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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Vivi spielt SKS - Fanfic "Im Zeichen der Kriegerin"



Viviane
16.06.2015, 21:48
Einleitendes: Neben dem zeichnen begleitet mich beim spielen der Saga oft auch ein gewisses Kopfkino. In meinem nun letzten Testdurchgang, den ich derzeit mache, hat es sich ergeben dass mehr als nur ein paar Worte zusammenfanden. Bevor ich diese Fanfic woanders veröffentliche, wo sie wohl eh niemand findet der das Spiel kennt, dachte ich hier neben den Text LPs würde sie vielleicht ganz gut hinpassen. Ich hoffe ihr habt ebenfalls Freude beim lesen, so wie ich sie beim spielen und schreiben hatte. Danke schonmal, dass ihr euch die Zeit nehmt!

Disclaimer: Die Figuren und die Geschichte gehören natürlich Daen vom Clan und ihren jeweiligen LARP-Spielern; es mag vorkommen dass eine Figur hier ooc (out of character) wirkt, seht es als künstlerische Freiheit.




Im Zeichen der Kriegerin

Kapitel I - Eichengrund Teil 1


Die rauchenden Lagerfeuer spendeten im Dunkel kaum genug Licht um viel ausmachen zu können. Ausser einigen Hauswinkeln, die düster zwischen Mond und den verborgenen Schatten eingeklemmt waren, konnte man nur noch einiges an Unkraut und ein überschaubares Zeltlager ausmachen. Neben dem Rauschen des Flusses war jedoch auch das Ächzen alter Rüstungen zu hören. Und wer aufmerksam genug war, konnte im kargen Lichtspiel einen blonden Wischmopp-Schopf ausmachen, der neben einem düsteren Mitternachts-Schopf auf und ab wippte. Soldaten waren in Eichengrund. Und was für welche!

"Du musst doch viel rumgekomm'n sein, ehe du auf zu uns gestoß'n bist. Was ham se euch denn so erzählt von diesem Fleck? Gabs damals auch schon Schauermärchen, die dem alten Kaylar nasse Beinkleider beschert haben? Wie von diesem Knochendings, dem Räuberjammerlappen der durch die Wälder jault?" Metgetränkt waren die Worte des blonden Hünen. Einem Krieger mit Schild und Axt, der seinen Ahnen wohl allein durch sein imposantes Äußeres ein Liebling war. Doch nur noch mehr durch seine ganz eigene Art und Weise, die Welt zu sehen. Nachdem er sie in mundgerechte Stücke geschlagen hatte, hieß das.

"Mich wundert es, dass dich die Geschichte des Ortes interessieren mag, Bärenringer. Als jemand der in Tavernen großgeworden ist, gilt deine wahre Liebe doch eher dem..." "Orkball! 'türlich. Aber vom hauen wird man dann auch hungrig. Ah, reich mir doch mal mein... genau! Mhmmm!" Ein zufriedenes Mampfen war zu hören. Dann tiefe Schlucke. Ein genussvoller Rülpser. "Nur 'ne gute Geschichte ist wie das Salz inner Suppe. Macht einen Abend erst richtig erträglich. Und da ich kein'n Braten seh, helfen vielleicht Worte die Zeit zu vertun. Also, erzähl." Im Schein des Lagerfeuers, welches seinen hellsten Zenitschein lange überschritten hatte, wandte sich die zweite Nachtwache erneut an seinen Kameraden. Ungerührt, wie es schien, von der Störung. Nur eine leise Ahnung von einem Lächeln umspielte seinen Mund, als der Dunkelhaarige um das Feuer ging und behutsam Funken im Gras austrat um das Lager und die Leben darin zu behüten. "Wovon soll ich dir berichten - den Zuckergebäcken oder doch eher den deftigen Delikatessen dieses Ortes, von denen man noch heute schwärmt?" "Na, wenns hilft, sich mit dem Dicken gutzustellen, nehm ich beides. Hast du wohl Rezepte für?"


~***~

Im nahen Zelt glomm der Schein des Feuers durch die nicht ganz so militärisch festgezurrten Planen, auf deren durchhängenden Leinen sich bereits Feuchtigkeit vom nahen Fluss abgesetzt hatte. In ihm reihte sich Schlafstatt an Schlafstatt. Zweckmäßig, doch sorgfältig hergerichtet, durch die Wärme der Schlafenden und das gleichmäßige Atmen beinah heimelig wirkend.
Neben der aufgeknüpften Plane am Eingang hockte ein junger Mann. Nicht sonderlich auffällig, was seine Statur anbelangte, doch in seinen Augen, die gen Himmel gerichtet waren, glomm etwas was diesen Karadonier besonders machte. Die Nacht beschien seine Iris dunkelblau, doch es waren feurig glühende Funken die in ihnen tanzten. Die Sterne über ihnen wirkten an diesem Ort so klar und hell, als könnte man sie greifen. Es war beinahe wie Zuhause, im Norden der Insel. Nur hatte dort der Anhänger nie wie eine Bürde auf ihm gelastet. Es war ein schlichtes Stück Metall, schwertförmig, mit Steinen in der Farbe hellfeuriger Glut, die das Sternbild der Kriegerin nachahmten. Eines Soldaten würdig. Kein Weibertand, nichts das man scheu unter seinem Hemd verbarg, wie es dieser langhaarige, undurchschaubare Rabek trug.

Unruhig fuhren die Finger des jungen Karadoniers über die Erhebungen. Das Leuchten über dem Lager schlug ihn in seinen Bann. Als wollten die Sterne ihm etwas sagen. Die Sterne sangen immer noch zu ihm, selbst nachdem die Träume ihn aus ihrer Umarmung entlassen hatten. Manchmal schien es ihm so, als wäre das aufwachen die schwerere Bürde. Schwerer noch als die wirren Träume. In ihnen war alles viel klarer. Hätte er doch den Runenwerfer in der Drachenhalle etwas anderes gefragt, ehe sie davongezogen waren. Sovieles lag im Dunkeln. Sovieles war Ungewiss. Selbst die, die ihn umgaben - sogar Svenja, der kühne Blondschopf, mit dem er seine Kindheit verbracht hatte - sie waren ihm fremd. Und so auch die Welt um ihn her. Nur die Sterne waren noch dieselben geblieben. Und mit ihnen waren die Melodien seiner Kindheit immerdar. Er musste sich zusammenreißen um nicht loszusummen, wie von selbst fiel ihm die Weise ein, die sein Großvater ihm immer beruhigend vorgesungen hatte, wenn er verwirrt gewesen war. Doch seine Kameraden hielten ihn jetzt schon für sonderlich genug, was er wohl Svenjas Vorliebe zum reden verdanken zu hatte. Da musste er nicht auch noch alle in einer Anwandlung aus dem Schlaf reißen.

Er lauschte seinen beiden Gefährten daher besonnen und tief durchatmend. Mit gespitzten Ohren, in der Hoffnung ihre Stimmen und das erzählte würden ihm Trost spenden in dieser kalten Nacht, an diesem abweisenden Ort namens Eichengrund. Beschattet von dunklen Laubwäldern, begrenzt durch einen reißenden Fluss, in der Senke an der der Erdboden einem an den Stiefeln pappte und bitter durch die, die ihn bewohnten machte er seinem Namen alle Ehre. Dem dunkelhaarigen Ostkaradonen Arson, der einst ein Hirte gewesen war aber inzwischen mehr über Krieg wusste als sie jungen Welpen zusammen, gelang es einfach immer Worte zusammenzuknüpfen, die einen in Bann schlugen. Wenn er denn einmal den Mund aufbekam. Und das war nicht sonderlich oft.

Gorath hingegen war so ganz anders. Er sprach zuerst, schlug dann zu und quatschte dann weiter - bis es Zeit zum Essen war jedenfalls. Tavernensohn aus Rawinja, der Hafenstadt im Nordosten. Händler, buntes Volk, jede Menge Militär aber auch Handwerker. Sonst wusste Haaki kaum etwas darüber wo er herkam. Also ungefähr soviel, wie er über dieses Nest hier wusste. Ob sein Bruder mehr gewusst hatte, als er losgezogen war? Sicher hatte er sich einige Bände eingesteckt oder sich mit klugen Leuten unterhalten, ehe er fort gegangen war. Rivi war immer vorbereitet gewesen. So anders als er.

Wieder drückte er sein Amulett mit der rauhen Hand. Es war das einzige, was er von seiner Familie mitbekommen hatte. Das, Alpträume und ein Zettel auf dem Grund eines Bootes. Er seufzte leise, versuchte sich mit einigen Paketen und Rucksäcken einen bequemeren Sitzplatz zu gestalten und warf sich gegen die Zeltwand. Draussen war es still geworden. Er würde heute nicht mehr schlafen.


~***~

Sie nickten sich zu, die Mähne des Bärenringers wippte wie ein Waldvogel dabei auf und ab. "Dieses Krabbenragout klingt wunderbar. Das probier ich aus, sobald wir mal ein paar Schalen geknackt haben. Hoffe es gibt bald was richtiges zu kauen. Und nicht nur wieder Suppe." Ein trockenes Räuspern blieb einige Zeit alles an Antwort. "Hast du nicht in deinem bodenlosen Ranzen genug für mehrere Wochen verstaut?" "Das ist eine Notration, Schwarzseher. Die werd ich doch nicht anreißen, solange es Aussicht auf hmmm.. sagen wir mal Bärenbraten gibt. Klar?" "Klar." "Mhmmm Bärenbraten. Zäh wie ein Schuh, aber würzig und nicht zu verachten wenn man ihn richtig... ho! Ich meine halt!"

