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schreiberling
15.01.2005, 16:48
Kommunikation

Er steht auf und läuft zur Haustür, dort greift er in den Postschlitz und zieht mit einem Ruck die Zeitung aus der Klappe, die darauf laut scheppernd zufällt. Ohne auf den Kommentar des ärgerlichen Briefschlitzes Rücksicht zu nehmen dreht er sich um, während die Augen schon über die großen Schlagzeilen des Tages fliegen, läuft er langsam ins stille Ess-/Wohnzimmer der 1 1/2 Zimmerwohnung. Die Schlappen klopfen dabei auf dem Boden, so dass die Nachbarn unter ihm merken, es gibt Herrn Schmidt.
Er lässt sie vor dem kleinen Tisch der Singlewohnung nieder, gießt sich einen neuen Kaffee in die Tasse und schlägt die Zeitung auf der leeren Tischplatte auf. So hockt er eine Stunde vor seiner abonnierten Zeitung, die er alle zehn Minuten mal laut raschelnd umschlägt, manchmal seufzt er stumm. Dann drückt er sich an der Tischkante hoch, faltet die Zeitung wieder ordentlich zusammen, so als ob noch keiner sich über die neusten Nachrichten informiert hätte und schmeißt sie in den Müll unter der Spüle, den er pünktlich einmal die Woche leert.
An der Haustür, hinter der sich Herrn Schmidts Wohnung befindet, hängt mit Tesa angeklebt ein kleines Schild. Auf dem ist in gutleserlicher Schrift zu lesen: " Er ist blind und taubstumm."
Dies haben die Nachbarn aufgehängt um nicht immer die monatlich auftauchenden Vertreter verärgert darauf hinweisen zu müssen, dass er doch nicht öffnet nach zehnminütigem Klingeln.

Liferipper
15.01.2005, 17:36
während die Augen schon über die großen Schlagzeilen des Tages fliegen,

Wage ich zu bezweifeln, wenn er blind ist. Auch wenn es wahrscheinlich dasteht, um die Verwirrung zu steigern, solltest du mit diesem Satz nicht den Tatsachen widersprechen.
Übrigens schreibt man Tesa ohne "H" ;).

Cyberwoolf
15.01.2005, 20:34
Ich glaub du musst dir die Geschichte noch mal durchlesen, so komplizirt, dass der tatsächlich Blind wär is nich. Der letzte Teil war schon etwas merkwürdig, hat aber doch reingepasst. Und vllt. meint er ja eine Fantasiefirma namens Thesa, ich weis ihn ja auch nicht darauf hin, dass es "nach zehnminütigeM Klingeln" heißt.

Kamui
16.01.2005, 03:57
Die grundlegende Idee die in dieser kleinen Geschichte steckt finde ich persönlich sehr interessant.^^ Dennoch würde ich an deiner Stelle die Auflösung des Ganzen, also diesen Satz hier..
" Er ist blind und taubstumm." .. wirklich ganz ans Ende des Textes packen. Denn durch die nachfolgende Erklärung warum die Nachbarn dieses Schild aufgehängt haben geht diese Aussage ein wenig unter.
Aber ansonsten ein wirklich netter Text.^^

Cyberwoolf
16.01.2005, 16:44
Wohoho! Moment mal! Der ist wirklich blind und taubstumm?

schreiberling
17.01.2005, 15:02
hmmm...
also,liferipper,mit dem "fliegenden Augen"...ich hatte meine Probleme damit,wollte natürlich dass der erste Eindruck gewahrt bleibt, aber eine Anspielung aufs spätere "Vorende" setzen.Ich dachte mir,Blinde können, je nach genauer Erkrankung, zum Teil die Augen öffnen...weiß nun auch nicht genau was ich mit dem Satz machen soll, ich lass ihn mal unter Vorbehalt stehen.
-war mir schon klar,dass du diese Schwachstelle findest. ;)

das Thesa welches ein Tesa ist...hatte einfach keine Ahnung wie sich das Teil schreibt und hab mir da auch keine Gedanken drüber gemacht.-wird verbessert :D


" Er ist blind und taubstumm."
- dieser Satz hier ist aber nicht die ganze Wahrheit :D deswegen steht er auch kurz vorm Schluss und nicht am Schluss :D
es geht mir eigentlich um eine andere Aussage...aber wenn dir die Geschichte anders gefällt dann lies sie anders ;)

wolf:woher soll ich wissen ob der blind und taubstumm ist? :D

Rechtschreib- bzw Tippfehler unterlaufen mir übrigens ständig,geht davon aus,dass ichs richtig meinte :D

