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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mensch, Mann, Forscher, Protokollant, Affe, Marionette, Zeit und Leben



schreiberling
14.03.2005, 18:35
Mensch, Mann, Forscher, Protokollant, Affe, Marionette, Zeit und Leben

Ein Mann sitzt auf einem Stuhl. Er starrt aus dem Raum, in dem er auf einem Stuhl sitzt, hinaus, durch ein drei Zentimeter dickes Glasfenster welches in Hüfthöhe ruht und sich über die ganze Breite des schmalen Raumes erstreckt. Allem Anschein nach ist er Beobachter. Gebannt blickt er in das Zimmer, dass hinter dem Fenster lauert. In dem Zimmer sitzt ein Affe auf einem Stuhl. Dieser Stuhl, auf dem der Affe sitzt, ist im Gegensatz zu dem Stuhl auf dem der männliche Mensch sitzt, der mit größter Wahrscheinlichkeit ein Beobachter ist, grob und aus Holz, nicht wie der Stuhl hinter dem drei Zentimeter dicken Glasfenster, der mehr einem Drehsessel ähnelt, also aus Kunststoff, Polster und Überzug sich formt. Wirr? aber ungenannt, nicht vorhanden, schade.
Der Mann hat einen Bogen Papier in der Hand und schreibt immer wieder zwischen seinen Beobachtungen. Vielleicht ist er doch nur ein Protokollant und kein Beobachter? Seine Haare die über den weißen, bestimmt antiseptischen, Kittel fallen waren früher einmal tiefschwarz und lockig, nun sind sie kurzgeschoren und dreckiggrau, was für einen Menschen spricht. Mann? Sexistisch. Streichen.
Marionette. Die Haare des Affen, wohl eher das Fell würde der Forscher bemerken, sind noch immer tiefschwarz und lockig. Der Affe springt nun aus der evolutionsfortschrittlichen Pose, vom groben Holzstuhl und landet auf allen Vieren evolutionstechnisch angepasst. Zeit. Klettert bald wieder auf den Stuhl, weiter auf den Tisch, der das Mobiliar des Raumes vervollständigt.
"Er spielt", flüstert der Beobachter leise, während der Protokollant den Bleistift aus dem Mund zieht und nun eifrig mitschreibt. Umkehr. Auf dem Tisch kauernd durchstöbert der Affe sein, Fell, würde der Forscher sagen, krault und kratzt sich den tierischen Körper. Protokollant und Beobachter nehmen den Stift wieder auf, gähnen leise, massieren sich den steifen Nacken und beobachten unabgelenkt. Tod. Der Affe schaut gebannt auf die Marionette die als Spielzeug dienen soll, da weder Beobachter noch Protokollant eine Puppe zur Verfügung hatten, sie haben beide keine Kinder. Forscher? Nein nur Einzahl. Nicht des Nennens wert. Streichen und Vergessen. Danke.
Doch der Affe will nichts mit der Marionette anfangen, leblos und unbespielt liegt sie in ihren Fäden auf dem Tisch. "Er will nicht spielen", stößt der Beobachter ängstlich aus, und der Protokollant notiert krakelig. Schrecken hallt laut durch das Versuchslabor, der Proband benutzt Werkzeug. Schnell schaut er sich um, in dem Raum, in dem auf einem Stuhl sitzt, der wohl eher ein Drehsessel darstellt.
Nichts. Leer. Leblos. Kopflos dahin. Doch, da, ein Mixer. Wie der wohl hier herkommt, fragt sich der Forscher, der Protokollant, der Beobachter. Wahrscheinlich hat ihn mal eine Praktikantin, von denen er nie den Namen kennt, kennen will, da ist er sich nicht ganz sicher, aber so oder so nicht kennt, hier vergessen. Schwieriges Paarungsverhalten diese Menschen. Was solls', sagt er sich. Irgendwie muss ich das Vieh animieren.
Mensch? Nein. Durch eine Klappe schiebt er den Mixer in den Raum, hinter dem drei Zentimeter dicken Glasfenster, steckt in bei sich, auf seiner Seite ein. Unverständnis. Haha.
Durch die plötzlich hereinschnellende Hand aus dem Nichts ist der Affe nicht aufgeschreckt, erst jetzt wo dieses Ding da was ab und zu silbrig blitzt anfängt, Geräusche zu machen, interessiert er sich. Auf allen vier haarigen Tatzen nähert er sich langsam dem Objekt, beobachtet gebannt die neue Erscheinung. Protokollant? Ja, aber nicht menschlich. Er starrt angestrengt durch das Glasfenster, welches drei Zentimeter dick ist. Der Affe sitzt vor dem Mixer. Minuten vergehen. Der Mensch sitzt vor dem Mixer. Der Affe, mehr der Protokollant schreibt auf seinen Block: Interesse geweckt. Mit einer Hand nimmt er den Deckel vom Mixer, das schnell rotierende Schneidblatt wird sichtbar. "Erstaunlich", murmelt der Forscher. Gebannt starrt er in den Mixer.
Mit nur wenigen Sprüngen ist er beim Tisch. Er zieht die Marionette herunter. Schleift sie an den Fäden geschultert zum Mixer. Wirft sie treffsicher hinein.
"Wahnsinn", keucht er, "absoluter Wahnsinn." Wahnsinn.
Ein Aufheulen verheißt Affen und Mensch das Scheitern des Mordversuches. Der Protokollant kritzelt wild mehrere Zeilen. Kein Ton mehr zu hören. Er sitzt vor dem Mixer, beguckt skeptisch die Marionette die dort unversehrt, nur eingeklemmt vom scharfen Schwert hängt.
Affe. Er beobachtet wieder, er protokolliert nicht.
Vorsichtig greift der Affe hinein, will er die Marionette erlösen oder nur spielen? Er erstarrt.
In diesem Moment, da die Marionette sich rührt und die Klinge nicht mehr blockiert...
Blut spritzt, der Affe kreischt hysterisch, Jaulen, Fauchen, Springen.
Seufzen, Tränen laufen über sein Gesicht. Realismus.
Ist der nächste Baum hoch genug? Abstraktion der Höhe in Zeit.
Später wird die Marionette gefunden, nur eine einzige Kerbe hat sie abbekommen.
Es scheint, als ob sie laut lacht. Leben? Grammatikalisch richtig wäre Lebt?

