begutachten.
Vor Schreck liess er sein Feuerzeug fallen und gab einen quiekenden Laut von sich. Überall im Wagen klebte Blut. Es war über die gesammte Frontscheibe gespritzt und auch auf den Sitzen war eine Menge davon. Es roch abscheulich. Eddie musste sich fast übergeben.
"Fuck!" stöhnte Eddie und sein Gesicht wurde kreidebleich. Susanna sah ihn erschrocken an. "Was stimmt mit dem Wagen nicht?" fragte sie vorsichtig.
"Blut. Der ganze Wagen ist voller Blut." sagte er hysterisch. "Wir sollten hier so schnell wie möglich abhauen. Keine Ahnung was hier für Psychopathen leben."
"Ok, wir kehren um." sagte Susanna. Nun war es auch ihr nicht mehr geheuer. Ein Wagen voller Blut? Was war hier nur passiert? Susanna machte auf dem Absatz kehrt. Eddie folgte ihr. Sie gingen nun schneller zurück, als sie gekommen waren. Als sie das letzte Haus passierten, ging im oberen Stock des Gebäudes ein Licht an. Eddie und Susanna blieben wie angewurzelt stehen. Eine gebückte Gestalt war oben am Fenster erschienen. Susanna konnte nicht viel vom Gesicht dieser Gestalt erkennen, doch sie sah, das es ein alter Mann war, dessen Gesicht halb erleuchtet war, von der Laterne, die er in den Händen hielt. Seine Augen. Sie hatte noch niemals solche Augen gesehen. Sie blitzten und funkelten in der Dunkelheit, wie die Augen einer Katze. Und sie blickten genau in die ihren.
3. Teil - Der Totengräber
"Entschuldigen Sie", rief Eddie dem Mann zu. "Können Sie uns sagen, wo wir hier übernachten können?"
Er bekam keine Antwort.
Die Gestalt am Fenster bewegte sich nicht. Der Mann blickte immer noch mit seinen faszinierenden Augen auf sie herunter. Im tanzenden Lichtschein der Laterne sah er unheimlich aus.
"Hallo! Können Sie uns hören?" rief Susanna, doch ihre Stimme tönte sehr unsicher, der Mann machte ihr Angst. Wieder bekamen sie keine Antwort. "Komm wir gehen einfach." sagte Eddie und blickte noch einmal zum Fenster hinauf. Der Mann war verschwunden.
"Dieser Ort macht mir Angst." sagte Susanna und schmiegte sich dichter an Eddie.
Sie gingen den Weg zurück, den sie gekommen waren. Susanna kam es so vor, als würde der Rückweg ewig dauern. Wieder kamen sie in den Wald, der Nebel wurde immer dichter und zog über den Boden her, wie Wolken aus Watte. Es ging nicht mehr lange und sie kamen an dem verlöcherten Ortsschild mit der angenagelten Katze vorbei. Sie waren wieder in Gravetown, obwohl sie eigentlich genau den Weg zurückgegangen waren, den sie gekommen waren! Was war hier los? Waren sie beide verrückt geworden? Eddie sah ganz so aus. "Verflucht", flüsterte er. "Wir sind wieder in Gravetown! Wie kann das sein?" Susanna weinte fast. Sie hatte höllische Angst. "Eddie", sagte sie unter Tränen. "Wir müssen schleunigst weg hier. Wenn der Mann wieder kommt..." Sie brach ab und schluchzte.
Eddie nahm sie bei der Hand und begann, diesmal in die andere Richtung zu gehen, oder besser gesagt zu rennen. Sie liefen an dem blutigen Wagen vorbei und weiter. Vor ihnen tauchte ein Licht im Nebel auf.
Es kam immer näher und auf sie zu. Eddie zog Susanna von der Strasse und wollte sich gerade in einem der Gärten der Häuser ins Gebüsch schlagen, als jemand hinter ihnen mit einer rauhen Stimme sagte: "Wohin des Weges, meine Kinder?"
Eddie und Susanna drehten sich um. Hinter ihnen stand der Mann vom Fenster. Er hatte schütteres graues Haar und einen schwarzen Zylinder auf dem Kopf. Sein Gesicht war übersäht von Narben und Geschwüren, es sah aus wie eine Kraterlandschaft. Und diese Augen, diese kalten blitzenden Augen.
Der Mann war sehr altmodisch gekleidet, wie im Mittelalter. Es scheint sowieso so, als wäre die Zeit an diesem Ort stehen geblieben, dachte Eddie.
