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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : MOUNT VUVLA DER BERG DES WAHNSINNS (M-P feat. es)



M-P
19.07.2006, 22:33
Grauer Beton trifft direkt auf noch Graueren Sand. Sechzig Meter von der Stadtmauer entfernt, an die sich kleine Hütten aus Auto und Flugzeugteilen schmiegen, und ca 70 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt steht „Mount Vulva“, der Vulkan, der unsere fast wie aus einem Schwarzweißfilm wirkende Szenerie geprägt hat. Seine Ausläufer beginnen hier, und seine Spitze ist in den tief liegenden Wolken kaum sichtbar. Hier wohnen Leute. Nicht unbedingt Menschen, außer man hat die Frechheit sich selber „Humanist“ zu nennen, aber Hey, wer tut das heutzutage noch?
Diese Leute also, für die dem Autoren einfach keine bessere Bezeichnung einfällt, leben (mehr oder weniger – verglichen mit den Bonzen im Stadtzentrum oder unter dem Wasser des grauen Meeres) um zu sterben. Mehr bleibt ihnen nicht über. Aber das ist ok, sie wissen es, die anderen wissen es, und sie haben das kurze leben zur Perfektion erhoben. Alle Paar Jahre stürzen sich einige von ihnen nach einer zwei – drei Wochen andauernden Pilgerreise (je nach dem, wie viele echte Gliedmaßen man noch besitzt, oder wieviele man überschüssig hat) in den Schlund Mount Vulvas und ihre Verwandten feiern und freuen sich dabei. Wenn sie dabei jetzt an Freude im allgemeinen Sinne denken, denken sie richtig. Es ist meist Freude im allgemeinen Sinne, doch das muss ja nichts Schlechtes sein. Es ist ja so, dass die Freude in Reinform - also im allgemeinen Sinne - etwas Gutes ist, etwas Erfreuliches eben. Und diese Freude war es, welche hier wie ein Konzern sein Monopol errichtet hatte. Doch irgendwie…stimmte dabei irgendwas nicht. Missgebildete (aus welchen Gründen auch immer) Leute starben hier, zwar aus freiem Willen, doch kann man den Tod als etwas Erfreuliches ansehen?
Es war genau diese Frage, die sich Ruke stelle. Ruke war ein Bewohner des Inseldorfes und er betrieb den örtlichen Tabakladen, und weil sich die Leute samt Tabak in den Vulkan stürzten, roch es immer angenehm nach Werkstatt. Oder nach Großvater. Oder so. Irgendwie…Melancholisch, dachte Ruke, während er sich wieder seinem Kunden zuwendete.
»Wie kann der Tod etwas Erfreuliches sein, Bomb?« Bomb war ein großer, breitschultriger Exknacki, welcher sich billigen Einsfünfzigtabak kaufte.
»Keine Ahnung, Mann. Keine Ahnung.«
»Mann, ich hab dich was gefragt und wollte dafür auch eine Antwort oder sowas in der Art. Sonst bin ich es doch immer, der dir Antworten gibt.« Daraufhin verstummte Bomb.
Nach ein paar Sekunden nachdenklichem Schweigen sah er Ruke wieder an und meinte:
“ Ey, das isses. DU gibst doch immer die Antworten. Sag mal, wie kann der Tod was erfreuliches sein?“ Bomb klatschte wie ein kleines Kind in die Hände, welchem man den Lutscher geklaut hat, aber dann ist ein Amboss auf einen gefallen und das Kind hatte seinen Lutscher wieder. Er feixte regelrecht.
Ruke überlegte einen moment lang und meinte dann:
„Naja, wenn das leben so richtig beschissen ist, dann kann es ja vielleicht sein, das man einfach keine Lust mehr hat und die Aussicht auf den Tod einen eher erfreut als niederschlägt. Wenn man keine Ahnung hat oder einfach zu dumm ist um was aus seinem leben zu machen.“
„Ach so.“
Ruke starrte ihn an. Seine Kippe glühte aus seinem Mundwinkel und seine Augen wurden immer größer. Er rollte die Augen verdächtig und Schweißperlen enstanden auf seiner Stirn. Er dachte angestrengt nach und lies seine Kippe von Mundwinkel-Rechts zu Mundwinkel-Links wandern.
„Du dämliches Arschloch. Ich wollte das von dir wissen, verpiss dich! MAN VERARSCHT RUKE NICHT EINFACH SO!“
Er knallte seine flache Hand auf Bombs flachen Kopf, der daraufhin grinste wie ein Vollidiot und sich aus dem Laden verzog. Draußen blieb er stehen und sah, immer noch grinsend, auf seine Schuhe hinab.

