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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sind wir alle hoffnungslose Depris?



Trala La
13.09.2003, 01:15
Wieso sind wir so unglücklich, wo wir doch alles haben? Die meisten von uns sind doch wohl, wenn wir uns auf die Gesamtheit aller Menschen beziehen, als wohlhabend zu betrachten? Wie oft haben wir das alles schon diskutiert, die Ursachen und Wirkungen von Orientierungslosigkeit, Konsum-, Ellenbogen-, Spaßgesellschaft, Gewaltspirale, Existenzialismus usw auseinandergefriemelt, und doch ist jeder auf sich selbst konzentriert und suhlt sich genüßlich in den eigenen Qualen. Wenn man sich die threads hier durchliest, die Leute beobachtet, so fällt mir auf, wieviele Bedürftige es gibt. Ich mein, ich geh mal davon aus, daß wir alle relativ jung sind, und wir eigentlich viel zu tun hätten. Stattdessen hocken wir lethargisch vor dem PC und versumpfen, jammern und streiten um Welt, Ansichten und Lebensentwürfe, und vor allem das Internet lädt alle dazu ein, sich mal so richtig hängen zu lassen. Ich habe seit den Sommerferien nichts gemacht, und es hängt mir zum Hals raus, meine Theorie ist, daß der größte Teil unserer ,,Probleme" daher resultieren, daß wir nichts tun. Wen wunderts, wenn irgendwelche Irren sich im stillen Kämmerlein sich eine Scheinwelt aufbauen und irgendwelche kranken Phantasien entwickeln. Die Theorie mag nicht neu sein, aber imo sehr aktuell. Mir ist z.B. aufgefallen, daß ich völlig unfähig bin, was Hausarbeiten und überhaupt alle praktischen Tätigkeiten betrifft, das habe ich vor zu ändern. Warum erzähl ich das hier? Mir scheint, daß es wohl den meisten ähnlich gehen mag. Und vielleicht ist das ein Weg zu einem bessen Lebenszustand.

Latency
13.09.2003, 01:24
Deine Aussagen treffen schon zu, allerdings befindet sich unsere Gesellschaft IMHO im Umbruch. Besonders die Junge generation (zu der wir auch gehören) ist in dieser Hinsicht ziemlich gespalten. Die eine hälfte gehört zu den "Depris" die du oben beschrieben hast, und die andere Hälfte ist das Totale gegenteil.

Was sich letztendlich durchsetzen wird, oder ob sich die beiden Gruppen annähern werden kann man nicht vorraussehen.

Aber wenn jemand zu Hause vor dem PC sitzt anstatt drausen zu sein hat das meiner Meinung nach noch nix zu bedeuten, auser man übertreibts. (Jetzt stellt sich natürlich die Fragen wann man übertreibt, und wann alles noch ine einem gewissen Rahmen verläuft, aber das wär dann doch etwas weit vom Thema entfernt)

Shinjo
13.09.2003, 01:29
Ahja..... also ich kann da nicht ganz zustimmen.
Alles zu haben macht sicher nicht glücklich..... und ich will auch ehrlich gesagt gar nicht alles haben.
Den dan wären wir alle gleich und es würde nix bringen andere kennenzulernen.
Man kann alles an Materiellen dingen haben.... aber was ist dan mit den menschlichen?
Sowas bleibt auf der strecke und es zählt nur noch der besitz.
Ein Mensch kann alles haben und nen Arsch sein.
Ein Mensch kann wenig haben und ein netter und wunderbarer Freund sein.
Von Materillen kann man sich sowas nicht kaufen.

Gewalt gehört zum Menschen wie Wasser zum See.
Es liegt einfach in unserer Natur und man kann nix dagegen machen oder tuen.
Wenn ich einen Menschen ne Ohrfeige gebe dan bin ich gemein und das letzte.
Wenn ich auf nen Wurm trete und ihn damit töte dan bin ich normal oder was?
Bei spinnen ebenso..... wenn man ne Spinne platt macht ist man Brutal einfach dabei x_x

Also ich glaube kaum das hier welche die ganze zeit am PC sitzen.
Ich für meinen teil bin immer online, aber eindeutig nicht die ganze zeit am PC.
Das Inet ist eigentlich nur eine vermischung von realität und Virtuel..... oder so ähnlich.
Zu sagen das das Inet nicht real wäre halte ich für puren unsinn.
Man redet im inet (wie hier zb) mit realen Personen, hat reale meinungen von anderen und kann sogar sehr gute bekanntschafften machen.
Ist das nur Virtuell oder nicht Real?????
Nur bei manchen verwischt dieses Bild zu sehr miteinander und es ist schwer zu unterscheiden was real und was nicht real ist.


