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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Alles eine Frage der Sympathie



Kelven
14.08.2016, 22:07
Ich führe in einer anderen Community nun schon seit fast 10 Jahren eine Feldstudie durch und heute kann ich endlich die ersten Ergebnisse präsentieren. Dem einen oder anderen werden sie sicher bekannt vorkommen, aber ich möchte sie hier trotzdem zur Diskussion stellen. Der Kern der Studie ist die Beobachtung, dass sich Menschen in ihrem Urteil leicht beeinflussen lassen und allgemein ziemlich paradox urteilen. Wie so oft stecken dahinter viele Faktoren, aber der bedeutendste ist, wie der Thread-Titel schon sagt, die Sympathie.

Ein Beispiel:

Person A schaut Serie X und Serie Y, beide sind sich ziemlich ähnlich. Bei Serie X mag Person A die Figuren, bei Serie Y nicht. Die Folge ist, dass Person A bei Serie Y mäkelt (Handlung unglaubwürdig und schlecht geschrieben) und Serie X gegen das Mäkeln der anderen verteidigt.

Tausendfach gesehen, auch bei mir selbst. Es ist eigentlich ganz einfach: Je sympathischer man die Figuren findet, desto eher drückt man bei allem ein Auge zu (oder nimmt es gar nicht wahr), das man kritisieren würde, wenn einem die Figuren nicht so sympathisch wären. Ich sprech, um das mal einzuschieben, nur von Unterhaltungsmedien und von Figuren, die auch sympathisch sein sollen. Geschichten mit einer absichtlich unsympathischen Hauptfigur folgen anderen Regeln.

Man muss nicht jede Figur mögen, manchmal reicht schon eine der wichtigen Figuren, aber je mehr man mag, desto besser ist der Eindruck. Wobei es in Wirklichkeit natürlich nicht nur "mögen" und "nicht mögen" gibt, sondern auch alle Abstufungen dazwischen.

Wenn man also die Figuren mag, dann sieht man die gesamte Handlung in einem besseren Licht, während man im umgekehrten Fall schnell über jede Kleinigkeit nörgelt. Ich hab ja schon öfters die Ambivalenz von Glaubwürdigkeit, Plotholes, Wahrnehmung u. ä. angesprochen und auch hier ist ihr Ursprung ein alter Bekannter: Unsere Eigenart, nur das zu sehen, was wir sehen wollen. Ich bin mir sicher, dass man in jedem Diskussionsforum über Unterhaltungsmedien unzählige Beispiele wie das von oben findet und niemand von uns ist dagegen gefeit.

Ich will nicht sagen, dass die Sympathie ganz alleine den Ausschlag gibt, aber sie ist ein sehr wichtiger Faktor, wenn nicht sogar der wichtigste. Was auch keine Überraschung ist, denn die Handlung dreht sich schließlich um die Figuren. Wenn wir sie nicht mögen, dann schert uns auch ihr Schicksal nicht.

Ein Extrembeispiel für das, was ich hier schreibe, ist vielleicht der neue Ghostbusters-Film. Die einen mögen keine weiblichen Hauptfiguren (zumindest nicht solche) und finden den Film deswegen unabhängig vom Inhalt automatisch schlechter oder sogar grottig, während die anderen den Film alleine wegen der rein weiblichen Besetzung unabhängig vom Inhalt automatisch besser oder sogar toll finden. Bitte keine Diskussionen über den Film, er hat einen eigenen Thread im Filmforum.

Was hat das nun mit uns Spielentwicklern zu tun? Naja, das liegt auf der Hand. Je mehr die Spieler unsere Figuren mögen, desto besser gefällt ihnen die Handlung (nicht zwangsläufig das Spiel, es gibt ja noch das Gameplay). Also müssen wir dafür sorgen, dass unsere Figuren möglichst sympathisch sind. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, weil Sympathie nun mal vom Geschmack abhängt. Ich glaube aber schon, dass es Figuren gibt, die insgesamt besser ankommen als andere. Der hier angesprochene Umstand hat eine ziemlich unangenehme Auswirkung: Du kannst schreiben, was du willst, wenn die Spieler deine Figuren unsympathisch finden, dann wird ihnen auch höchstwahrscheinlich die Handlung nicht gefallen. Ich denke, es lohnt sich, darüber mal nachzudenken.

Davy Jones
14.08.2016, 22:58
Aber die Figuren sind doch automatisch auch Teil der Handlung, weil sie diese als Protagonisten/Antagonisten voranbringen. Wenn sie das unserer Meinung nach nicht gut können, dann ist doch auch ein Teil der Handlung im Eimer. Eine Oper wird doch auch schlechter benotet, wenn der Tenor nicht singen kann.

Kelven
14.08.2016, 23:09
@Gala
Ne, die hab ich ja in einem anderen Forum gemacht. Das mit der Feldstudie meine ich natürlich nicht ernst. Lies den ersten Absatz als: Ich habe Folgendes beobachtet ...

@Davy Jones
Ich würde nicht nur sagen, dass die Figuren Teil der Handlung sind. Die Figuren schreiben die Handlung, denn die Handlung ist letztendlich das, was die Figuren tun, sagen und denken.