"Wir suchen einen Ort zum Übernachten." sagte Eddie und versuchte, das seine Stimme so ruhig wie möglich klang. Der alte Mann sah gebrechlich aus, sie brauchten sich eigentlich nicht vor ihm zu fürchten. "Hier hat seit Jahren niemand mehr übernachtet." sagte der Mann und grinste ein schiefes Grinsen. Seine Zähne waren gelb und halb verfault. Die Laterne in seiner Hand flackerte.
"Vielleicht können wir in einem der Häuser Unterschlupf finden." Eddie wusste nicht, ob er nun eine Frage gestellt hatte, oder ob es eine Feststellung war.
Susanna stand an seiner Seite und blickte den Mann nur voller Angst an.
"Kommt mit mir." sagte der alte Mann und begann, die Strasse herunter zu gehen. Er schwankte bei jedem Schritt hin und her, wie ein Schiff bei heftigem Wellengang.
"Wo bringen Sie uns hin?" fragte Susanna leise. "An einen guten Ort." sagte der Mann nur und lachte. Wenn eine Vogelscheuche lachen könnte, dachte Susanna, dann würde es wahrscheinlich so klingen.
Der Mann führte sie zum ersten Haus und dann hinter dieses. Der kleine Friedhof lag vor ihnen. Weiter hinten konnte Eddie eine kleine Holzhütte erkennen, in der Licht brannte.
"Wieso wohnen Sie nicht in einem der grossen Häuser?" wollte Eddie wissen.
"Weil ich der Totengräber bin und der Totengräber hat seine eigene Hütte." antwortete der Mann.
Susanna war es nicht wohl bei dem Gedanken, bei diesem komischen Alten zu schlafen. Sie wollte überhaupt nur noch weg von hier und Eddie auch. Doch sie folgten dem Totengräber trotzdem quer über den Friedhof. Wenn er Susanna was antut, dachte Eddie, schlage ich ihn tot.
"Keine Angst, ich werde ihr nichts antun." sagte der Totengräber. Eddie durchzuckte der Schrecken wie ein Blitz. Der Mann hatte seine Gedanken gelesen!
"Was haben Sie gesagt?" fragte Susanna unsicher.
"Eddie macht sich Sorgen um dich." antwortete der Totengräber und lachte sein Vogelscheuchenlachen.
Woher kennt der meinen Namen? fragte sich Eddie. Ich habe ihn nicht erwähnt!
Eddie spürte, wie seine Knie weich wurden und er schlotterte am ganzen Körper. Er musste nur einen kurzen Blick auf Susanna werfen, damit er sah, das es ihr genauso erging.
Sie waren am anderen Ende der Gräberreihe auf dem Friedhof angelangt und die Holzhütte stand vor ihnen. Sie war sehr klein, in ihr hätten niemals drei Leute Platz zum Schlafen gehabt.
"Wir sind da." sagte der Totengräber. Eddie fiel etwas auf. Am Ende der Gräberreihe, wo sie nun standen, waren zwei frische Gräber, die vor kurzer Zeit ausgehoben worden mussten. Bei beiden war ein hölzernes Kreuz vor dem Loch in den Boden gesteckt. Eddie konnte die Namen auf den Kreuzen nicht lesen, doch er wusste genau, wie sie lauteten. Eddie Dean und Susanna Delgado. Der Totengräber hatte ihre Gräber schon geschaufelt.
4. Teil - Das Spiel
Eddie und Susanna durchlebten die Hölle auf Erden. Der Totengräber war ihr Schicksal. Sie wollten fliehen, einfach wegrennen, doch der Totengräber liess das nicht zu. Er öffnete die Türe zu seiner Hütte. Die Türe quietschte schrecklich in den Angeln. Der Totengräber blickte über seine Schulter zurück und machte eine nickende Kopfbewegung, was bedeuten sollte, das Eddie und Susanna folgen sollten.
Als Eddie die Hütte betrat, kam ihm die Galle hoch. Er kotzte auf den Boden, halb über Susannas Füsse, die neben ihm stand. In der Hütte herrschte ein Gestank, den ein normaler Mensch nicht in Worte fassen konnte. Es roch nach Verwesung, nach Tod und nach Urin und Scheisse. Susanna verzog das Gesicht zu einer Grimasse, auch sie musste sich fast übergeben. Sie nahm Eddies Hand und er spürte wie sie zitterte. "Fühlt euch wie zu Hause." sagte der Totengräber und grinste.
Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. Das Licht in der Hütte rührte von einem prasselnden Feuer in einer Nische der Hütte. Die tanzenden Flammen zeichneten Schatten an die Wand, die aussahen wie Gesichter die sich auf und ab bewegten. In der Mitte der Hütte standen drei altmodische Sessel um einen kleinen runden Tisch herum. Auf dem Tisch lag ein Buch, das mindestens 5000 Seiten umfassen musste. An der hinteren Wand der Hütte war eine Schlafstelle an die Wand angebracht, die Bezeichnung Bett hätte die Liegestelle nicht verdient. Das Teil musste härter sein als eine Gefängnispritsche. Ansonsten war die Hütte leer, allerdings hätte auch nicht mehr darin platzgehabt.