Das war nur meine unbedeutende meinung in einen zulangen Post von mir den eh keiner lesen wird^^''''

Pyrus
13.09.2003, 02:05
Ich bin schon seit langem oft am PC und dennoch ist meine Vergangenheit eine Glückliche. Ich gab mich mit dem zufrieden was ich hatte, beklagte mich nur selten und es ging mir wirklich gut, obwohl ich wirklich nichts gemacht habe. Dinge die mir im Moment zu denken geben und die ab und zu vielleicht auch auf die Stimmung drücken, sind nicht Dinge, die man einfach verändern kann, wenn man sich aufrafft und etwas gegen sie versucht zu tun. Der Mensch ist nunmal insofern beschränkt, wie es ihm Hirn und der restliche Körper zulassen und wenn ich gerade jene Grenze die durch meinen Körper gesetzt sind zu durchbrechen versuche, so ist dies zum Scheitern verurteilt. Und dennoch gibt es Augenblicke in denen mir meine Beschränktheit sehr zu schaffen macht. Das einzige was möglich ist, ist die Unterdrückung dieser Gefühle, aber nicht die Lösung des Problems. Würde ich täglich hart arbeiten müssen um zu überleben hätte ich wohl keine Zeit für solche Gedanken, doch würden sie nicht weniger der Wahrheit entsprechen. Es mag nur ein dummes Ideal sein, doch von Symptombekämpfung halte ich eigentlich nichts. Ich glaube ich bin schon an dem Punkt angelangt, dass es gar nicht mehr funktionieren würde mich mit Hobbies abzulenken um nicht auf solche Gedanken zu kommen. Ich würde diese Hobbies verabscheuen, da sie nur den Zweck haben eine Lüge für mich selbst aufzubauen und wenn ich das einmal durchschaut habe, werde ich diese Lüge nicht mehr glauben.

Ich weiss nicht, ob das Problem von dem ich gesprochen hab eines ist das auch du gemeint hast, doch wollte ich einfach zeigen, dass es nicht so einfach ist, einfach was zu verändern und schon ist die Welt wieder heil. Bei mir ist es bloss ein blödes Ideal das mich daran hindert, doch denke ich gibt es Menschen mit Wunden, die einfach zu tief sind um mit einem anderen Hobby, einer Veränderung im Lebensstil gestopft und verbunden zu werden.

Vio
13.09.2003, 02:13
Original geschrieben von Trala La
Wieso sind wir so unglücklich, wo wir doch alles haben? Die meisten von uns sind doch wohl, wenn wir uns auf die Gesamtheit aller Menschen beziehen, als wohlhabend zu betrachten? Wie oft haben wir das alles schon diskutiert, die Ursachen und Wirkungen von Orientierungslosigkeit, Konsum-, Ellenbogen-, Spaßgesellschaft, Gewaltspirale, Existenzialismus usw auseinandergefriemelt, und doch ist jeder auf sich selbst konzentriert und suhlt sich genüßlich in den eigenen Qualen.
Die These Materielle Besitztümer = Glück ... komisch, irgendwie ist jedem klar dass das nicht stimmt. also wieso versuchen, das zu behaupten ;) ... jeder weiß dass materielle Anhäufungen nicht glücklich machen, wenn's woanders nicht stimmt. -imo natürlich ^^


Zum "Hausarbeiten"-Thema:
- Lern kochen, das kann saumäßig spaß machen ^^
- spül das Geschirr per Hand ab wenn ihr eine geschirrspülmaschine habt - du lernst was für's leben
- sorg dich mal komplett um deinen Kram ohne dass die Eltern hinter dir her sind
----------------
und du wirst anders denken ^^