Wenn sie das unserer Meinung nach nicht gut können, dann ist doch auch ein Teil der Handlung im Eimer.
Das stimmt. Worauf ich hinaus will ist, dass der Eindruck, dass die Handlung im Eimer ist, maßgeblich damit zusammenhängt, ob wir die Charaktere mögen. Sobald jemand die Charaktere mag, blendet er vieles aus, was er ansonsten kritisieren würde oder es ist ihm zumindest egal.

Davy Jones
14.08.2016, 23:45
Mh, das ist richtig. Ich habe grad eben X-Men Apocalypse gesehen, das 80er-Setting hat mir gut gefallen, die Charaktere waren auch ziemlich gut, aber die Story + Spezialeffekte + Bösewicht waren so unglaublich 08/15 dass es mir ohne die guten Schauspieler wohl nicht halb so gut gefallen hätte.

Col-Chi
15.08.2016, 07:45
Eine Oper wird doch auch schlechter benotet, wenn der Tenor nicht singen kann.
Doch, das wird sie allerdings :)

Ich finde die Ansicht sehr gut und sie regt zum Nachdenken an. Zum Beispiel ob mir die neuen Turtles Filme nur so gut gefallen, weil ich von den Turtles in meiner Kindheit schon absoluter Fan war.

Liferipper
15.08.2016, 08:48
Das halte ich jetzt nicht gerade für eine neue Erkenntnis: Wenn einem ein Aspekt eines Mediums gefällt, ist man eher bereit, bei anderen ein Auge zuzudrücken.
Allerdings gilt das nicht nur für Charaktere, sondern praktisch für alle Bereiche.

Kelven
15.08.2016, 09:25
Um den Gedanken aus dem ersten Posting mal fortzuführen: Es kommt häufig vor, dass sich die Figuren in puncto Sympathie irgendwo im Mittelfeld bewegen, dann ist der angesprochene Effekt natürlich weniger deutlich. Am klarsten lässt er sich beobachten, wenn die beobachtete Person die entscheidenden Figuren sehr sympathisch oder sehr unsympathisch findet. Ich bin mir sicher, dass die Meinung über die Handlung davon auffällig beeinflusst wird. Wie gesagt, sobald man die Charaktere mag, sieht man alles andere auch in einem positiveren Licht und umgekehrt. In dem Forum, wo ich das Phänomen beobachtet hab, gilt die Faustregel: Je stärker jemand eine Handlung kritisiert, desto weniger gefallen ihm auch die Figuren. Ich hab es dort noch nie erlebt, dass jemand die Figuren toll findet, die Handlung aber grottig und vice versa.

Wenn man das im Hinterkopf hat, versteht man endlich, warum die Meinungen der anderen manchmal so widersprüchlich sind, warum jemand zwei eigentlich so ähnliche Geschichten so unterschiedlich bewertet. Und dass der Unterhaltungswert eben maßgeblich davon abhängt, wie sehr man die Figuren mag.

Am deutlichsten tritt das Phänomen bei den passiven Medien auf. Spiele sind schon eine Ausnahme, weil sie wie gesagt das (mMn viel wichtigere) Gameplay haben. Gameplay kann unsympathische Figuren ohne Mühe "heilen" und es gibt eine Menge Spiele, bei denen die Handlung so unbedeutend ist, dass es keine große Rolle spielt, ob man die Figuren mag oder nicht, wobei bei diesen Spielen dann wieder der Effekt auftreten kann, dass man - sobald man die Figuren mag - die Story gefühlt viel bedeutender findet, als jemand, der die Figuren nicht mag.

Bei den meisten Maker-RPGs ist die Handlung aber ein wichtiger Bestandteil und dementsprechend kann man auch bei diesen Spielen den Effekt beobachten. Man kann davon ausgehen, dass die Beliebtheit einer Handlung mit der Beliebtheit ihrer Figuren korrespondiert. Die Handlung von Vampires Dawn - das klassische Beispiel - ist bei vielen Spielern beliebt, obwohl von einigen gesagt wird, dass Marlex alles andere als der geborene Schriftsteller sei. Vielleicht stimmt das, aber es spielt keine Rolle. Die Spieler mögen Valnar und/oder Asgar, deswegen schauen sie ihnen gerne bei ihren Abenteuern zu.

Noch deutlicher wird das bei einem anderen, genauso beliebten Beispiel - Twilight. Millionen Menschen wurden von der Reihe gut unterhalten, obwohl immer gesagt wird, dass sie schriftstellerisch schlecht sei. Was bedeutet das? Es spielt für viele Menschen gar keine Rolle, ob etwas schriftstellerisch gut ist. Die Leute mögen die Figuren und werden gut unterhalten.

Im Umkehrschluss, um zu den Makerspielen zurückzukommen, bedeutet das: Kommt die Story eines Spiels nicht an, dann liegt das höchstwahrscheinlich daran, dass die Charaktere bei den Spielern nicht bzw. nicht gut genug ankommen.

PeteS
15.08.2016, 11:44
Vermutlich hast du die "Feldstudie" in den Animeforen durchgeführt in denen du unterwegs bist. Hier gibt es ja gerade auch ein ganz krasses Beispiel mit dem aktuell laufenden Anime Re:Zero - den viele so supertoll finden, weil sie den Mainchar so menschlich finden und das alles so psychologisch gut und toll.

