Nosferatu
15.05.2006, 15:03
Copy + Paste aus einem anderen Forum ;)
Nun ja, man hat ja lang nichts mehr von mir gehört, was meine schreiberischen Aktivitäten angeht ;)
Ich arbeite derzeit an einer neuen Story, hab zwar erst 3 Seiten niedergeschrieben,
aber will dennoch einige Kritiken einholen ^^
Wundert euch nicht wenn das ganze etwas plötzlich aufhört, dieser Thread hier war nur
eine spontane Idee von mir ^^
Leseprobe (erster Absatz):
Die Ruhe vor dem Sturm
Deimos erwachte aus seinem unruhigen Schlaf. Er hatte einen seltsam bleiernen Geschmack im Mund. Der Geschmack von Blut. Er musste sich im Schlaf auf die Zunge gebissen haben. Mühsam richtete er sich aus der seltsam verkrümmten Stellung auf und stellte verblüfft fest, dass er aus seinem Feldbett gefallen war. Seine Knochen schmerzten entsetzlich und er hatte Probleme damit den Kopf zu bewegen. Der scharfe Geruch von kaltem Schweiß drang ihm in die Nase. Im Zelt war es so dunkel, dass er kaum seine Hand vor Augen sehen konnte. Durch die dicken Planen drang kaum Mondlicht ins Zeltinnere. Behutsam massierte Deimos seinen Nacken, damit er den Kopf wenigstens wieder einigermaßen bewegen konnte, dann richtete er sich auf und schlenderte nach draussen. Das Zeltlager war, von den vereinzelten Wachposten einmal abgesehen, verlassen und glich in der vollkommenen Stille, in der es dalag, eher einem Friedhof. Die Ruhe vor dem heranziehenden Sturm. Eine leichte Brise durchzog Deimos' Haare und ließ ihn frösteln. Die Kälte der Nacht stand im krassen Gegenteil zur erbarmungslosen Hitze, die am Tage herrschte. Ich frage mich wie dieses Volk nur hier leben kann, dachte Deimos. Der Boden war nur spärlich mit Gras bewachsen. Die Erde darunter war trocken und wurde von zahllosen kleiner Risse durchzogen. Es hatte seit Wochen nichtmehr geregnet.
Der Mond schien hell und formte eine nahezu perfekte Sichel. Der Himmel war übersät mit zahllosen winzigen, hellleuchtenden Sternen. Unter anderen Umständen wäre dies eine wunderschöne Nacht gewesen, aber beim Gedanken an den kommenden Tag waren derlei Gefühle nicht existent. Sie würden eine, wahrscheinlich die, entscheidende Schlacht in diesem Krieg führen. Zahlreiche seiner Kameraden werden fallen und mit ihnen vielleicht sogar das ganze Königreich Bayar. Bei dem Gedanken wurde Deimos übel. „Du kannst wohl auch nicht schlafen, oder?“ Deimos sah in die Richtung, aus der die Stimme kam. Ein junger Mann trat aus den Schatten ins Mondlicht. Er war relativ groß gewachsen, stämmig gebaut und trug noch immer seine Offiziersrüstung. Lediglich der Zweihänder war nicht an seinen Rücken gebunden. „Phobos...“, murmelte Deimos überrascht. Phobos Slanzaar ya Tribonis, Prinz des Königreiches Bayar und Offizier dieser Schar. Sein Bruder. Phobos trat neben ihn und blickte in den Himmel.
„Gibt es noch Hoffnung für unser Volk, Phobos?“, fragte Deimos. „Hoffnung gibt es immer. Man darf nur nicht vergessen in der Dunkelheit immer ein Licht brennen zu lassen. Noch sind wir nicht verloren...“, antwortete er. „Solange wir nicht aufhören an uns zu glauben und weiterkämpfen, besteht noch Hoffnung für uns. Solltest du dennoch die Hoffnung verlieren, dann musst du dir immer eine Sache vor Augen halten, Deimos. Das Heer und das Volk bilden einen symbiotischen Kreis. Was dem einen zustößt, widerfährt auch dem anderen. Wenn du dein Volk liebst, dann solltest du alles in deiner Macht stehende tun um zu verhindern, dass ihm Böses widerfährt.“ Deimos schwieg und ließ seinen Blick über die weite Ebene streifen, die sich vor ihm bis zum Horizont erstreckte. Er glaubte von weit her einen Wolf heulen zu hören, doch wenig später war er sich nicht sicher, ob er sich das vielleicht doch nur eingebildet hatte. Phobos seufzte und sah ihn an. Erst jetzt erkannte Deimos wie schlimm sein Bruder aussah. Seine Augen waren gerötet und seine Wangen eingefallen. Die Schatten, die das Mondlicht auf seinen Zügen entstehen ließ, verzerrten sein Gesicht zu einer abstoßenden Fratze. Es strahlte nichts mehr von der einstigen Würde aus. „Hast du Angst vor der Schlacht, Deimos?“ Deimos zuckte zusammen. Erst jetzt bemerkte er, dass er seinen Bruder die ganze Zeit angestarrt hatte. Er zögerte, doch Phobos schien gar nicht auf eine Antwort gewartet zu haben. „Es ist keineswegs ein Zeichen von Schwäche, Angst vor einer Schlacht zu haben. Das ist nur menschlich. Doch dürfen wir unsere Angst nicht zeigen...“ Er nickte in Richtung Zeltlager. „Dort sind knapp 250 Soldaten, die sich auf uns verlassen. Ihr Kampfgeist ist beinahe gebrochen. Das einzige was sie davon abhält einfach aufzubrechen und ihrer Wege zu ziehen, dem Soldatendasein den Rücken zu kehren und ein normales Bauernleben zu führen, ist ihre Loyalität uns und ihrem Land gegenüber. Wir beide sind die Prinzen dieses Landes. Wir beide repräsentieren dieses Land. Wenn wir unser Heer zusammenhalten wollen, dann müssen wir Stärke zeigen. Vergiss niemals, unser Heer glaubt an uns. Es erwartet von uns, dass wir stark sind. Also bitte enttäusche es nicht.“ Deimos sah zu den Zelten. Angst lag wie etwas greifbares in der Luft. Ein Gefühl von Verlorenheit. Als würde man allein in einem Meer aus meterhohen Steinsäulen stehen. Die meisten Wachen fixierten gedankenverloren einen Punkt irgendwo in der Ferne, oder starrten in die Glut der längst ausgegangenen Lagerfeuer. Eine von ihnen hielt ihre Lanze so fest umklammert, dass Blut den Stab heruntersickerte. Sie schien es nicht einmal zu bemerken. Phobos hatte Recht. Sie durften ihre Männer nicht enttäuschen.