Man konnte nicht sagen, dass er sich angeschlichen hatte. Dazu klapperte seine Rüstung eindeutig zu laut und das Schwert am Gürtel klackte auch bedächtig vor sich hin. "Selber halt, Gorath. Ein Hirsch sieht mehr als du, wenn er die Nase im Gras hat." "Nicht...!" Arson haute dem wuchtigen Blonden mit Schmackes in die Seite, damit er nicht das gesamte Lager auf die Beine brachte. "Ruhe jetzt. Was gibt es Haaki? Deine Schicht ist noch eine Weile hin." "Kann nicht schlafen. Und wenn ich euch eh zuhöre, kann ich dabei auch Luft schnappen gehn." "Ho, da is also jemand wach genug um sich grade aufm Balken zu halten? Wunderbar. Dann hau ich mich hin. Gerade richtig, so ein warmes Zelt um von Zimttatzen und Arszungen zu träumen." "Zimttatzen und ... was?" "Götter, Haaki. Der Arson ist ein wandelndes Kochbuch! Hör dem ruhig mal zu! Ich schick euch noch Algrid raus, die kann noch was lernen. Wenn er nur so gut kochen könnte wie reden..." Arson murmelte nach einem verdächtigen Seitenblick so etwas wie "...und lass Algrid schlafen..." was von Gorath mit einem bedächtigen Prusten kommentiert wurde. Ein Brauereigaul wäre dabei wohl eifersüchtig geworden. "Geh du nur schlafen, Gorath." "Ho, guter Mann!" Mehr brauchte er nicht und schon verschwand Gorath übermütig und breitgrinsend im Zelt. Es dauerte nicht lange, ehe seliges Schnarchen einsetzte.

Haaki blickte Arson unsicher an, als er sich neben dem vernarbten Mann auf die Baumstämme fallen ließ. Lange wusste er nichts zu sagen, also rieb er sich die schwieligen Hände und hielt sie nahe an die Flammen. Und wieder einmal fühle er sich so, als wüsste er nichts über seine Gefährten. Aber ein Krieger wich nicht zurück. "Was ist denn nun mit den Schauermärchen? Kennst du keine, oder wolltest du sie nur nicht Gorath erzählen, aus Rücksicht auf sein zartes Gemüt?" Im Zwielicht hätte man fast meinen können, dass Arson lächelte. Aber es mag wohl nur eine Täuschung gewesen sein. "Ich kenne einige. Und eine davon wäre vielleicht sogar das richtige für diese Nacht. Sie handelt von Goblins." "Klingt so als könnte man etwas draus lernen." "Ja, vielleicht kann man das."

Kapitel I - Eichengrund Teil 2


Fast schon schien es so, als wollte Arson einen Rückzieher machen. Aber als ich zu ihm blickte, schien er in Gedanken versunken und nachdenklich zu sein.
Also eigentlich so, wie er immer wirkte, ausser das er zudem etwas auszuhecken schien. So versuchte ich mich in Geduld - etwas, das nicht umbedingt meine größte Stärke war - und starrte in die widerspenstig aufflackernden Flammenzungen, die gierig an einem letzten Holzscheit nagten. Der Wind wechselte und trug den beißenden Rauch von uns beiden fort. Doch mit ihm trug er Geräusche aus dem düsteren Dickicht nördlich von uns.
Noch hinter dem Bollwerk von einem Händlerhaus grenzte der Wald bereits an, so nah, dass einige Zweige das Dach berührten. Knacken. Zweige auf feuchtem Grund, soviel konnte ich ausmachen.
Ob es ein Tier war, das dort in der Nacht herumstreifte? Auch Arson hatte es gehört, wie ich an seinem gezückten Dolch bemerken konnte. "Ein Rezept für Eberpastete hast du nicht parat, was?"

"Still!", befahl mein Kamerad mir nur. Da war er schon auf seinen langen Beinen auf und davon und hatte sich in den exotischen Garten vor dem wir lagerten geschlichen.
Meine vom Feuer trüben Augen konnten in der Nacht kaum etwas ausmachen, also blieb ich wo ich war und lauschte. Irgendwo am Dorfrand musste auch Thorben Wache stehen.
Seltsam, nach dem Tag marschieren und den seltsamen Träumen schien mir jegliche Kampflust vergangen zu sein. Was trieb den Mann nur an? Vor allem zu so einer mondbeschienenen Unzeit?


~***~

Ein Rascheln bei den Zelten ließ dann jedoch auch mir alle Müdigkeit vergehen. Götter, wenn sich ein Dachs an Kaylars Stiefeln gütlich tat, würde der mir das ewig vorhalten! Mit der Hand am schartigen Schwert stiefelte ich also los durch den Morast, am Feuer vorbei, umrundete das erste Zelt aus dem nur atmen zu hören war... weiter zum nächsten. Vor dem eine Person stand. In der Ausbildung hatten wir sowas nicht behandelt, allerdings vertraute ich hier meinem Instinkt. Und der hieß mich innezuhalten und in den Schatten zu bleiben.

Nicht gut. Der Kerl da vorne musste mich bemerkt haben. Er blickte sich nichtmal um, im nächsten Moment blickte ich bereits auf eine im Anschlag stehende Pfeilspitze. Verdammt.
"So nicht", knurrte ich leise und warf mich auf den Idioten, der meinte einen Krieger Alcandors heimtückisch auf fünf Fuß nachts über den Haufen schießen zu wollen!

"Ha!" Mit einem Sprung wich der drahtige Geselle mir einfach aus, als wäre es nichts.
Und nicht ganz so kriegerisch landete ich mit dem Kinn voraus im Schlamm. Wenn jetzt nur nicht der Kriegsherr reinplatzte...

Da hörte ich ein tiefes Aufseufzen. Und im nächsten Moment, kaum genug Zeit um sich in dem verfluchten Kettenhemd herumzuwälzen, spürte ich auch schon eine Hand an der Schulter.
Und machte mich bereit auf ewig zwischen Sternen und Dunkelheit in Archons Reich zu wandeln...
"Was machst du denn da unten, Haaki? Dir ein Kleeblatt suchen, damit du auch mal Glück hast? Komm schon hoch..."
Die Stimme einer Frau. "Svenja." "Hm." Was war ich froh, dass ich ihr Gesicht nicht ausmachen konnte, als ich endlich wieder vor ihr stand.
Doch sie schien sich gar nicht an meiner Zerknirschtheit zu stören, sondern schliff mich resolut wie nur meine Kindheitsfreundin sein konnte, zum Fluss hinüber, ausser Hörweite der Zelte.


~***~

"Am Angriff arbeiten wir nochmal. Du hättest nichtmal diese Strohelfen erwischt." Ihre Stimme war ernst. Besorgt?
"Spar dir das. Was sollte der Scherz mit dem Bogen? Willst du wirklich jeden übern Haufen schießen, der schon eine Klinge an deinem Hals..."
"Hattest du nicht." Auch wieder wahr. "Du weißt was ich meine." "Und ich weiß, dass ich dich erwischt hätte." Sie klang so verflucht selbstsicher. Manchmal beneidete ich sie darum.

"Was machst du überhaupt hier draussen?" Das kalte Wasser im Gesicht half wenigstens den Schlamm loszuwerden. An meiner Laune änderte sich jedoch nicht viel.
"Neben Gorath schlafen nur Steine. Und Zwerge. Er ist eine echte Landplage. Ob der jemals wen findet, der ihn aushält? Ich meine, wenn er wach ist muss man seine Sprüche aushalten. Und wenn er schläft..."
"Na, vielleicht findet er eine nette Zwergendame mit der er Rezepte austauschen kann."
"Ja. Und die lauter schnarcht als er, was?"
"Genau. Dann singen sie sich in den Schlaf."
"Oh Ars. Deren Kinder wären der neue Schrecken, den die Rekruten nach uns dann aus dem Landstrich tilgen müssen."
"Na, dann sei nett zu ihm. Solange er in der Armee ist, wird er wohl kaum dazu kommen... ich meine..."
"Du hast da noch Modder am Kragen. Du hast dir schon als Kind nie den Hals richtig geschrubbt..."
Na das hatte mir noch gefehlt, dass die Frau an mir herumzuppelte! "Lass das, Svenja-AH!"
Kaltes Wasser rann mir den Nacken hinunter. Hinten und vorne in der Rüstung. Wie ich diese Frau doch manchmal hasste.
"So. Viel besser." Ich schüttelte mich nur und funkelte sie bitterböse an. Kurz spielte ich mit dem Gedanken sie in den Fluss zu werfen;
sollte sie doch so vorführbar wie ein geleckter Elf sein. Aber die Aussicht, ihr beim ertrinken zuzusehen war nicht ganz so verlockend. Immerhin konnte sie genauso wenig schwimmen wie ich.


