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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Innovation - Allheilmittel oder Selbstzweck?



Kelven
17.12.2005, 13:49
Nachdem das Thema nun schon im Misstände-Thread angeschnitten wurde, dort aber IMHO nicht reingehört, mache ich mal einen eigenen Thread dafür auf.

Zunächst einmal möchte ich den Begriff Innovation von Kreativität abgrenzen, denn ich denke, alle Spieleentwickler sind kreativ, aber nicht notwendigerweise innovativ. Nach dem Fremdwörterduden bedeutet kreativ nichts anderes als "schöpferisch, Ideen habend und diese gestalterisch verwirklichend". Deswegen würde ich das, was im Misstände-Thread von Jeez angesprochen wurde, eher als Innovativität bezeichnen. Also das Entwickeln von etwas völlig neuem, von den gängigen Prinzipien abweichend. Falls es anders gemeint war ist es auch egal, in diesem Thread soll es jedenfalls um Innovation gehen.

In welchem Rahmen ist Innovation noch möglich?
Ich nehme nun mal die Position von denen ein, die alles aus einer groben, undifferenzierten Sicht sehen ( obwohl ich diese Sicht nicht teile, also rein zu Demonstrationszwecken ). Im Klischeethread hab ich ja schon mal von den Erkenntnissen von Ronald B. Tobias oder Vladimir Propp erzählt, nach denen sich alle Geschichten - betrachtet man sie nur unscharf genug - in eine kleine Menge von "master plots" einteilen lassen. Dadurch, dass so gut wie keine Geschichte nicht in dieses Raster passt, ist Innovativität also eigentlich gar nicht mehr möglich. Man kann nichts erzählen, was es nicht schon gab. Das liegt natürlich auch daran, dass Geschichten unser Leben - ob nun direkt oder metaphorisch gemeint - wiederspiegeln. Das Gleiche trifft meiner Meinung nach auch auf Grafik, Gameplay und alle anderen Spielfaktoren zu. Aus einer groben Sicht von oben gab es so gut wie alles schon mal.

Jeez fordert im Misstände-Thread ja nach Trashspielen. Doch hat sich dieses "Genre" nicht auch schon selber überlebt - ähnlich wie Parodien im Filmbereich? Ich sehe in Trashspielen nichts innovatives, denn es gibt davon schon mehr als genug. Auch diese "Spiele" lassen sich auf simple Grundkonzepte reduzieren, die man in so gut wie jedem wiederfindet. Am Ende bleibt dann nicht mehr übrig, als eine Protestnote von ein paar Quärulanten.

Nimmt man dann die Makercommunity, findet man auch nur sehr schwerlich ein Spiel, das innovativ ist. Jedes der Spiele hat seine Vorbilder, entweder direkt bei den kommerziellen Spielen, oder es wurde auf irgendeine Art adaptiert.

Wenn ich nun aber diese undifferenzierte Sicht verlasse, sehe ich ein ganz anderes Bild. Die Spiele unterscheiden sich schon und zwar durch ihre Details.

Auf die Details kommt es an
Es sind die Details, bei denen man wirklich innovativ sein kann. Ob es nun ausgefallene Charakter sind, ein neuer Aspekt beim storytelling, ein ungewohnter Grafikstil oder ein neuartiges KS - all diese Dinge können dazu eingesetzt werden, um sich von anderen Spielen abzuheben. Aber es ist dafür nicht nötig, das Rad völlig neu zu empfinden. Alle Makerspiele, die ich kenne, unterscheiden sich in vielen Faktoren voneinander; solange man wie gesagt eine detailierte, differenzierte Sicht auf sie hat.

Natürlich unterscheidet sich der Grad der Innovation von Spiel zu Spiel. Einige Spiele bieten kleine Innovationen, andere weichen stark von den bekannten Mustern ab. In der Makerszene sind das z.B. solche Spiele wie Sunset over Imdahl, oder Repkos Chemical Crisis. Solche Spiele fallen logischerweise auf, wobei Innovation selber nicht notwendigerweise Spiele automatisch besser als andere macht. Deswegen sollte Innovation nie als Selbstzweck gesehen werden, sondern als ein Mittel um das Spiel nötigenfalls aufzuwerten.

Ich bin also der Meinung, das Innovation meistens nur im kleinen Rahmen möglich ist. Vielleicht tritt jemand mal ( auf dem Maker ) einen Gegenbeweis an, in dem er ein Spiel entwickelt, das sich grundlegend von allem Dagewesen unterscheidet, aber bis jetzt ist der noch ausgeblieben.

Ab wann ist "richtige" Innovation nötig?
Nötig ist eine die Grundfesten erschütternde Innovation dann, wenn sich alle Spiele bis ins Detail gleichen, wenn nur noch kopiert wird und überhaupt nichts neues mehr dazu kommt. In dieser Situation des Stillstands sind grundlegende Änderungen wirklich nötig, sonst ist das Genre tot. Doch so was gibt es weder in der Spielszene, noch in der Filmszene und noch allgemein beim Geschichtenerzählen ( das ja schon ein paar tausend Jahre auf dem Buckel hat ).

Was wirklich wichtig ist
Viel wichtiger als Innovation ist für mich, dass man mit den Spielen seine Wunschvorstellungen umsetzt. Solange man keine kommerziellen Interessen hat, sollte man Spiele nur nach dem Grundsatz entwicklen, dass man sie oder ähnliche Spiele auch ohne weiteres selber spielen könnte. Es ist also besser, sich nicht von anderen sagen zu lassen ( auch nicht von mir ), welche Spiele "in" sind, sondern das zu entwickeln, was man wirklich will.

TheDude
17.12.2005, 14:12
Ich finde deine Definition richtig gut. (Eine Frage: sitzt du mit dem Lexikon an deinen Threads oder weißt du einfach alles?). Jedoch habe ich etwas zu deine rpersönlichen Definition am Schluss zu sagen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass es schoneinmal jemand geschaft hat ein Spiel vollkommen nach seinen Wunschvorstellungen umzusetzen. Auch wenn man danach zu sich selbst sagt: "Das hast du aber gut gemacht", das Spiel was man gemacht hat, entsprichen nie den Wunschvorstellungen. Meistens sind es viele Kleinigkeiten, wie zB. ich mach es doch lieber mit BA, der Einfachkeit wegen, auch wenn es am schluss dann nicht ganz so perfekt wie mit Charsets oder Pictures aussieht. (Das war jetzt ein Beipiel von meinem Projekt). Es gibt immer Kleinigkeiten, welche man sich vorher ganz anderst vorgestellt hat. Und in gewisser Weise lassen wir uns ja auch alle von anderen manipulieren...

Skye
17.12.2005, 15:26
Ideen hätte Ich persönlich sehr viele. Mein Problem besteht bloß darin das ich verdammt schlecht scripten kann. (Soll übrigens heissen, so gut wie garnicht ;) )
Und es geht mir oft so: Ich habe eine Idee für ein Spiel, fange an daran zu arbeiten. Schau zwischendurchmal in die Maker-Foren, und entdecke eine Spielvorstellung, die dann entweder die gleiche (oder eine ähnliche) Story hat wie die meine. Und schon brech ich das Spiel ab :\ (Zumindest meitsens X.X"). Und was ich schon immer mal sagen wollte, an alle die immer so kommen: "M&B ist aus ausgesaugt" (*Hust* Ich sag jetzt mal nicht wer das gesagt hat ^^). "M&B ist Alt" oder auch "M&B suckt/stinkt" (Hört man doch alles mal XO), das hilft den Leuten auch nicht weiter, nur weil manche Leute diesen Stil toll finden, oder nicht des Pixelns bemächtigt sind, ist es doch kein Grund das arme M&B runterzumachen .______."

Bla, das war's und so ._."

Ralph
17.12.2005, 17:10
Ich bin nicht ganz einverstanden damit, dass sich alles wiederholt. In jedem Spiel ist etwas Neues dabei, zumindest in den RPGs (z.B. bei Sport oder Jump'n run ist das etwas schwieriger ;) ), und wenn halt mal wieder Alex oder Heino die Welt vor Schleimis retten müssen, dann ist doch die Grafik oder zumindest die Mapgestaltung und die Dialoge immer irgendwie neu. Zwar orientieren sich die meisten (um nicht zu sagen alle) nach irgendwelchen Vorbildern, doch meiner Meinung nach, bauen sie doch viele eigenen Sachen ein.