Deimos drehte sich wieder zu seinem Bruder herum. „Warum machen wir Menschen so etwas nur, Phobos?“ Phobos zuckte die Achseln. „Wenn ich das nur wüsste, Deimos... Die Menschen mögen vielleicht die Gabe haben zu sprechen, oder logisch zu denken, doch missbrauchen die Meisten ihren Verstand. Ich denke das Problem in unserer Gesellschaft liegt darin, dass wir hauptsächlich darauf achten, dass alles zu unserem Vorteil verläuft, ganz gleich mit welchem Preis wir diesen Vorteil erkaufen müssen. So werden zum Beispiel diese grässlichen Kriege geboren. Ein Land überfällt das andere um sich an den Dingen zu laben, die man selbst nicht besitzt. So ist es doch immer. Vorbei sind die Zeiten in denen man Konflikte auf diplomatischem Wege lösen konnte. Heutzutage lässt man sofort die Waffen sprechen. Es ist zwar traurig, aber leider nicht zu ändern...“ „Gibt es denn keine Möglichkeit die Menschen davon zu überzeugen, dass der Weg den sie einschlagen falsch ist?“, rief Deimos aufgebracht. Phobos lachte säuerlich. „Ich fürchte Nein... Den Menschen die alten Werte und Ideale zu vermitteln ist ein Ding der Unmöglichkeit. Hass und Habgier sind zu tief in ihren Herzen verankert.“ „Aber es muss doch irgendeinen Weg geben!“
Phobos schwieg. Er schien nachzudenken. „Es nützt nichts ihnen ewig vorzubeten was richtig ist und was falsch. Sie müssen es von selbst herausfinden, sonst werden sie es nie verstehen. Das einzige was wir tun können, ist an ihren Verstand zu appellieren und sie bitten ihre Augen nicht vor dem offensichtlichen zu verschließen.“, sagte er schließlich und ging zu einem der angebundenen Packpferde. Deimos sah ihm nach und folgte ihm schließlich. Phobos fuhr dem Pferd durch die Mähne und lächelte. „Ich bewundere die Tiere. Hass, Habgier, der Hunger nach Vergeltung... Diese Gefühle sind ihnen völlig fremd. Tiere führen keine Kriege. Ich denke in dem Punkt sind sie uns weit voraus.“ Es verging eine ganze Weile, in der sie nur schweigend dastanden. „Ich denke es ist besser wenn wir jetzt versuchen zu schlafen. Der morgige Tag wird hart. Nutze die letzten friedlichen Stunden, die uns noch bleiben.“, sagte Phobos schließlich. Deimos schwieg, nickte dann und machte sich auf den Weg in sein Zelt.
Er stand allein in einer Wüste aus trockener, rissiger Erde, verdorrten Pflanzen und toten Bäumen. Weit und breit war kein Lebewesen zu sehen. Deimos fühlte sich verloren. Er hatte Angst. Wahnsinnige Angst. Am Horizont loderte die Sonne wie ein rotglühender Feuerball und die erbarmungslose Hitze trieb Schweißperlen aus seinem Körper. Erst jetzt realisierte er, dass er völlig nackt war. Die Sonne war so nah, dass er das stetige Wogen auf ihrer Oberfläche sehen konnte. Es war als würde er in einen Ofen voll flüssigem Metall blicken. Und dieser Ofen schien immer näher zu kommen. War dies sein Untergang? Die gerechte Strafe für die Sünden der Menschheit? Die Sonne dehnte sich immer weiter aus, bis sie schließlich wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel und die tote Welt um ihn herum einer wogenden Finsternis Platz machte. Auf einmal wurde es so kalt, dass er zu zittern anfing und sein Atem kleine Wölkchen bildete. Die Dunkelheit um ihn herum schien sich zu bewegen. Langsam schien sie Gestalt anzunehmen. Er befand sich auf einer großen Ebene – doch er war nichtmehr allein. Um ihn herum tobte eine gewaltige Schlacht. Die sich bewegenden Schatten, die er vorher wahrgenommen hatte, waren in Wirklichkeit Soldaten, die gnadenlos auf ihre Gegner einschlugen. Allerdings schienen sie Deimos gar nicht zu bemerken.