Warum müssen am Schluss immer die Bösen lachen?

Lonegunman81
14.03.2005, 20:50
Da sach ich nur: Scheiß Drogen! Was soll nur aus unserer Welt werden?
Oder hab ich da was überinterpretiert?
Ansonsten: §hae

Edit: Etwas Gutes muss ich jetzt doch noch sagen! Die suggestive Wirkung kann man der Geschichte nicht absprechen! Mixer und Affe, Marionette... der Kerl hinter der Glasscheibe... das ist zwar alles total gaga, aber es erzeugt Bilder im Kopf, gerade wegen der Konzentration auf diese seltsamen Objekte in ihrer Kombination! Trotzdem gaga! :D

schreiberling
15.03.2005, 16:09
nagut, vielleicht ist die Geschichte etwas gaga, ;)
aber sie hat wirklich nichts mit Drogen zu tun, erst als du so ankamst ist mir aufgefallen dass das ziemlich gut als simpler Drogenbericht gelesen werden kann.
Sollte eigentlich mehr eine kleine Schein- oder Seingeschichte darstellen, mit Mensch, Tier und Marionette.Die Beziehungen dazwischen, das Heut und seine Vergangenheit treffen aufeinander dazu komm,vielleicht die Zukunft, oder ist das schon die Gegenwart und alles andere Vergangenheit? Es geht also mehr darum,was ist wirklich, was ist nur Traum(oder Rausch, da wären wir den Drogen dann wieder etwas näher).
Und wer ist eigentlich was? Wer ist Beobachter? Der Affe,der Mensch, die Marionette? (Wir?)Warum nun Forscher, oder doch Protokollant, Mensch? Mann? Sein?
dazu kommen dann eben noch diese Schlagwörter, die Atmo bzw die Gedanken des Schreibers, aber auch des Lesers,denn der Leser entscheidet ja was aus der Story wirklich wird, wiederspiegeln...