Irgendwie fühle ich mich auch dazu verpflichtet, etwas zu Fangames zu sagen (ratet mal wieso :D ). Diese sind meistens nicht sehr innovativ (ausser wenn man die Helden in ein anderes Genre setzt, oder sie vera..., äh veralbert ;) ), dies liegt allerdings größtenteils daran, dass solche Maker ihren Vorbilder in vielerlei Hinsicht nacheifern wollen bzw. sie gar mit dem gleichen Prinzip übertrumpfen wollen. Es gibt zum Beispiel tausende Mario-Fangames die sich vom Gameplay, der Story und der Grafik 99,9 %ig ähneln, doch wer Spiele mit dem roten Klempner mag, wird sie trotzdem gut finden, da sie doch neue Levels und den altbekannten Spielspaß liefern. Hier liegt die Innovation somit vor allem beim Levelmapping.

Zaphod
17.12.2005, 18:20
Ich denke das Wichtigste ist vorab, dass man nicht versuchen sollte sein Spiel durch die Anzahl von Features oder Innovationen zu definieren.
Ich gehe jetzt einmal von einem klassischen Rollenspiel aus (bei Adventures, Minispielen, etc. sieht die Sache natürlich ganz anders aus):

Worum geht es in einem Spiel? - Ich denke, es geht vor allem darum eine Geschichte zu erzählen und eine eigene, möglichst einzigartige Welt zu gestalten. Ich möchte bei einem RPG in die Story eintauchen können und die Handlung spannend und originell präsentiert bekommen.
Natürlich kann man auch durch pures Lesen eine Geschichte erzählen, doch das hat nichts mit einem Spiel zu tun, da kann man sich genauso gut zu einem Buch greifen.

Bei einem Spiel hat man hingegen viel mehr Möglichkeiten, z.b. durch Akustik und Bildern. Oder aber auch durch Technik, "Features" und Innovationen (ein sehr stark missbrauchtes Wort ^^).
Dabei sollten all diese Dinge, meiner Meinung nach, das Gesamtbild unterstützen und ergänzen, es aber nicht ersetzen. Ich denke, man muss sich immer fragen, was tut dem Spiel, der Geschichte gut und was ist zuviel. Zuviel in dem Sinne, dass es den eigentlichen Kernpunkt des Spiels (der imo auf der Geschichte/Welt liegt) unscharf macht oder auch in dem Sinne, dass es immens viel Zeit kostet, die man dann dafür an wichtigeren Stellen opfert. (Natürlich kann ma auch nirgends "sparen" doch für mich wäre es frustrierend so viel Zeit für all diese "Innovationen"/Features zu opfern).

Kelven
17.12.2005, 18:43
@TheDude


sitzt du mit dem Lexikon an deinen Threads oder weißt du einfach alles?

Nein, sicherlich nicht. ;) Die Definition von "kreativ" hab ich wie gesagt aus dem Duden und von Tobias und Propp weiss ich, weil ich mich mit der Thematik wegen meiner Diplomarbeit beschäftige. Ansonsten ist das aber alles meine eigene Meinung.

Es stimmt, dass es kaum jemand schaffen wird, seine Wunschvorstellung perfekt umzusetzen, so hab ich es auch nicht gemeint. Ich bin mit meinen Spielen nach der Fertigstellung meist auch nicht 100% zufrieden. Man kann aber ( und sollte es meiner Meinung nach auch ) in Richtung Wunschvorstellung arbeiten.



Ich denke, es geht vor allem darum eine Geschichte zu erzählen und eine eigene, möglichst einzigartige Welt zu gestalten. Ich möchte bei einem RPG in die Story eintauchen können und die Handlung spannend und originell präsentiert bekommen.

So in etwa sehe ich das bei Rollenspielen auch, wobei das ganze dann noch mit Gameplay garniert wird, sonst könnte man ja auch Bücher schreiben oder Filme drehen.

Schattenläufer
17.12.2005, 18:58
Ich denke, mit Innovation ist es wie mit neuen Erfindungen - wer kann schon wissen, was noch alles möglich ist, wenn man sich immer nur an den Sachen orientieren kann, die früher waren? ^^

Die Frage, ob ein Spiel innovativ ist, ist natürlich ein wenig schwierig zu beantworten, denn letztendlich sind es immer nur Teile eines Spieles, die innovativ sein können. Vielleicht eine innovative Grafik (vertauschte Farben o.Ä.), eine innovative Welt (da ist nun wirklich viel möglich), innovative Story (hier wirds schon schwieriger), ...

Wenn man fragt "Ist ein Spiel innovativ?", dann wird man eine ähnliche Verteilung der Antworten erhalten wie bei der Frage "Welcher Bereich ist für ein Spiel wichtig?"

Andererseits, die Erfindung von Telefonen war doch auch ziemlich innovativ, obwohl man die Bauteile schon kannte? Es muss nicht JEDER Aspekt vollkommen neu sein, es reicht, wenn das Spiel durch eine Besonderheit innovativ wird.

Trial
17.12.2005, 20:00
Die Unterteilung von Kreativität und Innovation halte ich gar nicht mal für so falsch. Ein kreativer Kopf schöpft Ideen, in dem er das neu verbindet, was schon da war, bereit ist, alle Wege, die sich ihm bieten, zu betreten um aus bekanntem etwas neues zu schaffen. Ein innovativer Kopf hingegen versucht das Normale zu verlassen und neue Ideen zu schöpfen. Wenn er dann auch noch kreativ genug ist um diese Ideen zu verknüpfen, ist das schon die Dreiviertelmiete einer revolutionären Änderung.

Jetzt ist aber das Problem des Kreativen, dass er keinen geraden Weg bis zum Schluss verfolgen kann, weil er immer etwas anderes findet, was er einbringen will und schneller von der Idee ablässt, als er sie begonnenh hat. Da er auch diese Idee recht häufig im Kopf herumwälzen und neu betrachten wird, passiert es ihm recht schnell, dass er an ihr zweifelt und unzufrieden mit ihr wird. Das ist der Segen und der Fluch des Kreativen wie des Innovativen.


Innovation, ob im Ganzen oder im Detail, lässt Spiele wie Geschichten unter anderen hervorstechen, egal wie sehr sich die einzelnen Spiele und Geschichten auch in den Details unterscheiden. War Dreamland seinerzeit nicht etwas völlig neues? Ein AKS auf dem Maker? War Goethes "Faust" oder "Die Matrix" nicht auch etwas, was es so vorher noch nie gab? Sind nicht die Firmen, die eine neue Marktlücke füllen, oft die erfolgreichsten? Wer nach einem 08/15-Schema arbeitet und sich an dem orientiert, was die anderen vorgeben, kann es ohne Frage im Leben weit bringen, aber wer etwas neues beginnt, der kann eine ganze Lawine auslösen.

Kelven
17.12.2005, 20:34
War Dreamland seinerzeit nicht etwas völlig neues? Ein AKS auf dem Maker? War Goethes "Faust" oder "Die Matrix" nicht auch etwas, was es so vorher noch nie gab?

Dreamland war auf dem Maker etwas neues, aber insgesamt gesehen ist es ja eine Adapation von Horrorspielen und -filmen. Was Faust angeht kann ich keine Beispiele nennen, aber die Grundthematik wurde vielleicht schon vorher mal von jemanden in Geschichten behandelt. Bei Matrix gab es sogar einen Vorreiter, dessen Namen mir entfallen ist, der aber genau das Konzept einer künstlichen Welt behandelt hat. Zusätzlich spielen dann im Film auch Analogien zu bestimmten religiösen Mythologien eine Rolle, aber das ist dann je nach Interpretation anders. Die Sachen waren alle gut umgesetzt, keine Frage, aber völlig innovativ waren sie nicht.