Inmitten dieses grausamen Gefechts stand ein Mann mit einem großen Zweihänder, der sich unerbittlich durch die gegnerischen Truppen kämpfte. Es war Phobos. Zwischen seinen Beinen schlängelte sich eine Schlange hindurch, auf Deimos zu. Vor ihm angekommen bäumte sie sich auf und blickte ihm in die Augen. Nach einer Weile begann sie ihren Kopf auf und ab zu bewegen. Es sah aus als ob sie lachen würde. Deimos schaffte es nicht den Kopf von ihr abzuwenden, als ob ihn eine erbarmungslose, ungreifbare Macht dazu zwingen würde sie anzusehen – und dann ging plötzlich alles ganz schnell. Die Schlange begann sich zu verändern, nahm die Gestalt eines Pfeiles an, raste mit einer unglaublichen Schnelligkeit auf Phobos zu und durchborte von hinten dessen Leib. Wie in Zeitlupe fiel er auf die Knie, bis er schließlich vornüber sackte und leblos auf dem Boden liegen blieb. „Phobos! Nein!“, schrie Deimos und versuchte auf ihn zuzueilen. Es gelang ihm nicht. Die Distanz zwischen ihnen verringerte sich einfach nicht, wie schnell er auch rannte. Ganz im Gegenteil, Phobos, die Soldaten, die ganze Schlacht, schien sich langsam von ihm wegzubewegen. Deimos wurde langsamer und blieb schließlich stehen. Er begriff, dass es keinen Sinn hatte und fiel auf die Knie. Tränen rannen ihm über das Gesicht. Es verging eine halbe Ewigkeit, in der Deimos seinen Gefühlen freien Lauf ließ. Der Schmerz über den Verlust seines Bruder war schlichtweg zu groß als dass er ihn einfach so wegstecken könnte.
Eine kühle Hand berührte sein Gesicht und wischte seine Tränen weg. Deimos sah auf und erblickte das Antlitz eines wunderschönen Mädchens. Sie konnte kaum älter als sechzehn sein. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden, den sie über die Schulter geworfen hatte. Ihre Augen hatten die Farbe blauer Gletscher und sahen ihn mit freundlichem und etwas neugierigem Ausdruck an. Fürwahr, sie war eine echte Schönheit. „Ya vel rubien. Ti tavana lacanum?“ Ihre Stimme klang wie Engelsgesang. Leider sprach sie in einer Deimos unbekannten Sprache. Zu gern hätte er ihre Worte verstanden. „Es tut mir Leid, ich verstehe dich nicht.“, murmelte er. Er war wie hypnotisiert. Wenn er dieses hübsche Gesicht nur ansah, umhüllte es sein Herz bereits mit Wärme. „Ich fragte ob es dir nicht kalt sei, so ganz ohne Umhang.“, antwortete das Mädchen. Deimos war irritiert. „Du sprichst meine Sprache?“, fragte er verblüfft. Das Mädchen kicherte. „Die Sprache der Menschen ist einfach zu lernen.“ „Die Sprache der Menschen? Heißt das... du bist kein Mensch?“, fragte Deimos. „Einerseits schon... Andererseits wiederum nicht. Genaugenommen existiere ich gar nicht... nicht wirklich...“ Deimos runzelte die Stirn. „Wer bist du? Was bist du?“ „Ich heiße Adrasteia, doch in eurer Sprache nennt man mich Dryia.“
Deimos war jetzt wirklich etwas irritiert. Dryia? Das konnte wohl kaum möglich sein. „Dryia? Die Göttin Dryia?“ Dryia schmunzelte. „In der Tat... Dennoch wäre es mir lieber wenn du mich Adrasteia nennst.“ Deimos schwieg. Er konnte nicht glauben, dass er mit einer Göttin sprach. Der Gedanke machte ihm irgendwie Angst. Deimos sah sich um. Das Schlachtfeld war einer idyllischen Winterlandschaft gewichen. Es hätte beinahe friedlich ausgesehen, wäre da nur nicht dieser dichte, wabernde Nebel gewesen. „Wo sind wir hier, Adrasteia?“ „Dies hier ist das gelobte Land, Etheria. Die Welt der Götter...“ Deimos hob eine Augenbraue. „Etheria? Ihr beliebt zu scherzen. Kein Sterblicher darf diese Lande betreten, und ausserdem...“, Deimos sah sich um. Adrasteia lächelte bitter. „Ja, ich weiß, dies hier ist nicht so ganz das, was man sich unter dem gelobten Land vorstellen würde... Dennoch, es ist so. Dies sind finstere Zeiten. Die Herzen der Menschen sind hart und gefühllos geworden. Zerfressen von der Machtgier ihrer Herrscher und gebrochen, durch die vielen Kriege. Die meisten haben sich mittlerweile von ihrem Glauben abgewandt. Und das Ergebnis... siehst du hier...“ Sie ließ ihren Blick über die Landschaft schweifen. Deimos verstand. „Heißt das... Ihr lebt nur durch den Glauben der Menschen?“ Adrasteia nickte. „Und... warum genau erzählst du mir das?“, fragte er. „Es ist... so etwas wie ein Gefühl. Irgendetwas sagt mir, dass deine Anwesenheit hier kein Zufall sein kann.“, antwortete sie.
