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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was können Handlung und Charaktere in einem Horrorspiel leisten?



Kelven
31.05.2015, 13:36
Ursprünglich ging es in diesem Thread um eine andere inhaltliche Frage, aber ich hijacke ihn mal, damit ich nicht noch einen weiteren Thread aufmachen muss.

Als ich mit den Testern von Desert Nightmare R über den Inhalt sprach, fing ich an, über die Titelfrage nachzudenken. Nicht, weil ich eine Ausrede für die Mängel suchte, die das Spiel sicher hat, sondern mehr aus der Neugier eines Entwicklers heraus. Ein "Man sollte von Horrorspielen nicht zu viel verlangen" gehört trotzdem mit dazu, aber das bedeutet nicht, dass es bei meinen Spielen nicht besser ginge. Ich möchte nicht über die schriftstellerische Leistung sprechen, sondern über die erzähltechnischen Einschränkungen.

Meine Antwort auf die Titelfrage lautet: Erheblich weniger als Bücher oder Filme - im Allgemeinen zumindest. Je weniger Interaktivität es gibt (siehe interaktiver Film oder Visual Novel), desto eher lässt sich das Spiel auch mit einem Film (oder Buch) vergleichen. Ich geh aber mal von dem Fall aus, dass das Spiel zum großen Teil aus Gameplay besteht. Für mich steht außer Frage, dass die Handlung eines solchen Spieles schon aus Zeitgründen nicht mit der eines passiven Mediums auf einer Stufe stehen kann. Ein Film hat ca. 2 Stunden Zeit zum Erzählen, ein Buch sogar deutlich mehr. Man braucht immer Zeit, um eine Geschichte aufzubauen und um Charaktere zu formen. Es ist also mMn unausweichlich, dass Horrorspiele (und nicht nur die) ein Stück weit oberflächlich bleiben.

Ich hab schon einige Horrorspiele gespielt, kommerzielle wie Indiespiele, und bei so gut wie keinem der Spiele sind Handlung und Charaktere wirklich DAS Verkaufsargument. Die Spielfiguren haben selten eine ausgeprägte Persönlichkeit. Meistens spielt man eher Avatar als Person. Die Figuren bauen zwar auf einem beliebten Archetyp auf ("der coole Cop" bei Resident Evil z. B.), aber viel mehr haben sie dann auch nicht zu bieten. Selbst dann, wenn sich die Geschichte um den Kampf mit den persönlichen Dämonen dreht, haben die Spielfiguren oft kaum eine Persönlichkeit. Bei James aus Silent Hill 2 beschränkt sich die Handlung beispielsweise auf die Aufklärung seiner Hintergründe. Lebendig wirken die Figuren trotzdem, aber das liegt vor allem am Voice Acting und der Gestik und Mimik. Die Nebenfiguren sind in Horrorspielen meistens schmückendes Beiwerk, auch dann, wenn sie direkt mit der Handlung zu tun haben. Es wird wenig mit ihnen gemacht. Meistens beschränkt sich das Spiel darauf, was sich wieder am Beispiel von Silent Hill 2 (Eddie und Angela) zeigen lässt, nach und nach die Hintergründe der Figuren aufzuklären. Und das alles ist vollkommen in Ordnung. Viel mehr als das können die Spiele aus der ihnen gegebenen Zeit gar nicht machen. Man darf ja nicht vergessen, dass die Spiele Action-Adventures oder andere stark auf das Gameplay setzende Genres sind. Selbst die Horror-Adventures, also Spiele ohne Action, die ich gespielt hab, haben nur ein Minimum an Handlung.

Makerhorrorspiele sind schon ein wenig anders. Vielleicht kommt es daher, dass wir eher von Rollenspielen geprägt wurden oder wir orientieren uns an anderen Makerspielen, die ja in der Mehrzahl Rollenspiele sind. Es ist zumindest so, dass Makerhorrorspiele oft etwas mehr Handlung haben wollen als die Spiele von außerhalb. Ist das vielleicht der Grund für größere Erwartungen seitens der Spieler (oder sind es eher die Entwickler)? Trotzdem: etwas mehr heißt nicht viel mehr, auch die Makerspiele sind narrativ kaum ergiebiger als die anderen Spiele und das ist bei dem Genre wie ich finde kein Beinbruch. Ein Problem ist es nur dann, wenn die Makerhorrorspiele sagen "Wir wollen wegen der Geschichte gespielt werden", wenn das ganze Gameplay eigentlich gar keine Daseinsberechtigung hätte. Aber so sind die Spiele ja nicht aufgebaut. Ein Spötter könnte sie vielleicht einen faden Abklatsch der kommerziellen Spiele nennen oder sagen, dass die Spiele dabei scheitern, die Mechanismen der Vorbilder zu adaptieren, doch selbst er wird nicht abstreiten können, dass die Spiele nichts anderes sein wollen.