Vale
17.12.2005, 21:21
@ Kelven: Ist die Innovation nicht eine Frage der Interpretation? Das soll heißen, würde ein Mensch ein Sache vielleicht innovativ finden, aus dem einfachen Grund, das er persönlich noch nie so etwas gehört/gesehen/gefühlt/geschmeckt/gespielt/usw. hat?
Ein anderer jedoch, der so was schon erlebt hat, empfindet es nur als Nachahmendes Produkt, gar als Trittbrettfahrer.
Beispiele gibt es viele, oder warum covern die meisten Sänger Songs, die früher aktuell waren, heute aber nur noch die älteren Semester kennen?
Die Jugend empfindet es als Innovation, die älteren als...nun ja, Ausnutzerei anderer.
Dies zu dem,
Garo

Kelven
18.12.2005, 10:01
@Garo Black
Das stimmt, die Menge der Spiele, die man schon kennt, beeinflusst das Empfinden für Innovation. Wenn man sich schon lange in der Spielszene bewegt, hat man viel gesehen und erkennt dann auch eher als andere, dass sich die Konzepte seit dem Anfang nicht gross geändert haben. Für die einen ist das ein Problem, für die anderen nicht. Für mich z.B., wie ja schon oben gesagt, gibt es genug Innovationen im Kleinen um die Spiele immer noch interessant zu machen. Vor allem verbessern sich IMHO die Qualitäten der Spiele in allen Bereichen, nicht nur bei der Optik.

FF
18.12.2005, 10:21
Für mich geht eigentlich Innovation>all.
Sei's ein komplett anderes Szenario, abgefahrene Charaktere, die man sonst nicht antrifft, eine neuartige Idee von Story (oder von mir aus eine die es noch nicht oft gab.)
Dieser Reiz des neuen, den man entdeckt, wenn etwas anders ist, lässt mich weiterspielen.
Es fereut einen ungemein, endlich nicht mehr das xte Fanatasy Pseudo Japano Rpg mit M&B zu spielen, obwohl diese Teilweise ja sehr Gut sind. (Es gibt viele Andere, wo man sich was abgucken kann - Eine lange 'Reifephase' des Genres.)
Aber es wirkt alles auf einen wie 'schon gesehen'

Dagegen glaube ich fest daran, dass eben nicht jede Geschichte schon mal erzählt worden ist. Es gibt unendlich viele Neue Geschichten, die nur darauf warten geschrieben zu werden.
Aber normalerweise hällt man sich beim Storywirting für ein Makerspiel mehr oder weniger an bestimmte Grundsätze, und die sind eben ausgeschöpft.
z.B. die Held rettet Weld Sache. Das ist eine der Ansätze, die wahrscheinlich wirklich nahezu des im Maker möglichen AUsgeschöpft sind. Wenn auch nicht völlig.



Ich denke, mit Innovation ist es wie mit neuen Erfindungen - wer kann schon wissen, was noch alles möglich ist, wenn man sich immer nur an den Sachen orientieren kann, die früher waren? ^^

Genau das meine ich!


Thema Thrash; Fun; WhateverbutnoRPG-games:
Insebsondere in letzter Zeit viel mir auf, das ein Kurzes, Spaßiges Spiel (auf dem RPG Maker) mich viel mehr reiz als ein Episches, Langatmiges Rollenspiel.
Man möchte kurz schnell spaß haben, oder eben n bissl überlegen und rumnprobieren, aber nie lange. (Bei Cemical Chrisis bin ich im 3tten lvl und komm ned weiter :D )

MagicMagor
18.12.2005, 12:07
Die Forderung nach mehr Innovation bei Spielen, ist irgendwie so alt wie die Spielebranche selbst, habe ich manchmal das Gefühl.

Evolution statt Revolution
Spiele, als Unterhaltungsmedium, haben ihr eigenen Regeln. Bestimmte Dinge kann man gezielt benutzen um den Spaß-Faktor oder die Langzeitmotivation zu erhöhen (zB. Belohnungsprinzip durch freischalten von Content).
Innovation würde bedeuten, diese Pfade zu verlassen und mit diesen Regeln zu brechen, das macht aber fast niemand, weil das Risiko einfach enorm groß ist.
Dennoch gibt es Innovation, sie ist nur nicht so massiv, daß sie sich sofort aufdrängt. Kleine Dinge werden anders gemacht als in den Vorgängern, hier mal etwas kleines neues ausprobiert und so weiter. Über die Jahre hinweg akkumuliert sich so die Innovation in den Spielen und die Spiele als solche entwickeln sich. Der Entwicklungsprozess der Videospiele mithilfe von Innovation ist eine Evolution und keine Revolution. Aber Evolution geschieht langsam und schleichend, daher scheint es vielen Spielern oft, daß die Branche stillstehen würde.

Technick als Motor
Als Innovationsmotor dient der Branche aber die Entwicklung der zugrunde liegenden Technick. Erst mit dem Aufkommen von 3D-Karten waren solche Spiele wie FPS wirklich möglich, bzw. dieses Genre wurde dadurch weit nach vorne gebracht. Die 3D-Grafik konnte dann auch auf andere Genre übertragen werden bis zu dem Punkt, das heute kaum noch große 2D-Titel erscheinen.
MMOG oder auch MMORGPs waren erst möglich, nachdem ein Großteil der potentiellen Kundschaft, über Breitbandinternetzugänge verfügte (um die Datenmengen zu handhaben) und über zeitunabhängige Tarife (Flatrate zb.).

Und auf dem Maker?
Dieselben Phänomene wie in der "richtigen" Branche lassen sich auch auf dem Maker, im kleineren, wiederfinden. Anfangs, waren die Spiele komplett mit Standardzeugs und RTP gemacht (Dunkle Schatten). Nach und nach probierte man aber anderes aus. Man verwendete andere Resourcen (M&B), packte ein kleines Zusatzmenü für Quests oder ähnliches rein und so weiter. Und wenn wir gucken, wo wir heute stehen? Niemand benutzt eigentlich noch RTP und viele neu angekündigte Spiele haben ein eigenes KS und ein komplett eigenes Menü. Lichteffekte ist ein weiterer Punkt, der sich über die Zeit hin entwickelt hat. Aber wir sind hier noch nicht am Ende, auch wenn es sicherlich schwierig ist abzusehen wohin wir uns noch bewegen.
Auch technisch gab es, wenn auch nur eine wirkliche, Neuerung die uns nach vorne gebracht hat. Der Tastenpatch von Ineluki. Ein Spiel wie Chemical Crisis wäre ohne Tastenpatch nicht möglich gewesen.

Und wieviel Innovation braucht ein Spiel?
Weniger als manche glauben. Der Versuch ein Spiel mit Innovation vollzustopfen um ein revolutionäres Spiel zu machen, geht mit Sicherheit in die Hose, denn Revolution bedeutet Bruch mit den Regeln. Und Bruch mit den Regeln bedeutet in den meisten Fällen Misserfolg.
Statt dessen sollte man evolutionär vorgehen und bei den eigenen Vorbildern für das Spiel, gucken welche Dinge dort besonders gut gewirkt haben und wo man etwas verbessern kann. Zusätzlich dazu kann man dann einige kleine Dinge noch hinzufügen (Innovation), wo man glaubt, daß diese das Gesamtbild positiv unterstützen. Denn das Gesamtbild entscheidet nachher darüber ob das Spiel gut ankommt und Spaß macht, oder nicht. Alle Teile des Spiels müssen also zueinander passen, damit das Gesamtbild stimmig aussieht und keine fiesen Bruchlinien aufweist.
Ein Vollstopfen mit Features um innovativ zu sein, führt ja letztendlich immer zu Bruchlinien, weil man nicht guckt wie die Teile zueinander passen. Deswegen orientiert man sich ja auch an anderen Spielen, weil diese schon einige Sachen zusammen gepackt haben, die auch zusammen passen. Man hat also schon ein stimmiges Grundbild, auf dem man aufbauen kann.

Dingsi
18.12.2005, 12:46
Das ganze mag ja für die kommerzielle Spielebranche stimmen, die auf Profit aus ist. Doch gerade das ist die Makerszene doch nicht! Okay, es gibt Leute, die nur für den Ruhm makern, aber der Hauptantrieb ist doch gerade, dass man sich _nicht_ an irgendwelche Regeln halten muss und _nicht_ darauf achten muss, was dem Publikum gefällt, sondern das man machen kann was einem gefällt. Auch wenn das einen großen Bruch mit bisherigen Spielen bedeutet.