Im Nebel zeichneten sich langsam die Züge einer hochgewachsenen Gestalt ab. Langsam verdeutlichten sich die Züge, und gaben schließlich das Antlitz eines Mannes preis. „Mit wem redest du da, Adrasteia?“ Seine tiefe Bassstimme klang bedrohlich... lauernd. Adrasteia drehte sich zu der Gestalt um. „Ker? Bruder? Was...“ Ker schob seine Schwester zur Seite und trat vor Deimos. Er musterte ihn aufmerksam, sah ihm tief in die Augen. Deimos wurde unwohl. Er kannte dieses Gesicht mit den markanten, harten Zügen. Es war das von Devius, Gott der Besonnenheit und männlichen Stärke. Er schnaubte. „Geh!“, sagte er schließlich. Deimos schluckte. „Sehr gerne... Ker... Nur leider weiß Ich nicht wie Ich von hier weg komme.“ Er versuchte zu Lächeln, doch war ihm das wohl ziemlich misslungen. Ker schloss die Augen, und murmelte etwas in dieser Deimos unbekannten Sprache. Wenige Augenblicke später umfing ihn ein warmes, helles Licht...
Als Deimos erwachte befand er sich in seinem Feldbett. Dem fahlen, rötlichen Licht nach zu urteilen, das durch die dicken Zeltplanen fiel, ging die Sonne wohl gerade auf. Deimos stützte den Kopf auf seine Hände und atmete einige Male tief durch, dann stand er auf. Er sah sich kurz um und fand gleich darauf, was er suchte. Er zog seine Rüstung an, band sich das Schwert um seine Hüfte und legte den Umhang um seine Schultern. Er verließ das Zelt, und begab sich in Richtung Lagermitte, wo sich das Hauptzelt befand. Einige der Soldaten waren bereits wach und hatten begonnen ihre Pferde zu satteln und Zelte abzubauen. Im Hauptzelt herrschte bereits reges Treiben. Ein knappes Dutzend Männer stand um einen Tisch in der Mitte herum, auf dem eine große Karte ausgebreitet lag. Unter ihnen war auch sein Bruder. Er schien keine Minute geschlafen zu haben und seine Bewegungen, als er eines der Figürchen, das wohl ein Regiment darstellte, auf der Karte herumschob, waren schwer und unkoordiniert. Die anderen Personen sahen nicht minder müde aus. Nur Noah, der Stratege, sah noch einigermaßen frisch aus. Er war lange Nächte gewohnt.
Deimos gesellte sich zu der Gruppe. Sein Bruder sah zu ihm auf, und lächelte. „Wir sind die ganze Nacht über verschiedene Strategien durchgegangen... Noah wird dich einweihen.“ Er stand auf. „Ich werde mich jetzt etwas zurückziehen. In zwei Stunden brechen wir auf. Seht zu, dass bis dahin alle Mann bereit sind.“, sagte er in die Runde und verließ dann das Zelt. Noah wartete bis Phobos aus dem Zelt verschwunden war, dann winkte er dessen Bruder zu sich. Deimos trat zu ihm herüber. „Nun, wie es aussieht werden wir um einen offenen Kampf nicht herumkommen.“, sagte er und deutete auf die Karte. „Die Cúron haben sich einen für uns denkbar ungünstigen Platz, mitten auf der Ebene der Randír, ausgesucht. Wie einer unserer Späher berichtete, ist ihr Heer in etwa dreitausend Mann stark. Somit stehen wir einer zehnfachen Übermacht gegenüber.“ Seine Hand wanderte etwas nach rechts und zeigte nun auf eine Handvoll Figuren. „Das Heer von Fürst Albias lagert etwa einen halben Tagesmarsch vom Lager der Cúron entfernt, am Fuße des Berges Taen. Wir werden wohl in etwa zeitgleich an ihrem Lager ankommen, unsere beiden Heere dort verbinden und diese Nair von zwei Seiten flankieren. Die Cúron rechnen nicht mit einem Angriff, und schon gar nicht mit einer so groß angelegten Offensive, denn immerhin befinden sie sich noch auf ihrem eigenen Gebiet und fühlen sich sicher.“ Deimos schwieg. Die Tatsache dass die Cúron ihr Lager ausgerechnet mitten auf einer weiten Ebene aufgeschlagen hatten, störte ihn etwas. Der Vorteil daran war, dass man Feinde schon von weitem sehen konnte, weil es keine Möglichkeit gab sich zu verstecken, doch war dies ebenfalls ein Nachteil für sie selbst. Im Falle eines Angriffes hatten sie keine Rückzugsmöglichkeit und waren ihren Feinden schutzlos ausgeliefert. Entweder sie fühlten sich verdammt sicher, oder... es war ihnen schlichtweg egal.
„Da stimmt etwas nicht, Noah...“, murmelte Deimos. Noah sah ihn stirnrunzelnd an, und Deimos äusserte seine Bedenken. Der Stratege nickte, und sagte: „In der Tat, eure Bedenken sind durchaus nachvollziehbar, mein Prinz.“ „Ist den Spähern vielleicht etwas ungewöhnliches aufgefallen?“, fragte Deimos. Noah schien zu überlegen. „Nun ja, sie berichteten von einer riesigen Masse von Menschen, in deren Mitte sich ein recht großer Hügel befand. Wahrscheinlich das Feldherrenzelt... Die Cúron sind ja dafür bekannt, dass sie immer alles größer bauen müssen als die übrigen Völker...“ „Eine Menschenmasse und ein großer Hügel? Ist das alles?“, fragte Deimos erregt. „Es hatte bereits gedämmert und die Späher hatten immer die Sonne im Blick. Wir können froh sein, dass sie überhaupt etwas erkannt haben.“, antwortete Noah. Deimos verkniff sich eine bissige Antwort und starrte mit leerem Blick auf die Karte. Dort war kein Hügel eingezeichnet. Was das wohl für eine neue Teufelei ist, dachte er sich.