Stan
17.01.2005, 15:56
Mir gefallen die vielen einen Klang beschreibenden adjektive, vorallem zu Beginn des Textes ("Scheppernd", "Kommentar des ärgerlichen Briefschlitzes", "Schlappen klopfen" [...]). Die Formulierung "so als ob noch keiner sich über die neusten Nachrichten informiert hätte und schmeißt sie in den Müll" empfinde ich als ein wenig umständlich zu lesen und würde wenigstens das "so" entfernen. Des Weiteren ist auch dieser Satz irreführend, da sich ja noch niemand "über die neusten Nachrichte informiert" hat.

Den Text habe ich als Kritik an die Nachbarn des Herrn Schmidts verstanden. Dieser ist eindeutig hilfsbedürftig (da der Name Schmidt ein ganz gewöhnlicher ist, könnte das ein Hinweis auf die hohe Anzahl der Hilfsbedürftigen in Deutschland sein) und dennoch wird er von seinen Nachbarn nicht unterstützt. Der Satz " Er ist blind und taubstumm.", bei dem übrigens ein Leerzeichen zu viel ist, ist imo deshalb nicht ganz am Schluss, weil das Ende die Erklärung über die Nachbarn ist, welche das Ziel der Kritik sind. Anstatt dem armen, und vorallem einsamen, Mann zu helfen, hängen sie ein Schild an dessen Tür "um nicht immer die monatlich auftauchenden Vertreter verärgert darauf hinweisen zu müssen, dass er doch nicht öffnet nach zehnminütigem Klingeln." Die Wörter "verärgert" und "müssen" signalisieren hier die schnelle Aggression bei den Nachbarn und ihre Unfähigkeit zu helfen. So hab ich's verstanden.

Cyberwoolf
17.01.2005, 16:28
- dieser Satz hier ist aber nicht die ganze Wahrheit :D deswegen steht er auch kurz vorm Schluss und nicht am Schluss :D
es geht mir eigentlich um eine andere Aussage...aber wenn dir die Geschichte anders gefällt dann lies sie anders ;)


*Kopf gegen die Wand hau* Hab doch glatt über die andere Interpretationsmöglichkeit den Kern, den ich zu erkennen glaubte wieder vergessen. Aber ich glaub jetzt hab ich's wieder.

Kamui
17.01.2005, 23:17
- dieser Satz hier ist aber nicht die ganze Wahrheit :D deswegen steht er auch kurz vorm Schluss und nicht am Schluss :D
es geht mir eigentlich um eine andere Aussage...aber wenn dir die Geschichte anders gefällt dann lies sie anders ;) oh man...ich sollte aufhören morgens um halb 5 noch solche Texte zu interpretieren...da kann ja nur sowas bei rauskommen :p
Vielleicht lags auch einfach daran, dass ich gern gesellschaftskritische Dinge überlese, da man sich schon so sehr an sie gewöhnt hat.^^
Dennoch bleibe ich dabei ein wirklich interessanter Text.^^ Wobei ich meine eigenwillige Interpretation dann doch ein Tick besser finde. ;)

schreiberling
18.01.2005, 19:48
hmmm...

@Stan: freue mich wahnsinnig,dass mal jemand meine so oft erzwungenen Stilmittel aufs Korn nimmt, versuche die irgendwie immer einzubauen, aber wirklich auffallen tun sie den meisten nicht
deine Interpretation kommt übrigens meinem Gedachtem sehr nahe ;)

@Kamui:deine Interpretation war genial... aber du solltest aufhören meine Texte zu lesen,wenn du keine Gesellschaftskritik leiden kannst,ich befinde mich irgendwie in so ner Phase,da läuft ungewollt alles in so ne Richtung...
kommt davon wenn man zu viel Borchert und Böll liest :D

Cyberwoolf
18.01.2005, 20:35
@Stan: freue mich wahnsinnig,dass mal jemand meine so oft erzwungenen Stilmittel aufs Korn nimmt, versuche die irgendwie immer einzubauen, aber wirklich auffallen tun sie den meisten nicht


Bitte? Deine Stilmittel springen einen an und verbeißen sich in dessen Augen! Genausogut könntest du in einer Wüste auf eine Bronzeglocke schlagen. Das du zwanghaft versuchst die einzubauen liest man teilweise wirklich raus.