-[IoI]-Ins@ne
13.09.2003, 18:39
Original geschrieben von Pyrus
Das einzige was möglich ist, ist die Unterdrückung dieser Gefühle, aber nicht die Lösung des Problems. Würde ich täglich hart arbeiten müssen um zu überleben hätte ich wohl keine Zeit für solche Gedanken, doch würden sie nicht weniger der Wahrheit entsprechen. Es mag nur ein dummes Ideal sein, doch von Symptombekämpfung halte ich eigentlich nichts. Ich glaube ich bin schon an dem Punkt angelangt, dass es gar nicht mehr funktionieren würde mich mit Hobbies abzulenken um nicht auf solche Gedanken zu kommen. Ich würde diese Hobbies verabscheuen, da sie nur den Zweck haben eine Lüge für mich selbst aufzubauen und wenn ich das einmal durchschaut habe, werde ich diese Lüge nicht mehr glauben.

Genau das selbe dachte ich mir auch.
Die Wahheit entspricht nicht weniger der Wahrheit, nur weil man sie nichts sieht oder sehen will.

Trala La willst du darauf anspielen, des Leute, die "zuviel" nachdenken, unglücklicher sind?
Ganz eindeutig ja. Das ist ein Faktum, doch wie gesagt, nachdenken lässt einem wenigstens erkennen, WARUM man unglücklich ist, und somit kann man etwas degegen unternehmen,
Was das für einen Sinn hat? Warum man eine schöne "PseudoWahrheit" nicht der hässlichen "Wahrheit" vorziehen kann?
Vielleicht, weil dies der einzige Weg ist, glücklich zu werden, so einfach ist das. In einer PseudoWahrheit gibt es nur Pseudo-Glück, und niemand, der wirkliches Glück schon einmal gespürt hat, würde dieses Gefühl je wieder aufgeben wollen noch können.
Der Mensch kann sich selbst betrügen, aber er kann nicht seine wirklichen Gefühle betrügen, er kann sie nur ignorieren, jedoch entsteht dadurch wieder ein neues Gefühl innerer Leere und Sinnlosigkeit, und nicht zuletzt ist diese innere Leere der Grund für Selbstmord (egal ob jetzt geistigen oder körperlichen Mord)...

Soviel von mir.

Trala La
14.09.2003, 00:27
Die These Materielle Besitztümer = Glück ... komisch, irgendwie ist jedem klar dass das nicht stimmt. also wieso versuchen, das zu behaupten ... jeder weiß dass materielle Anhäufungen nicht glücklich machen, wenn's woanders nicht stimmt. -imo natürlich ^^

Damit will ich sagen, daß wir durchaus das Potenzial hätten, zumindest zufrieden zu sein, denn es fehlt uns an nichts, was wir zum Leben brauchen, also machen wir uns selbst unglücklich. Vor allen Dingen gibt es eine bestimmte Anzahl an Formeln, die wir uns immer wieder vordenken: Existenz ist sinnlos, ich muß gewinnen, ich bin nichts wert, die anderen haben keine Ahnung, die Gesellschaft ist scheiße und viele mehr. Wenn man nachdenkt aber nichts tut, passiert auch nichts, es ist sogar destuktiv, denn dadurch entwickeln wir Formeln zum unglücklich sein. Nur durch Taten verändern wir die Welt. Ich bin gerade mein Zimmer aufgeräumt und gesaugt, aber selbst eine solche alltägliche Sache gewinnt an Bedeutung, wenn man sich darüber im Klaren ist, daß man wirklich etwas bewegt hat.

Edit:
@Pyrus Ich habe vorhin deinen Beitrag übersehen, und nun finde ich, daß auch du imo von Formeln voreingenommen bist. Ich will dir damit nicht auf den Schlips treten, ich versteh deine Situation, glaub ich, sehr gut. Ideale, wie du sie nennst, sind imo auch Formeln, von denen, wenn du sie konsequent durchdenkst, nicht viel übrig bleibt. Die Hobbies bezeichnest du als Lüge und Flucht vor der Wahrheit. Doch was ist es denn eigentlich nicht? Alles was wir tun, lenkt uns davon ab, daß es irgendwann zuende sein wird. Es geht aber nicht anders, wir müssen es tun, und die Frage nach dem warum quält uns. Aber ich denke, daß wir dieses Leben als eine Art RPG durchleben (nur mit sehr realistischer Grafik und hohem AI :D ). Jeder erlebt seine eigene Geschichte, kann Dinge tun und lassen. Was uns bleibt ist die Freiheit, uns für etwas zu entscheiden und das Gefühl für Schönheit. Denn wenn ich mich mal selbst befrage, finde ich, daß mir mein Essen gut schmeckt, daß es sich gut anfühlt, die Luft zu atmen, gute Musik zu hören, umherzugehen usw. Deshalb sind Hobbies in meinen Augen keine Lügen, sondern angenehme Selbstverständlichkeiten.