Nun ja, man hat ja lang nichts mehr von mir gehört, was meine schreiberischen Aktivitäten angeht ;)
Ich arbeite derzeit an einer neuen Story, hab zwar erst 3 Seiten niedergeschrieben,
aber will dennoch einige Kritiken einholen ^^
Wundert euch nicht wenn das ganze etwas plötzlich aufhört, dieser Thread hier war nur
eine spontane Idee von mir ^^
Leseprobe (erster Absatz):
Die Ruhe vor dem Sturm
Deimos erwachte aus seinem unruhigen Schlaf. Er hatte einen seltsam bleiernen Geschmack im Mund. Der Geschmack von Blut. Er musste sich im Schlaf auf die Zunge gebissen haben. Mühsam richtete er sich aus der seltsam verkrümmten Stellung auf und stellte verblüfft fest, dass er aus seinem Feldbett gefallen war. Seine Knochen schmerzten entsetzlich und er hatte Probleme damit den Kopf zu bewegen. Der scharfe Geruch von kaltem Schweiß drang ihm in die Nase. Im Zelt war es so dunkel, dass er kaum seine Hand vor Augen sehen konnte. Durch die dicken Planen drang kaum Mondlicht ins Zeltinnere. Behutsam massierte Deimos seinen Nacken, damit er den Kopf wenigstens wieder einigermaßen bewegen konnte, dann richtete er sich auf und schlenderte nach draussen. Das Zeltlager war, von den vereinzelten Wachposten einmal abgesehen, verlassen und glich in der vollkommenen Stille, in der es dalag, eher einem Friedhof. Die Ruhe vor dem heranziehenden Sturm. Eine leichte Brise durchzog Deimos' Haare und ließ ihn frösteln. Die Kälte der Nacht stand im krassen Gegenteil zur erbarmungslosen Hitze, die am Tage herrschte. Ich frage mich wie dieses Volk nur hier leben kann, dachte Deimos. Der Boden war nur spärlich mit Gras bewachsen. Die Erde darunter war trocken und wurde von zahllosen kleiner Risse durchzogen. Es hatte seit Wochen nichtmehr geregnet.
Der Mond schien hell und formte eine nahezu perfekte Sichel. Der Himmel war übersät mit zahllosen winzigen, hellleuchtenden Sternen. Unter anderen Umständen wäre dies eine wunderschöne Nacht gewesen, aber beim Gedanken an den kommenden Tag waren derlei Gefühle nicht existent. Sie würden eine, wahrscheinlich die, entscheidende Schlacht in diesem Krieg führen. Zahlreiche seiner Kameraden werden fallen und mit ihnen vielleicht sogar das ganze Königreich Bayar. Bei dem Gedanken wurde Deimos übel. „Du kannst wohl auch nicht schlafen, oder?“ Deimos sah in die Richtung, aus der die Stimme kam. Ein junger Mann trat aus den Schatten ins Mondlicht. Er war relativ groß gewachsen, stämmig gebaut und trug noch immer seine Offiziersrüstung. Lediglich der Zweihänder war nicht an seinen Rücken gebunden. „Phobos...“, murmelte Deimos überrascht. Phobos Slanzaar ya Tribonis, Prinz des Königreiches Bayar und Offizier dieser Schar. Sein Bruder. Phobos trat neben ihn und blickte in den Himmel.
„Gibt es noch Hoffnung für unser Volk, Phobos?“, fragte Deimos. „Hoffnung gibt es immer. Man darf nur nicht vergessen in der Dunkelheit immer ein Licht brennen zu lassen. Noch sind wir nicht verloren...“, antwortete er. „Solange wir nicht aufhören an uns zu glauben und weiterkämpfen, besteht noch Hoffnung für uns. Solltest du dennoch die Hoffnung verlieren, dann musst du dir immer eine Sache vor Augen halten, Deimos. Das Heer und das Volk bilden einen symbiotischen Kreis. Was dem einen zustößt, widerfährt auch dem anderen. Wenn du dein Volk liebst, dann solltest du alles in deiner Macht stehende tun um zu verhindern, dass ihm Böses widerfährt.“ Deimos schwieg und ließ seinen Blick über die weite Ebene streifen, die sich vor ihm bis zum Horizont erstreckte. Er glaubte von weit her einen Wolf heulen zu hören, doch wenig später war er sich nicht sicher, ob er sich das vielleicht doch nur eingebildet hatte. Phobos seufzte und sah ihn an. Erst jetzt erkannte Deimos wie schlimm sein Bruder aussah. Seine Augen waren gerötet und seine Wangen eingefallen. Die Schatten, die das Mondlicht auf seinen Zügen entstehen ließ, verzerrten sein Gesicht zu einer abstoßenden Fratze. Es strahlte nichts mehr von der einstigen Würde aus. „Hast du Angst vor der Schlacht, Deimos?“ Deimos zuckte zusammen. Erst jetzt bemerkte er, dass er seinen Bruder die ganze Zeit angestarrt hatte. Er zögerte, doch Phobos schien gar nicht auf eine Antwort gewartet zu haben. „Es ist keineswegs ein Zeichen von Schwäche, Angst vor einer Schlacht zu haben. Das ist nur menschlich. Doch dürfen wir unsere Angst nicht zeigen...“ Er nickte in Richtung Zeltlager. „Dort sind knapp 250 Soldaten, die sich auf uns verlassen. Ihr Kampfgeist ist beinahe gebrochen. Das einzige was sie davon abhält einfach aufzubrechen und ihrer Wege zu ziehen, dem Soldatendasein den Rücken zu kehren und ein normales Bauernleben zu führen, ist ihre Loyalität uns und ihrem Land gegenüber. Wir beide sind die Prinzen dieses Landes. Wir beide repräsentieren dieses Land. Wenn wir unser Heer zusammenhalten wollen, dann müssen wir Stärke zeigen. Vergiss niemals, unser Heer glaubt an uns. Es erwartet von uns, dass wir stark sind. Also bitte enttäusche es nicht.“ Deimos sah zu den Zelten. Angst lag wie etwas greifbares in der Luft. Ein Gefühl von Verlorenheit. Als würde man allein in einem Meer aus meterhohen Steinsäulen stehen. Die meisten Wachen fixierten gedankenverloren einen Punkt irgendwo in der Ferne, oder starrten in die Glut der längst ausgegangenen Lagerfeuer. Eine von ihnen hielt ihre Lanze so fest umklammert, dass Blut den Stab heruntersickerte. Sie schien es nicht einmal zu bemerken. Phobos hatte Recht. Sie durften ihre Männer nicht enttäuschen.