Ruke schüttelte den Kopf und drehte sich eine Kippe. So waren sie, die simpleren Gemüter. Bomb dachte tatsächlich, er hätte ihn mit seinem dämlichen kleinen Spielchen ausgetrickst. Aber dass das nicht stimmte, war sowieso klar. Zumindest für Ruke. Denn er war Ruke. Und das wollte schließlich was heißen. Denn Ruke hatte in dem kleinen Örtchen einen gewissen Ruf. Ruke vermochte selber nicht zu sagen, wie dieser Ruf genau klang. Aber er wollte ihn sich um jeden Preis bewahren. Dies schaffte er nur, indem er jeden Tag einfach nur dasselbe tat, wie jeden Tag.
Er mochte Bomb, keine Frage, aber der große war nun mal…nun ja, sagen wir das er etwas langsam war. Ruke sah aus dem Fenster und Bomb stand immernoch da. Ja, wirklich total langsam. Ruke drückte seine Selbstgedrehte aus und drehte sich sofort eine Neue aus seinem genialen geschmackvollen Tabak, der einfach nur genial und voll im Geschmack war. Jedenfalls ging genau in der Sekunde in der Ruke seine Kippe mit seinem Zippo entflammte die Tür auf. Viel mehr passierte erstmal nicht, Ruke lehnte sich rüber und spähte ins Freie.
In diesem Moment raste der Tod auf Ruke zu. Er wich zurück und warf die Arme hoch.
»Was'n mit dir los?« Ein alter kleiner Mann stand im Laden. Er hatte zwei Krücken um mit Vier Beinen dazustehen. »Hast du mal wieder den Tod gesehen?«
»Ja, das dritte mal heute.«
»Ich schon fünfmal, echt zum kotzen. Gelinde Gerinde Gesagt. Eine Gliteration. Das erinnert mich an damals, damals als deine Frau aus Amphetaminmangel Amok im Kindergarten gelaufen is'. Oh, weißt du noch?«
»Allerdings. Die Quahlen hören nie auf.« Ruke sah träumerisch und fast verliebt auf seine Zigarette. Er mochte diese Zigarette, er hatte sie mit viel Liebe und noch mehr Fleiß selbst gedreht. Er musste viel arbeiten und trainieren, um seine Drehfähigkeit zu perfektionieren. Er drehte nur mit einer Hand, da er mit der anderen Hand immer die vorherige Zigarette mit einer Abschiedsträne ausdrücken musste. Er war sehr schnell, was das drehen anging. So konnte er durchgängig rauchen. Er lies seinen Blick wieder zum Fenster schweifen und sah, dass Bomb immer noch draußen stand und seine Schuhe anstierte. Oh ja, er war wirklich sehr sehr langsam.

