Katan
22.09.2005, 02:24
Vorab bemerkt: Die Story ist schon etwas älter. Um ehrlich zu sein, habe ich sie auch schon in einem anderen Forum gepostet, allerdings ist reichlich wenig Feedback gekommen (wahrscheinlich, weil der Text doch ein klein wenig länger ist).
Das hier ist keine ernste Geschichte, sondern - wie der Threadtitel bereits sagt - eine Parodie. Und hinsichtlich dieser Bezeichnung halte ich auch, was ich verspreche. ;)
Leider ist sie nie fertig geworden, obwohl ich immer, wenn ich sie lese, Lust bekomme, weiterzuschreiben.
Na ja...
Ich hoffe auf ein wenig Feedback; dass Kritik durchaus erwünscht ist, muss ich wohl nicht extra erwähnen.
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Die Tür zu knacken war nicht das Problem gewesen, eher verlor sie jede Hoffnung die Waffe zu finden, während sie das Haus durchsuchte. Komfortabel war es und groß und es protzte nur so von Verschwendung und Überfluss.
„Typisch“, murmelte Soul, während sie das Schlafzimmer betrat. Schlimm genug, dass mitten im brennenden Tristram ein unberührtes wahnsinnig teures Haus voll von wertvollen und überflüssigen Dingen stand, aber das protzige Himmelbett direkt vor der Fensterfront, das alle panischen Bewohner, die kurz davor waren von einem der zahlreichen Dämonen getötet zu werden, in all seiner Pracht sehen konnten, war der Gipfel der Unverschämtheit. Soul schlich durch das Haus, durchsuchte jeden Winkel und ihre Wut stieg ins Unermessliche. Nicht mit einem Gedanken hatte sie Maves Unvorsichtigkeit in Frage gestellt. Sie hatte erwartet, die Waffe auf dem Tisch liegend zu finden, aber alles was sie in den vielen Kisten und Ecken des Zimmers fand, waren Zeichnungen, billige Ausrüstung und Geld. Warum Mave sich immer noch weigerte, ein Konto zu eröffnen, war ihr schleierhaft. Sicher bestand die Möglichkeit, dass sie betrogen werden konnte. Natürlich war sie lieber vollkommen unabhängig, aber deshalb sein Schlafzimmer mit Münzen voll zu stopfen?
Sie entdeckte eine weiße Tür an der Wand und ihre Hoffnung kam zurück. Sie lief hin, zog und... verschlossen. Natürlich. Ihre Geduld war bis zum Ende strapaziert, trotzdem nahm sie mit einem tiefen Atemzug ihren Dietrich aus der Tasche, knackte das Schloss und öffnete voller Erwartung die knirschende Tür. Unter einem Haufen Zeichnungen, Lederkappen, Schmuck und Tagebüchern blitzte eine Klinge hervor. Vorsichtig zog sie sie heraus, sah sie einen Moment aufgeregt an und schmiss sie danach frustriert auf den Boden.
„Verdammt, die Falsche! Wieso hat sie hier so nen Schrott rumliegen?“, stöhnte sie und setzte sich auf das Bett. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und seufzte genervt auf. Ohne aufzugucken drehte sie sich zur Wand, legte die Beine auf das Bett und dachte verzweifelt darüber nach, wie sie ihren Plan ohne diese Waffe zu Ende bringen sollte.
„Okay, ich fasse zusammen: Du brichst in mein Haus ein, durchwühlst meine Sachen, knackst sämtliche Schlösser und dann legst du dich noch mit Schuhen auf mein Bett? Hat deine Mutter dir gar nichts beigebracht?“, ertönte eine tiefe Frauenstimme hinter ihr. Soul sprang auf, drehte sich um und sah Mave im Türrahmen stehen, die von ihr so begehrte Waffe locker in der Hand baumelnd.
Nach einigen Sekunden hellte Maves Gesicht sich auf.
„Soul!“, rief sie. „Lange nicht gesehen. Was suchst du hier? Wolltest du echt meine Tagebücher lesen?“
Souls Mundwinkel zuckten. Sie zwang sich zu lächeln und öffnete den Mund, um zu antworten, aber ihre Improvisationskunst versagte, sie holte Luft und schloss den Mund wieder. Mave lachte laut auf.
„Was denn? Die berühmte Assassine, meine ehemalige Partnerin, ist schüchtern geworden? Ich fass es nicht.“
Souls Augen flammten auf. Mave brachte sie regelmäßig auf die Palme. Egal, was sie auch sagte, das einzig angebrachte Argument, so schien es Soul, wäre ein sauberer Schnitt durch ihre Kehle.
„Denk dir deinen Teil. Um deine erste Frage zu beantworten: Ich bin hier, weil ich Bartuc’s von dir haben will. Ich hab was vor und dazu brauch ich deine verdammte Waffe.“
„Ach nein? Deine eigenen tun's nicht mehr? Jetzt muss sie angekrochen kommen, hm?“, grinste Mave.
„Glaub mir, meine eigenen sind gut genug, aber wie gesagt, ich hab was vor und dazu muss ich perfekt ausgerüstet sein. Mir fehlt nur noch dein Bartuc’s und alles ist perfekt.“
„Und du glaubst, ich geb sie dir?“
„Wenn ich das glauben würde, hätte ich angeklopft und dich danach gefragt.“
Mave zog ihren rechten Mundwinkel hoch und schnaubte ein verächtliches Lachen.
„Okay, Deal: Du sagst mir, was du vor hast und ich bring dich dafür nicht um.“
Dieses Mal war Soul diejenige, die sich vor Lachen krümmte.
„Ist hier jemand größenwahnsinnig geworden? Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“
„Doch, doch. Ich weiß wohl schon, dass wir beide ziemlich gleich stark sind, aber sieh dich doch mal um. Ich kann um Hilfe bitten, du nicht.“
Mit einem kurzen Blick über ihre Schulter sah Soul, wie ein Schwarm Gefallener sich auf eine Gruppe von schreienden Menschen stürzte.
„Ja, was soll das überhaupt? Wieso steht dein hässliches Protzhaus noch?“
Mave ließ sich auf die Couch sinken und zündete sich eine Zigarette an.
„Oh, ich komm recht gut mit den Dämonen klar. Hab genug Menschen gekillt, damit sie mich mögen und genug Dämonen, damit sie Angst vor mir haben. Die werden mich schon in Ruhe lassen. Und sie sind eigentlich recht annehmbar, wenn man sie erstmal kennen lernt. Strohdoof, aber wenn man ihre hässlichen Visagen ignoriert, kann man sich mit ihnen unterhalten.“
Soul kniff die Augen zu und schüttelte mit dem Kopf. Es gab wohl nur einen Menschen, der von sich behaupten konnte, dass er sich gut mit Griswold verstand.
„Strohdoof, ja? Das ist der einzige Grund, dass sie hier alles niederbrennen?“
„Klar. Befehl von oben. Viel mehr interessiert die nicht. Strohdoof, ehrlich. Kriegen noch nicht mal Geld dafür. Aber wenn du nicht zum Punkt kommst, kann ich hier gerne kurz ne Horde Dämonen reinholen, die dich mit mir zusammen killen.“
So sehr Soul es auch hasste, Maves Forderungen nachgeben zu müssen, hatte sie doch Recht. Gegen Mave und eine Horde wahnsinniger Minotauren würde sie schlecht ankommen. Die Situation schien ausweglos und es blieb ihr nichts anderes übrig, als Mave alles zu erzählen.
„Also gut. Erinnerst du dich an Linus? Den kleinen Pseudo-Ritter, mit dem ich zusammen war?“
Mave lachte kurz auf und nickte.
„Mr. ‚Ich-kann-kaum-glauben-wie-geil-ich-bin‘? Oh ja, ich erinnere mich.“
„Gut. Ich will ihn umbringen. Aber der dämliche Paladin hat sich als zu armselig zum Killen herausgestellt. Als ich ihn endlich gefunden hatte, hat er mich damit vollgelabert, was für eine wichtige Rolle ich doch in seinem Leben gespielt habe und dass er noch immer überzeugt davon ist, dass wir, wären die Umstände doch bloß besser gewesen, hätten heiraten, Kinder bekommen und eine große glückliche Familie werden können. Die falschen Umstände waren seiner Meinung nach meine unreife und fanatische Eifersucht. Um es dir kurz zu erklären, ich hab ihn dabei erwischt, wie er mit einer kleinen Zauberin rumgemacht hat und ihn dafür zu Brei geschlagen. Wenn es auch nur einen falschen Umstand gab, war es die Tatsache, dass es zu viele hübsche Jägerinnen, Amazonen und Zauberinnen in dieser Gegend gibt.“
Mave trommelte ungeduldig mit den Fingern auf ihrem Bein herum.
