trudi
15.02.2005, 16:27
Und wieder ein Kreuz...es ist Kreuz Nummer 6. Ich mache alle 5 Minuten eines. Alle 5 Minuten greife ich zum Hello Kitty-Bleistift und streiche eines der 9 vorgezeichneten Kästchen mit einem perfekt sitzenden Kreuz ab. 9 Mal 5 Minuten, eine dreiviertel Stunde, dann 10 Minuten Pause, in denen ich die nächsten Kästchen vorbereite und auf die nächste Stunde warte. Die restliche Zeit, in der ich kein Kreuz mache, versuche ich nicht aufzufallen, was eher unwahrscheinlich ist, wenn man sich nicht beteiligt, versucht seine Vitalzeichen zu verbergen und in die endlosen Weiten des Äther starrt. Dabei gehe ich nicht ein mal dem so hoch gelobten Denken nach. Ich glotze so vor mich hin und habe mittlerweile ein auf 5 Sekunden genaues Gespür für 5 vergangene Minuten entwickelt, verständlich wenn der gesamte Inhalt des Tages von 8:00 bis 14:00 Uhr daraus besteht.
Wieder ist es soweit, ich nehme den Bleistift, werfe einen flüchtigen Blick auf die fröhliche Katze...halt! Wie kommt eigentlich die Weltbevölkerung auf die Idee, dass diese Katze fröhlich ist? Diesem gänzlich künstlerisch wertlosen Ding fehlen alle Mittel um eine Emotion zu suggerieren. Die Augen sind Punkte, die Nase ähnlich einfach. Wenn sie wenigstens einen vernünftigen Mund hätte! Aber auch der fehlt ihr. Sie ist immer in den gleichen Positionen dargestellt und trotzdem ist sie angeblich immer fröhlich. Ich lasse den Gedanken wieder fallen, denn als ich auf meine Kästchen sehe, steht da etwas, dass ich da ganz sicher nicht hingeschrieben habe.
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich davon ausgehen, dass die Organmafia dein Gehirn erwischt hat.“ Dahinter dann noch eine grinsende Katze mit zugekniffenen Augen. Das ist wenigstens eine Katze und eine fröhliche dazu. Sie ist nicht sonderlich hübsch gezeichnet, aber das konnte Nele noch nie.
Nele sitzt neben mir, ist also in meinem Leistungskurs und hat soeben einen kläglichen Versuch gestartet mich aus meiner Lethargie zu reißen. Ständig versucht sie, mir irgendwie ein Lächeln zu entreißen und meistens klappt das sogar... ich bin immer wieder fasziniert, wie sie das anstellt, aber irgendwas an ihr scheint mich immer wieder aus der Fassung zu bringen. Meine teils recht nervige Nachbarin hat schulterlange blonde Haare, die sie meistens zu so einem Dingens am Hinterkopf hochgebunden hat. Ich weiß nicht wie man das nennt, aber meine Haare sind ja auch nicht lang genug. Manchmal, wenn ich sie so ansehe, überlege ich auch ob ich sie mir nicht länger wachsen lassen soll, das kommt bei Männern gut an, hab ich gehört. Nele sagt das auch, sie muss es wissen. Ihren wievielten Freund hat sie jetzt? Ich befürchte, sie hat selbst aufgehört zu zählen. Micha heißt er auf jeden Fall. Und er sieht gut aus. Bei dem Gedanken entgleitet mir ein Seufzer. Meine Bestrebungen nach einem hübschen Freund blieben bisher immer ungewürdigt. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie niemand bemerkt, aber ich kann das ja auch nicht so offensichtlich machen. Es sind doch Kerle! Da muss man vorsichtig sein.
Mit Micha ist sie jetzt schon länger als ein halbes Jahr zusammen und sie sagt, es ist ihre große Liebe. Ja, groß ist er.... Schon wieder seufze ich. Das muss ich in den Griff kriegen!
Mein Blick fällt auf die Uhr und ich bemerke mit Schrecken, dass die Stunde in 2 Minuten vorbei ist, ich also zwei Kreuze verpasst und eines gleich zu setzen habe. Sowas passiert mir immer, wenn ich träume...