~***~

"Was machst du hier eigentlich alleine?" Das Feuer hatten wir wieder in Gang gebracht, vor allem weil ich die Aussicht auf klatschnasse Ausrüstung nicht ganz so berauschend fand wie meine Kameradin.
"Arson ist in die Wälder. Hat irgendwas gehört. Naja, wenn er es findet ist es eh Geschichte." Sie blickte sich wachsam um und knuffte mir gegen die Schulter. Seltsam, normalerweise hockte sie neben mir am Feuer und lehnte sich an. Meistens schlief sie dann auch ein und überließ mir die Arbeit. Aber heute schien die Aussicht den Kopf an ihrem Oberschenkel abzulegen gar nicht mal so abwegig. Wenigstens würde sie mich wecken, wenn diese Alpträume wiederkamen...

"Und du hast ihn alleine gehen lassen? Schöner Kamerad bist du."
"Na, das Lager muss doch bewacht werden und..."
"Götter. Du klingst wie so ein verwöhnter... Achtung!"

Mein Schädel fand auf einmal keinen Halt mehr, mitsamt der nassen Rüstung sackte ich auf den Stapel Brennholz neben mir und haute mir auch noch Kopf an.
Svenja war mit gezücktem Bogen hinter ein Gebüsch gespurtet und alles was ich sah, waren Sterne. Die, die einem Kopfweh bereiten.

Himmel, da war ja wirklich jemand! Eine Gestalt schälte sich vor dem Weg ab, schlängelte sich am Rand des Unterwuchses entlang und hielt ab und zu inne, wie um zu lauschen.
Mit pochendem Schädel und zusammengebissenen Zähnen hievte ich mich erneut aus dem Schlamm um meiner Freundin zur Seite zu stehen.

"Da ist noch ein zweiter, hinter dem Kerl." Ihre Stimme war scharf und schneidend. Im Wald machte ich nichts aus, also behalf ich mir auf simple Weise.
"Übernimm den, ich schnapp mir den ersten."
"Hm. Warte..." Ihre Hand zog meinen Schwertarm zur Seite, als sie auf etwas zu lauschen schien. "...oh." Oh?
Ihr Bogen senkte sich und ihr Seitenblick auf mich herab war so maßregelnd, dass ich mich ernsthaft fragte, ob ich irgendwo einen Flecken Schlamm vergessen hatte

Als der Schatten näher kam, erkannte ich auch wieso. Es war Arson, der zurückgekommen war. Und hinter ihm stiefelte ein breitgrinsender, blutbesudelter Ragnar ins Lager.
Er sah aus, als wäre es die schönste Nacht seines Lebens, wie er da eine Kette aus abgetrennten, blutigen... Dingen mit sich schleifte. Er winkte uns sogar glücklich zu und besprenkelte den Waldweg mit... unaussprechlichem.
"Na ihr Elfenliebchen? Stören wir euch? Keine Sorge, Ragnar ist wieder da. Ich schmeiß das Lager alleine."

"Ragnar." Arsons Stimme war ruhig, aber ernst. Zu ernst. Mir schwante übles. Auch Svenja blickte drein, als wollte sie ihren Bogen wieder auspacken und Ragnar einen Pfeil zwischen die Augen setzen.
Doch Ragnar schien nichts von alledem, was sich in der Luft zusammenbraute zu bemerken. Er wedelte mir lachend mit seiner Sammlung entgegen und war drauf und dran von seinem ein-Mann-Eroberungsfeldzug zu berichten als...
"Ragnar." Mit Nachdruck diesesmal und einer Grabesstimme jagte mir Arsons Anblick zum ersten Mal eine Heidenangst ein.
"Hmmja? Was ist? Bitte spar dir die neidvollen Blicke."
"Ragnar. Senk deine Stimme. Und dann reden wir darüber, was Befehlsverweigerung ist."
"Klar doch. Immer doch." Ragnars übermütige Stimme stieß auf keinerlei Halt, was ihn doch ein wenig stutzen ließ. "Eh wie jetzt, du bist doch kein Kriegsherr oder so. Oder hab ich deine Beförderung ver..."
"Ragnar!", zischte Svenja nur, "Du kannst beten das der Kriegsherr nichtmal ahnt, was du hier veranstaltet hast."

"Eh?" Ich trat einen Schritt zurück und gab mir nichtmal die Mühe Ragnar vorzuwarnen. Nicht, dass der meinen zuckenden Augenbrauen oder meinen geballten Fäusten irgendeine Bedeutung geschenkt hätte. Wenn Svenja so aussah, gab es eine Keilerei. Und sie konnte zuschlagen. Oh ja. Und wie. Da wo es weh tat. Also überall, weil die Frau Muskeln hatte die... "Meint ihr, der Dicke nimmt mir meine Trophäen weg oder wie? Mann, die bringen Glück! Alcandor mit den Mutigen, alle Götter mit mir. Der hat doch nur seinen Eber, dem die Hauer ausfallen, eh. Schaut mal, hier, ich hab sogar einen von den ganz seltenen..."
"Ragnar." Jetzt wurde es sogar mir zuviel. "Bevor du dir das Ding da echt an die Rüstung nagelst, willst du nicht vorher deine Desertation schriftlich festhalten? Dann ersparen wir es uns deine Zähne vom Boden aufzusammeln. Hat ohne Befehl das Lager verlassen, Feindkontakt ohne Absprache mit dem vorstehenden Kriegsherrn, Zerstörung von Beweismitteln und Erdmordung von potentiellen - ehm - zotteligen Zeugen, in Anbetracht der kritischen Lage in der die Drachenhalle sich befindet...?"

"Kein Witz?"
"Nein Ragnar. Kein Witz." Arson klang wie der persönliche Archonbote, dem man nicht begegnen will. Weil der einem nicht nur die Bestattung organisierte, sondern einem gleich auch den Platz mit guter Aussicht im Jenseits verschaffte. Postwendend. "Beten klingt nach einem guten Plan. Und dann sieh zu das du deine Sammlung los wirst." "Ehe der Kriegsherr dich an seine Rüstung nagelt." Oh Svenja, das hat gesessen. Das Bild nahm ganz langsam in Ragnars Kopf Gestalt an. Ganz langsam sanken seine Mundlieder zu einer Schnute, die ich bisher nur bei Ronja gesehen hatte, als wir ihr das Amulett weggenommen hatten.
"Oh Leute. Ihr seid echt Spaßverder..."

"VERDAMMTE AXT!"

Wie ein Mann zogen wir die Köpfe ein. Ich sah nichtmal mehr, wie Ragnar zum Fluss kam - das Platschen und die Wellen die an Land rollten, erzählten ihre eigene Geschichte, als unser geliebter Kriegsherr sich aus dem zweiten Zelt schlug.

"Hab ich was verpasst?", gähnte Thorben neben mir und kratzte sich mit dem Speer hinterm Ohr.
Den Göttern sei Dank, war Arson findig genug dem Jungen einen Klaps zu geben, damit er Haltung annahm und nicht aussah als wäre er eben erst aufgewacht.
Dann stellte er sich neben Thorben und zischte mir zu, ich solle verschwinden.

In dieser Nacht lernte ich eines: Das Rekruten zusammenstanden. Und auch mal den Kopf hinhielte, wenn es darum ging schlimmeres von einem Kameraden abzuwenden. Gerade wenn es um den Kriegsherrn ging.
Und als Svenja mich, der ich immer noch begriffsstutzig in das heranziehende ein-Mann-Gewitter blickte, mit Schmackes in Neydans Garten zog, damit ich dem Zorn eines geweckten schnauzbärtigen Ebers nicht ausgesetzt war, kümmerten mich die Schlammflecken herzlich wenig. Viel schwerer wog neben dem kratzen des Unkrauts, dem Drücken der nassen Rüstung und dem warmen Keuchen einer kopfschüttelnden Svenja das wohlige Gefühl der Dankbarkeit. Es war gut, solche Freunde zu haben. Obwohl ich zu der Goblinkopftrophäe von Ragnar auch nicht nein gesagt hätte...

Kapitel I - Eichengrund Teil 3

Dicht hintereinander krochen die blonde Kriegerin und ich nordwärts in die Wälder hinein, während Kaylars Standpauke das Lager und wohl auch das übrige Dorf Eichengrund hinter uns zum erbeben brachte und die Vögel aus ihrem Schlummer scheuchte.
Wir gingen nicht sonderlich weit, nur ein Stück am Fluss entlang hintem Händlerhaus, wo ein kleiner steinerner Überhang genug Schutz bot um bis zum Morgengrauen auszuharren.
Alles war besser als von stechenden Blumenduft umgeben im Schlamm knieend darauf zu warten, vom Kriegsherrn oder vom älteren Jahrgang aufgesammelt zu werden.

Nur blieben meine Sinne wie betäubt. Es lag nicht an der Kälte der Nacht, denn es war ein eher milder Abend. Somit hoffte ich, dass Archon nicht darauf aus war, mich an meinem schlammigen Haar gen Haminga zu schleifen, wenn ich mir hier draussen irgendeine gruselige, unheilbare Krankheit einfing. Nein, es war nichtmal Svenjas Nähe, die mir sonst den Kopf verwirrte.
Es waren die Träume, die mir immer noch tief in den Knochen steckten. Die Ruinen. Die Abgründe. Die Seelen derer, für die jede Hilfe zu spät kam.