„Komm zur Sache, Schatz!“, sagte sie gereizt.
„Tja, nachdem er mit seiner kleinen Rede fertig war, hat er seine verdammte Gebetsaura angeschmissen, weil ich seiner Meinung nach aussah, als hätte ich einen Kampf auf Leben und Tod gehabt. Ich war vollkommen gesund und es ging mir gut. So viel Untauglichkeit auf einem Haufen konnte ich nicht einfach umbringen. Ich hab meine Prinzipien.“
„Die, nur mal so nebenbei, selten doof sind. Ich seh schon, worauf das hinausläuft. Der Kerl ist dir zu schwach, deshalb suchst du dir ein nettes Monster, das ihn killt. Ich versteh bloß nicht, warum du dann Bartuc‘s haben willst. Frag Griswold. Wenn du Linus hierher lockst, wird er das schon für dich erledigen.“
„Oh nein, meine Liebe. So einfach kommt mir dieser kleine Mistkerl nicht davon. Ich will ihn selbst umbringen. Er muss bloß stärker werden, das ist alles. Es gibt im Moment wahrhaftig genug Dämonen, an denen er trainieren kann und dieser Junge ist so in sein verdammtes Ritterdasein verliebt, dass er ohne nachzudenken dabei ist, wenn ich auch nur in das kleinste Anzeichen von Gefahr kommen könnte. Die Jägerinnen jammern über Andariel, Linus traut sich nicht, alleine loszulaufen, also erzähl ich ihm, dass ich vorhab, sie mir vorzuknöpfen und nehme ihn mit. Das einzige Problem dabei ist, dass Andariel leider Gottes nicht stark genug ist, um den Spacken auch nur annähernd zu einem würdigen Gegner zu machen. Ich geh davon aus, dass ich weiter mit ihm mit watscheln muss. Aber hey, mal schauen, wie er sich macht und das Schlimmste, was mir dabei passieren könnte, wäre, dass ich die Welt rette. Auch mal ne neue Erfahrung.“
Mave starrte Soul mit offenen Augen an, schüttelte leicht mit dem Kopf und begann dann laut zu lachen.
„Du willst Diablo killen? Unterschätz den Jungen mal nicht.“
„Unterschätz mich nicht. Wenn's sein muss, bring ich auch noch Mephisto und Baal um, mich solls nicht stören. Aber ich bezweifle, dass Linus so lange braucht, um zu lernen, dass seine blöde Gebetsaura nicht wirklich das Wahre ist. So bald er mit seinem Schwert umgehen kann, eine ordentliche Ausrüstung zusammen hat und weiß, was er tut, erledige ich ihn. Trotzdem brauch ich ne gute Waffe, um ihn bis dahin sicher durchzubringen.“
Mave musterte Soul für einen Moment, stand auf, ging langsam durch das Zimmer und drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus.
„Okay, du willst also meine Waffe, ja? Und du hast vor, damit Diablo, Mephisto und Baal umzubringen?“
„Nein, das hab ich nicht vor. Ich habe gesagt, dass ich es tun würde, wenn es denn sein muss. Meinst du, ich mach mir freiwillig mehr Stress als nötig ist?“
Mave sah Soul nachdenklich an.
„So gern ich den Tag auch erleben würde, an dem du endlich draufgehst, bin ich nicht ganz einverstanden. Meinetwegen such dir Mephisto. Der ist ne Lachnummer. Fast so schlimm wie Linus. Für Baal brauchst du auch bloß ne Menge Glück. Aber Diablo? Den kriegst du alleine auch mit Bartuc‘s nicht tot und schon gar nicht, wenn du einen nutzlosen Paladin am Rockzipfel hängen hast. Tut mir leid, aber die Waffe hat einen hohen persönlichen Wert und ich will sie nicht verlieren, bloß weil du wieder mal versagt hast. Also, frag entweder ne andere Dumme oder...“
Mave grinste „... oder nimm sie mit Anhang.“
„Was meinst du?“
„Ich meine, ich komme mit.“
„Nein!“, antwortete Soul schnell. Diablo ohne Rüstung mit Fäusten besiegen zu müssen könnte nicht schlimmer sein als monatelang gezwungen sein, Zeit mit Mave zu verbringen.
Mave zuckte mit den Schultern.
„Gut, dann eben nicht.“, sagte sie, zog ihre Waffe hervor und fuhr demonstrativ mit den Fingern die spitze Klinge nach. Soul hasste sich selbst dafür, hergekommen zu sein. Sie hatte vergessen, wie nervig Mave sein konnte.
„Wieso willst du mit?“, fragte sie genervt.
„Mir ist langweilig und der alte Sack hinten am Galgen, der die ganze Zeit um Hilfe brüllt, macht es mir auch nicht angenehmer. So ein Idiot. Man sollte meinen, er würde sparsamer mit seiner Energie umgehen, schließlich kriegt er nichts zu essen.“
Ein Gedanke formte sich in Souls Kopf und sie musste unwillkürlich grinsen. Nun gut. Mave sollte ihren Willen haben. Sie würde es schon noch bereuen.
„Okay... wenn du mir versprichst, dass du mit deiner Waffe das ganze Ding durchziehst und nicht irgendwann abhaust, weil du wieder mal zu feige bist, bin ich einverstanden.“
Maves Reaktion war genau so wie Soul es sich gewünscht hatte.
Sie sprang wutentbrannt vom Sofa, riss sich in letzter Sekunde zusammen und setzte sich wieder.
„Bin dabei.“, antwortete sie auffallend kurz.
„Gut!“, rief Soul. „Wir gehen morgen los. Ich hol dich von hier ab.“
Am nächsten Morgen klopfte es um 6.30 an der Tür. Verschlafen schlich Mave durch den langen Flur, öffnete und Soul begrüßte sie mit einem grinsenden und gespielt freundlichen „Guten Morgen! Bist du noch nicht fertig?“ Ohne jegliche Regung im Gesicht schmiss Mave die Tür wieder zu und ging langsam ins Badezimmer.
Soul setzte sich grinsend auf einen Stein und zündete sich eine Zigarette an. Es war so lustig und so einfach, Mave aufzuregen. Es hatte sich definitiv gelohnt, sich so früh aus dem Bett zu quälen. Diese kleine Aktion hatte gereicht, um Mave davon abzubringen, dass es eine gute Idee war, mitzukommen und das beste Mittel um Mave auf die Palme zu bringen, hatte diese noch nicht einmal gesehen.
Dieses Mittel kämpfte sich gerade mit einem billigen Bogen durch eine Horde von Monstern. Ihre blonden Haare flogen wild herum und sie schoss unaufhörlich auf zufällige Gefallene in der Gegend, ohne zu merken, dass der Dämon hinter der ihr gegenüberliegenden halb abgebrannten Hauswand sie ständig wieder belebte. Soul selbst war einfach ruhig an ihnen vorbeigegangen und da die Amazone, die mit ihr da war, hervorragend als Schutzschild diente, hatte sie auch keinen Grund, ihre eigene Waffe überhaupt zu berühren. Jessica machte sich nun an dem Galgen in der Mitte des Marktplatzes zu schaffen, wurde allerdings von einer Horde Minotauren beinahe überrannt, so dass sie es aufgab und weiterhin Pfeile in die Menge schoss. Soul konnte Mave verstehen. Dieser brüllende, ständig heulende Typ war wirklich nervig und hatte es nicht verdient, gerettet zu werden.
Trotzdem gefiel ihr der Anblick von Tristram nicht. Früher war es eine hübsche Stadt gewesen, jetzt lag sie in Trümmern. Wie Mave sich in ihrem Haus überhaupt noch aufhalten konnte, war ihr ein Rätsel.
Mit einem Ruck ging die Tür auf und Mave verließ ihr Haus. Nicht die verschlafene, blasse Figur, die vorhin geöffnet hatte, sondern Mave. Ihre kurzen braunroten Haare waren perfekt gestylt, die grünen Augen leuchteten in ihrem blassen Gesicht auffallend hervor.
„Kann’s losgehen?“, fragte sie gewohnt pompös.
„Yep.“, antwortete Soul grinsend. „Komm.“
Als Mave sich ein paar Schritte von ihrer Tür entfernt hatte, blieb sie plötzlich wie angewurzelt stehen und starrte auf die schlanke Gestalt, die ungeschickt versuchte, den endlich erspähten Schamanen in der Ruine hinter ihr zu erwischen.