Ist mir auch unerklärlich - da mir der Kerl so stark auf die Nerven ging, dass ich nach Episode 8 nicht mehr weiterguckte - und das obwohl ich eigentlich Fantasy mit Setting in mittelalterähnlicher Fantasywelt sehr gerne mag. Hier hatte dieser Mainchar also eine sehr starke Bedeutung für meine Entscheidung (nicht mehr weitergucken) gehabt.

Und natürlich ist das in ganz anderen ähnlichen und vergleichbaren Anime ähnlich. Bei Realserien oder Filmen auch.

Man betrachtet eben das Gesamtpaket. Bietet etwas charaktermässig mehr, so sucht man anderswo weniger nach Fehlern (ist dort auch mit weniger zufrieden). Umgekehrt sucht man da mehr nach Fehlern bzw. man erwartet da einfach mehr und ist kritischer (irgendwo muss halt irgendwas herkommen was einem halt grad noch so ein bissl unterhält).

(Und bei Re:Zero war die Story an sich - mit den Resets - auch nicht wirklich pralle ... da kritisier ich das natürlich gern. Andere denen der Char so gut gefällt wehren dann Kritik bezüglich der Story ab. ... wobei viele es ja auch ganz offen anders gewichten und sagen dass sie es hauptsächlich wegen den Chars mögen, da man in dem speziellen Fall hier irgendwie was "psychologisches" anzudichten versucht - ich nennes eher "bad writing" :D)


Auf Games kann man das übertragen - stimmt. Und es wirkt schwächer, da der Spieler durch die Interaktivität an sich noch Untrehaltung hat. Bei RPGs aber stärker, da diese stärker den Fokus auf Charaktere/Story legen.


Aber reine Actionspiele gibt es ja auch. (Wenn man nicht nur über RPG-Maker-Spiele redet sondern z. B. auch mal über einen kommerziellen Shooter.) Da kann das wieder anders gewichtet sein. Bei 2 völlig gleichen Shootern wird einer bei dem man nen "cooleren" Char spielt mehr Fans anlocken. Aber ist der Char supercool und das Gameplay grottig werden Spieler hier wohl eher ein Spiel mit schlechterem Char aber besserem Gameplay bevorzugen, da das Gameplay hier viel mehr ausmacht. (Krasse Ausnahme kann es sicher geben, wenn ein Char sehr sehr extrem gut ist und das viel aufwiegt gegenüber schlechtem Gameplay.)

Corti
15.08.2016, 19:27
Ich bin irriert. Wo ist die Neuigkeit? Das Sympathieding ist doch dein Argument seit mindestens 10 Jahren und dass gelungene Elemente die Chance erhöhen, dass weniger gelungene Elemente erduldet werden, ist doch auch nichts neues.

Nicht, dass ich dir widersprechen würde. Dass ich die Charaktere und ihr Schicksal für ergreifender halte als das Wohl eines ganzen fiktiven Planeten, der mir am Arsch vorbei geht, sage wiederum ich seit ca. 10 Jahren.

Yenzear
15.08.2016, 20:17
Da muss ich Corti zustimmen, das Ganze ist eigentlich schon ziemlich bekannt. Das hat man überall, nicht nur bei Figuren in Filmen.
Ich hab zu meiner Lehrzeit erlebt, dass ich einen Vorschlag gemacht hab, den alle scheiße fanden. Später machter wer anders den selben und er wurde für gut befunden [/emo]
Eine typisch menschliche Eigenschaft, die ich mit Leidenschaft hassen gelernt habe :D

Kelven
15.08.2016, 20:29
@PeteS
Ja, Re:Zero ist auch so ein Beispiel. Wer den Helden mag, verteidigt die Handlung und findet sein Verhalten glaubwürdig, wer ihn nicht mag, findet die Handlung schwach und sein Verhalten total absurd.

@Corti
Ich sag zwar schon ziemlich lange, dass mir selbst Sympathie am wichtigsten ist, aber das, was ich in diesem Thread ansprach, ist mir erst jetzt so richtig klar geworden. Vielleicht hatte ich vorher schon eine Idee, doch sie war nicht so klar.

Neu ist das Thema eigentlich schon, weil darüber selten diskutiert wird, finde ich zumindest. Mir gehts ja nicht darum, dass ein Aspekt, den man mag, Aspekte, die man nicht mag, ausgleichen kann. Das weiß wirklich jeder. Mir gehts darum, dass unsere Wahrnehmung der Handlung von unserer Einstellung zu den Charakteren deutlich beeinflusst wird. Ich kann mir vorstellen, dass mir einige widersprechen werden und selbst wenn nicht, ist das Thema für uns Entwickler ja wie gesagt nicht uninteressant. Jeder findet andere Archetypen sympathisch, aber dennoch gibt es einige, die insgesamt besser ankommen als andere und die Frage ist, ob unsere Community zu solchen Figuren greift und falls nicht, warum.

Alexis Hiemis
15.08.2016, 21:00
Hat deine "Studie" irgendwelche Zahlen? Korrelationen? Beweise? Sind diese "Ergebnisse" irgendwie dokumentiert außer in einem Meinungspost?