Deswegen würde ich sagen, dass man in der Makeszene ruhig revolutionär sein kann und nicht vor sich hin schleichen muss.

Kelven
18.12.2005, 13:33
@MagicMagor
Zu deinem ersten Absatz kann man dann noch ergänzend sagen, dass digitale Spiele das jüngste Medium unserer Gesellschaft sind. Selbst Filme sind schon über 100 Jahre alt. Was alles noch aus dem Medium herausgeholt werden kann, wird sich erst in Zukunft zeigen. Vielleicht haben wir ja irgendwann wirklich "Hamlet on the Holodeck", wie es Janet H. Murray in ihrem gleichnamigen Buch fordert. ;)

@Dingsi


Das ganze mag ja für die kommerzielle Spielebranche stimmen, die auf Profit aus ist. Doch gerade das ist die Makerszene doch nicht! Okay, es gibt Leute, die nur für den Ruhm makern, aber der Hauptantrieb, ist doch gerade, dass man sich _nicht_ an irgendwelche Regeln halten muss und _nicht_ darauf achten muss, was dem Publikum gefällt, sondern das man machen kann was einem gefällt. Auch wenn das einen großen Bruch mit bisherigen Spielen bedeutet.

Das ist dann die Frage, ob am Ende nicht doch alle darauf achten, dass ihre Spiele erfolgreich sind. Ist das Vorstellen eines Spieles nicht schon automatisch der Wunsch nach "Ruhm"? Selbst Trashspiele wollen mit ihrer Sinnlosigkeit diese celebrieren und auffallen.

Trotzdem hast du natürlich damit recht, dass man das makern soll, was einem gefällt. Genau das passiert aber auch, denke ich mal. Es gibt ja jetzt nicht den Massenzwang, eine bestimmte Art von Spiel zu entwicklen, sondern die meisten Entwickler richten sich nach den Genres, die ihnen gefallen.

MagicMagor
18.12.2005, 13:42
Nicht ganz Dingsi.

Jeder der Spiel macht, möchte ein Spiel machen, das Spaß macht. Wer auf Profit aus ist, muss gucken, daß das Spiel möglichst vielen Leuten Spaß macht. Wer makert hat meist nur sich selbst als Kriterium, also das es einem selber Spaß machen muss.
Viele dieser Regeln von guten Spielen, basieren aber auf psyschologischen Effekten, denen jeder von uns irgendwie unterworfen ist. Ein Bruch mit diesen Regeln führt daher meistens zu Spielen die generell keinen Spaß machen.

Wer Geld verdienen will, sucht sich eine profitable Zielgruppe aus. Bei den Makerern ist die Zielgruppe meist recht klein, im Extremfall halt nur man selber. Aber Fakt ist, es gibt eine Zielgruppe, der das Spiel gefallen muss. Infolge dessen gibt es spezielle Dinge/Regeln die beachtet werden sollten, damit das Spiel dieser Zielgruppe gefällt.
Diese Regeln sind natürlich nicht total enge starre Gebote wie "Auflösung mindestens XxY", sondern sehr unspezifische generelle Leitlinien. "Der Spieler muss nach schweren Aufgaben eine angemessene Belohungserfahrung erhalten".

Natürlich haben wir als Makerer mehr Freiraum, dadurch das unsere Zielgruppe sehr klein und speziell ist. Aber auch wir sind eingebunden in die generellen Zwänge die alleine durch die Natur des Gefühles "Spaß" uns gegeben sind. Und wirkliche Innovation, also etwas vollkommen neues, oder revolutionäres ist kaum möglich, weil die bisherigen Grenzen dieses maximalen Spielraums durch die kommerziellen und auch durch die Makerspiele schon stark abgesteckt sind. Erweitern kann man diese Grenzen aber nur langsam, sonst riskierst du den Bruch.

UhuSchuhu
18.12.2005, 14:26
Bei Matrix gab es sogar einen Vorreiter, dessen Namen mir entfallen ist, der aber genau das Konzept einer künstlichen Welt behandelt hat.

Du meinst wohl den Film Welt Am Draht oder den Roman Simulacron-3 (oder dessen Verfilmung The Thirteenth Floor) ;)

Und zum Thema:
Innovation wird es im Bereich digitale Spiele noch sehr lange dasein wird - einfach, weil noch nicht alles ausgereizt ist. Ob es sich nun um eine neue Grafikengine handelt, oder um eine perfekte PHysikengine oder ein neues Spielelement ist egal - es wird, solange die Rechnerleistung weiter zunimmt, vor allem im technischen Bereich immer Innovationen geben.

Leider ist das bei RPG-Maker-Spielen nicht so leicht. Während die Ersteller von professionellen Spielen ein Studium/eine Ausbildung hinter sich haben und vor allem Geld für die Arbeit bekommen und so auch mehr arbeiten können ist der normale RPG-Makler nur ein Hobby-Spielemacher.
Er kann auch nicht auf so professionelle Werkzeuge wie der Berufler zurückgreifen und ist an eine feste Grafikengine gebunden. Grafische Innovation fällt also schonmal weg.
Auch neue Technik wird immer schwerer, weil die Vorgaben immer schwerer werden. Es gibt vielleicht irgendwelche Technikgötter, die da noch was toppen können, aber kaum jemand wird in der Lage zu sein, noch höher zu kommen.
Also ist die letzte Innovation im Bereich Story möglich. Und da kommen dann wieder Ronald B. Tobias und Vladimir Propp ins Spiel.
Ich würde sagen, es ist tatsächlich mehr als schwer, mit Innovation noch was zu reichen.

Dhan
18.12.2005, 14:33
Der Mensch besteht aus seinem Diskurs. Denken wird auch als Reflexion bezeichnet, eine recht treffene Bezeichung, ist doch das, was der Mensch macht, lediglich ein wiederspiegeln (/reflektieren) seines Diskurses.
Demzufolge ist alles, was der Mensch sich ausdenkt, aus seinen Erlebnissen erwachsen.
Die perfekte Ausübung von Kreativität finden wir in Hypnos Reich (dem Traum), und, was ist ein Traum? Wer ein Buch kauft, das sich mit dem Thema Lernen befasst, wird feststellen, dass dort geraten wird, eine bestimmte Lektionenmenge aufzunehmen und dann zu schlafen. Der Traum ist nichts weiter als die Verarbeitung von Daten.

Innovation heißt, ich setze aus den Fragmenten von Erlebnissen etwas zusammen, was in der Zusammensetzung noch nicht bekannt war.
Es gibt nun eine solch gewaltige Menge an Informationen und eine noch gewaltigere Menge an ihren Fragmenten, dass man in der Lage sein müsste, eine unglaublich Anzahl an Innovationen hervorzubringen.

Heutzutage ist es so, dass man mit wenig Innovation viel erreichen kann und deshalb flaut sie ab. Aber stellt euch mal vor, der Computer wäre erst erfunden worden, wie innovativ muss Pacman gewesen sein! Eine solche Gabe wie die damals anscheinend hatten, die brauchts heute. Und ich glaub net, dass das Potential dafür verschwunden ist.

Kelven
18.12.2005, 15:20
@UhuSchuhu
Ja, "The Thirteenth Floor" war es. Der Film ist vor Matrix herausgekommen, soweit ich weiss.

Wo du es schon mal anschneidest. Es stimmt schon, Innovation kann es in vielen Bereichen geben, nicht nur im Gameplay oder bei der Story; aber wie du schon gesagt hast, kann hier der Makerentwickler nicht auf ein Team aus Profis zurückgreifen, die in ihrem jeweiligen Fachgebiet überdurchschnittliche Fähigkeiten haben. So kann es beim Maker nur dann grafische Innovationen geben, wenn man besonders gut zeichnen kann, oder technische Innovationen, wenn man ein Scripter-Genie ist. Ich denke, diese "Teil-Innovationen" weichen aber auch von der Vorstellung ab, ein in seiner Gesamtheit innovatives Spiel zu schaffen.



Innovation heißt, ich setze aus den Fragmenten von Erlebnissen etwas zusammen, was in der Zusammensetzung noch nicht bekannt war.
Es gibt nun eine solch gewaltige Menge an Informationen und eine noch gewaltigere Menge an ihren Fragmenten, dass man in der Lage sein müsste, eine unglaublich Anzahl an Innovationen hervorzubringen.

