PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kurzgeschichte - Abenddämmerung



Goddess
29.07.2004, 15:32
Die Abenddämmerung war bereits weit voran geschritten und die Nacht brach mit großen Schritten über die Stadt herein. Der Himmel war tiefblau gefärbt und ein letzter kleiner Streifen Licht war noch am Horizont zu sehen. Der Halbmond stand leuchtend am Himmel und die ersten Sterne forderten ihren Platz am Firmament. Ihre Schritte hallten durch die angehende Nacht, als sie den gepflasterten Weg durch den kleinen Wald entlang ging. Sie nahm den Geruch von frisch gemähtem Gras wahr und fühlte eine sanfte Brise frischen Sommerwindes über ihre Haut streichen. Obwohl es für diese Jahreszeit viel zu kühl war, erschauderte sie nicht. Nein, sie fühlte sich irgendwie geborgen und frei. Ja, frei und unabhängig. Sie konnte sich selbst spüren, sich selbst wahrnehmen, wie schon lange nicht mehr. Sie blickte nach oben und sah, wie der Wind heftiger durch die Blätter der hohen, alten Bäume strich. Ihre langen schwarzen Haare wehten wild im Wind. Anstatt irgendwo Schutz zu suchen, blieb sie stehen, legte ihren Kopf in den Nacken und genoß wie Luftzüge sanft ihren Kopf umstreichelten und der Mond ihre Haare wie ein wehendes Seidentuch in seinem Schein schimmern ließ. Sie schloß ihre Augen. Ein Gefühl durchströmte ihren Körper, ein Gefühl, das sie schon lange nicht mehr ihr eigen nennen durfte. Wohlige Wärme breite sich in ihrem Körper aus und sie fühlte sich zum ersten Mal nach so langer Zeit wieder glücklich. Ihre Gedanken schweiften umher und sie erfreute sich an jedem einzelnen, bis sie plötzlich ihn vor sich sah. Seine Augen, seine Lippen und diese zärtlichen Hände. Abrupt rieß sie ihre Augen auf und fühlte wie eine heiße Träne über ihre linke Wangen floß. Warum musste sie ausgerechnet jetzt an ihn denken? Jetzt wo sie dachte es endlich überwunden zu haben, damit umgehen zu können? Jetzt wo sie endlich mal wieder glücklich war und hätte lächeln können. Warum tat er ihr das an? Verfolgte er sie? Vielleicht sogar mit Absicht? Sie schüttelte diese Gedanken schnell wieder von sich ab. Nein, er hätte ihr niemals etwas Böses gewollt. Niemals hätte er sie verletzten können. Sie liebten sich doch und sie würden für immer zusammen bleiben. Bis in alle Ewigkeit. Das hatten sie sich versprochen… aber er hatte gelogen. Er hatte sie allein gelassen. Allein in dieser grausamen Welt, allein mit all diesen Menschen. Immer mehr Tränen flossen über ihr Gesicht und sie wimmerte leise. Hektisch blickte sie um sich, um sich irgendwie auf andere Gedanken bringen zu können. Durch ihre Tränen der Verzweiflung hindurch konnte sie wage etwas auf dem Boden erkennen. Sie näherte sich mit langsamen Schritten dem sich im Wind biegenden Objekt. Schließlich erkannte sie, dass es eine Rose war, die ihre Blüte trotz der späten Stunde immer noch geöffnet hatte. Bei näherem Betrachten sah sie, dass die Rose schwarz schimmerte. Nein, ihre Blüte war tatsächlich schwarz. Verwundert hockte sie sich davor und betrachtete sie neugierig. Langsam streckte sie die rechte Hand danach aus und zuckte sofort wieder zurück. Verwundert blickte sie auf ihre Handinnenfläche und sah wie sich ein kleines Rinnsal Blut seinen Weg Richtung Handgelenk bahnte. Aber sie war sich doch sicher gewesen, die Rose noch gar nicht berührt zu haben! Außerdem konnte sie weder Dornen noch ähnliches an der Pflanze erkennen. Ferner spürte sie keinerlei Schmerz in der Hand, sie sah nur das dunkle, immer dickflüssiger zu werden scheinende Blut. Vielleicht war es gar nicht ihr eigenes? Oder sie hatte sich zuvor irgendwo geschnitten und es nicht bemerkt. An der Rose konnte es augenscheinlich nicht liegen. Sie strecke nun beide Hände der Rose entgegen und berührte sanft ihre Blütenblätter. Sie hörte wie etwas leise unter ihren Händen zu Boden fiel. Es war Asche. Oh nein, dachte sie sich, die schöne Rose zerfällt zu Staub! Wieder zog sie ihre Hände zurück, doch die Rose wies keinerlei Beschädigungen auf. Sie konnte aber immer noch das rieselnde Geräusch wahrnehmen. Sie blickte zu Boden und sah wie der Haufen Asche unter ihr immer größer wurde. Dann schweifte ihr Blick auf ihre Hände und sah wie das, was vorhin noch Blut gewesen war, nun als grauer Staub zur Erde fiel. Sie fühlte sich in diesem Moment schrecklich leer und einsam. Sie fühlte wie sich ein Vakuum in ihrem Herz ausbreitete und war nicht mehr in der Lage sich zu bewegen. Ihr wurde langsam schwarz vor Augen und still sank sie auf dem Boden zusammen. Sie schloß ihre Augen und bat, dass dieses schreckliche Gefühl der Leere endlich aufhören solle. Und das tat es auch. Als sie dann endlich diese erschlagende Müdigkeit überkam, fühlte sie nichts mehr, weder Freud noch Leid. Sie konnte nur noch leise hören wie der Wind durch die Blätter rauschte.