Kelven
15.08.2016, 22:01
Nein, aber jeder kann sich selbst ein Bild davon machen, indem er sich Diskussionen über Medien anschaut und über sich nachdenkt. Es dürfte auch eigentlich gar nicht anders sein, weil wir Menschen, ich behaupte jetzt mal, dass das Folgende Fakten sind, uns allgemein leicht beeinflussen lassen und von unseren Emotionen beherrscht werden. Das wirkt sich zwangsläufig auf unsere Wahrnehmung aus.

Yenzear
15.08.2016, 22:08
Nein, aber jeder kann sich selbst ein Bild davon machen, indem er sich Diskussionen über Medien anschaut und über sich nachdenkt. Es dürfte auch eigentlich gar nicht anders sein, weil wir Menschen, ich behaupte jetzt mal, dass das Folgende Fakten sind, uns allgemein leicht beeinflussen lassen und von unseren Emotionen beherrscht werden. Das wirkt sich zwangsläufig auf unsere Wahrnehmung aus.
Die einen mehr, die anderen weniger, würde ich meinen. Was die Handlung eines Romanes etc angeht, ist es eigentlich fast zu 100% subjektiv, ob eine Geschichte bzw die Charaktere gut sind. "Fast" deswegen, weil immernoch der Handwerkliche Faktor eine Rolle spielt oder ob eine Figur in Anbetracht der bekannten Faktoren Glaubwürdig ist. Eine "Handwerklich" schlechte Geschichte kann trotzdem breiten Anklang finden, wenn die Leser sie subjektiv gut finden.
Allerdings bekommen es auch Leute fertig, den größten Mist zu hypen und irgendwie schön zu reden~
Ich persönlich denke sehr wohl, dass es möglich sein sollte, sich über die eventuellen Unzulänglichkeiten bzw Schwachstellen eines Werkes im Klaren zu sein, auch wenn man es mag und auch wenn das bei Leibe nicht alle auf die Reihe bekommen ^^

Kelven
15.08.2016, 23:18
Wie gesagt, ich war an unzähligen Diskussionen beteiligt: Mal fand ich das Verhalten einer Figur unglaubwürdig und jemand anderes sagte, es sei glaubwürdig, mal fand jemand anderes das Verhalten einer Figur unglaubwürdig und ich hab gesagt, dass sie glaubwürdig ist. Und später zeigt sich dann, dass wir bei einer anderen Figur, die wir mögen, plötzlich das vorher kritisierte Verhalten gar nicht mehr so schlimm finden. Schriftstellerische Fehler sind genauso Wahrnehmungssache wie alles andere auch. Mal von ganz groben Konsistenzfehlern abgesehen, ist es immer umstritten, ob das Verhalten der Figur wirklich unglaubwürdig ist.


Ich persönlich denke sehr wohl, dass es möglich sein sollte, sich über die eventuellen Unzulänglichkeiten bzw Schwachstellen eines Werkes im Klaren zu seinWas man aber nur dann kann, wenn sie tatsächlich existieren und das ist, siehe oben, ja oft umstritten. Für mich sind das dann auch keine Schwachstellen. Ich weiß zwar, dass es jemanden geben wird, der sie kritisiert, aber mich stören sie nicht. Bei meinem Lieblings-Filmdrama, "Das Leben der Anderen", könnte jemand z. B. sagen, dass Wieslers Wandlung schon märchenhafte Züge an sich hat, aber das ist für mich gerade das Tolle am Film.

Yenzear
16.08.2016, 11:48
Ich persönlich denke sehr wohl, dass es möglich sein sollte, sich über die eventuellen Unzulänglichkeiten bzw Schwachstellen eines Werkes im Klaren zu sein
Was man aber nur dann kann, wenn sie tatsächlich existieren und das ist, siehe oben, ja oft umstritten.
Du hättest den Satz voll zitieren sollen. Der Rest

auch wenn man es mag und auch wenn das bei Leibe nicht alle auf die Reihe bekommen
impliziert, dass man dies auch dann können sollte, wenn man es eigentlich gut findet. Bei einem Werk, das man nicht gut findet, ist das herrauspicken von "Fehlern" keine große Sache. Damit meine ich im Grunde lediglich, dass man fähig ist, den von dir angesprochenen Zustand, also dass man etwas objektiv gut oder schlecht findet aufgrund von Sympathie oder Antipathie bewusst an sich selbst wahr zu nehmen und versuchen kann, den Standpunkt der jeweils anderen Seite besser nachvollziehen zu können.

Kelven
16.08.2016, 13:46
Es geht aber gerade darum, dass die eine Seite eine Schwachstelle sieht und die andere nicht und das liegt nicht daran, dass die eine sie sich einbildet oder die andere sie leugnet. Da sind einfach zwei Seiten, die die Figuren/Handlung unterschiedlich wahrnehmen. Die Wahrnehmungsunterschiede gehen soweit, dass jemand eine Handlung für anspruchsvoll und toll geschrieben hält, während ich der Meinung bin, dass sie totaler Unsinn ist und vice versa. Wie könnte man das anders erklären, als damit, dass man nicht dasselbe gesehen hat?