Wie seht ihr das? Wie viel leisten Horrorspiele (kommerziell wie Indie) in puncto Handlung und Charaktere und wie viel müssen sie leisten?


***
Alte Frage: Welcher Horror macht ein Spiel unheimlich?
Ich mache mal einen neuen Thread auf, weil ich Lil_Lucys Thread (http://www.multimediaxis.de/threads/141434-Pers%C3%B6nlich-Umfage-Wieviel-Gameplay-macht-das-Grauen-voll) nicht länger als allgemeinen Diskussionsthread missbrauchen möchte. ;) Außerdem ist diesmal nicht das Gameplay Thema, sondern der Inhalt.

Horror ist ein Genre, das sich im Laufe der Zeit deutlich verändert hat. Es gibt heutzutage eine Menge Subgenres, die wohl nicht mal alle von jedem Horrorfan anerkannt werden, aber ich möchte das Genre nicht zu dogmatisch auslegen. Ich werd also nicht sagen: "Das ist Horror und das ist keiner." Horror ist all das, was man heutzutage Horror nennt. Allerdings sehe ich das so, dass nicht jedes Subgenre so viel Wert auf den Grusel legt, deswegen sollten wir uns bei dieser Diskussion auf den Horror beschränken, der es macht. Eine eindeutige Antwort auf die Titelfrage gibt es sicher nicht, aber ich finde es interessant, wenn wir hier mal die unterschiedlichen Ansichten gegenüberstellen - ohne Streit am besten.

Die wohl bekanntesten Vorbilder für Maker-Horrorspiele sind Resident Evil (zumindest anfangs) und Silent Hill 2. Deswegen möchte ich mir die Spiele mal etwas genauer ansehen.

Resident Evil - Quasi der Urvater des Survival Horrors, auch wenn Teil 1 nicht das erste Spiel ist, das diese Mechanik nutzt. Öfters liest man von Spielern, die sich darüber beklagen, dass die Reihe ab Teil 4 nicht mehr unheimlich ist, aber ich finde, dass sie es nie war. Die Jump Scares der älteren Teile funktionieren, vielleicht sogar besser als in jedem anderen Spiel, das ich kenne. Ein bloßer Schreck macht ein Spiel für mich aber nicht unheimlich. Auch die Gegner tun es nicht, weil sie weder eine Gefahr darstellen noch etwas Gruseliges an sich haben (die einzige Ausnahme sind die Regeneradores aus Teil 4). Resident Evil ist in erster Linie ein Action-Adventure und weil sich Action auf dem Maker bekanntermaßen nicht so gut umsetzen lässt, haben die Entwickler recht schnell Abstand von Resi-Klonen genommen. Mit Ausnahme von Bio fällt mir kein Entwickler aus unserer Community ein, der noch action-orientierte Horrorspiele macht.

Silent Hill 2 - Das Spiel war auch für mich der Grund (neben Dreamland) überhaupt Horrorspiele auf dem Maker zu entwickeln. Wenn man über Psychological Horror (als Spiel) spricht, kommt man um SH2 nicht herum. Der Kampf mit den persönlichen Dämonen ist aber mMn nicht unheimlich, nur thematisch viel interessanter als Stories über Zombies & Co, was sicher einer der Gründe ist, warum SH2 so beliebt ist. Das Spiel hat aber etwas anderes an sich, was es für mich unheimlich macht - die Bildsprache. Body Horror (wozu man die Gegner sicher zählen kann) spielt mit der Angst vor dem körperlichen Verfall. Ich hab mich nicht vor Begegnungen gefürchtet, weil man die Gegner locker plattmacht, aber wenn man sich Gedanken darüber macht, was sie darstellen (und dass es mal Menschen gewesen sein könnten), dann sind sie schon unheimlich. Auch die Frage was real ist und was nicht und der langsame Zerfall der Realität (der in späteren Spielen sogar grafisch dargestellt wird) sorgen für subtilen Grusel.

Und dieser unterschwellige Grusel ist meine Antwort auf die gestellte Frage. Etwas ist dann unheimlich, wenn es im Kopf hängen bleibt. Jump Scares werden von einigen als "billig" bezeichnet und da ist schon etwas dran. Man erschreckt sich zwar, aber einen bleibenden Eindruck hinterlassen sie nicht. Sie werden natürlich trotzdem gemocht, deswegen hab ich sie z. B. auch in Das Heim eingebaut. Nur unheimlich sind sie mMn nicht.

