PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : folge einer selbst



Serpico
22.11.2004, 02:43
Der Knoten unserer Himmel Horizonte ist das Wechselbad, an dem sich Geist und Gedanken frei gegenüberstehen und realisieren, dass sie einander fremd und farblos sind.
Nur der Anstrich der Erkenntnis vermag ihnen eine neue Gestalt zu geben, doch muss dieser Vorgang dem Sehen der eigenen Hülle folgen, welcher nur durch einen Zeig von außen möglich scheint.
Unfähig, sich einem Dritten zu offenbaren, stehen sie, gleichsam Kind, in einer wartenden Haltung, ohne den Boden unter sich zu fühlen.
Nun bedarf es jemanden, der emphatisch auf sie wirkt, ohne sie in ihren Selbstzweifeln allzu sehr zu treffen.
Es schaffen aber nur wenige den Weg zu dieser schwarzen Lichtung des Seins.
Doch gibt es wohl einige, worunter sich allerdings die meisten im Bund mit dem Tode befinden, was die zwei stillstehenden Parteien in ihrer Selbstzerstörung zwar zunächst in ungeahnte Höhen katapultieren, sie letztlich aber zu früh zu Grunde richten würde.
Welche nicht letale Erscheinung vermag sie aber aus ihrer Apathie, ihrer Lethargie, der Stagnation ihrer Wahrnehmungen herauszureißen?
Wohl nur etwas, das aus der Symbiose von Hoffnung und Zweifel hervorgeht.
Bis dahin... warten wir.

...dies einmal geschrieben, erhebt sich der leblose Körper in dem für ihn geschaffenen Raum und sieht sich um.
Er vermag nicht, zu beschreiben, wodurch die Leere in den Dingen entsteht, aber sie ist zu deutlich, als dass er sie einfach übersehen könnte.
Verzweiflung macht sich breit.

Das Leben eines Menschen.
Du stehst auf, isst dein Frühstück. Cornflakes mit Milch, mehr bekommst du nach dem Aufstehen nicht runter. Deine Wohnung ist klein und nichts sagend, genauso wie du selbst.
Heute ist Spielabend.
Die anderen wollen, dass du kommst, weil du „den Koffer“ hast.
Du gießt deinen ertrunkenen Kaktus, seinen Tod hast du noch nicht realisiert. Es geht die kurze Treppe hinab, hinaus, die frische Luft schlägt dir ins Gesicht wie Leichengeruch. Hinter dir wird das Haus kleiner und andere ziehen an dir vorbei. Die Straße wird von Teer zu Kopfstein und der Weg eine brüchige Landschaft. An einer bestimmten Stelle macht die Straße einen Knicks und du verlässt sie auf einen Feldweg, der dich rasch zum Walde führt. Die Beine wollen schneller, können aber nicht und deine Nase liegt wie ein Fremdkörper an deinem Gesicht. Kein Schal, der deinen Hals schützen würde, du hast einen, aber nicht mitgenommen. Warum, weißt du nicht. Am Wald angekommen, setzt Regen ein. Es ist nicht kalt genug für Schnee. Die Bäume sammeln die Tropfen und werfen sie dir gebündelt ins Gesicht, wobei du deine Haarlänge am Nacken spürst. Die Lederschuhe unterliegen langsam der Nässe des matschigen Bodens und geben die Feuchtigkeit an deine Socken ab.
Du findest Frieden auf dem Weg und verlierst ihn wieder.
Angekommen im nächsten Ort. Hier musst du hin. Deine roten Finger werden heller beim Drücken der Klingel.
Einer macht auf.
Drinnen hängst du deine Jacke an einen Platz, an dem du sie später wieder suchen wirst. Die Stimmung ist ausgelassen. Witze werden gerissen, bei denen du nicht mitlachst und stumm das Spiel vorbereitest. Beim Trinken von alkoholischen Getränken beteiligst du dich. Langsam verändert sich der Klang deiner Freunde, sowie deiner. Für einen war es zuviel, er liegt hinter einem Palmenimitat und könnte sich vielleicht übergeben haben, was du jedoch nicht herausfindest, da du ihn nicht weg hebst. Zunehmend wird auch deine Wahrnehmung benommener. Abstumpfen ist etwas befriedigendes.

Schlaf.

