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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : wissen wir zu viel?



komischeskind
26.06.2006, 17:19
in letzter zeit hab ich das gefühl wir menschen können uns viel seltener über die "normalen" dinge im leben freuen.. über die sonne z.B wir können uns nicht mehr für sie als ein glühender, schöner, leuchtender ball, hoch über unseren köpfen begeistern, der für uns unbegreiflich hoch mitten im himmel schwebt!!
-das spektakulärste was man bei "sonne" denkt ist viell noch "sonnenschein" aber sonst: "planet", "weltraum", "wird eines tages die welt >ansaugen< und anschließend platzen" :D weil sie einfach nichts einfaches, was unbegreifliches mehr für uns ist..wir wissen ja fast alles von ihr...
wir fragen uns nicht mehr von wem die vögel ihr zwitschern gelernt haben ! ( ..in irgendnem bio-buch wird das schon haarkleinst beschrieben sein..)
ich finde einfach die welt hat einen großen teil von ihrem zauber verloren...

derBenny
26.06.2006, 19:00
Hmm ... staunen kann man auch heute noch. Nur bestaunt man die Sonne heute eben, weil dort seit ein paar Milliarden Jahren ein mehrere tausend Grad Celsius heißes Fusionsfeuer brennt. Das finde ich schon beeindruckend.

Ansonsten könntest du Mathematik oder Physik studieren. Da gibt es Phänomene, die einem einfach die Sprache verschlagen, wenn man sie versteht.
Da gibt's beipielsweise eine Funktion, die sich ausgesprochen merkwürdig verhält, weshalb sie dem Mathematiker, der sie entdeckt hat, überhaupt erst aufgefallen ist.
Mehr als 100 Jahre später, als der Entdecker schon lange tot ist, sucht ein Physiker eine Formel, um das Verhalten eines Elektrons in einer bestimmten Situation zu beschreiben, und entdeckt diese merkwürdige Funktion, die das verrückterweise tut.
Denselben verblüffenden Effekt hat die ganze Bandbreite der Quantenphysik, die noch lange nicht vollständig erforscht ist und in der es von verrückten Phänomenen nur so wimmelt. Langweilig ist unsere Welt mit Sicherheit nicht.

cloud2003
26.06.2006, 20:22
Leider wird ja in der Schule viel zu sehr das Bild vermittelt, dass man tatsächlich über alles schon genauestens Bescheid wüsste, ohne auf all jene grundlegenden Fragen hinzuweisen auf die man keine klare Antwort hat und damit Interesse und Neugier zu wecken.

Zb scheint ja alles letztendlich aus Energie zu bestehen - nun was genau ist Energie? Oder wenn wir ein Gefühl haben gibt es völlig zeitgleich dazu bestimmte Hirnstrukturen, die man mit dem Gefühl also gleichsetzen kann - aber was ist nun ein subjektiv erlebtes, an sich nicht messbares, Gefühl? Was genau ist Leben? Wie ist menschliches Verhalten entstanden, woher kommt unser Wille?

Du kannst ja auch die Dinge jeweils in ihrer Erscheinungsform und in ihrer Bedeutung betrachten. In ihrer Erscheinungsform ist die Sonne ein Stern unter Milliarden in unserer Galaxie, doch in ihrer Bedeutung ist sie für uns der Stern schlechthin.

Das Thema erinnert mich an den "Der Mann ohne Eigenschaften" von Robert Musil. Da diese Problematik eines der Grundthemen des Buches anschneidet hat er sie (wenn auch in einen größeren zusammenhang gestellt) so treffend umschrieben, dass ich jetzt einfach mal abschreib':

Zitat

Die Nebencharaktere Clarissa und Walter reden über den Hauptcharakter Ulrich.

