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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Offziell: Zurück von der Front



Rübe
15.08.2004, 01:48
Jawoll meine Lieben, ich bin definitiv zurück von meinem Militärdienst (nachdem ich ihn um 3 WOchen verlängert habe, aber dazu komme ich noch...). Und, meine werten Kollegen, es gibt viel zu erzählen. Immerhin, ich bin eine bis an die Zähne bewaffnete Büroordonnanz. Wer das jetzt für einen Scherz hält, den muss ich enttäuschen. Bei mir zuhause steht mein persönliches SIG Sturmgewehr Kaliber 5,6mm, ein Gewehr, das nur die Schweizer Armee benutzt (AFAIK), der Rest verwendet das M16 oder die ehm. sowjetische AK-Serie. Zu meiner Waffe gibt es demnach auch eine interessante Anekdote: Alle NATO-konformen Waffen haben ein Kaliber von 5,56mm... Merkt ihrs? DIe Schweizer Armee kann eure Munition brauchen... Umgekehrt geht das aber nicht. Wieso dem so ist, dürfte das Geheimnis der drittstärksten Armee der Welt bleiben (Achtung: Eine Aussage, die die Armee selber getroffen hat). Aber ich will euch lieber von meiner Ausbildung erzählen, was ich gelernt habe und schliesslich was ich von dieser Armee halte.

http://www.varusteleka.fi/aselista/marui_sig550.jpg

Im Grunde hat sich meine Ausbildung in der Rekrutenschule in 4 Kapitel geteilt: AGA (allgemeine Grundausbildung), FGA (Fachgrundausbildung), KaderS (wo ich als Bürohengst auf dem Kommandoposten gearbeitet habe) und Offiziersschule (wo wir zu zweit in der Schulkanzlei gearbeitet haben). Dabei war die AGA wohl das anstrengenste und ermüdenste, was ich je erlebt habe.

AGA
Am 13.März wurde ich Rekrut... und eine Woche später brach mein Wille... zumindest könnte man es so sagen. Fakt ist: Wider erwartens wurden alle Büroordonnanzen (eher unsportliche Typen) auf dem Feld zu Soldaten ausgebildet. Das heisst robben, schiessen, rennen, Magazine wechseln, Sanitätsdienst, Übernachten im Freien mit Restlichtverstärker ect. ect. Dabei kann man schon schnell an seine physischen Grenzen stossen. Vor allem Robben ist wohl die sinnloseste Fortbewegungsart, die existiert: Man kommt nicht vorwärts und ist nach 50 Meter so müde wie nach einem 12-Minutendauerlauf. Die WIese glich einem Moor, als wir intensives Gefechtstraining hatten, die Läufe der Gewehre waren zentimeterweit mit Dreck gefüllt, bis man die Manipulierpatronen wieder gefunden hat, vergingen Minuten, weil die Dinger unfairerweise die Farbe des Bodens annahmen (je...). Trotzdem war es so besser, als wenn die SOnne sticht. Das ist an einem anderen Tag passiert, unser Obergefreiter hat uns mit einer Laserpistole (gehört zu einem Gefechtstrainingskit, SIM-Ausrüstung genannt, das einen Ton abgibt, falls man getroffen wird) beschossen, in der brütenden Hitze robbten wir 40 Meter und sind fast draufgegangen... Zumindest ein anderer Rekrut soll einen Hitzeschlag erlitten haben. Das andere Extrem erlebten wir mitte April, als wir im Wald übernachteten: Um 2 Uhr früh hatten wir zu viert Wachschicht, und es hatte geschneit... Ein Kamerad von mir hatte die Schuhe draussen stehen lassen, was nicht gerade für Freude sorgte. Angenehmer waren da immer die Übungen im 300 Meter-Stand... Liegen und 20 Schuss abgeben, das war so ziemlich alles, was es da zu tun gab.
Trotz all der Unannehmlichkeiten brachte ich es fertig, sogar dekoriert zu werden und das Abzeichen für Kameradenhilfe zu ereichen, das seither meine Ausganguniform ziert. Wenigstens eine schöne geschichte... Und irgendwann endete auch dieser Teil, nach knapp 2 Monaten wurde unser Zug aufeglöst und wir ins Büro versetzt.

FGA
Die Fachgrundausbildung dauerte gerade eine Woche... Instruiert von Fourier von Wartburg, dem keine Reglemente zur Verfügung standen, lungerten wir mehr draussen herum und schliefen in der Sonne. Das ganze hatte den Zweck, dass wir Ende Woche wirklich "Büroordonnanzen" waren... eigentlich lächerlich, aber ein wenig Erholung tat uns gut.

KaderS
Die Arbeit an der Kaderschule war wenig anstregend... Selten mussten Telefone von oben beantwortet werden, wir organisierten den Fuhrpark, Material für die Unteroffiziersanwärter und die Instruktoren und schrieben für die nächste Rekrutenschule Drehbücher. Den Rest verbrachten wir mit Zeitunglesesn und DVDs. Wir arbeiteten mit 4 verschiedenen Feldweibeln und einem Fourier zusammen und lernten, wie die Wiederholungskurse aussehen werden... Bis zu einem Tag an dem wir plötzlich in die Hauptstadt versetzt wurden. Und so begann die letzte Phase...