Es klingelt, schnell abgekreuzt, den Oberkörper vom Tisch hochgehievt und den Kopf leicht nach links gedreht. Sie grinst mich genauso an wie die Katze. Wahrscheinlich will sie, dass ich ihren hochroten Kopf und ihre Adern bewundere, die sie rauszudrücken zu versuchen scheint. Ich ignoriere es und zupfe an mir herum in der Hoffnung, dass ich doch irgendwie ein halbwegs anziehendes Bild abgebe.
„Oh, ist Prinzesschen heute auf mentalem Kreuzzug?“
„Prinzesschen ist kurz vor dem Nervenzusammenbruch und das schlimmste: Das Prinzesschen sieht auch noch so aus.“
„Tut es gar nicht. Du siehst toll aus. Wir müssen nur noch an deinem ‚Quatsch mich an und du bist Brei’-Gesicht arbeiten.“
Ich habe keine Lust mehr zu antworten...ich lächle einfach ein ganz klein bisschen und hoffe, dass sie es mir abnimmt. Sie tut es.
„Na siehst du. Geht doch! So, irgendwelche Neuigkeiten an der Tom-Front? Ich liebe dieses Wort!“
„Sag es doch bitte noch ein ganz klein wenig lauter, damit es auch der Papst noch mithört.“
„Dem hab ich deswegen schon einen Brief geschrieben, keine Sorge, er wird zu eurer Hochzeit kommen.“
Ich umarme sie, sie hat es eben doch wieder geschafft, es geht mir besser. Ich muss jetzt nichts mehr dafür tun um zu grinsen, es passiert einfach.
„Es gibt nichts neues, Stellungskrieg. Die Luftwaffe hat den Mut verloren und die Soldaten warten seit Tagen auf Nahrung.“
„Der Feind ist doch zum Greifen nah. Ein paar Mutige, die voran stürmen und die Schlacht beenden, das kann man auch hungrig, wahrscheinlich sogar noch besser, als satt.“
Wir enden immer in solchen schwachsinnigen Ausführungen.
Es geht um Tom. 17 Jahre alt, wie ich - nur bildhübsch, heiß begehrt und der erste Mann, von dem ich überzeugt bin, dass ich ihn wirklich will. Nicht nur so ein bisschen, sondern eben richtig. Kurze schwarze Haare, blaue Augen, schlank, Raucher, wie ich. Also ich rauche auch, der Rest ist bei mir nicht ganz so schillernd. Naja schlank bin ich vielleicht auch noch aber ich habe langweilige blonde Haare und noch langweiligere braune Augen.
„Die Kriegsbesprechung ist beendet. Der Krieg noch lange nicht! Nun heißt es abwarten!“
„Bis alle ihre Soldaten endgültig verhungert, demotiviert oder tot sind! Ein grandioser Plan.“
„Mensch Nele, du bist nicht in der Situation, also verschieben wir das einfach, okay?“
„Hmpf...haben wir ja schon mehrmals, irgendwann krieg ich dich und wenn ich ihn dir kaufen muss!“
Das hatten wir schon mal vor ein paar Jahren versucht, aber Peter wollte unsere elf Mark fünfundzwanzig nicht. Vielleicht weil er mit 25 einfach andere Dimensionen gewohnt war.
„Für die Liebe muss man kämpfen und wenn man allein unfähig ist, dann eben mit Nele der Königin der Herzen!“
Ich gebe ihr durch eine vor den Mund geführte Hand zu verstehen, dass mir schlecht wird bei dem Gedanken, sie versteht und drückt mich noch mal an sich. Es klingelt erneut und die nächste Stunde beginnt.
Diesmal denke ich dann doch in den Zeiten zwischen den Kreuzen...nicht viel, aber ich denke.
An Lasagne mit Spinat und Würstchen, an stark blutende Wunden und Spielchen, die zu zweit am meisten Spaß machen. Ich bemerke die eigenwillige Konstellation der Gedanken und verwerfe alle auf einmal, mache mein neuntes Kreuz für die Stunde und packe mein Zeugs zusammen. Schluss.