Walter:"Was sagt er selbst?"
Clarissa:"Ach, weiß ich's! Daß heute alles aufgelöst ist. Er sagt, alles ist jetzt steckengeblieben, nicht nur er. Aber er nimmt es nicht so übel wie du. Er hat mir einmal eine lange Geschichte erzählt: Wenn man das Wesen von tausend Menschen zerlegt, so stößt man auf zwei Dutzend Eigenschaften, Empfindungen, Ablaufarten, Aufbauformen und so weiter aus denen sie alle bestehn. Und wenn man unseren Leib zerlegt, so findet man nur Wasser und einige Dutzend Stoffhäutchen, die darauf herumschwimmen. Das Wasser steigt in uns genauso wie in die Bäume, und es bildet Tierleiber, wie es die Wolken bildet. Ich finde das hübsch. Man weiß dann bloß nicht recht, was man zu sich sagen soll. Und was man tun soll". Clarisse kichert. "Ich habe ihm darauf erzählt, dass du tagelang fischen gehst, wenn du frei hast, und am Wasser liegst."
Walter:"Nun, und? Aber Menschen" sagte Walter fest "tun das seit zehntausend Jahren, starren den Himmel an, spüren die Erdwärme und zerlegen das so wenig wie man seine Mutter zerlegt!"

Clarisse musste wieder kichern. "Er sagt, das hat sich seither sehr verwickelt. So wie wir auf dem Wasser schwimmen, schwimmen wir auch in einem Meer von Feuer, einem Sturm von Elektrizität, einem Himmel von Magnetismus, einem Sumpf von Wärme und so weiter. Alles aber unfühlbar. Zum Schluß bleiben überhaupt nur Formeln übrig. Und was die menschlich bedeuten, kann man nicht recht ausdrücken; das ist das Ganze. Ich habe schon vergessen, was ich im Lyzeum gelernt habe, aber irgendwie stimmt es wohl. Und wenn einer heute, sagt er, so wie der heilige Franziskus oder du zu den Vögeln Bruder sagen wolle, dann dürfe er sichs nicht bloß so angenehm machen, sondern müsse sich auch entschließen können, in den Ofen zu fahren, durch die Leitungsstange einer Elektrischen in die Erde zu springen oder durch eine Abwaschvorrichtung in den Kanal zu pritscheln."

"Ja, ja!" unterbrach Walter diesen Bericht. "Erst werden aus den vier Elementen einige Dutzend, und zum Schluß schwimmen wir bloß noch auf Beziehungen, auf Vorgängen, auf einem Spülicht von Vorgängen und Formeln, auf irgendetwas, wovon man weder weiß, ob es ein Ding, ein Vorgang, ein Gedankengespenst ober ein Ebengottweißwas ist! Dann besteht zwischen einer Sonnen und einem Zündholz kein Unterschied mehr, und zwischen dem Mund als dem einen Ende des Verdauungskanals und seinem anderen Ende auch keiner! Die gleiche Sache hat hundert Seiten, die Seite hundert Beziehungen, und an jeder hängen andere Gefühle. Das Menschenhirn hat dann glücklich die Dinge geteilt; aber die Dinge haben das Menschenherz geteilt!". Er war aufgesprungen, aber er blieb hinter dem Tisch stehen.

"Clarisse!" sagte er. "Er ist eine Gefahr für dich! Schau, Clarisse, jeder Mensch braucht heute nichts so nötig wie Einfachheit, Erdnähe, Gesundheit - und ja, ganz gewiß, da kannst du sagen was du willst - auch ein Kind, weil ein Kind es ist, was einen fest an den Boden bindet. Was dir Ulrich erzählt, ist alles unmenschlich. Ich versichere dir, ich habe den Mut, wenn ich nach Hause komme, einfach mit dir Kaffee zu trinken, den Vögeln zuzuhören, ein bißchen spazierenzugehen, mit den Nachbarn ein paar Worte zu wechseln und den Tag ruhig ausklingen zu lassen: Das ist Menschenleben!"