Lysandros
14.09.2003, 00:55
Original geschrieben von Trala La
Wieso sind wir so unglücklich, wo wir doch alles haben? Die meisten von uns sind doch wohl, wenn wir uns auf die Gesamtheit aller Menschen beziehen, als wohlhabend zu betrachten? Wie oft haben wir das alles schon diskutiert, die Ursachen und Wirkungen von Orientierungslosigkeit, Konsum-, Ellenbogen-, Spaßgesellschaft, Gewaltspirale, Existenzialismus usw auseinandergefriemelt, und doch ist jeder auf sich selbst konzentriert und suhlt sich genüßlich in den eigenen Qualen.

Naja mir macht es Spaß manchmal unglücklich zu sein... darf man das neuerdings nicht mehr? Wo bleibt das Glück, wenn man das Unglück nicht kennt? Oder besser wie willst du beides trennen?
Außerdem sehe ich mich persönlich als sehr zufriedene Persönlichkeit, da ich dem Glück nicht die Bedeutung zumesse, wie manch anderer. Sehe es als Teil dieser Welt; genauso wie das Glück hat das Unglück seinen Platz im Leben.

Schattenläufer
14.09.2003, 00:55
Warum ich einer der Depris bin:
Die Welt erscheint mir nutzlos, und der Mensch in seinen Fähigkeiten zu eingeschränkt. Vögel können gar nich deprimiert sein, aus genau diesen zwei Gründen:

- Die Welt kann ihnen nich nutzlos erscheinen, da sie erstens zu blöd und zweitens zu beschäftigt (Nahrungssuche) sind, um das zu merken.
- Vögel können fliegen, was so ziemlich bedeutet sie sind die Götter auf Erden. Wenn ich fliegen könnte, würd ich aus dieser ganzen Scheiße abhauen. Ich würd um die Welt fliegen, hier mal ne Banane klauen, dort mal eine Kokosnuss pflücken, und diese dann über den Wolken bei einem kräftigen Schluck selbst gepressten Orangensaft genießen... mein kleiner Traum. Leider weiß ich, dass er nie in Erfüllung gehen wird.

Außerdem bin ich deprimiert, weil ich noch eine weitere Arschkarte gezogen habe: ich bin Mensch, das heißt Angehöriger der verabscheuenswürdigsten Tierart unseres Planeten.
Vor lauter Einbildung und Egoismus erstickend, ersticken wir bald an Giftgasen und Globaler Erwärmung.

Trala La
14.09.2003, 02:47
@Lysandros Hast zwar Recht, aber du bist allem Anschein nach einer von denen, die das klar blicken. Gibt aber andere, die entwickeln sich dadurch zu Mördern und Irren.

Ancient
14.09.2003, 05:37
Nunja, das Internet ist da ja auch etwas offener. In der "Realität" redet bestimmt nicht jeder direkt über seine persönlichen Probleme und wie schlecht es ihm geht, etc. doch umso mehr besteht hier das Bedürftniss, sich im Internet darüber auszulassen und mal die Seele auszuschütten. Oder läuft hier jeder von euch mit gesenktem Blick und Tränen in den Augen durch die Straße und scheißt jeden an, der ihn dabei anspricht? ;)
Ich denke, die meisten von uns verschweigen ihr wahres Ich in der Realität (mich eingeschlossen) und suchen im Internet einfach einen Ort über den sie anderen Menschen ihre Leiden mitteilen können, das ist ganz natürlich aber deshalb muss das doch nicht heißen, das wir alle dauerdepressiv sind und uns jeder Zeit die Kugel geben würden weil wir nichtmehr klarkommen.

