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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : MeTas achievementlastige Game Challenge 2024 | Tales of Berseria & Lily of the Valley



MeTa
04.01.2024, 14:38
Ich habe mir vorgenommen, dieses Jahr auch mal eine eigene J-RPG- Game-Challenge an den Start zu bringen, um mich selbst herauszufordern. Und wurde von Lynx schließlich überzeugt, es auch wirklich zu tun.

https://i.imgur.com/taolhTQ.png


So soll es also sein. Und bevor es los geht, ein obligatorischer Disclaimer: Nein, ich werde mir keine besonders große Mühe geben, einen starken Fokus auf JRPGs zu legen.
Aber sie werden in der Challenge eine Rolle spielen. Mal expliziter und mal nur als Option. Aber seht selbst.

Ich möchte mir im Verlauf des Jahres 2024 folgende 12 Achievements freischalten:

https://i.imgur.com/4xP5G8M.png https://i.imgur.com/laDy1Vy.png https://i.imgur.com/xEhm99s.png

https://i.imgur.com/e4RasIx.png https://i.imgur.com/fwjqhHY.png https://i.imgur.com/6X4Bgmn.png

https://i.imgur.com/YoyLPlB.png https://i.imgur.com/IfOnEB1.png https://i.imgur.com/l4NUpqp.png

https://i.imgur.com/rKl3pXu.png https://i.imgur.com/gNOJyNK.png https://i.imgur.com/7hN78gR.png

"Aber was, wenn du ein Spiel spielst, das Kaia für dich aussucht, das aus dem Mainsteam kommt, in dem du einen Charakter liebst und das voll anspruchsvoll war? Und dann hast du auch noch alle Achievements geholt, du beachtlicher Teufelskerl!"

Ja, ich bin beachtlich. ABER ich werde mit einem Spiel nicht mehr als ein Achievement holen können.
Wenn tatsächlich auf ein Spiel zutrifft, dass es zu mehreren der Herausforderungen passt, muss ich mich im Moment des Aktualisierens dieses Threads (nach dem Spielen) eben entscheiden, für welches Achievement es gelten soll.

Natürlich werde ich diesen Thread auch mit Spieleerfahrungen updaten, wenn sie zu keinem der Achievements passen.



In diese Übersicht (die ich mir frecherweise aus Lynx' Thread gestohlen habe) werden die gespielten Spiele nach und nach eingetragen:



Spiel
Start
Ende
Spielzeit
Wertung
Achievement


OMORI (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3432894&viewfull=1#post3432894)
04.01.2024
08.01.2024
42h
9 / 10
Sure Thing


Milk inside a bag of milk inside a bag of milk (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3432976&viewfull=1#post3432976)
09.01.2024
09.01.2024
18m
5,5 / 10
1/4 von Tiny Pleasures


missed messages. (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3432976&viewfull=1#post3432976)
09.01.2024
09.01.2024
28m
8 / 10
2/4 von Tiny Pleasures


Milk outside a bag of milk outside a bag of milk (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3433147&viewfull=1#post3433147)
18.01.2024
18.01.2024
95m
5 / 10
3/4 von Tiny Pleasures


Spiritfarer (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3433308&viewfull=1#post3433308)
21.01.2024
29.01.2024
38h
4 / 10
-


Raging Loop (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3433732&viewfull=1#post3433732)
09.02.2024
15.02.2024
22h
5 / 10
1/2 von 999 - The Somnium Ronpa


Juniper's Knot (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3433824&viewfull=1#post3433824)
18.02.2024
18.02.2024
45m
9 / 10
1/3 von Click 'N Cry


Lynne (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3434016&viewfull=1#post3434016)
24.02.2024
24.02.2024
75m
9 / 10
2/3 von Click 'N Cry


WILL: A Wonderful World (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3434120&viewfull=1#post3434120)
25.02.2024
27.02.2024
14h
3 / 10
Let The Dice Roll


Nothing & Nowhere (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3434179&viewfull=1#post3434179)
01.03.2024
01.03.2024
160m
9 / 10
3/3 von Click 'N Cry


Kena: Bridge of Spirits (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Nothing-Nowhere?p=3434390&viewfull=1#post3434390)
15.05.2023
07.03.2024
13,5h
4,5 / 10
-


Ni No Kuni - Wrath of the White Witch (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Ni-No-Kuni-WotWW?p=3434656&viewfull=1#post3434656)
18.03.2024
26.03.2024
35h
4 / 10
-


Tales of Berseria (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Tales-of-Berseria?p=3434926&viewfull=1#post3434926)
27.03.2024
09.04.2024
41h
9 / 10
The Belladonna Principle


Lily of the Valley (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024-Tales-of-Berseria?p=3435155&viewfull=1#post3435155)
23.04.2024
23.04.2024
82m
6 / 10
4/4 von Tiny Pleasures


Deadly Premonition 2 - A Blessing in Disguise
19.03.2024








Und natürlich darf ein kleines, stimmungsvolles Showcase nicht fehlen, das sehr bald hoffentlich prall gefüllt wird:

https://i.imgur.com/o09kDti.png

// Props natürlich an Kaia für die Tatsache, dass hier so viele coole Designs drin sind.

Kaia
04.01.2024, 14:43
Ich hätte meinen Account fast für den besten Thread 2023 (https://www.multimediaxis.de/threads/146768-Caros-PARFUM-Challenge-2023-%2839-39%29-DONE%21?p=3431961&viewfull=1#post3431961) reaktiviert, aber Peer Pressure und meine Arbeit an den hier dargestellten Grafiken haben es dann doch vollbracht.
Ich freue mich natürlich am meisten auf "Poopie Plays..." UND die Salzlake~

Lynx
04.01.2024, 15:28
Juhu! I Ein Thread, der mit so einem Banner anfängt, kann ja nur ganz formidabel sein. Und das ist er auch!
Sehr coole Grafiken und sehr coole Achievements. Ich freue mich natürlich am meisten auf deine beiden Death Games/Mystery Visual Novels und bin sehr gespannt, was es dann wird (und ob ich das dann auch spielen muss??)

Ist das Belladonna Achievement eines, das du dann erst im Nachhinein zuteilen kannst, weil du ja erst dann wissen wirst, ob du einen Charakter lieben gelernt hast? Oder musst du eines der schrecklicken RWBY Spiele spielen? :D



"Aber was, wenn du ein Spiel spielst, das Kaia für dich aussucht, das aus dem Mainsteam kommt, in dem du einen Charakter liebst und das voll anspruchsvoll war? Und dann hast du auch noch alle Achievements geholt, du beachtlicher Teufelskerl!"

Ja, ich bin beachtlich. ABER ich werde mit einem Spiel nicht mehr als ein Achievement holen können.
Wenn tatsächlich auf ein Spiel zutrifft, dass es zu mehreren der Herausforderungen passt, muss ich mich im Moment des Aktualisierens dieses Threads eben entscheiden, für welches Achievement es gelten soll.


Also ich ging zuerst eigentlich fest davon aus, dass du mehrere Achievements gleichzeitig abdecken wirst. Ich meine, das sind jetzt insgesamt 21 Spiele :eek: Du beachtlicher Teufelskerl.

MeTa
04.01.2024, 16:09
Ich freue mich natürlich am meisten auf deine beiden Death Games/Mystery Visual Novels und bin sehr gespannt, was es dann wird (und ob ich das dann auch spielen muss??)

Natürlich denke ich da bereits an mindestens eines. Und das müsstest du dann auch nicht spielen, weil du es schon getan hast!



Ist das Belladonna Achievement eines, das du dann erst im Nachhinein zuteilen kannst, weil du ja erst dann wissen wirst, ob du einen Charakter lieben gelernt hast?

Genau. Generell ist das eigentlich der Plan für so ziemlich alles. Es kann sein, dass Kaia mir ein Spiel aufzwängt und ich es dann für die entsprechende Kategorie einplane, es dann aber auch eine der anderen Qualitäten erfüllt und ich mich kurzfristig entscheide, es stattdessen doch einem anderen Achievement zuzuweisen. Dann müsste sie mich eben zu noch einem nötigen.

Narcissu
04.01.2024, 16:25
Das ist die schönste Überraschung des bisherigen Jahres, noch vor pünktlichen Zügen! Ein Weihnachtswunder! Freue mich schon auf die Berichte und Achievements \o/

Caro
04.01.2024, 16:34
In meinem Größenwahn spreche ich mir zu, dass der neuerliche Influx an Thread-of-the-Year-Kandidaten an mir liegt, aber das macht das Projekt nicht weniger interessant. Ich freue mich, darauf demnächst mehr aus deiner digitalen Feder zu lesen!

Kael
04.01.2024, 17:17
Das ist die schönste Überraschung des bisherigen Jahres, noch vor pünktlichen Zügen! Ein Weihnachtswunder! Freue mich schon auf die Berichte und Achievements \o/

Ich wollte schon sagen, die Überraschung des Jahres 2024 hat MeTa hier ganz auf seiner Seite. Absolut nicht damit gerechnet! :p

Gutes Gelingen! :A

Ὀρφεύς
04.01.2024, 18:23
Omori heute gestartet?
Wünsche viel Spaß damit, ist nämlich der Wahnsinn (also wortwörtlich).:D

Sylverthas
04.01.2024, 18:39
Hey, Omori, das ist nice! Kleines Heads Up, falls Du in der Stadt bist, da gibts ne ganze Menge an kleinen Minigames zu spielen. Keine Ahnung, ob Du auf sowas stehst. Ich fands ganz amüsant und hat der Seite vom Spiel noch n bisschen was gegeben, weil sie sonst recht schmal ist.
Bei Tales of Mediocrity bin ich mal sehr gespannt, welchen Teil Du Dir da wählst um die Mittelmäßigkeit zu bestätigen :bogart:

Die Bilder der Achievements sind echt cool!

Dir auf jeden Fall viel Spaß an der Challenge!

LittleChoco
04.01.2024, 19:00
Freue mich aufs Lesen! :)

La Cipolla
04.01.2024, 22:11
Beachtlich!!
Aber wichtig: Zwing dich nicht zu sehr, sonst fällst du um, bevor du dem Punktsieg näherkommst ...! =O

Zu Omori bin ich gespannt, da hadere ich ja auch seit langem.


Bei Tales of Mediocrity bin ich mal sehr gespannt, welchen Teil Du Dir da wählst um die Mittelmäßigkeit zu bestätigen :bogart:
Den Gedanken habe ich auch, es gibt ja durchaus extremere und weniger extreme Abstufungen. xD'

MeTa
05.01.2024, 10:32
Vielen Dank euch für die lieben Worte!


Hey, Omori, das ist nice! Kleines Heads Up, falls Du in der Stadt bist, da gibts ne ganze Menge an kleinen Minigames zu spielen. Keine Ahnung, ob Du auf sowas stehst. Ich fands ganz amüsant und hat der Seite vom Spiel noch n bisschen was gegeben, weil sie sonst recht schmal ist.

Ich bin ein paar Stunden drin (heute werden es sicher eine Menge mehr) und bin bislang wirklich begeistert. (Nicht, dass es mich überrascht. Immerhin ist OMORI heißer Contender für das 'Sure Thing'-Achievement.) Es ist nicht so, dass ich gameplayseitig irgendetwas vermissen würde - Minigames klingen trotzdem cool. Also danke für den Tipp!

MeTa
08.01.2024, 22:00
OMORI

Dank eines langen Wochenendes konnte ich direkt mit einem Marathon in die Jahreschallenge starten. Ich habe mich also - zum Spiel passend - an den Platz vor meinen PC gesetzt und etwas kränkelnd die Gelegenheit genutzt, um mich an und in ein Spiel zu wagen, von dem ich sehr wenig wusste, während ich mir doch viel davon versprach. So kam ich in nur 5 Tagen auf stolze 42 Spielstunden. Anders als der Protagonist des Spiels habe ich diese aber nicht mit dem erfolglosen Verdrängen vergangener Traumata verbracht, sondern einfach damit, mich tief in seine Welt(en) hinein zu begeben. Ganz unschuldig daran, dass mir in den fünf vollgepackten Tagen nicht die Lust verging, ist OMORI natürlich nicht. Ich fasse aber erst mal einige Dinge zusammen, bevor ich von meiner Erfahrung berichte.

Story

Der dem Spiel seinen Namen gebende OMORI ist ein zurückhaltender Junge, der nichtsdestotrotz aber tiefe Bindungen zu seinen Freund:innen Aubrey, Basil, Hero, Kel und Mari pflegt. Gemeinsam mit ihnen erkundet er als stiller Anführer die kunterbunte Welt von Headspace; den heimischen Wald, das Schloss einer selbsternannten Prinzessin am Rande einer Maulwurfskolonie, die in schwindelerregenden Höhen befindliche Alienkolonie "Otherworld" und mehr. Eine Begebenheit erscheint hier alberner als die nächste. Doch noch viel mehr fällt auf, dass irgendetwas nicht zu stimmen scheint. Einer der Freunde verschwindet spurlos, es warten wiederholt seltsame Visionen auf und hinter dem Gepflecht aus absurden Erlebnissen und den dabei empfundenen Emotionen verbirgt sich etwas, das stets zu erahnen, aber nie ganz zu greifen ist...

Das Spiel

Der Löwenanteil des Spiels findet in Begleitung der Freundesgruppe statt und beinhaltet die Erkundung der oben genannten Welt. OMORI ist ein Spiel, das viel Wert auf Narrative legt, wobei diese sowohl durch Dialoge als auch auf visueller Ebene erzählt wird. Während man sich auf RPG Maker-typische Weise durch die Oberwelt bewegt, finden die rundenbasierten Battles im kreativ designten Kampfbildschirm statt.

https://i.imgur.com/AvOK1NY.png
Neben der schicken Optik zeichnet die Kämpfe vor allem das emotionsbasierte Kampfsystem aus. Im Kampf können die Held:innen, wie auch ihre Feinde, auf verschiedensten Wegen in bestimmte Regungen versetzt werden: Happy, Sad & Angry. Die drei Gefühle kommen mit ihren eigenen Vor- und Nachteilen und stechen sich nach dem Rock-Paper-Scissors-Prinzip gegenseitig aus. So wird nicht nur taktische Tiefe ins ansonsten klassische Kampfsystem gebracht - die Kämpfe fügen sich auch immer gut in die Narrative ein und widmen sich damit dem allgegenwärtigen Thema von - zur Schau gestellter, echter wie unterdrückter - Emotion. In diese soll man an der Seite der Erzählung und ihrer Charaktere auch tief eintauchen.

Wie war es denn nun?

OMORI ist ein tolles Spiel. Das klingt nach einem abschließenden Fazit und erscheint in diesem Beitrag demnach reichlich früh, doch es muss erst mal gesagt werden, bevor ich mehr von mir gebe. Wie ich im Post zuvor bereits schrieb, haben mich die ersten paar Stunden restlos begeistert. Ich war fast ein bisschen geschockt, wie gut OMORI mir gefällt. Da ist diese Freundesgruppe, die mir ein paar Minuten nach ihrer Einführung schon so am Herzen liegt, weil die Narrative sie äußerst smart auf, über unter, neben und zwischen Tropes positioniert, die ich kenne, ohne dass es mir alt vorkommt. Dann die Welt, die ein bisschen ist wie ein verrückteres, (meistens) weniger süßes Rakuen. Ohnehin werde ich ständig an etwas erinnert, das ich mindestens toll finde. An Rakuen eben, aber auch an Undertale, Digimon Adventure, Doki Doki Literature Club, Tell Me Why und mehr. Gott, sieht das alles hübsch aus. Und wie sehr ich es erkunden möchte.

Und dann… reißt mich das Spiel aus dieser Erfahrung heraus. Durchaus bewusst, aber trotzdem bin ich erst mal vor den Kopf gestoßen und brauche Zeit, um schätzen zu lernen, was das Spiel da tut. Was es genau genommen auch tun muss. (Ich werde hier nicht genauer, um Mitlesende nicht zu spoilen)

Doch es geht weiter. Und wieder zurück. Und noch mal weiter. Und zwischendurch werden immer mehr Krümel gelegt, die mich des Rätsels eigentlicher Lösung näher bringen. Auch wenn ich, ganz wie unser lieber OMORI, gar nicht weiß, ob ich das eigentlich will. Hier ist doch noch der kleine Sprout Mole, der möchte, dass ich ihm Tofu bringe. Und ich muss noch Orange Joes Bruder Oragne Joe finden. Und hab ich heute eigentlich schon Basils Blumen gegossen…?

Ja, OMORI spielt durchaus ein bisschen mit der Opposition von dem was OMORI ich will und dem was OMORI ich brauche. Und ich glaube, dass das kein Problem wäre. Doch auf lange Sicht ist das Problem, dass sich das alles etwas zieht. Denn so vollgestopft wie das Spiel mit erheiternden Erlebnissen, eindrucksvoll düsteren Passagen und Kreativität hüben wie drüben ist, so sehr dümpelt es doch hier und da. Kein schlimmes Dümpeln. Mir war nie langweilig. Doch ein Dümpeln, das der Geschichte am Ende doch ein ganz kleines bisschen im Wege steht. Denn weil es dümpelt und mein Wissen in Hinblick auf die große Enthüllung(?) eine ganze Weile auf der Stelle tappt, bin ich zwar noch neugierig – aber mehr wie ein Detektiv, der den Fall untersucht als wie ein direkt Beteiligter.

Das klingt so wahrscheinlich negativer als es (gemeint) ist. Ich habe ununterbrochen Spaß gehabt (oder war auf andere Weise unterhalten) und finde die Auflösung und den Weg dahin insgesamt wirklich toll. Ich versuche nur, mir selbst zu erklären, woran es für das letzte bisschen Gefallen gehapert hat.

OMORI ist ein verdammt kreatives und wunderschönes Spiel, das sicher noch eine Weile nachklingen wird und die Messlate für alles Nachfolgende in diesem Jahr hoch gelegt hat. Weil es mir als Gesamterfahrung für sein eigenes Wohl etwas zu lang vorkommt (ich bin aber auch allgemein ein Freund von würziger Kürze), muss ich etwas abziehen.

Ich bewerte es dementsprechend mit 9 von 10 (ehemals 8,5) warm lächelnden Freunden.

https://i.imgur.com/0iS5NKM.jpg

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Aber da war doch noch was!

Ja, genau. Die Challenge! Auch das habe ich bereits angedeutet. OMORI war mein Plan für das "Sure Thing"-Achievement. Ich habe gewusst, dass es mir gefallen wird und - zu meinem Glück - hat es diese gewisse Erwartung auch erfüllt.
Ja, es gibt gleich einige Charaktere in OMORI, die ich richtig toll finde. Könnte ich das Spiel also nicht auch für „The Belladonna Principle“ benutzen? Noch dazu habe ich Perfectheart besiegt, eine wirklich wahnsinnig anspruchsvolle Gegnerin. Also doch Progress für mein Salz-Achievement?

Nein. Denn keine der Figuren finde ich auf eine Art und Weise faszinierend, die zum entsprechenden Achievement passen würde. Und Perfectheart ist zwar schlimm, aber auch optional und OMORI als solches alles andere als schwierig. Noch dazu wüsste ich (auf Anhieb) kein anderes Spiel, das in die „Sure Thing“-Kategorie fallen könnte. Also tue ich gut darin, es festzulegen und mir stolz mein erstes Achievement für das Jahr auf die Brust zu nageln:

https://i.imgur.com/gNOJyNK.png

So kann es weiter gehen...

Kaia
08.01.2024, 23:33
42 Stunden in 5 Tagen ist schon beachtlich und ich war sogar die ganze Zeit in deiner Nähe. Umso erschreckender finde ich es, dass ich keine Träne hab fließen sehen und der Salzgehalt beim Schreiben dieses Posts wohl höher war als beim erwähnten Bosskampf(?).
GZ zum 1 Achievement und abschließend bleibt nur die Frage: Und welcher Charakter bin ich jetzt? :O

MeTa
08.01.2024, 23:51
Und welcher Charakter bin ich jetzt? :O

https://static.myfigurecollection.net/upload/entries/1/333559-d39c7.jpg

La Cipolla
09.01.2024, 00:02
Hm, spannend zu lesen. Die Länge ist tatsächlich einer der Punkte, die mich bisher vom Spiel abgehalten haben. Nicht, weil es lang ist (Ich habe gerade 30 Stunden in Guild Wars 2 versenkt! xD'), sondern weil es nicht wie ein Spiel wirkt, das so eine Länge braucht – zumindest gemessen an dem, was ich mir davon erhoffe. :D Dazu kommt dann noch, dass mir so "Slice-of-Live-iges" ja eher abstößt, und das scheint hier ja nicht nuuur die Vorbereitung auf irgendwelche Twists zu sein.

~Jack~
09.01.2024, 01:42
Dass sich das Spiel viel zu sehr in die Länge zieht war für mich auch ein großes Problem, zumal ich es tatsächlich zweimal gespielt habe um beide Routen zu sehen, die allerdings größtenteils identisch sind. Und wenn man die eine Route mit weniger Content als letztes macht (wie ich das getan habe), dann fehlt halt einfach nur ein Großteil des Spiels und ob sich das dann wirklich lohnt ist Ansichtssache, auch wenn da noch mehr über die Story enthüllt wird und am Ende tatsächlich noch einiges an Content freigeschaltet wird. Aber dafür kann man ja auch Youtube oder das Wiki zurate ziehen!

Die Mechaniken fand ich in dieser Hinsicht aber auch problematisch. Zum Beispiel beim recyceln von Items (wofür man Geld bekommt), wo man jedes verdammte Item einzeln bestätigen muss :confused:
Oder die "Schnellreise"-Mechanik, die aus einem Dialog, einem Mapwechsel und einer Ortsauswahl besteht. Dabei hätte es doch gereicht einen direkt das Ziel auswählen zu lassen.

MeTa
09.01.2024, 10:04
[...] sondern weil es nicht wie ein Spiel wirkt, das so eine Länge braucht – zumindest gemessen an dem, was ich mir davon erhoffe. :D Dazu kommt dann noch, dass mir so "Slice-of-Live-iges" ja eher abstößt, und das scheint hier ja nicht nuuur die Vorbereitung auf irgendwelche Twists zu sein.

Es ist zumindest nicht so als würde man nicht stets wissen, was gerade das übergeordnete Ziel ist. Und wenn man es nicht weiß, dann aus gutem Grund nicht. Insbesondere in den slice-of-life-igeren Passagen ist Letzteres der Fall, sodass es sich schon anders und bedeutungsvoller anfühlt als es bei Slice of Life sonst der Fall ist.

