Alexiel
29.05.2004, 14:25
Da sich mein aktuelles Spezialgebiet in Deutsch mit dem Thema "Märchen" beschäftigt, hab ich mich in letzter Zeit etwas intensiver damit beschäftigt.
Märchen sind eigentlich doch etwas sehr schönes, ich les sie jedenfalls gerne ^_^
Im Zuge meiner Recherchen bin ich auf einen etwas moderneren Märchenerzähler aus Österreich gestoßen, nämlich "Folke Tegetthoff" und seinen "Brief an die Stille" finde ich besonders schön.
Liebe Stille!
Im Land ist große Aufregung, Lärm, Geschrei – sie suchen nach Dir. Ist das nicht herrlich? So viele erinnern sich, und täglich werden es mehr. Sie ziehen durch die Straßen, öffnen verschlossene Türen und befragen Wälder. Sie sitzen bei den Alten und lassen sich von Dir erzählen.
Ja sie suchen wirklich, aber es fällt ihnen schwer, Dich zu finden, zu viel Schutt und Gerümpel liegen auf dem Weg. Sie graben mit bloßen Händen, sie graben bis auf den Grund der Erde. Abends liegen sie erschöpft in den Betten und sehnen sich nach Dir. Am andern Morgen suchen sie weiter. Aufregung, Lärm, Geschrei.
Und die, die Dich ersetzen wollten – in Räumen, wo man nicht einmal den Atem hört -, die hat man schnell erkannt. „Das ist nicht Stille!“ schreien sie. „Das ist tot. Stille muß was anderes sein.“ Und sie suchen in Erinnerungen – doch die Gedanken kommen laut zurück.
Nichts gefunden...
Sie wollen nicht allein sein. Sie fürchten sich vor dem Allein, weil es so nah beim Einsam liegt. Und laut hilft, hat immer geholfen, solange sie nichts von Dir spürten. Jetzt haben sie Sehnsucht. Täglich werden es mehr.
Doch es ist schwierig, Dich zu finden, weil man es nicht weiß, wenn man Dich gefunden hat. Wenn die Musik zu Ende ist? Wenn die Hämmer schweigen? Wenn im Wald nur noch der eigene Herzschlag zu hören ist? Sie ahnen, sie wissen, das kann es nicht sein. So ziehen sie weiter durch das Land und suchen. Manche verstopfen sich die Ohren, doch bald merken sie, es liegt nicht an den Ohren.
Stille, im Land ist große Aufregung! Lärm, Geschrei – sie suchen nach Dir. Sie lesen in Büchern, beten nach Formeln, schweigen in Gruppen – sie ahnen, daß Du Dich niemals mit lauten Rufen zu erkennen geben würdest. Sie ahnen, daß Du irgendwo verborgen bist und wartest, bis jeder einzelne sich einen Weg zu Dir geschaffen hat. Sie würden vieles geben, um ein Zeichen zu bekommen. Nur ein Zeichen, daß es Dich gibt. Sie hoffen, daß es Dich gibt, Stille, aber sie brauchen auch ein bißchen Gewißheit. Wozu sonst suchen? Du sagst: Laß sie ruhig suchen. Sie wollten es ja nicht anders. Ja, Du hast recht, sie mußten Dich verlieren, um Dich zu wollen. Du sagst: Sie sind Inseln, und der Lärm ist das Meer. Nein, Stille, das glaub ich nicht. Sie sind das Wasser, das Meer, die Bewegung, doch das Ziel der bewegten Wellen sind die Inseln. Bist Du nicht......Insel? Sie werden vergebens suchen, wenn sie nicht sehen, daß sich das Meer bewegt, sich überall zu Inseln hin bewegt – auf den belebtesten Plätzen, den lautesten Straßen, in größter Aufregung.
Sie können den Lärm der Welt nicht mehr aufhalten, deshalb suchen sie Dich ja und Du mußt ihnen Insel sein, Stille, Du mußt!
Ich stelle mir das wunderschön vor: sie laufen mit vorsichtigen Schritten an Land, drängen zurück, zurück ins sichere Meer. Doch schon die nächste Welle nimmt ihnen die Angst, die Insel zu befühlen. Und ich sehe sie vor mir: mitten auf der Fifth Avenue, in Makati, an der Copacabana, in der kleinen Dorfstraße von Choroni werden sie sich an die Stirn schlagen. Das wird an dem Tag geschehen, an dem die Stille im Herzen den Lärm dieser Welt übertönt.