Zudem kommt noch das wir RPG Freaks (möglicherweise) viel gefühlsintensiver sind als die Menschen, die jeden Tag mit ihren Freunden weggehen, abfeiern und garnicht erst in sich hineinfühlen wollen weil es sie einfach abschreckt und sie Angst davor haben.
Warum hören wohl die meisten von uns Metal oder RPG Soundtracks, etc.? Weil es gefühlsintensivere Musik ist als beispielsweise Hiphop oder Techno. So wird man nachdenklich, sieht die Welt aus einer anderen Perspektive und klar wird man dann erstmal ein wenig deprimiert. Depressiv ist imho das falsche Wort, da es viel mehr ist als ein normaler Gefühlsausbruch - es sind Menschen, die schon derart mit sich am Ende sind das sie nichtmehr aus ihrer eigenen Trauer herauskommen und mit dem Leben praktisch nurnoch am seidenen Faden hängen... nennt man glaube ich auch Borderline!?
Solche negativen Gefühle sind oft auch inspirations-bezogen, wer nachts daheim mit wenig Licht und düsterer Musik im stillen Kämmerlein am PC sitzt, tja wie wird der sich wohl fühlen? Ich weiss nicht ob das vielen überhaupt bewusst ist, das sie vielleicht nur durch äusseren Einfluss zu ihren "negativen" Emotionen verleitet werden. Geht es uns denn wirklich sooo schlecht? ;)

Lysandros hat schon recht, Unglück gehört einfach dazu; immer nur glücklich sein währ doch langweilig oder? ;) Ausserdem ist das Leben imho eine einzige Lektion, wir lernen ständig dazu und ohne Trauer, Hass und anderen negativen Emotionen wär das nur schwer möglich.
Es ist wie Ying und Yang, wie Feuer und Wasser. Ohne das eine nicht das andere. ^^

Sorry das ich mich immer so lang fasse, geht bei mir irgendwie nicht anders... :D
Wollte auch eigentlich noch was anderes schreiben, fällt mir aber im Moment nicht ein also füg ich's vielleicht ein ander mal hinzu.

Pyrus
14.09.2003, 06:25
Original geschrieben von Trala La
Ideale, wie du sie nennst, sind imo auch Formeln, von denen, wenn du sie konsequent durchdenkst, nicht viel übrig bleibt

Original geschrieben von Trala La
Was uns bleibt ist die Freiheit, uns für etwas zu entscheiden und das Gefühl für Schönheit.
Was sind denn Freiheit und Schönheit anderes als Ideale?

Ausserdem verstehst du mich in manchen Punkten falsch: Ich sage nicht, Hobbies seien grundsätzlich eine Flucht vor der Wahrheit. Doch wenn ich mich um andere Hobbies bemühen würde um glücklicher zu werden, so würde ich dies als eine Flucht vor der Wahrheit empfinden.

Original geschrieben von Pyrus
Bei mir ist es bloss ein blödes Ideal das mich daran hindert
In diesem Ideal ist auch enthalten, dass ich vieles hinterfrage. Und sobald ein Ding einmal hinterfragt ist, so ist es fast unmöglich damit gleich unzugehen wie davor. So meinte ich das eigentlich mit dem Ideal, denn oft verschliesse ich mir durchs hinterfragen selbst die Türen.

Damit du das ein wenig besser verstehst mal eine Geschichte, die mir vorhin unabhängig von dem Thread eingefallen ist (bei dem verzweifelten Versuch einzupennen).

