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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Blättertanz, Klinge und Ehre - Shinobi - Herz mit Schwert [1. Kapitel]



Laguna
11.03.2006, 21:04
Die Nächte über den Shirota Wäldern hatten schon seit jeher als düster und unheimlich gegolten, doch heute schien sich ein besonders großes Stück Dunkelheit unter den dicht beieinander stehenden Bäumen gebildet zu haben. Toshio Yatsuma schlich so leise er konnte, und bewegte sich mit einer solchen Präzision, das selbst die Tiere Schwierigkeiten hatten, seine Präsenz durch ihren angeborenen Warninstinkt zu bemerken. Er hatte diese Technik der lautlosen Fortbewegung Jahrelang geübt und hatte sie schließlich nach über 5 Jahren endlich erlernt. Toshio Yatsuma war ein Ninja, der seine Ausbildung seit etwa einem halben Jahr hinter sich gelassen hatte. Sicherlich war er längst nicht so erfahren wie die älteren Brüder und Schwestern seines Clans, aber er machte täglich große Fortschritte und er hatte keine Angst. Die Dunkelheit war sein Freund, und manchmal ließ er sich auf einem Baum nieder, um den Spiel der Blätter und dem Gesang des Windes in der Finsternis zu lauschen. So auch heute. Er hatte sich eine anmutige Eiche ausgesucht, auf dessen starken Ästen, er nun angelehnt an den rauen Stamm des Baumes saß, und in die Dunkelheit starrte.

Für gewöhnlich hatte Toshio die Augen geschlossen, aber heute fühlte er sich in seiner Konzentration gestört. Er hatte etwas Seltsames gespürt, das nicht in die normale Natur des Waldes passte. Einige erfahrene anderen Ninja Gefährten seines Clans hätten noch ein weit aus besser Gespür für diese Dinge gehabt. Die Wahrnehmung der traditionellen Schattenkrieger war überaus feinfühlig, und diejenigen unter ihnen, die schon viel erlebt und gesehen hatte, konnten eine fremde Präsenz in ihren Wäldern nicht nur fühlen, sondern die Person auch bis ins kleinste Detail beschreiben, ohne ihr je über den Weg gelaufen zu sein. Langjährige Ninjas konnten besser riechen, schmecken und fühlen als jeder andere Mensch. Toshios Gespür für diese Dinge war noch nicht perfekt, aber auch daran hatte er lange gearbeitet und Früchte davon getragen. Er konnte die Person in der Dunkelheit so gut sehen, als würde er ihr im Tageslicht gegenüberstehen. Aber der Fremde, den er spürte, schien sich nicht in unmittelbarer Nähe zu befinden, und er fühlte sich durch die Schwingungen auch nicht erheblich bedroht. Dennoch war etwas sehr erstaunlich. Die Wellen waren sehr stark, und das Spiel des Windes schien heute schärfer mit den Blättern umzugehen als sonst.

Toshio fühlte sich sicher genug der Sache auf den Grund zu gehen. Dieses seltsame Ereignis fand schließlich auch in seinem Kontrollbereich statt, und er wollte den anderen Ninjas auch keinesfalls seine Blöße zeigen. Die Regeln der Ninja waren sehr streng. Da machte sein Clan keine Ausnahme aus. Jeder Ninja der seine Aufgabe nicht erfüllte, wurde offiziell verbannt und anschließend geächtet. Die inoffizielle Wahrheit kannten jedoch alle. Alle die Schande über den Clan gebracht hatten, wurden von anderen Ninja getötet, doch niemand sprach es jemals aus. Es hätte ihnen ihren Kopf gekostet, und niemand wollte sich mit dem Oberhaupt der Shinobi anlegen.

Schnell und unauffällig wie ein Adler stieß sich Toshio von dem Ast herab und ließ sich mit der Geschwindigkeit eines Tigers zu Boden gleiten, während er noch im fallen über den Boden dahin zu gleiten schien. Leicht und ohne viel Lärm, näherte er sich der Quelle der außergewöhnlichen Energien, die er immer stärker spüren konnte. Im nächsten Moment spürte er jedoch überhaupt nichts mehr. Toshio hielt in seinem Spurt inne, und duckte sich leicht über das hohe Grass hinweg, dass im Mondschein nur durch die Glühwürmchen beleuchtet wurde. Er war irritiert darüber das er plötzlich nichts mehr spüren konnte. Sollte es sich um eine List des Feindes gehandelt waren? War hier überhaupt ein Feind im Spiel? Konnte es nicht sein, das er sich einfach geirrt hatte, denn das kam zuweilen bei Ninjas vor, die oft die Schwerter gekreuzt, und dem Tod mehr als einmal gegenüber gestanden hatte. Toshio schob die Klingen von seinen beiden Kunais aus ihrem Gurt und streifte mit ihnen das Grass.