"Ich weiß, du willst es mir nicht sagen. Aber... jetzt wäre ein guter Zeitpunkt deine Zunge mal zu entknoten, Weykenson." Ich blickte auf und starrte in ihre glühenden Bernsteinaugen. Sie konnten in meine Seele schauen.
Immer schon. So oft hatte ich daran festgehalten. Der Gedanke machte mir keinerlei Angst, Svenja und ich wussten beide wieviel stärker sie war.
Auch wenn ich sie im Ringkampf inzwischen übertrumpfte, dem harten Schleifen sei dank, so war mein Geist immer noch so zart wie ein Vogeljunges.
Verwirrt. Umherstolpernd auf den dunklen Pfaden dieser wachen Welt. So wie sie es auch in meinen Träumen waren.
Und so vertraute ich ihr im sanften Mondschein ein Stück meiner Seele an, dass ihr wohl eh bereits gehörte.

"Ein Wort für ein Wort, Svallasdottir. Sag mir, wovon träumst du?"
Sie blickte mich seltsam an. Überrascht vielleicht? Nunja, eigentlich wusste ich ja alles von ihr.
So viele Abende hatten wir zusammen gehockt und die Nacht zerredet, dass Geheimnisse bei uns kaum Bestand hatten.
Ich erinnerte mich. Als sie jung war, wollte sie aus dem Schatten ihres Vaters heraus steigen. Für mich hatte sie das längst geschafft.
Sie war als Kameradin unersetzlich und niemanden würde ich lieber an meiner Seite wissen. Nichtmal Kriegshelden oder Recken, die jedes Getier bereits bezwungen hatten.
Das wusste sie auch.

Und dann war da eine zarte Sorge, die manchmal an ihr zum Vorschein kam, wenn sie die zarten, geschmückten Frauen in der Drachenhallte - meist Dienerinnen des Ars oder Turinniaschwestern, die aus andren Ecken Karadons zu uns gereist waren und die sehr weiblich wirkten - betrachtete. Dann zupfte sie an ihrem kurzen Haar, als wünschte sie, es würde plötzlich wieder wachsen und ihr lang über die Schultern und die Brust wallen. So wie es das in ihren Jugendjahren immer getan hatte. Doch eins wusste ich nicht und es nahm mir mit einem Mal die Schwere der Träume hinfort, weil es mir ein dringlicheres Anliegen zu sein schien.
Ob sie nach ihrem Dienst wohl sesshaft werden wollte? Ob sie sich damit anfreunden könnte Ruhm und Ehre gegen ein normales Leben einzutauschen? Eine Familie zu haben? Sie, die ebenfalls unter der Kriegerin geboren war und noch dazu als Tochter mit Alcandors feurigem Geist gesegnet, und damit keinem Kampf aus dem Weg gehen wollte?

"Wenn du damit meinst, was ich vorhab mit meinem Leben, dann ist die Antwort einfach."
Ich horchte auf. Meine Hände waren kühl vom Schweiß und ich spürte die Aufregung in meinen Eingeweiden nagen. Als wären ihre Worte ein Schicksalswink für mich. Und war dem nicht auch so?
Wir waren bereits verbunden, mit unzähligen unsichtbaren Banden. Ob es ihr auch so ging? Ob sie es spürte?
"Ich beschreite den Pfad, den Alcandor mir vorgegeben hat. Alles andere ergibt sich. Was zählt ist stark zu sein, gerecht und anzupacken, was es anzupacken gilt. Zweifeln ist was für Gelehrte und Elfenohren."

"Hm." Ich nickte. Plötzlich erschienen mir meine Stiefel seltsam beachtenswert und mein Blick bohrte sich in die sich kreuzenden Schlingen. Ein wenig enttäuscht war ich schon.
Und sie sah es mir wohl an, denn ihr Blick wurde versöhnlicher.

"Ein Wort für ein Wort, nicht Haaki?" Ich nickte, immer noch den Blick fest auf der Stiefelkappe meines linken Stiefels. Doch ein Krieger war mutig. Ich schluckte also die Furcht mit einem tiefen Schluck aus meinem Weinschlauch fort und malte mit der Klingenspitze meines Dolches Säulen und Wirbel in die verwurzelte Erde, während ich nachdachte. Wovon träumte ich? Was wollte ich? Weshalb war ich hier?
Irgendwie war ich mir sicher, dass wenn ich Svenja nun anblicken würde, meine Antwort eine andere sein würde. Also blickte ich hinauf zu den Sternen, die zwischen Wurzelwerk und Laubschatten zu uns hinein leuchteten und sprach aus, was ich ihr solange verschwiegen hatte.

"Antworten. Sie sind alles was ich suche. Mit ihnen wird mein Weg mir klar werden."
Sie schnaubte, wie nur Svenja es konnte. Sie hätte auch sagen können "spar dir das Gerede um den heißen Brei und spucks endlich aus", aber sie tat es nicht.
Und genau darin lag eine stille, unausgesprochene Art Respekts, für den ich ihr dankbar war. Ihr war die Sache ernst. Ernster vielleicht sogar als sie mir zu Beginn unsres Nachtwachen-Dialogs gewesen war.

Es wirkte sogar anmutig, wie sie ihren Kopf reckte und ihr Hals lang wurde. Die kräftige Linie zu ihrem Nacken offenbarte, die so verletzlich war.
Aber nichts und niemand konnte ihr etwas anhaben und genau diese Stärke strahlte sie auch jetzt aus.
Wir waren gleich geboren, unter dem gleichen Zeichen, den gleichen Gezeiten und Wettern, den gleichen Leuten. Und doch so ganz anders.

"Na, dann viel Glück damit. Seit du mit dem Runenwerfer und dieser dunkelhaarigen Frau geredet hast, scheinst du mir aber nicht grade erleuchtet worden zu sein. Eher das Gegenteil. Nur noch mehr Fragen, mit jedem Schritt den du gehst, was? Ach Haaki." Sie war besorgt. Und das war es, was ich nicht wollte. Ich wollte mich um sie sorgen, es sollte nicht andersherum sein. Wir schwiegen und in der Stille der Nacht und unsrem Beisammensein lag ein süßer Trost, der mit dem gurgelnden Fluss all meine Ängste mit sich fort nahm.


~***~

Aber während ich noch in Gedanken versunken Kreisel malte, traf mich etwas weiches, duftendes am Kopf. Verwirrt - und viel zu spät - fing ich es auf und betrachtete es.
Dann sie, wie sie sich die ledernen Bänder und Gurte ihrer Rüstung wieder richtete. Es war ihr Leinenhemd.
Ich brachte kein Wort heraus und starrte nur so einfallsreich und wortgewandt wie ein Stück trockenes Brot auf das helle Stück Stoff, das in meinen Händen jetzt schon Flecken bekam.

Ars war wohl an jenem Abend verhindert, oder er hatte mich längst aufgegeben, doch zum Glück war Svenja noch da.
"So wie ich das sehe, hälst du mir auf meinem Weg noch eine Weile den Rücken frei. Also sieh zu, dass du mir nicht abkratzt. Oder dich im Lazarett verkriechst, wie gewisse andere Drückeberger und Blumenpflücker."
Die Vorstellung, dass sie damit Arson meinte und das Bild von ihm wie er mit einigen Elfen und Kränzen im Haar über eine Blumenwiese hüpfte um Heilkräuter einzusammeln entlockte mir ein leises Kichern.

"Ich seh von hier aus, wie dir das Wasser immer noch durchs Haar rinnt, Kerl. Vom Lachen wirste auch nicht trocken hinter den Ohren. Das wär doch ne Idee, hm?
Ich hab hier auch irgendwo noch diese teure Paste. Mal sehn was ich für deine Rüstung tun kann, deren Ächzen ist schlimmer als ein keuchendes Streitross. Wirf die mal rüber."
Nein, Ars war an jenem Abend wirklich nicht bei mir. Und auch kein andrer unsrer sieben gnädigen Götter. Tanis mochte mich ja sowieso nicht, sie mochte sich in diesen Momenten köstlich amüsiert haben.
Ich blieb wo ich war, regungslos, gelähmt von dem herben Honigduft in meinen Händen. Und alles was ich denken konnte war: Ob ihr Haar wohl auch so roch?


"Na los, auszieh'n." So langsam dämmerte es mir nun doch. Aber nur sehr langsam, eine Goblinmatrone der fünften Generation hätte mich gackernd mit ihrem hunderfachen Nachwuchs in diesem Moment auf der Gedankenstraße überholt. Mit ihrem gesamten fußlahmen Nachwuchs, wohlgemerkt.

"Wenn die Goblins sich für Ragnar rächen wollen, halt ich sie dir schon vom Leib. Zumindest die ersten zwei. Und dann kämpfst du halt so. Vielleicht schüchtert es sie ja ein."
Sie grinste, strich bedächtig über den Bogen, der auf ihren Oberschenkeln lag. Und es lag wohl am Klang ihrer Stimme, der ungewohnt zufrieden klang, dass ich gehorchte. Nur hatte ich mich wohl zu früh gefreut.
Kaum das ich in meinen Untersachen dastand, kam Svenja wieder zum Vorschein.