Zitat Ende

Pursy
27.06.2006, 02:39
Leider wird ja in der Schule viel zu sehr das Bild vermittelt, dass man tatsächlich über alles schon genauestens Bescheid wüsste, ohne auf all jene grundlegenden Fragen hinzuweisen auf die man keine klare Antwort hat und damit Interesse und Neugier zu wecken.
Entweder ist genau das das Problem, oder das genaue Gegenteil.
Einerseits gibt es Menschen, die können dir in einem Fachbereich jede deiner Fragen beantworten wissen über die Welt ziemlich viel bescheid. Sie haben nichts mehr, über das sie sich wundern können.
Andererseits gibt es aber auch Menschen, die haben/wollen nichts von Quantenphysik oder ähnlichem gehört, sie sind froh, wenn ihre DVD-Player oder Diskman funktionieren. Für sie ist es egal, wie es funktioniert, solange es ihr Leben erleichtert.

Meiner Meinung nach kann ein Mensch auch nicht alles wissen und es wird immer etwas geben, über das er sich wundern wird und auch kann.
Deswegen bewundere ich die alten Philosophen, die alleine durch ihre Logik und ihre Phantasie ihre Entdeckungen und Ideen erreicht haben.
Mein Lieblingsbeispiel ist dabei Demokrit mit der Entdeckung des Atoms.

Im Grunde waren Philophen zu der Zeit nur die Menschen, die die Welt auch noch als Erwachsene mit Kinderaugen gesehen haben und gefragt haben, warum etwas ist, wie es ist. Vielleicht sollten wir uns daran mal ein Beispiel nehmen.

BTW: @ cloud2003
Interessantes Zitat... lese ich mir vielleicht später durch!;)

Badeye
28.06.2006, 19:25
Also zum nachdenken und philosophieren gibt es noch genug Stoff find ich: woher kam das "nichts" aus dem unser Universum entstanden ist, gab es vorher schon ein ähnliches Universum? Was kommt nach uns? Wie groß wird das Universum noch? usw.
Man hat halt weniger Fragen überunseren Planeten, man muss weiter denken und woanders suchen!
Und ich freu mich trotzdem noch über viele Dinge: Glühwürmchen zum Beispiel, ich weiß das das nur kleine, nich besonders schöne Käfer mit nem --wissenschaftlich erklärbarem-- Leuchtepo sind! Das wird einfach verdrängt und ich freu mich dann trotzdem drüber^^
Naja, zum Teil kann man sein wissen doch auch einfach mal ne Weile vergessen, bzw. zum Beispiel Sonne: wer weiß ob die ganzen Wissenschaftler überhaupt recht haben??
Das geozentrische Weltbild(hoffentlich bring ich jetz nix durcheinander, das war doch das nach dem die Erde im Mittelpunkt is, oder :\ ) wurde doch auch mal als Wahrheit angesehn, oder?

toastrecon
29.06.2006, 09:41
Wir haben die wunderbare Welt vergessen und haben das Lachen verlernt.
Das Problem ist nicht das Wissen.Wir müssen nur lernen, uns über einfache Dinge zu freuen.

Gonzo
29.06.2006, 10:32
Vielleicht ist das Problem ganz einfach jenes, dass man uns nicht beibringt sich über die einfachen Sachen im Leben zu freuen. Sie werden von allen (bzw. den meisten) als selbstverständlich abgestuft und so macht man es ihnen nach. Man kommt sich zumindest lächerlich vor, wenn man sich über die Sonne freut, weil es sie eben gibt, wenn jemand neben einem steht und einen selber unverständnissvoll begaft. Kein gutes Gefühl, wenn ich es mir so überlege.
Aber wieso sollte man sowas nicht tun wenn man alleine ist? Eigentlich kann man sich über das freuen was man will, man muss es nur lernen bzw. können!

Dhan
30.06.2006, 19:38
Das Problem ist die Definition des Wortes Wissen. Denn welche Information kann Unzweifelhaft sein? Welche Information, die durch Organe rinnt, die wir nur mit ihnen selbst wahrnehmen können?