Er beugte seinen Kopf noch tiefer und begann den Geräuschen des Waldes zu lauschen. Was auch immer hier gewesen war, es schien sein Auftauchen erahnt zu haben, und war wahrscheinlich schon verschwunden. Oder eben versteckt in einem Hinterhalt, nur auf die Gelegenheit wartend, ihm das Leben zu nehmen. Unter den Samurais galt es nicht als standesgemäß einen Ninja zum Kampf herauszufordern, aber es galt als unverzeihlich ihn am Leben zu lassen. Das schrieb ihnen ihr Kodex vor, und auch die Shinobi hatten da ganz ähnliche Vorstellungen von den Samurai. Etwas weiter entfernt, schien sich plötzlich ein ganzer Blättersturm zu entfalten, und das Grass rund um die Wiese, schien mit einem Mal zu explodieren. Toshio war überrascht, aber er verschwendete keine Zeit darüber nachzudenken, sondern nahm sofort wieder die Verfolgung auf. Mit leichtfüßigen Schritten sprintete er den Explosionen aus Blättern und Erde hinterher, die in immer häufigeren und schnelleren Abständen erfolgten. Was um alles in der Welt, konnte in kürzester Zeit so ein Chaos verursachen und die Kräfte des Windes nach seinem Willen lenken? Er begriff, dass es wahrscheinlich doch gefährlich sein wurde. In der finsteren Nacht konnte Toshio die Siluette einer Person erkennen, die in der Dunkelheit um her rannte, und scharfe Schneisen in das Grass und die Erde schlug. Eigentlich schien sich jedoch fast zu tanzen. Ihre Bewegungen waren vollendet und von solcher Geschmeidigkeit, das man glauben konnte, sie hätte nie etwas anderes getan.

Eine Weile beobachtete Toshio das Geschehen stumm im Schutz der Blätter eines nahe stehenden Kirschblütenbaumes. Dieser Gestalt schien seine Präsenz noch nicht bemerkt zu haben, oder aber es war ihr egal. Doch der Kerl war wirklich gut. Was auch immer es war was er gelernt hatte, welchen Kampfstil auch immer er verwendete, er schien wahrhaft mächtig zu sein. Die Gestalt hatte keine Waffe in der Hand. Stattdessen schien sie das hohe Grass mit ihren bloßen Fingern zu zerteilen und die Erde mit ihren schnellen Schritten in einen wütenden Wirbelsturm zu verwandeln. Als der nächste Wirbelsturm in seine Richtung lenkte, und ihre Hand auf den Baum zeigte, auf dem sich der junge Ninja befand, zögerte dieser nicht lange, und gab es auf seine Präsenz länger zu verstecken. Die Gestalt hatte seine Gegenwart bemerkt. Gekonnt wie ein Raubvogel stieß sich Toshio vom Ast des Baumes ab, und bemerkte in derselben Sekunde, das der Baum hinter ihm explodierte und förmlich in zwei Teile gerissen wurde. Er vollführte im Sturz eine Drehung und konnte einer Seite des entwurzelten Stammes ausweichen, ehe er mit gekreuzten Schwertern die vorüber ziehende Seite des Holzes benutze um seinen Sprung zu korrigieren. Er traf das Schwert seines Gegenübers direkt in der Luft, doch es schien keine Klinge zu sein, sondern eine Hand, die seinen Angriff scheinbar mühelos mit den blanken Armgelenken parierte und ihm einen heftigen Rückstoss verpasste. Noch während Toshio fortgeschleudert wurde, vollführte dieser einen Salto, und streifte mit seinem Schwert den Kimono und die Haare der Gestalt. Atemlos standen sie sich gegenüber.

Das galt zumindest für Toshio, den Fremden schien das kurze Geplänkel nicht sehr beeindruckt zu haben. Die Gestalt zeigte keinerlei Gefühlsregung, aber er konnte im aufgehenden Mondlicht sehen, wie sich ihr Haarknoten öffnete und lange schwarze Haare zu Vorschein kamen. Bisher hatte sie seine Blicke gemieden, so dass er keine Fassade erkennen konnte, doch jetzt sah ihm die Person direkt ins Gesicht. Es war eindeutig eine Frau. Er schätzte sie auf eine Frau mittleren Alters, sie trug einen weißen Kimono, einfache lederne Sandalen und besaß eindeutig keine Waffe. War sie geschickt worden um ihn zu töten? Das war unwahrscheinlich. Aber es war eine Möglichkeit. Zum ersten Mal konnte er ihre Augen sehen. Sie waren von Rehbrauner Farbe und schienen ihn in der Dunkelheit anzuglänzen. In ihrem Gesicht konnte er keine Mordlust oder Boshaftigkeit erkennen, dennoch spürte er eine negative Ausstrahlung. Es war eines dieser seltenen unguten Gefühle die ihm unbekannt waren.