„Ist das Jessica?“, fragte sie drohend.
Soul verkniff sich mit allergrößter Mühe das Lachen.
„Ja, warum?“, fragte sie gespielt ahnungslos.
Maves Augen weiteten sich. Ihre linke Hand ballte sich zu einer Faust zusammen, während ihre rechte automatisch nach ihrer Waffe griff.
„Was macht sie hier?“
„Oh, hab ich vergessen, dir zu sagen, dass sie auch dabei ist?“ Soul konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie lachte laut los und öffnete ihre Augen gerade rechtzeitig wieder, um zu sehen, dass Mave im Begriff war, auf sie loszugehen. Schnell sprang sie zurück und versetzte Mave einen gezielten Tritt in die Seite, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Taumelnd stützte sie sich an der Wand ab und sah Soul zornig an.
„Ach was, du hast dich weiter ausbilden lassen, hm? Was ist mit ‚Ich brauch nichts als meine Waffe, ich bin eine ehrliche Kämpferin‘ passiert? Willst du mir womöglich bald noch meine Fallen abspenstig machen?“
„Erstmal hab ich mich selbst ausgebildet und zweitens was ist mit unserem Deal passiert? Wenn du abspringen willst, dann sag’s mir und wir kämpfen um Bartuc‘s. Hätte noch den angenehmen Nebeneffekt, dass einer von uns beiden dann endlich von der Bildfläche verschwunden wäre und wir uns nicht mehr mit unserem dämlichen Kleinkrieg beschäftigen müssen.“
Maves Augen funkelten bedrohlich.
„Willst du mich echt herausfordern, Soul? Du weißt wohl noch, dass ich nie von mir behauptet hab, eine ehrliche Kämpferin zu sein? Du wärst sofort tot.“
Soul zog ihre Augenbrauen hoch und zuckte mit den Schultern.
„Und wenn schon.“, antwortete sie.
Maves Hand griff fest zu und auch Soul zog ihre Waffen hervor. Ihr Ausdruck im Gesicht war steinhart und sie konnte sehen, dass Mave ihre Energien sammelte. Mave war eine Fernkämpferin, sie selbst zählte auf Nahkampf und sie wusste, dass diese Tatsache es ihr schwerer machen würde. Trotzdem war sie Mave in vielen Punkten überlegen. Das wusste sie ebenso genau. Soul hatte die Fähigkeit, einen kühlen Kopf zu bewahren. Sie konnte ausweichen, blocken und sie war perfekt ausgerüstet. Mave hingegen zählte nur auf ihre Stärke und ihre Schnelligkeit. Sie war eine Bombe und mit einigen gezielten Treffern wäre sie entschärft. Es war eine Herausforderung, da Maves Attacken sie nicht treffen durften. Sie war stärker, trotzdem hatte Soul eine reelle Chance. Sie vertraute auf ihren Stil. Die Luft knisterte beinahe, als die zwei Assassinen sich zum Kampf bereit machten. Mave hob ihre Hand, Soul griff nach ihrer Waffe und gerade, als sie auf Mave zustürmen wollte, verblendeten ihr ein langes Büschel blonder Haare die Sicht. Jessica hatte Mave entdeckt und war ihr um den Hals gefallen. Soul stöhnte genervt auf. Dieses Mädchen war einfach zu dumm für die Welt.
„Mave!“, quietschte sie. „Ich hab dich so lange nicht gesehen, wie geht es dir? Und du wohnst jetzt hier? Das ist ja furchtbar. Oh, du tust mir so leid. Möchtest du bei mir einziehen? Ich hab kein Zimmer mehr frei, aber du kannst ja in meinem Bett schlafen. Ich würde mich freuen, wir waren doch früher so gut befreundet. Oh Mensch, du siehst immer noch so gut aus. Und du kommst auch mit? Das wusste ich gar nicht, aber jetzt habe ich keine Angst mehr. Wenn ihr beide dabei seid, könnt ihr mich ja beschützen. Du weißt ja, dass ich erst noch etwas lernen muss, aber ich bin schon viel besser als...“
Jessicas Redeschwall war nicht zu bremsen. Ihre hohe Stimme schien Mave bald in den Wahnsinn zu treiben und sie dachte auch nicht daran, sie loszulassen. Obwohl Soul es erwartet hatte, konnte sie es kaum glauben. Mave hatte Jessica immer verabscheut und mehrere Male versucht, sie von hinten umzubringen, während Soul schlief, aber die Amazone verstand es einfach nicht. Soul und Mave waren beide berühmte Kämpferinnen und Jessica hatte sich irgendwann hilfesuchend an Soul gewandt, als sie in das Fadenkreuz der Organisation, für die auch Mave arbeitete, geriet. Dieser Verband namens Schwarzblut zeichnete sich durch Kämpfer von Maves Kaliber aus. Sie setzten auf Stärke und Sieg und dieser Zweck heiligte eben auch unfaire Mittel. Mave war eine gute Kämpferin, aber sie war die Ausnahme. Viele Mitglieder konnten nichts, wollten nichts können, wurden aber trotzdem mit der besten Ausrüstung gesegnet, die man sich vorstellen konnte. Es war nicht so, dass Soul als Einzelkämpferin irgendeinen ehrenhaften Krieg gegen Betrüger führte, nein. Eigentlich war es ihr vollkommen egal und sie hatte einen gewissen Respekt vor den Mitgliedern, aber als Jessica – die weder Ausrüstung besaß, noch einen guten Kampfstil vorweisen konnte – sich an sie wandte und bat, ihr zu helfen, witterte Soul die Chance ihrer Erzfeindin Mave eins auszuwischen. Mave gab ungern zu, Aufträge für die Schwarzblütler auszuführen, aber die Bezahlung überzeugte. Um ihr Gesicht zu bewahren, war sie gezwungen gewesen, sich auf Jessicas Seite zu schlagen. Jessica hatte sich unbeabsichtigt mit einer anderen Amazone angelegt. Jessica war ein naives Wesen, das von unlauteren Mitteln wenig bis gar nichts verstand und wusste. Diese Amazone trug nun nicht nur eine Rüstung, die sie nahezu unverwundbar machte, sondern auch noch einen Bogen, der Jessica vor Bewunderung Tränen in die Augen schießen ließ. Jessica hatte gefragt, ob sie den Bogen bitte mal kurz ausleihen konnte, nur um ihn anzusehen. Die Amazone fühlte sich ertappt und in ihrer Ehre gekränkt und legte alles daran, Jessica auszulöschen. Nachdem Soul sie in einem harten Kampf getötet hatte, war Jessica ihr in einer merkwürdigen Art und Weise ans Herz gewachsen und sie verspürte eine gewisse Zuneigung für dieses naive, dumme Etwas, dass so viele Charakterzüge aufweisen konnte, die ihr fehlten.
Mave in dieses Spielchen hineinzubringen, war nicht schwer gewesen. So hatte die Amazone nun nicht nur sich selbst, sondern auch noch eine Gruppe Barbaren niedrigen Ranges auf Jessica losgehetzt. Soul nahm Jessica an der Hand, brachte sie zu Mave und bat sie, zu helfen. Mave war stur, aber Soul war die bessere Rhetorikerin. Es dauerte nicht lange, bis sie Mave durch Fragen so in die Enge getrieben hatte, dass diese nur noch die Möglichkeit hatte, zuzugeben, dass diese Barbaren ihre Kollegen waren, oder eben sie zu töten. Sie entschied sich für die zweite Möglichkeit und hasste Soul dafür mehr denn je. Da aber ihre Feindschaft schon lange bestand und sie trotz des tiefen Hasses immer noch eine Art nostalgische Sehnsucht verband, änderte Souls Feldzug nichts in der Beziehung der beiden Assassinen.
„So, lass uns gehen!“, rief Soul und blickte grinsend in Maves Gesicht, aus dem alle Farbe entwichen war. Mave sah aus, als müsste sie sich vor Wut übergeben, riss sich allerdings trotzdem zusammen, schüttelte Jessica vom Arm ab und folgte Soul durch das blaue Portal, das ins Lager der Jägerinnen führte.
