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schreiberling
13.01.2005, 16:48
Harte Rockmusik

Harte Rockmusik läuft während der junge Mann in der Kneipe sein Mal einnimmt.
Das rosa Poloshirt sitzt eng am hauchzarten Oberkörper, Muskeln sind nicht zu erkennen.
Sanft streicht er über das Ketchup im Plastikbeutel, das so liebevoll gestreichelt, statt immer geklopft und mit einem Furz auf dem Teller landend, sich beeilt dem werten Drücker es recht zumachen.
Als nun ein sorgfältig geformter kleiner Berg Ketchup sich auf dem Teller häuft, rückt er sich zurecht, setzt sich aufrecht vor sein Abendessen: Pommes mit Ketchup, von der Kinderspeisekarte.
Dann schiebt er, die beim Ketchup ausdrücken auf die Nasenspitze gerutschte Brille wieder über den kleinen markanten Hügel auf seiner Stupsnase. Für einen kurzen Moment hält er inne, vielleicht wünscht er sich selbst "guten Appetit", vielleicht spricht er auch in Gedanken ein Tischgebet, sehen kann man dass nicht, dann greift er rechts und links neben den Teller, auf der Suche nach Messer, Gabel und einer weißen Papierserviette.
Finden tut er diese allerdings nicht am gewünschten Ort, die unfreundlich Bedienung in ihrer schwarzen Lederhose hat alles einfach nahe der Tischkante hingeknallt, im Vorbeigehen. Er sieht sich kurz die Tischecke mit dem Besteck an, wirft einen Blick zur lederbehosden Bedienung, die hinter dem Schanktisch steht und sich lautstark in eine Diskussion mit einem langbärtigen Stammkunden vertieft hat, greift sich folgend ans babyweiche Kinn um eine Denkerpose einzunehmen, erst dann nimmt er seufzend das Besteck, mit sorgengefalteter Stirn.
Er lässt es sich nun richtig schmecken, spießt jede einzelne Pommes auf die Gabel, bestreicht es unter Zuhilfenahme des Messers, dünn mit Ketchup und führt dann vorsichtig die Gabel zum Mund. Nicht so wie das hier alle tun, den Mund zur Gabel führen und das blutige Fleisch im großen Stück in den Mund zwängen.
Nach dem ersten vornehmen Kauen mit geschlossenem Mund, so wie das hier keiner macht, wischt er sich die Hände an der Papierserviette ab, die um seinen Hals hängt, sicher in den Hemdkragen gesteckt, nicht gestopft so wie das hier alle tun. Dann greift er langsam nach seiner kleinen Apfelsaftschorle, nimmt sie vorsichtig vom Bierdeckel, denn daran kleben sie oft, um sie dann langsam, sie ist noch ganz gefüllt, zum Mund zu balancieren.
Dabei nickt ihm ein alter Lederwesten-Träger, hinten in der Ecke ganz allein sitzend, zu, und hebt sein dickbauchiges Bierglas ebenfalls. Höflich will auch er ihm mit dem Glas zuprosten, bei dem Versuch schwappt allerdings die Hälfte der hochgefüllten Apfelsaftschorle über und platscht auf seine Pommes.
Rot anlaufend zieht er die zerknitterte Papierserviette aus dem Hemdkragen, er wischt die Apfelschorlepfütze vom rohen Holztisch.
Lautes Lachen aus allen Ecken begleitet die Peinlichkeit.
Diszipliniert isst er weiter, hebt weder den Kopf, noch antwortet er in einer anderen Form dem lachenden Personal und Gästen, die ihn veralbern und sich lautstark für ihn bestimmte Schimpfnamen durch die Kneipe zurufen.
Langsam wird es wieder leiser, nur noch die E-Gitarren der harten Rockmusik kreischen und ab und an hört man noch ein glucksendes Lachen.
Seine komplett durchweichten Pommes hat er alle aufgegessen, so wie sich das gehört. Nur noch eine große Apfelsaftschorlenlache steht auf dem sonst leeren Teller.
Zaghaft hebt er die Hand, als er nach erneutem Händeabwischen an der schmierigen Papierserviette sein Glas ausgetrunken hat. Er möchte zahlen.
Erst nach Minuten, in denen er nur still da sitzt und versucht Blickkontakt zur lederhosentragenden Bedienung aufzunehmen, sie in anguckt, grinst und ignoriert, bewegt sich jene. Das Lachen nicht verkneifend kommt sie an den Tisch:
"Hat's geschmeckt?", fragt sie bittersüß.
"Ja, sehr gut", sagt er wieder schamhaft errötend.
"Dann ist's recht, ich wird's dem Koch ausrichten", lacht sie, und nennt anschließend den Betrag, den er schweigend bezahlt, mit hohem Trinkgeld.
"Komm bald wieder, Jungchen", sagt sie dann noch mal, breit grinsend und geht so, wie es sich für eine richtige Rockerbraut gebührt, breitbeinig hinter ihren Schanktisch zurück.
Langsam steht er auf und erntet erneutes Gelächter, das die harte Rockmusik übertönt.
Dann geht er breitbeinig, wie sich das für einen echten Rocker gehört, an den Tischen vorbei, durch die von Zigarettenqualm vernebelte Luft, zum Ausgang.
Seine Anzughose spannt dabei im Schritt.