Im Grunde erleben wir Menschen aber meistens das Gleiche, wenn man wie gesagt die ganzen Details weglässt. Deswegen ergeben sich im groben Rahmen auch nur so wenig Möglichkeiten für Stories.



Heutzutage ist es so, dass man mit wenig Innovation viel erreichen kann und deshalb flaut sie ab. Aber stellt euch mal vor, der Computer wäre erst erfunden worden, wie innovativ muss Pacman gewesen sein! Eine solche Gabe wie die damals anscheinend hatten, die brauchts heute. Und ich glaub net, dass das Potential dafür verschwunden ist.

Wenn man mit wenig Innovation viel erreichen kann, ist es doch eigentlich gut so. Hauptsache die Spiele machen Spaß. Die Zeit zurückdrehen kann man jedenfalls nicht mehr, deswegen lässt sich die Innovativität eines neuen Mediums auch nie wieder erreichen, es sei denn es kommt irgendwann mal ein noch neueres auf den Markt. Das Potenzial für Innovation gibt es ja noch, aber wie MagicMagor schon gesagt hat, im Sinne eines evolutionären Prozesses und nicht in einer kompletten Veränderung.

Man kann sich ja schon Konzepte ausdenken, die es so noch nie gegeben hat. Z.B. könnte ich ein Spiel entwicklen, das auf einem Brett wie bei Monopoly spielt, der Spieler würfelt und je nach Feld kommt dann entweder eine Storysequenz, Gegner oder man findet einen Schatz. So was gab es afaik noch nie - aus gutem Grund. ^^ Es wäre weder ein Spiel noch würde es Spass machen. Aber es wäre u.U. innovativ.

Moki
18.12.2005, 16:14
Jeder der Spiel macht, möchte ein Spiel machen, das Spaß macht. Wer auf Profit aus ist, muss gucken, daß das Spiel möglichst vielen Leuten Spaß macht. Wer makert hat meist nur sich selbst als Kriterium, also das es einem selber Spaß machen muss.
Viele dieser Regeln von guten Spielen, basieren aber auf psyschologischen Effekten, denen jeder von uns irgendwie unterworfen ist. Ein Bruch mit diesen Regeln führt daher meistens zu Spielen die generell keinen Spaß machen.

Wenn du Innovation aber alleine auf einen Bruch mit solchen quasi "Basisbausteinen" eines Spiels auslegst, ist Innovation bei Spielen wohl generell nicht möglich, auch nicht in einer langsamen Entwicklung, es sei denn die gesamte Gesellschaft unterzieht sich einer ähnlich krassen Entwicklung.
Es gibt natürlich gewisse Grundregeln, die gewisse Effekte in uns auslösen (zB. wollen wir "belohnt" werden wenn wir etwas geschafft haben). Sowas lässt sich nicht ändern und in dem Punkt funktionieren Spiele noch genauso wie vor 20 Jahren, da gab es also auch keine Innovation durch Entwicklung.
Innovation kann imo genauso durch revolutionäre neue Ideen und Spielprinzipe geschehen, als auch durch langsame Entwicklung. Nur haben wir die Möglichkeit zu "Revolutionen", die Spieleindustrie nur sehr eingeschränkt. Und ich finde es eigentlich schon ein wenig schade, dass hier imo viel zu viel versucht wird, die Strategien der kommerziellen Branche zu imitieren anstatt mit einer neuen Idee vielleicht auch einmal etwas zu riskieren. Und Spiele wie "Chemical Crisis" finde ich eigentlich schon innovativ, da das Szenario und die Idee dieses Spielprinzip auf dem Maker umzusetzen neu sind.

Btw, warum wird hier eigentlich so oft Tecnik mit ck gschrieben? Ist das irgendwie neue Rechtschreibung oder so? o_O

Kelven
18.12.2005, 16:42
Und ich finde es eigentlich schon ein wenig schade, dass hier imo viel zu viel versucht wird, die Strategien der kommerziellen Branche zu imitieren anstatt mit einer neuen Idee vielleicht auch einmal etwas zu riskieren. Und Spiele wie "Chemical Crisis" finde ich eigentlich schon innovativ, da das Szenario und die Idee dieses Spielprinzip auf dem Maker umzusetzen neu sind.

Es lohnt sich, so ein Risiko einzugehen, wenn man von so einer Idee überzeugt ist. Aber wenn jemand so eine Idee hätte - die obendrein auch spielbar ist - dann würde es doch auch schon solche Spiele geben, oder nicht? Als Makerspiel alleine gesehen ist Chemical Crisis etwas neues, das stimmt, aber so was ist dann mMn eben nur eine Innvation im Detail, da man das schon mit der Allgemeinheit der Spiele vergleichen muss, ähnlich wie Hobbywerke im Film- oder Literaturbereich ( man muss deswegen aber nicht die gleichen Ansprüche daran haben ).

Chemical Crisis ist aber auch in der Hinsicht eine Ausnahme, da es sich um ein völlig anderes Genre ( im weitesten Sinne ein Denk- und Knobelspiel ) handelt; also keines der sonst auf dem Maker üblichen Genres. Deswegen wirkt es natürlich innovativer als die vielen Vorstellungen von RPG's.

Nehmen wir mal an, Person X mag besonders gerne RPG's. Person X möchte dann eben ein Spiel entwickeln, dass an die eigenen Lieblingsspiele angelehnt ist, ob nun VD, FF oder welches auch immer. So jemand wird ja nicht einfach sagen: "Ach, pfeif ich auf meine Ideale, mach ich mal nen ganz anderes Spiel der Innovativität wegen". Deswegen kann es dann allerhöchstens Innovativität im bevorzugtem Genre geben.



Btw, warum wird hier eigentlich so oft Tecnik mit ck gschrieben? Ist das irgendwie neue Rechtschreibung oder so? o_O

Nein, auch dort wird das nur mit k geschrieben. ^^

Moki
18.12.2005, 17:16
Es lohnt sich, so ein Risiko einzugehen, wenn man von so einer Idee überzeugt ist. Aber wenn jemand so eine Idee hätte - die obendrein auch spielbar ist - dann würde es doch auch schon solche Spiele geben, oder nicht? Als Makerspiel alleine gesehen ist Chemical Crisis etwas neues, das stimmt, aber so was ist dann mMn eben nur eine Innvation im Detail, da man das schon mit der Allgemeinheit der Spiele vergleichen muss, ähnlich wie Hobbywerke im Film- oder Literaturbereich ( man muss deswegen aber nicht die gleichen Ansprüche daran haben ).

Also imo muss man die verschiedenen Bereiche schon bis zu einem gewissen Grad getrennt betrachten, da verschiedene Medien auch unterschiedliche Möglichkeiten haben. Ein Schachspiel auf dem Maker wäre zum Beispiel nun wirklich eine technische Innovation - aber natürlich ist die Idee nicht neu, Schach als Computerspiel umzusetzen.


Chemical Crisis ist aber auch in der Hinsicht eine Ausnahme, da es sich um ein völlig anderes Genre ( im weitesten Sinne ein Denk- und Knobelspiel ) handelt; also keines der sonst auf dem Maker üblichen Genres. Deswegen wirkt es natürlich innovativer als die vielen Vorstellungen von RPG's.

Es ist mit Sicherheit auch möglich innovative RPGs zu machen, alleine schon dadurch, dass man bestimmte "Regeln" umgeht. Es ist doch so, dass man leicht 10 Vorgaben finden könnte, von denen viele Spiele hier die meisten übernommen haben. Da könnte man zum Beispiel bestimmte Personengruppen nennen (den Abenteurer, den Mysteriösen, den Nervigen Quirligen, die Heilerin, die emanzipierte Powerfrau). Bestimmte Örtlichkeiten (das fröhliche Dorf, die dunkle Burg, der Wald voller Monster). Technische Aspekte. Und so weiter. In irgendwelchen dieser kleinen Details sind sich die Spiele immer unterschiedlich (zB mal außergewöhliche Helden), das ich für mich Innovation im Detail. Weitreichende Innovation wäre ein Spiel das sich von diesen Vorgaben loslöst, oder etwas kreativer damit spielt. Man kann mit Klischees schließlich auch wunderbar spielen und etwas Neues schaffen (siehe Klischee-Thread).