Ich kann auch nicht mit absoluter Sicherheit sagen, dass das Spiel für sein eigenes Wohl zu lang ist - zumindest in dieser Hinsicht. In der von Jack erwähnten könnte es im Detail sicher ein paar kleine Anpassungen gebrauchen, um mehr convenient zu sein (wenn es das denn sein soll). Vielleicht braucht es aber seine sich allmählich entblätternde Erzählweise, die nur mir nicht GANZ gepasst hat. Das Ende (der True Ending Route) war dann dennoch mitreißend.


Dass sich das Spiel viel zu sehr in die Länge zieht war für mich auch ein großes Problem, zumal ich es tatsächlich zweimal gespielt habe um beide Routen zu sehen, die allerdings größtenteils identisch sind. Und wenn man die eine Route mit weniger Content als letztes macht (wie ich das getan habe), dann fehlt halt einfach nur ein Großteil des Spiels und ob sich das dann wirklich lohnt ist Ansichtssache, auch wenn da noch mehr über die Story enthüllt wird und am Ende tatsächlich noch einiges an Content freigeschaltet wird. Aber dafür kann man ja auch Youtube oder das Wiki zurate ziehen!

Das Problem mit dem zweiten Spieldurchgang (Hikkikomori-Route) hatte ich auch. Der war natürlich schneller gepacet und hat mir auch Spaß gemacht, aber am Ende wusste ich gar nicht mehr so Recht, wie ich die Geschichte jetzt beenden soll. Wenn man nicht den zusätzlichen Gameplay-Content spielen und die neuen Gegenden erkunden will, würde ich vom Spielen dieser Route jetzt wohl auch eher abraten und auf Youtube verweisen.


Die Mechaniken fand ich in dieser Hinsicht aber auch problematisch. Zum Beispiel beim recyceln von Items (wofür man Geld bekommt), wo man jedes verdammte Item einzeln bestätigen muss :confused:
Oder die "Schnellreise"-Mechanik, die aus einem Dialog, einem Mapwechsel und einer Ortsauswahl besteht. Dabei hätte es doch gereicht einen direkt das Ziel auswählen zu lassen.

ODER die Sidequest mit der Weeping Willow of the Lake, bei der man erst Clams ins Wasser werfen muss, dann die Animation abwarten, dann bestätigen, dass man ihr einen Witz vorlesen muss und dann noch mit zwei weiteren Eingaben auswählen soll, welcher. Und wenn man das nicht mit Hero gemacht hat, fängt man von vorne an. Und das für jeden Witz einzelnd. Solche Situationen existieren tatsächlich hier und da und manchmal habe ich mich auch darüber gewundert, weil das Spiel sich sonst eigentlich oft auf Convenience versteht. Es gibt - wenn man es denn braucht, da das Gameplay-Pacing und die Schwierigkeit sowieso recht freundlich ist - genug gute Grinding-Spots und auch sonst Convenience-Features. Es kam gleich mehrmals in den beiden Playthroughs vor, dass ich mir dachte: "Oh, da hat aber jemand mitgedacht." Das macht es dann umso ärgerlicher, wenn das an solchen Stellen teils nicht getan wird.

Sylverthas
09.01.2024, 17:51
Ich finds ja immer krass, wie (gefühlt!) untergegangen Omori ist. Hat ja wirklich wenig Wellen geschlagen und viele sind ja eher so "naja, überleg mal, es zu spielen". Wie Cipo, der schon damals in meinem Thread vor mehr als 2 Jahren Interesse bekundet hat (https://www.multimediaxis.de/threads/145417-Sylverthas-Re-Devolution-%28Steam-Haul%29?p=3415976&viewfull=1#post3415976), aber immer neue Ausreden findet :bogart:

Mit dem Dümpeln sprichst Du ja was an *g*
Bei der Spiellänge von Omori kommt es, glaube ich, darauf an, worauf man scharf ist. Es hat einige Längen, bei denen die Story kaum voranschreitet (hell, ich würde sagen, dass sich 80% vom Spiel das Ziel nicht mal ändert :D). Was nicht heißt, dass nichts passiert, denn es werden einerseits immer wieder weitere Hinweise eingestreut und die Charaktere haben auch immer tolle Interaktionen. Andererseits haben die Entwickler aber auch wirklich ihren Einfallsreichtum rausgelassen. Sweetheart's Castle oder die Orange Oasis z.B. sind einfach großartig einfallsreiche Gebiete, obwohl sie storytechnisch eher irrelevant sind. Auch Last Restort fand ich wirklich toll und hat auch irgendwo ne loretechnische Relevanz, zumindest was dessen Positon in der Welt angeht. Oder das Verbringen von Zeit in der realen Welt, erledigen von einigen eher nebensächlichen Minispielen - hat IMO nen guten Kontrast geschaffen zu der Traumwelt. Konnte man auch ne Menge verpassen, was ich auch getan hab *g*

Wenn es einem aber um die Kerngeschichte und ihre Aussagen geht, dann ja, würde ich zustimmen, dass man an der ein oder anderen Stelle definitiv hätte trimmen können. Dafür sind viele der Szenarien nicht essenziell und ergänzen eher durch minimalen Fluff (die groben Ideen wird einigen Spielern bereits am Ende vom ersten "Akt" klar sein). In meinem Bericht dazu hatte ich auch Zweifel aufkommen lassen, ob sich die zwei Storypfade lohnen - auch wenn es natürlich ne starke symbolische Bedeutung hat. Aber die sind halt zu einem Großteil identisch und irgendwo wärs vermutlich sogar besser gewesen, hätte man das Endgame nicht in einen Storypfad gesteckt, den die meisten Spieler nie sehen werden. Gerade, weil dort ein paar der interessanteren Kämpfe sind.

Ich mochte vor allem, wie sehr Omori das Konzept der Traumwelt mit den eindringenden Albträumen vermischt hat, quasi der Kampf im Unterbewusstsein. Omori wird als sehr einfallsreiches Kind beschrieben, also ergibt es total Sinn, dass in seiner Fantasiewelt viel Shit passiert. Da merkt man auch die Earthbound-Inspiration sehr.
Was ich aber hier schmerzlich vermisst habe: Die Erwähnung vom grandiosen Soundtrack! Einige der Bosstracks im Spiel sind so gut - wie World's End Valentine (https://www.youtube.com/watch?v=rlQd9qWKjLM). Und jeder Boss hat nen eigenen! Denn das Spiel trumpft mit heftigen 179 erstaunlich qualitativen Tracks auf :eek:
Das Spiel nutzt Musik echt an vielen Stellen, um Stimmung und Emotionen zu vermitteln. Eine der großen Stärken von Omori.

La Cipolla
09.01.2024, 18:06
Lol, das ist so lange her, dass ich schon komplett vergessen hatte, einen guten Teil des Spiels nebenbei auf Youtube gesehen zu haben ... XD'

Aber: Wellen geschlagen hat es total! =O Meine Social Media waren gefühlte Monate voll mit Fanart und Gushing. Auf Steam hat es auch lockere 60.000 Reviews. Ist vielleicht so eine Filterblasen-Sache?

MeTa
09.01.2024, 18:58
Mit dem Dümpeln sprichst Du ja was an *g*
Bei der Spiellänge von Omori kommt es, glaube ich, darauf an, worauf man scharf ist.

Vielleicht. Und ich war durchaus scharf auf beides. Und fand, dass OMORI eigentlich beides gut vereint hat. Denn es ist ja durchaus ein Bestandteil der Kerngeschichte, dass "man" sich in den whacky Adventures verliert, während eigentlich etwas sehr Wichtiges zu klären respektive aufzuarbeiten wäre. Und dem Spiel gelingt es auch gut, genau mit diesem Dilemma beide Spielwelten und die sehr unterschiedlichen Erfahrungen narrativ zu legitimieren. Ich könnte und würde also nicht mal sagen, dass es zu lang für sein eigenes Wohl ist oder sich selbst damit prinzipiell im Weg steht. Es ist auch vom Pacing ziemlich gut gecraftet und es wird ja sogar ingame thematisiert, dass die Abenteuer die Gruppe vom eigentlich gesetzten Ziel abweichen, bis sie sich nicht mal mehr daran erinnern, wofür sie unterwegs sind. Also kein wirkliches Versäumnis des Spiels, wenn es nach mir geht. Nur eben etwas, dass sich dennoch mit leichten Nachteilen auf meine persönliche Spielerfahrung ausgewirkt hat. Das liegt aber eventuell auch zum Teil daran, dass ich relativ unempfindlich bin, was Unheimliches, Erschreckendes und Co. angeht und mich eben solche Sequenzen nicht so leicht wieder in die Ernsthaftigkeit des ganzen gezogen haben, wie es bei anderen womöglich der Fall wäre.

Es zeigt sich aber durchaus jetzt schon, was ich im Review mit dem Wort "nachklingen" habe prophezeien wollen: Heute habe ich mir einige Reviews, Erfahrungen und sonstigen Kram zu OMORI angeschaut und nicht nur mehr Perspektiven auf das tolle Spiel gewonnen, sondern auch festgestellt, dass mich gewisse Stellen (bloß in zusammengefasster Manier) emotional plötzlich wesentlich mehr gerührt haben als während meines eigenen Playthroughs. Ich behalte mir also vor, meine Bewertung im Laufe der nächsten Tage, Wochen und Monate eventuell nach oben hin anzupassen, sollte ich weiterhin das Gefühl haben, dass OMORI nicht aufhört, nachzuklingen und zu "wachsen".


Was ich aber hier schmerzlich vermisst habe: Die Erwähnung vom grandiosen Soundtrack! Einige der Bosstracks im Spiel sind so gut - wie World's End Valentine (https://www.youtube.com/watch?v=rlQd9qWKjLM). Und jeder Boss hat nen eigenen! Denn das Spiel trumpft mit heftigen 179 erstaunlich qualitativen Tracks auf :eek:

Du hast vollkommen Recht und jetzt schäme ich mich ein bisschen dafür. Ich habe eben erst noch das Battle Theme von Perfectheart gepumpt (weil es knallt, aber sicher auch, weil ich eine unverhältnismäßig große Zeit damit verbracht habe :x). Die Musik ist wirklich erstaunlich gut und erstaunlich vielfältig. Das Spiel bedient ja offensichtlich eine große Bandbreite an verschiedensten Emotionen und die Musik trägt jede dieser Stimmungen gekonnt mit. Man will zu ihr gemütlich mit seinen Freunden picknicken, sich auf den Dancefloor treiben lassen, High Intensity-Trainingsprogramme durchziehen oder hat eben Angst. Gerade Letzteres gilt übrigens nicht nur für den Soundtrack, sondern auch für das Sounddesign im Allgemeinen.

MeTa
12.01.2024, 12:19
Ich habe wieder zwei kleine Spiele auf der Liste gehabt...

Milk inside a bag of milk inside a bag of milk

Story?

Ähm... man ist der Reader einer Visual Novel. Also eigentlich ist man man selbst. Und man "hilft" einem sozial unbeholfenen Mädchen dabei, Milch zu kaufen. Joa...

Das Spiel

Es ist mit Anlauf weird. Das besagte "Girl", wie sie sich selbst lediglich nennt, tritt mit der spielenden Person in den Dialog. Sie versteht, dass sie sich selbst in einem Visual Novel befindet und fordert Hilfe beim Milcheinkauf im Auftrag ihrer Mutter ein. Eine eher schlecht als Recht aufgestellte AI-Stimme liest die Dialoge vor. Man hat hier und da Auswahlmöglichkeiten. Wählt man die "falschen" (d.h. ist man besonders gemein zu ihr), erreicht man nicht das eigentliche Ende des Spiels. Das alles präsentiert sich in einer "Grafik", die nur aus zwei pixelhaft zusammengeschusterten Farben - schwarz und rot - besteht. Man sieht/erkennt quasi nichts. Im Zusammenspiel mit den Dialogen, dem seltsamen Setup, der weirden Audio-Präsentation und einer im Hintergrund schwelenden Bedrohlichkeit kommt dadurch tatsächlich sowas wie Atmosphäre und Horror auf.

https://gamefaqs.gamespot.com/a/review/10/171410-1.png

Wie war es denn nun?

Ich kann nicht sagen, dass das Spiel schlecht ist. Dafür müsste ich wissen, für was es überhaupt antritt. Es wirkt wie das Hobbyprojekt einer sehr einsamen, intrasozial belasteten Person, die ein "Spiel" konzipiert und einen Self-Insert begeht. Aber keinen "Ich bin die Heldin dieser Geschichte"-Self-Insert, sondern einen, der von Selbstverachtung und Hoffnungslosigkeit geprägt ist. Das "Girl" sucht Hilfe bei einer alltäglichen Milchbeschaffungsmaßnahme und spricht dabei zu einer Stimme, die - je nach Tagesform (und Dialogwahl) - das Mindestmaß an eigener sozialer Funktionalität oder ihren tiefsitzenden Selbsthass repräsentieren könnte.

Jedenfalls habe ich mir das so oder so ähnlich gedacht. Ich kann auch nicht sagen, dass das Spiel gut ist. Vielleicht ist es auch nur ein nihilistisches Meisterwerk, dass mich beim Versuch entlarven will, aus ihm eine nicht vorhandene Bedeutung zu quetschen. Vielleicht finde ich mehr heraus, wenn ich 'Milk outside a bag of milk outside a bag of milk' - den zweiten Teil(?) - spielen werde. Denn in meiner Library ist der bereits.

Bis dahin bleibt mir nichts übrig als diese kleine... ähm... Perle mit einer Wertung von 5,5 von 10 Milchkartons in Milchtüten in Milchkartons abzuspeisen.


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missed messages.

Story

Eine junge Frau wohnt in ihrem College-Dormitory, sitzt auf dem eigenen Bett und hat den Laptop auf dem Schoß. Nebenan May, die herzallerliebste, aber zurückgezogen in ihrem Teil des Dorms lebende Zimmernachbarin der Protagonistin. Eigentlich sollte diese ja arbeiten, aber dann schickt eine attraktive Schülerin irgendwo aus dem Dorm eine Nachricht. Gehst du auf den Flirt ein oder fragst du dich, mit wem May sich in ihrem Zimnmer da gerade eigentlich so laut streitet?

Das Spiel

missed messages. ist einfach hübsch. Lo-Fi-Musik spielt im Hintergrund, während man die Aquarelloptik des Spiels genießt und sich im Zimmer der Protagonistin umsieht oder den Blick auf den Monitor ihres Macbooks richtet, um zu arbeiten oder die Neugier gegen die Vernunft siegen zu lassen. Dabei wird schnell klar: An einem harmlosen Flirt ist eigentlich nichts dran, aber hat man bei all der Hingabe nicht vielleicht etwas Wichtiges nicht bemerkt, für das es im Anschluss zu spät ist? Wie man sich auch entscheidet: In simpler, schicker Point-and-Click-Manier schaut man sich durch die Einrichtung oder arbeitet sich durch die Erzählung.

https://i.imgur.com/dnIxqzZ.png

Wie war es denn nun?

Ich liebe diese Art von Spiel. Kreativ, schön und keine Minute länger als es sein sollte. 'Florence' war seiner Zeit der erste Vertreter dieser Art, der mir ins Auge gestochen ist. Und erst letztes Jahr gab es mit dem kleinen chinesischen Juwel 'LoveChoice' ein weiteres Spiel mit vergleichbarem Stil, das mir besonders gut gefallen hat. Ganz diese Höhen erreicht missed messages. für mich nicht. Vielleicht weil es dafür ein kleines bisschen zu on the nose ist. Vielleicht, weil es mich einfach nicht ganz so persönlich abholt wie LoveChoice das vor allem in und mit einer seiner Erzählungen getan hat. Aber das macht die Erzählung rund um die namenlose Protagonistin und ihre Mitbewohnerin nicht weniger gut. Es ist gleichzeitig emotional und schwer, aber irgendwie auch ein Wohlfühlort, weil es für die Probleme seiner zentralen Figuren eine einfache, aber deswegen nicht weniger richtige Lösung findet. Toll!

Ich vergebe 8 von 10 im Wind des geöffneten Fensters wehende trans*Flaggen.

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Damit habe ich mir also zwei ziemlich kurze Spiele auf den Zahn gelegt. Beide bedeuten für mich auch Progress in meiner Challenge und zählen zusammen als 2/4 vom Tiny Pleasures Achievement.

Sylverthas
12.01.2024, 12:44
Interessant, was Du zu Milk Inside A Bag of Milk Inside a Bag of Milk schreibst / denkst (btw. wie oft ich den Titel jetzt editieren musste, weil ich den immer wieder falsch hatte :hehe:)
Ich fand die beiden Teile ziemlich effektiv darin, wie sie extreme Social Anxiety vermitteln wollen, als wäre es Horror. Was es für Leute, die davon betroffen sind, wohl auch sein kann. Auch, wie sehr sie in ihrem eigenen Kopf unterwegs ist und die Außenwelt gar nicht ordentlich wahrnimmt trägt dazu bei. Sich selber die Schuld zu geben ist natürlich auch ein großes Ding davon. Alleine, wenn man am Ende nach Hause kommt und einen dann die Mutter begrüßt ist schon ein krasser Moment.

Die negative Weltsicht kommt daher, weil man mit solchen Störungen dazu tendiert, anderen Menschen und sogar sich selber schlechte Attribute/Absichten zuzuordnen, auch wenn diese unbegründet sind. Das muss natürlich nicht jede Person mögen oder gar verstehen. Btw. denke ich nicht unbedingt, dass man "den Leser der VN" (aka sich selber *g*) spielt, auch wenn man das so nicht-diegetisch deuten kann. Viel mehr, dass man den unsichtbare "Freund" von dem Mädchen übernimmt, welcher ihr in der Einsamkeit hilft (oder nicht *g*). Was ja letztendlich nur die eigenen Gedanken sind, die man auf eine weitere nicht vorhandene Person projeziert. Oder halt ne Stimme in ihrem Kopf, wenn man ihr das noch zuordnen will - wobei es ja nicht selten ist, dass Personen mit gewissen psychischen Störungen auch noch als Komorbidität Social Anxiety entwickeln.

Ich denke es ist kein Spiel, wo man wirklich viel reinlesen kann, es trägt doch das, was es tun will, ziemlich on the sleeve. Für die kurze Spielzeit fand ichs auf jeden Fall total in Ordnung, auch in der minimalistischen Präsentation.

MeTa
12.01.2024, 14:09
Btw. denke ich nicht unbedingt, dass man "den Leser der VN" (aka sich selber *g*) spielt, auch wenn man das so nicht-diegetisch deuten kann.

Zumindest wird das von "ihr" so benannt und ist damit diegetisch Das Mädchen ist sich über ihre Existenz in der VN bewusst und spricht den Teil, der ihr die Hilfestellungen (oder alles weitere) präsentiert auf diese Weise an. Aber diese Bipolarität der Spieler:innenrolle meine ich ja, wenn ich z.B. vom internalisierten Selbsthass spreche, der eben auf die spielende Person ausgelagert wird. Ich kann mich dazu entscheiden, ihr zu helfen, oder den Teil ihrer Störung/Anxiety (auch wenn ich kein Freund von dieser diagnostischen Zuweisung von pathologischen Begriffen auf fiktive Charaktere bin, wenn sie nicht explizit ausgedrückt werden, weswegen ich es anders auszudrücken versuchte) zu spielen, der ihren Selbsthass perpetuiert, sie beleidigt und von ihrer eigenen Hilflosigkeit genervt ist.

Genau dahingehend lässt sich dem Spiel sicher auch eine gewisse Komplexität unterstellen. Das Girl ist zwar die Hauptfigur der Erzählung, aber dennoch ist es keine rein internalisierte Fokalisierung - eher vielleicht eine Dissoziation ihrerseits. Von wem wird erzählt, welchen POV nehmen wir ein? Das ist hier etwas verwischt - je nachdem wie man die Rolle interpretiert, die die spielende Person einnimmt. Darin liegt eventuell auch eine clevere Analogie zur Social Anxiety. Ich kenne mich nur - zum Glück - nicht genug mit der Erfahrungswelt betroffener Menschen aus und habe eben auch nicht den diagnostischen Anspruch, um das voll nachvollziehen zu können und zu wollen. Uninteressant ist das Spiel deswegen keinesfalls, aber einfach recht schwer in den Bewertungsrahmen zu quetschen, den ich ansonsten anlege (und mit dem ich ja schon ganz früh anfange zu strugglen :D):

Sylverthas
12.01.2024, 15:05
Zumindest wird das von "ihr" so benannt und ist damit diegetisch Das Mädchen ist sich über ihre Existenz in der VN bewusst[...]eher vielleicht eine Dissoziation ihrerseits.
Das ist für mich der springende Punkt. Sie sagt es ja selber auch im Spiel mal an einer Stelle, dass sie sich gerne als Videospielcharakter sieht:
https://i.imgur.com/Eu1iK7Jl.jpg

Diese Dissoziation sorgt dafür, dass sie den Spieler... naja, wie den Spieler behandelt. Oder, besser gesagt: Wenn sie einen imaginären Freund / Stimme im Kopf hat, würde es wie einen "Lenker" aka Spieler ansehen. Es soll dargestellt werden, dass sie sich nicht in Kontrolle ihres Lebens fühlt - was ja auch ziemlich gut zum Thema vom Spiel passt. Aber ich glaube, dass wir beide fundamental schon von was ähnlichem Reden^^


auch wenn ich kein Freund von dieser diagnostischen Zuweisung von pathologischen Begriffen auf fiktive Charaktere bin, wenn sie nicht explizit ausgedrückt werden, weswegen ich es anders auszudrücken versuchte
Kann ich verstehen, weil man am Ende bei fiktiven Figuren irgendwo immer den Küchentischpsychologen rauslassen und alles mögliche reinlesen kann *g*
Persönlich finde ich es aber besser, die (vermutliche) Intention zu nennen, als um den heißen Brei zu sprechen - auch wenn das Abgebildete oft nur ne Näherung oder (im schlimmsten Fall) klischeebehaftet ist. Bei To the Moon würde ich z.B. auch nie drumrumreden, dass River im autistischen Spektrum ist, auch wenn es im Spiel nicht direkt erwähnt wird - da das sehr sicher die Intention war. Wobei es bei dem Spiel hier nicht so klar ist, da sie ein Sammelsurium an ... Schwierigkeiten... hat. Der Kernpunkt mit Social Anxiety ist aber glaube ich recht safe :D


Uninteressant ist das Spiel deswegen keinesfalls, aber einfach recht schwer in den Bewertungsrahmen zu quetschen, den ich ansonsten anlege (und mit dem ich ja schon ganz früh anfange zu strugglen :D):
Einer der Gründe, wieso ich seit langem keine Wertungen mehr vergebe. Ich denke, die werden bestimmten Spielerfahrungen einfach nicht gerecht. Und manchmal sorgts auch einfach dafür, dass man sich irgendwo an Nachkommastellen aufhängt oder in seltsame Vergleiche kommt, die eigentlich gar keinen Sinn mehr ergeben.