Offiziersschule
An der OS in Bern erwartete uns ein viel strafferer Bürobetrieb, geführt von einem Adjudanten und einem Fourier und direkt einem Generalstabsoberst unterstellt. Es gab viel Arbeit, viele Telefone, viele Kopier- und Dokumentaufträge... Und während der Manöver der Offiziersaspiranten besetzten wir 24 Stunden die Telefonanschlüsse. Anstregen, aber man hatte wenigstens zu tun... Während dieser Zeit entschloss ich mich, nach der RS einen WK (Wiederholungskurs) anzuhängen. Ich bin im Moment sowieso arbeitslos und da war das Militär als Arbeitsgeber so gut wie jeder andere... Ausserdem brauch ich erst 2006 wieder einzurücken, bis dann hab ich RUhe.

Trotz viel Leerlauf und harten Anstrengungen war die Zeit beim Militär eine Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte. Noch nie habe ich in so kurzer Zeit so viele Leute kennengelernt und mich auf Anhieb mit ihnen vertanden. Immerhin sitzt man im gleichen Boot, was alles erträglich macht. Zudem gibts es einige Dinge die man lernt: Sanitätsdienst ist auch im Zivilleben sinnvoll, eine zusätzliche Fahrausbildung kann auch nicht schaden und Disziplin würde vielen jungen Leuten gut zu Gesicht stehen. Die schweizer Armee schafft ausserdem Arbeitsplätze für Leute, die sonst keinen Job hätten und ist im Vergleich zu einer Berufsarmee viel günstiger. Viele Pazifisten werden herumjammern, dass eine Armee kriegstreibend sei, aber ich glaube hier bildet unsere eine Ausnahme: Während Frankreich oder Deutschland noch über Angriffswaffen verfügen, da sind solche bei uns verfassungswidrig. Ergo: Wir können keine Kriege auslösen, nur von uns fernhalten... Immerhin sind die Langhaarigen, die immer herummosern und stänkern wahrscheinlich die ersten, die von Bewaffneten beschützt werden wollen, sobald ein Krieg ausbricht. Und die Vergangenheit hat bereits bewiesen: Der Mensch ist nicht rational genug, als das Mann Kriege in Europa bereits ganz vergessen könnte. 1918 wurde gelaubt, dass nie wieder ein Krieg über Europa käme... der Rest ist Geschichte.. Man denke, was passieren könnte, wenn ein Jean Marie LePenn an die Macht käme. Und dennoch hat die Armee noch einiges an Sparpotential: Warum eine Büroordonnanz oder ein Koch ein Sturmgewehr hat, ist mir ein Rätsel. Pistolen wären günstiger und genau so Effizient für Frontferne Truppen.

Soviel von mir, bleibt mir nur noch, die Grössten Idioten zu nennen, die mir in diesem halben Jahr begegnet sind:

-Hauptfeldweibel Heiniger... 25, lebt bei Mama und ist machtgeil, kann
kein Französisch, spricht es aber trotzdem...
-Fourier Büchi... ein richtiger Armleuchter und Heinigers Stiefel-
lecker. Hält sich für etwas besseres...
-Obergefreiter Favre, ein Welscher, ein Figger, ein bekennender
Hooligan mit rassiertem Schädel... ein Mensch, mit dem man nichts zu
tun haben will...

Es gäbe da noch weitere... aber nach Oben bin ich lieber still, vielleicht hat die Armee leute, die das Internet durchkämmen. Und das wäre mir hinderlich, wenn ich später zum Fourier werden möchte.

So, das wars auch schon, hoffe konnte einige Einblicke gewähren und euch etwas amüsieren.

Kamahl
15.08.2004, 11:03
ja mein lieber, ich werde mir das ganze ersparen und zivi machen, was eigentlich eine ganz schöne frechheit ist.
mein bester freund, ein halbprofessioneller handballspieler wird auf t3 gemustert und ich, ein absolutes wrack auf t2..... naja, mach ich halt zivi. werde dann auch nen thread aufmachen und euch davon erzählen, vielleicht als monatliches tagebuch..... aber erst mal muss sich mein abi machen......

trotzdem Glückwunsch zum bestandenen Staatsdienst!

Amaurosis fugax
15.08.2004, 18:38
Respekt Rübe! :A

Gerade vor ein paar Tagen habe ich meinen Marschbefehl für den Orientierungstag erhalten.
Bin ziemlich neugierig, wie das da so zugeht. ;)

Trotz viel Leerlauf und harten Anstrengungen war die Zeit beim Militär eine Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte. Noch nie habe ich in so kurzer Zeit so viele Leute kennengelernt und mich auf Anhieb mit ihnen vertanden. Immerhin sitzt man im gleichen Boot, was alles erträglich macht. Zudem gibts es einige Dinge die man lernt: Sanitätsdienst ist auch im Zivilleben sinnvoll, eine zusätzliche Fahrausbildung kann auch nicht schaden und Disziplin würde vielen jungen Leuten gut zu Gesicht stehen.
Joa, in ihrem Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung liegt wohl ein Hauptnutzen der Armee.

Dieser Erfahrung werde ich mit meinem Rücken (verschobener Wirbel) jedoch vermutlich entgehen, denn so wie es aussieht, sind auch Büroordonanzen einigem an physischer Belastung ausgesetzt. Auf eine Art wäre das ja schade, andererseits würde mir so mehr Zeit für Reisen zur Verfügung stehen.

Rübe
16.08.2004, 07:31
Wohl wahr... manchmal fällt mir auch ein, dass ich ohne armee inzwischen schon ein Semester hinter mir hätte... Janu, s'ist wie's ist...