Nehmen wir mal an, Person X mag besonders gerne RPG's. Person X möchte dann eben ein Spiel entwickeln, dass an die eigenen Lieblingsspiele angelehnt ist, ob nun VD, FF oder welches auch immer. So jemand wird ja nicht einfach sagen: "Ach, pfeif ich auf meine Ideale, mach ich mal nen ganz anderes Spiel der Innovativität wegen". Deswegen kann es dann allerhöchstens Innovativität im bevorzugtem Genre geben.

Trotzem glaub ich dass das bei vielen nicht der Fall ist. Die sehen dass VD Erfolg hat, also muss ich auch so ein spiel machen. Das finde ich einfach ziemlich engstirnig, an neue Ideen wird doch gar nicht gedacht - außer im Detail. Ich will es ja auch niemandem aufdrängen, innovativ zu sein, der davon nicht überzeugt ist. Ich finde es nur persönlich kreativer und befriedigender, eine Welt, eine Spielidee zu schaffen bei der ich weiß es ist meine.

Jesus_666
18.12.2005, 18:42
Ich antworte mal auf den ersten Post, weil ich mich mißverstanden fühle. (Ja, gleich kauf' ich mir eine Evanescence-CD und ein paar Rasierklingen.)

Jeez fordert im Misstände-Thread ja nach Trashspielen. Doch hat sich dieses "Genre" nicht auch schon selber überlebt - ähnlich wie Parodien im Filmbereich? Ich sehe in Trashspielen nichts innovatives, denn es gibt davon schon mehr als genug. Auch diese "Spiele" lassen sich auf simple Grundkonzepte reduzieren, die man in so gut wie jedem wiederfindet. Am Ende bleibt dann nicht mehr übrig, als eine Protestnote von ein paar Quärulanten.
Ich fordere nicht mehr Trashgames, das ist nur ein Nebeneffekt von dem, was ich fordere. Ich fordere mehr Mut, einfach mal ein Spiel zu machen, das nur einem selber gefallen muß. Trashgames sind einfach nur Spiele, bei denen oft so gearbeitet wird - man steckt das, was man selber lustig findet in ein Spiel, auf Teufel komm' raus. Das Ergebnis ist ein Spiel, das sich von der Masse abhebt, weil es keinen Wert darauf legt, den erprobten Formeln zu folgen. (Anmerkung: Es folgt ihnen natürlich zu einem gewissen Grad, aber das Befolgen der Folgen ist dem Spielinhalt untergeordnet.)
Es müssen keine Trashgames sein. Wie viele WiSims gibt es für den Maker? Das Genre ist problemlos umsetzbar (ich denke sogar darüber nach, auf der NATO eine kleine WiSim zu basteln). Wie viele rundenbasierte Strategiespiele gibt es? Begrenzt läßt sich auch dieses Genre umsetzen.

Innovation kann auch bedeuten, daß man ein bekanntes Konzept in einem neuen Kontext anwendet. Beispielsweise, indem man ein Genre einführt, das auf dem Maker noch nicht vertreten war. Es muß nicht gleich ein Katamari Damacy sein, was man schreibt. Ein Hanse wär' schon mal was. (Ob hier überhaupt noch jemand Hanse kennt..?)

Man sollte nie "innovativ" und "erfinderisch" miteinander verwechseln. Microsoft ist innovativ, wenn es mit Windows Vista Teile von Unix nachbildet. Die Konzepte waren schon vor zwanzig Jahren da, aber sie waren nicht in Windows. Das ist innovativ, aber nicht erfinderisch. Innovativ reicht manchmal eben.


Was wirklich wichtig ist
Viel wichtiger als Innovation ist für mich, dass man mit den Spielen seine Wunschvorstellungen umsetzt. Solange man keine kommerziellen Interessen hat, sollte man Spiele nur nach dem Grundsatz entwicklen, dass man sie oder ähnliche Spiele auch ohne weiteres selber spielen könnte. Es ist also besser, sich nicht von anderen sagen zu lassen ( auch nicht von mir ), welche Spiele "in" sind, sondern das zu entwickeln, was man wirklich will.
Genau meine Rede. Die wirklich aufsehen erregenden Spiele sind meist nicht solche, die gemacht wurden, um krampfhaft anders zu sein, sondern die, die mit einem "hey, es wär' doch cool, wenn man XYZ machen würde" anfangen.


Um auf Magor einzugehen: Revolution auf Teufel-komm-raus ist oft wirklich ein Rezept für ein schlechtes Spiel, das stimmt. Deshalb fordere ich eben Innovation und nicht Erfindung. Und Mut zur Schlechtheit (wobei "schlecht" gleichzusetzen ist mit "gefällt den meisten nicht"). Ich habe zwei nennenswerte Spiele gebastelt (beide befinden sich im Zustand des ewigen "ich mach's irgendwann fertig") und da, wo sie getestet wurden (in den diversen IRC-Channels, die von Makerern frequentiert werden) fanden viele sie gut - aber auch wenn mir alle gesagt häten, daß die Spiele Drek sind wäre ich immer noch stolz auf den hirnsträubenden Unsinn, den ich da verzapft habe. Mir ist es relativ egal, ob andere Leute meinen kreativen Output mögen - solange ich ein Publikum von mehr als null Leuten habe ist das, was ich mache, für mich gut. Ob es objektiv gut ist oder nicht.


@Ailis: Klingt vernünftig.

Kelven
18.12.2005, 19:47
Also imo muss man die verschiedenen Bereiche schon bis zu einem gewissen Grad getrennt betrachten, da verschiedene Medien auch unterschiedliche Möglichkeiten haben. Ein Schachspiel auf dem Maker wäre zum Beispiel nun wirklich eine technische Innovation - aber natürlich ist die Idee nicht neu, Schach als Computerspiel umzusetzen.

Ich denke, da haben wir beide wohl eine unterschiedliche Ansicht, was Innovation bedeutet. Bzw. ab wann etwas eine kleine und ab wann eine große Innovation ist.



Weitreichende Innovation wäre ein Spiel das sich von diesen Vorgaben loslöst, oder etwas kreativer damit spielt. Man kann mit Klischees schließlich auch wunderbar spielen und etwas Neues schaffen (siehe Klischee-Thread).

Na gut, wenn wir jetzt mal nur die Rollenspiele nehmen, kann man ja mal schauen wo dort auf dem Maker Innovationen möglich wären ( mMn ). Wie MagicMagor ja schon gesagt hat, gibt es für die Spiele gewisse Regeln, die man nicht einfach brechen kann, ohne dass die Essenz des Spieles verlorengeht.

- Szenario
Beim Szenario kann noch am innovativsten sein, hier sind die östlichen kommerziellen Spiele ein gutes Vorbild. Dort wird Western mit Fantasy verknüpft, es gibt Welten mit schwebenden Inseln in den Wolken oder Szenarien in fiktiven 20'er Jahren mit Magie und Monstern. Die meisten Makerspiele bieten eher das klassische, mittelalterliche Szenario. Das Problem ist aber, dass man ohne die nötige Grafik auch keine anderen Szenarien in sein Spiel bauen kann. Trotzdem sind beim Szenario der Phantasie eigentlich keine Grenzen gesetzt

- Story
Dort kann man eigentlich nur im Detail etwas anders machen, die Gründe wiederhole ich jetzt mal nicht nochmal.

- Charakter
Je ernster ein Spiel ist, desto weniger hat man hier grossen Spielraum. Die Figuren können zwar auch bei ernsten Spielen überzeichnet sein, aber sie müssen trotzdem glaubwürdig bleiben. Facettenreicher ja, aber etwas wirklich neues kann ich mir nicht so vorstellen. Total abgedrehte Figuren passen IMHO nicht zu ernsten Spielen.

- Grafik
Dort sind zwar schon größere Innovationen möglich, aber die scheitern oft daran, dass kaum jemand selber zeichnen kann und die Chipsets ja auch meistens an das europäische Mittelalter angelehnt sind ( s. Szenario ).

- Musik
Die Musik muss zur Szene und zum Szenario passen, aber ansonsten hat man hier auch einen relativ grossen Spielraum.