La Cipolla
13.01.2024, 07:48
Ich lese gespannt mit! Spielen will ich es nicht. ;D
Und ja, gerade solche minimalistischen Spiele beißen sich oft mit den großen, traditionellen Skalen, weil es oftmals gar nicht so viele relevante Kriterien gibt.

Aber missed messages ist direkt auf der Liste!

Die Texte sind auf jeden Fall eine fette Bereicherung für das Challenge-Forum! =3

poetBLUE
15.01.2024, 16:43
Ehrlich gesagt wirken beide Spiele absolut wie etwas, das mir gefallen würde und ich glaube Milk inside a bag of milk inside a bag of milk befindet sich auch schon auf einer "Wenn mal Luft für kleinere Spiele ist" Liste. Es ist auf jeden Fall interessant auch mal etwas über kleinere Spiele hier in dem Forum zu lesen, da man sonst nicht so sehr auf die aufmerksam werden würde! :D

MeTa
19.01.2024, 14:35
Milk outside a bag of milk outside a bag of milk

Story?

Es geht weiter. Wieder begleitet man das namenlose Mädchen im Anschluss an ihre Milchodyssee als Stimme in ihrem Kopf durch ihren einsamen, zurückgezogenen, aber nichtsdestotrotz gedankenreichen Alltag.

Das Spiel

Das "Girl" kommt in der Einleitung von 'Milk outside a bag of milk outside a bag of milk' noch ohne ihre Begleitstimme aus, deren Steuerung in Folge wieder die spielende Person übernimmt. Nach einiger Überforderung, einer horrenden Begegnung mit ihrer Mutter und dem Schlucken und Wegwerfen einiger Pillen ist sie aber wieder da: Die Stimme, über die die spielende Person Kontrolle übernimmt und die ihr dabei helfen soll, ihre Gedanken zu ordnen, die sich als Glühwürmchen in ihrem Zimmer manifestieren. Zur nach wie vor textreichen Visual Novel-Erzählweise des Spiels gesellt sich eine simpelste Point&Click-Mechanik hinzu, die die Interaktion mit diversen Gegenständen im Raum möglich macht.

Wie war es denn nun?

Puh. 'Milk outside a bag of milk outside a bag of milk' ist überraschend anders als sein Vorgänger. Zu Beginn, noch vor dem Starten des eigentlichen Spiels, werde ich erst mal mit einer animierten Cutscene überrascht. Und auch in Folge ist die Grafik des Spiels nicht mehr nur durch wirre, rotschwarze Farbmuster gekennzeichnet, die mal mehr und mal weniger kohärente Bilder ergeben. Schwarz und rot bleiben prädominante Farben, doch das Mädchen bekommt ein richtiges, erkennbares, animeartiges Gesicht.

https://pixeldie.files.wordpress.com/2021/12/20211220210245_1.jpg?w=1024

Und auch sonst ist alles hübscher, weniger vage und mehr... deliberate.
Ob ich das gut finde, habe ich mich schon früh gefragt. Denn der vage, existenzielle Horror des ersten Teils findet sich auf diese Weise nicht ganz wieder. 'Outside' (auf diese Abkürzung lege ich mich jetzt fest) setzt vielleicht eher auf Body-Horror, bleibt im Vergleich zu den meisten anderen Spielen zwar speziell in seiner Ästhetik, fühlt sich in guter wie in schlechter Hinsicht aber auch viel professioneller und ordentlicher an als sein Vorgänger.

Übel nehmen kann man das nur bedingt. Denn im Spiel geht es durchaus auch um Ordnung oder Unordnung. Wir werfen an der Seite der Protagonistin einen tieferen, mal expliziteren, mal symbolischen Blick auf ihre Psyche. Die Soundkulisse ist dabei weiterhin düster, während es in der Interaktion zwischen Girl und Stimme etwas mehr Bantering gibt. Freundschaftliches, aber auch bilateral abhängiges, toxisches Bantering. Das ist interessant, wie es der Einblick in ihre Lebens- und Erfahrungswelt überhaupt ist. Aber den Gedanken, dass die Stimmung mich nicht so abgeholt hat wie sie es in 'Inside' tat, bin ich nie ganz losgeworden. Und während ich mich dann durch die verschiedenen Enden klickte und das meiste dabei überspringen konnte, weil es sich wiederholte, hat sich die eigentlich kurze Spielerfahrung doch auch gezogen. Auch das muss nicht schlecht sein. Denn auch für sie gehören repetitive Prozesse, nach Innen wie nach Außen, zum Alltag, wie einige der Träume des Mädchen verdeutlichen. Aber so ganz den passenden Ton, um mich wirklich in diese Geisteswelt einzuladen und mitzunehmen, hat das Spiel nicht getroffen.

Es ist naheliegend, aber auch unfair, die in gewissen Zügen ähnliche Thematik der Milk-Spiele mit OMORI zu vergleichen. Aber ich schildere ja auch nur meine Erfahrung. Und die ist, dass ich kurz vorher eben ein Spiel genießen durfte, dass in dieser Hinsicht den perfekten Einklang aus Gameplay und Erzählung bietet und mir eine psychologische Disposition, die ich selbst nicht kenne, wesentlich anschaulicher, (positiv) verstörender und nachvollziehbarer vermittelt hat als 'Milk'. Und während Teil eins noch den experimentellen Appeal eines Spiels hatte, das wie direkt aus der kaputten Psyche eines Menschen in Videospielformat gegossen wirkte, ist der zweite Teil zu clean um mich auf einer subtilen Ebene genau so zu rühren.

Ich ziehe deswegen, verglichen mit 'Inside', ein bisschen ab und gebe 'Outside' 5 von 10 unter Tränen aus Albträumen aufwachenden Mädchen.

_______________________________________________________

Ich habe für 'Milk outside a bag of milk outside a bag of milk' 95 Minuten gebraucht. Damit qualifiziert sich das Spiel ebenfalls für das Tiny Pleasures-Achievement und soll meinen Progress für eben dieses auf 3 von 4 ausweiten.

Außerdem: Was ich angekündigt habe, ist soweit. OMORI lässt mich nicht los, wie dieser Erfahrungsbericht (und noch viel mehr mein Youtube-Verlauf) beweist. Aus Gründen der Transparenz sei hier also erwähnt, dass ich den Score von OMORI nachträglich auf 9 (statt wie zuvor 8,5) anpasse.

Sylverthas
28.01.2024, 21:03
Jau, also mit Deiner Einschätzung zum 2. Teil stimme ich durchaus überein. Ich fand auch, dass der Teil weniger speziell war, weil viel vom ersten das wirklich Experimentelle ausgemacht hat. Fand auch, dass die "Probleme" von dem Mädchen in dem Teil noch ne ganze Ecke diffuser wurden und ich war nicht sicher, ob das einfach nur noch ein Durcheinander von allen möglichen Erkrankungen sein soll. Es war aber auf jeden Fall auch ne Erfahrung, und das Innenleben vom Mädchen wird wirklich interessant dargestellt, wie Du gut beschreibst.

Ich finde auch dieses "ich erspiele jetzt mehrere Enden und skippe alle Dialoge" schadet solchen Spielen eigentlich mehr als das es nutzt, auch wenn ichs selbst öfter mache als gut ist. Keine Ahnung, wie das bei anderen ist, aber sobald ich anfange wirklich viele Dialoge zu skippen um zu den Entscheidungen zu kommen, um alle mal durchzuprobieren, entferne ich mich ziemlich vom Geschehen und bin dann irgendwie "raus". Kann sich natürlich wieder umkehren, wenn die Handlung dann gut an Fahrt aufnimmt (Zero Escape kann das z.B. ganz gut). Aber auch ein Grund, wieso ich Visual Novels eigentlich nicht mag, die erfordern, dass man alle Routen gesehen hat um das "true ending" zu erspielen. Viel lieber hab ichs, wenn man "die eigene Route" haben kann.

MeTa
29.01.2024, 18:00
Ich finde auch dieses "ich erspiele jetzt mehrere Enden und skippe alle Dialoge" schadet solchen Spielen eigentlich mehr als das es nutzt, auch wenn ichs selbst öfter mache als gut ist. Keine Ahnung, wie das bei anderen ist, aber sobald ich anfange wirklich viele Dialoge zu skippen um zu den Entscheidungen zu kommen, um alle mal durchzuprobieren, entferne ich mich ziemlich vom Geschehen und bin dann irgendwie "raus". Kann sich natürlich wieder umkehren, wenn die Handlung dann gut an Fahrt aufnimmt (Zero Escape kann das z.B. ganz gut). Aber auch ein Grund, wieso ich Visual Novels eigentlich nicht mag, die erfordern, dass man alle Routen gesehen hat um das "true ending" zu erspielen. Viel lieber hab ichs, wenn man "die eigene Route" haben kann.

Ich denke und finde auch, das steht und fällt mit dem Writing. Das Problem vieler Visual Novels dieser Art ist, dass sie darauf geschrieben sind, einzelne Routen darzustellen, aber trotzdem erfordern oder wollen, dass man mehrere spielt. Positive Beispiele (wie eben von dir genannt Spike Chunsoft Games) wissen um letzteren Umstand und schreiben sich auch genau darauf, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden oder die Repitition zum Teil der Geschichte zu machen. Ich mag das Konzept von vielen Routen und einem True oder Hidden Ending eigentlich, aber ein Spiel sollte sich im besten Falle eben auch darauf verstehen, das Erleben dann nicht zu einem Skipfest zu machen.

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In other news:

Spiritfarer (Farewell Edition)

Story?

Man übernimmt die Kontrolle über Stella, die anfangs nicht näher beleuchtete Protagonistin, die den Job des griechischen Unterweltfährmann Charon erbt. Mit einem Schiff, das weit mehr ist als ein kleines Fährboot, reist man über die See und zu verschiedensten Inseln, um ruhelose Spirits einzuladen, noch ein bisschen Zeit auf besagtem Fährhotel zu verbringen, bis die letzte Reise zur sogenannten Everdoor ansteht.

Das Spiel

‚Spiritfarer‘ ist ein narratives Spiel. Aber auch ein sogenanntes Cozy-Game. Cozy soll daran das Management-Prinzip sein. Stella ist Herrin des Bootes. Sie umsorgt ihre Gäste mit Lebensmitteln, Umarmungen und all dem, was auch immer sie sich sonst so wünschen. Dafür muss sie Samen anpflanzen, fischen, kochen, Sternschnuppen fangen, Landgänge auf Inseln machen, Botengänge machen, neue Häuser auf das Boot bauen, Erze zu Metallen gießen, Metalle in der Schmiede verarbeiten, aus Holz Planken machen, Hühner für Eier umsorgen, Käse reifen lassen, Blitze einfangen, fischen, kochen, Erze zu Metallen gießen, Botengänge machen, Schafe scheren, Kühe melken, Blitze einfangen, fischen, kochen, Sternschnuppen fangen, fisch… und viel mehr. Belohnt wird man dafür gelegentlich mit Dialogen, die Licht auf die Vergangenheit und/oder Gefühlswelt der Gäste werfen. Wenn die Spirits lange Zeit auf dem Schiff verbracht hat und alle ihre Quests erfüllt sind, begleitet man sie auf dem Weg zur Everdoor, um dort mit einer letzten Umarmung Abschied zu nehmen.

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Wie war es denn nun?

Ich bin und war ehrlich gesagt ein bisschen sauer und habe das in der vergangenen Woche auch häufig meckernder Weise kund getan.

Ja, mir war bewusst, dass Spiritfarer ein "cozy game" ist - auch wenn ich mich frage, was an dem Grind, bei dem ständig irgendetwas zu tun ist, cozy sein soll. Denn mich hat es total gestresst. Aber das soll nicht mal mein Punkt sein. Trotz vermeintlicher Cozyness, Management-Gameplay und der Länge des Spiels habe ich mir trotzdem keinen akkuraten Begriff davon gemacht, wie viel Zeit ich mit dem ganzen Kram verbringen werde und wie belanglos er sich anfühlt. Nichts ist gameplaytechnisch anspruchsvoll. Und das muss und soll es auch nicht sein. Aber ich MUSS ja trotzdem sehr viel davon machen. Denn um Spirit X zufrieden zu stellen, brauche ich dieses und jenes Essen. Und dafür brauche ich zwei Zutaten. Die eine ist auf dieser einen Insel. Die andere... auf der anderen. Aber da komme ich noch nicht hin, weil dafür brauche ich erst mal eine Schiffserweiterung, für die ich wiederum das eine Material brauche, das ich aber erst kriege, wenn ich die Questline des anderen Spirits weit genug vorangetrieben habe. Alles daran ist Arbeit. Und zwar immergleiche Arbeit. Dass man mit der Zeit mühselig Materialien und Geld anspart, um das Schiff schneller von A nach B fahren zu lassen, macht das ganze nur geringfügig besser. Ich habe Spiritfarer bewusst nicht mit Guide gespielt, weil ich das zu oft mache und Angst habe, dass es eine tolle Spielerfahrung beeinträchtigt. Aber hier wünschte ich mir im Nachhinein doch, dass ich es getan hätte, um zu wissen, wo ich was herkriege, damit dieses Fegefeuer an Spiele-Loop wenigstens etwas kürzer wäre. Denn meine ca. 38 Stunden Spielzeit sind ja so schon nicht wenig, haben sich aber nach noch viel mehr angefühlt.

Okay, es ist also nicht mein Spiel, nicht mein Gameplay. Objektiv ist daran gar nichts schlecht. Und mit einem anderen Mindset findet man das ganze vielleicht sogar wirklich cozy. Schön und gut. Enttäuscht sein, abhaken, nächstes Spiel, könnte man meinen. Also warum bin ich sauer?

Weil ich das Gefühl habe, so viel zu verpassen. Die Charakterdesigns sind herzallerliebst und durchdacht. Die Monologe und Hintergründe der Spirits ergreifend und abwechslungsreich, die Themen könnten tief nachdenklich stimmen und werfen verschiedenste Blicke und Perspektiven auf das Thema des Sterbens, was mir sehr viel geben und mich sehr tief berühren könnte. Und ja - in manchen der seltenen Momente, in denen man einen dieser Spirits zur Everdoor bringt und ein letztes Mal mit ihm spricht, bin ich für einen Moment zu Tränen gerührt gewesen. Aber eben nur kurz und nur wegen des pointierten, fantastischen Writings. Und kurz danach ist alles vergessen. Die Gedanken, die die von mir gehende Figur gerade geteilt hat und die mich zum Nachdenken anregen könnten, tun das nicht. Weil ich mit ihr - über diesen Moment hinaus - auch gar nicht so richtig connecten konnte. Weil sie Bittsteller:in war und ich mich arbeitsam durch die Questline geschaufelt habe. Ich habe für diesen Charakter so viel grindiges Management betrieben, dass ich gefühlt dazu gezwungen werde, ihn als Questgeber in einem langweiligen Spiel wahrzunehmen. Nicht als die tolle, vielschichtige Person als die sie geschrieben wurde. Ich habe vielleicht 2 Stunden mit den Charakteren und ihren Geschichten verbracht. Und 36 damit, ihre Wünsche zu erfüllen. Die zwar in ihrer Geschichte verankert sind, aber deren Umsetzung mich dennoch nur davon ablenkt.

Es tut mir Leid. Für mich. Für das Spiel. Für die tollen Writer. Aber so bleibt Spiritfarer für mich 1.000 Seemeilen hinter seinem großen erzählerischen Potenzial. Cozy Shmozy!

Dafür bekommt das Spiel 4 von 10 tumorhaft aus dem Kopf eines Seedrachen wuchernde Erze.

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Als würde Spiritfarer mir aufzeigen wollen, wie wenig es und ich zueinander passen: Es passt auch zu keinem meiner Achievements. Ich hatte mir irgendwann mal vorgenommen, alle Achievements zu holen, aber der Grind hat mich dann doch davon abgebracht. Das ist aber auch gar nicht schlimm. Immerhin habe ich ein gutes Tempo drauf und bin zuversichtlich, dass ich in Bälde wieder echten Progress in Sachen Challenge mache.

Caro
29.01.2024, 18:59
Sei froh und dankbar, dass du bei Spiritfarer nicht alle Achievements holen willst, denn dafür muss der dicke Frosch bis zum Ende auf dem Schiff bleiben und dich mit seinen Essenswünschen nerven und du musst alle Gerichte kochen und dafür die Rezepte und alle Zutaten farmen und alle Kunstgegenstände finden und das Schiff komplett ausstatten und alle Leuchttürme aktivieren und jedes einzelne Schaf auf der verdammten Map finden und alle, wirklich jeden einzelnen Spirit exstatisch machen (dafür brauchst du den Frosch auf dem Schiff) und jeden Raum voll ausstatten inklusive jeder einzelnen Handwerksanfrage mit jedem erdenklichen Material und währenddessen nicht an der Frage nach dem Sinn zugrundegehen. Achja, und dann musst du das Spiel nochmal bis zur Zweidrittelmarke spielen, um an einem Punkt eine andere Entscheidung in einem Dialog zu treffen.

Weißt du jetzt, was ich mit der Wand gemeint habe?

Selten waren Theorie und Praxis bei einem Spiel so weit voneinander entfernt wie bei Spiritfarer. Ich denke, wenn man sich Zeit lässt und über das Meer mäandert und hier mal einen Baum fällt und da mal eine Beere pflückt, könnte man glücklicher werden mit dem Spiel. Das sind jedoch Level an Zen, die ich in meinem Leben nicht zu erreichen vermag. Ich habe Dinge zu tun und möchte ein kleines bisschen effizient spielen, aber dann ist man halt sofort drin im Grindset. Aber vielleicht soll der ewige Grind im Hamsterrad eine Aussage treffen zu unserem allzukurzen Leben? Ich verstehe und teile deine Emotionen, denn ich will Spiritfarer mögen für seine Themen und sein Writing, aber wenn dieser beknackte Frosch noch einmal seine Flöte rausholt, zünde ich das Boot an.

(Vielleicht entspricht Stella dem Gärtnerin-der-Seelen-Kiko-Erhebungspfad, aber ich verspreche weniger Grind und weniger Bootchenfahren)

Liferipper
30.01.2024, 10:09
Ich bin und war ehrlich gesagt ein bisschen sauer


https://www.youtube.com/watch?v=lqZEp4Fb6qw

:D

MeTa
30.01.2024, 17:02
Weißt du jetzt, was ich mit der Wand gemeint habe?

Oh ja! Da war von Beginn an eine kleinere Mauer, auf die man recht mühsam klettern musste, gefolgt von weiteren ähnlichen Hindernissen. Aber ab einem gewissen Punkt war da plötzlich diese riesengroße Mauer, die mir komplett den Weg versperrt hat und mühsames Drumrumwirtschaften erforderte - teils eben ohne dass ich wusste was ich mache. Und ich hatte keinen David Hasselhoff, der sie niedergesungen hat.


(Vielleicht entspricht Stella dem Gärtnerin-der-Seelen-Kiko-Erhebungspfad, aber ich verspreche weniger Grind und weniger Bootchenfahren)

Aaaah! Erinner mich doch nicht an diese Entscheidung. Es ist ein gedanklicher Grind, mir zu überlegen, worauf ich eher verzichten kann.

@Liferipper: Vielen Dank. Ich werde langfristig beobachten, ob mir das geholfen hat.

MeTa
15.02.2024, 16:32
Raging Loop

Story?

Der aus Tokio stammende Haruaki Fusaishi fährt nach der Trennung von seiner Freundin mit seinem Motorrad ins japanische Nirgendwo. Er hat einen Unfall und strandet in einer kleinen, technikfernen Dorfgemeinde. Die dort lebende Bevölkerung reagiert mit Vorbehalten auf ihn und andere Nicht-Einwohner:innen. Doch mindestens genau so beunruhigend: Ein dichter Nebel zieht über die Stadt und in der Nacht kommt es zu mysteriösen Toden. Die Ansässigen sind sich sicher, dass ein Ritual beginnen muss, dass sich "Feast of the Yomi Purge" nennt. Während die von den Göttern auserwählten Wölfe in der Nacht vermeintlich unschuldige Dorfbewohner.innen töten, muss tagsüber darüber verhandelt werden, wer die Wölfe sein könnten, damit man sie hinrichten kann. Nur so kann eine Seite gewinnen und Schaden vom Dorf abgehalten werden. Doch die wahren Ursprünge dieses "Festes" sind längst nicht das einzige Mysterium, das es zu lösen gilt...

https://i.imgur.com/sMD5alG.png

Das Spiel

Raging Loop ist - zum Teil - der feuchtgewordene Traum von Werwolf-Fans. Und ich meine nicht Werwölfe im Allgemeinen, sondern natürlich das beliebte Kommunikationsspiel "Werwölfe von Düsterwald" (oder auch "Mafia"). Denn das Feast of the Yomi Purge ist im Wesentlichen genau das. Nur eben mit mehr als den regeltechnischen Archetypen, sondern echten Menschen. Und das ist toll für Leute, die auch das Werwolfsspiel gerne um Rollenspielaspekte erweitern, um mehr Tiefe zu geben. Diesbezüglich macht es total viel Sinn, dass die Veranlassung für das Feast auf Mythologie zurückgeführt wird. Denn die Dorfgemeinde ist (mal mehr, mal weniger) hochgradig gottesfürchtig und hinterfragt das ganze deswegen automatisch weniger als sie könnten. Man (respektive der Protagonist) ist, je nach Route, also mal indirekt und mal direkt in dieses Werwolfsspiel involviert und nimmt unterschiedliche Rollen ein, die sein Verhalten stark beeinflussen - wie das auch bei allen anderen der Fall ist. Dazu kommt, dass schon der erste, recht frühe Tod, der Haruaki ereilt, nicht etwa das Ende bedeutet. Vielmehr wird er in der Zeit zurückgesetzt und erinnert sich in kritischen Momenten an seine zuvor gemachten Erfahrungen. Er loopt. Das gibt ihm - und mit ihm der spielenden Person - die Möglichkeit, Fehlentscheidungen noch mal zu überdenken und eine andere Route einzuschlagen. Das ganze funktioniert - wie in Visual Novels üblich - natürlich über die gute alte Dialogauswahlfunktion.