Mich würde jetzt einfach interessieren, ob ihr neben der üblichen Lektüre auch mal zu einem einfachen Märchenbuch greift und ein, zwei Seiten in eine kleine, phantastische Welt eintaucht, oder ob bei euch Märchen wirklich noch immer nur für die Kleinen da sind? :)
Märchen sind eigentlich doch etwas sehr schönes, ich les sie jedenfalls gerne ^_^
Im Zuge meiner Recherchen bin ich auf einen etwas moderneren Märchenerzähler aus Österreich gestoßen, nämlich "Folke Tegetthoff" und seinen "Brief an die Stille" finde ich besonders schön.
Liebe Stille!
Im Land ist große Aufregung, Lärm, Geschrei – sie suchen nach Dir. Ist das nicht herrlich? So viele erinnern sich, und täglich werden es mehr. Sie ziehen durch die Straßen, öffnen verschlossene Türen und befragen Wälder. Sie sitzen bei den Alten und lassen sich von Dir erzählen.
Ja sie suchen wirklich, aber es fällt ihnen schwer, Dich zu finden, zu viel Schutt und Gerümpel liegen auf dem Weg. Sie graben mit bloßen Händen, sie graben bis auf den Grund der Erde. Abends liegen sie erschöpft in den Betten und sehnen sich nach Dir. Am andern Morgen suchen sie weiter. Aufregung, Lärm, Geschrei.
Und die, die Dich ersetzen wollten – in Räumen, wo man nicht einmal den Atem hört -, die hat man schnell erkannt. „Das ist nicht Stille!“ schreien sie. „Das ist tot. Stille muß was anderes sein.“ Und sie suchen in Erinnerungen – doch die Gedanken kommen laut zurück.
Nichts gefunden...
Sie wollen nicht allein sein. Sie fürchten sich vor dem Allein, weil es so nah beim Einsam liegt. Und laut hilft, hat immer geholfen, solange sie nichts von Dir spürten. Jetzt haben sie Sehnsucht. Täglich werden es mehr.
Doch es ist schwierig, Dich zu finden, weil man es nicht weiß, wenn man Dich gefunden hat. Wenn die Musik zu Ende ist? Wenn die Hämmer schweigen? Wenn im Wald nur noch der eigene Herzschlag zu hören ist? Sie ahnen, sie wissen, das kann es nicht sein. So ziehen sie weiter durch das Land und suchen. Manche verstopfen sich die Ohren, doch bald merken sie, es liegt nicht an den Ohren.
Stille, im Land ist große Aufregung! Lärm, Geschrei – sie suchen nach Dir. Sie lesen in Büchern, beten nach Formeln, schweigen in Gruppen – sie ahnen, daß Du Dich niemals mit lauten Rufen zu erkennen geben würdest. Sie ahnen, daß Du irgendwo verborgen bist und wartest, bis jeder einzelne sich einen Weg zu Dir geschaffen hat. Sie würden vieles geben, um ein Zeichen zu bekommen. Nur ein Zeichen, daß es Dich gibt. Sie hoffen, daß es Dich gibt, Stille, aber sie brauchen auch ein bißchen Gewißheit. Wozu sonst suchen? Du sagst: Laß sie ruhig suchen. Sie wollten es ja nicht anders. Ja, Du hast recht, sie mußten Dich verlieren, um Dich zu wollen. Du sagst: Sie sind Inseln, und der Lärm ist das Meer. Nein, Stille, das glaub ich nicht. Sie sind das Wasser, das Meer, die Bewegung, doch das Ziel der bewegten Wellen sind die Inseln. Bist Du nicht......Insel? Sie werden vergebens suchen, wenn sie nicht sehen, daß sich das Meer bewegt, sich überall zu Inseln hin bewegt – auf den belebtesten Plätzen, den lautesten Straßen, in größter Aufregung.
Sie können den Lärm der Welt nicht mehr aufhalten, deshalb suchen sie Dich ja und Du mußt ihnen Insel sein, Stille, Du mußt!
Ich stelle mir das wunderschön vor: sie laufen mit vorsichtigen Schritten an Land, drängen zurück, zurück ins sichere Meer. Doch schon die nächste Welle nimmt ihnen die Angst, die Insel zu befühlen. Und ich sehe sie vor mir: mitten auf der Fifth Avenue, in Makati, an der Copacabana, in der kleinen Dorfstraße von Choroni werden sie sich an die Stirn schlagen. Das wird an dem Tag geschehen, an dem die Stille im Herzen den Lärm dieser Welt übertönt.
Mich würde jetzt einfach interessieren, ob ihr neben der üblichen Lektüre auch mal zu einem einfachen Märchenbuch greift und ein, zwei Seiten in eine kleine, phantastische Welt eintaucht, oder ob bei euch Märchen wirklich noch immer nur für die Kleinen da sind? :)