Wir gehen beide zu Neles Auto, schließlich bin ich das Jüngste was hier in der Klassenstufe rumrennt und Nele schon Führescheinbesitzerin. Sie dreht das Radio auf und schleudert ihren wirren Kopf durchs Auto. Mit Seiltänzerischer Leichtigkeit vermeidet sie Zusammenstöße mit dem Armaturenbrett und fährt so sicher wie ohne Headbanging-Einlage.
Endlich zu Hause angekommen steige ich aus, bekomme meinen Rucksack in den Rücken winke ihr nochmal...gebe ihr einen Wangenkuss nachdem sie drauf bestanden hat und klingele na der Tür.
Meine Mutter macht auf:
„Hallo Max!“
Wieder ist es soweit, ich nehme den Bleistift, werfe einen flüchtigen Blick auf die fröhliche Katze...halt! Wie kommt eigentlich die Weltbevölkerung auf die Idee, dass diese Katze fröhlich ist? Diesem gänzlich künstlerisch wertlosen Ding fehlen alle Mittel um eine Emotion zu suggerieren. Die Augen sind Punkte, die Nase ähnlich einfach. Wenn sie wenigstens einen vernünftigen Mund hätte! Aber auch der fehlt ihr. Sie ist immer in den gleichen Positionen dargestellt und trotzdem ist sie angeblich immer fröhlich. Ich lasse den Gedanken wieder fallen, denn als ich auf meine Kästchen sehe, steht da etwas, dass ich da ganz sicher nicht hingeschrieben habe.
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich davon ausgehen, dass die Organmafia dein Gehirn erwischt hat.“ Dahinter dann noch eine grinsende Katze mit zugekniffenen Augen. Das ist wenigstens eine Katze und eine fröhliche dazu. Sie ist nicht sonderlich hübsch gezeichnet, aber das konnte Nele noch nie.
Nele sitzt neben mir, ist also in meinem Leistungskurs und hat soeben einen kläglichen Versuch gestartet mich aus meiner Lethargie zu reißen. Ständig versucht sie, mir irgendwie ein Lächeln zu entreißen und meistens klappt das sogar... ich bin immer wieder fasziniert, wie sie das anstellt, aber irgendwas an ihr scheint mich immer wieder aus der Fassung zu bringen. Meine teils recht nervige Nachbarin hat schulterlange blonde Haare, die sie meistens zu so einem Dingens am Hinterkopf hochgebunden hat. Ich weiß nicht wie man das nennt, aber meine Haare sind ja auch nicht lang genug. Manchmal, wenn ich sie so ansehe, überlege ich auch ob ich sie mir nicht länger wachsen lassen soll, das kommt bei Männern gut an, hab ich gehört. Nele sagt das auch, sie muss es wissen. Ihren wievielten Freund hat sie jetzt? Ich befürchte, sie hat selbst aufgehört zu zählen. Micha heißt er auf jeden Fall. Und er sieht gut aus. Bei dem Gedanken entgleitet mir ein Seufzer. Meine Bestrebungen nach einem hübschen Freund blieben bisher immer ungewürdigt. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie niemand bemerkt, aber ich kann das ja auch nicht so offensichtlich machen. Es sind doch Kerle! Da muss man vorsichtig sein.
Mit Micha ist sie jetzt schon länger als ein halbes Jahr zusammen und sie sagt, es ist ihre große Liebe. Ja, groß ist er.... Schon wieder seufze ich. Das muss ich in den Griff kriegen!
Mein Blick fällt auf die Uhr und ich bemerke mit Schrecken, dass die Stunde in 2 Minuten vorbei ist, ich also zwei Kreuze verpasst und eines gleich zu setzen habe. Sowas passiert mir immer, wenn ich träume...
Es klingelt, schnell abgekreuzt, den Oberkörper vom Tisch hochgehievt und den Kopf leicht nach links gedreht. Sie grinst mich genauso an wie die Katze. Wahrscheinlich will sie, dass ich ihren hochroten Kopf und ihre Adern bewundere, die sie rauszudrücken zu versuchen scheint. Ich ignoriere es und zupfe an mir herum in der Hoffnung, dass ich doch irgendwie ein halbwegs anziehendes Bild abgebe.