- Gameplay
Auf dem ersten Blick kann man in dem Bereich am innovativsten sein, aber gerade beim Gameplay muss man auch sehr stark auf die Spielbarkeit achten. Findet man bei einem RPG nicht die richtige Mischung zwischen Story und Gameplay, kommt eines von beiden zu kurz und das Spiel verpufft ins Leere. Ein Sonderfall ist das KS, aber auch dort kann man nicht so viel verändern, da es spielbar bleiben muss und man nicht ohne weiteres alles auf dem Maker umsetzen kann.



Trotzem glaub ich dass das bei vielen nicht der Fall ist. Die sehen dass VD Erfolg hat, also muss ich auch so ein spiel machen. Das finde ich einfach ziemlich engstirnig, an neue Ideen wird doch gar nicht gedacht - außer im Detail. Ich will es ja auch niemandem aufdrängen, innovativ zu sein, der davon nicht überzeugt ist. Ich finde es nur persönlich kreativer und befriedigender, eine Welt, eine Spielidee zu schaffen bei der ich weiß es ist meine.

So war das von mir nicht gemeint. Ich denke, es hängt auch stark davon ab, worum es den Leuten in erster Linie geht. Eine eigene Welt zu schaffen, eine Geschichte zu erzählen, ein besonderes Spielkonzept zu entwickeln ... da hat jeder andere Ziele. Mir ging es im Thread in erster Linie darum, zu sagen, dass man Innovation vor allem im Kleinen erreichen kann und dass das völlig ausreicht; es sei denn man legt es echt auf eine große an.

@Jeez
Wenn wirklich viele Leute einfach nicht den Mut haben, das umzusetzen, was sie wollen, dann geb ich dir recht, aber ich gehe davon aus, dass die meisten schon Spiele entwickeln, die ihren Vorstellungen entsprechen. Ich z.B. mag am liebsten Rollenspiele und danach Action-Adventures, deswegen setze ich solche Spiele um. Ich bin zwar auch anderen Genres nicht abgeneigt, aber da ich ja keine Sklaven habe ( *hust* ) muss ich mich auf die erste Wahl beschränken.

Moki
18.12.2005, 20:16
Also ich glaube auch dass wir irgendwie ne andere Grenze zwischen "großer" Innovation und Innovation im Detail haben. Ich denke komplett neue Ideen, die nicht irgendwo anders schon mal in irgendeiner Form da waren oder auf irgendein Grundprinzip zurückgehen kann man zumindest im Reich der Spieleerstellung eh vergessen, das wurde ja schon oft genug gesagt.
Wenn dir das definitionsmäßig besser gefällt, vermisse ich halt mehr kleine Innovationen bei Makerspielen. Allerdings glaube ich dass, wie ich dich kenne (:D ), du unter kleinen Innovationen kleinere verstehst als ich. ^^

Schattenläufer
18.12.2005, 20:48
@Jeez: Ich finde nicht, dass Microsoft innovativ ist, wenn sie das machen, was du da beschrieben hast (mit Unix und so ^^). Vielleicht ist es innerhalb der Firma innovativ, weil sie es für sich neu entdecken, und da viele Unix nicht kennen, erscheint es innovativ. Aber es war schon vorher da, sie sind nicht innovativ, sondern kreativ. Der Beschreibung von Kelven folgend, was innovativ und was kreativ ist.

Was RPG-Maker Spiele betrifft, kann ich mir Innovation nur in Besonderheiten vorstellen, wie schon gesagt. Ein Spiel ist für mich innovativ, wenn es ein nie dagewesenes Kampfsystem benutzt, da müssen die Charaktere nicht auch noch völlig unkonventionell sein. Es reicht eine Besonderheit.
Es wäre auch innovativ, wenn ein stinknormales RPG wie VD oder so anstatt den gewöhnlichen Farben negative oder vertauschte Farben benutzen würde. Da hell, wo dieser dunkle Ball am Himmel nicht hinscheint. Sowas würde mir gefallen, aber es wäre wohl auch ein typisches Beispiel dafür, dass Innovation der Masse meistens nicht gefällt; ich kann mir lebhaft vorstellen, wie die ersten Reaktionen auf das Spiel erstmal Posts wären wie "so, erstmal die Farben der Chipsets verändert, war ja grauenhaft ^^".
Menschen sind einfach zu konservativ. :)

Jesus_666
18.12.2005, 21:52
@Jeez: Ich finde nicht, dass Microsoft innovativ ist, wenn sie das machen, was du da beschrieben hast (mit Unix und so ^^). Vielleicht ist es innerhalb der Firma innovativ, weil sie es für sich neu entdecken, und da viele Unix nicht kennen, erscheint es innovativ. Aber es war schon vorher da, sie sind nicht innovativ, sondern kreativ. Der Beschreibung von Kelven folgend, was innovativ und was kreativ ist.
Hier mal ein Beispiel: Bei Vista wird der Grafikkram nicht mehr direkt im Kernel (also dem innersten Betriebssystemkern) durchgeführt sondern als normaler Prozeß. Das ist seit Windows NT 3.5 nicht mehr so gewesen. Es ist innovativ - in den modernen Windowsen hat's das nicht gegeben. Es ist nicht kreativ - der Gedanke ist nicht neu und es wurde auch nichts wirklich neues geschaffen.
Kreativität bedingt Schöpfung, Innovation bedingt nur, daß etwas (innerhalb des Kontextes) neuartig ist.

Aber ja, Innovation hängt immer vom Betrachterstandpunkt ab. Für die Windows-Welt ist Vista unerhört revolutionär. Für die Unix-Welt (zu der OS X ja auch gehört) ist Vista zum größten Teil abgekupfert.
Deshalb ist ein Spiel mit absolut unoriginellem Plot immer noch innovativ, solange es diesen Plot innerhalb der betrachteten Szene nicht gegeben hat. Beispiel "runde Charaktere": In den wenigsten Videospielen findet man Charaktere, die sich im Laufe der Geschichte verändern - meist gibt es gar keinen Raum für ernsthafte Charakterentfaltung. Wenn nun ein Spiel mit gut durchdachten, gut ausgearbeiteten, runden (= sich als Reaktion auf das Geschehene verändernden) Charakteren aufwartet ist das gewissermaßen eine Innovation (abhängig vom Genre; zumindest ist es aber originell). Weil das Konzept nicht oft genutzt wird. Bei einem Roman hingegen wäre das nicht annähernd innovativ oder originell.

Kelven
18.12.2005, 22:52
In den wenigsten Videospielen findet man Charaktere, die sich im Laufe der Geschichte verändern - meist gibt es gar keinen Raum für ernsthafte Charakterentfaltung. Wenn nun ein Spiel mit gut durchdachten, gut ausgearbeiteten, runden (= sich als Reaktion auf das Geschehene verändernden) Charakteren aufwartet ist das gewissermaßen eine Innovation (abhängig vom Genre; zumindest ist es aber originell).

So was passiert aber ja auch in echt nur unter ganz besonderen Umständen. Meistens behalten Menschen ihren Charakter ihr ganzes Leben lang. Die Veränderung vom Charakter ist gar nicht mal so ein Maßstab ob ein Charakter nun flach ist oder nicht, finde ich.

Unabhängig davon verändern sich eigentlich schon einige Figuren in bestimmten Videospielen auf die Weise, dass sie erfahrener werden oder auch besonnener. Die Figuren, die sich nicht ändern, sind meist dann die, welche felsenfest hinter ihrem Charakter stehen oder welche durch ihren besonderen Charakter das ganze Spiel auffallen sollen.

Jesus_666
19.12.2005, 01:57
So was passiert aber ja auch in echt nur unter ganz besonderen Umständen. Meistens behalten Menschen ihren Charakter ihr ganzes Leben lang. Die Veränderung vom Charakter ist gar nicht mal so ein Maßstab ob ein Charakter nun flach ist oder nicht, finde ich.
Allerdings ist eines der Hauptelemente eines typischen Rollenspiels, daß gnz besondere Umstände vorliegen. Gerade die Abwesenheit derartiger Elemente ist ein gutes Zeichen für ein Fun- oder Trashgame.
BTW, die Definition "tiefer Charakter = entwickelt sich" ist die, die ich in der Schule gelernt habe und ich denke, daß sie Sinn macht. Charaktere, die auf die Situationen, wie sie in aufregenden Geschichten nun mal häufig vorliegen (Bedrohung des eigenen Lebens, körperlicher und geistiger Streß etc.), nicht großartig reagieren, wirken in der Regel flacher als solche, die das erlebte innerlich verarbeiten und sich als Reaktion darauf selbst verändern. Auch, weil Erstere geschrieben werden können, ohne daß man über sie nachdenkt. Bei Letzteren muß der Autor wissen, was im Charakter vorgeht und er muß über den Charakter nachdenken (auch über Dinge, die das Publikum nie mitbekommt, die für den Charakter selbst aber trotzdem eine Bedeutung spielen).