Bomb kam herein und ging an dem alten vorbei. Ruke dachte „Wahrscheinlich hat er schon wieder vergessen, das er rausgehen sollte“, und lies ihn gewähren. Manchmal kaufte Bomb Tabak, ging raus, starrte ins Leere, kam wieder herein und kaufte noch mehr Tabak. Ruke lies ihn. Sein Ding. Ging Ruke nichts an.
Der alte wich Bomb aus um nicht von reiner Muskelmasse zerquetscht zu werden und warf einen wütenden Blick auf den rücken des Hühnen. Das war zuviel gewesen, der Riese verdiente eine ordentliche Abreibung. Was niemand wusste, war, dass der Alte in seinem Schrank zu Hause ein Loch eingestanzt hatte wo er seinen alter Ego verbarg. Der Alte holte also aus und stieß Bomb seinen Krückstock in den Arsch. Er schrie auf vor Schmerz. Reflexartig drehte er sich um, wie in Raserei und spie einen Laut aus, den Ruke noch nie gehört hatte. Es musste sowas sein wie 'Schnooooooooooooooooork' oder so. Doch wie gesagt, Bomb war langsam. Der Alte war längst am Wegrennen. Darum auch die Vier Beine, per pedes war er übelst schnell. Und -SCHNIPP- Im selben Augenblick hatte Bomb bereits vergessen, warum er sich überhaupt umgedreht hatte und kaufte noch eine Packung billigen Einsfünfzigtabak. Ruke versank wieder in Gedanken.
Er fragte sich, was Bomb mit dem ganzen Einsfünfzigtabak vorhatte. Er kaufte nie Blättchen. Was sollte eigentlich der ganze Tabak?
Bomb ging wieder auf die Straße und glotzte auf seine Schuhe. Er blieb an der selben Stelle stehen, wo er sich vorhin schon befunden hatte. Doch jetzt starrte Bomb ganz plötzlich auf den Tabakbeutel in seiner Hand. Dieser kleine Beutel, der gefüllt war mit trockenen braunen Blättern. Seine Augen verenkten sich vor Anstrengung zu kleinen Schlitzen. Das Schild mit der Aufschrifft 'Willkommen auf Fat Island' knarrte sanft im Wind.

La Cipolla
20.07.2006, 07:06
Die Stimmung ist erstmal so richtig schön kaputt rübergebracht, pendelt wieder irgendwo zwischen Western (Fragt mich nicht warum, es ist so, wahrscheinlich die knarrenden Türen und Schilder) und Cyberpunk.
Inhaltlich will ich zwar was interpretieren, kriegs aber nicht hin. :A Mir kommts so vor, als sei das Wichtigste schon am Anfang gesagt, von wegen Leben um zu sterben und so, also diese Allgegenwärtigkeit des Todes. Was allerdings das Schild am Ende damit zu tun haben soll, ist mir ein absolutes Rätsel. Vielleicht nur die Verdrängung, ka. Ich sehe in letzter Zeit überall Verdrängung. >_<''

Merlin
20.07.2006, 15:24
Also ich finde die Geschichte hat eher ein Hawiianisches, sommerliches Flair. Ist aber auf alle Fälle cool. Ich könnt' nun aber nicht genau sagen welcher Teil von M-P und welcher von es ist. Ich würd aus Instinkt sagen Teil 1 + 3 M-P, Mittlerer Teil es. Aber da sich Instinkt bestimmt mit der Zeit, die man nur vorm PC sitzt zurückbildet kann ich mich da auch irren. Wie gesagt; Cool ist es auf alle Fälle.

M-P
20.07.2006, 16:08
Also ich finde die Geschichte hat eher ein Hawiianisches, sommerliches Flair. Ist aber auf alle Fälle cool. Ich könnt' nun aber nicht genau sagen welcher Teil von M-P und welcher von es ist. Ich würd aus Instinkt sagen Teil 1 + 3 M-P, Mittlerer Teil es. Aber da sich Instinkt bestimmt mit der Zeit, die man nur vorm PC sitzt zurückbildet kann ich mich da auch irren. Wie gesagt; Cool ist es auf alle Fälle.

was genau von wem ist, kann ich selber nicht mehr so genau sagen. wir haben beide daran geschrieben und jeweils auch in den sätzen des anderen rumgeschnibbelt. so wurde daraus letztendlich ein psychedelischer cocktail. 8)

Broken Chords Can Sing A Little
22.07.2006, 02:31
Hat überraschenderweise irgendwie etwas Tiefsinniges, das gefällt mir. Man hätte jedoch mehr auf die Gepflogenheiten auf der Insel bezüglich des freiwilligen Sterbens usw. eingehen bzw. diese Idee nicht so offensichtlich verpacken können, zusätzlich zum Part des Ruke.
Außerdem ist mir das mit dem Schild auch nicht so wirklich klar - ansonsten aber 'ne coole Story.
Hatte übrigens auch irgendeine Südseeinsel in Gedanken, sowie so eine kleine Strohhütte, in der der Tabak verkauft wird und so. (so viele "so"s)