"Wobei dir ein paar Narben auch gut täten." Ja, das war meine Svenja mit der Zunge der einem Pfeil glich.
"Sagt die richtige von uns." Schoss ich zurück. Ich wusste, das meine Schultern nicht so breit waren, wie die von Gorath. Aber das war auch schon alles, was mir an ordentlichen Maßen fehlte.
Zufrieden stellte ich fest, dass meine Zunge mir endlich wieder gehorchte. Nicht das es sonderlich half, dass ich in der Höhle an einer kühlen Steinwand entlangschabte, während sie mich wie ein Stück Wild musterte.
Vor allem das herumhopsen auf einem Bein, als mein Stiefel nicht so wollte wie ich, hätte ich gern schleunigst aus ihrer Erinnerung gestrichen.

"Wie meinst du das?" Uh. Den Tonfall kannte ich auch. Egal was ich jetzt sagen würde, nichts würde ihr Gemüt jetzt noch abkühlen. Also blieb ich bei der nüchternen Wahrheit. Und schönte sie um ihr ein wenig zu schmeicheln. Das machte man doch so... nicht? Ars machte in diesem Moment immer noch Urlaub irgendwo, in einem Blumenschrein auf einer sandigen Insel. Von ihm kam keine Eingebung, so sehr ich auch auf ihn hoffte. Nichtmal Trivia, die Gütige, half mir aus der Patsche. Und grade sie sollte doch wissen, wie man keifende Hausdrachen besänftigte. Sonst gäbe es längst keine Karadonen mehr. Der Gedanke an ihre Sanftmut und einen Haufen weizenblonder Haarschöpfe flößte mir Mut ein. Wir waren füreinander bestimmt, nichtmal eine keifende Svenja konnte das Schicksal abändern. Ha! Nimm das, feuerspeiende Bogenschützin mein!


"Naja, ich hab eben mehr gebrochene Knochen und Prellungen abbekommen als du. Nichts was man noch sieht, keine Verunzierde und schon gar nicht an deinem wohlgestalten Leib, aber ich weiß, das ich mindestens genauso viel erlebt hab, wie du." - "Ach, hast du das?" Nein Trivia, dein Sanftmut facht Alcandors Flamme nur an. Planänderung.

Ars der Fröhliche wachte auf einmal auf und einer Eingebung folgend, gab ich mich dem Schalk hin.
"Na gut. Du hast mehr Elfen verhauen als ich." - "Elfen?" Na geht doch.
"Na, die eine von unsren Übungsspitzohren hast du doch an dem Tag zerlegt, als Gorath dir stockbetrunken zugeflötet hat, wie niedlich er deine Tittchen findet..."
Mein Seitenblick auf sie, verriet mir nichts über ihre Gedanken. Vielleicht hätte ich jedoch in ihr Gesicht und die Augen blicken sollen, die so wunderbar funkeln konnten, wenn sie wütend war... und nicht auf die Einschlüsse der Lederrüstung, die ohne Rüstung ziemlich viel offenbarten. Mehr als sie verbargen. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie die Ausbildung sie verändert hatte. Sowohl ihre Muskeln als auch ihre Rundungen hervorhob. Mehr als nur die gestählten Arme und Beine gab es da jetzt ohne das schützende Leinen ganz andre Täler und Schattenspiele zu bestaunen. Die sich entlang ihrer Seiten und im Profil der festgezurrten Lederriemen nun ziemlich deutlich abhoben und vorwölbten und mit jedem Atemzug im Mondlicht schimmerten wie...

Der Schlag gegens Schienbein kam ohne Vorwarnung. Es musste ihr Bogen gewesen sein, den sie so innig liebte. Sonst hätte sie ein zweites Mal zugeschlagen.
Und sicher auch noch ein drittes und viertes Mal.
Oh Götter, gebt mir Kraft!
Ich biss mir auf die Wange und verkniff mir einen Fluch. Das hatte verdammt weh getan!
"Schöne Kriegerin bist du, einen wehrlosen, halbnackten Kerl..."

"Pass auf was du sagst, sonst geschieht dem wehrlosen Kerl noch ein Unglück..." Fauchte sie etwa?
"...na gut einen beinah ganz nackten Kerl so zuzurichten." Ich strich die wehleidigkeit aus meiner Stimme. Zog eh nicht bei ihr. Ich meinte sogar, sie bitterböse grinsen zu sehen, während ich mir die Striemen auf der nackten Haut rieb und tunlichst vermeidete unter ihren Hals zu blicken. "Wofür genau war das?"
"Fürs Erinnerungen auffrischen. Darauf verzichte ich nämlich gern. Merk dir das."
Ich rollte mit den Augen und war froh, dass sie auf einen weiteren Hieb verzichtete und damit begann wütend auf meiner Rüstung herumzuschrubben.

Götter! Versteh einer die Frauen und ihre dunklen Gedanken!
Irgendwo in meinem Hinterkopf hörte ich Tanis zischend lachen und Ars sich mit tränennassen Augen auf die Schenkel klopfen.


~***~

Manchmal war sie mir schon ein Rätsel. Aber ich nahm was ich bekommen konnte und war ganz zufrieden damit, mich am Fluss mit klarem Wasser zu waschen und allein meinen Gedanken nachzuhängen.
Wenigstens für eine Weile. Dann jedoch zog mich etwas zurück zu ihr. Sie grollte immer viel zu lang, also war es an mir sie von ihren düsteren Gedanken abzubringen.

In einer kleinen Grube hatte sie ein winziges Feuerchen entfacht, kaum mehr als eine Lichtquelle. Ein rotes Glühen zwischen den Bäumen, das von dort wo ich am Fluss stand aussah, als blicke Turinnias Antlitz bereits über das nachtschlafene Land. Aber noch war die blaue Stunde fern und Dunkel zog die Nacht um uns ihre traumlosen Kreise. Es war genug Zeit zu reden und zum zurückkehren. Ich war nicht sicher ob ich nicht lieber erwischt worden wäre. Immerhin hätte ich meine trockenen Sachen anziehen können. Und Gorath hätte mir sicher auf den nächtlichen Schreck ein Stück Speck zugesteckt. Und Asa hätte mir eine Kräutersalbe auf den Rücken getan und irgendwer hätte sein Schaffell um meine Schultern gelegt... achja, Kameraden.

Aber so waren da nur Svenja und ich. Ihr nasses Hemd, dass ich sorgfältig gewaschen und ausgewrungen hatte, steckte ich sorgsam auf zwei Stecken neben das kleine Feuer und hoffte, dass sie noch eines zum Wechseln über hatte. Mit barer Brust auf Erkundungsmission zu gehen, weil ich ihr dann meines überlassen musste, stand nämlich sicher nicht auf der Liste der "Zehn Dinge die ich tun möchte, ehe ich Soldat werde".

"Also Svenja. Ist es eine Abmachung, wenn ich dir für dein aufopferungsvolles Handeln und das Hemd danke und wir da weitermachen, bevor ich mich ausziehen durfte?"
Sie blickte nichtmal auf, zuckte nur mit den Schultern und friemelte an frischgeschnittenen Federn herum, die sie in alte Pfeile einsetzte. Was sie da tat war mir völlig schleierhaft.
"Setz dich hin. Ich bin dran mit fragen." Ich saß kaum zwei Atemzüge, als sie am Feuer vorbei hinter mich krabbelte und leise brummend über meine Schultern rieb.
"Was...?" "Wirst du wohl mal stillsein." Keine Frage. Na dann. Ich grinste, das nasse Haar fiel mir in dichten Strähnen ins Gesicht. Sie schien nicht allzu sauer zu sein.

Den Rücken rubbelte sie mir sorgfältig trocken, wie wir das als Kinder beim großen Waschtag immer gemacht hatten. Ich fühlte mich beinah wieder wie ein Mensch, weniger wie ein Erdferkel.
Schweigend und mit halbgeschlossenen Augen spürte ich ihren Bewegungen nach. Es war kaum zu verbergen, wie sehr ich ihre Nähe genoss.
Und ich wusste, dass sie wusste, dass ich um ihre Gefühle für mich im Bilde war. Weshalb war es nur manchmal so verflixt verfahren zwischen uns, wenn es doch so oft so klar schien was uns verband?


~***~

"Wovor hast du Angst?"
Meine Schultern zuckten nach oben, als sie einen Fleck am Hals besonders fest fortrieb. Aber die Frage saß und bohrte wie ein Dorn in meinen Eingeweiden. Da gab es nichts abzuwehren.
Und Svenja würde sich mit einem "Nichts" nicht zufrieden geben. Ich beäugte ihren Bogen, der in Reichweite lag wie ein böses Omen und atmete hörbar aus. Vermied es aber dabei dem Seufzer der sich in meinem Herzen anbahnte, Raum zu lassen.

"Keine ... Angst. Nicht direkt. Aber ich fürchte mich. Vor dem, was kommt, wenn ich die Antworten nicht finde."
Meine Stimme war nur ein Hauch im Dunkel. Hatte ich das wirklich gesagt? Wieso war ich nur nicht so findig wie Arson und hatte mir etwas von Spinnen oder Krabben oder Dachsen, die im Kochtopf landeten ausgedacht?

"Wie meinst du das, was kommt? Denkst du es fällt ein dicker Ork vom Himmel auf dich drauf, wenn du nicht erahnst, wann und wie er fällt?"
Ich lachte leise bei der Vorstellung, ein Orkhäuptling würde ein Loch in unsre Kaserne reißen, weil die Grünhäute sich beim Katapult beladen vertan hatten.