Wie war es denn nun?

Puh. Es fällt mir unheimlich schwer, ein einheitliches Urteil für Raging Loop zu finden. Zwar habe ich die wichtigen Zäsurpunkte nicht anhand meiner Spielzeit abgecheckt, doch ich habe das Gefühl, dass ca. 2/3 des Spiels mir verdammt gut gefallen haben. Noch dazu weiß ich nicht, wie ich meine Eindrücke gut spoilerfrei schildern kann. Dementsprechend wird dieser Eintrag vermutlich ein verhackstückeltes Schundwerk für alle, die die Spoiler nicht aufdecken. Aber wer das Spiel nicht kennen sollte und es noch spielen will, weiß inzwischen ja eh genug.

Insbesondere die Route, in der Haruaki die Snake - also die Seherin - ist, hat mir hervorragend gefallen. Er muss taktieren und die Ziele seiner Untersuchung logisch auswählen, dabei darauf achten, die Informationen aus seinen vorherigen Loops nicht mit anderen zu teilen, Informationen für andere bereithalten, aber sich nicht zu sehr ins Fadenkreuz bringen. Das Konzept und der diverse Cast machen es möglich, dass dabei ein spannendes, unberechenbares und trotzdem nicht hanebüchenes Hin und Her zwischen erleichtertem Aufatmen und angespanntem Zittern entsteht. Obwohl man falsche Entscheidungen dank der Loop-Mechanik immer wiederholen kann, ist es keineswegs so, als würde die Tension dadurch verloren gehen. Denn man will es ja trotzdem so gut wie möglich überstehen und fragt sich zudem irgendwann, ob es selbst bei perfekten Entscheidungen überhaupt einen zufriedenstellenden Weg heraus aus dem ganzen gibt. Ähnlich stark setzt es sich in der Werwolfsroute fort - nicht was die Legitimation für die Kills angeht, aber das allgemeine Feast-Spiel. Man muss nun gegen logische Argumentationen aber auch treffende Intuitionen seiner smarten Mitstreiter vorgehen. Teilweise hat man das Gefühl: "Woher weiß der DAS denn jetzt? Wo hat Haruaki etwas Falsches gesagt?" Man beginnt, Leute zu fürchten und zu verabscheuen, die ja eigentlich nur smart und zum Wohle der Gemeinschaft (und ihres eigenen Lebens) handeln. Und das ist sehr stark. Doch gleichzeitig hatte diese Route - die auch die letzte der eigentlichen Werwolfsspielrouten ist - auch schon ein erstes Problem, das etwas an mir genagt hat:

Ich hätte mir gewünscht, dass es eine wirklich gute Erklärung dafür gibt, dass die Werwölfe das tun, was sie tun. Das Spiel klärt auf, dass es die Outsider als Wölfe nicht so hart trifft wie die Dorfbewohner:innen, weil die kulturelle und religiöse Tradition bei ihnen einfach tiefer verwurzelt ist. Doch Freunde, Verwandte und Geliebte brutalst töten, weil Regeln das nahelegen erscheint mir krass. Hier hätte ich mir - wie an vielen späteren Stellen - mehr "Show" und weniger "Tell" gewünscht. Ja, ich sehe alles durch Haruakis Augen und der kommt immerhin von außerhalb. Aber ich will ja auch andere Charaktere mögen und verstehen, wie sie an diese Punkte kommen können. Das ist sicher auch ein individuelles Problem von mir. Denn ich spiele ja sehr bewusst ein Death Game, bei dem genau das passiert und muss mich eben darauf einstellen, dass da so etwas passiert. Vielleicht hätte ich das nötige Maß an Suspension of Disbelief aufbringen müssen, um das zu akzeptieren. Tue ich bei Danganronpa und co. ja auch, wo die Motive für Morde auch bei Charakteren, die ich dann womöglich noch mag, nicht immer alles Handeln rechtfertigen. Aber Danganronpa ist over the top, hat verrückte, überzeichnete Charaktrere und ist allein deswegen ganz anders als das anfangs viel bodenständigere Raging Loop. Hier sind die Figuren eben so bodenständig oder auch "echt", dass ich persönlich mehr brauche, um sie nicht abzun.

So schlimm war das aber auch gar nicht. Der ein oder andere Charakter hat dadurch vielleicht an Faszination verloren, aber es gab immer noch viele, an die ich mich besser binden konnte. Doch der - für mich - spaßige Teil des Spiels war nun leider auch vorbei. Vor dem True Ending, dem letzten Pfad im Spiel, springt Haruaki nun noch mal durch ein paar Loops und nutzt die gesammelten Informationen, um weiteres Wissen aus den verschiedensten Charakteren hervor zu holen und das große Rätsel zu lösen. Das ist eigentlich eine coole Idee, hat mich aber mehr und mehr ermüdet, denn es wurde alles zu einem wahren Bombardement aus Exposition. Das hätte mich in jedem Fall überfordert. Noch dazu fand ich aber auch nicht besonders clever oder gelungen, worauf es hinausläuft. Wenn ich überhaupt richtig verstanden habe, was das so ist. Denn ich gebe zu, irgendwann nicht mehr ganz so aufmerksam gewesen zu sein. Ich liste einfach mal ein paar spoilerige Gedanken auf, die ich so hatte:


- Die Auflösung ist, dass das alles eigentlich gar keinen Religiösen, Magischen oder sonstwie Übernatürlichen Hintergrund hat, sondern eine Verschwörung der größeren Gemeinde ist, zu der das Dorf gehört. Der angepriesene Gott ist kein Gott, sondern eine Fabrikation von eben diesen Menschen, um die dort Lebenden zu unterdrücken. Gott ist ohnehin nicht das, was die meisten darunter verstehen. Gott ist ein inneres Prinzip. Das ist, so wie es präsentiert wird, eigentlich schon ziemlich lame, verliert im Gesamtkontext aber noch mal an Kraft. Denn während all das als mundane Verschwörung erklärt wird, gibt es trotzdem krass übernatürliche Elemente. Ein gewaltiges, ganz Japan zerstörendes Monster zum Beispiel. Oder eine alles vergewaltigende Präsenz, die eine Dorfbewohnerin besessen hat, lange bevor die Erzählung beginnt.

- Die erste Person, die man im Spiel trifft - noch außerhalb des Dorfes - ist die Ex-Freundin von Haruaki. Und er weiß das, sofort, auch wenn sie durchaus einige Geheimnisse parat hält. Als Spieler:in erfährt man das aber erst ganz am Ende des Spiels und kann es dann im Special Revelation Mode nachlesen. Warum? Einfach, weil es die spielende Person nicht wissen soll und man hier plötzlich erfährt, dass eben nicht jeder Gedanke mit einem geteilt wird. Nur damit es später mehr zu enthüllen gibt. Das gleiche lässt sich über Haruakis echten Namen sagen. Oder sicher über viele andere Details, die man noch aufdeckt, wenn man den Revelation Mode tatsächlich spielt, was ich nicht getan habe.

- Etwas, was ich dem Spiel eigentlich nicht wirklich vorwerfen kann, meine Spielerfahrung aber trotzdem negativ beeinträchtigt hat: Begriffe und Namen. Das Spiel ist eben japanisch und nicht so polished wie andere Genrevertreter, bei denen man das Gefühl hat, dass Übersetzungen für den weltweiten Markt schon mitgedacht sind. Ich stolperte ständig über Namen und musste auch nach 20 Stunden überlegen: "Moment, wer war das noch gleich!" Das ganze ist nicht anders, wenn es um regionale Geschichte, Folklore oder Mythologie geht. Verschiedene Begriffe stehen teils für das gleiche und umgekehrt. Auch Begriffe, die etwas anderes bezeichnen, klingen oft einfach gleich. Und in all dem Chaos der letztendlichen Enthüllungen steige ich irgendwann einfach nicht mehr durch. Und dann steige ich aus.

- Aus irgendeinem Grund machte Raging Loop am Anfang den Eindruck auf mich, als wäre es in bestimmten Klischeedingen weniger dramatisch als andere Spiele dieser Art (oder VN im Allgemeinen). Haha, wie naiv ich war. Das Frauenbild habe ich als schrecklich wahrgenommen. Teilweise habe ich das Gefühl, dass sich die paar konventionell hübschen weiblichen Figuren eigentlich nur darüber definieren, wie sie sich in Liebesdingen zum Protagonisten verhalten. Und dass sie hübsch sind, ist auch das Erste, das über sie gesagt wird. Die drei eigentlich tollen Haupt-Werwolfsrouten sind gleichzeitig irgendwie auch Romance Game-artige Routen, in denen sich Haruaki jeweils für eine dieser Frauen entscheidet und tiefe Gefühle für sie entwickelt. Naja, bis der Loop zu Ende ist und in der nächsten noch (literally) "some affection" übrig ist, aber er dann eben einer anderen an der Schürze hängt. Bis zur Mitte des Spiels (oder sogar weiter) hatte ich noch die Hoffnung, dass sich das irgendwie einordnet. Dass die seltsamen Gefühlsbeziehungen zwischen den Frauen und ihm auch nur ein Mysterium sind, zu dem es noch eine gute Erklärung gibt. Aber nein, Haruaki ist scheinbar einfach unwiderstehlich.

Das reicht. Ich könnte wahrscheinlich noch mehr sagen, wo die Eindrücke noch frisch sind. Und meine Frustration wird deutlich genug. Aber ich bin eben auch frustriert, weil die Erwartungshaltung zwischendurch so hoch war. Und das nicht, weil ich Mystery-VNs eh mag und das Setting für mich besnderen Reiz hatte. Sondern weil das Spiel selbst so gut war, dass es mich voll in seinen Bann gezogen hat. Doch ein Teil dieses Banns war eben auch das Versprechen auf eine tolle Auflösung. Und während ich zwar immer noch positiv an die coolen Routen zurückdenke, muss ich doch sagen, dass das Ende, welches ich wirklich als fürchterlich empfunden habe, nicht nur für sich genommen schlecht war, sondern auch die besseren Teile runtergezogen hat. Und das macht meine Unentschlossenheit aus.

Um diese Unentschlossenheit nicht nur in Worte, sondern auch in Zahlen zu fassen, vergebe ich 5 von 10 Wörter, die, wenn man sie mit anderen Kanji schreibt, etwas ganz anderes bedeuten können. Mehr kann ich dem Spiel für diese Auflösung nicht geben. Doch weniger wäre auch albern, wo es zwischenzeitlich doch auf einem fantastischen Kurs war und ich die tollen Aspekte auch im Nachhinein nicht missen möchte.

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Immerhin ist Raging Loop aber ein weiteres Häkchen auf meiner Challenge-Liste. Es ist ein Mystery UND Death Game-Visual Novel und beschert mir damit Progress in der Kategorie "999 - The Somnium Ronpa". Yay!

MeTa
18.02.2024, 21:09
Juniper's Knot ist mir bei einer einfachen Google-Recherche über gute, kurze Kinetic Novels über den Weg gelaufen. Da man in diese nicht viel Spielzeit zu investieren hat, brauchte ich nicht viel mehr, um überzeugt zu sein, dem ganzen eine Chance zu geben.

Story?

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/thumb/9/96/Cover_art_for_Juniper%27s_Knot.png/220px-Cover_art_for_Juniper%27s_Knot.png

Ein "Fiend" - ein humanoides Wesen mit dämonischen Hörnern und elfischen Ohren - fristet ein tristes und einsames Dasein in einer verlassenen Ruine. Bis ein Mensch sich in ihre abgeschiedene Domäne verläuft und die beiden ungleichen Wesen sich unter größter Vorsicht kennenlernen. Zwischen Neugier, Vorbehalten, Versprechen und dämonischen Pakten entsteht eine fragile Bindung, die jederzeit an der Verschiedenheit der beiden zu zerbrechen droht.


Das Spiel

Was soll ich sagen? Es ist ein Kinetic Novel. Während ich zwar ein strarker Verfechter davon bin, dass auch das ein handfestes Gaming-Genre und nicht nur eine erweiterte Form der Belletristik ist, gibt es zum Spiel nicht viel mehr zu sagen. Einfache Hintergründe und - erstaunlich - stimmungsvolle Hintergrundmusik, auf der sich die zwei Charakterporträts befinden (und gelegentlich bewegen) bilden den Rahmen, in dem sich die aus den zwei verfügbaren Perspektiven gespeiste, kleine Geschichte entfalten kann.


Wie war es denn nun?

Bezaubernd, um es mit einem Wort zu sagen. Zu Beginn war ich noch sehr skeptisch. Ich konnte nicht ganz einordnen, ob die für ein Visual Novel untypische Sprache des Spiels auf einen Übersetzungsfehler zurückführen ist oder nicht. Schnell sollte sich das aufklären. My bad - kein Übersetzungsfehler. Ich bin nur fürchterlich konditioniert. Vielmehr sind die Texte toll, zeugen von großem Verständnis des Genres und der englischen Sprache und orientieren sich darin an den Eigenheiten ihrer Charaktere, die durch authentische Ambivalenz bestechen. Auf der einen Seite die Dämonin, die einsam, traurig und verletzlich ist, doch auch brutal und nihilistisch. Auf der anderen Seite der fremde Mensch, der ihr gegenüber mit großer Angst, doch auch einer forschen, couragierten Neugier ausgestattet ist.

In der Geschichte, deren Erleben mich eine Dreiviertelstunde gekostet hat, habe ich trotz der kurzen Dauer das Gefühl, ein gutes Gespür für die Welt zu bekommen. Weil die Autor:innen die Existenz von Fantasyklischees nicht leugnen, aber vage genug bleiben, um das Gefühl einer eigenen kleinen Lore zu wecken. Kindermärchen, die von gerissenen Fiends berichten, die Erwähnungen von Städten und Mooren als Herkunft der verschiedenen Spezies. Eine lange, pulsierende Geschichte dieser Welt, mit der Hoffnung, dass heute alles besser sein könnte als früher. All das und mehr sind Dinge, von denen ich erfahre und die sich in meinem Kopf irgendwie zu einem Gesamtbild ergeben, wo ich doch eigentlich nur dem seltsamen Gespräch zweier Individuen lausche.

Besonders beeindruckend habe ich kleine Details in der Präsentation wahrgenommen. Die Musik, die in den richtigen Momenten an Fahrt aufnimmt, habe ich bereits erwähnt. Ebenso wie die sich bewegenden Charaktersilhouetten. Denn Mensch und Fiend zögern an- und miteinander. Zum Teil wird das sehr gefühlvoll angedeutet, in dem sich eben diese Silhouetten ein kleines Stück mehr voneinander entfernen - oder eben näher kommen. Gelegentlich schweift "die Kamera" auch ab, zeigt mir karge Steinwände oder andere, mal mehr, mal weniger nennenswerte Details der Umgebung. Alles ist so stimmungsvoll und am Ende der kurzen, aber lebhaften Erfahrung habe ich das Gefühl, gerade eine wirklich toll mit den Stärken des Mediums arbeitende Geschichte bezeugt zu haben. Ich würde wahrscheinlich jede Person verstehen, für die das Spiel nichts Besonderes ist. Doch für mich sticht es gekonnt und auf Grund vieler Nuancen aus dem Genre heraus.

Ich gebe diesem Erlebnis 9 von 10 feurige Bannkreise. Mal sehen, wie dieser tolle Eindruck mit der Zeit gedeiht oder verkommt.

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Juniper's Knot ist kurz genug, um mein Tiny Pleasures-Achievement voll zu machen. Doch kurze Spiele gibt es - zum Glück - wie Sand am Meer. Und auch wenn ich achievementhungrig bin, habe ich doch Lust auf eine andere Kategorie. Es soll also das erste der drei Kinetic Novels sein, die ich dieses Jahr (mindestens) spielen will. Also 1 von 3 für Click 'N Cry (was zwar nicht literally zutrifft, aber sich reimt - also sehr gut ist).

La Cipolla
19.02.2024, 20:10
Uh, direkt auf die Liste! =3

Kaia
21.02.2024, 18:45
Hab mir Juniper's Knot auch direkt in die Library geladen. :A

WeTa
21.02.2024, 19:49
Ich fand das damals auch sehr stark, auch wenn es mittlerweile wieder aus der Erinnerung entschwunden ist.

MeTa
24.02.2024, 15:33
Lynne

Story?

"Lynne is a short visual novel [...] about the scariest thing in the world - being a teenager" sagt die Spielebeschreibung auf itch.io. Aber es geht nicht einfach nur um irgendeinen Teenager. Sondern um ein 15-jähriges Mädchen aus einer White Trash Familie im Herzen von England. Lynns große Schwester hat mit 19 keinen Schulabschluss, dafür einen Babybauch. Ihr Vater hat cholerische Anfälle. Ihre beste Freundin hat einen über 30-jährigen Freund aus Japan, der ihre teure Geschenke kauft und dafür etwas mehr von ihr sehen will. Und Lynn selbst hat ein großes Problem mit ihrer Umwelt, aber vor allem mit sich selbst.


Das Spiel

https://img.itch.zone/aW1hZ2UvMTg4NDQzLzg4MTUxOC5wbmc=/original/ELuPdd.png

Lynne ist ein weiteres, kurzes (ca. 1,5 Stunden) Kinetic Novel. In mancherlei Hinsicht erinnert es an die Milk-Spiele. Es ist aber weniger experimentell. Die Optik umfasst auf maximale Unschärfe gestellte Aufnahmen der Handlungsorte und schafft ein Atmosphäres Bild von Lynns Umgebung und ihrer Wahrnehmung dieser. Das ganze wird ergänzt durch obligatorische Charakterbilder im Zentrum des Bildes und über dem Text. Es gibt keine Entscheidungen und nur eine kleine Besonderheit: ein Stress-Meter, das in Momenten steigt, in denen Lynns negative Emotionen durch irgendetwas getriggert werden. Durch ihren Vater, der ihr mehr oder weniger direkt zu verstehen gibt, dass ihr (Bildungs-)Erfolg seine letzte Hoffnung ist. Durch das ständige Erinnertwerden an die bevorstehenden Abschlussprüfungen. Durch so viel mehr. Und auch durch schreckliche Albträume.

"Warum ein Stress-Meter, wenn man doch eh nicht beeinflussen kann, wie es ihr geht?", mag die eine oder der andere fragen. Weil dieser kleine Kniff doch tatsächlich bewirkt, dass auch die Anspannung steigt, während Lynns Stress-Faktor in die Höhe rast.

Wie war es denn nun?

Ich bin wieder mal äußerst angetan. Und wieder mal hat das Spiel mich erst etwas gewinnen müssen. Denn es beginnt direkt mit einer Albtraumsequenz, in der Lynns Selbsthass und ihre dissoziative Neigung in dysmorpher Body Horror-Manier nur allzu deutlich werden. So deutlich, dass ich dachte: "Okay, ich hab's verstanden!" Und auch als ich dann in die wache Erlebniswelt der Protagonistin eintauchen darf, geht das eigentlich so weiter. Es ist alles trostlos und scheiße. So sehr, dass ich noch nicht ganz absehen kann, was mich daran jetzt reizen soll. Okay, ich höre seit einem Monat quasi pausenlos Olivia Rodrigo und ergötze mich an feinst vorgetragener Teen Angst und Insecurity. Aber so pessimistisch vorgetragen wie hier war ich mir zuerst nicht sicher, ob ich da der Stimme einer strugglenden Teenagerin lausche oder die Stimme in all dem Leid nicht einfach untergeht.

Obwohl das Spiel auch im Folgenden keinen Zweifel daran lässt, dass es für Lynn nicht gut enden wird, veränderte sich mein Blick darauf doch zunehmend. Ich habe angefangen, Schlüsse zu ziehen. Zwischen ihren Erfahrungen, dem, was ihr erzählt wird und ihren Albträumen. Denn da gibt es - natürlich - Verbindungen. Und in dieser, sehr gelungenen, Hinsicht ist das Spiel nicht mit dem Holzhammer unterwegs: es legt diese Verbindungen nahe, behauptet aber nicht einfach einen Zusammenhang. Es überlässt mir, welche Elemente ich mit welchen verknüpfen kann. Wie der Hass, den Lynn gegenüber der ähnlich heißenden, ähnlich aussehenden, aber von ihr in jeder Hinsicht als überlegen empfundenen Lynne (mit E) hegt und der doch noch einen Twist bekommt (in einer wirklich fantastischen Sequenz).

Lynn ist bemerkenswert aufmerksam. Also der Charakter. Aber das Spiel dadurch auch. Und sie ist das eben auch in den weirdesten Situationen. Ihre Gedanken schweifen ab und kehren früher oder später wieder zurück, als wäre nichts gewesen. Egal ob sie bei der Prüfung sitzt, sich mit einer Freundin unterhält oder masturbiert. Sie ist auch empathisch und klug. Doch diese Dinge sind gleichsam auch ihre Schwächen. Sie ist empfindlich und kann nicht auf die gleiche Weise über Dinge hinwegsehen oder sie abtun, wie es ihre große Schwester oder ihre Freundin Susie tun. Noch schlimmer: Sobald sie irgendetwas von anderen erfährt, bezieht sie es auf die negativstmögliche Weise auf sich. Es tut weh, sie bei dieser Reise hinein in das Auge des Sturms ihrens internalisierten Selbsthasses zu begleiten. Aber es ist eben auch wirklich grandios.

Neben den Contentwarnungen, die diese Visual Novel ohnehin verdient hat, sei erwähnt: Ich habe Kopfschmerzen. Maßgeblich, weil die Soundkulisse des Spiels unter anderem aus einem dumpfen, dunklen Ton besteht, der einem die ganze Zeit im Ohr sitzt. Unangenehm, aber ich sag das nicht, weil es schlecht wäre, sondern weil es auch verdammt wirksam und dementsprechend cool ist. Erzählung und Machart geben sich die Hand, wie es sein sollte.

Ich gebe 9 von 10 Namen, die beim Scrabble nicht zählen.

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Ich mach's kurz. Lynne ist meine 2/3 in der Kinetic Novel-Kategorie "Click 'N Cry".