Deimos drehte sich wieder zu seinem Bruder herum. „Warum machen wir Menschen so etwas nur, Phobos?“ Phobos zuckte die Achseln. „Wenn ich das nur wüsste, Deimos... Die Menschen mögen vielleicht die Gabe haben zu sprechen, oder logisch zu denken, doch missbrauchen die Meisten ihren Verstand. Ich denke das Problem in unserer Gesellschaft liegt darin, dass wir hauptsächlich darauf achten, dass alles zu unserem Vorteil verläuft, ganz gleich mit welchem Preis wir diesen Vorteil erkaufen müssen. So werden zum Beispiel diese grässlichen Kriege geboren. Ein Land überfällt das andere um sich an den Dingen zu laben, die man selbst nicht besitzt. So ist es doch immer. Vorbei sind die Zeiten in denen man Konflikte auf diplomatischem Wege lösen konnte. Heutzutage lässt man sofort die Waffen sprechen. Es ist zwar traurig, aber leider nicht zu ändern...“ „Gibt es denn keine Möglichkeit die Menschen davon zu überzeugen, dass der Weg den sie einschlagen falsch ist?“, rief Deimos aufgebracht. Phobos lachte säuerlich. „Ich fürchte Nein... Den Menschen die alten Werte und Ideale zu vermitteln ist ein Ding der Unmöglichkeit. Hass und Habgier sind zu tief in ihren Herzen verankert.“ „Aber es muss doch irgendeinen Weg geben!“
Phobos schwieg. Er schien nachzudenken. „Es nützt nichts ihnen ewig vorzubeten was richtig ist und was falsch. Sie müssen es von selbst herausfinden, sonst werden sie es nie verstehen. Das einzige was wir tun können, ist an ihren Verstand zu appellieren und sie bitten ihre Augen nicht vor dem offensichtlichen zu verschließen.“, sagte er schließlich und ging zu einem der angebundenen Packpferde. Deimos sah ihm nach und folgte ihm schließlich. Phobos fuhr dem Pferd durch die Mähne und lächelte. „Ich bewundere die Tiere. Hass, Habgier, der Hunger nach Vergeltung... Diese Gefühle sind ihnen völlig fremd. Tiere führen keine Kriege. Ich denke in dem Punkt sind sie uns weit voraus.“ Es verging eine ganze Weile, in der sie nur schweigend dastanden. „Ich denke es ist besser wenn wir jetzt versuchen zu schlafen. Der morgige Tag wird hart. Nutze die letzten friedlichen Stunden, die uns noch bleiben.“, sagte Phobos schließlich. Deimos schwieg, nickte dann und machte sich auf den Weg in sein Zelt.
Er stand allein in einer Wüste aus trockener, rissiger Erde, verdorrten Pflanzen und toten Bäumen. Weit und breit war kein Lebewesen zu sehen. Deimos fühlte sich verloren. Er hatte Angst. Wahnsinnige Angst. Am Horizont loderte die Sonne wie ein rotglühender Feuerball und die erbarmungslose Hitze trieb Schweißperlen aus seinem Körper. Erst jetzt realisierte er, dass er völlig nackt war. Die Sonne war so nah, dass er das stetige Wogen auf ihrer Oberfläche sehen konnte. Es war als würde er in einen Ofen voll flüssigem Metall blicken. Und dieser Ofen schien immer näher zu kommen. War dies sein Untergang? Die gerechte Strafe für die Sünden der Menschheit? Die Sonne dehnte sich immer weiter aus, bis sie schließlich wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel und die tote Welt um ihn herum einer wogenden Finsternis Platz machte. Auf einmal wurde es so kalt, dass er zu zittern anfing und sein Atem kleine Wölkchen bildete. Die Dunkelheit um ihn herum schien sich zu bewegen. Langsam schien sie Gestalt anzunehmen. Er befand sich auf einer großen Ebene – doch er war nichtmehr allein. Um ihn herum tobte eine gewaltige Schlacht. Die sich bewegenden Schatten, die er vorher wahrgenommen hatte, waren in Wirklichkeit Soldaten, die gnadenlos auf ihre Gegner einschlugen. Allerdings schienen sie Deimos gar nicht zu bemerken.