Akt 1, 1. Aufzug
Neben einer kläglichen Anzahl von Jägerinnen, einem Kaufmann, der etwas fehl am Platze wirkte, einer robust gebauten Schmiedin, einem Mann, der aussah wie ein Zuhälter und natürlich der obligatorischen selbstverliebten Anführerin des Lagers, die sich vor ihrem Wohnwagen aufhielt und den Eindruck machte, sie suche nach spirituellen Energien, stand dort auch ein Mann mit dunkler Hautfarbe und einer grünen Strumpfhose. Der Kaufmann, der in der Mitte des Lagers stand und sich immer auffallend nah an der magischen Schatzkiste, die verwunderlicherweise immer wusste, welcher der Kämpfer ihn gerade öffnete, aufhielt, schmolz gerade vor Bewunderung über diesen glatzköpfigen Mann mit diesen hässlichen Hosen dahin, der wiederum eine so ernste Miene aufsetzte, dass Mave sich fühlte, als müsste sie einen Würgreiz unterdrücken. Gerade wollte sie sich an Soul wenden, um sie dafür auszulachen, dass sie sich jemals in einen Paladin verlieben konnte, da sah sie, dass Soul ihre Verliebtheit noch nicht überwunden hatte. Sie sah Linus mit einer Mischung aus Sehnsucht, Zuneigung und Abscheu an, die Mave dazu trieb, sich zu schütteln und sich lieber der einzig vernünftig wirkenden Person in diesem Lager, der Schmiedin, zuzuwenden. Zu spät erfuhr sie, dass auch dass ein Fehler war, da sie sie zwar freundlich begrüßte und ihr ihre wohl hochqualitativen, jedoch völlig unnützen Waren zeigte, aber gleich darauf begann zu weinen, da Ms. Trotteligkeit ihren geliebten Schmiedehammer im dämonenverseuchten Kloster liegengelassen hat und sie sich nun nicht traute, zurückzulaufen, da ein dicker Dämon in ihm ein neues Spielzeug gefunden hatte. Entnervt wandte Mave sich ab, aber der Schwall an jaulenden Hilfegesuchen verschwand nicht. Eine arrogante Jägerin stellte sich als Kaschya vor und erzählte von einem ehemaligen Mitglied, das mit einem verrückten Totenbeschwörer durchgebrannt war und nun als Nekromant mit Bogen auf dem nahe gelegenen Friedhof Zombies auferstehen ließ. Akara, die nach Räucherstäbchen stinkende Anführerin, eröffnete Mave, dass der nervtötende alte Sack am Galgen in Tristram ein Gelehrter namens Deckard Cain war und es zu ihrer heiligen Pflicht gehörte, ihn zu retten, aber erstmal müssten sie eine Höhle leer räumen, dessen Name wohl einzig und allein nach dem Konsum an sämtlichen bewusstseinsverändernden Substanzen in Akaras Wohnwagen entstanden sein konnte und somit den kreativen Tiefpunkt bildete. Die Höhle des Bösen. Mave wollte so schnell wie möglich aus diesem Lager verschwinden und wandte sich an den auf die magische Kiste schielenden Kaufmann, der ihr mitteilte, er könne sie leider nicht nach Osten bringen, da man aus Angst vor Andariel den Weg versperrt hat.
„Dann bring mich nach Westen!“, rief Mave aufgeregt.
Warriv, der Kaufmann, sah sie verwirrt an und Mave nahm sich wieder einmal zähneknirschend vor, ihren Atlas aufzuschlagen.
„Wie... wie soll ich dich nach Westen bringen? Es geht nicht nach Westen. Von hier aus können wir bloß nach Osten.“
Soul hatte offensichtlich sämtliche Prinzipien vergessen und starrte Linus weiterhin unverhohlen an, der sich mit einem tiefen Atemzug von der Kiste abwandte und den neu eingetroffenen Besuch erblickte. Mit einem widerlich schmierigen Lächeln ging er auf Soul zu.
„Meine liebe Soul, ich hatte nicht erwartet, dich wieder zu sehen. Ich dachte, es wäre bloß meine Pflicht, Jessica und die Jägerinnen zu beschützen, aber nun finde ich noch eine zarte Dame vor mir.“
Soul erwiderte nichts und lächelte bloß dümmlich vor sich hin. Das war zuviel für Mave. Sie griff Soul am Arm und zog sie einige Schritte weg.
„Mein Gott noch mal, Soul! Was soll dieser Müll? Du schleppst die nervige Amazone mit, ohne es mir zu erzählen und schwärmst auch noch für dieses abartige Etwas? Ich dachte, du lernst aus deinen Fehlern!“
Soul grinste. „Hab ich, keine Angst! Gehört alles zur Show und jetzt beruhig dich wieder.“ Schnippisch fügte sie hinzu: „Kannst dich ja mit Jessica unterhalten.“
„Warte!“, sagte Mave genervt. „Die abgedrehte Anführerin hat mir gerade aufgetragen, irgendeine Höhle zu säubern. Soll hier in der Nähe sein. Außerdem müssen wir den alten Sack aus Tristram herholen – was mir nur mal so nebenbei vollkommen gegen den Strich geht -, und nen dämlichen Hammer aus dem Kloster retten. Dann ist da noch eine durchgeknallte Jägerin auf dem Friedhof, die wir killen müssen. Also, was zuerst?“
„Wir können uns doch noch ein bisschen Zeit lassen.“ Soul drehte sich um und lächelte Linus zu, der sie von oben bis unten musterte.
„Oh nein, meine Liebe. Ich will so schnell wie möglich aus diesem bekloppten Lager raus. Also, was zuerst?“
Soul seufzte auf. „Das, was wir zuerst finden. Ich kenn mich hier nicht aus.“
„In Ordnung. Sammel deine Schäfchen ein, ich hab nicht vor, mit einem von den beiden Bekloppten auch nur ein Wort zu wechseln.“
Eine halbe Stunde später verließen die vier das Lager der Jägerinnen, um die Höhle des Bösen zu suchen, die Akaras Auskunft nach, dem Lager am nächsten lag. Mave stach wutentbrannt auf jeden Dämon ein, den sie sehen konnte, bis Soul sie daran erinnerte, das Linus derjenige war, der mehr Kampferfahrung benötigte und nicht sie. Jessica schrie bei jedem auftauchenden Dämon hysterisch auf und schoss wild durch die Gegend. Die Tatsache, dass sie kein einziges Mal traf, verlängerte ihre Mission, denn die Amazone rannte jedes Mal zurück zu Charsi, um neue Pfeile zu kaufen. Aus Langeweile begann Mave schließlich die verschossenen Pfeile aufzusammeln und sie Jessica vor die Füße zu schmeißen, wenn ihre sich wieder dem Ende neigten. Linus brauchte nach jedem getöteten Feind eine Verschnaufpause und setzte sich hin, um zu meditieren, was dazu führte, dass es dunkel wurde, bevor sie den Eingang der Höhle fanden.
Linus atmete tief ein, drehte sich zu Jessica, Soul und Mave um und verkündete ihnen, dass er zuerst die Lage ausspähen müsste, bevor er es mit seinem Gewissen vereinbaren könnte, drei so reizende Geschöpfe in Gefahr zu bringen, richtete sich auf und stürzte mit einem lauten Kampfschrei in die Höhle. Soul drehte sich zu Jessica um und bat sie, Linus zu folgen, da er mit Sicherheit Hilfe brauchen werde. Sie und Mave wollten hier warten, bis er zurückkommt. Jessicas ohnehin schon beschränkte Intelligenz verschwand nun völlig und sie fühlte sich von Souls Lob so geschmeichelt wie nie zuvor. Außerdem hatte sie Interesse an dem Paladin gefunden und rannte ihm so schnell wie möglich hinterher.
Soul drehte sich zu Mave, die sich genervt ins Gras fallen ließ.
„Ich wette, du wünschst dir gerade, du hättest mir Bartuc’s doch gegeben, nicht wahr?“, fragte sie grinsend. Mave hob ihren Kopf, zog die Augenbrauen hoch und antwortete: „Nein, ich wünschte, ich hätte dich erstochen, während du auf meinem Bett lagst.“
Sie senkte den Kopf wieder und fuhr fort. „Was soll das hier? Hast du dir angeguckt, wie die beiden kämpfen? Die schaffen das im Leben nicht. Nicht, dass mich das stören würde, ich wär mehr als froh, wenn ich mir nicht die Mühe machen müsste, sie selbst umzubringen, aber unser Abbild der Güte und Herzenswärme, unser Menschenfreund Soul hat doch sicherlich was dagegen?“
„Da drin wird schon nichts los sein.“, antwortete Soul mit einer Zigarette im Mundwinkel.