Das ist kein Makel, an dem man etwas ändern kann, weil er vermutlich mit der Funktion unseres Gehirns zu tun hat. Ich bin auf dem Gebiet zwar nur ein Laie, aber ich weiß zumindest, dass unser Handeln und Denken sehr stark von Hormonen und Botenstoffen beeinflusst wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass positive oder negative Eindrücke unsere Wahrnehmung beeinflussen.

PeteS hat es ja schon angesprochen: Ich hab die Erfahrung gemacht, sowohl bei anderen als auch bei mir selbst, dass man erst dann anfängt, über die "Qualität" der Handlung nachzudenken, wenn man nicht so gut unterhalten wird. Oder anders ausgedrückt: Je schlechter man unterhalten wird, desto genauer schaut man hin (auch weil man einen Grund sucht, um im Internet Stress abzubauen ;)).

Es gibt neben den Figuren natürlich auch noch andere Gründe, warum man von der Handlung nicht unterhalten wird. Vielleicht mag man das Genre nicht (obwohl man dann meistens einen großen Bogen um die Geschichte macht) oder es werden Themen angesprochen, mit denen man nicht so viel anfangen kann. Trotzdem glaube ich, dass die Einstellung gegenüber den Figuren einer der wichtigsten Faktoren ist. Man kann oft beobachten, dass der Unterhaltungswert dann anfängt zu sinken, wenn die Figuren einem unsympathischer werden (keine Überraschung, die Figuren "sind" eben die Handlung).

Außerdem darfst du nicht vergessen, dass es keinen Konsens darüber gibt, wie man ein Unterhaltungsmedium bewertet. Es gibt auch keinen Konsens darüber, was "gut geschrieben" ist oder noch allgemeiner was "gut" ist. Es gibt Menschen, die stören sich an so genannten Plotholes oder Figuren, die sich inkonsistent verhalten, aber mal abgesehen davon, dass wir in unserem Urteil ziemlich widersprüchlich sind (siehe Postings weiter oben), spielt die so genannte handwerkliche Qualität für viele Menschen keine große Rolle. Wie Innoxius schon mal in einem anderen Thread sagte, gibt es nur einen ansatzweise objektiven Maßstab dafür, was "gut" oder "gut geschrieben" ist, nämlich das, was möglichst vielen Menschen gefällt, so ungerne man das auch liest. Der Zweck eines Unterhaltungsmediums ist es schließlich, den Menschen Spaß zu machen.

Aber eigentlich wollte ich ja eher über die Makerfiguren sprechen. Nämlich darüber, was man machen kann, damit die Spieler sie sympathisch finden bzw. ob man überhaupt etwas machen kann.

Corti
16.08.2016, 14:57
Aber eigentlich wollte ich ja eher über die Makerfiguren sprechen. Nämlich darüber, was man machen kann, damit die Spieler sie sympathisch finden bzw. ob man überhaupt etwas machen kann.
Ich weiss nicht ob ich "sympatisch" für mich unbedingt als Ziel erwählen würde. Das ist so positiv besetzt und klingt so nach langweilig.

Kelven
16.08.2016, 19:32
@Corti
Figuren, die mich langweilen, finde ich auch unsympathisch, das ist es also nicht. Sympathie heißt in diesem Fall nur, dass man die Figuren aus irgendeinem Grund mag.

Mir fällt bei Makerspielen immer wieder auf, dass die Figuren oft nichtssagend sind. Sie haben zwar schon eine Persönlichkeit, aber es wirkt so, als ob sie abgeschwächt wurde, damit sie ja nicht zu sehr auffällt. Ich weiß nicht, ob das bewusst gemacht wird. Vielleicht liegt es auch ein wenig an den eingeschränkten darstellerischen Mitteln des Makers. Auf jeden Fall sind die Figuren nicht so wirklich sympathisch und dementsprechend wenig interessiert mich ihr Schicksal.

Mich wundert, dass so viele Entwickler nur diesen einen "Archetyp" kennen. Dabei muss man sich ja nur mal die kommerziellen Spiele anschauen, um zu sehen, was es sonst noch so gibt und was richtig gut ankommt (bei einem selbst vielleicht ja auch). Warum gibt es z. B. keine Makerspielhelden, die so wie Geralt (The Witcher) sind? Ich meine natürlich keine Kopie, aber eine Figur mit rauer Söldnermentalität und Prinzipien. Oder was ist mit Badass-Charakteren? Badass, nicht ass, die sind eher unsympathisch. Ich verstehe darunter u. a. Figuren, die so sind, wie die 80er-Jahre-Actionhelden. Und dann ist es ja so, dass die Makerspiele oft JRPGs referenzieren, die älteren Semester von uns haben vermutlich sogar mit dem Maker angefangen, weil damit Spiele wie die SNES-Klassiker gemacht werden können. Aber wo sind dann die zehnjährigen Mädchen mit dem zwei Meter großen Hammer? Es gibt in Makerspielen ja nicht mal den typischen JRPG-Helden, ich red jetzt nicht vom Alter, sondern von der Persönlichkeit. Der optimistisch-abenteuerliche Held kann mMn eine sehr sympathische Figur sein, wenn dann die Stimmung des Spiels in die gleiche Richtung geht, ist es umso besser. Grandia 1 und Skies of Arcadia gehören immer noch zu meinen Lieblings-RPGs. Natürlich richten sich die Spiele an junge Teenager, aber das juckt mich als Erwachsener nicht. Und jeder Fan von Animes, Mangas und JRPGs weiß, dass es Eigenarten gibt, die eine Figur liebenswürdig machen. Man mag nicht jede, aber es gibt immer eine, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür sorgt, dass man die Figur sofort ins Herz schließt. Nun kann zwar nicht jeder etwas mit der japanischen Popkultur anfangen, doch die, die es tun, könnten sich doch ohne weiteres an ihr orientieren.