hmm,ja,wenns noch Fragen gibt... :D
ich gebs zu,ist sehr gaga

Stan
16.03.2005, 19:57
Mir gefällts, es ist witzig, voller guter Schlagwörter, wirr, aber dennoch nicht uninteressant. Irgendwo fehlt afair ein "h", ich finde die Stelle aber nicht wieder. :D Wirkt imo auch nicht pseudo-wirr, wie das leider häufig bei Texten dieser Art der Fall ist. Deine Erklärung im zweiten Post war aber imo unnötig.

Cyberwoolf
16.03.2005, 21:31
Ehrlich gesagt scheint es mir fast so, als würdest du in deinem Wahn, deine Geschichten immer komplexer und tiefgründiger zu schreiben, langsam ins... naja, gagaige abgleiten. Ich bitte dich, gib uns tiefgründige Geschichten, aber schreibe sie so, dass ein normaler Mensch sie lesen kann, denn mir gefielen die Geschichten, die du vllt. vor ein paar Wochen geschrieben hast, wirklich gut. Du versuchst sie immer komplizierter zu machen, aber das macht sie nicht besser.

NeoInferno
23.03.2005, 19:37
Hi,

eins vorneweg: Diese Geschichte gehört wohl zu denen, die man nur sehr schwierig adäquat kommentieren bzw. kritisieren kann, es fiel mir jedenfalls sehr schwer, hab sie nebenbei erwähnt mehrfach gelesen (bzw. lesen müssen *g*).

Der Stil:
Sehr erfrischend und originell. Die emotionslose, sterile und sachliche Sprache passt gut zur Geschichte und zum Ambiente. Die Satzkonstruktionen sind dir auch gut gelungen und abwechslungsreich: Mal sehr kurz (oft bestehen Sätze aus einem Wort), mal lang, aber immer klar verständlich.
Gerade am Anfang finden sich auch gezielte Wiederholungen, die wirklich wunderbar diesen nüchternen Grundton der Geschichte unterstreichen.
Die vereinzelten protokollartigen Einwürfe wie


Forscher? Nein nur Einzahl. Nicht des Nennens wert. Streichen und Vergessen. Danke.

sind auch nette Ideen die man so wohl noch nirgends gesehen hat.

Eigentlich mag ich solche nüchternen Schreibstile nicht, ich mag eher Emotionen, Motivationen und Figuren, und frag mich bei sowas immer, ob der Autor keine Adjektive kennt, aber hier wird die ganze Geschichte durch den tollen Stil getragen, er macht sie zu etwas besonderem.

Die Handlung:
Leider sehr belanglos und simpel. Kurzgeschichten brauchen keine langen ausgearbeiteten Handlungen, natürlich nicht, aber sie kann dem Leser oft besser die Intention näher bringen als einfach bloße handlungsarme Beschreibungen. Das Ambiente läd gerade dazu ein dem Leser mehr und verständlicher näher zu bringen, worum es eigentlich geht, gerade in dieser Geschichte hätten mehr Handlung die Schwächen wet gemacht.
Vereinzelt wirfst du dem Leser Story-Brocken hin (Forscher hat keine Kinder, ist alt, merkt sich keine Namen von Praktikanten), lässt sie aber einfach so im Raum stehen und gehst nicht weiter auf sie ein. Zumindest ich hätte noch Potential darin gesehen.

Ich sehe es immer so, dass Geschichten mit klaren Handlungen i.d.R. unterhalten wollen, während Geschichten wie deine, oder einfach nur Gedankenströme fast nur auf die Intention setzen, und darauf, den Leser zum Nachdenken zu bewegen, womit wir bei den negativen Seiten deiner Geschichte wären:

Die Intention:
Die Haupt-Schwäche der Geschichte.