Unabhängig davon verändern sich eigentlich schon einige Figuren in bestimmten Videospielen auf die Weise, dass sie erfahrener werden oder auch besonnener. Die Figuren, die sich nicht ändern, sind meist dann die, welche felsenfest hinter ihrem Charakter stehen oder welche durch ihren besonderen Charakter das ganze Spiel auffallen sollen.
In der Regel sind das auch die weniger glaubwürdigen Charaktere. Wenn ich darüber nachdenke, welche guten Charaktere aus Videospielen mir so einfallen... Ramza Beoulve und Delita Hyral aus Final Fantasy Tactics wären ein Beispiel. Man kauft ihnen ab, was sie von sich geben. Brilliante Charaktere und beide verändern sich auf äußerst glaubwürdige Weise - man kann förmlich spüren, wie Ramza am Ende der ersten Kapitels vor eine Wand läuft, als sein gesamtes Weltbild den Bach runter geht.
Durandal aus den Marathon-Spielen (eine Serie von Egoshootern für den Mac, Anfang bis Mitte der 90er) wäre eine andere Figur, die mir sehr gut gefällt: Die KI, die zuerst einfach durchdreht, als ihr die Beschränktheit ihrer Existenz bewußt wird. Die mit ihrer immerzu wachsenden geistigen Kapazität versucht, das Universum vor dem Kollaps (der noch ein paar Jahrmilliarden hin ist) zu bewahren, weil sie nicht sterben will. Und die am Ende die Spitze ihrer Entwicklung erreicht, sich der Unvermeidlichkeit ihrer Endlichkeit bewußt wird und sich damit zufrieden gibt.

Durandal hätte einfach nur eine verrückte KI sein können und die Marathon-Spiele hätten gut funktioniert. Aber er ist mehr. Er ist ein Charakter, der nicht nur durch seine merkwürdige Art zu gefallen weiß sondern der gleichzeitig auch noch glaubwürdig ist. Weil er sich verändert und man ihn von mehr als einer Seite sieht. (BTW, Durandal reagiert nicht auf die Ereignisse, er ist im Wesentlichen für sie verantwortlich. Aber mit der Zeit lernt man ihn kennen und man kann zu einem gewissen Grad nachvollziehen, was in ihm vorgeht - und auch, daß da was in ihm vorgeht.)

Wirklich glaubwürdige Charaktere zu schreiben ist eine der schwersten Sachen, die man als Autor tun kann. Ein funktionierender Charakter ist einfach, aber einer, dem man wirklich abkauft, daß er so ist, wie man ihn sieht, mit dem man Mitgefühl hat, weil man seine internen Konflikte mitbekommt, ohne daß er sie jemals erwähnt - und der sich einach echt anfühlt... Das erfordert ein hohes Maß an Geschick und Einfühlungsvermögen. Und genau deshalb sieht man kaum wirklich gute Charaktere in Videospielen: Weil es verdammt schwer ist, einen Ramza Beoulve zu schreiben und ein Cloud Strife für gewöhnlich reicht.

Kelven
19.12.2005, 13:15
@Jeez
Ich denke, in einem Buch hat man aber auch mehr Zeit, einen Charakter so ausführlich auszuarbeiten. Bei Spielen kommen noch andere Faktoren dazu, auf die man achten muss. Meistens ist es eine große Gruppe von Charaktern, die man alle berücksichtigen muss ( ok, oft gibt es in Spielen trotzdem einen Hauptcharakter ) und das ganze Spiel kann sich auch nicht nur um die Story drehen, sonst wäre es ja ein reiner Film.

Dazu kommt noch, das gerade in östlichen Spielen Charakter ja vereinfacht werden um sie greifbarer zu machen ( s. Klischeethread ). Dieses bewußte Reduzieren auf eine wesentliche Charaktereigenschaft ist ein Stilmittel von vielen Spielen, das vor allem von der Wahl des Szenarios - oder sagen wir eher der Atmosphäre - des Spieles beeinflusst wird. Solche Figuren finde ich im Rahmen der ganzen Welt, in der das Spiel spielt, nicht weniger glaubwürdig, als realistische Figuren in unserer.

Dann gibt es außerdem noch immer den persönlichen Geschmack, also welche Art von Charakter man mag und welche nicht. Ich denke, es gibt auch viele Leute, die z.B. Cloud als tiefgründigen Charakter sehen. Man interpretiert in das Verhalten der Charakter ja oft mehr rein, als im Spiel dargestellt wird.

Wie dem auch sei, ich finde es auch wichtig, dass die Charakter in Rahmen ihrer Welt glaubwürdig sind. Ob man hier aber besonders innovativ sein kann, weiss ich nicht so recht.

@Ailis
Ich hab ja noch die Antwort vergessen. ^^ Also ich verstehe unter kleinen Innovationen welche die so klein sind wie die Strings aus der String-Theorie. ;) Nein, ich denke, sie müssen dann schon groß genug sein um aufzufallen.

Jesus_666
19.12.2005, 14:30
Du hast recht: Man hat kaum Zeit, sich einen Charakter rauszugreifen und ihn sich wirklich entwickeln zu lassen. Genau deshalb ist es ja zumindest originell, wenn man das tatsächlich macht: Es ist ungewöhnlich und es ist ein Mehrwert, der einiges an Aufwand erfordert.

BTW, glaubwürdige Charaktere erfordern keine extreme storygebundenheit. Die Marathon-Serie erzählt die Story ausschließlich auf größtenteils optionalen Text-Terminals, die in den Leveln verstreut sind. Trotzdem kriegt sie es hin, die Charaktere gut darzustellen - die Leute, die die Termials geschrieben haben haben wirklich gute Arbeit geleistet. Was ein Spiel für wirklich gute Charaktere braucht sind viele Details im Kopf des Autors/der Autoren. Bei der Erstellung des Spiels müssen mehr Dinge berücksichtigt werden als der Spieler mitbekommt - auch deshalb, weil einige dieser Dinge nur für den Autor interessant sind. Beispielsweise, ob der Charakter das tun will, was er laut Story tun soll (und wie besonders P&P-Rollenspieler wissen dürften hat ein lebendiger Charakter manchmal einen eigenen Kopf und tut Sachen, die man als Spieler gar nicht will).

BTW, daß in östlichen Spielen die Charaktere auf eine Dimension reduziert werden könnte einer der Gründe sein, warum ich der Meinung bin, daß die Stories der Final Fantasy-Spiele vernachlässigbar sind. Und warum ich von FFT so verdammt beeindruckt bin.

Kelven
19.12.2005, 19:03
BTW, daß in östlichen Spielen die Charaktere auf eine Dimension reduziert werden könnte einer der Gründe sein, warum ich der Meinung bin, daß die Stories der Final Fantasy-Spiele vernachlässigbar sind. Und warum ich von FFT so verdammt beeindruckt bin.

Ich finde die Stories von anderen östlichen Rollenspielen auch besser als die von den FF's, aber dennoch sind die Geschichten aus den Spielen handwerklich sehr gut umgesetzt. Es sind in dem Sinne moderne Märchen, die absichtlich auf Tiefgang verzichten ( ist ja auch bei den geschriebenen Märchen so ), obwohl ich trotzdem der Meinung bin, dass hinter den Stories mehr steckt, als nach was sie im ersten Moment aussehen. Aber das ist dann wie immer die typische Geschmacksfrage. ^^ Mich stört es nur - damit meine ich aber nicht dich - dass viele Leute diese Stories pauschal als schlecht abstempeln, nur weil sie ihnen nicht gefallen.

Man könnte ja mal einen Innovationscontest starten und dann schauen was rauskommt.