Kelven
20.08.2016, 15:25
Wie seht ihr das denn? Ist jemand ganz anderer Meinung, auch in Hinblick auf die Konsequenz, die sich aus meiner These ergibt?

Ich fass nochmal zusammen: Oft kann man beobachten, dass Menschen ganz gegensätzliche Meinungen über eine Story haben. Während der eine sie bewegend findet, liegt der andere lachend auf dem Boden. Für den einen ist eine Geschichte anspruchsvoll, für den anderen der größte Unsinn, den er jemals gelesen hat. Die krassen Unterschiede legen mMn nahe, dass Menschen Geschichten unterschiedlich wahrnehmen und zwar abhängig davon, wie gut sie unterhalten wurden. Der Unterhaltungswert wiederum wird maßgeblich von unserer Einstellung gegenüber den Charakteren beeinflusst. Je stärker wir die Charaktere (auf die es ankommt) mögen bzw. nicht mögen, desto größer ist der Einfluss. Ich will damit z. B. sagen, dass wir eine Figur nicht nur deswegen glaubwürdiger als eine andere finden, weil sie tatsächlich besser geschrieben ist, sondern auch, weil wir sie mehr mögen. Ganz unabhängig davon stört es uns auch weniger, wenn eine Figur, die wir mögen, unglaubwürdig ist (was übrigens total in Ordnung ist, denn viele Geschichten - besonders die leichtherzigen - brauchen mMn keine sonderlich glaubwürdigen Figuren).

Inwiefern betrifft das nun uns Maker-Entwickler? Naja, bei uns ist das nicht anders als bei jedem anderen Medium auch. Wenn die Spieler unsere Figuren nicht mögen, dann unterhält sie die Story nicht. Ein Spiel mit langweiliger Story macht weniger (oder sogar gar keinen) Spaß. Das Gameplay kann eine schwache Handlung natürlich kompensieren, aber das ist ein anderes Thema. Wie gesagt, man kann die beste und anspruchsvollste Story schreiben: Wenn der Spieler die Figuren nicht mag, wird er auch die Handlung schlecht finden, weil ihm das Schicksal der Charaktere egal ist. Es ist also wichtig, dass möglichst viele Spieler die wichtigen Figuren mögen.

Es gibt einerseits kein Patentrezept, wie man sympathische Charaktere schreibt, aber andererseits bin ich mir auch sicher, dass Sympathie nicht nur vom Geschmack abhängt. Vielleicht sollte man nicht fragen "Wie schreibt man sympathische Charaktere?", sondern eher "Wie mache ich den Charakter, den ich hab, sympathischer?" Es wird ja oft gesagt, dass man Charakteren Schwächen geben soll. Perfekte Charaktere sind auch tatsächlich irgendwie unsympathisch, zumindest bei einigen Geschichten. Bei anderen nicht. Kenshiro (Fist of the North Star) ist toll und die Mary Sues aus den Kinderbüchern auch. Aber ich schweif ab. Ich glaub, es geht gar nicht so sehr darum, dass Schwächen die Figuren interessanter machen, sondern sympathischer. Man kann sich mit ihnen besser identifizieren. Wichtig ist aber, dass die Schwächen die Charaktere nicht unsympathisch machen und hier kommt dann wirklich das Handwerk ins Spiel. Entscheidend ist, wie die Schwächen dargestellt werden. Von Mackwitz - ja eine sehr beliebte Figur bei uns - ist auf eine liebenswerte Art trottelig. Das ist sympathisch. Ein richtig dummer Charakter ist es eher nicht. Einen Charakter, der Probleme mit dem Selbstbewusstsein hat (aber doch nicht wirklich schwach ist) und im Laufe der Geschichte über sich hinauswächst, schließen viele schnell ins Herz. Doch eine weinerliche Figur, die im Selbstmitleid versinkt, können viele nicht ausstehen. Aber so viel dazu, ich möchte jetzt nicht weiter ins Detail gehen. Mit den positiven Eigenarten ist es natürlich genauso, auch die dürfen die Figuren nicht unsympathisch machen. Eine gewisse (vielleicht nur gespielte) Arroganz kann ja ganz lustig sein, ein arrogantes Arschloch mögen nur die wenigsten. Bevor man sich allerdings Gedanken über die Darstellung der Eigenarten machen kann, müssen die Figuren erst mal welche haben. Ich sprach das Problem mit den blassen Charakteren ja oben schon an. Unsere Community hat schon einen gewissen Nachholbedarf. Oder seid ihr anderer Meinung?