Inmitten dieses grausamen Gefechts stand ein Mann mit einem großen Zweihänder, der sich unerbittlich durch die gegnerischen Truppen kämpfte. Es war Phobos. Zwischen seinen Beinen schlängelte sich eine Schlange hindurch, auf Deimos zu. Vor ihm angekommen bäumte sie sich auf und blickte ihm in die Augen. Nach einer Weile begann sie ihren Kopf auf und ab zu bewegen. Es sah aus als ob sie lachen würde. Deimos schaffte es nicht den Kopf von ihr abzuwenden, als ob ihn eine erbarmungslose, ungreifbare Macht dazu zwingen würde sie anzusehen – und dann ging plötzlich alles ganz schnell. Die Schlange begann sich zu verändern, nahm die Gestalt eines Pfeiles an, raste mit einer unglaublichen Schnelligkeit auf Phobos zu und durchborte von hinten dessen Leib. Wie in Zeitlupe fiel er auf die Knie, bis er schließlich vornüber sackte und leblos auf dem Boden liegen blieb. „Phobos! Nein!“, schrie Deimos und versuchte auf ihn zuzueilen. Es gelang ihm nicht. Die Distanz zwischen ihnen verringerte sich einfach nicht, wie schnell er auch rannte. Ganz im Gegenteil, Phobos, die Soldaten, die ganze Schlacht, schien sich langsam von ihm wegzubewegen. Deimos wurde langsamer und blieb schließlich stehen. Er begriff, dass es keinen Sinn hatte und fiel auf die Knie. Tränen rannen ihm über das Gesicht. Es verging eine halbe Ewigkeit, in der Deimos seinen Gefühlen freien Lauf ließ. Der Schmerz über den Verlust seines Bruder war schlichtweg zu groß als dass er ihn einfach so wegstecken könnte.
Eine kühle Hand berührte sein Gesicht und wischte seine Tränen weg. Deimos sah auf und erblickte das Antlitz eines wunderschönen Mädchens. Sie konnte kaum älter als sechzehn sein. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden, den sie über die Schulter geworfen hatte. Ihre Augen hatten die Farbe blauer Gletscher und sahen ihn mit freundlichem und etwas neugierigem Ausdruck an. Fürwahr, sie war eine echte Schönheit. „Ya vel rubien. Ti tavana lacanum?“ Ihre Stimme klang wie Engelsgesang. Leider sprach sie in einer Deimos unbekannten Sprache. Zu gern hätte er ihre Worte verstanden. „Es tut mir Leid, ich verstehe dich nicht.“, murmelte er. Er war wie hypnotisiert. Wenn er dieses hübsche Gesicht nur ansah, umhüllte es sein Herz bereits mit Wärme. „Ich fragte ob es dir nicht kalt sei, so ganz ohne Umhang.“, antwortete das Mädchen. Deimos war irritiert. „Du sprichst meine Sprache?“, fragte er verblüfft. Das Mädchen kicherte. „Die Sprache der Menschen ist einfach zu lernen.“ „Die Sprache der Menschen? Heißt das... du bist kein Mensch?“, fragte Deimos. „Einerseits schon... Andererseits wiederum nicht. Genaugenommen existiere ich gar nicht... nicht wirklich...“ Deimos runzelte die Stirn. „Wer bist du? Was bist du?“ „Ich heiße Adrasteia, doch in eurer Sprache nennt man mich Dryia.“
Deimos war jetzt wirklich etwas irritiert. Dryia? Das konnte wohl kaum möglich sein. „Dryia? Die Göttin Dryia?“ Dryia schmunzelte. „In der Tat... Dennoch wäre es mir lieber wenn du mich Adrasteia nennst.“ Deimos schwieg. Er konnte nicht glauben, dass er mit einer Göttin sprach. Der Gedanke machte ihm irgendwie Angst. Deimos sah sich um. Das Schlachtfeld war einer idyllischen Winterlandschaft gewichen. Es hätte beinahe friedlich ausgesehen, wäre da nur nicht dieser dichte, wabernde Nebel gewesen. „Wo sind wir hier, Adrasteia?“ „Dies hier ist das gelobte Land, Etheria. Die Welt der Götter...“ Deimos hob eine Augenbraue. „Etheria? Ihr beliebt zu scherzen. Kein Sterblicher darf diese Lande betreten, und ausserdem...“, Deimos sah sich um. Adrasteia lächelte bitter. „Ja, ich weiß, dies hier ist nicht so ganz das, was man sich unter dem gelobten Land vorstellen würde... Dennoch, es ist so. Dies sind finstere Zeiten. Die Herzen der Menschen sind hart und gefühllos geworden. Zerfressen von der Machtgier ihrer Herrscher und gebrochen, durch die vielen Kriege. Die meisten haben sich mittlerweile von ihrem Glauben abgewandt. Und das Ergebnis... siehst du hier...“ Sie ließ ihren Blick über die Landschaft schweifen. Deimos verstand. „Heißt das... Ihr lebt nur durch den Glauben der Menschen?“ Adrasteia nickte. „Und... warum genau erzählst du mir das?“, fragte er. „Es ist... so etwas wie ein Gefühl. Irgendetwas sagt mir, dass deine Anwesenheit hier kein Zufall sein kann.“, antwortete sie.