Ich bitte dich, gib uns tiefgründige Geschichten, aber schreibe sie so, dass ein normaler Mensch sie lesen kann
Er hat es auf den Punkt gebracht. Ein schöner Schreibstil und eine vermeintlich tiefgründe und ausgearbeitete Intention bringen rein gar nichts, wenn die Leser die Erzählabsicht schlicht nicht verstehen. Es reicht nicht, dass du weist, was und warum du etwas schreibst, du musst davon ausgehen, dass der Leser das nicht weis, und du musst es ihm vermitteln. Ich plädiere hier nicht für eine profane Gossensprache, aber die Qualität einer Geschichte misst sich nicht an der Anzahl der vorkommenden Fremdwörter oder an der Unauffindbarkein der Intention. Die Leser sollen doch schließlich etwas von der Geschichte haben. Von deiner Geschichte hatte man höchstens ein "Hä?" im Kopf ;)

Du hast ja deine Intention ansatzweise erklärt, aber ich kann eben das meiste davon überhaupt nicht nachvollziehen, weil die Geschichte dem Durchschnittsleser soetwas nicht offenbart. Die Sache mit der Rollenfrage war ziehmlich das einzigste, das mit nach dem Lesen mehr oder weniger bewusst war, irgendwelche zeitlichen Zusammenhänge um Vergangenheit und Zukunft kann ich immernoch nirgends entdecken (Bis auf die gekünstelt wirkende Formulierung mit der Abstraktion der Höhe der Zeit, versteh ich ebenso wenig).

Alles in allem bleibt es aber eine gute Geschichte, die vor allem durch den interessanten Stil und ihre Einzigartigkeit briliert. Hoffentlich gleitest du aber nicht zu sehr in einen solchen emotionslosen Stil ab und schreibst auch ganz andere Geschichten. Bei "Pension" z.B. hat mir der Stil, der zu dem hier in Punkto Sterilität recht ähnlich ist, überhaupt nicht gefallen. Es ist letztendlich doch das Zusammenspiel aller Faktoren, die eine gute Geschichte ausmachen.

So long, Greetz,
Näö

schreiberling
24.03.2005, 17:21
holla, das sich jemand so viel Zeit nimmt für etwas von mir hätte ich nicht gedacht. Freut mich natürlich.
Na gut, dass mit dem Inhalt + Intention habe ich mittlerweile eingesehen, wobei ich wahrscheinlich mir immer wieder sowas leisten werde, es ist dsa einfachste Mittel wirklich meine Meinung gebündelt in die Welt zu werfen. :D

Zu dem Inhalt/Stil, und das gilt jetzt praktisch wie ich bin für den Geburtstagskuchen gleich mit. Sie haben beide nicht den gleichen Stil, aber trotzdem haben sie eine Gemeinsamkeit. Bei beiden willst du mehr Hintergrundinformationen, bei beiden habe ich sie nicht mitgeliefert. Wenn ichs recht überlege habe ich das wahrscheinlich noch nie gemacht. Ich finde es schlicht weg interessanter Gedanken oder Geschehnisse nur anzureißen, als sie voll ausformuliert zu präsentieren...(was ja zum Bsp beim Geburtstagskuchen nicht der Atmo zur Last fiel, dass ich das Zimmer nicht weiter ausgeschmückt habe,oder?) da liegt dann auch wieder eine stilistische Schlichheit drin, nur das Wichtigste wird gegeben, alles andere wird den Gedanken überlassen.
ZB, der Dialog zw Berger und Ihm... kurz,pregnant,einfach, leicht satirisch- was dann zur Kurzschlusshandlung führt.
Ja sonst, ich experimentiere für mein Leben gern mit Stilen, versuche anhand der Stile allem noch mehr Betonung oder Charakter zu verleihen...da leidet oft die Geschichte noch etwas drunter, muss irgendwie lernen beides unter einen Hut zu bekommen.

Würde mich freuen, wenn du die Standuhr liest, das ist mein erster Versuch mich in eine, für mich ganz neue, Richtung zu entwickeln, etwas einfacher und profaner vielleicht auch. ;)

Danke