Ascare
30.08.2016, 19:50
Ich würde dem Wort Sympathie noch gerne das Wort Empathie hinzufügen. Ich muss einen Charakter nicht mögen, aber ich muss ihn verstehen, mich in seine Handlungsweisen hineinversetzen können. Empathie läuft darauf hinaus den Charakter zu verstehen und wenn ich das tue, dann gefällt mir die Handlung in der Regel. Die Standard-Tat die ein Held eigentlich macht und wir in der Regel einfach drüber hinwegschauen ist der Mord. Es wird so viel gemordet in Geschichten, aber wir lassen uns davon nicht beirren, weil wir verstehen warum es geschehen musste und wir es als OK absegnen. Empathie eben.

Ich denke auch das Empathie wichtiger ist als Sympathie. Wenn ein Hauptcharakter durch sein Wesenszug eigentlich unsympathisch ist, aber wir durch die Geschichte auf empathische Weise nähergebracht werden, so entwickeln wir automatisch eine Sympathie für ihn. Beispiele: Dexter aus der Serie Dexter. Eigentlich ein Psychopath, ein Serienkiller, aber wir erhalten Einblick in seine Kindheit, verstehen was mit ihm passierte, sehen ebenfalls das er nicht willkürlich mordet, sondern immer öfter moralische Wege geht...schwupps ist er uns sympathisch. :)

Da ist noch das Wort "Held". Wir beschreiben viele unserer Hauptakteure mit dem Wort Held. Hängt wohl damit zusammen, das unsere Charaktere nach einer höheren Moral streben, nach einer Art Perfektion um die Ungerechtigkeit dieser Welt zu bekämpfen. Etwas zu dem wir aufblicken. Das sind für uns Helden, sympathisch eben.

Bei Makerspielen speziell fehlt oft eine Charakterentwicklung oder eine glaubwürdige Charakterzeichnung. Viele Charaktere sind einfach platt, keine Tiefe, kein Charakter erkennbar. Sie verhalten sich mal doof, mal belanglos, mal gut und überwiegend "standard". Zudem wird das garniert mit überdrehten NPCs a la "Hallo! Ihr seht so traurig aus! Hier ein Heiltrank!" oder unsympathischen Antagonisten a ala "Muhahahaha...Ich werde die Welt vernichten! Einfach nur so! Muhahahaha".
Wenn es gut gemacht ist, d.h. bewusst überdreht und mit Klischees bestückt, dann kann auch das unterhalten, aber wenn der Macher das ernst mit diesen Charakteren meint, dann kommt sowas ganz schnell in den Papierkorb.

Und Spiele im allgemeinen: Ja, Gameplay kann alles wettmachen. Ich nehme mal Super Mario als Besipiel (wie immer :D). Selbst wenn die beiden Klempnerbrüder rülpsende, furzende, aufs Spielfeld scheissende Klempner wären die fluchend durch die Gegend hüpfen, wären die Spiele Kult geworden (vielleicht sogar noch mehr :D), weil das Gameplay einfach alles raushaut.

Kelven
31.08.2016, 09:19
In den wenigsten Spielen, die ich kenne, morden die Helden. Mord ist Töten aus niederen Motiven. Meistens haben die Helden legitime Gründe: Notwehr oder die Feinde sind Kombattanten oder Lebensformen, bei denen man auch in der Realität nicht von Mord sprechen würde. Außerdem sind die Kämpfe natürlich nur eine Abstraktion, in Wirklichkeit gilt für alle Gegner: "Es kommt direkt auf mich zu" und die Handlungen des Spielers sind sein Rollenspiel und nicht die Handlungen der Spielfiguren. Aber das nur am Rande.

Empathie - unter der ich das Mitfühlen verstehe - kommt für mich nach der Sympathie. Nur wenn ich eine Figur (ausreichend) mag, empfinde ich Empathie für sie. Das bloße Verstehen einer Handlung ist für mich keine Empathie und würde eine Figur auch nicht sympathisch/interessant machen. Ich kenne Dexter nicht, aber ich kann mir vorstellen, dass die Drehbuchschreiber die Figur so geschrieben haben, dass man sie sympathisch finden kann. Das klappt ja auch bei Leon, dem Profi. Er mordet für Geld, aber er kümmert sich nett um sein Ziehkind, also ist er sympathisch. Oder Jamie von A Song of Ice and Fire. Am Anfang ist er ein Arschloch (weil er von Martin auch so dargestellt wird), aber später ist er sympathisch, weil positive Eigenschaften zum Vorschein kommen und man ihn mit einem gewissen "Bären" verkuppeln kann. Den Blagen (ich verzichte mal auf Spoiler) mag sowieso niemand.


Viele Charaktere sind einfach platt, keine Tiefe, kein Charakter erkennbar.
Ich kenne viele einfach gehaltene Charaktere, die sehr sympathisch sind. Man kann einer Figur eine umfangreiche Hintergrundgeschichte geben, eine facettenreiche Persönlichkeit, Stärken und Schwächen und trotzdem kann es passieren, dass nur wenige sie mögen. Es ist sicher so, dass es Menschen gibt, die "gehaltvollere" Figuren vorziehen (zumindest sagen sie das), aber selbst bei denen gehe ich davon aus, dass die Eigenarten der Charaktere passen müssen. Und andersherum betrachtet wissen wir - man kann unzählige Beispiele finden - dass vielen Menschen der "Anspruch" der Figuren ziemlich egal ist. Oder mehr noch: Sie neigen sogar dazu, die Figuren, die sie mögen, für anspruchsvoller zu halten als die, die sie nicht mögen.