Im Nebel zeichneten sich langsam die Züge einer hochgewachsenen Gestalt ab. Langsam verdeutlichten sich die Züge, und gaben schließlich das Antlitz eines Mannes preis. „Mit wem redest du da, Adrasteia?“ Seine tiefe Bassstimme klang bedrohlich... lauernd. Adrasteia drehte sich zu der Gestalt um. „Ker? Bruder? Was...“ Ker schob seine Schwester zur Seite und trat vor Deimos. Er musterte ihn aufmerksam, sah ihm tief in die Augen. Deimos wurde unwohl. Er kannte dieses Gesicht mit den markanten, harten Zügen. Es war das von Devius, Gott der Besonnenheit und männlichen Stärke. Er schnaubte. „Geh!“, sagte er schließlich. Deimos schluckte. „Sehr gerne... Ker... Nur leider weiß Ich nicht wie Ich von hier weg komme.“ Er versuchte zu Lächeln, doch war ihm das wohl ziemlich misslungen. Ker schloss die Augen, und murmelte etwas in dieser Deimos unbekannten Sprache. Wenige Augenblicke später umfing ihn ein warmes, helles Licht...
Als Deimos erwachte befand er sich in seinem Feldbett. Dem fahlen, rötlichen Licht nach zu urteilen, das durch die dicken Zeltplanen fiel, ging die Sonne wohl gerade auf. Deimos stützte den Kopf auf seine Hände und atmete einige Male tief durch, dann stand er auf. Er sah sich kurz um und fand gleich darauf, was er suchte. Er zog seine Rüstung an, band sich das Schwert um seine Hüfte und legte den Umhang um seine Schultern. Er verließ das Zelt, und begab sich in Richtung Lagermitte, wo sich das Hauptzelt befand. Einige der Soldaten waren bereits wach und hatten begonnen ihre Pferde zu satteln und Zelte abzubauen. Im Hauptzelt herrschte bereits reges Treiben. Ein knappes Dutzend Männer stand um einen Tisch in der Mitte herum, auf dem eine große Karte ausgebreitet lag. Unter ihnen war auch sein Bruder. Er schien keine Minute geschlafen zu haben und seine Bewegungen, als er eines der Figürchen, das wohl ein Regiment darstellte, auf der Karte herumschob, waren schwer und unkoordiniert. Die anderen Personen sahen nicht minder müde aus. Nur Noah, der Stratege, sah noch einigermaßen frisch aus. Er war lange Nächte gewohnt.
Deimos gesellte sich zu der Gruppe. Sein Bruder sah zu ihm auf, und lächelte. „Wir sind die ganze Nacht über verschiedene Strategien durchgegangen... Noah wird dich einweihen.“ Er stand auf. „Ich werde mich jetzt etwas zurückziehen. In zwei Stunden brechen wir auf. Seht zu, dass bis dahin alle Mann bereit sind.“, sagte er in die Runde und verließ dann das Zelt. Noah wartete bis Phobos aus dem Zelt verschwunden war, dann winkte er dessen Bruder zu sich. Deimos trat zu ihm herüber. „Nun, wie es aussieht werden wir um einen offenen Kampf nicht herumkommen.“, sagte er und deutete auf die Karte. „Die Cúron haben sich einen für uns denkbar ungünstigen Platz, mitten auf der Ebene der Randír, ausgesucht. Wie einer unserer Späher berichtete, ist ihr Heer in etwa dreitausend Mann stark. Somit stehen wir einer zehnfachen Übermacht gegenüber.“ Seine Hand wanderte etwas nach rechts und zeigte nun auf eine Handvoll Figuren. „Das Heer von Fürst Albias lagert etwa einen halben Tagesmarsch vom Lager der Cúron entfernt, am Fuße des Berges Taen. Wir werden wohl in etwa zeitgleich an ihrem Lager ankommen, unsere beiden Heere dort verbinden und diese Nair von zwei Seiten flankieren. Die Cúron rechnen nicht mit einem Angriff, und schon gar nicht mit einer so groß angelegten Offensive, denn immerhin befinden sie sich noch auf ihrem eigenen Gebiet und fühlen sich sicher.“ Deimos schwieg. Die Tatsache dass die Cúron ihr Lager ausgerechnet mitten auf einer weiten Ebene aufgeschlagen hatten, störte ihn etwas. Der Vorteil daran war, dass man Feinde schon von weitem sehen konnte, weil es keine Möglichkeit gab sich zu verstecken, doch war dies ebenfalls ein Nachteil für sie selbst. Im Falle eines Angriffes hatten sie keine Rückzugsmöglichkeit und waren ihren Feinden schutzlos ausgeliefert. Entweder sie fühlten sich verdammt sicher, oder... es war ihnen schlichtweg egal.
„Da stimmt etwas nicht, Noah...“, murmelte Deimos. Noah sah ihn stirnrunzelnd an, und Deimos äusserte seine Bedenken. Der Stratege nickte, und sagte: „In der Tat, eure Bedenken sind durchaus nachvollziehbar, mein Prinz.“ „Ist den Spähern vielleicht etwas ungewöhnliches aufgefallen?“, fragte Deimos. Noah schien zu überlegen. „Nun ja, sie berichteten von einer riesigen Masse von Menschen, in deren Mitte sich ein recht großer Hügel befand. Wahrscheinlich das Feldherrenzelt... Die Cúron sind ja dafür bekannt, dass sie immer alles größer bauen müssen als die übrigen Völker...“ „Eine Menschenmasse und ein großer Hügel? Ist das alles?“, fragte Deimos erregt. „Es hatte bereits gedämmert und die Späher hatten immer die Sonne im Blick. Wir können froh sein, dass sie überhaupt etwas erkannt haben.“, antwortete Noah. Deimos verkniff sich eine bissige Antwort und starrte mit leerem Blick auf die Karte. Dort war kein Hügel eingezeichnet. Was das wohl für eine neue Teufelei ist, dachte er sich.