Der Totengräber setzte sich in einen der Sessel und bedeutete Eddie und Susanna, das sie sich setzen sollten. Sie taten wie geheissen. Der Totengräber faltete die Hände auf dem Tisch und blickte abwechselnd Susanna und Eddie an. "Das Spiel beginnt." verkündete er mit einem Grinsen. Eddie hatte die Worte gar nicht richtig verstanden, der Gestank in der Hütte benebelte seine Sinne. Susanna hielt sich die Nase zu und schaute den Totengräber voller Entsetzen an. Was für ein Spiel?
"Heute ist eine schöne Nacht", sagte der Totengräber weiter. "Die Nacht eures Schicksals. Ich habe schon lange auf euch gewartet."
Die Worte hallten in Eddies Kopf wie ein tausendfaches Echo. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Alles um ihn war so surreal. "Lassen Sie uns gehen." verlangte Susanna mit weinerischer Stimme. "Ich lass euch gehen, ja", sagte der Totengräber und sein Gesicht sah aus wie ein grinsender Totenschädel. "Aber nur einer von euch."
Susanna zuckte zusammen. Eddie starrte den Totengräber einfach an, wahrscheinlich hatte er die Worte nicht einmal gehört. "Wieso tun Sie das?" fragte Susanna und brach in Tränen aus.
Der Totengräber beantwortete ihre Frage nicht. Stattdessen sagte er: "Einer von euch muss bei mir bleiben. Und ihr selbst werdet entscheiden wer es ist."
Susanna schluchzte und schüttelte den Kopf. Die Worte des Totengräbers ergaben nicht viel Sinn in ihrem aufgewühlten Verstand. Der Totengräber schlug das dicke Buch vor ihm auf.
"Das Spiel beginnt." sagte er noch einmal. Plötzlich veränderte sich etwas. Der ganze Raum schien sich zu bewegen, alles waberte und schien zu fliessen. Das Licht wurde greller. Eddie war überzeugt, das er nun zu halluzinieren begann. Aber so wie Susanna aussah, wusste er, das auch sie die Veränderungen wahrnahm. Dann war die Hütte komplett verschwunden. Eddie und Susanna sassen nun beide im Schneidersitz auf Waldboden. Ein paar Meter vor ihnen, über einem prasselnden Feuer, schwebte eine Art Dolch, der blau leuchtete. Eddie traute seinen Augen kaum. Sie waren auf einer Waldlichtung, umgeben von mehreren Dutzend Leuten, die eine Art Tanz aufzuführen schienen. Die Menschen sahen aus wie Indianer. Eddie blickte in den Himmel und sah die Sterne. Diese Sterne, er hatte noch nie solche Sterne gesehen. Er konnte sie nicht beschreiben, sie waren viel heller als normal und tausend mal schöner anzusehen. Dann fiel sein Blick aprubt auf den blauen Dolch. Ein Energieschlag durchzuckte ihn wie ein Blitz. Von diesem Dolch ging eine Anziehungskraft und Faszination aus, wie er sie noch nie erlebt hatte. Eddie konnte nicht mehr überlegen. Er wollte nur noch diesen Dolch, wollte ihn an sich reissen, als gäbe es nichts anderes mehr, als würde der Dolch die Welt retten.Mit einem Satz sprang er auf. "Nein Eddie!" schrie Susanna und versuchte auch aufzustehen, doch es gelang ihr irgendwie nicht. "Nein!"
Eddie hörte sie nicht mehr. Er hatte nur noch Augen für den Dolch. Er griff nach ihm und merkte gar nicht, wie das Feuer seine Haut versengte. Kaum hatte er den Dolch in Händen, fuhr eine unglaubliche Kraft durch seinen Körper. Susanna blickte in Eddies Gesicht und seine Augen fingen an zu leuchten und zu funkeln. Wie die Augen des Totengräbers. Eddie grinste. Susanna wollte ihm etwas sagen, wollte sagen er solle den Dolch fallen lassen, doch keine Worte kamen über ihre Lippen.
Eddie kam auf sie zu. Sie versuchte aufzustehen, doch sie schien mit dem Boden verwachsen.
Eddie stand vor ihr und blickte mit seinen neuen Augen auf sie herunter. Die Hand, in der er den Dolch hielt, zuckte nach vorne. Das Getanze der Indianer, oder was auch immer sie waren, wurde wilder und hektischer. Eddies Hand hob sich wie von Geist geführt. Dann schnellte sie herunter. Die Klinge des Dolches bohrte sich in Susannas Kopf. Der letzte klare Gedanken, den Eddie fassen konnte, war:
Warum nur? Warum habe ich das getan? Dann versank er in Dunkelheit. Es wurde still. Totenstill.