Ianus
30.06.2006, 21:02
Leider wird ja in der Schule viel zu sehr das Bild vermittelt, dass man tatsächlich über alles schon genauestens Bescheid wüsste, ohne auf all jene grundlegenden Fragen hinzuweisen auf die man keine klare Antwort hat und damit Interesse und Neugier zu wecken. Das nennt man "Lügen für Kinder". Es wäre grausam, ihnen in der ersten Klasse zu sagen: "Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen das ihr Rechnen und Schreiben könnt. Den Rest des Stoffes braucht ihr nur für die Hautschule, im Leben aber blamiert ihr euch damit."


Das Problem ist die Definition des Wortes Wissen. Denn welche Information kann Unzweifelhaft sein? Welche Information, die durch Organe rinnt, die wir nur mit ihnen selbst wahrnehmen können? Seit wann sind Wissen und Wahrheit ident? Ich weiß von einem ganzen Haufen Büchern und Comics, die allesamt unwahr sind, bzw Dinge und Geschehnisse Darstellen, die es in dieser Form nie gegeben hat.

Lysandros
30.06.2006, 21:18
Hm wenn ich mir es so überlege, irgendwie gibt es mir auch ein Sicherheitsgefühl zu glauben, dass wir Menschen "viel" Wissen. Und ich glaube, dass viele Menschen gar nicht mehr wissen wollen, denn das würde ihre Begrenztheit aufzeigen.
Andererseits ist unerse Unterrichtsmethode darauf aufgebaut, das Wissen der Lehrer nicht in Frage zu stellen. Perfides auswendig lernen, steht meist an der Tagesordnung. Wo soll da Interesse an offenen Fragen der Wissenschaft geweckt werden?

Ianus
30.06.2006, 22:15
Andererseits ist unerse Unterrichtsmethode darauf aufgebaut, das Wissen der Lehrer nicht in Frage zu stellen. Perfides auswendig lernen, steht meist an der Tagesordnung. Wo soll da Interesse an offenen Fragen der Wissenschaft geweckt werden?Idealismus in Ehren, aber ich würde mit keinem Oberstüfler moderne Kunst oder Architektur detailiert durchgehen. Enweder sie würden einschlafen oder ihnen würden die Köpfe explodieren, wenn ich unvermittelt von Pop Art als Reaktion auf die Trivialisierung des Kunstwerks im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit reden würde und querverweise auf die Haus-Rucker-Co für eine positive und die Superstudio bezüglich negativer Weiterentwicklung dieser Themen erwähnen würde.

Oder wenn der Roman in Deutsch behandelt wird, wahrheitsgemäß auf die Verbindungen zu den neuen Theorien der Physik und Malerei hinweisen die bei so gut wie allen bedeutenderen Vertretern existiert, die interessanten Erkenntnisse erfordern einfach mehr Querverweise als unser Fächersystem ertragen könnte.

Lysandros
30.06.2006, 22:34
Ja, stimmt auch wieder, das wär zu viel. Aber dass man auf Wissenslücken und aktuelle Forschung aufmerksam macht, wär auch nicht verkehrt. Andererseits gibt es dafür das Studium an einer FH oder Uni.
Ein Unterrichtsfach über aktuelle Forschungsthemen in einem Wissensbereich könnte ein Kompromiss sein.

Ianus
30.06.2006, 22:59
Ja, stimmt auch wieder, das wär zu viel. Aber dass man auf Wissenslücken und aktuelle Forschung aufmerksam macht, wär auch nicht verkehrt. Andererseits gibt es dafür das Studium an einer FH oder Uni.Dann gäbe es einen Aufstand. Die ganze Genetik, z.B. ist falsch bzw ungenügend und man lernt die Theorie eigentlich nur damit man danach den Kontext hat aus dem heraus man neue Thesen verstehen kann. Ähnlich ist es mit der Mittelalterforschung. Wenn ich die heutigen Kinderbücher zu dem Thema mit denen meiner Kindheit vergleiche, so haben wir in meiner Lebenszeit einen Vielzahl an Details hinzugewonnen und alte Theorien aufgegeben. Die Kindersachbücher über Wikinger hat es schon zuvor erwischt aber von diesem Prozess wird man meinen Kindern in der Schule nicht erzählen.