Ein Mann hatte alles zum Leben und lebte alleine. Sein Alter liess es nicht zu, dass er körperlich arbeitete verrichtete und so widmete er sich Schriften und Büchern. Alles hinterfragte er, sein Leben, die Welt und noch vieles mehr. Es gab kaum noch Freuden in seinem Leben, ausser wenn er nachdachte oder träumte. Ihn nährten Erkenntnis und Brot und Wasser. Das Essen machte ihm unheimlich viel Freude. Jeden Bissen den er zu sich nahm beschehrte ihm einen kleinen Moment des Glücks. Über das Essen wusste er alles. Woher es kam, wie es verarbeitet wurde - erst auf Höfen, Metzgereien und Bäckereien, dann in seinem Mund, Magen und Darm. Aus seinen Studien kannte er sogar die Geschmäcker der einzelnen Stoffe und wie diese Eindrücke im Gehirn verarbeitet wurden. Doch eines hatte er in seinem Leben noch nie überlegt: weshalb hatte er dermassen Freude am Essen?
Kaum war diese Frage gestellt begann er zu grübeln. Nach langem Nachdenken und Forschen kam er zum Schluss, dass das Essen ihm deshalb Glück brachte, weil es in seinem Leben, in dem alles peinlich hinterfragt und durchdacht war, das etwas war, etwas simples und einfaches war. Nicht so abstrakt und kompliziert wie die Texte die er las oder selbst verfasste und noch viel weniger komplex als die Gedankengänge, die er überhaupt nicht in Worte zu fassen wusste. Er konnte nun nicht mehr Essen, ohne sich dieses neu gewonnene Bewusstsein vor Augen zu führen.
So hat er auch das Letzte verloren, dass ihm ausserhalb seiner geistigen Welt Freude bereitete und ihm wurde das bewusst gerade in dem Augenblick, als sich jenes Bewusstsein manifestierte. Er wünschte sich nun ein Trinker zu sein, denn wenn er am nächsten Tag mit einem Kater aufgewacht wäre, hätte er sich nicht mehr an jenen verhängnisvollen Schluss erinnert und somit hätte ihm das Essen weiterhin Freude bereitet. Doch das war nicht möglich, denn hätte er sich heute betrunken, so hätte er morgen nach dem Grund gefragt, was ein Trinker nicht tun würde, und dabei wäre die Frage wieder an die Oberfläche gelangt und hätte ihm erneut das letzte zerstört, was ihn and er Welt hielt.


Es ist also eine einzige Frage, die dem Mann den Spass am Essen verdirbt und diese Frage kann er nicht mehr zurücknehmen, nicht mehr aus seinem Bewusstsein löschen. Ein Mann, der sich dermassen viele Gedanken macht über die Welt wird sich auch nicht selbst täuschen um wieder Spass am Essen zu bekommen, da ihm das einfach nicht gelingen würde. Für ihn gibt es keine Möglichkeit mehr wieder einer jener Menschen zu werden, die eben nicht "depri" sind. Und in letzter Zeit merkte ich einige Male, dass es mir geht wie diesem Menschen und was soll ich tun? Wenn ich mich besaufe, so werde ich mich fragen weshalb ich mich besoffen habe und ich bin wieder gleich weit. Wenn ich neue Hobbies suche werde ich immer wissen wollen weshalb und dies würde mir den Spass an den Hobbies verderben.
Was ich tun kann ist hoffen, beten und glauben. Das tu ich auch und ich glaube das bringt mir um einiges mehr als wenn ich in das Leben eines Durschnittsmenschen schlüpfen würde.

@Ancient: Ich kann dir nicht ganz zustimmen, dass einem düstere Umgebung depressiv stimmt. Mich überströmen regelmässig Wellen des Glücks, wenn ich mit trauriger, nachdenklicher, melancholischer Musik nachts durch die umliegenden Felder streife. Wenn ich in meinem Zimmer Kerzen anzünde, so ändert das eigentlich gar nichts an meiner Stimmung, ausser dass ich mich vielleicht ein wenig geborgener oder heimischer fühle.

Trala La
14.09.2003, 19:00
Meiner Meinung nach widerspricht der Mann in der Geschichte sich selbst, wenn er sagt, daß das Essen ihm keine Freude bringen kann, wenn es so einfach ist, es ihn aber glücklich macht, weil es so einfach ist. außerdem sind imo beide Teile der Aussage falsch, denn 1. macht es nicht glücklich, weil etwas einfach ist, 2. macht es auch nicht unglücklich, weil es einfach ist. Ich hatte vor einiger Zeit, ein ähnliches ,,schlüsselerlebnis", bei der ich den gegenteiligen Schluß gezogen habe: aha, also auch einfache sachen können mich glücklich machen, genauso wie alles Komplizierte, wie, was weiß ich, Goethe, Kant, Beethoven usw. Deshalb versuche ich mich auch an einfache Sachen heranzu tasten. Kennst Du eigentlich den ,,Steppenwolf" von Hermann Hesse? Dieses Buch kann ich Dir und überhaupt allen empfehlen. Darum geht es eben um einen Typ, der fantastisch gebildet ist, Latein, Altgriechisch studiert hat und sich mit allem geistigen beschäftigt, aber trotzdem völlig unglücklich und vereinsamt ist, bis er plötzlich etwas anderes entdeckt...