Auch ich würde mich über Feedback freuen! Ich nehme aber nur konstruktive Kritik entgegen. ;)

NeoInferno
29.07.2004, 18:34
Hi,
an sich eine gute Geschichte mit schönen Umschreibungen und Formulierungen, trotzdem gibt es ein, zwei Sachen die du besser lösen könntest:

- Zu oft werden Personalpronomen sie/ihr verwendet (in fast jedem Satz..), mehr Alternativen wären schön
- der sprachliche Stil ist nicht durchgängig auf dem selben Niveau, zwischendurch gibt es mehr oder weniger plumpe und 'unpoetische' Sätze oder Wortgruppen
- Muss fast jede Kurzgeschichte mit dem Tod enden? :(

Nevertheless: Keep on writing :)

Greetz,
Neo

Pyrus
29.07.2004, 19:57
Hm, irgendwie bin ich nicht sicher, ob ich das mit der Rose richtig verstehe. Ich habe mal einfach angenommen, bei dieser Begegnung mit der Rose handle es sich um eine Metapher, die eigentlich für die zerstörte Beziehung (durch Tod des Partners, wie ich vermute) steht.
Bei der Rose ging ja folgendes vonstatten: Die Frau hat sich der Rose genähert, hat sie nicht berührt und sich dennoch daran verletzt. Auch die Rose wurde verletzt und beide sind daran zugrunde gegangen.
Über die zerstörte Beziehung weiss ich nur, dass da Liebe im Spiel war. Also nehme ich mal an, dass die Liebe der Verletzung entspricht und somit komme ich zum Schluss, dass diese Frau von der Liebe zerstört wurde und das Ende der Beziehung eigentlich durch die Liebe herbeigeführt wurde. Ausserdem verletzte die Rose, ohne sichtbare Stacheln zu haben, das entspricht dem, was du über ihren Partner geschrieben hast ("er hätte ihr niemals etwas Böses gewollt. Niemals hätte er sie verletzten können.").
Ich habe aber keine Ahnung, ob das so korrekt ist...


Mir ist aufgefallen, dass du oft ein Satzschema mehrmals nacheinander verwendet hast, was beim Lesen ein wenig stört.
Beispiele:
-Die ersten drei Sätze sind alle Beschreibung1 "und" Beschreibung2.
-"Sie blickte nach oben und sah, wie der Wind heftiger durch die Blätter der hohen, alten Bäume strich"
"legte ihren Kopf in den Nacken und genoß wie Luftzüge sanft ihren Kopf umstreichelten"
Hier wird sogar zweimal die Aktion des Hochblickens beschrieben und die identische Struktur finde ich unschön
-"Außerdem konnte sie weder Dornen noch ähnliches an der Pflanze erkennen. Ferner spürte sie keinerlei Schmerz"
Gefällt mir nicht. Ich krieg grad keine gute Begründung hin, aber ich würde in einer Geschichte keinen Satz mit "ferner" auf einen mit "ausserdem" folgen lassen.
Wenn du nicht nachvollziehen kannst, was ich meine (bei allen 3 Punkten), dann vergiss es einfach wieder, wenn es in deinen Ohren gut klingt, ist es das auch ;).