Mave lachte leise. „Wahrscheinlich nicht, aber für die beiden schon tödlich genug. Also, mein Schatz, gib mir die Kippe und geh die zwei unfähigen Kämpfer retten.“
Das hier ist keine ernste Geschichte, sondern - wie der Threadtitel bereits sagt - eine Parodie. Und hinsichtlich dieser Bezeichnung halte ich auch, was ich verspreche. ;)
Leider ist sie nie fertig geworden, obwohl ich immer, wenn ich sie lese, Lust bekomme, weiterzuschreiben.
Na ja...
Ich hoffe auf ein wenig Feedback; dass Kritik durchaus erwünscht ist, muss ich wohl nicht extra erwähnen.
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Die Tür zu knacken war nicht das Problem gewesen, eher verlor sie jede Hoffnung die Waffe zu finden, während sie das Haus durchsuchte. Komfortabel war es und groß und es protzte nur so von Verschwendung und Überfluss.
„Typisch“, murmelte Soul, während sie das Schlafzimmer betrat. Schlimm genug, dass mitten im brennenden Tristram ein unberührtes wahnsinnig teures Haus voll von wertvollen und überflüssigen Dingen stand, aber das protzige Himmelbett direkt vor der Fensterfront, das alle panischen Bewohner, die kurz davor waren von einem der zahlreichen Dämonen getötet zu werden, in all seiner Pracht sehen konnten, war der Gipfel der Unverschämtheit. Soul schlich durch das Haus, durchsuchte jeden Winkel und ihre Wut stieg ins Unermessliche. Nicht mit einem Gedanken hatte sie Maves Unvorsichtigkeit in Frage gestellt. Sie hatte erwartet, die Waffe auf dem Tisch liegend zu finden, aber alles was sie in den vielen Kisten und Ecken des Zimmers fand, waren Zeichnungen, billige Ausrüstung und Geld. Warum Mave sich immer noch weigerte, ein Konto zu eröffnen, war ihr schleierhaft. Sicher bestand die Möglichkeit, dass sie betrogen werden konnte. Natürlich war sie lieber vollkommen unabhängig, aber deshalb sein Schlafzimmer mit Münzen voll zu stopfen?
Sie entdeckte eine weiße Tür an der Wand und ihre Hoffnung kam zurück. Sie lief hin, zog und... verschlossen. Natürlich. Ihre Geduld war bis zum Ende strapaziert, trotzdem nahm sie mit einem tiefen Atemzug ihren Dietrich aus der Tasche, knackte das Schloss und öffnete voller Erwartung die knirschende Tür. Unter einem Haufen Zeichnungen, Lederkappen, Schmuck und Tagebüchern blitzte eine Klinge hervor. Vorsichtig zog sie sie heraus, sah sie einen Moment aufgeregt an und schmiss sie danach frustriert auf den Boden.
„Verdammt, die Falsche! Wieso hat sie hier so nen Schrott rumliegen?“, stöhnte sie und setzte sich auf das Bett. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und seufzte genervt auf. Ohne aufzugucken drehte sie sich zur Wand, legte die Beine auf das Bett und dachte verzweifelt darüber nach, wie sie ihren Plan ohne diese Waffe zu Ende bringen sollte.
„Okay, ich fasse zusammen: Du brichst in mein Haus ein, durchwühlst meine Sachen, knackst sämtliche Schlösser und dann legst du dich noch mit Schuhen auf mein Bett? Hat deine Mutter dir gar nichts beigebracht?“, ertönte eine tiefe Frauenstimme hinter ihr. Soul sprang auf, drehte sich um und sah Mave im Türrahmen stehen, die von ihr so begehrte Waffe locker in der Hand baumelnd.
Nach einigen Sekunden hellte Maves Gesicht sich auf.
„Soul!“, rief sie. „Lange nicht gesehen. Was suchst du hier? Wolltest du echt meine Tagebücher lesen?“
Souls Mundwinkel zuckten. Sie zwang sich zu lächeln und öffnete den Mund, um zu antworten, aber ihre Improvisationskunst versagte, sie holte Luft und schloss den Mund wieder. Mave lachte laut auf.
„Was denn? Die berühmte Assassine, meine ehemalige Partnerin, ist schüchtern geworden? Ich fass es nicht.“
Souls Augen flammten auf. Mave brachte sie regelmäßig auf die Palme. Egal, was sie auch sagte, das einzig angebrachte Argument, so schien es Soul, wäre ein sauberer Schnitt durch ihre Kehle.
„Denk dir deinen Teil. Um deine erste Frage zu beantworten: Ich bin hier, weil ich Bartuc’s von dir haben will. Ich hab was vor und dazu brauch ich deine verdammte Waffe.“
„Ach nein? Deine eigenen tun's nicht mehr? Jetzt muss sie angekrochen kommen, hm?“, grinste Mave.
„Glaub mir, meine eigenen sind gut genug, aber wie gesagt, ich hab was vor und dazu muss ich perfekt ausgerüstet sein. Mir fehlt nur noch dein Bartuc’s und alles ist perfekt.“
„Und du glaubst, ich geb sie dir?“
„Wenn ich das glauben würde, hätte ich angeklopft und dich danach gefragt.“
Mave zog ihren rechten Mundwinkel hoch und schnaubte ein verächtliches Lachen.
„Okay, Deal: Du sagst mir, was du vor hast und ich bring dich dafür nicht um.“
Dieses Mal war Soul diejenige, die sich vor Lachen krümmte.
„Ist hier jemand größenwahnsinnig geworden? Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“
„Doch, doch. Ich weiß wohl schon, dass wir beide ziemlich gleich stark sind, aber sieh dich doch mal um. Ich kann um Hilfe bitten, du nicht.“
Mit einem kurzen Blick über ihre Schulter sah Soul, wie ein Schwarm Gefallener sich auf eine Gruppe von schreienden Menschen stürzte.
„Ja, was soll das überhaupt? Wieso steht dein hässliches Protzhaus noch?“
Mave ließ sich auf die Couch sinken und zündete sich eine Zigarette an.
„Oh, ich komm recht gut mit den Dämonen klar. Hab genug Menschen gekillt, damit sie mich mögen und genug Dämonen, damit sie Angst vor mir haben. Die werden mich schon in Ruhe lassen. Und sie sind eigentlich recht annehmbar, wenn man sie erstmal kennen lernt. Strohdoof, aber wenn man ihre hässlichen Visagen ignoriert, kann man sich mit ihnen unterhalten.“
Soul kniff die Augen zu und schüttelte mit dem Kopf. Es gab wohl nur einen Menschen, der von sich behaupten konnte, dass er sich gut mit Griswold verstand.
„Strohdoof, ja? Das ist der einzige Grund, dass sie hier alles niederbrennen?“
„Klar. Befehl von oben. Viel mehr interessiert die nicht. Strohdoof, ehrlich. Kriegen noch nicht mal Geld dafür. Aber wenn du nicht zum Punkt kommst, kann ich hier gerne kurz ne Horde Dämonen reinholen, die dich mit mir zusammen killen.“
So sehr Soul es auch hasste, Maves Forderungen nachgeben zu müssen, hatte sie doch Recht. Gegen Mave und eine Horde wahnsinniger Minotauren würde sie schlecht ankommen. Die Situation schien ausweglos und es blieb ihr nichts anderes übrig, als Mave alles zu erzählen.
„Also gut. Erinnerst du dich an Linus? Den kleinen Pseudo-Ritter, mit dem ich zusammen war?“
Mave lachte kurz auf und nickte.
„Mr. ‚Ich-kann-kaum-glauben-wie-geil-ich-bin‘? Oh ja, ich erinnere mich.“
„Gut. Ich will ihn umbringen. Aber der dämliche Paladin hat sich als zu armselig zum Killen herausgestellt. Als ich ihn endlich gefunden hatte, hat er mich damit vollgelabert, was für eine wichtige Rolle ich doch in seinem Leben gespielt habe und dass er noch immer überzeugt davon ist, dass wir, wären die Umstände doch bloß besser gewesen, hätten heiraten, Kinder bekommen und eine große glückliche Familie werden können. Die falschen Umstände waren seiner Meinung nach meine unreife und fanatische Eifersucht. Um es dir kurz zu erklären, ich hab ihn dabei erwischt, wie er mit einer kleinen Zauberin rumgemacht hat und ihn dafür zu Brei geschlagen. Wenn es auch nur einen falschen Umstand gab, war es die Tatsache, dass es zu viele hübsche Jägerinnen, Amazonen und Zauberinnen in dieser Gegend gibt.“
Mave trommelte ungeduldig mit den Fingern auf ihrem Bein herum.