PS: Ideale sind für mich unerreichbare Dinge, wie z.B. heile Welt, alle Menschen glücklich, alles bequem und einfach, Garten Eden usw, das sind alles Scheinbilder, während Schönheit und Freiheit allgegenwärtig ist. Du kannst dich immer für einen Weg entscheiden. Und eigentlich ist auch alles, was wir wahrnehmen, schön. Man könnte jetzt natürlich bis in alle Ewigkeit über diese Begriffe diskutieren, das ist imo aber gar nicht der Sinn der Sache.
,,Durchschnittsmensch" halte ich für einen Begriff, der alles über einen Kamm schert und der in der Realität nicht vorhanden ist.

Lysandros
14.09.2003, 19:54
Original geschrieben von Pyrus

Was ich tun kann ist hoffen, beten und glauben. Das tu ich auch und ich glaube das bringt mir um einiges mehr als wenn ich in das Leben eines Durschnittsmenschen schlüpfen würde.


Hast du schon einmal daran gedacht, dich selbst zu belügen? Einfach eine Entscheidung nicht zu hinterfragen, sondern sie im Raum stehen zu lassen? Dich genervt von der ewigen Fragerei, von ihr abzuwenden, dich nur an ein Thema zu fixieren und deine Gedanken ihm widmen?



Zitat von Ancient
nennt man glaube ich auch Borderline!?

Was ich von Borderline weiß, ist, dass es anhand von ein paar Symptomen diagnostiziert wird. Ich habe darüber ein Buch gelesen und ein wichtiges Merkmal von Borderline ist die Schwarz-Weiß-Malerei und dass man stetigen Gefühlschwankungen unterworfen ist.
Ich habe auch noch eine Internet-Seite dazu: http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/psytm016.htm

Pyrus
14.09.2003, 20:12
@Trala la: du hast die Geschichte falsch verstanden. Der Mann widerspricht sich nicht selbst. Es hat ihm Spass gemacht weil es einfach war. Es war einfach eine Aufhellung im komplizierten Leben, sein Unterbewusstsein hat das gemerkt und hat ihn glücklich sein lassen beim Essen. Dadurch, dass er herausgefunden hat, dass ihm das Essen spass macht weil es einfach ist, wurde das Essen zu etwas Dbstraktem, denn das Essen war nun das, das er tat weil es einfach war und er dadurch glücklich werden konnte. Diese neue Definition von Essen ist jedoch nicht mehr einfach, es ist mit vielen Dingen verstrickt und verknüpft und so konnte es in seinem Leben nicht mehr jene Sonderstellung einnehmen das zu sein, was einfach ist.
Ich hoffe mich ein wenig verständlicher gemacht zu haben.
Wenn nicht, kann ich auch mal ein Beispiel erzählen, wo ich mich einfach so entwickelt habe, dass es mir unmöglich wurde mich auf eine Art zu amüsieren, die früher geklappt hatte.

@Lysandros: Ich belüge mich wahrscheinlich tagtäglich ohne etwas davon zu merken. Eigentlich bin ich ja nicht wie der Mann in meiner Geschichte, ich hinterfrage wahrscheinlich nicht so konsequent und habe auch einen viel kleineren Horizont. Bewusst belügen tu ich mich eigentlich nicht, da es nicht funktionieren würde und da es imo gar keinen Sinn hätte. Und oft kommt es vor dass ich wenn ich irgendwo nicht weiter weiss einfach sage, es ist so weil es so sein muss. Und etwas, das ich in Gedanken immer fixieren kann in solchen Augenblicken ist Gott. Solange ich weiss dass es ihn gibt, kann mir alles andere so ziemlich egal sein und das rufe ich mir gerne ab und zu wieder in Erinnerung.
Naja, ich hoffe aber in nächster Zeit schon auf ein wenig mehr Klarheit zu stossen, ich veranstalte im Moment eher ein grösseres Chaos als dass ich aufräume mit unbeantworteten Fragen.