„Oh, ist Prinzesschen heute auf mentalem Kreuzzug?“
„Prinzesschen ist kurz vor dem Nervenzusammenbruch und das schlimmste: Das Prinzesschen sieht auch noch so aus.“
„Tut es gar nicht. Du siehst toll aus. Wir müssen nur noch an deinem ‚Quatsch mich an und du bist Brei’-Gesicht arbeiten.“
Ich habe keine Lust mehr zu antworten...ich lächle einfach ein ganz klein bisschen und hoffe, dass sie es mir abnimmt. Sie tut es.
„Na siehst du. Geht doch! So, irgendwelche Neuigkeiten an der Tom-Front? Ich liebe dieses Wort!“
„Sag es doch bitte noch ein ganz klein wenig lauter, damit es auch der Papst noch mithört.“
„Dem hab ich deswegen schon einen Brief geschrieben, keine Sorge, er wird zu eurer Hochzeit kommen.“
Ich umarme sie, sie hat es eben doch wieder geschafft, es geht mir besser. Ich muss jetzt nichts mehr dafür tun um zu grinsen, es passiert einfach.
„Es gibt nichts neues, Stellungskrieg. Die Luftwaffe hat den Mut verloren und die Soldaten warten seit Tagen auf Nahrung.“
„Der Feind ist doch zum Greifen nah. Ein paar Mutige, die voran stürmen und die Schlacht beenden, das kann man auch hungrig, wahrscheinlich sogar noch besser, als satt.“
Wir enden immer in solchen schwachsinnigen Ausführungen.
Es geht um Tom. 17 Jahre alt, wie ich - nur bildhübsch, heiß begehrt und der erste Mann, von dem ich überzeugt bin, dass ich ihn wirklich will. Nicht nur so ein bisschen, sondern eben richtig. Kurze schwarze Haare, blaue Augen, schlank, Raucher, wie ich. Also ich rauche auch, der Rest ist bei mir nicht ganz so schillernd. Naja schlank bin ich vielleicht auch noch aber ich habe langweilige blonde Haare und noch langweiligere braune Augen.
„Die Kriegsbesprechung ist beendet. Der Krieg noch lange nicht! Nun heißt es abwarten!“
„Bis alle ihre Soldaten endgültig verhungert, demotiviert oder tot sind! Ein grandioser Plan.“
„Mensch Nele, du bist nicht in der Situation, also verschieben wir das einfach, okay?“
„Hmpf...haben wir ja schon mehrmals, irgendwann krieg ich dich und wenn ich ihn dir kaufen muss!“
Das hatten wir schon mal vor ein paar Jahren versucht, aber Peter wollte unsere elf Mark fünfundzwanzig nicht. Vielleicht weil er mit 25 einfach andere Dimensionen gewohnt war.
„Für die Liebe muss man kämpfen und wenn man allein unfähig ist, dann eben mit Nele der Königin der Herzen!“
Ich gebe ihr durch eine vor den Mund geführte Hand zu verstehen, dass mir schlecht wird bei dem Gedanken, sie versteht und drückt mich noch mal an sich. Es klingelt erneut und die nächste Stunde beginnt.
Diesmal denke ich dann doch in den Zeiten zwischen den Kreuzen...nicht viel, aber ich denke.
An Lasagne mit Spinat und Würstchen, an stark blutende Wunden und Spielchen, die zu zweit am meisten Spaß machen. Ich bemerke die eigenwillige Konstellation der Gedanken und verwerfe alle auf einmal, mache mein neuntes Kreuz für die Stunde und packe mein Zeugs zusammen. Schluss.
Wir gehen beide zu Neles Auto, schließlich bin ich das Jüngste was hier in der Klassenstufe rumrennt und Nele schon Führescheinbesitzerin. Sie dreht das Radio auf und schleudert ihren wirren Kopf durchs Auto. Mit Seiltänzerischer Leichtigkeit vermeidet sie Zusammenstöße mit dem Armaturenbrett und fährt so sicher wie ohne Headbanging-Einlage.
Endlich zu Hause angekommen steige ich aus, bekomme meinen Rucksack in den Rücken winke ihr nochmal...gebe ihr einen Wangenkuss nachdem sie drauf bestanden hat und klingele na der Tür.
Meine Mutter macht auf:
„Hallo Max!“