MeTa
27.02.2024, 21:52
Ich habe einen Blick auf meine Steam Library geworfen und alle Spiele ausgeschlossen, die ich fest für andere Achievements einplane. Und dann habe ich einen Würfel geworfen, um zu wissen, was ich als nächstes Spiele. Die Göttin des Glücks hat entschieden und mich mit Folgendem beschenkt:

WILL: A Wonderful World

Story?

Ein Mädchen wacht in einem gewöhnlich, doch lebhaft eingerichtetem Zimmer auf. Sie erinnert sich an nichts. Durch die Fenster dringt rötliches Licht, was dem Raum eine melancholische Stimmung verleiht. Ein sprechender Hund mit kleinen Hörnern auf der Stirn erklärt ihr, dass die beiden göttliche Wesen sind. Ihre Aufgabe: Menschen, die sich in auswegslosen Situationen an sie wenden, zu helfen. Denn die beiden können die Geschicke der Welt ändern. Anfangs harmlose, doch später ernste und auch tödliche Anfragen der Menschen (und Katzen) werden an die beiden herangetragen. Doch so sehr das Mädchen anfangs auch das Gefühl hat, den Leuten zu helfen und so viel Spaß ihr das bereitet, so merkt sie doch auch bald, dass das Verderben die armen Seelen immer wieder heimsucht und auch ihr Einfluss nur geringfügig scheint... psyke! Die Welt von WILL ist gar nicht so wonderful.


Das Spiel

Auch WILL: A Wonderful World ist ein Visual Novel. Allerdings ist er mechanisch doch besonders. Auf einer großen, pinnwandähnlichen Spielfläche schalten sich nach und nach neue Kapitel der Geschichten der verschiedensten Charaktere frei: Ihre "Briefe", wobei dieser Begriff nicht wörtlich zu verstehen ist. Denn was sich die Leute von den Göttern wünschen, kommt zwar als Brief bei den beiden an, kann aber jede erdenkliche Form haben.

https://i.imgur.com/kAr8J1I.png


Dass es den beiden als Brief vorliegt, ist für die eigentliche Spielmechanik aber durchaus wichtig. Denn in diesen Briefen berichten die Betroffenen von dem Geschehen, das für sie ein Problem darstellt. Die Aufgabe der Götter - und damit auch der Spielenden - ist es also, das Geschehene zu ändern. Und das passiert, indem einzelne Textschnipsel von A nach B, B nach A oder D nach C bewegt werden.

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Zu Beginn ist das straightforward und einfach. Zwei bewegbare Textbausteine, zwei Möglichkeiten. Man muss nicht lange rätseln, um herauszufinden, was die Lösung wohl ist. In diesem ersten Beispiel hilft man Li Wen, einer Schülerin aus Beijing, dabei, nach Hause zu kommen. Ihr Problem: Sie hat auf dem Tennisplatz ihre Schlüssel vergessen, weil es dunkel war. Wäre es erst später dunkel geworden, hätte sie ihre Schlüssel beim Aufsammeln der Tennisbälle wohl nocht gefunden. Und genau deswegen ist das Problem gelöst, wenn man die Reihenfolge dieser beiden Events umdreht.

Recht bald werden die Probleme der Leute ernster. Es geht nicht mehr um verschlossene Türen, sondern teils um Mord und... mehr. Gleichzeitig gestaltet sich auch die Mechanik komplexer. Man liest zwei Briefe zur gleichen Zeit und kann die beweglichen Textpassagen aus einem Brief in die andere Geschichte einfügen und umgekehrt, um so etwas am Schicksal beider Betroffenen zu ändern. Auch die Anzahl der beweglichen Bausteine verändert sich. Noch dazus gibt es Sonderregeln, wie und wo die Bausteine positioniert werden können. Jedes Kapitel hat so verschiedenste Ausgänge, wobei die meisten davon als "schlecht" gelten und weiteren Fortschritt auf der Route blockieren. Bekommt man aber das beste Ende, das meistens durch ein "S" gekennzeichnet wird, geht es weiter. In Ausnahmefällen können auch andere Enden eine bestimmte Route freischalten. Dabei entstehen quasi multiple Universen, in denen jeweils etwas anderes passiert.

Zwischen diesen Briefen, durch die wir immer mehr über die Hilfesuchenden erfahren und die den größten Anteil des Spiels bilden, gibt es kurze Passagen, in denen der Fokus wieder auf das Mädchen und den Hund gelenkt wird. Denn irgendetwas kommt ihr auch an ihrer ganzen Situation komisch vor.


Wie war es denn nun?

Mein erster Gedanke zum grundlegenden Konzept des Spiels war sicher, dass es sehr cool und einzigartig ist, gleichermaßen Möglichkeiten für interessantes Gameplay und für einnehmendes Storytelling verspricht. Deswegen war ich auch keineswegs enttäuscht, als der Würfel für mich entschieden hat. Doch mein anfängliches Interesse hat schnell die ersten Dämpfer erfahren. Denn die Mechanik kam mir nicht sonderlich intuitiv umgesetzt vor. Vielleicht bin ich das Problem, aber wie die Textbausteine angeordnet werden sollen, um das bestmögliche Ergebnis heraus zu holen, hat sich mir nur in wenigen Fällen erschlossen.

Es gab im Text der schlechten Enden Hinweise, die rot eingefärbt waren, was mir aber nur gelegentlich geholfen hat. Es war mehr ein Raten (oder bald auch ein Spielen nach Guide). Das müsste nicht total schlimm sein. Immerhin ist mir dieses Rätsel-Gameplay nicht so wichtig wie die Geschichten, die dabei erzählt werden. Doch beides hängt ja zusammen und wenn die Reihenfolge der Ereignisse konstruiert wirken und trotzdem nicht eingängig sind oder keinen Sinn ergeben wollen, schwächt das eben auch die Erzählung ab. Die Lösungen der Rätsel sind aber oft auch nicht nur logisch kaum zu erahnen, sondern inhaltlich hanebüchen. Positiver sticht heraus, dass die diversen negativen Enden eines Kapitels oft nicht einfach nur das sind: negative Enden ohne weiteren Sinn. In ihnen stecken häufig Informationen, die einem mehr über betroffene Charaktere (auch solche auf einer ganz anderen Route) verraten können oder sogar Hinweise zum Lösen eines Puzzles in einer dieser anderen Routen geben können. Auch das ist nicht wirklich eingängig, aber ebenfalls eine coole Idee.

Kommen wir aber zur eigentlichen Erzählung. Ich hole aus. Folgende Charaktere zählen zu den Wichtigsten (sanfte Spoiler bzgl. Early- bis frühes Midgame):

- Die bereits erwähnte Li Wen, einer siebzehnjährige Schülerin, die sich in ihren Kunstlehrer verliebt, der sie gleichermaßen an ihren verstorbenen Vater erinnert.

- Wen Zhaoren, der künstlerisch begabte Mittdreißiger, der sich - (bitte in Mickey Mouse-Stimme lesen) oh, Junge - in seine siebzehnjährige Schülerin verliebt. Auch er hat einen dramatischen Background und will zu Beginn Suizid begehen.

- Jimmy, der unattraktive Otaku, der frisch nach Beijing gezogen ist und Li Wen stalkt, weil er sie ganz toll findet. Er ist aber eigentlich ein gaaaanz harmloser, toller Typ. Klar.

- Alicia und Carlos, mexikanische Geschwister. Alicia möchte eigentlich in die USA, um da an ihrer Gesangskarriere zu arbeiten. Stattdessen wird sie von Menschenhändler:innen nach Hongkong verschifft. Carlos sucht nach ihr.

- Chang Gyeong-Min, ein frisch gebackener Polizist beim Busan Police Department und sein Vorgesetzter Kang Baek-Ya, die sich mit den korrupten Irrungen und Wirrungen des koreanischen Polizeiwesens herumschlagen.

- Spottie, eine kleine Streunerkatze, die aufgrund ihres "Daddies" ein schwieriges Verhältnis zu Menschen hat.

- Park Sang-Gun, ein koreanischer Junge, der (CW: körperliche, seelische & sexualisierte Gewalt) vermeintlich die Tötung seiner Mutter durch seinen alkoholisierten Vater verhindert und im Anschluss in der Psychiatrie wiederholt von seinem Arzt missbraucht wird.


Wer diese Zusammenstellung an Charakteren schon irgendwie weird findet, der ist da was ganz Heißem auf der Spur. Nicht nur werden kritische Inhalte ohne jegliche Einordnung in einer bestimmten Weise behandelt, es wird auch schnell viel zu viel. Das Pacing ist früh zerstört, wenn schon in den ersten zwei Stunden die grausamsten Dinge passieren. Mind you: Die schrecklichen Schicksale sind nicht nur Bestandteil der schlechten Enden. Nein: Die schlimmsten Dinge passieren auf bestimmten Routen in den Good Endings. Ich verstehe, dass das für sich genommen nicht schlecht sein muss. Denn man soll erfahren, dass ein S-Rating nicht mit "gut" gleichzusetzen sein muss. Wofür genau "S" steht, habe ich bis zum Ende aber auch nicht begriffen. Und viel Wichtiger: Sonderlich viel Sinn für guten Geschmack beweisen die Writer allemal nicht. Es wird nicht (pornografisch) explizit, doch trotzdem habe ich das Gefühl, dass die entsprechenden Leidenspassagen sehr ausbeuterisch und voyeuristisch geschrieben sind, was dann auch noch durch eingespielte Sounds amplifiziert wird. Ich bin selbst relativ resilient und habe auch überhaupt kein Problem damit, wenn ein Medium dafür sorgt, dass ich mich zwischenzeitlich unwohl fühle (siehe Lynne), aber hier hatte ich das Gefühl aus den falschen Gründen.

Auch in den Routen, in denen es eigentlich um etwas ganz anderes geht, werden scheinbar wahllos diese Leidensmomente eingestreut, dann eben tatsächlich nur als Bad Ending. Li Wen beispielsweise, bei der es ja eigentlich um die tragische Liebesgeschichte geht (die nicht mal beschissen ist), wird in einem Kapitel entführt und ich spare mir, aufzuschreiben, was bei der Entführung natürlich auch passieren MUSS. Das soll man dann verhindern. Keine Punchline, keine weitere Relevanz für die Story danach. Maximal ein paar Stunden später ein: "Aah, also der Typ, der da das gemacht hat, kommt dann auch in der Szene in einer ganz anderen Route am Rande vor. Verstehe!" Das ist so widerwärtig auf Schock und billige Twists geschrieben, dass ich jetzt gerade wieder richtig wütend werde.

Apropos Twists: Die Geschichte um die beiden "Götter" bekommt ganz am Ende auch noch ihren Twist. Von dem ich nicht viel verstanden habe, der in keinster Weise Sinn ergibt und der so albern hoch hinaus will, dass es nur noch lächerlich ist.

Ich will nicht leugnen, dass ich zwischendurch fast die ganze Zeit über trotzdem irgendwie interessiert war. Ich wollte wissen, wie die Geschichten der Betroffenen zu einem Abschluss kommen. Denn ich mochte die meisten von ihnen immerhin genug, um dieses leichte Gefühl von "hoffentlich endet ihre Story wenigstens auf einer positiven Note" zu haben. Trotz unnötiger Gewalt und Härte, trotz billigem Shock-Value, trotz schlechten Selbstzweck-Twists und trotz anderen, fürchterlichen Dingen wie der unwahrscheinlich schlechten Repräsentation von dissoziativer Identitätsstörung (und anderen psychischen Leiden). Und die beinahe gute Nachricht dabei, da ich das Spiel so nicht entgegen meiner Vernunft mögen muss: Alles endet ziemlich unrund und unzufriedenstellend. ("Wie das Leben", würden die Writer wohl sagen und dabei bedeutungsschwanger in die Ferne starren) Yay!

Ich hatte weniger Spaß mit Spiritfarer, das mich aus Gameplay-Perspektive einfach komplett genervt hat. Aber während das, wie in meinem Review erwähnt, eben toll geschrieben war, gehört WILL trotz der Tatsache, dass es meine Motivation konstant auf einem annehmbaren Level gehalten hat, abgestraft. Da hilft auch das gute Oberflächendesign und die Musik nichts.

Damit verdient WILL: A Wonderful World sich 3 von 10 Frauen, die eben noch der Gefangenschaft als Sklavin entkommen und in der nächsten Szene Sniper-Assassine sind, wofür sie das sexieste Outfit tragen, das den Writern (und Zeichnenden) eingefallen ist. Arrgh!

(Ich ziehe mir den verbleibenden Abend jetzt erst mal die süßesten Genshin-Cinematics rein, um meine Seele wieder zu reinigen.)

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Der Silberstreif am Horizont, den mir das Spiel selbst verwehrt hat: Ich bekomme mal wieder ein Achievement! Denn ich habe gewürfelt und gespielt. Das Glück war mir nicht hold, doch leer ausgehen soll ich trotzdem nicht.


https://i.imgur.com/IfOnEB1.png

MeTa
01.03.2024, 23:07
Nachdem ich Lynne (https://www.multimediaxis.de/threads/146795-MeTas-achievementlastige-Game-Challenge-2024?p=3434016&viewfull=1#post3434016) gespielt und gereviewt habe, wurde ich von Caro darauf aufmerksam gemacht, dass es eine Art Sequel dazu gibt. Zwar hätte ich das - in Hinblick auf die Geschichte, die Lynne erzählt - nicht gebraucht. Doch intrigued war ich allemal. Immerhin versprach ich mir nach der Psychological Horror-Wundertüte eine Menge vom Writing. Auch wenn es dieses mal doch in eine ganz andere Richtung gehen sollte.

Nothing & Nowhere

Story?

Cora lebt alleine in ihrer urigen Hütte an der britischen Küste. Bei einem ihrer morgentlichen Spaziergänge wird sie auf eine junge Frau aufmerksam, die vollkommen durchnässt und apathisch am Strand sitzt. Sie lädt die Fremde zu sich ein und entwickelt ein Interesse an ihrer Geschichte. Denn Cora liebt Mystery-Novels und begreift auch das Schicksal der Gestrandeten als Rätsel, welches es zu lösen gilt. Die vom Schicksal Gepeinigte wiederum, die von der Erzählung nur „the girl“ genannt wird, hat scheinbar gelernt, nur das Schlechteste von ihren Mitmenschen zu erwarten. Sie glaubt nicht, dass Cora altruistische Beweggründe haben kann und tut sich schwer damit, sich gegenüber der Frau zu öffnen.

Das Spiel

Mir fehlen, zumindest in diesem Moment, die Mittel, um das Spielprinzip von Kinetic Novels mit kreativen Worten zu beschreiben. Viel Text, Charakterporträts, Hintergrundbilder, stimmungsvolle Musik. Das Spiel vertraut auf die klassische Formel, weil es mehr nicht braucht, um seine Geschichte zu erzählen. Die Charaktere, ihre Gefühle und Handlungen stehen im Vordergrund und benötigen kein Gameplay, um sich zu vermitteln. Oder ist das in diesem Fall doch anders?

Wie war es denn nun?

Es ist eben so ein Ding mit Sequels zu Spielen, die eigentlich keine Sequels brauchen, weil sie eine nicht notwendigerweise abgeschlossene, aber definitiv runde, gute Geschichte erzählen. Oft fehlt der Punch. Oft liegt ein erzählerischer Missstand vor, der sich im Defizit von „Noch-etwas-sagen-Wollen“ und „Noch-etwas-zu-sagen-Haben“ begründet. Klar – die üblichen Fallstricke greifen hier nicht. Lynne war kein Kassenschlager, sondern ein Indie-Visual Novel mit kurzer, ungewöhnlicher Geschichte in einem Setting, das sich unter üblichen VN-Fans wohl auch nicht so gut verkauft wie die japanische Harem High School. Also sicher existiert Nothing & Nowhere nicht nur, um auf dem finanziellen Erfolg von Lynne aufzubauen (duh, Lynne ist und war kostenlos).

Und dennoch hatte ich die Befürchtung – ney, die Erwartung -, dass hier irgendetwas im Argen liegen muss. Dass die Writer ein schönes Ende mit einem guten Ende verwechseln und ihrer Protagonistin als überambitionierte Chirurg:innen einen Blinddarm an ihre Leidensgeschichte operieren, der dem ganzen irgendwie mehr Fleisch geben soll, aber eigentlich keine Funktion hat. Außer, dass er sich entzünden kann und dann wieder entfernt werden muss, weil sonst wird es gefährlich für den Rest des Körpe- (okay, vielleicht habe ich den Zeitpunkt überschritten, an dem sich diese Allegorie noch ausgezahlt hat)

Ich habe mich geirrt und die Writer unterschätzt. Denn schon in Lynne war die Protagonistin ein echtes Schicksal. Eines im Körper einer fiktiven Figur, ja – aber nicht minder authentisch. Und einem echten Schicksal in Form eines Quasi-Sequels Closure verschaffen zu wollen, ist ein Akt der Gnade. Lynne war eine tragische, aber keine zynische Erzählung. Und doch kann sie die Frage aufwerfen, ob das denn nun alles war? Ob ein halboffen verfasster Abstieg in den Selbsthass nicht Teil des Problems sein kann, zwar Empathie für eine Leidtragende schafft, aber keine Lösung anbietet, die vom Pfad der Verdammnis führt.

Nothing & Nowhere ist kein Descend into Madness mehr, sondern viel eher das, was auch hier die Produktbeschreibung auf itch.io sagt: „A gentle story about healing and facing past ghosts“. Es ist – in your face, Vergangenheits-Ich – vielleicht sogar genau das, was Lynne gebraucht hat. Das ist es natürlich nicht nur, weil es das tut was es tut, sondern weil es das auch wieder verdammt gut macht.

Wie in der kurzen Story-Zusammenfassung erwähnt, will Cora das Rätsel um das Mädchen lösen. Doch als Spieler erlebe ich die Geschichte eigentlich meistens aus der Perspektive von eben ihr. Sie versucht in ganz ähnlicher Weise, Cora zu entlarven. Denn auch sie stellt ein Mysterium dar, das Fragen aufwirft.

Warum lebt sie als 30-jährige Frau so abgeschieden von der Zivilisation, wo sie doch keineswegs introvertiert wirkt?
Warum hat sie scheinbar so viel Geld, aber gönnt sich doch so wenig Luxus?
Warum sieht sie jeden Tag perfekt aus, wo sie sich doch sonst nie anderen Menschen zeigt?

Nun, auf diese letzte Frage findet Cora schnell eine famose Antwort:

https://i.imgur.com/jKWnAFW.png

Und was die anderen Fragen betrifft: Auch die werden früher oder später geklärt. Doch viel Wichtiger: Darüber, dass die Protagonistin sich mit dem Mysterium um Cora beschäftigt und sich mit den von ihr geschriebenen Geschichten auseinandersetzt, sich teils sogar in ihnen verliert, löst sie sich auch weit genug von sich selbst, um ihren Selbsthass und ihre Schmerzen für eine Zeit lang zu vergessen.

Schon in Lynne hat mich eine Szene besonders beeindruckt. Dort, weil sie ein Thema, von dem man in solchen Geschichten selten liest, erstaunlich intim und unangenehm, aber auch echt dargestellt hat. In Nothing & Nowhere ist es wieder ein intimer – wenn auch unschuldigerer - Moment, der mich unerwartet gerührt hat. Durch Momente wie diesen erlebt die "Heldin" Gefühle und Gedanken, die ihr fremd geworden sind. Sich selbst zu schätzen, zu lachen, nicht konstant unter Druck zu stehen. Coras Hütte ist ein fast zeitloser Raum, eine große Blase, an die die Außenwelt nicht herandringt und innerhalb der sich Momente der Ruhe, Besinnlichkeit und Freude finden lassen.

Doch ihre Erinnerungen und Verpflichtungen kehren zu ihr zurück – und wenn auch nur in Gedanken. Interessanterweise nicht nur als etwas, das Lynn fürchtet, sondern auch als etwas, das sie vermisst. Ich wollte davon nichts wissen und habe mich erst vor den Kopf gestoßen gefühlt und selbstmitleidig gemault – wie mein vierjähriges Ich, als mir damals in der Deutsche Bank-Filiale von einem älteren Kind die Box mit den Nuggets aus der Hand geschlagen wurde. Doch nachdem ein paar Minuten vergingen, habe ich zu schätzen gelernt, dass Lynn an und in ihrem Safe Space auch etwas vermisst, was ihr dieser Ort nicht geben kann.

Gute bis sehr gute Geschichten lassen mich denken: „Ja, genau!“ Wirklich hervorragende Geschichten schaffen es, dass ich das Gefühl habe, irgendwie entlarvt zu werden. Mich zum Beispiel mit etwas zu wohl zu fühlen, das eigentlich gar nicht rundum toll ist. Und das ist hier eben auch geschehen.

Ich spare mir weitere Worte. Es gäbe viel zu sagen, aber jedes weitere Wort geht eigentlich auch zu detailliert auf die Erzählung ein und ich will das hier nicht wieder zu einem Raging Loop-artigen Spoilertag-Massaker machen. Nur so viel: Cora ist fucking cool! (Und dass das Ende ein bisschen zu bubblegummy war, ignoriere ich einfach)

9 von 10 Metallbesteckteile, mit denen man echt nicht im Toaster herumpulen sollte.

________________________________________________

ACHIEVEMENT UNLOCKED.

https://i.imgur.com/laDy1Vy.png

Das titelgebende Bild für dieses Achievement ist aus der Kinetic Novel "Planetarian", die ich wirklich ganz fantastisch finde. Umso glücklicher bin ich, dass ich dieses Achievement jetzt mit drei Spielen ergattert habe, die ich ebenfalls alle ganz fantastisch finde.

MeTa
11.03.2024, 18:46
Ein schier ewiges Projekt ist endlich zu seinem wohlerwarteten Ende gekommen. Für Lynx habe ich Kena: Bridge of Spirits seit Mitte Mai letzten Jahres als Let’s Play gespielt. Warum das so lange gedauert hat und was es sonst zu sagen gibt, werde ich im Folgenden niederschreiben.

Story?