„Komm zur Sache, Schatz!“, sagte sie gereizt.
„Tja, nachdem er mit seiner kleinen Rede fertig war, hat er seine verdammte Gebetsaura angeschmissen, weil ich seiner Meinung nach aussah, als hätte ich einen Kampf auf Leben und Tod gehabt. Ich war vollkommen gesund und es ging mir gut. So viel Untauglichkeit auf einem Haufen konnte ich nicht einfach umbringen. Ich hab meine Prinzipien.“
„Die, nur mal so nebenbei, selten doof sind. Ich seh schon, worauf das hinausläuft. Der Kerl ist dir zu schwach, deshalb suchst du dir ein nettes Monster, das ihn killt. Ich versteh bloß nicht, warum du dann Bartuc‘s haben willst. Frag Griswold. Wenn du Linus hierher lockst, wird er das schon für dich erledigen.“
„Oh nein, meine Liebe. So einfach kommt mir dieser kleine Mistkerl nicht davon. Ich will ihn selbst umbringen. Er muss bloß stärker werden, das ist alles. Es gibt im Moment wahrhaftig genug Dämonen, an denen er trainieren kann und dieser Junge ist so in sein verdammtes Ritterdasein verliebt, dass er ohne nachzudenken dabei ist, wenn ich auch nur in das kleinste Anzeichen von Gefahr kommen könnte. Die Jägerinnen jammern über Andariel, Linus traut sich nicht, alleine loszulaufen, also erzähl ich ihm, dass ich vorhab, sie mir vorzuknöpfen und nehme ihn mit. Das einzige Problem dabei ist, dass Andariel leider Gottes nicht stark genug ist, um den Spacken auch nur annähernd zu einem würdigen Gegner zu machen. Ich geh davon aus, dass ich weiter mit ihm mit watscheln muss. Aber hey, mal schauen, wie er sich macht und das Schlimmste, was mir dabei passieren könnte, wäre, dass ich die Welt rette. Auch mal ne neue Erfahrung.“
Mave starrte Soul mit offenen Augen an, schüttelte leicht mit dem Kopf und begann dann laut zu lachen.
„Du willst Diablo killen? Unterschätz den Jungen mal nicht.“
„Unterschätz mich nicht. Wenn's sein muss, bring ich auch noch Mephisto und Baal um, mich solls nicht stören. Aber ich bezweifle, dass Linus so lange braucht, um zu lernen, dass seine blöde Gebetsaura nicht wirklich das Wahre ist. So bald er mit seinem Schwert umgehen kann, eine ordentliche Ausrüstung zusammen hat und weiß, was er tut, erledige ich ihn. Trotzdem brauch ich ne gute Waffe, um ihn bis dahin sicher durchzubringen.“
Mave musterte Soul für einen Moment, stand auf, ging langsam durch das Zimmer und drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus.
„Okay, du willst also meine Waffe, ja? Und du hast vor, damit Diablo, Mephisto und Baal umzubringen?“
„Nein, das hab ich nicht vor. Ich habe gesagt, dass ich es tun würde, wenn es denn sein muss. Meinst du, ich mach mir freiwillig mehr Stress als nötig ist?“
Mave sah Soul nachdenklich an.
„So gern ich den Tag auch erleben würde, an dem du endlich draufgehst, bin ich nicht ganz einverstanden. Meinetwegen such dir Mephisto. Der ist ne Lachnummer. Fast so schlimm wie Linus. Für Baal brauchst du auch bloß ne Menge Glück. Aber Diablo? Den kriegst du alleine auch mit Bartuc‘s nicht tot und schon gar nicht, wenn du einen nutzlosen Paladin am Rockzipfel hängen hast. Tut mir leid, aber die Waffe hat einen hohen persönlichen Wert und ich will sie nicht verlieren, bloß weil du wieder mal versagt hast. Also, frag entweder ne andere Dumme oder...“
Mave grinste „... oder nimm sie mit Anhang.“
„Was meinst du?“
„Ich meine, ich komme mit.“
„Nein!“, antwortete Soul schnell. Diablo ohne Rüstung mit Fäusten besiegen zu müssen könnte nicht schlimmer sein als monatelang gezwungen sein, Zeit mit Mave zu verbringen.
Mave zuckte mit den Schultern.
„Gut, dann eben nicht.“, sagte sie, zog ihre Waffe hervor und fuhr demonstrativ mit den Fingern die spitze Klinge nach. Soul hasste sich selbst dafür, hergekommen zu sein. Sie hatte vergessen, wie nervig Mave sein konnte.
„Wieso willst du mit?“, fragte sie genervt.
„Mir ist langweilig und der alte Sack hinten am Galgen, der die ganze Zeit um Hilfe brüllt, macht es mir auch nicht angenehmer. So ein Idiot. Man sollte meinen, er würde sparsamer mit seiner Energie umgehen, schließlich kriegt er nichts zu essen.“
Ein Gedanke formte sich in Souls Kopf und sie musste unwillkürlich grinsen. Nun gut. Mave sollte ihren Willen haben. Sie würde es schon noch bereuen.
„Okay... wenn du mir versprichst, dass du mit deiner Waffe das ganze Ding durchziehst und nicht irgendwann abhaust, weil du wieder mal zu feige bist, bin ich einverstanden.“
Maves Reaktion war genau so wie Soul es sich gewünscht hatte.
Sie sprang wutentbrannt vom Sofa, riss sich in letzter Sekunde zusammen und setzte sich wieder.
„Bin dabei.“, antwortete sie auffallend kurz.
„Gut!“, rief Soul. „Wir gehen morgen los. Ich hol dich von hier ab.“
Am nächsten Morgen klopfte es um 6.30 an der Tür. Verschlafen schlich Mave durch den langen Flur, öffnete und Soul begrüßte sie mit einem grinsenden und gespielt freundlichen „Guten Morgen! Bist du noch nicht fertig?“ Ohne jegliche Regung im Gesicht schmiss Mave die Tür wieder zu und ging langsam ins Badezimmer.
Soul setzte sich grinsend auf einen Stein und zündete sich eine Zigarette an. Es war so lustig und so einfach, Mave aufzuregen. Es hatte sich definitiv gelohnt, sich so früh aus dem Bett zu quälen. Diese kleine Aktion hatte gereicht, um Mave davon abzubringen, dass es eine gute Idee war, mitzukommen und das beste Mittel um Mave auf die Palme zu bringen, hatte diese noch nicht einmal gesehen.
Dieses Mittel kämpfte sich gerade mit einem billigen Bogen durch eine Horde von Monstern. Ihre blonden Haare flogen wild herum und sie schoss unaufhörlich auf zufällige Gefallene in der Gegend, ohne zu merken, dass der Dämon hinter der ihr gegenüberliegenden halb abgebrannten Hauswand sie ständig wieder belebte. Soul selbst war einfach ruhig an ihnen vorbeigegangen und da die Amazone, die mit ihr da war, hervorragend als Schutzschild diente, hatte sie auch keinen Grund, ihre eigene Waffe überhaupt zu berühren. Jessica machte sich nun an dem Galgen in der Mitte des Marktplatzes zu schaffen, wurde allerdings von einer Horde Minotauren beinahe überrannt, so dass sie es aufgab und weiterhin Pfeile in die Menge schoss. Soul konnte Mave verstehen. Dieser brüllende, ständig heulende Typ war wirklich nervig und hatte es nicht verdient, gerettet zu werden.
Trotzdem gefiel ihr der Anblick von Tristram nicht. Früher war es eine hübsche Stadt gewesen, jetzt lag sie in Trümmern. Wie Mave sich in ihrem Haus überhaupt noch aufhalten konnte, war ihr ein Rätsel.
Mit einem Ruck ging die Tür auf und Mave verließ ihr Haus. Nicht die verschlafene, blasse Figur, die vorhin geöffnet hatte, sondern Mave. Ihre kurzen braunroten Haare waren perfekt gestylt, die grünen Augen leuchteten in ihrem blassen Gesicht auffallend hervor.
„Kann’s losgehen?“, fragte sie gewohnt pompös.
„Yep.“, antwortete Soul grinsend. „Komm.“
Als Mave sich ein paar Schritte von ihrer Tür entfernt hatte, blieb sie plötzlich wie angewurzelt stehen und starrte auf die schlanke Gestalt, die ungeschickt versuchte, den endlich erspähten Schamanen in der Ruine hinter ihr zu erwischen.