"Nein, nicht um mich sorge ich mich. Ich fürchte mich um... alles."
Es war schwer in Worte zu fassen. Also blickte ich hinter mich, wo Svenja hinter ihrer dichten, losen Stirnlocke zu mir aufschaute und beide Hände auf meine Schultern gelegt hatte um sich auf mir abzustützen.
Die Wärme ihres Körpers flößte mir Mut ein. Und noch etwas. Ihre Nähe rang mir etwas ab, ein Zugeständnis. Sie verdiente die Wahrheit, nichts geringeres. Also blickte ich in ihre klaren, feurigen Augen, die wie süßer Honig im Feuerschein dahinflossen und griff nach ihrer Hand auf meiner Schulter. Und hielt sie fest. Anders, als ich es je zuvor getan hatte. Sie musste es gespürt haben, denn ihr Blick suchte gleich wieder den meinen und sie lehnte sich so nahe an mich, dass mein Schatten die Hälfte ihrer Gestalt verbarg. Ohne ihr Stirnband saß die Falkenfeder lose in ihrem Haar. Ich erinnerte mich an die gleißende Freude ihres ersten Jagdzugs. Dem Tag, an dem sie der Sonne, dem Wind, dem krummen Bogenholz und der armseligen Bogensehne getrotzt hatte und zum ersten Mal mit ihren eigenen Händen ein Tier erlegt hatte. Ich hatte mir damals gewünscht, ihr leuchtendes Gesicht fürimmer in mein Gedächtnis brennen zu können. Aion hatte mir diese Gunst gewährt und in diesem Moment dankte ich ihm, dass er uns hier zusammensein ließ. So wie wir waren.

Svenja strich mir das feuchte Haar aus dem Nacken und legte ihr spitzes Kinn an meine Schulter. An der anderen regte sich ihre Hand unter der meinen, drehte sich um. Und verschlang sich mit meinen Fingern zu einer starken, lebendigen Einheit. Sie lauschte und blickte zum Feuer hinüber. Wartete, dass ich fortfuhr. Nur wie weiter? Mein Herz beschrieb eine breitere Spannweite als der selbst größte aller Vögel, den sie je erlegt hatte. Und um nichts in der Welt wollte ich sie rastlos sehen. Es genügte schon, dass meine Nächte ruhelos waren.

Sanft murmelte ich in unsre verschlungenen Hände hinein mein leises Geständnis:
"Sie bedeuten etwas, Svenja. Etwas großes. Das ist nicht nur eine Person, oder eine Handvoll Leute um die sich diese Träume drehen."
Sie zuckte.

Meine Worte stolperten weiter, wie ein Wasserfall über einen Haufen geborstenen Schotterstein hinwegrinnt. Mir wurde grausig kalt.
"Es geht um einen Krieg. Einen Krieg, der ganz Karadon verändern wird. Jeden von uns. Ich spüre es ..."

Ihre Hand zuckte, löste sich. Entzog sich mir. Ihre Wärme entzog sich mir. Ihr Atem fehlte mir auf meiner Haut und es schmerzte schlimmer als Peitschenhiebe.
Und für einen grauenvollen Moment dachte ich - jetzt geht sie fort. Verlässt mich. Weil sie es nicht verstehen kann. Nicht verstehen will.


~***~

Ein ordentlicher Klapps auf den Hinterkopf, ließ mich nach vorne sacken.
"Svenja!" Nie hatte mich ein Schlag so glücklich gemacht.

"Vor lauter Träumen siehst du gar nicht mehr, was um dich herum geschieht, oder? Was hat Karadon davon, wenn du vor lauter grübeln in ein Loch fällst? Gar nichts."
"Svenja." Weh und Hoffen lag in meiner belegten Stimme. Ich hatte nicht übel Lust ihr ebenfalls eine runterzuhauen, mich für den Bogenhieb zu revanchieren und ihr eine Abreibung zu verpassen, die sie nicht vergessen ließ, dass wir letztlich immer noch ebenbürtig waren; aber ich begriff die Wahrheit ihrer Worte. Die Schwere, die darin lag.

Ihre warmen Arme legten sich um meine Schultern und drückten mich fest an sich. Und ich wusste in diesem Moment, dass ich ihr immer noch wichtig war. Und es immer gewesen war. Es gab keine Chancen zu verspielen. Nicht mit Svenja. Sie würde immer an meiner Seite sein und ich an ihrer. Weil das unser Platz war.

"Dein Schicksal liegt in deiner Hand. Kein anderes. Ich weiß, dass du etwas besonderes bist, aber es ist nicht deine Aufgabe, Sternendeuter und Prophet zu sein. Das führt nirgends hin."
Mein Gesicht drehte sich zu ihrem hin, bis sich unsre Nasen berührten. Einen neckischen Kampf ausfochten, bei dem sie mich zuletzt in die Nasenspitze biss und ich sie auf meinen Rücken hievte. Ihre Beine um meine Seiten geschlungen behielt sie doch noch die Oberhand. Sie wusste, ich würde nicht im Traum daran denken sie abzuwerfen oder sie an einem tiefhängenden Ast abzustreifen. Dann schon eher...

Ich ließ mich auf den mit trockenen Erdboden fallen und rollte mich halb herum um meine Kriegerin zu fassen zu kriegen.
Doch Svenja war noch nicht fertig damit, mir den Kopf von düsteren Gedanken frei zu waschen:
"Du bist im Sternzeichen der Kriegerin geboren. So wie ich. Vertrau einmal den Göttern, Haaki. Kannst du das tun?"

Ihre Hand griff nach der meinen, als ich versuchte ihre Tallie zu umfassen. Auch die zweite fing sie ein, als ich ihr das Haar aus dem Gesicht strich. Ohne das Band wallten sie wie die Mähne einer Löwin um ihre herben Gesichtszüge. Ich begutachtete die Adern auf ihrem Arm. Zog beide Hände an meine Brust und sie gleich mit dazu. Ihre ganze Gestalt im Mondlicht hätte nicht schöner sein können. Sie war weich, einige Narben leuchteten hell auf der gebräunten Haut mit den Sommerflecken und den erdigen Schmutzstriemen, die meinen so glichen. Sie war warm. Sie war wundervoll.

"Ich würde es für dich tun", raunte Ars aus meinem Mund.


~***~

I watch you when you sleep
And listen as you breathe
I'm close to you and keep you warm
- Stratovarius; Fairness Justified
Löwinnen fürchten nichts.~



Rückblick - Svenja POV

POV (point of view - aus der Sicht von) Svenja

Es war der Frühling '72, als ich zum ersten Mal Rawinja erblickte. Tagelang waren wir über zugewachsene Waldwege waren gestolpert, dort wo kein Meldereiter mehr durch das dornige Dickicht kam seit die Handelswege von Beovarsheym nur noch nach Osten, den Trennbergen zu, verliefen. Unsere Reisebündel zogen an unseren Schultern, sie waren kaum leichter geworden, hatten wir doch nur den nötigsten Proviant mitgenommen.

'Wir' das waren Haaki, Schwerthand und murksig bemalter Schild, das mir den Rücken deckte. Und mein Bogen, der seit jeher mein zuverlässigster Begleiter gewesen war. Und ich, Svenja Svallasdottir.
Älter und damit schlagkräftiger, klüger und wehrhafter als Weykenson. Doch was ich an Biss hatte, besaß Haaki an Zähigkeit. Wir schlugen uns gut, befand ich ein ums andere Mal.
Auch wenn die waldbewohnenden Dryaden den Weg längst in ihrem festen Griff hatten und die Pflanzen uns die Ohren und Kniekehlen kitzelten, so kamen wir auf den alten Wegen gut voran und wir erlegten genug Wild um nie mit leeren Bäuchen einzuschlafen. Meinen Augen entging nichts, während Haaki genug Wissen in seinem Kopf hatte um sogar Seeschlangen totzuquatschen; auch wenn er lieber Segenssprüche und solche Sachen losließ, wie Lieder und Gedichtekram.
Ein ums andre Mal fragte ich mich, ob er nicht eher bei unsrem Skalden hätte bleiben sollen, als sich dem Krieg gegen das Wolfspack anzuschließen. Aber er hatte seine Gründe und es war ja seine Sache, wenn er sich mal von wem anders als mir vermöbeln lassen wollte. Immerhin half das Wissen des Kerls uns dabei giftigem Krautzeugs und - wie Haaki ausführte - Oger und Trollbehausungen sowie Silberkobolden aus dem Weg zu gehen. Der alte Wichtigtuer. Es war ja nicht so als könnte ich Trollgestank und Ogerlärm nicht selbst ausmachen, nur weil mein Großvater mir keine Fabeln um die Ohren gehauen hatte.

Um die Grünhäute machten wir uns keine Sorgen, waren sie doch in den letzten Orkriegen '68 so stark dezimiert worden, dass die Kinder heutzutage nur noch aus Schauermärchen von den Grünhäuten wussten. Zu Unrecht wähnten wir uns in Sicherheit, wie wir später feststellen sollten, denn die Sippen waren längst zum Gegenschlag aus dem Gebirge herabgekommen. Immerhin ließen die Gelbpelze sich nicht blicken, vor denen hatte man uns eindringlich gewarnt, denn ihnen gehörte der dichte Wald nun und seit vielen Jahren gab es keinen Handel mehr mit ihnen und somit auch keinen Frieden, den sie zu wahren hatten. Doch wir waren Karadonen, also wussten wir uns zu wehren.