Kena, die Protagonistin des gleichnamigen Spiels, ist ein Spirit Guide. Sie soll ruhelosen Geistern, die ihre Sorgen, Ängste und Reue nicht loslassen können, dabei helfen, endlich den letzten Weg zu gehen. Dafür reist sie an den Rand eines von Leben befreiten Dorfes am Fuße eines beeindruckenden Berges. Begleitet wird sie dabei von Rots, kleinen, knuffigen Wesen aus dem Wald, die nicht nur außerordentlich süß sind, sondern auch in der Lage, kleinere bis größere Probleme für Kena zu lösen.

https://i.imgur.com/jc2weDb.png

Kena ist bereit, tief in das Herz des Walds und des Mysteriums vorzudringen, um den strugglenden Wesen zu helfen, die zwischen Leben und Tod ein unstetes Dasein fristen und eine Frage zu beantworten: Was ist das tragische Schicksal des seelenentleerten Dorfes?

Das Spiel

Kena: Bridge of Spirits ist ein Action-Adventure. Wenn man es noch etwas genauer verorten möchte, kommt auch der leidige Begriff „Soulslike“ in den Sinn. (Keine Seelen und kein Seelenverlust bei Tod, aber Kampfmechaniken sind sehr an das ungenannte Vorbild angepasst)
Man erkundet den, insgesamt doch sehr linearen Wald mit dem verlassenen Dorf als zentrales Hub. Von hier aus führen nach einem kurzen Prolog alle Pfade der Storyquests. Es gibt Einkaufsmöglichkeiten, Spirit Mail-Briefkästen und einige Extra-Challenges, an die sich die Mutigen wagen können. Kleine Umgebungspuzzle und wenig anspruchsvolle Jump `n Run-Einlagen stellen einen Teil des Gameplays, doch darüber hinaus kämpft man häufig gegen die geisterhaften Wesen des Waldes, sprich: storyrelevante Bosse und ihre Mobs.

Für den Kampf steht Kena unter anderem ihr Spirit Staff zur Verfügung, doch die Möglichkeiten, die Kämpfe anderweitig zu bestreiten, sind vielseitig und nach und nach freischaltbar. Kena wird auch mit Pfeil und Bogen kämpfen können, kleine Spirit-Bomben werfen, ihre Rot-Freunde (von mir liebevoll „Söckchen“ genannt) einsetzen, um sich Vorteile zu verschaffen oder – Soulslike-typisch – im richtigen Moment parieren oder Dashes einsetzen, um Gegner zu stunnen.

Aus der dritten Person folgt man der Protagonistin also auf ihren Abenteuern. Das Spiel und seine Charaktere haben einen unverkennbaren Pixar-Vibe; von Kenas knuddeligem Puffgesicht (wie Puffreis, nicht wie Freudenhäuser) über die Rots bis hin zu farbenfrohen Spektakeln bei Attackendesigns und kleinen Cutscenes. Das Setting erscheint anfangs unverbraucht und interessant. Doch ist und bleibt es das auch?

Wie war es denn nun?

Hach, Kena. Wie gerne würde ich dich mögen. Dich und deine süßen Pausbäckchen. Es liegt nicht an dir, es liegt an m-… ne, eigentlich liegt es an dir. Glaube ich zumindest.

Ich bin wirklich frohlockend in dieses Abenteuer gestartet. Präsentation, Stimmung, Atmosphäre – zu Beginn hat mir all das viel versprochen. Und genau deswegen habe ich das Spiel ja auch spielen wollen. Doch schnell setzte Ernüchterung und auch Frust ein. Denn Kena ist hübsch – ja. Aber es macht nicht viel aus seiner hübschen Erscheinung. Während 90% der Spielzeit befindet man sich entweder in immer gleich aussehenden, unübersichtlichen Wäldern oder dunklen, unübersichtlichen Höhlen. Letzteres verstehe ich besonders wenig. Wenn ein Spiel und seine Lichtstimmung doch so schön aussehen kann – warum DAS?

Die mangelnde Abwechslung ist aber nicht das einzige, und längst nicht das größte Problem. Wo die Präsentation eben wirklich Anreize schafft, tut es das Gamedesign für mich kaum. Puzzle sind nie schwer, aber anfangs oft sehr undurchsichtig gestaltet. Ja, es gibt viele Mechaniken, aber abwechslungsreich fühlt sich aufgrund der etwas steifen Steuerung nichts davon an und der Controller ist absolut überladen mit den Möglichkeiten, gerade im Kampf. Und… ja… der Kampf.

Ich verstehe bei Gott nicht, warum Kena ein Soulslike sein muss. Die Kämpfe sind, bis auf einige wenige, verdammt langweilig, ungelenk und frustig – obwohl sie nicht mal wirklich schwer sind. Die Gegner sind aber eher schwer zu lesen und Kämpfe werden durch unsinnig verzögerte Angriffsanimationen oder durch mehr und mehr Mobs erschwert. Auch in das Gegnerdesign ist nicht viel Liebe oder Detail geflossen. Alles schreit nach: „Naja, wir wollten halt eine Geschichte erzählenund hatten eine Ästhetik vor Augen. Und da Leute die Kämpfe in Soulslikes mögen, dachten wir…!“ Das geht leider nicht auf, denn es ist nicht leicht, ein gutes Kampfdesign in diesem Stil zu machen.

Noch dazu will das harsche, auf Reaktionen, Konter und Nah- sowie Fernkampf ausgelegte Gameplay in den vielen, vielen Fights nicht so ganz dazu passen, wie friedliebend sich das Spiel gibt. Denn ja – die Spirits können nicht gehen lassen, haben tragische Schicksale und vor allem Reue aufgrund der schlechten Dinge, zu denen sie beigetragen haben. Sie sehen nicht klar. Doch ein Spiel, das sich so präsentiert wie Kena und in seinen besten Moment eine beschauliche, friedliebende Stimmung – und auch Botschaft – hat, könnte darauf aufbauend mit mehr aufwarten als: Na dann haut man den korrupten Geistern einfach so lange auf die Schnauze, bis sie einsehen, dass ihr Mäandern in der Welt zwischen Leben und Tod nichts mehr bringt und sie endlich loslassen können. Ein weniger kriegerischer Umgang mit der Thematik des Spiels würde sicher auch dem Pop Culture Detective (https://www.youtube.com/watch?v=SArtgoMMDNg) gefallen. Und das kann nie falsch sein.

Vielleicht ist all das bisher Gesagte auch daran Schuld, dass mich letztlich auch die Story und ihre Figuren kaum berührt hat. Ich war eben schnell genervt und konnte mich als Folge womöglich kaum auf die Schicksale der Spirits einlassen. Doch darüber hinaus waren mir die Geschichten auch etwas kurz. Ich wusste in einem Moment noch nicht worum es geht und im nächsten ist schon etwas völlig anderes passiert. Mag auch an der Art und Weise liegen, wie ich es gespielt habe; in kleinen, als LP konsumierbaren Häppchen mit Pausen dazwischen – inklusive einer längeren, weil mir die Motivation fehlte. So war ich vielleicht selbst Schuld daran, keine Verbindung aufzubauen. Doch eben daran war auch das unglückliche Design und der Mangel an Dingen, die ineinandergreifen, Schuld.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass ich mit den letzten anderthalb Stunden echt Spaß hatte. Plötzlich mindestens ein gut designter Bosskampf. Viele Details, die richtig gesetzt waren. Den Eindruck von zuvor macht das natürlich nicht wett, doch lässt mich in der Nachbetrachtung wenigstens etwas versöhnlicher sein.

Noch viel weniger unerwähnt lassen möchte ich die Rots und ihre Hüte. Man kann den kleinen Begleitern mit einer Ingame-Währung, die man hier und da findet, Hüte kaufen. Das ist herzallerliebst und war immer etwas, worüber ich mich gefreut habe. Es sagt aber eben auch eine Menge aus, wenn Cosmetics in einem solchen Spiel das Eine sind, was mir langfristig positiv in Erinnerung bleiben wird.

Ich gebe Kena: Bridge of Spirits 4,5 von 10 Ochsen, die eigentlich auch Hüte tragen sollten.

___________________________

// Wer einen positiveren Eindruck von dem Spiel gewinnen möchte, kann ja mal bei LittleChocos' Review (https://www.multimediaxis.de/threads/143142-Spiel-Satz-Level-Up%21-LittleChoco-testet-%28neu-Kena-Bridge-of-Spirits%29?p=3433803&viewfull=1#post3433803) reinschauen.

Rusk
11.03.2024, 19:04
Ich dachte schon ich bin der einzige, der dem Spiel eine schlechte Kritik verpasst hat. Ich finde zwar mein Review hier nicht mehr, aber meine Erinnerungen decken sich noch gut mit deinen Argumenten überein. Ich hatte auch die falsche Erwartungshaltung und wurde dann mit einem Souls-like, im Pixarlook verarscht. Ohne diesem beschissenen Kampfsystem und die noch nervigere Story hätte Kena ein gutes Spiel werden können. Ich hoffe sehr, dass sich die Devs sich für ihr nächstes Spiel in anderen Genres umschauen, damit uns ein solches Spiele in Zukunft erspart bleibt.

Klunky
12.03.2024, 11:59
Ich kann die Souls-Like Vergleiche ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Es gibt keine Stamina, keine Statuswerte, kein wirkliches Ausrüstungssystem, Kämpfe finden wellenartig in Arenakämpfen statt, es gibt Kombos und es lassen sich mit dem Kampfsystem leicht viele Gegner gleichzeitig bekämpfen. (und es gibt mehrere Schwierigkeitsgrade)
Irgendwie bekomme ich das Gefühl dass mittlerweile jedes kampforientierte Spiel, bei denen man nicht mit Button-Mashing stylisch Kombos ausführt, gerne als Souls-Like Verstanden wird, es spielt sich jedoch schon sehr anders. Was stimmt, ist dass methodisches Vorgehen statt Agression belohnt wird, aber dafür würde ich jetzt nicht Souls-Spiele als Pionier ausfindig machen. Ich finde einen derartigen Vergleich, schwerig und auch gewissermaßen unfair dem Spiel gegenüber, wenn man bedenkt, wie viel mehr akkuratere Souls Klone es da draußen gibt. Das Spiel geht schon mehr Richtung klassisches God of War.

Dass die Rätsel und Plattformingpassagen ziemlich leicht sind, hängt wohl eben mit jener Kampf-Fokussierung zusammen, sie dienen als Auflockerungen zwischen den Kämpfen, wirken aber IMO nicht deplatziert, da man die gleichen Tools die man für die Kämpfe verwendet, ebenfalls in die Erkundung mit einstreut, da mag man vielleicht von der Erwartungshaltung etwas enttäuscht sein, ich fand es völlig ausreichend. Man kann (wenn man mit aktuellem Patch spielt) besondere Plattforming- und Zielschieß Herausforderungen freischalten, die haben es schon deutlicher in sich.


Noch dazu will das harsche, auf Reaktionen, Konter und Nah- sowie Fernkampf ausgelegte Gameplay in den vielen, vielen Fights nicht so ganz dazu passen, wie friedliebend sich das Spiel gibt. Denn ja – die Spirits können nicht gehen lassen, haben tragische Schicksale und vor allem Reue aufgrund der schlechten Dinge, zu denen sie beigetragen haben. Sie sehen nicht klar. Doch ein Spiel, das sich so präsentiert wie Kena und in seinen besten Moment eine beschauliche, friedliebende Stimmung – und auch Botschaft – hat, könnte darauf aufbauend mit mehr aufwarten als: Na dann haut man den korrupten Geistern einfach so lange auf die Schnauze, bis sie einsehen, dass ihr Mäandern in der Welt zwischen Leben und Tod nichts mehr bringt und sie endlich loslassen können. Ein weniger kriegerischer Umgang mit der Thematik des Spiels würde sicher auch dem Pop Culture Detective gefallen. Und das kann nie falsch sein

Die Passage lässt mich ein wenig aufhorchen, das ist etwas was ich grundsätzlich an vielen modernen Spielen, in dem Fall um mal mit dem Vergleich mitzugehen, "Souls-Likes" wirklich stört. Die Spiele müssen immer "dark & gritty" sein, alles trostlos und von Tod und Depressionen begleitet sein. Am besten sollte die Shopseite schon einem direkt anschreien "erwarte bloß keine Farben oder Positivität von mir!"
Ich finde es schade dass sich die ganze Aufmachung eines Spiel, aufgrund eines ungschriebenen Gesetzes, mittlerweile auch irgendwie an dem Anforderungsprofil des Spiels richten muss.
So nen ähnliches Problem hatte auch Ori zu Beginn, wo sich das viele Leute wohl wegen der hübschen Grafik und der lustigen dicken Ghibli Mama geholt haben und sich dann wunderten, dass sie mal 1 Minute am Stück mit ihren Plattforming-Skills aus nem Baum flüchten müssen.
Ich fand es wirklich erfrischend dass auch Kena sich mal getraut hat hübsch auszusehen, grundsätzlich Lebens- und todbejahrend zu sein und trotzdem einfach vor allem sein Hack'n'Slay Gameplay an oberster Stelle gestellt hat. Damit hatte ich zunächist gar nicht gerechnet, aber da sind viel Überlegungen in das Spielsystem eingeflossen, die auch aus Spielen die sich anders präsentieren, längst nicht gewohnt bin.

MeTa
12.03.2024, 14:49
Ich kann die Souls-Like Vergleiche ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.[...]

Der Begriff Soulslike ist arbiträr. Ich habe ja auch selbst erwähnt, dass einige Dinge in Kena auf das "Genre" nicht zutreffen, während es sich für mich trotzdem wie ein Soulslike anfühlt. Unabhängig davon ist das aber auch geschenkt. Mir geht es ja nicht um den Begriff. Ich übe in Folge auch Kritik an den Dingen, die mich am Kampfsystem konkret stören und die mich zu dem Schluss kommen lassen: Kena ist darin - meiner Auffassung nach - nicht gut und ich hätte mich gefreut, wenn es da kreativere Wege findet als Bosskämpfe im Hack 'n Slay-Stil mit Gegnerwellen.

Auch was die Puzzles angeht, war mein Kritikpunkt nicht der mangelnde Schwierigkeitsgrad, sondern dass die Rätsel auf mich zwar einfach, aber trotzdem undurchsichtig und damit ungeschickt designt gewirkt haben.



Die Passage lässt mich ein wenig aufhorchen, das ist etwas was ich grundsätzlich an vielen modernen Spielen, in dem Fall um mal mit dem Vergleich mitzugehen, "Souls-Likes" wirklich stört. Die Spiele müssen immer "dark & gritty" sein, alles trostlos und von Tod und Depressionen begleitet sein. Am besten sollte die Shopseite schon einem direkt anschreien "erwarte bloß keine Farben oder Positivität von mir!"
Ich finde es schade dass sich die ganze Aufmachung eines Spiel, aufgrund eines ungschriebenen Gesetzes, mittlerweile auch irgendwie an dem Anforderungsprofil des Spiels richten muss.
So nen ähnliches Problem hatte auch Ori zu Beginn, wo sich das viele Leute wohl wegen der hübschen Grafik und der lustigen dicken Ghibli Mama geholt haben und sich dann wunderten, dass sie mal 1 Minute am Stück mit ihren Plattforming-Skills aus nem Baum flüchten müssen.


Das ist eigentlich das Gegenteil davon, worauf ich hinauswollte. Ich habe nicht gesagt: "Kena sollte darker sein, weil man darin kämpft (denn dass es per se anspruchsvoll ist, finde ich nicht und habe ich auch nicht gesagt)", sondern umgekehrt: Kena trägt eine Botschaft, die sich für mich mit dem Hack 'n Slay-Gameplay beißt. Vor allem, und deswegen kann man den Punkt ja auch nicht einfach isoliert betrachten, weil ich das Kampf-Gameplay eben schlecht designt finde. Folglich meine Unterstellung an die Devs: So ein Gameplay ist da nur drin, weil es "sich gehört". Wäre das eine bewusstere, aufs Spiel angepasste Entscheidung würde es organischer zueinander passen ODER sich gerade im Kontrast sinnvoll ergänzen. Das sehe ich hier aber nicht. Und an Stelle davon, dass ich Spielen nicht erlauben würde, trotz süßer, schöner Atmosphäre und Optik auch hart sein zu können, würde ich in den Vordergrund stellen, dass die Spieleindustrie sich selbst selten erlaubt, Spiele ohne Kampfeinlagen zu konzipieren, weil es ihnen vielleicht oft an ludonarrativer Kreativität mangelt, andere Gameplay-Wege zu finden. Oder eben auch an Mut. Ich würde mir auch mehr (gute) Souls-Likes (oder was auch immer) wünschen, die gleichzeitig eine andere Ästhetik fahren als Tod, Verderben, leere Welt und co. - ich finde aber eben nicht, dass Kena ein gutes Beispiel dafür ist.

Klar, das ist nichts, was wir in der Diskussion klären können, weil es radikal damit zusammenhängt, wie man das Gameplay bewertet und wie vereinbar man Gameplay und Weltendesign findet. Ich finde das Gameplay schlecht und sehe nicht, dass es gut zur Atmosphäre und "Message" passt, weswegen ich unterstelle, dass es keine mutige, sondern eine Entscheidung aus Verlegenheit ist, es so designt zu haben. Dir gefällt beides, weswegen für dich naheliegender ist, zu der Schlussfolgerung zu kommen, dass es sehrwohl mutig ist, ein Spiel mit dieser Erscheinung gameplaytechnisch so aufzustellen.

Klunky
12.03.2024, 16:42
Das ist eigentlich das Gegenteil davon, worauf ich hinauswollte. Ich habe nicht gesagt: "Kena sollte darker sein, weil man darin kämpft (denn dass es per se anspruchsvoll ist, finde ich nicht und habe ich auch nicht gesagt)", sondern umgekehrt: Kena trägt eine Botschaft, die sich für mich mit dem Hack 'n Slay-Gameplay beißt. Vor allem, und deswegen kann man den Punkt ja auch nicht einfach isoliert betrachten, weil ich das Kampf-Gameplay eben schlecht designt finde.

Ich hatte dich schon richtig verstanden, mir ist klar dass du nicht die Themen bzw Stimmung von Kena ändern möchtest. Nur den Kritikpunkt der ludonarrativen Dissonanz sehe ich eben häufig bei bunteren Spielen mit versöhnlichen Themen, was ich irgendwie schade finde. Daher der Vergleich warum überhaupt so viele Souls Likes so düster sind, vermutlich einfach wegen der Attraction.

Persönlich denke ich schon dass Kena irgendwo seine konfrontative Natur auf eine sehr einfache Weise rechtfertigt, im Grunde ist es ähnlich wie bei Okami, die Welt verdirbt und wird hässlich und deswegen muss man sich in Gefahrensituationen begeben um die Welt "schön" zu machen. Man bekämpft auch nicht wirklich "Lebenwesen" sondern eher sowas wie anomalische Naturgewalten, was die kämpferische Komponente ein wenig abstrahiert.

Dabei verstehe ich den Kritikpunkt durchaus, dass man noch weitere Wege finden könnte als Gegnern nur aufs Maul zu hauen, nur lässt sich sowas schwer bewerkstelligen wenn es dafür dann hinten rum an Konsistenz im Gameplay mangeln könnte, denn gerade das ist etwas was ich an Kena durchaus zu schätzen weiß, dass man nicht groß Längen hat in dem man "nicht spielt" sprich von Exposition zu Exposition zu laufen. "mutig" ist das falsche Wort für Kena, denn es ist genau genommen kein ungewöhnliches Spiel und nutzt viele konventionelle Elemente. Ich nenne staddessen den Begriff "erfrischend" einfach wegen des Umstandes, dass es eben sonst selten bis gar keine bunten, wohligen Spiele gibt, die sich sowas erlauben, gerade mit dem Produktionswert.

Dass dir das Gameplay nicht zusagt, kann und will ich nicht ändern und brauche ich auch nicht denke ich näher eingehen. Aber die erwähnten wollte ich dann doch noch mal zur Diskussion hervorheben.

(Der erste Teil meiner vorherigen Antwort war nicht speziell an dich gerichtet, sondern auch Rusk der von diesem "Souls-Like im Pixar Look" "verarscht" wurde. :p)

MeTa
27.03.2024, 15:59
Ni No Kuni – Wrath of the White Witch Remastered

Story?
Im Leben des jungen Oliver passiert etwas Tragisches. Doch siehe da: Durch eine seiner Tränen wird ein Kuscheltier zu Leben erweckt und entpuppt sich als etwas rüde kommunizierende Fee aus einer anderen Welt. In die wird Oliver nun auch eingeladen, um sie zu retten. Denn er ist der Auserwählte. Er lernt also seinen ersten Zauber und magie-isiert sich in eine fantastische Welt voller Gefahren und Konflikte. In ihr heilt er gebrochene Herzen und stellt sich dem geheimnisvollen Bösewicht Shadar an der Seite neu gefundener Freunde und Tier-Sklaven, die Pokemon Familiars.

Das Spiel
Ni No Kuni ist ein JRPG (woah, ich spiele in dieser Challenge ein JRPG, das kein Tales of ist und mir für die Challenge auch gar nichts bringt). Man bewegt sich durch eine große Oberwelt, die mit Encounters gegen wilde Biester gespickt ist und betritt gelegentlich Orte von Bedeutung: Städte, Höhlen, Wälder, Vulkane, Tempel und vieles mehr. Die Encounter sind nicht gänzlich uninteressant. Man kann zwischen den Held:innen und ihren jeweils bis zu drei Familiars herum switchen und taktisch damit viel anstellen. Denn ob man sich in einem Kampf auf den physischen Angriff konzentriert, Magie castet oder anderweitige Strategien findet, kann von hoher Bedeutung sein.

Wem mache ich etwas vor? Ich habe nicht genug JRPGs gespielt, um das Kampfsystem von Ni No Kuni gut in den Canon des Genres einordnen zu kennen. Für mich war das Kampfsystem okay und mehr muss es auch gar nicht sein. Denn auch wenn mir bewusst ist, dass man mit dem Kämpfen (und Grinden) in dem Genre typischerweise viel Zeit verbringt, ist es mir nicht sonderlich wichtig. Es sollte mich möglichst nicht stören und das hat es in diesem Fall nicht sonderlich getan. Aber hey, das ist schon wertend, ich greife vor.

Die Familiars leveln, wie auch die Charaktere selbst, hoch und lernen neue Attacken. Man kann sie ab einem gewissen Level entwickeln, wobei sich ihre Werte vorerst drastisch reduzieren. Werden sie dann weiter gelevelt, werden sie aber umso stärker. Es gibt auch besondere Synergien, die die drei Hauptfiguren mit bestimmten Monsterarten haben, was für weitere Vorteile sorgt. So kann man sich die Teams mit einer erlesenen Auswahl an Familiars bestücken und auf der Auswechselbank sinnvolle Alternativen parken, um sie in geeigneten Situationen in den Ring zu werfen.