Keine besonderen Nachwirkungen des gestrigen Abends, die Bedeutung hätten. Der Koffer ist schnell zusammengepackt und die Freunde noch schneller verabschiedet. Sie wollen heute noch irgendwas unternehmen. Du gehörst nicht dazu.
Heute ist es wärmer, aber dir kommt es kälter vor. Mit angezogenen Armen läufst du durch den Wald. Auch das Feld ist schnell überquert.
Die Stelle wo du wieder auf die Straße musst.
Ein Autofahrer fährt schnell um die Ecke, er hat es eilig und sieht dich nicht.
Du stirbst nicht sofort, sondern erst beim Aufprall auf den Boden, denn du kommst ungünstig auf. Langsam verwischt die Umgebung, etwas stärker als gestern.

„Hallo und bis bald“, ist der Ort des Leidenden.
Nicht größer, nicht kleiner ist des toten Vogels Wald.

Ein weißer Raum.

Mit weichen Bewegungen stand die Gestalt von dem Bett auf und sah sich um. Der Raum hatte eine Form und die Gestalt ebenfalls. Dies erkannt, erblickte sie etwas am Blickpunkt aller Seiten. Ein leerer Tisch. Plötzlich begann Wasser an den Wänden herab zulaufen und der Tisch füllte und leerte sich mit Dingen, die die Gestalt nicht kannte. Als der Raum zusammenbrach trat Feuer in die Umgebung und die Gestalt schrie.

Wenn ich sein könnte, wer ich wollte.
Will es jetzt nicht mehr zu wissen glauben.
Die Sonne Brennt.
Doch das Eis will nicht schmelzen.
Wir rinnen dahin.

Zu finden, was man sucht, zieht oft den größten Schmerz nach sich.
Ich kenne mich nicht.

toho
22.11.2004, 16:09
Ich musste nach den ersten sätzen erstmal schlucken.
Du hast mich sehr getroffen, mehr kann ich jetzt nicht sagebn

schreiberling
22.11.2004, 16:21
oha, schwere Kost. könnte Verdauungsprobleme bereiten. Trotzdem hab ichs mal geschluckt.
Nein, ich werde nicht versuchen zu interpretieren! :D Ruhe mich lieber,ängstlich wie ich bin, auf der Gewissheit aus den Ansatz zu verstehen... mehr will ich gar nicht wissen(will ich natürlich schon)wird aber einige Zeit dauern bis ich mehr verstehe...
ich habe nur eine Frage zum Verständnis:Ist der erste Absatz die Erklärung der Folgenden?und die Folgenden so zu sagen die Beispiele für die "Theorie" des ersten?

am besten Gefällt mir das "Geschrei" am Schluss, ich stelle mir dabei die Bühne eines existenziellistisch geprägtem Theater vor, auf dem diese Gestalt steht. Und ich, der ich blöd trielend im Zuschauerraum sitze erschreckt aufspritze, zu Tode erschrocken. Ein Weckruf alle mal.

NeoInferno
22.11.2004, 19:21
Gefällt mir sehr gut.

Dein Text ist komplex, aber es ist keine künstlich aufgesetzte dem Selbstzweck dienende Komplexität wie man sie in einigen anderen Geschichten vorfindet. Die Sprache ist kaum gekünstelt oder bildhaft metaphorisch, trotzdem wirkt die Geschichte.
Sie wirkt ohne dass man alles verstehen muss.

Normalerweise zerstören häufige umgangssprachliche Ausdrücke in einem ansonsten alles andere als umgangssprachlichen Text den Lesefluss. Es wechseln sich zwar subtile Poesie und nicht Poesie ab, bilden aber trotzdem eine Einheit, dein Text ist wirklich ein Text, von Anfang bis Ende.


Zu finden, was man sucht, zieht oft den größten Schmerz nach sich.
Dieser Satz allein und ohne Kontext kann man glatt als kleine Lebensweisheit durchgehen lassen. Bravo :)

Serpico
24.11.2004, 00:44
...danke für die postitve kritik :)

@Sense: ...das ist übrigens eine ungefähre textform des filmes, den ich mit dir machen will ...du sollst den sterbenden spielen ...aber im film gibt es keinen prolog, dafür einen zusätzlichen teil am ende und der abschnitt in dem weißen raum ist deutlich länger

@schreiberling: ...ich schätze deine arbeiten sehr und freue mich, von dir positive worte zu hören ...zu deiner frage: ich sehe es nicht als erklärung, ganz und garnicht, eher als ausgangspunkt

@NeoInferno: ...du postest sehr wenig, daher finde ich es natürlich besonders cool, dass ich dir schon das zweite mal einen positiven post entlocken konnte :p ...was du übrigens ansprichst, mit dem aufgesetzten und den gemischten stilen, hatte mich erst zögern lassen, den text zu posten, da ich befürchtete, dass er genauso aufgefasst werden würde, aber scheint ja (bis jetzt) nicht der fall zu sein ;)

...thx