„Ist das Jessica?“, fragte sie drohend.
Soul verkniff sich mit allergrößter Mühe das Lachen.
„Ja, warum?“, fragte sie gespielt ahnungslos.
Maves Augen weiteten sich. Ihre linke Hand ballte sich zu einer Faust zusammen, während ihre rechte automatisch nach ihrer Waffe griff.
„Was macht sie hier?“
„Oh, hab ich vergessen, dir zu sagen, dass sie auch dabei ist?“ Soul konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie lachte laut los und öffnete ihre Augen gerade rechtzeitig wieder, um zu sehen, dass Mave im Begriff war, auf sie loszugehen. Schnell sprang sie zurück und versetzte Mave einen gezielten Tritt in die Seite, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Taumelnd stützte sie sich an der Wand ab und sah Soul zornig an.
„Ach was, du hast dich weiter ausbilden lassen, hm? Was ist mit ‚Ich brauch nichts als meine Waffe, ich bin eine ehrliche Kämpferin‘ passiert? Willst du mir womöglich bald noch meine Fallen abspenstig machen?“
„Erstmal hab ich mich selbst ausgebildet und zweitens was ist mit unserem Deal passiert? Wenn du abspringen willst, dann sag’s mir und wir kämpfen um Bartuc‘s. Hätte noch den angenehmen Nebeneffekt, dass einer von uns beiden dann endlich von der Bildfläche verschwunden wäre und wir uns nicht mehr mit unserem dämlichen Kleinkrieg beschäftigen müssen.“
Maves Augen funkelten bedrohlich.
„Willst du mich echt herausfordern, Soul? Du weißt wohl noch, dass ich nie von mir behauptet hab, eine ehrliche Kämpferin zu sein? Du wärst sofort tot.“
Soul zog ihre Augenbrauen hoch und zuckte mit den Schultern.
„Und wenn schon.“, antwortete sie.
Maves Hand griff fest zu und auch Soul zog ihre Waffen hervor. Ihr Ausdruck im Gesicht war steinhart und sie konnte sehen, dass Mave ihre Energien sammelte. Mave war eine Fernkämpferin, sie selbst zählte auf Nahkampf und sie wusste, dass diese Tatsache es ihr schwerer machen würde. Trotzdem war sie Mave in vielen Punkten überlegen. Das wusste sie ebenso genau. Soul hatte die Fähigkeit, einen kühlen Kopf zu bewahren. Sie konnte ausweichen, blocken und sie war perfekt ausgerüstet. Mave hingegen zählte nur auf ihre Stärke und ihre Schnelligkeit. Sie war eine Bombe und mit einigen gezielten Treffern wäre sie entschärft. Es war eine Herausforderung, da Maves Attacken sie nicht treffen durften. Sie war stärker, trotzdem hatte Soul eine reelle Chance. Sie vertraute auf ihren Stil. Die Luft knisterte beinahe, als die zwei Assassinen sich zum Kampf bereit machten. Mave hob ihre Hand, Soul griff nach ihrer Waffe und gerade, als sie auf Mave zustürmen wollte, verblendeten ihr ein langes Büschel blonder Haare die Sicht. Jessica hatte Mave entdeckt und war ihr um den Hals gefallen. Soul stöhnte genervt auf. Dieses Mädchen war einfach zu dumm für die Welt.
„Mave!“, quietschte sie. „Ich hab dich so lange nicht gesehen, wie geht es dir? Und du wohnst jetzt hier? Das ist ja furchtbar. Oh, du tust mir so leid. Möchtest du bei mir einziehen? Ich hab kein Zimmer mehr frei, aber du kannst ja in meinem Bett schlafen. Ich würde mich freuen, wir waren doch früher so gut befreundet. Oh Mensch, du siehst immer noch so gut aus. Und du kommst auch mit? Das wusste ich gar nicht, aber jetzt habe ich keine Angst mehr. Wenn ihr beide dabei seid, könnt ihr mich ja beschützen. Du weißt ja, dass ich erst noch etwas lernen muss, aber ich bin schon viel besser als...“
Jessicas Redeschwall war nicht zu bremsen. Ihre hohe Stimme schien Mave bald in den Wahnsinn zu treiben und sie dachte auch nicht daran, sie loszulassen. Obwohl Soul es erwartet hatte, konnte sie es kaum glauben. Mave hatte Jessica immer verabscheut und mehrere Male versucht, sie von hinten umzubringen, während Soul schlief, aber die Amazone verstand es einfach nicht. Soul und Mave waren beide berühmte Kämpferinnen und Jessica hatte sich irgendwann hilfesuchend an Soul gewandt, als sie in das Fadenkreuz der Organisation, für die auch Mave arbeitete, geriet. Dieser Verband namens Schwarzblut zeichnete sich durch Kämpfer von Maves Kaliber aus. Sie setzten auf Stärke und Sieg und dieser Zweck heiligte eben auch unfaire Mittel. Mave war eine gute Kämpferin, aber sie war die Ausnahme. Viele Mitglieder konnten nichts, wollten nichts können, wurden aber trotzdem mit der besten Ausrüstung gesegnet, die man sich vorstellen konnte. Es war nicht so, dass Soul als Einzelkämpferin irgendeinen ehrenhaften Krieg gegen Betrüger führte, nein. Eigentlich war es ihr vollkommen egal und sie hatte einen gewissen Respekt vor den Mitgliedern, aber als Jessica – die weder Ausrüstung besaß, noch einen guten Kampfstil vorweisen konnte – sich an sie wandte und bat, ihr zu helfen, witterte Soul die Chance ihrer Erzfeindin Mave eins auszuwischen. Mave gab ungern zu, Aufträge für die Schwarzblütler auszuführen, aber die Bezahlung überzeugte. Um ihr Gesicht zu bewahren, war sie gezwungen gewesen, sich auf Jessicas Seite zu schlagen. Jessica hatte sich unbeabsichtigt mit einer anderen Amazone angelegt. Jessica war ein naives Wesen, das von unlauteren Mitteln wenig bis gar nichts verstand und wusste. Diese Amazone trug nun nicht nur eine Rüstung, die sie nahezu unverwundbar machte, sondern auch noch einen Bogen, der Jessica vor Bewunderung Tränen in die Augen schießen ließ. Jessica hatte gefragt, ob sie den Bogen bitte mal kurz ausleihen konnte, nur um ihn anzusehen. Die Amazone fühlte sich ertappt und in ihrer Ehre gekränkt und legte alles daran, Jessica auszulöschen. Nachdem Soul sie in einem harten Kampf getötet hatte, war Jessica ihr in einer merkwürdigen Art und Weise ans Herz gewachsen und sie verspürte eine gewisse Zuneigung für dieses naive, dumme Etwas, dass so viele Charakterzüge aufweisen konnte, die ihr fehlten.
Mave in dieses Spielchen hineinzubringen, war nicht schwer gewesen. So hatte die Amazone nun nicht nur sich selbst, sondern auch noch eine Gruppe Barbaren niedrigen Ranges auf Jessica losgehetzt. Soul nahm Jessica an der Hand, brachte sie zu Mave und bat sie, zu helfen. Mave war stur, aber Soul war die bessere Rhetorikerin. Es dauerte nicht lange, bis sie Mave durch Fragen so in die Enge getrieben hatte, dass diese nur noch die Möglichkeit hatte, zuzugeben, dass diese Barbaren ihre Kollegen waren, oder eben sie zu töten. Sie entschied sich für die zweite Möglichkeit und hasste Soul dafür mehr denn je. Da aber ihre Feindschaft schon lange bestand und sie trotz des tiefen Hasses immer noch eine Art nostalgische Sehnsucht verband, änderte Souls Feldzug nichts in der Beziehung der beiden Assassinen.
„So, lass uns gehen!“, rief Soul und blickte grinsend in Maves Gesicht, aus dem alle Farbe entwichen war. Mave sah aus, als müsste sie sich vor Wut übergeben, riss sich allerdings trotzdem zusammen, schüttelte Jessica vom Arm ab und folgte Soul durch das blaue Portal, das ins Lager der Jägerinnen führte.