Während mein Vater, der Kriegsherr Beovar, und meine Brüder sich in beinahe jedem Gemetzel dieser Insel angeschlossen hatten und von so ziemlich jedem Schlachtfeld Ruhm, Ehre, Kriegsbeute sowie Sklavinnen und samt Blessuren auch schlechte Laune heim in unser Dorf mitgebracht hatte, war es bei Haaki mit den Kriegshelden in der Linie nicht ganz so weit her. Nicht, dass seine Kindheit deswegen eine schönere gewesen wäre. Im Gegenteil, er hatte es schwer gehabt. Sehr schwer. Seine ungewöhnliche Gabe hatte ihn schon als Kind von anderen ausgegrenzt und ihm vor den Unwissenden Respekt und Abscheu gleichermaßen eingeflößt.

Seit sein Großvater, der ihn seit jeher bestärkt und beschirmt hatte, und dann auch noch sein Bruder Rivi fort waren nur umso mehr. Doch weder er noch ich hatten zurückgeblickt, als wir unseren Geburtsort verlassen hatten. Nun waren wir es, die füreinander da waren. Und sobald wir einige Hügel überschritten hatten und das erste einsame Gehöft in den ausgestorben wirkenden Niemandslanden kreuzten, drückte ich ihm den Schwertgriff meines Erbes in die Hand. Der Weg des Schwertes hatte uns seit jeher verbunden. Wir hatten immer zusammen gestritten. Und was für eine Schildschwester wäre ich, wenn ich mein Hab und Gut nicht geteilt hätte? Schwielen hatten wir beide an den Händen, er mehr als ich, doch was ich an Geschick besaß, steckte an Präzision in seinen Fingerknöcheln. Ich wusste keinen besseren Platz für das Heft, als an seiner Seite.

Und jetzt erst, nach Tagen der Wanderung durch grünes Gestrüpp und graubraunen Schlamm, fernab von missgünstigen Blicken vor denen wir uns verbergen mussten, waren wir Zuhause.

Das dachte ich mir, beim Anblick der Drachenhalle, die auf dem düsteren Berg thronte wie eine Gallionsfigur der skaldenbesungenen Schlachtpötte, die uns diesen Herbst noch gen Bergenthorn tragen würden, so Alcandor es wollte. Sie hatte seit hunderten von Jahren jedwedem Anrennen von Feinden widerstanden und würde wohl in hunderten von Jahren noch immer dort oben stehen. Der Ort verkörperte alles, wofür wir stritten. Etwas das die Zeit überdauerte, so wie er über dem wilden, heranbrechenden Meer unter seinen Klippen und dem Gewusel in der Stadt Rawinja zu seinen Füßen ungerührt blieb. Ein Wunder ehrlicher, karadonischer Handwerkskunft. Gemacht zum Ruhm der Götter, die uns liebten und anleiteten.

Hier gehörten wir hin.


~***~

Hinter dem Tor aus karadonischer Eiche empfing uns ein Hauptschiff, mitsamt langen Hallen, die sich an den Seiten erstreckten. Der Brunnen in der Mitte des Platzes. Fahnen, die an den Mauern wogten. Rauch, der aus jeder Ritze stieg. Der Zahn der Zeit, der dem Gemäuer und seinen fein gearbeiteten Statuen doch nichts hatte anhaben können. Lebensechte Drachen, die gekreuzt die höchsten Stellen zierten. Turmspitzen, die aussahen, als würden sie hier noch stehen, wenn die Götter herab kamen. Sogar die Wolkenwand dahinter wirkte wie Drachendunst, gab dem Bild etwas ewiges, dass sich in mein Herz einbrannte. Es fühlte sich an, als würde Alcandor selbst uns in seinen Hallen empfangen. Still, edel und gleißend in der Abendsonne schrieb sich der Ort in unsere Herzen und Mienen ein. Unser Gepäck wog nichts, die Blasen an den Füßen waren vergessen, als wir die Hallen erkundeten und ich mir kurzerhand gleich einen Plan zeichnete um die taktischen Vorzüge der Festung abzuschätzen. Während ich auf den Zinnen des Mondflügels dem Treiben lauschte und den Ring der Götterstatuen nachzeichnete, ließ ich den Ort und seine göttliche Kraft auf mich wirken.

Es waren nicht nur die Hammerklänge, das Waffengeklirr, die Schreie der Krieger, die Gesänge der Turinniaschwestern, der Blütenduft in den Gärten, das Wasserrauschen in den Hallen hinter der Bibliothek. Allein hier zu sein fühlte sich an wie der Teil eines größeren Plans. Eines göttlichen, guten Plans, wenn Alcandor mich gefragt hätte. Da er das nicht tat und auch seine Priester meiner Aufwartung herzlich wenig Beachtung schenkten, trollte ich mich mit meinem Kindheitsfreund alsbald auf den Kasernenhof. Mal sehen was an den Gerüchten um den Rekrutenschliff hier wirklich dran war. Wenn sich so viele Frauenzimmer und Zugereiste hier verlustierten, wie ich auf den ersten Blick ausgemacht hatte, würde das ganze wohl eher ein Spaziergang werden, im Vergleich zu unsrer Reise hierher.

Haudrauf
17.06.2015, 12:59
Wow. Mehr fällt mir erst mal nicht dazu ein. Was du bis jetzt geschrieben hast, hat mir sehr gut gefallen, ich bin beeindruckt! :A Bitte mehr davon :c

Überhaupt finde ich es einfach sehr schön zu beobachten, wie wir gemeinsam versuchen wollen, unser kleines, heißgeliebtes Forum am Leben zu erhalten, was wir ja in Form von Text-LP's, Danksagungen und mittlerweile auch Fanfics deutlich zeigen. Ich hätte bei allem Hype zu Beginn nicht gedacht, dass dieser Fall so eintritt, wie wir ihn heute bewundern können und so hoffe ich doch, dass sich wenn auch in unregelmäßigen Abständen immer mal Skalden und Barden Karadons finden, welche die Welt von SKS auf ihre eigene Weise erzählen oder von ihren Eindrücken im tatsächlichen Spiel schildern wollen. :) Du inspirierst mich. Ein Fanfic kommt bei mir definitiv mal auf die Liste! ;)

Bin schon auf die Fortsetzung unheimlich gespannt!

Viviane
17.06.2015, 13:12
Dankeschön! Ja, es ist schön zu sehen dass sich hier immer noch was tut. Nach der Pause war ich echt glücklich, dass hier alles noch genauso schön chaotisch ist wie eh und je. c:


Bitte mehr davon :c
Wenn der Kriegsherr-Smiley das verlangt, wer bin ich, mich da zu drücken? :D

Im Moment liebäugle ich mit den "Leerstellen" der Erzählung, also wo das Spiel Zeiten überspringt oder rafft ein wenig von meinem Haaki zu berichten; wie er welche Talente erlernt hat, mit wem er sich auf dem Kasernenhof gehauen hat und all sowas. Zur Ausbildungszeit selbst wird es aber wohl nur immer mal wieder ein paar Anekdoten geben, Kriegsherren muss man wohlüberlegt dosieren. ^^

Edit: Have some more~ Jetzt auch mit Absätzen. ^^ Eigentlich hatte ich nur eine dösende Svenja im Kopf, aber... dann kam Ragnar. Hoffe ihr habt Spaß beim lesen!~

Viviane
22.06.2015, 00:33
Das neue Kapitel ist für Cale. *knuff*

Ich komm derzeit leider nicht zum spielen, beim zeichnen hab ich auch wunderbar versagt. Aber die Worte lassen mich immerhin nie im Stich.
*glücklich mit Svenja und Haaki Puppen in der Ecke Krieg spielen geh*~

Haudrauf
22.06.2015, 10:13
Deine Kapitel entlocken mir jedes Mal ein gezwungenes Lächeln aus meinem tristen Gesicht, obwohl ich gar nicht lächeln will. Dafür, dass das Lächeln aber gezwungen ist, ist es recht ehrlich und warmherzig. :) Bitter weiter so! :)

Daen vom Clan
22.06.2015, 13:31
Das neue Kapitel ist für Cale. *knuff*

Oh, man kann sich Kapitel wünschen? :p

Supergut, wie immer, toll zu lesen und Karadon großartig eingefangen! ^^

Viviane
22.06.2015, 14:32
Danke das ihr euch die Zeit nehmt. c:

@Haudrauf: Freut mich sehr!

@Daen: Nichts da Extrawurst-Wunschkonzert. Es wird gegessen was auf den Tisch kommt hier. :D *pieks*
Widmungen sind einfach für tolle Menschen, die tolle Sachen machen und die einen auf Kurs halten. Und so jemand ist der gute Cale.

Das Lob aus deinem Munde freut mich aber ungemein und ehrt mich. <3 Danke dir!