Stell dir mal vor, die Lehrer würden ihnen wahrheitsgemäß in der ersten Stunde sagen: "Das alles wird sich in eurer Lebenszeit noch als überholt erweisen, lernen müsst ihr es trotzdem."

Dieses Prozesshafte müssen wir ihnen verschweigen und sie von der Idee des Absoluten abhängig machen. Denn wenn sie die nicht mehr haben, fehlt ihnen Sinn, Ziel und Maß im Lernen.

Dhan
30.06.2006, 23:17
Seit wann sind Wissen und Wahrheit ident? Ich weiß von einem ganzen Haufen Büchern und Comics, die allesamt unwahr sind, bzw Dinge und Geschehnisse Darstellen, die es in dieser Form nie gegeben hat.
Du weißt von den Büchern, ja.
Aber sagen wir jetzt, du weißt z.B. von dem Roman Dracula. Dann würdest du sicher nicht behaupten, du wüsstest, dass es Vampire gibt. Sagen wir nun weiter, du triffst beispielsweise einen Irren der sich Dinge einbildet und diese dir als sein Wissen verkauft. Würdest du es als Wissen akzeptieren, was er dir sagt?
Im Sprachgebrauch wird ein Sachverhalt, den man weiß, als wahr vorrausgesetzt

Wikipedia liefert keine feste Definition, bringt aber Beispiele, unter anderem:
Wissen über Fakten: Zu den Fakten gehören numerische Fakten wie "das Planck'sche Wirkungsquantum ist h = 6,6261 · 10-34 Js " oder Propositionen wie "Der Wolf ist ein Raubtier".
Wissen über semantische Beziehungen: Semantische Beziehungen sind Aussagen zu zwei oder mehreren Konzepten, wie zum Beispiel
Abstraktionen: (Schrank ist ein Möbelstück).
Weiterhin unterscheidet es zwischen narrativem Wissen (d.h. selbstlegitimation und ist für uns unrelevant) und diskursivem Wissen, welches durch den Diskurs aufgenommen wird. Schon allein das stellt für mich einen Widerspruch zu den Beispielen dar da insbesondere Fakten wahr zu sein haben, der Diskurs dagegen Unwahres liefern kann

Ianus
30.06.2006, 23:50
Du weißt von den Büchern, ja.
Aber sagen wir jetzt, du weißt z.B. von dem Roman Dracula. Dann würdest du sicher nicht behaupten, du wüsstest, dass es Vampire gibt. Sagen wir nun weiter, du triffst beispielsweise einen Irren der sich Dinge einbildet und diese dir als sein Wissen verkauft. Würdest du es als Wissen akzeptieren, was er dir sagt? Ich habe doch schon darauf hingewiesen, dass Wissen und Wahrheit nicht ident, wenn auch verknüpft sind. Die Frage, was man denn nun wissen sollte wird heutzutage allerdings nicht mehr darüber geführt, ob das Wissen moralisch förderliche ist oder nicht, sondern darüber ob es der Wahrheit entspricht.
Da die exakten Wissenschaften mit den Maschinen, die sie hervorgebracht haben inzwischen zu unserer Realität geworden sind geht man, wenn man im Usus von wissen spricht doch im allgemeinen von jenem aus, dass durch Experimente und wiederholte Beobachtung bestätigt wird. Es war auch dieses, welches komischeskind anscheinend das Leben versaut.
Wir gehen dabei auch davon aus, dass wir die Probleme der Wahrnehmung außer Acht lassen, da komischeskind zu den Leuten gehört, die diesbezüglich naiv sein wollen.

Im Sprachgebrauch (ob nun auch per Definition bin ich nicht sicher) wird ein Sachverhalt, den man weiß, als wahr vorrausgesetzt Wie kannst du dann vom Falschen wissen und wie schafft es jemand, sich an Unwahrheiten zu erinnern?