Wie war es denn nun?

Ni No Kuni war ein Steam-Impulskauf. Ich habe es im Sale gesehen, mich daran erinnert, dass ich es mal interessant fand, es erneut interessant gefunden und gedacht: „Hey, ich muss doch eh mehr JRPGs spielen.“

Das Positive an dieser Entscheidung: Nach Ni No Kuni habe ich tatsächlich mehr Lust auf gute JRPGs. Das Negative: Ni No Kuni ist davon – meiner laienhaften Ansicht nach – weit entfernt.

Schon zu Beginn des Spiels finde ich das Erzähltempo schwierig. Das Intro hetzt, obwohl es eigentlich einen dramatischen Grundton und eine Motivation für Oliver setzen möchte. Und das verstehe ich insbesondere nicht, weil Ni No Kuni sich ja keine große Mühe gibt, sich auf eine möglichst geringe Spieldauer zurechtzustutzen. Ich bin nach 35 Stunden fertig geworden, doch das ist sicher nicht repräsentativ. How Long to Beat gibt für die Main Story 44 Stunden an und Completionists sollen sich damit fast 100 Stunden auseinandersetzen. Das Schlimme daran ist, dass diese Spiellänge eben in keiner Weise damit zusammenhängt, dass das Spiel sich für seine Erzählung Zeit lassen würde. Es liegt vor allem an dem üblichen Grinding und der nicht endenden wollenden Fetchquest (aka Main Story).

Die Ghibli-Sequenzen ködern mit Kreativität und Detialverliebtheit, die man vom Studio erwartet.

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Doch abgesehen davon, dass sie unheimlich rar gesät sind und es sich mir nicht erschlossen hat, in welchen teils belanglosen Szenen sich dazu entschieden wurde, diese Animationskunst auszupacken, ist auch die Kreativität sonst Mangelware. Die Städte, die Oliver und seine Begleiter:innen im Laufe ihrer Reise aufsuchen, fühlen sich wie lieblose Kulissen und Platzhalter für Fetchquest-NPCs an. Die Charaktere sind Versatzstücke von Genreklischees: Der naive Held mit Helfersyndrom, die liebe, idealistische Heilmagierin und der verschlagene Tunichtgut mit geheimer Identität und anrüchigen Kommentaren. Die (in meinem Fall englischen) Voice-Actor klingen eigentlich ziemlich gut, doch sie bekommen nichts Interessantes zu sagen.

Auch die reichlichen Wortwitze sind wie massenhaft von einer AI erstellt und dann ins Spiel gekippt. Selbst so etwas wie eine Lagerfeuerszene, die immer mein liebstes Stück an JRPGs sind und mir ein Gefühl für die Mitglieder der Reisegruppe, ihre Eigenheiten, ihre Motivationen und ihren Zusammenhalt geben, ist hier herzlos und beliebig. Bei Tales of Vesperia, meinem letzten JRPG, mag es teilweise schon etwas komisch gewesen sein, wie die Leute immer wieder vermeintlich die Gruppe verlassen haben (oder das wollten), nur um dann doch dabei zu bleiben oder zurück zu kehren. Doch das hat mir eingeleuchtet. Ich habe immer verstanden, wo ihre Verpflichtungen liegen, was ihnen wichtig ist und wie komplex die Situation, in der sie stecken. Davon ist bei Ni No Kuni keine Spur. Alle reisen zusammen, weil darum. Die Welt muss halt gerettet werden und wir glauben bedingungslos daran, zu jeder Zeit.

Mit der Zeit ist etwas Gewöhnung eingekehrt. Und es widerstrebt mir zutiefst, Gewöhnung als etwas Positives darzustellen. Doch ja – in einem Spiel, das mich schon früh enttäuscht hat, ist es tendenziell gut, wenn ich mich an diesen Status Quo irgendwann gewöhne. So konnte ich es einfach runterspielen und nebenbei Youtube-Videos gucken, um die Pflicht zu erledigen. Nur gelegentlich hat mich etwas dann noch mal den Kopf schütteln lassen. Besonders das Ende hat sich dann doch noch mal gezogen und meine Nerven damit etwas strapaziert.

Hier noch mal eine Aufzählung der positiven Dinge, die so liebevoll ist, wie das Storytelling in Ni No Kuni: Die (wenigen) Ghibli-Cutscenes, die Musik, die Voice-Actor, das Feendorf, 3 von 76.831 Wortwitzen (denn ein blindes Huhn stolpert auch manchmal über einen Topf voll Gold).

Ich gebe dem Spiel 4 von 10 Ghibli-Animationssequenzen (denn so viele waren es am Ende ungefähr).

Linkey
28.03.2024, 12:28
Ganz so schlecht hatte ich das Spiel nicht in Erinnerung, aber ich hab deinen Bericht direkt gefühlt. Als das Spiel vor ~10 Jahren erschienen ist, war es ja voll im Hype. Mein Arbeitskollege hatte mir auch vorgeschwärmt, wie innovativ/toll das mit den Zaubern etc. ist und ich war so enttäuscht, als ich feststellen musste, dass sich das Zaubern auf "Wähle den Zauber aus dem Menü aus" beschränkt.

Hätte mir für Zauber bei Rätseln in der Overworld gwünscht, dass man den Zauber selbst "zeichnen" muss um den richtigen zu wirken. Das hätte mich sicherlich begeistert x)

Ich hab das Spiel nie beendet (glaube sogar relativ früh aufgehört) - dank deines Berichts werde ich es wohl nochmal auf die Challenge-Liste packen, damit ich diese Altlast auch mal durchbekommen, danke! :D

MeTa
28.03.2024, 13:59
Ganz so schlecht hatte ich das Spiel nicht in Erinnerung, aber ich hab deinen Bericht direkt gefühlt. Als das Spiel vor ~10 Jahren erschienen ist, war es ja voll im Hype. Mein Arbeitskollege hatte mir auch vorgeschwärmt, wie innovativ/toll das mit den Zaubern etc. ist und ich war so enttäuscht, als ich feststellen musste, dass sich das Zaubern auf "Wähle den Zauber aus dem Menü aus" beschränkt.

Nicht zu vergessen, dass man gefühlt kein einziges Mal wirklich wählen muss, sondern einem das Spiel anhand des Feen-Begleiters immer explizit auf die Nase drückt, welcher Zauber wohl gerade gebraucht wird. Ohnehin ist das Spiel dabei voller Potenzial. Deine Idee mit dem Zeichnen der Zauber ist cool. Ähnlich cool sind auch die Ansätze mit den fehlenden Emotionen im Herzen der NPCs, die man zurückbringen muss oder die Verbindungen zwischen den beiden Welten. Aber beides verlässt eben nie wirklich das Feld der belanglosen Fetchquest. Ich schätze, es ist in meinen Augen vor allem deswegen so schlecht, weil mich die Dinge, die daran als gut oder spannend empfunden werden können, nicht so sehr jucken. Wenn man Spaß daran hat, sich in die Familiar-Komplexitäten einzuarbeiten, sieht das vielleicht anders aus. Und auch was Comfort-Funktionen angeht, hat Ni No Kuni eine Menge zu bieten - wie z.B. Schnellreise.

Ich habe jetzt auch Tales of Berseria angefangen und schon nach gut 2 Stunden bin ich wesentlich eingenommener davon als jemals während Ni No Kuni. Allein das Bantering zwischen den Charakteren und der düstere Ton machen da schon viel aus.

Linkey
28.03.2024, 14:26
Nicht zu vergessen, dass man gefühlt kein einziges Mal wirklich wählen muss, sondern einem das Spiel anhand des Feen-Begleiters immer explizit auf die Nase drückt, welcher Zauber wohl gerade gebraucht wird. Ohnehin ist das Spiel dabei voller Potenzial. Deine Idee mit dem Zeichnen der Zauber ist cool. Ähnlich cool sind auch die Ansätze mit den fehlenden Emotionen im Herzen der NPCs, die man zurückbringen muss oder die Verbindungen zwischen den beiden Welten. Aber beides verlässt eben nie wirklich das Feld der belanglosen Fetchquest. Ich schätze, es ist in meinen Augen vor allem deswegen so schlecht, weil mich die Dinge, die daran als gut oder spannend empfunden werden können, nicht so sehr jucken. Wenn man Spaß daran hat, sich in die Familiar-Komplexitäten einzuarbeiten, sieht das vielleicht anders aus. Und auch was Comfort-Funktionen angeht, hat Ni No Kuni eine Menge zu bieten - wie z.B. Schnellreise.

Ich habe jetzt auch Tales of Berseria angefangen und schon nach gut 2 Stunden bin ich wesentlich eingenommener davon als jemals während Ni No Kuni. Allein das Bantering zwischen den Charakteren und der düstere Ton machen da schon viel aus.

Ich hatte halt auch sehr stark das Gefühl, dass die Zielgruppe irgendwo bei 6-10 Jahren liegt. Zumindest, soweit ich spielen konnte, wirkte es sehr kindlich auf mich. Wobei mich dieses Feeling, gerade optisch, sehr angesprochen hat. Gameplay war leider zu langweilig um mich bei der Stange zu halten.

Viel Spaß mit Berseria. Nächstes Spiel was ich auch noch iwann angehen muss xD

Sylverthas
28.03.2024, 17:32
Es ist ein Level 5 JRPG, da wärs überraschender, wenn es gut wäre, als der umgekehrte Fall :bogart:
*duckt sich schnell weg*

Ja, auch viel Spaß mit Berseria. Mir haben Charaktere und Plot ziemlich gut gefallen, inklusive der Auflösung. Im Mittelteil zieht sich das Game irgendwo, aber das ist leider ziemlich normal für die Tales Reihe. Einige Zeit danach hatte ich Tales of Zestiria durchgespielt und mit dem Wissen aus Berseria konnte ich dem Game sogar mehr abgewinnen als manch anderer. Für mich klar die bessere Reihenfolge, da mir Zestiria sonst wohl doch stellenweise n bisschen zu... errr... ausgelutscht vorgekommen wäre *g*

Linkey
28.03.2024, 17:38
Es ist ein Level 5 JRPG, da wärs überraschender, wenn es gut wäre, als der umgekehrte Fall :bogart:
*duckt sich schnell weg*

Dank Dark Cloud 1&2 dürfen die sich alles erlauben. Trotzdem eins meiner liebsten Studios! xD

Kaia
29.03.2024, 15:57
Wie Linkey habe ich Ni No Kuni ja ebenfalls relativ früh abgebrochen und nur noch sehr schwammige Erinnerungen an das Gameplay, aber überhaupt keine an die Story.
Ich wusste nicht mal mehr, dass Oliver ein Isekai Protagonist ist. :D
So beim drüberlesen und zu gucken fand ich das Pokémon-esque sammeln und entwickeln der Familiars schon am interessantesten, wenngleich ich die Designs größtenteils abstoßend fand.
(Mein persönliches Highlight beim Durchschauen der Liste ist definitiv Captain Whamtastic, sorry Turbandit)


Mich hat das Spiel, glaube ich auch, mit seinem guten Marketing & dem Versprechen von Studio Ghibli-Charme gelockt. Bekommen habe ich von dem versprochenen gar nix, außer ein Loch im damals schmalen Portmonee.
Ich hoffe für dich auf bessere JRPGs in deiner Zukunft ^_^

MeTa
09.04.2024, 22:04
Tales of Berseria

Warum eigentlich?

Dieser Teil ist neu in meinen Reviews in diesem Thread, doch ich schätze, dass ich bei der Auswahl des Eintrags aus der Tales-Reihe doch ein paar Worte verlieren muss.

Bislang habe ich mich mit Tales of Symphonia und Tales of Vesperia vergnügt. Während ich Symphonia bereits vor ein paar Jahren gespielt habe, war letztes Jahr Vesperia dran. Beide spielen haben mir in etwa gleich gut gefallen. Und zwar: Gut. Nicht mehr und nicht weniger. Symphonia hätte zeitweise vermutlich hoher hinaus gekonnt. Ohne mich noch viele Details erinnern zu können weiß ich, dass ich nach 20 Stunden ziemlich angetan war. Und da hätte das Spiel auch ohne Weiteres enden können. Aber… dann kamen noch mal 20 Stunden. Uff! Das hat mich damals sehr genervt und so das Fazit: gut.

Tales of Vesperia hat mich mit seinen Längen und Worldbuilding-Wendungen nicht mehr überrascht – und das meine ich positiv. Ich war nicht mehr vor den Kopf gestoßen von immer weiteren Storyloops, die wie eine Spielverlängerungsspirale wirken. Begeistern tut genau das keinesfalls, aber zwischendurch gibt es diese Momente, in denen man einen Einblick in die Party-Konstellation bekommt. Das Bantering zwischen den Charakteren. Genau das eben, was ich bei Ni No Kuni (unter anderem) so extrem vermisst habe. Und das machte das Spielerlebnis gut. Nicht mehr, aber gut.

Ich habe das Gefühl bekommen, dass ich Tales of verstehe. Dass ich weiß, was ich zu erwarten habe, im Positiven wie im Negativen. Deswegen habe ich mich am Anfang des Jahres entschlossen, das entsprechende Achievement in meinen Kanon aufzunehmen: Tales of Mediocrity. Das „gut, aber auch nicht mehr“-Achievement. Und als es nun darum ging, zu entscheiden, welchem Tales of ich dafür meine Aufmerksamkeit schenke, war Berseria nicht weit. Schon Vesperia und Symphonia hatte ich ja basierend auf Bestenlisten der Reihe ausgewählt, weil mir nicht danach ist, innerhalb einer für ihre Mittelmäßigkeit bekannten Reihe die schlechteren Einträge zu picken. Auch Berseria schneidet in diesen eher besser ab. Noch dazu soll es „the darkest game in the series“ sein, was mir vielversprechend erschien. Und aufgrund eines Sales hatte ich es sowieso schon in der Library…

Story?

Velvet lebt mit ihrem Bruder Laphicet und ihrem Schwager Arthur in einem kleinen, eigentlich beschaulichen Dorf. Vor einigen Jahren war sie Überlebende eines Dämonenangriffs auf dieses Dorf, bei dem jedoch ihre schwangere Schwester gestorben ist. Das Geschehene nagt noch an ihr. Doch sie hat ihren Bruder und ist gewillt, ihn vor den Übeln der Welt zu beschützen. Umso schlimmer als sie eines Tages, bei einem erneuten Dämonenangriff in einer „Scarlet Night“ dabei zusehen muss, wie ihr Bruder von niemand geringerem als ihrem Schwager rituell geopfert wird, um die Welt zu retten. Es gelingt Velvet nicht, ihn zu retten. Stattdessen wird sie selbst zu einer Dämonin und fristet die kommenden drei Jahre ein einsames Dasein in einer Gefängniszelle. Gelegentlich werden ihr durch die Decke andere Dämonen hinein geworfen, die sie tötet und isst. Als sie nach einer halben Ewigkeit unverhofft aus ihrer Gefangenschaft ausbrechen kann, sinnt sie auf Rache für ihren Bruder.

Das Spiel

Getrieben von Rachegedanken und anderen Motiven der Misfit-Bande, die sich rund um Velvet bildet, wird das Holy Midgand Empire bereist. Städte in unterschiedlichsten Klimazonen und mit unterschiedlichsten Bewohner:innen, weite Felder, Schneelandschaften, Strände, Dungeons, Tempel und mehr. Die Städte sind mit viel menschlichem Leben gefühlt, die Dungeons mit viel dämonischem.

Anders als bei anderen Einträgen der Reihe gibt es in Berseria keine Oberwelt, auf der man sich nach Belieben umherbewegt. Es gibt ein Piratenschiff und eine Seekarte, anhand der man die verschiedenen Häfen anfahren kann. Trifft man außerhalb der Städte auf Monster (oder auf Feinde anderer Natur), startet ein Kampf. Wie üblich für die Reihe handelt es sich dabei um ein Action-Kampfsystem. Und wie üblich für mich spiele ich in narrativen Spielen gerne auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad. Das heißt, dass ich eigentlich nicht viel mehr getan habe als wild Knöpfe zu drücken.
Man findet im Verlaufe der Reise Equipment, kann dies anlegen, tauschen, bei Händler:innen verbessern, aber auch auseinandernehmen, um daraus Materialien herzustellen, mit denen wiederum anderes Equipment zu verbessern ist. Ich kann insgesamt wenig über dieses System sagen, wie eben auch über die Mechanik und Komplexität der Kämpfe, weil ich es mir einfach genug gemacht habe, um mich damit nicht groß beschäftigen zu müssen. Nur so viel: Alles wirkt daran etwas rougher als ich es von Symphonia und Vespiria gewöhnt bin. Das passt irgendwie zum Charme des Spiels und hat mich nicht weiter gestört. Aber ich bin schon einen Schritt weiter.

Wie war es denn nun?

Seit Beginn dieser Challenge schreibe ich mir zu fast jedem Spiel auf einem Schmierzettel nebenbei Dinge auf, die ich während des Spielens so denke oder empfinde. Und kein Zettel ist auch nur ansatzweise so voll wie dieser.

Ich wiederhole mich: Die Roughheit der Kämpfe stört nicht, aber ist auch kein extrem spaßiger Zeitvertreib. Die Dungeons – und damit meine ich nahezu alles, was keine Stadt ist und wo sich Dämonenmobs herumtreiben – sind unnötig groß, ziehen sich und das Spiel in die Länge und sind zu leer und zu karg, um irgendwie interessant zu sein.

Aus dem Nichts kommende Storywendungen, die einen neuen Blick auf die Lore des Spiels werfen, sind vorprogrammiert und passieren gerade gegen Ende ständig. Signifikante Feinde der Truppe haben zufällig stets eine besondere Verbindung zu mindestens einem der Partymember und zeigen den Abenteurer:innen beim ersten, zweiten oder dritten Aufeinandertreffen noch ihre Grenzen auf oder fliehen, wenn sie in die Bredouille kommen. Diese und andere Genre- sowie Tales-Klischees sind auch in Berseria zu Hauf zu finden und machen zu jeder Zeit klar, was ich da gerade für ein Spiel spiele.

Doch zu keiner Zeit des Spielens habe ich Tales of Berseria deswegen signifikant weniger gemocht.

Mit dem Thema und seiner tatsächlich düsteren Grundstimmung, die vor allem durch die Rache-Motivation der Protagonistin gesetzt wird, war ich früh voll dabei und das war nur mehr der Fall, je deutlicher das Thema wird (und glaubt mir, es IST verdammt deutlich. Der Holzhammer wird ausgepackt): Autonomie, freie Verfügung über sich selbst, freier Wille und die groteske Widersprüchlichkeit der menschlichen Existenz. Auf verschiedenste und doch gemeinsame Weise kämpfen die spielbaren Charaktere der Party dafür, Verwalter:innen über ihr eigenes Schicksal zu sein und sich nicht einer sicheren, idealen, aber fremdbestimmten Welt hinzugeben, wie die Abbey sie möchte.

Die Charaktere sind Dämon:innen, Hexen, Verräterinnen, Verfluchte, Sklaven. Die Créme de la Créme der Ausgestoßenen, die nicht bloß von der Welt um sich herum zu Bösewichten gemacht werden, sondern über weite Strecken des Spiels rücksichtslos, unmoralisch und egoistisch handeln. Die Siths dieser Welt, die sich von Emotionen verführen lassen und gegen die Herrschaft der Jedi-Abbey aufbegehrt, die das zu verhindern versucht. Manche von ihnen wollen sich gegen diesen Faschismus wehren, weil er falsch ist, doch andere nur, weil sie ihre ganz eigenen Ziele verfolgen. Sie sind nicht gut. Sie sind oft absolut liebenswert, aber nicht gut. Anders als die Tales-Reihe. Höhö.

Velvet ist eine fantastische Protagonistin. Sie ist die Anführerin der Misfits. Sie ist badass und stark – aber eigentlich ist sie verdammt schwach. Wenn ihre harte Schale nicht gerade aufbricht, schreckt sie vor nichts zurück. Wenn sie es doch tut, merkt man, wie groß der Schmerz in ihr ist und wie sehr sie sich selbst verachtet. Wie sie sich nur noch als Waffe ihrer eigenen Agenda wahrnimmt.

Rokurou ist ein Dämon und besessen. Besessen davon, seinen Bruder zu bekämpfen. Besessen von der Idee, ein Dämon ohne moralischen Kompass zu sein. Und das ist auch irgendwie war. Doch gleichzeitig ist er charmant und positiv, findet Freude an kleinen Dingen.
Laphicet wird frisch aus der Sklaverei befreit. Er lernt, sich einen eigenen Willen zu bilden und diesen Willen durchzusetzen. Er ist ein kleiner Junge, sanft und manchmal naiv. Doch ihm wohnt eine Stärke und Entschlossenheit inne, die er an sich bloß entdecken muss.
Eizen ist verflucht, er und seine Nächsten vom Pech verfolgt. Er hat ein großes Wissen über die Welt und ist seltsam mitgerissen von trivialen Dingen. Vor allem verkörpert er aber die Freiheit des Piratentums. Den unbedingten Willen, das Ruder des eigenen Schicksals selbst in der Hand zu halten. Er ist vermutlich die eindeutigste, explizitiste Antwort auf die Abbey und ihre Politik der Gleichschaltung.

Eleanore ist eine Exorzistin der Abbey. Sie glaubt an das Gute, ist getrieben von Moral und Rechtschaffenheit. Doch sie wird lernen, das trügerische Weltbild der Abbey zu hinterfragen, ihre eigene Wahrheit zu suchen und die Freiheit der Menschen, Unmoralisches zu tun als Bestandteil ihrer eigenen Moral zu akzeptieren.

All diese Charaktere sind wunderbar. Jeder einzelne von ihnen wäre in den anderen beiden Tales-Spielen, die ich gespielt habe, easy mein Lieblingscharakter geworden. Und auch als Gruppe funktionieren sie hervorragend. Sie streiten sich ganz toll, kitzeln ihre besten und schlechtesten Eigenschaften aus den jeweils anderen heraus und formen authentische Verbindungen, ohne dass sie sich das ganze ständig dramatisch bekunden müssen. Hell, die meiste Zeit leugnen sie sogar, sich überhaupt irgendwie leiden zu können. Und das passt zu ihnen und macht die Gruppendynamik so stark.