Ich seh das eher so: Die Charaktere wirken oft deswegen so platt, weil die Entwickler sich nicht trauen, ihnen herausstechende Eigenschaften zu geben, wie man sie z. B. aus JRPGs kennt (wobei auch die Charaktere aus westlichen Spielen überzeichnet sind). Vielleicht steckt dahinter der Irrglaube, dass Charaktere flach und unglaubwürdig erscheinen, wenn sie nicht "normal" sind. Dabei ist diese Form der Glaubwürdigkeit - die Normalität, die gerne mit Konsistenz verwechselt wird - in vielen Geschichten gar nicht notwendig. Die Figuren können absurd sein (s. JRPGs) - das macht überhaupt nichts.

Schnorro
31.08.2016, 19:54
In den wenigsten Spielen, die ich kenne, morden die Helden. Mord ist Töten aus niederen Motiven. Meistens haben die Helden legitime Gründe: Notwehr oder die Feinde sind Kombattanten oder Lebensformen, bei denen man auch in der Realität nicht von Mord sprechen würde. Außerdem sind die Kämpfe natürlich nur eine Abstraktion, in Wirklichkeit gilt für alle Gegner: "Es kommt direkt auf mich zu" und die Handlungen des Spielers sind sein Rollenspiel und nicht die Handlungen der Spielfiguren. Aber das nur am Rande.

Bei jedem Spiel, welches ein Kampfsystem habe, trifft dein erster Satz bei mir auf das komplette Gegenteil. Mein Ziel ist es stärker zu werden, und dabei ist es mir vollkommen egal, was ich dabei aus dem Weg räume. Sei es der kleine Wolf im Wald, der Drache in einer Höhle oder die Stadtwache aus einer Stadt. Solange es Erfahrung gibt bringe ich es um, sprich ich morde aus reiner Gier. Dann sprichst du auch noch legitime Gründe an.
"Notwehr" - in den meisten Fällen bin ich der Aggressor. Ich suche den Kampf, nicht die Gegner. Wenn die zufällig auch kämpfen wollen - Stichwort Aggrozone - ist mir das nur genehm.
"in der Realität nicht von Mord sprechen" - wenn ich gezielt Lebewesen oder Menschen aufsuche, um diese zu eliminieren, dann denke ich kann schon von Mord gesprochen werden. Und irgendwelche Waldbewohner sind mir glaube ich nicht dauernd feindselig gesinnt.
Also, wenn es mir gehen würde, wäre am Ende mein Held der Stärkste auf dem Planeten der alle mit einem Schlag platt macht. :D

Was dann noch Sympathie und Empathie angeht. Für mich werden Charaktere dann gut, wenn diese sich in die Umwelt gut einfügen und die Charaktere nachvollziehbar sind. Mit gut meine ich jetzt nicht, dass ich die Charaktere abfeier, sondern dass diese gut dargestellt werden. Ob ich diese mag, hängt dann natürlich wieder von meinen persönlichen Neigungen ab. Was natürlich deine These stützt, Kelven. Die einen mögen einen Charakter mit Ecken und Kanten, die anderen sehen lieber den zierlichen und gutaussehenden Jungspund in der vordersten Reihe.
Daher sehe ich es als sehr schwer, eine Geschichte zu erzählen, die jeden in jeder Hinsicht befriedigt. Es kann entweder versucht werden, dass Mittelmaß zu finden oder sich aber auf ein paar spezielle Charaktere zu versteifen, um diese möglichst gut darzustellen.

Kelven
31.08.2016, 20:54
@Schnorro
Du machst das so, nicht die Spielfiguren. ;) Das würde oft ja gar nicht zu deren Persönlichkeiten passen. Selbst Geralt tötet nur Monster, die eine Gefahr für Menschen darstellen. Die Aeriths und Yuffies töten vermutlich gar nicht, die hauen die Gegner nur kampfunfähig und sei es auch mit einer Supernova. Jetzt weißt du auch, warum die Gegner immer wieder respawnen. Solange ein Rollenspiel nicht den Gewaltgrad von eben The Witcher u. ä. hat, sehe ich dort nicht mal Mord und Totschlag. Außer in Cutscenes in unterirdischen Quellen. Das ist jetzt nicht ganz ernst gemeint, bevor jemand was sagt. Es sollte aber klar sein, worauf ich hinaus will. Niemand möchte liebenswürdige Charaktere als Schlächter darstellen, deswegen ist es unabhängig vom Spielerverhalten und der Spieldarstellung so gedacht, dass die Charaktere niemanden aus niederen Gründen töten. Alles andere wäre absurd.


Daher sehe ich es als sehr schwer, eine Geschichte zu erzählen, die jeden in jeder Hinsicht befriedigt.
Das muss man auch nicht. Ich denke aber schon, dass es nicht schadet, besonders populäre Charaktere (und Handlungen) darauf zu untersuchen, mit welchen Mitteln die Autoren dafür sorgen, dass sie sympathisch erscheinen.