Wikipedia liefert keine feste Definition, bringt aber Beispiele, unter anderem: Ich lese Foucault - einen Poststrukturalisten (die Strukturalisten haben die Sematik erfunden) und Nietzsche - den Herren auf dem Foucault aufbaut. Erzähl mir was neues. :D

@toastrecon

Was wirst du tun, wenn die Aldi-Weisheit nichts bringt?

toastrecon
01.07.2006, 15:23
Definiert sich Wissen durch Wahrheit?
Und: Gibt es davon nur eine?

@Ianus
Das ist ein Spoiler.
Naja, ichdenk mal das geht nach hinten los, und ich dreh durch...

cloud2003
01.07.2006, 23:02
Stell dir mal vor, die Lehrer würden ihnen wahrheitsgemäß in der ersten Stunde sagen: "Das alles wird sich in eurer Lebenszeit noch als überholt erweisen, lernen müsst ihr es trotzdem."

Dieses Prozesshafte müssen wir ihnen verschweigen und sie von der Idee des Absoluten abhängig machen. Denn wenn sie die nicht mehr haben, fehlt ihnen Sinn, Ziel und Maß im Lernen.

Die "Idee des Absoluten" scheint mir in völligem Widerspruch zum Wesen eines Kindes zu stehen. Kaum ein Erwachsener ist in seinen Anschauungen derart wandlungsfähig wie ein Kind oder bereit seine Ansichten so schnell zu wechseln, als wären sie ein Stück Gewand, wie das (kleinere) Kinder doch können. Denn Kinder strotzen nur so von Einbildungskraft und diese ist verbunden mit einem starken spielerischen Drang und großer Neugierde.
Kinder begeistern sich für das Wechselnde, Wandelnde, Schöpferische und in ihrer blühenden Phantasie sind Wahrheitswert, Schlüssigkeit und Vernunft eher unbedeutende, da phantasie-hemmende, Größen. Ein Märchen kann für ein Kind durchaus "wirklicher" sein als Fernsehnachrichten.
Worauf ich damit hinaus will: Die Idee eine Tatsache sei absolut wahr, felsenfest und unerschütterlich für alle Zeiten ist eine Idee die du den Kindern einreden kannst, aber die sie kaum interessieren wird, selbst wenn sie's dir glauben. Denn um den Wahrheitswert einer Behauptung festzustellen braucht es ein Maß an Einsatzbereitschaft von Zweifel und Kritik, welches bei Kindern durch ihr spielerisches Wesen eben so hoch nicht vorhanden ist. Daher ja auch ihre Leichtgläubigkeit, welche nicht nur auf Erfahrungsmangel beruht.

Das durch ein Nichtvorhandensein einer "Idee des Absoluten" die Schüler das Ziel vor den Augen verlieren wird kaum geschehen, denn die Ansicht das Lernen der Schüler sei sinn- und zweckgerichtet geht an der Wirklichkeit vorbei. Denn der Alltag läuft nunmal so ab, dass sie irgendwelche bezugslosen Daten vorgesetzt bekommen, die sie nicht einmal mit einer persönlichen Erfahrung in Verbindung setzen können. Die meisten lernen dann diese Daten nicht für Staat und Leben, sondern sie lernen sie stur auswendig um Jahr und Klasse zu schaffen (behaupt' ich mal). Und da ein Schüler eh nix zu sagen hat, stellt sich die Lust die Richtigkeit der Daten zu überprüfen kaum ein. Vielen wird wohl egal sein, wieviel Sinn das macht, was sie da vorgesetzt bekommen - Hauptsache sie beherrschen es beim Test.