Und dann ist da Magilou. Ich liebe Magilou. Sie ist die meiste Zeit unbeteiligt. Sie ist lustig und klug, kommentiert ständig abfällig die Eigenschaften ihrer Mitstreiter:innen und auch über sie wird kein gutes Wort verloren. Wenn man ihr Glauben schenkt, interessiert sie sich mehr dafür, dass die Zeit mit der Gruppe für sie interessant ist als dafür, mit Freund:innen zu reisen. Sie ist apathisch, narzisstisch, sadistisch und vielleicht sogar wirklich böse. Aber sie übernimmt nicht nur eine hervorragende Stellung in der Narrative ein, in dem sie in jedem fantastischen Bantering treibende Kraft ist und die anderen triggert, bis sie mehr von sich preisgeben, sondern sie ist auch selbst so unheimlich interessant. Und so unheimlich lustig. Ich bin wirklich erstaunt, wie gut das Comedy-Potenzial von Berseria ist. Und in Verbindung damit auch das (englische) Voice-Acting.

https://i.imgur.com/BB8GLEY.png

Struktur ist in diesem Erfahrungsbericht wieder Mangelware, aber ich musste einfach etwas zu den Charakteren schreiben. Und ich sollte so viel zu anderen Dingen schreiben, aber ich will hier auch nicht den Rahmen sprengen. Also wiederhole ich mich, zumindest halb:

Die Roughheit der Kämpfe stört nicht, ist aber auch kein extrem spaßiger Zeitvertreib. Doch wann immer man gegen menschliche Gegner:innen kämpft, nutzt Velvet diese eine Secret Arte, die so verdammt cool ist und bei der sie schmerz- und hasserfüllt schreit und ich liebe es.

Die Dungeons sind unnötig groß, ziehen sich und das Spiel in die Länge und sind zu leer und zu karg, um irgendwie interessant zu sein. Doch das macht nichts, denn während man durch die Dungeons rennt, ploppt immerhin ständig mein neuer Lieblingsbuchstabe unten rechts auf. Das gelbe Y des X-Box-Controllers. Und wenn ich den drücke, darf ich mir wieder Banter anhören, der mir eine neue Facette der geliebten Charaktere zeigt oder eine alte vertieft.

Aus dem Nichts kommende Storywendungen, die einen neuen Blick auf die Lore des Spiels werfen, sind vorprogrammiert und passieren gerade gegen Ende ständig. Doch im Vergleich zu anderen Tales-Spielen sind sie nicht nur ein Punkt auf der To-Do-Liste der Held:innen und bewegen nicht nur was in der Welt, sondern IN den imperfekten Charakteren, in ihrer Weltsicht, Motivation und Identität.

Signifikante Feinde der Truppe haben zufällig stets eine besondere Verbindung zu mindestens einem der Partymember und zeigen den Abenteurer:innen beim ersten, zweiten oder dritten Aufeinandertreffen noch ihre Grenzen auf oder fliehen, wenn sie in die Bredouille kommen. Aber jedes mal wenn das passiert, zeigt es mir genau, was den Charakter antreibt, welchen Weg er/sie gewählt hat und was die Konsequenzen davon sind.

Tales of Berseria ist wirklich kein perfektes Spiel. Und ja, viele Dinge könnten mir sauer aufstoßen, wenn es nicht so viel mehr geben würde, das ich ganz toll finde. Es ist so viel mehr als gut.

Damit verdient Tales of Berseria absolut unerwartete 9 von 10 Vögel, die fliegen, weil sie fliegen wollen.

***

Und weil ich doch noch ein paar Dinge mehr sagen will, packe ich eine gesammelte Liste an Random Thoughts in den folgenden Spoilertag (und das sind auch wirklich Spoiler):


- Kamoana und ihr Voice-Acting hat mich jedes mal gekriegt. Diese kratzige, raue Kinderstimme, die voll von Leid und Wut ist. Das Spiel ist voll von Familien-Gedöhns. Vielleicht etwas zu voll. Aber es ist so toll und herzlich umgesetzt, dass es mich hier doch nicht stört – insbesondere auch, weil Familie nicht als etwas verstanden wird, das notwendigerweise genetisch bedingt ist. Die verschiedenen Figuren finden ihre Familie an den verschiedensten Orten.

- Das Worldbuilding ist an manchen Detailstellung erstaunlich durchdacht oder kommt mir zumindest so vor. Ich erinnere mich an den Besuch eines kleinen Dorfes, in dem mir von einer bestimmten Kartoffelsorte erzählt wird, was sie bewirkt und wie das die lokale Wirtschaft betrifft. Jede Stadt hat ihre eigenen kleinen Besonderheiten.

- Namen und Identität. Ein wiederkehrendes Thema, das sehr gut beobachtet und verstanden wird. Welche Erwartungen gehen mit einem Namen einher, inwiefern kann man sich davon lösen, usw.?

- Die Dialoge mit dem Beichtvater in den verschiedenen Kapellen. Ich habe ja bereits gesagt, wie lustig ich das Spiel finde. Aber das ist die Krönung und entlarvt das hier dargestellte Prinzip von Sünde und Vergebung sehr, sehr humorvoll. Andere Humor-Highlights sind natürlich Magilous Auftritte mit den verschiedenen Leuten oder die Frage, wer von der Gruppe lieber Katzen und wer lieber Hunde mag. Oder… naja, jede zweite Magilou-Szene halt.

- Ich bin beeindruckt, wie graduell und mit wie viel Fingerspitzengefühl vor allem Eleanors (aber auch Velvets) Charakterentwicklung(en) ablaufen.

- Erinnerungswürdige Zitate. Berseria ist voll davon. Teils pathetisch, aber für meinen Geschmack meistens gut an der Grenze balancierend und mehr als nur das Oberflächliche ausdrückend.

- Das Ende hat mich so berührt wie kein anderes Spiel dieses Jahr. Ich mag, dass es konsequent ist. Und das gleiche gilt auch für den Anime-Epilog. Die Charaktere(, die noch leben,) gehen ihre eigenen Wege. Sie bleiben keine Abenteuergruppe, weil ihre gemeinsame Reise zwar voll von schönen Momenten, gemeinsamer Hilfestellung und vielleicht auch Freundschaft war – aber ihr Ende war immer durch das Erreichen ihres gemeinsamen Ziels vorbestimmt. Und es tut weh, sie auseinandergehen zu sehen. Doch es ist auch schön, dass sie weiterhin ihren jeweils ganz eigenen Weg gehen und die Autonomie nutzen, für die sie gekämpft haben.

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Tales of Berseria beschert mir zu all dem auch noch ein Achievement. Yay!

Aber… Moment, was ist das?

https://i.imgur.com/7hN78gR.png

Das ist ja gar nicht „Tales of Mediocrity“. Und das hat zwei gute Gründe. Zum einen: Magilou. Zum anderen: Ich würde mich nicht wohl damit fühlen, diesem Spiel diesen Stempel zu geben. Also erfülle ich mir mein vielleicht anspruchvollstes Achievement und lasse dieser Witch eine Ehre zukommen, die sie vielleicht nicht verdient, aber sich erwirkt hat. Und jetzt höre ich auf, zu ramblen. Und muss dieses Jahr wohl noch mal an ein Tales-Spiel ran.

Kael
09.04.2024, 22:27
Magilou, ihr Charakter, ihr Auftreten und ihre Umstände sind alle Male Grund genug, um das Spiel gut zu finden. :D

Ich für meinen Teil mochte den Mittelteil nicht besonders, weil er fast nur aus Fetchquests bestand - aber der Anfang, wo Velvet ihre Reise beginnt und das Ende, wie die Reise aufgelöst wird, hat das Spiel gut aufgebaut und abgerundet, auf jeden Fall. Berseria ist ein gutes Spiel. :D

La Cipolla
09.04.2024, 22:43
Ich beneide deine Genügsamkeit im Angesicht von Tales-Spielen allgemein und deine Begeisterungsfähigkeit für dieses hier speziell. ;D Ich habe nur bei der Lebensgefährtin zugeguckt und dachte mir: "Ja. Is halt nen Tales." xD' Was sicherlich auch meinem Zynismus geschuldet ist! (Sie fand es aber auch nur so mid, auch unter den Tales-Spielen. ^^)

Bei Ni no Kuni dagegen sind sich glaub ich inzwischen alle einig, dass es mehr oder weniger ein Blender ist ... ^_~

Narcissu
10.04.2024, 10:58
Ich glaube, die Serie profitiert generell davon, wenn man noch nicht soo viele Spiele davon bzw. in die Richtung gespielt hat.

Aber damit hast du jetzt zumindest drei der vier Fan-Lieblinge durch – fehlt nur noch Abyss! (Das es natürlich auf keinem modernen System gibt.)

Bei mir verstaubt Berseria ja im Regal und ich will es eigentlich nicht mögen (u.A. weil ich Velvet furchtbar edgy finde xD), aber zugleich juckt es mich schon immer in den Fingern, wenn ich (wie hier) was Positives zum Spiel lese.
Würde dann allerdings auch auf „Einfach“ spielen, da ich dem Kampf- und Progressionssystem der Serie echt nicht viel abgewinnen kann.

Wie lange saßt du insgesamt dran?

MeTa
10.04.2024, 16:42
"Ja. Is halt nen Tales."

Ist es ja auch wirklich. Anders als sonst bei Tales (sofern ich das mit meiner begrenzten Erfahrung beurteilen kann) ist es für mich in all den Dingen in denen es Tales ist gleichzeitig auch wirksam. Deswegen hat mich auch der von Kael (und zuvor auch schon von Sylverthas) erwähnte Mittelteil nicht gestört, weil auf der Reise trotzdem so viel zwischen den Charakteren passiert, dass es fast egal ist, dass die overarching Story nicht wirklich weitergeführt wird. Denn für mich waren die Figuren und ihre Entwicklung die Story, der ich folgen wollte. Und an der Front wurde ich komplett abgeholt. Zynismus ist aber sicher auch ein gutes Stichwort. Den erlaubt einem gerade dieser Eintrag der Reihe überhaupt nicht (was ich auch ganz toll finde).



weil ich Velvet furchtbar edgy finde

Das verstehe ich als Problem total. Vor allem, weil man ihre Edginess ja auch durchaus cool finden soll. Gleichzeitig ist sie eben auch nicht nur edgy und dass dieser Facette eine gegenteilige entgegengestellt wird und die Edginess auch kommentiert und kritisiert wird (gerade im späteren Verlauf). Vielleicht bin ich durch meine persönliche Begeisterung einfach ein Stan, aber eigentlich mag ich diese Art von Erklärung nicht und ich bin ja begeistert, weil ich Gutes daran finde - und ich habe das Gefühl, dass Berseria zwar viele der üblichen Tales-Tropes (re)produziert und auch glorifiziert, aber teilweise auch extrem subversiv mit ihnen umgeht. Das hat mich auf Basis meiner Erfahrung mit Symphonia und Vesperia eben auch sehr überrascht, aber ich sehe es. :D


Wie lange saßt du insgesamt dran?

Mein Spielstand spricht von knapp 42 Stunden, ich habe in meine Übersicht 41 geschrieben, weil es eben doch mal nebenher lief. Ich habe keine Postgame-Dinge getan, kein NG+ gestartet und war mittelmäßig engagiert, was Nebenquests angeht. Sprich: Ich habe sie nur gemacht, wenn mich der narrative Aufhänger der Quest gecatcht hat. Für Waffen und sonstige Ausrüstung musste ich aufgrund des niedrigen Schwierigkeitsgrads eben nicht grinden.

Sylverthas
10.04.2024, 20:39
Finde schon, dass die Reihe so einige wirklich starke J-RPGs hervorgebracht hat - Symphonia, Abyss, Berseria, Phantasia und (wenn man die Story eher ignoriert) Vesperia, als Beispiele.

Klar, die Tales-Reihe hat ihre Probleme. Es gibt oft zu viele Kämpfe, was es sich samey anfühlen lässt - und auf höheren Schwierigkeitsgraden sind die Gegner oft Sponges. Atmosphäre lässt in einigen Teilen zu wünschen übrig - ne Kombination aus generischen Gebieten und langweilgem (sprich: von Sakuraba gemachten) OST. Oft gehen Teile länger, als sie sollten mit Dingen, die sich eher wie Filler anfühlen - was aber durch den nächsten Punkt, wie Meta sagt, ausgeglichen werden kann.

Denn auf der Positivseite sind die Charaktere oft stark und werden durch die vielen Skits ausgebaut. Ich würde sogar sagen, dass die Tales Reihe über ihre lange Laufzeit überraschend viele brauchbare und erinnerungswürdige Charaktere hervorgebracht hat. So *richtige* eindimensionale Charaktere gibts in späteren Teilen gar nicht mehr. Insbesondere mag ich, dass man auch sehr viele kleine Details erfährt, die total irrelevant sind, aber ihnen viel Flavor geben. Alleine, dass in vielen Teilen Charaktere Lieblingsspeisen haben, die sich auswirken und eventuell in Skits erwähnt werden und ähnliches.

Die Stärke der Story variiert von Teil zu Teil. Ein paar haben echt gelungene, ein paar sind eher uninteressant. Auch die Botschaften, die die Spiele vermitteln wollen, variieren stark. Dabei gehört Berseria IMO noch zu denen, die ne relativ klare Linie fahren, was sie sagen wollen, und das auch gut tun. Zestiria würde ich da auch mit zusammenpacken, wobei das in der Präsentation ne ganze Ecke schwächer ist - aber funktioniert in Zusammenspiel mit Berseria (aber IMO besser nach Berseria!) ganz gut. Auch manchen Charakteren aus Berseria wird in Zestiria dann noch mal etwas mehr Kick gegeben (bzw. technisch ists ja andersrum, aber ich würde Zestiria echt nicht als ersten Teil der beiden empfehlen).

Zu Berseria speziell ists schön, dass Dir das so gut gefallen hat, MeTa. Magilou ist definitiv ein Killerchar in dem Spiel, mochte aber auch Velvet sehr gerne. Insbesondere, wie durch sie von Anfang an ist (was sie durchaus von den typischen J-RPG Mainchars abhebt). Gerade, wenn man das mit z.B. Lightning vergleicht, die eine nicht unähnliche Rolle in FFXIII hat (we need to fuck the government!!!), ist Velvet um ein vielfaches besser geschrieben. Auch das Ende fand ich ziemlich gelungen und es war bittersüß, passend zu dem Game.

MeTa
23.04.2024, 21:13
Zestiria würde ich da auch mit zusammenpacken, wobei das in der Präsentation ne ganze Ecke schwächer ist - aber funktioniert in Zusammenspiel mit Berseria (aber IMO besser nach Berseria!) ganz gut. Auch manchen Charakteren aus Berseria wird in Zestiria dann noch mal etwas mehr Kick gegeben (bzw. technisch ists ja andersrum, aber ich würde Zestiria echt nicht als ersten Teil der beiden empfehlen).
Da ich es ohnehin schon in der Library habe, mich auch interessiert, inwiefern es das Geschehen der Welt dann fortsetzt und du die Werbetrommel rührst, wird es wohl auch das zweite Tales-Spiel sein, das ich mir dieses Jahr so auf den Zahn lege. Wann auch immer das sein wird.
Nach besonders guten Spielen (wie Berseria) fällt es mir dann doch ungleich schwerer, mich wieder auf etwas Neues einzulassen. Ich hänge gedanklich eben immer noch bei Velvet, Magilou und Co. – dazu kommen Uni, Genshin und andere Verpflichtungen. Heute habe ich mir spontan aber doch mal wieder etwas gegönnt.

***


Lily of the Valley

Story?

Der 34-jährige Protagonist kehrt zur Beerdigung seiner Mutter in seinen Heimatort nach Wales zurück. Er ist Zyniker, womöglich in der Midlife Crisis. Oder schwer depressiv. Die Kommunikation mit seiner deutlich jüngeren Schwester und seinem Vater fällt ihm schwer und selbst das Trauern gelingt ihm nicht so wirklich. Das Einzige, was ihn rührt, ist die Begegnung mit Lily, einem jugendlichen Mädchen, das laut eigener Aussage von seiner Mutter unterrichtet worden ist und ebenfalls auf der Beerdigung war.

https://i.imgur.com/VnRCEyS.png

Das Spiel

‚Lily of the Valley‘ ist von ebi-hime, die auch Lynne und Nothing & Nowhere geschrieben hat. Auch The Sad Story of Emmeline Burns aus ihrer Feder habe ich gespielt, fand ich jedoch bei weitem nicht so toll wie die beiden erstgenannten Spiele. Dennoch war das Portfolio an mir bekannten Titeln mehr als genug, um auch diesem Spiel eine Chance zu geben.

Es handelt sich wieder um eine kurze Visual Novel. Es ist FAST kinetisch – jedoch gibt es eine Entscheidung, die den weiteren Verlauf der Story beeinflusst. Ohnehin ist aber vorgesehen, dass man beide Wege erkundet und im Anschluss auch die Intermission sowie den Epilog liest.

Wie war es denn nun?

Hmm. Für mich funktioniert `Lily of the Valley‘ lange nicht so gut wie die beiden fantastischen VNs von ebi, die ich dieses Jahr bereits gespielt habe. Ich hatte lange Zeit eine Abneigung gegenüber dem Protagonisten. Er war, wie immer, gut geschrieben und authentisch in dem, was er hat sein sollen. ebi beherrscht es wirklich, Charaktere zu zeichnen, die man versteht, die eine Herkunft haben und deren Herkunft sich an ihrem Weltbild, ihren Gedanken, ihren Abschweifungen ausdrückt. Ich habe ihn verstanden, aber ich habe mich in diesem Fall nicht sonderlich für ihn interessiert. Sein Zynismus war mir zuwider, seine Unfähigkeit, auf andere einzugehen, ebenso. Vielleicht, oder sogar sicher, ist das so gewollt. Doch es hat mir persönlich auch den Zugang zu den emotionaleren Tönen des Spiels verwehrt.

Zudem mochte ich den Twist nicht – wenn man ihn überhaupt so nennen kann. Spoiler: Lily ist gar keine random Jugendliche und schon gar keine Schülerin der Mutter des Protagonisten. Sie ist ein Shinigami und hat sie in den Tod begleitet, was sie in Folge auch für den Protagonisten selbst tut. Irgendwie kann man wohl dafür argumentieren, dass es Sinn ergibt, die Geschichte eines von seinen Gedanken geplagten Mittdreißigers mit dieser ungewöhnlichen Figur zu verbinden und das ganze so aufzulösen – denn die beiden unterhalten sich viel miteinander und die verschiedenen Weltbilder, die sie aufgrund ihrer speziellen Bezüge und Realitäten mit sich herumtragen, äußern sich darin, wie sie ihre Gedanken miteinander verhandeln. Doch als Offenbarung wirkt das Ende trotzdem irgendwie out of place.

Das Charakterdesign finde ich ästhetisch ganz schrecklich und habe das auch schon bei `The Sad Story of Emmeline Burns` getan. Die Konsequenz, dass das Spiel nach dem Epilog auf Basis des im Spiel Geschehenen unspielbar wird, fand ich wiederum ziemlich cool. Und auch über die versteckte Developer’s Note, die den ein oder anderen Einblick in die Gedanken ebis gibt, habe ich mich gefreut. Und so ganz entsagen kann ich mich einer gewissen Faszination generell eben auch nicht. Auch wenn ich das William Wordworth-Bashing nicht so schnell verzeihe.

Eins ist klar; ich werde weitere Spiele von ebi-hime spielen und darunter mit Sicherheit auch weitere Perlen entdecken. `Lily of the Valley` ist für mich aber keine davon und kriegt lediglich 6 von 10 Wurfringe, mit denen man beim Familienpicknick spielt.
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`Lily of the Valley‘ beschert mir als letztes von vier kurzen Spielen ein neues Achievement. (Wenn wir ehrlich sind, wird es dennoch nicht das letzte Spiel dieser Art sein, das ich dieses Jahr in den Ring werfe)

https://i.imgur.com/rKl3pXu.png

Sylverthas
23.04.2024, 22:43
Da ich es ohnehin schon in der Library habe, mich auch interessiert, inwiefern es das Geschehen der Welt dann fortsetzt und du die Werbetrommel rührst, wird es wohl auch das zweite Tales-Spiel sein, das ich mir dieses Jahr so auf den Zahn lege. Wann auch immer das sein wird.
OK, muss da noch ein wenig zu ausholen, damit keine falschen Vorstellungen aufkommen: Berseria und Zestiria sind eher lose verbunden. Es gibt ein paar sehr konkrete Sachen, aber man sollte jetzt nicht unbedingt an Zestiria rangehen mit dem Gedanken, dass man hier ganz viel wiedersehen wird. Ich fand aber, dass alleine durch das Hintergrundwissen und die Tatsache, dass man weiß, was in der Welt zuvor passiert ist, die Welt von Zestiria tiefer wirkt als sie es sonst getan hätte. Es gibt aber auch ein paar konkrete Ereignisse, die mich tatsächlich mehr mitgenommen haben, wobei das auch ein wenig davon abhängt, ob Du Nebenaufgaben machst oder nicht.
Generell finde ich Berseria besser als Zestiria. Was ich eigentlich mit dem Kommentar meinte, ist: Berseria hat ne Handlung, die starke Kernbotschaften hat und durchzieht. Finde, Zestiria macht das auf ne ähnliche Art und baut sich auch um ein paar Kernthemen auf. Was ich durchaus zu schätzen weiß und definitiv nicht jeder Teil der Tales of Reihe von sich behaupten kann (bzw. wohl die meisten tatsächlich nicht xD).

MeTa
23.04.2024, 23:08
Oh, ja. Ich weiß bzw. ahne schon, dass die Verbindungen nicht tierisch stark sind und es afaik auch so weit in die Zukunft geht, dass ich nicht viel Wiedersehen bzw. -erkennen erwarten darf. Aber ich denke eben auch, dass ich damit schon mal vertrauter mit der Welt bin und mich evtl. mehr darauf einlassen kann. Und die Sache mit den


Kernbotschaften

klingt eh super, da das - kondensiert formuliert - ja auch einer der Faktoren ist, die mich so großen Gefallen an Berseria haben finden lassen. Der geschichtliche Fokus macht viel aus. Auch wenn die Spiele eine Länge haben, die es durchaus erlauben würde, über viel mehr zu sprechen, habe ich - trotz inhaltlicher Redundanzen in Bezug auf das gleiche Thema - damit eben wohler gefühlt als mit einer Geschichte, in der viele verschiedene Themen und Motive ohne ersichtliche Verbindung verhandelt werden.