5. Teil - Das Erwachen
Eddie schlug die Augen auf.
Sein Körper fühlte sich an, als wäre er fünf Stunden ohne Pause gerannt. Seine Gliedmassen waren taub, er konnte sich kaum bewegen. Was war passiert?
Eddie schaute sich um. Er sass in einem Auto. In seinem Auto. Eddie blinzelte. Er konnte sich praktisch an nichts mehr erinnern. Nur der Totengräber und Susanna hatte er noch in Errinnerung.
Draussen ging die Sonne auf und blendete seine Augen. Eddie senkte seinen Blick und sah auf seine Hände. Er hatte üble Verbrennungen und sie schmerzten ihn. Erst jetzt, als sein Blick auf sie fiel, spürte er den Schmerz. Wo hatte er sich diese Verbrennungen nur zugezogen?
Eddie suchte in seiner Tasche nach den Zigaretten. Er nahm sich eine aus der Packung und zündete sie an. Erst jetzt fiel ihm auf, das Susanna gar nicht da war. Scheisse! dachte Eddie. Wo war sie?
Eddie versuchte die Wagentüre zu öffnen. Es gelang ihm mit grosser Anstrengung.
Die Türe gab nach und schwang nach aussen. Die Halterungen brachen und die Tür fiel scheppernd zu Boden. Eddie hievte sich aus dem Auto und klatschte der Länge nach auf den steinigen Untergrund.
Sein Cadillac, der einst schön und sauber gewesen war, sah aus, als hätte er ein paar Jahre im Regen gestanden. Überall war Rost und es klebte Dreck und Staub am ganzen Auto. Wie konnte das über Nacht passiert sein? Eddie war immer noch benommen. Immerhin war er immer noch am selben Ort. Das Loch, in das sie in der Nacht gefahren waren, war immer noch da und die Strasse auch. Aber wo war Susanna? Vielleicht musste sie mal, versuchte sich Eddie zu beruhigen.
Dann hörte er etwas, es tönte wie ein Pochen oder Klopfen. Zuerst dachte Eddie, das Geräusch würde nur seiner Fantasie entspringen, doch es wurde immer energischer und kam von irgendwo rechts von ihm. Eddie drehte seinen Kopf in diese Richtung, doch er konnte nicht erkennen, woher das Klopfen kam. Er robbte auf dem Bauch zum Heck des Cadillac. Das Klopfen wurde lauter. Anscheinend schien es aus dem Cadillac selber zu kommen, genauer gesagt aus dem Kofferraum. Eddie zog sich am hinteren Türgriff, welcher unter seinem Gewicht ächzte und beinahe abbrach, des Autos hoch und stand wackelig auf seinen Beinen. Das Klopfen wurde energischer.
Nun war es eindeutig. Es kam aus dem Kofferraum des Cadillac. Eddie stützte sich am Wagen und erreichte den Griff um den Kofferraum zu öffnen. Er drückte ihn nach innen und es klickte. Der Kofferraum öffnete sich langsam. Eddie konnte nicht erkennen, wer oder was oder ob überhaupt jemand darin war. Doch dann sah er einen Arm, der aus dem Kofferraum herauslugte. Am Handgelenk blinkte eine Rolex im Sonnenlicht. Susanna hat auch eine Rolex! schoss es Eddie durch den Kopf. Aber warum zur Hölle ist sie in meinem Kofferraum eingesperrt?
Eddie zwang sich zu bewegen und in den Kofferraum zu sehen. Was er dort sah, erinnerte ihn schlagartig an die vergangene Nacht und all ihre schrecklichen Ereignisse. Susanna lag im Kofferraum. Sie war nackt und ihre Haut war übersäht von eitrigen Geschwüren und tiefen Narben. Das Loch in ihrem Kopf, in dem der Dolch gesteckt hatte, gab ein schmatzendes Geräusch von sich, als sie sich auf die Ellenbogen stützte. Eddie konnte durch das Loch in ihr Gehirn sehen, sah wie sich das verletzte Fleisch bewegte. Susanna grinste. Ihre Zähne waren schwarz und verfault.
"Lass uns ein Spiel spielen", keifte das Ding, das einmal Susanna Delgado gewesen war und ein dicker Schwall Blut spritzte aus dem zerschundenen Mund. Eddie konnte sich nicht rühren vor Schreck. Als sich die rasiermesserscharfen Fingernägel des Dings in seinen Hals gruben, schrie er, und das war das letzte was er in seinem Leben tat.