Caledoriv
22.06.2015, 18:58
Das neue Kapitel ist für Cale. *knuff*

Ich komm derzeit leider nicht zum spielen, beim zeichnen hab ich auch wunderbar versagt. Aber die Worte lassen mich immerhin nie im Stich.
*glücklich mit Svenja und Haaki Puppen in der Ecke Krieg spielen geh*~
Wow... Danke :)! Ich bin grade sprachlos...
Womit habe ich das verdient?^^

Ist auf jeden Fall wieder sehr schön geworden. Da muss Daen ja glatt aufpassen, sonst haben wir eine neue Dialogschreiberin :hehe:. Vielleicht sollten wir das alles hier noch irgendwie in die KHE einbauen?

Solange dich die Muse küsst, bitte unbedingt weitermachen! Testen & Co. kann sich da ruhig hinten anstellen!

Viviane
25.06.2015, 18:10
Womit habe ich das verdient?^^
Dafür, dass du beim gemeinsamen SKS spielen meinen Rücken gedeckt hast, wie eine Eins. :) Und auch ein klein wenig, weil dein Lob im Internen mir den Anstoß gegeben hat, das Kapitel zu überarbeiten und hier zu veröffentlichen. War mir nicht sicher, ob man das wirklich lesen will. *g*

Ich glaube aber, Daen hat es beim makern zu einer Meisterschaft gebracht - es geht ja genau darum mit wenigen Worten viel zu sagen. Und das kann er finde ich, wie kein zweiter.
Selber bin ich glaube ich eher Ambienteschreiberin; kürzen fällt mir schwer (obwohl es für gute Storys so wichtig ist!), makern und Storys makerkonform zu machen nur umso schwerer.
Wir hatten ja mal den Versuch gestartet. Das war bevor du ins Team kamst, glaub ich. Aber allein für eine Feuerstelle hätte ich zehn Textfenster gebraucht. *hust*

Daher beschränke ich mich lieber aufs zeichnen.
Ist ressourcenschonender glaub ich. ^^ Trotzdem danke für das liebe Lob. <3

Im Moment versuch ich mich an einem Kapitel aus Arsons Sicht... spoiler ahead und so!
Gar nicht so einfach, die losen Fäden zu etwas zusammenzuknüpfen. Beim spielen fällt das nicht so auf, aber wenn man sich Gedanken macht was wohl passiert sein könnte und wie Arson aus dem Bau zum Fluss gekommen sein muss, wird die Szene irgendwie nur umso mysteriöser. <33 Hach, deswegen lieb ich das Spiel auch so. ^^

Haudrauf
25.06.2015, 18:19
Im Moment versuch ich mich an einem Kapitel aus Arsons Sicht...

Du bist die Beste! :herz:

Daen vom Clan
25.06.2015, 18:41
Danke für das Lob, Vivi, doch sei an dieser Stelle erwähnt, dass ich dich immer als meine Muse gesehen habe. ;)
Viel zu oft vergesse ich nämlich, dass die Leute nicht in meinen Kopf schauen können und somit manche Zusammenhänge durchaus noch deutlicher beschrieben werden könnten und hier hilft mir dein Auge für lange Dialoge perfekt. :)

Außerdem hilft es mir enorm, wenn ich weiß, wie Charaktere und Persönlichkeiten bei Anderen ankommen, so kann ich noch gezielter feilen und sie in eine etwaig andere und richtigere Richtung schubsen. ^^

Freu mich schon auf das Arson-Kapitel. :)
Und auf das beeeeestimmt irgendwann kommende Darnhel- oder Amirakapitel. :p

Viviane
25.06.2015, 19:35
@Haudrauf: Kommt! Versprochen. :) Hab nur zuviele Notizen und es wird recht lang werden... ausserdem möchte ich noch ein wenig weiterspielen, bevor ich mich daran mache. Auch weil ich Turrean einbauen will und die ist mit einer der ausgefeiltesten und auch schwer zu greifendsten Figuren, finde ich.

@Daen:
Und auf das beeeeestimmt irgendwann kommende Darnhel- oder Amirakapitel.
Du meinst, das Darnhel und Amira-Kapitel, aye? :D Klar kommt das. Sobald du den Rosenbalkon im Spiel einbaust, auf den Amira immer ihre Lieblinge entführt... ^^

Ach du. http://cherrytree.at/misc/smilies/080kiss.gif Wie gesagt, ich bin mir bewusst dass ich hier manchmal Figuren "strecke", grade auch weil ich derzeit total anders mit Figuren sympatisiere wie noch vor 3-4 Jahren.
Ein Phänomen das ja auch Haudrauf nebenan beschrieben hat - weiß man mehr über die Figur und spielt erneut, bleibt dieses Wissen im Hinterkopf. Das Wiederspielen führt dann dazu, dass Dialoge total anders wirken können.
Daher bitte nicht für bare Münze nehmen, was ich hier schreibe. :D Gilt auch für alle andren Leser, dass hier ist alles aus den Fingern gesogen und unwissend geschrieben.


Freu mich schon auf das Arson-Kapitel.
Und ich erst. ^^ Auch wenn ich mich ein wenig ärgere, mich nicht besser an manches Gespräch zu erinnern, das wir über die Saga geführt haben. Ich geb mein Bestes, nah am Original zu bleiben. c:

Edit: Mir fällt grade mal wieder auf, wieviel eigentlich an Input in der Saga zusammengekommen ist. Nicht nur was "Muse" angeht, eigentlich alles was unser riesiges, durch die Jahre gewechseltes Team und auch die Fans durch die Gastrollen reingeschrieben haben... das ist auch eine der Stärken von SkS. Eine große Stärke, sogar. Vieles ist nicht festgeschrieben und man kann es frei deuten, auslegen so wie man es für richtig hält. Und eigentlich kommt jeder in der Welt unter mit seinen Wünschen und Zielen. Sogar mein friedliebender, belesener Kriegerhaaki - der noch ganz viel von Svenja abschauen muss, wenn er richtig bedrohen lernen will. Im Moment lese ich die Dialoge immer so, als würde Svenja die Leute zusammenschreien. Ich finde die Vorstellung köstlich, dass Haaki ihr leise nachspricht und nach und nach selbst ein vorzeigbares Ego aufbaut... ^^

Daen vom Clan
25.06.2015, 20:56
Ach du. http://cherrytree.at/misc/smilies/080kiss.gif Wie gesagt, ich bin mir bewusst dass ich hier manchmal Figuren "strecke", grade auch weil ich derzeit total anders mit Figuren sympatisiere wie noch vor 3-4 Jahren.
Ein Phänomen das ja auch Haudrauf nebenan beschrieben hat - weiß man mehr über die Figur und spielt erneut, bleibt dieses Wissen im Hinterkopf. Das Wiederspielen führt dann dazu, dass Dialoge total anders wirken können.
Daher bitte nicht für bare Münze nehmen, was ich hier schreibe. :D Gilt auch für alle andren Leser, dass hier ist alles aus den Fingern gesogen und unwissend geschrieben.


Wie gesagt, ich finde das gut. Es hilft mir enorm bei der Reflektion. :)

Haudrauf
25.06.2015, 22:21
In deine Worte - Viviane - könnte ich mich hineinlegen. Als würde ich mich in einen Whirlpool mit herrlichen Kurbädern legen und mir würden deine Worte ums Ohr fliegen. Ich entspanne mich, schließe die Augen und befinde mich als unauffälliger, unsichtbarer heimlicher Begleiter an Svenjas und Haakis Seite. Super gut, weiter so! <3

Stille
01.07.2015, 09:37
Also ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen und es war mal ein etwas anderer Blickwinkel als bisher. Mich hat ja eh immer interessiert, was zwischen den Sequenzen passiert, oder wenn unsere Kameraden auf Reise zwischen 2 Ortschaften sind.
Besonderes Lob verdient das Svenja-Kapitel, ihre Sichtweise auf die Dinge wurde hervorragend umgesetzt :) Ich freu mich schon wie ein bunter Hund auf das Arson-Kapitel :)

Viviane
24.07.2015, 20:17
Ihr seid klasse, danke für die vielen lieben Worte Leute! :)


Mich hat ja eh immer interessiert, was zwischen den Sequenzen passiert, oder wenn unsere Kameraden auf Reise zwischen 2 Ortschaften sind.
Ja, mich eben auch! :D Die Zeitsprünge und bewussten Auslassungen a la Michael Endes "aber das ist eine andere Geschichte" sind auch etwas, was mich immer an der Saga fasziniert hat.
Diese Freiheit, als Spieler seinen Haaki durch diese Lücken selbst mit Leben füllen zu können finde ich auch unglaublich erfrischend und inspirierend.

Gestern Abend hab ich endlich angefangen mit dem Arson Kapitel. Es war hammerschwer, weil die Figur mir auch sehr viel bedeutet und ich immer noch sehr wenig (aus meiner Sicht viel zu wenig) über die Figur selbst weiß. Unter anderem wird es einen Rückblick auf Arsons Erlebnisse in Bergenthorn beinhalten - was er bei den Hinterhalten erlebt hat. Was er durch beobachten über die Garzesh in Erfahrung brachte. Fühlt sich beim schreiben an wie Feldforschung (und schwieriger als ein Essay... finde ich. ^^ Daher wird es wohl noch ein wenig dauern. Aber ich bin guter Dinge.

Während ich nicht hier herumtippsel zeichne ich übrigends Braten für ein neues Spielartwork der KHE... :D

Haudrauf
25.07.2015, 13:14
Braten!!! (*_*)