Natürlich ist ein Satz wie "Was ihr heute lernt, ist morgen überholt" nicht gerade motivierend, aber mir ging es auch nicht darum auf jede Wissenslücke aufmerksam zu machen die morgen schon gefüllt sein könnte, sondern um grundlegendere Fragen und die lassen sich nicht von heut auf morgen beantworten. Das Zufallsverhalten quantenphysikalischer Syteme (und damit die Grenzen des mechanistischen Weltbildes) oder die Frage nach der Definition vom Leben sind ebenso geheimnisvoll wie vor 100Jahren.
Und man braucht keine komplizierten Denkstrukturen oder lauter Querverweise um auf grundlegende Fragen aufmerksam zu machen, denn Querverweise bringen nur ein Haufen Einzelheiten ans Tageslicht, es ist ein Wachsen des Wissens in die Breite, doch desto grundlegender man wird, desto tiefer man geht, umso mehr trifft man auf die Ein- und Ganzheitlichkeit weltlicher Vorgänge, was ihr Verstehen erleichtert und ihnen eine Harmonie verleiht, die nicht an Schönheit entbehrt.

Daher empfinde ich es auch als wichtig, dass sie tiefergehenden Fragen begegnen. Denn, wie schon vorher erwähnt, sind Kinder sehr neugierig und gerade das Geheimnisvolle, Unergründliche übt einen starken Reiz aus. Ein Geographielehrer kann seine Schüler mit allen möglichen Staaten langweilen. Die meisten Zuhörer wird er wohl da haben wo er beginnt über ein mysteriös versunkenes Land zu sprechen.
Und man darf nicht vergessen: Gerade auf die Ansichten die man im Kindes- und Jugendalter kennenlernt wird man leicht geprägt. Prägungen haben ja die nette Eigenschaft, dass sie zum Zeitpunkt ihres Erwerbs noch völlig belanglos sein können, aber in einem späteren Lebensabschnitt aus dem Dunkel des Unterbewusstseins auftauchen und erheblichen Einfluss auf Ansicht und Verhalten zum Leben haben können.
Also warum den Menschen so früh Fragen und Wundern abgewöhnen?

Ianus
08.07.2006, 21:47
Natürlich ist ein Satz wie "Was ihr heute lernt, ist morgen überholt" nicht gerade motivierend, aber mir ging es auch nicht darum auf jede Wissenslücke aufmerksam zu machen die morgen schon gefüllt sein könnte, sondern um grundlegendere Fragen und die lassen sich nicht von heut auf morgen beantworten. Das Zufallsverhalten quantenphysikalischer Syteme (und damit die Grenzen des mechanistischen Weltbildes) oder die Frage nach der Definition vom Leben sind ebenso geheimnisvoll wie vor 100Jahren.
Und man braucht keine komplizierten Denkstrukturen oder lauter Querverweise um auf grundlegende Fragen aufmerksam zu machen, denn Querverweise bringen nur ein Haufen Einzelheiten ans Tageslicht, es ist ein Wachsen des Wissens in die Breite, doch desto grundlegender man wird, desto tiefer man geht, umso mehr trifft man auf die Ein- und Ganzheitlichkeit weltlicher Vorgänge, was ihr Verstehen erleichtert und ihnen eine Harmonie verleiht, die nicht an Schönheit entbehrt. Ich liebe die Vorstellung, dass du in eine Klasse gehst und ihnen einen Vortrag über Quanten- und sonstige theoretische Physik hälst. :D Du vergisst mal wieder, dass die nur darauf basiert, dass die alten Theorien gewisse Fragen unbeantwortet ließen und sofern man diese nicht kennt, ist die Quantenphysik so zusammenhangslos mit allem wie ein in der Luft schwebender Vanillepudding.
Dein vorschlag würde Sinn machen, sofern man die gesamte Ausbildung darauf auslegt, die Schwächen der Systeme zu lehren anstatt sie als geschlossene Wahrheiten zu präsentieren aber ohne dies erzählst du ihnen nur Sachen, deren Hintergedanke sie nicht begreifen werden und deren Grundlagen sie nicht erkennen können.

Und ein Weltbild ist eben nur das: Ein Bild, eine unvollständige Beschreibung einer wegen Wiederholung als vorhanden angenommenen Realität. Ein Anäherung aus zweiter Hand an etwas, dessen Existenz immer unsicherer wird, umso weiter wir Forschen. Seit der Atomtheorie besteht die Welt nämlich nur noch aus Löchern und Feldern, die lokale Konzentrationen von Atomen verursachen und seit der Quantentheorie ist jeder Augenblick ein Zufall geworden und wir können nicht sagen, ob irgend etwas existiert, wenn wir ihm den Rücken zudrehen.