Sie näherte sich mit langsamen Schritten dem sich im Wind biegenden Objekt.
Dieser Satz klingt viel zu Technisch und passt so nicht in die Geschichte.

Noch ein Logigkfehler(?):
Ich habe mir das immer lebhaft vor Augen zu halten versucht, wie sie zwischen den Bäumen steht und der Wind durch die Blätter und ihre Haare weht und dann schreibst du plötzlich davon, wie der Staub zu Boden fällt. Ich fände es viel schöner und vor allem viel logischer, wenn der Staub davonwehte.


Hat mir gefallen diese Story zu lesen (und anschliessen auseinander nehmen) zu dürfen. Hat einige Dinge, die mir wirklich gut gefallen, ich bin aber beim Versuch sie zu nennen gescheitert.

Mopry
29.07.2004, 20:09
OK, der Inhalt der Geschichte gefällt mir wirklich gut. Dafür das das Thema Liebe, das hier im Vordergrund steht, schon recht ausgeleiert und ausgelutscht ist, gefällt es mir wirklich gut.
Aber Mängel gibt es immer. ^__^

Da wäre zuerst mal, das du keine Absätze verwendest. Einige würden hier sicher gut tun und das Lesen noch erleichtern.

Dann erstaunt mich die Tatsache, das 'sie' sich ziemlich schnell von dieser Trauer erholt.
In einem Moment steht sie noch schluchzend und tränenüberströmt da, im anderen untersucht sie schon wieder neugierig eine Rose.

Teilwiese schreibst du dann auch ziemlich 'steril' was nicht unbedingt hier rein passt. Ausdrücken wie

die Rose wies keinerlei Beschädigungen auf
fehlen einfach das Gefühl.


von NeoInferno
- Muss fast jede Kurzgeschichte mit dem Tod enden?

Zwischen Kurzgeschichte und Geschichte besteht ein Unterschied. ;)
Eine Kurzgeschichte ist ein kurzer Abschnitt aus dem Leben gegriffen. Sie beginnt mitten im geschehen und endet mitte in Geschehen, hat also weder 'Anfang' noch 'Ende' in dem Sinne.
es wird auch nur das beschrieben was unbedigt nötig ist.
Also ist das hier eine normale Geschichte, wenn auch ziemlich kurz.
So wurde es mir wenigstens beigebracht. >_>

Goddess
29.07.2004, 20:28
Zuerst mal danke an alle, die meine Geschichte gelesen haben (auch die, die keinen Post dazu geschrieben haben).

@ Neo: Bei den Personalpronomen muß ich Dir rechtgeben, die wiederholen sich leider wirklich oft. Leider kann ich es nicht leiden meinen Personen Namen zu geben bzw. die Frau o.ä. zu schreiben. Hätte da vielleicht jemand noch eine andere Lösung für mich? :)
Bezüglich des Niveaus: Hmm, ist mir gar nicht so aufgefallen. Werde das nächste Mal besser darauf achten.
Ob die Geschichte mit dem Tod an sich endet ist ja dem Lesers Phantasie überlassen. So eindeutig sollte das nicht unbedingt rüberkommen!

@ Zareen: Deine Interpretation meiner Geschichte finde ich klasse! ^_^ Sooo viele Gedanken wie Du, habe ich mir gar nicht gemacht. Aber Du hast schon recht, das habe ich alles gaaanz unterschwellig in meinem Bewußtsein gehabt und deshalb geschrieben! ;)
Mit dem Objekt hast Du recht. Das habe ich wirklich nicht sonderlich glücklich ausgedrückt. -_-
Zum Logikfehler: Du hast schon recht, daß Wind weht, aber ich dachte mir das eher so, daß der stärkere Wind nur in den Baumwipfeln weht und nur ab und an eine stärkere Brise seinen Weg nach unten bahnen kann. Aber man hätte natürlich auch schreiben können, daß die Asche ab und an verweht. Gute Idee... :)

@ Mopry: Absätze... jaa, meine alte Schwäche. Ich weiß sie tun einem Text gut, aber ich weiß immer nie wohin damit...
Naja, das mit der schnellen Überwindung der Trauer sehe ich einfach so, daß sie sich versucht abzulenken und dann die Rose sieht, was so unerwartet kommt, daß sie ihre Gedanken kurzzeitig vergißt.

Danke an Euch für eure Meinung! *froi*