Cyberwoolf
13.01.2005, 20:26
Beeindruckender Text, oh Meister der Nebensächlichkeiten. :D

Darüber werd ich wohl noch ne Weile nachgrübeln. Vielleicht ist bis dahin auch das Grinsen aus meinem Gesicht verschwunden. Deine Geschichten sagen einfach alles und nichts, weiter so!

Serpico
25.01.2005, 18:03
...hmm, was soll ich sagen ...es gefällt mir absolut nicht

...hunderte von klischees, die du scheinbar ganz gerne verwendest, aber die zu nichts gut sind und damit wieder zu dummen klischees werden, eine geschichte, die auf ein foto passen würde und das einzige, was darin zu erkennen ist, scheint "anzugmann passt nicht in rockerbar" zu sein ...selbst, wenn du da noch irgendwelche hochintelligenten gesellschaftskritiken verpackt haben solltest, ist die verpackung zu langweilig, um in ihr herumzuwühlen ...ich hoffe, du lässt diese "schnappschussgeschichten" nicht zu deinem markenzeichen werden

...ist aber bloß meine persönliche meinung und ich denke, du wirst mir das verzeihen


...thx

schreiberling
25.01.2005, 19:08
hmmm...was soll ich da denn antworten?
die Klischees sind natürlich extra eingeflossen,und darauf basiert eigentlich die Story,wenn man sie alleine betrachtet mögen sie vielleicht einfach "dumme Klischees" bleiben, aber ich habe versucht,so feinfühlig wie ich es vermag,mit ihnen zu spielen,sie zu einem kleinen Turm,vielleicht einer Barriere aufzubauen.
Das was du als "dummes Klischee" bezeichnest ist das Streichholz, oder der Rammbock der alles vernichten kann-gebe praktisch dem Leser die Möglichkeit in voller Wut alles nieder zu machen,( ich will praktisch solche reaktionen wie deine hervorrufen,nur mit einer anschließenden Aktion)oder sich auf dem Erzählten auszuruhen-was dann im letzten abschließenden Satz zu Tage tritt.
auf den kommst du nämlich gar nicht zu sprechen,und den finde ich persönlich eigentlich die Lösung,und fast das Wichtigste am Ganzen.

so wollte ichs zumindest schreiben,vielleicht ist es mir nicht geglückt,ich verzeihe dir ;)

Serpico
25.01.2005, 19:35
die Klischees sind natürlich extra eingeflossen,und darauf basiert eigentlich die Story,wenn man sie alleine betrachtet mögen sie vielleicht einfach "dumme Klischees" bleiben, aber ich habe versucht,so feinfühlig wie ich es vermag,mit ihnen zu spielen,sie zu einem kleinen Turm,vielleicht einer Barriere aufzubauen.
...genau das meinte ich ja, ist dir in meinen augen gründlich misslungen


so wollte ichs zumindest schreiben,vielleicht ist es mir nicht geglückt,ich verzeihe dir ;)
...ich dir ja auch ;)


...thx