Die Tiefe, die du besingst, ist Nietsches Abgrund und wir können uns nicht abwenden. Nur die Augen vor diesem zu verschließen bleibt uns noch.

Wir können mit der Wissenschaft keine Antwort auf die "grundlegenden" drei Fragen "Woher kommen wir, wohin gehen wir und warum sind wir hier" geben, das ist Bereich der Moral, aber die krankt wie wir an unserer Zeit sehen, wenn sie uns die Fragen beantworten will anstatt uns einen Vorschlag zu machen wie wir ohne sie leben können.


Definiert sich Wissen durch Wahrheit?
Und: Gibt es davon nur eine?
Wissen und Wahrheit haben wenig miteinander zu tun. Für den Menschen gibt es nur die Wahrheit des Menschen, aber die für jeden in seiner eigenen Fassung.

Dhan
09.07.2006, 00:37
K, gehen wir von deiner Definition von Wissen aus, dass sich Wissen nicht durch Wahrheit definiert, is ja auch egal (boah das Vokabular sollte nur erlaubt sein, wenns vorher ne Kommision genau definiert ^^)
In Betracht der Eingangsfrage ist eine solche Definition jedoch unbeständig - denn wenn ich mir nicht sicher sein kann, dass mein Wissen Wahrheit ist, so gewinnt jener glühende Ball dort am Himmel doch wieder an seinem Glanz oder noch besser, es gewinnen Dinge an Glanz, die bei weitem abstrakter und schöner sind, die der Philosophie!


Wir können mit der Wissenschaft keine Antwort auf die "grundlegenden" drei Fragen "Woher kommen wir, wohin gehen wir und warum sind wir hier" geben,
Warum nech? Nen atheistischer Wissenschaftler mit fanatischem Glauben an die modernen Wissenschaftstheorien würd vielleicht sagen: "Wir kommen aus zufälligen Reaktionen von Eiweißketten, wir gehen höchstwahrscheinlich in nen Gammastrahlenblitz oder nen schwarzes Loch oder ne Nova oder was auch immer da schönes an Gefahren lauert, mit denen Menschen es nicht aufnehmen können und wir sind zufällig hier"

Ianus
09.07.2006, 01:09
Warum nech? Nen atheistischer Wissenschaftler mit fanatischem Glauben an die modernen Wissenschaftstheorien würd vielleicht sagen: "Wir kommen aus zufälligen Reaktionen von Eiweißketten, wir gehen höchstwahrscheinlich in nen Gammastrahlenblitz oder nen schwarzes Loch oder ne Nova oder was auch immer da schönes an Gefahren lauert, mit denen Menschen es nicht aufnehmen können und wir sind zufällig hier" Weil es sich dabei um existentielle Fragen handelt. Verlangt wird nach einer Antwort, die befriedigt und ein Loch unbestimmter Größe und unbestimmten Ursprunges stopft. Die Antwort soll eine Brücke von irgendwo nach irgendwo hin, wo das Gras bitteschön grüner ist als hier schlagen.

Im großen und ganzen kondensiert sich darin das Problem der Spannung zwischen Wissen und Wahrheit: Wahrheit sollte einen erfüllen und Dinge vereinen, Wissen tut aber genau das nicht oder nur über weite, sehr weite Umwege die uns eigentlich nur aufzeigen, was zwischen uns und der Wahrheit steht.
Die Postmoderne hat das Problem noch verschärft, da sie uns ständig sagt, dass diese erfüllende Wahrheit in der Vergangenheit zu finden sei. Das dies eine Trotzreaktion auf das Diktum der Moderne war, die darauf beharrte, dass sich die Wahrheit in der Zukunft finden würde, fällt niemand auf und wir drehen uns im Kreise.