Toshio griff nach seiner Waffe, wurde jedoch jäh in seiner Bewegung unterbrochen, als er sah, dass die fremde Frau die Hand in seine Richtung streckte. Hatte da eben etwas in der Dunkelheit geblitzt? Das musste er sich eingebildet haben. Die Frau lächelte jetzt und schüttelte mit dem Kopf. Bisher hatten sie noch kein Wort gesprochen, aber der Ninja verstand sie auch so. Die Konzentration der beiden war zu hoch um miteinander zu sprechen. Schon die kleinste Ablenkung konnte einen folgeschweren Fehler verursachen. Toshio merkte das ihm zum ersten Mal seit langem der Schweiß über den Körper lief. Wer war diese Frau? Warum konnte sie so eine schwere Atmosphäre um die Kämpfenden erzeugen? Und sie hatte seinen Angriff, mit seinen Kunais pariert ohne das er auch nur den Hauch einer Chance hatte, ihr den zweiten Schlag zu verpassen, der eigentlich tödlich sein sollte, und zur Ausführung einer tödlichen Shinobi Geheimtechnik zählte. Das Kaiten Kenbu war ein Angriff einer Reihe frontal aufeinander folgender Schwerthiebe in verschiedene Richtungen, denen bisher nur wenige Kämpfer ausgewichen waren. Ihn jedoch zu kontern, war einem Nicht-Ninja gar unmöglich – jedenfalls hatte Toshio das bis zu dem heutigen Tag noch gedacht. Diese Person war nicht schwach.

„Wie ist dein Name? Ich will wissen wo du gelernt hast so zu kämpfen. Du bist eine Frau, kämpfst ohne Waffen, und erzeugst Schwingungen die so stark sind dass sie den Wind beherrschen und die Erde verwehen. Wer bist du?“


„Du hast großen Mut dich mit mir anzulegen. Das hier ist mein Reich. Verschwinde ehe ich dich töte und deinen Körper zu Staub verwandle!“

Toshio zuckte innerlich zusammen. Hatte da gerade eine tiefe Stimme zu ihm gesprochen? Aber die Frau hatte noch nicht einmal den Mund aufgemacht um zu reden. Auf einmal war er sich sicher, dass er sterben würde. Nicht irgendwann, irgendwo, sondern heute hier und jetzt. Er umklammerte seine Kurais noch fester und bereitete sich auf die Fortsetzung ihres Kampfes vor, als die Augen seiner Gegnerin plötzlich in die Ferne spähten und nicht mehr nur auf ihn fixiert zu sein schienen. Gleichzeitig spürte auch Toshio mehrere starke Energien die sich in ihre Richtung bewegten. Einige davon erkannte er auf Anhieb wieder. Es waren seine Gefährten, die anscheinend gekommen waren um ihn zur Hilfe zu eilen, oder ihren Teil des Blutzolls an ihm zu erfüllen. Er hatte noch nie einen Kampf verloren, aber er begann nun zu fühlen dass er in diesem Duell von Anfang an keine Chance gehabt hatte. Wut und Frustration begannen sich in sein Gemüt zu nagen. Er wollte lieber sterben, als sich der Schande auszusetzen seine Mission nicht erfüllt zu haben.

Gerade als er sich dazu entschließen wollte den Kampf fortzusetzen, preschte die fremde Frau mit atemloser Geschwindigkeit an ihm vorbei, und als er die unmittelbare Verfolgung aufnahm, konnte er sehen das ihre Füße den Boden nicht berührten, sondern sich mit Bewegungen die schneller als das menschliche Auge waren, über das Gras hinwegbewegten. Es war fast so als würde sie fliegen. Toshio wollte sich bewegen aber er konnte nicht. Die Aura mit der ihn diese Person im vorüberziehen gestreift hatte, war einfach zu gewaltig gewesen. Im Mondlicht konnte er etwas Glänzendes auf sich zufliegen sehen, dem er aber nicht mehr ausweichen konnte. Der Gegenstand streifte seine rechte Wange und verschwand in den Gräsern. Toshio registrierte erst das er getroffen worden war, als er das warme Blut befühlte das sich bereits an seinem Hals herunterschlängelte.

drunken monkey
11.03.2006, 23:46
Super! Spannende Geschichte, toll geschrieben, fesselt richtig! :A
Besonders die Beschreibung von Umgebung und Hintergrund finde ich sehr gut.

Schreib's auf jeden Fall wieder in den QFRAT, wenn du die Fortsetzung postest, sonst krieg ich das sicher nicht mit...