Akt 1, 1. Aufzug
Neben einer kläglichen Anzahl von Jägerinnen, einem Kaufmann, der etwas fehl am Platze wirkte, einer robust gebauten Schmiedin, einem Mann, der aussah wie ein Zuhälter und natürlich der obligatorischen selbstverliebten Anführerin des Lagers, die sich vor ihrem Wohnwagen aufhielt und den Eindruck machte, sie suche nach spirituellen Energien, stand dort auch ein Mann mit dunkler Hautfarbe und einer grünen Strumpfhose. Der Kaufmann, der in der Mitte des Lagers stand und sich immer auffallend nah an der magischen Schatzkiste, die verwunderlicherweise immer wusste, welcher der Kämpfer ihn gerade öffnete, aufhielt, schmolz gerade vor Bewunderung über diesen glatzköpfigen Mann mit diesen hässlichen Hosen dahin, der wiederum eine so ernste Miene aufsetzte, dass Mave sich fühlte, als müsste sie einen Würgreiz unterdrücken. Gerade wollte sie sich an Soul wenden, um sie dafür auszulachen, dass sie sich jemals in einen Paladin verlieben konnte, da sah sie, dass Soul ihre Verliebtheit noch nicht überwunden hatte. Sie sah Linus mit einer Mischung aus Sehnsucht, Zuneigung und Abscheu an, die Mave dazu trieb, sich zu schütteln und sich lieber der einzig vernünftig wirkenden Person in diesem Lager, der Schmiedin, zuzuwenden. Zu spät erfuhr sie, dass auch dass ein Fehler war, da sie sie zwar freundlich begrüßte und ihr ihre wohl hochqualitativen, jedoch völlig unnützen Waren zeigte, aber gleich darauf begann zu weinen, da Ms. Trotteligkeit ihren geliebten Schmiedehammer im dämonenverseuchten Kloster liegengelassen hat und sie sich nun nicht traute, zurückzulaufen, da ein dicker Dämon in ihm ein neues Spielzeug gefunden hatte. Entnervt wandte Mave sich ab, aber der Schwall an jaulenden Hilfegesuchen verschwand nicht. Eine arrogante Jägerin stellte sich als Kaschya vor und erzählte von einem ehemaligen Mitglied, das mit einem verrückten Totenbeschwörer durchgebrannt war und nun als Nekromant mit Bogen auf dem nahe gelegenen Friedhof Zombies auferstehen ließ. Akara, die nach Räucherstäbchen stinkende Anführerin, eröffnete Mave, dass der nervtötende alte Sack am Galgen in Tristram ein Gelehrter namens Deckard Cain war und es zu ihrer heiligen Pflicht gehörte, ihn zu retten, aber erstmal müssten sie eine Höhle leer räumen, dessen Name wohl einzig und allein nach dem Konsum an sämtlichen bewusstseinsverändernden Substanzen in Akaras Wohnwagen entstanden sein konnte und somit den kreativen Tiefpunkt bildete. Die Höhle des Bösen. Mave wollte so schnell wie möglich aus diesem Lager verschwinden und wandte sich an den auf die magische Kiste schielenden Kaufmann, der ihr mitteilte, er könne sie leider nicht nach Osten bringen, da man aus Angst vor Andariel den Weg versperrt hat.
„Dann bring mich nach Westen!“, rief Mave aufgeregt.
Warriv, der Kaufmann, sah sie verwirrt an und Mave nahm sich wieder einmal zähneknirschend vor, ihren Atlas aufzuschlagen.
„Wie... wie soll ich dich nach Westen bringen? Es geht nicht nach Westen. Von hier aus können wir bloß nach Osten.“
Soul hatte offensichtlich sämtliche Prinzipien vergessen und starrte Linus weiterhin unverhohlen an, der sich mit einem tiefen Atemzug von der Kiste abwandte und den neu eingetroffenen Besuch erblickte. Mit einem widerlich schmierigen Lächeln ging er auf Soul zu.
„Meine liebe Soul, ich hatte nicht erwartet, dich wieder zu sehen. Ich dachte, es wäre bloß meine Pflicht, Jessica und die Jägerinnen zu beschützen, aber nun finde ich noch eine zarte Dame vor mir.“
Soul erwiderte nichts und lächelte bloß dümmlich vor sich hin. Das war zuviel für Mave. Sie griff Soul am Arm und zog sie einige Schritte weg.
„Mein Gott noch mal, Soul! Was soll dieser Müll? Du schleppst die nervige Amazone mit, ohne es mir zu erzählen und schwärmst auch noch für dieses abartige Etwas? Ich dachte, du lernst aus deinen Fehlern!“
Soul grinste. „Hab ich, keine Angst! Gehört alles zur Show und jetzt beruhig dich wieder.“ Schnippisch fügte sie hinzu: „Kannst dich ja mit Jessica unterhalten.“
„Warte!“, sagte Mave genervt. „Die abgedrehte Anführerin hat mir gerade aufgetragen, irgendeine Höhle zu säubern. Soll hier in der Nähe sein. Außerdem müssen wir den alten Sack aus Tristram herholen – was mir nur mal so nebenbei vollkommen gegen den Strich geht -, und nen dämlichen Hammer aus dem Kloster retten. Dann ist da noch eine durchgeknallte Jägerin auf dem Friedhof, die wir killen müssen. Also, was zuerst?“
„Wir können uns doch noch ein bisschen Zeit lassen.“ Soul drehte sich um und lächelte Linus zu, der sie von oben bis unten musterte.
„Oh nein, meine Liebe. Ich will so schnell wie möglich aus diesem bekloppten Lager raus. Also, was zuerst?“
Soul seufzte auf. „Das, was wir zuerst finden. Ich kenn mich hier nicht aus.“
„In Ordnung. Sammel deine Schäfchen ein, ich hab nicht vor, mit einem von den beiden Bekloppten auch nur ein Wort zu wechseln.“
Eine halbe Stunde später verließen die vier das Lager der Jägerinnen, um die Höhle des Bösen zu suchen, die Akaras Auskunft nach, dem Lager am nächsten lag. Mave stach wutentbrannt auf jeden Dämon ein, den sie sehen konnte, bis Soul sie daran erinnerte, das Linus derjenige war, der mehr Kampferfahrung benötigte und nicht sie. Jessica schrie bei jedem auftauchenden Dämon hysterisch auf und schoss wild durch die Gegend. Die Tatsache, dass sie kein einziges Mal traf, verlängerte ihre Mission, denn die Amazone rannte jedes Mal zurück zu Charsi, um neue Pfeile zu kaufen. Aus Langeweile begann Mave schließlich die verschossenen Pfeile aufzusammeln und sie Jessica vor die Füße zu schmeißen, wenn ihre sich wieder dem Ende neigten. Linus brauchte nach jedem getöteten Feind eine Verschnaufpause und setzte sich hin, um zu meditieren, was dazu führte, dass es dunkel wurde, bevor sie den Eingang der Höhle fanden.
Linus atmete tief ein, drehte sich zu Jessica, Soul und Mave um und verkündete ihnen, dass er zuerst die Lage ausspähen müsste, bevor er es mit seinem Gewissen vereinbaren könnte, drei so reizende Geschöpfe in Gefahr zu bringen, richtete sich auf und stürzte mit einem lauten Kampfschrei in die Höhle. Soul drehte sich zu Jessica um und bat sie, Linus zu folgen, da er mit Sicherheit Hilfe brauchen werde. Sie und Mave wollten hier warten, bis er zurückkommt. Jessicas ohnehin schon beschränkte Intelligenz verschwand nun völlig und sie fühlte sich von Souls Lob so geschmeichelt wie nie zuvor. Außerdem hatte sie Interesse an dem Paladin gefunden und rannte ihm so schnell wie möglich hinterher.
Soul drehte sich zu Mave, die sich genervt ins Gras fallen ließ.
„Ich wette, du wünschst dir gerade, du hättest mir Bartuc’s doch gegeben, nicht wahr?“, fragte sie grinsend. Mave hob ihren Kopf, zog die Augenbrauen hoch und antwortete: „Nein, ich wünschte, ich hätte dich erstochen, während du auf meinem Bett lagst.“
Sie senkte den Kopf wieder und fuhr fort. „Was soll das hier? Hast du dir angeguckt, wie die beiden kämpfen? Die schaffen das im Leben nicht. Nicht, dass mich das stören würde, ich wär mehr als froh, wenn ich mir nicht die Mühe machen müsste, sie selbst umzubringen, aber unser Abbild der Güte und Herzenswärme, unser Menschenfreund Soul hat doch sicherlich was dagegen?“
„Da drin wird schon nichts los sein.“, antwortete Soul mit einer Zigarette im Mundwinkel.
Mave lachte leise. „Wahrscheinlich nicht, aber für die beiden schon tödlich genug. Also, mein Schatz, gib mir die Kippe und geh die zwei unfähigen Kämpfer retten.“