Es gibt da so ein Horrorvideo auf Youtube, dieses hier (https://www.youtube.com/watch?v=gNQIdEv-Emo), das auf einer 2-Satz-Horrorgeschichte basiert. In den Kommentaren beklagt sich jemand, dass das gar nicht "scary" wäre und jemand anderes sagt nein, es ist "unsettling" und das beschreibt ganz gut, was ich meine. Es gibt alternative Versionen des Videos, bei denen z. B. ein Monster den Mann anspringt - viel schwächer. Sobald sich der Horror nicht mehr nur in der Phantasie des Zuschauers abspielt, verliert er an Wirkung. Vielleicht kennt ja jemand den recht bekannten Horror-Kurzfilm Light Outs (https://www.youtube.com/watch?v=kNbJE0y29_c), der mit der Angst vor der Dunkelheit spielt und ...
... ohne die Jump Scares weitaus besser gewesen wäre. Vor allem das Ende mit Tante Getrude macht alles kaputt.
Ich glaube nicht, dass ein Spiel komplett auf den ich nenne ihn mal offensichtlichen Horror (als Gegenstück zum subtilen Horror) verzichten kann, aber vermutlich wären die Spiele unheimlicher, wenn man noch mehr der Phantasie des Spielers überlassen würde, als es bisher getan wird.

Pepo
31.05.2015, 17:22
Das ist eine schwierige Frage.

Horror ist Horror ;).

Persönlich verfolgt mich Horror mehr, wo mehr meiner Fantasie überlassen wird. Z. B. verfolgen mich Creepy Pastas ziemlich lange, gerade weil sie unlogisch sind und ich glaube man sucht unterbewusst immer nach einer Erklärung und so bleibt es im Kopf hängen.

Fast mehr Spaß habe ich aber durchaus mit Horror der einfach dreckig und brutal ist. Ich mag Spiele mit einer sehr düsteren Athmosphäre(aber nicht unbedingt psycholigsch grußeligen Ebene) und seeeeehr viel Splatter und Gore. Diese sind auch Horror während dem Spielen, schütten sogar mehr Adrenalin aus, sind aber schnell abgehackt.

Horror muss auch nicht unbedingt an die Nerven gehen. Ich mag auch Horror ala Splatterhouse.

Diese Mixe ala Splatterhouse mag ich auch besonders gern. Nimm ein Herrenhaus, steck alles von Zombies, bis Frankenstein über ein Labor im Keller aus dem das "Experiment" entflohen ist und Geister aus der 5ten Dimension, hinein und lass sie mich durch Flüße aus Blut durch´s Spiel laufen. Das ganze kann gerne Trashig sein.

Fällt bei mir auch unter "Horror" ist aber nicht grußelig.

Wobei Angst beim Spielen eh sehr vom Spieler abhängt.

Ein Kumpel von mir grußselt sich z. B. schon bei Gears of Wars weil die Monster immer so schreien xD.

Solche Sachen wie Silent Hill finde ich auch sehr grußelig. Z. B. Lone Survivor war für mich ein echt ziemlich grußeliges Erlebniss :).

Tjo, das ist einfach mal das, was mir dazu eingefallen ist :).

Mr.Räbbit
31.05.2015, 20:32
Wie schon gesagt wurde, gibt es natürlich sehr viele Subgenres, die man als Horror bezeichnen kann, es gibt sogar Horror in Spielen ganz anderer Genres, weswegen das eigentlich nicht mal besonders wichtig ist.

Grusel und Unheimlich sind auch nur Nebenkategorien beim Horror, genau wie Seen aus Blut und Eingeweide in Horrormedien nur Extras/ Unterhaltung sind (je nach gusto :P).
Es gibt viele gute Videos und Artikel, die sich mit der "Uncanny Valley" auseinandersetzen, dieses hier z.B.: https://www.youtube.com/watch?v=PEikGKDVsCc

tl;dw: Im Grunde hat es viel mit Mehrdeutigkeit zu tun:
Ist etwas besonders nahe an der Realität, aber klar konstruiert, also falsch, kann das Gehirn nicht klar definieren, was die Augen/Ohren wahrnehmen und eine Art Überlebensinstinkt setzt ein, der einem ein ungutes Gefühl gibt.
"Nettes" Beispiel: Man steht an einem besonders hohem Ort und hat das unangenehme Gefühl, sich richtung Abgrund zu beugen, obwohl das überhaupt nicht der Fall ist. Das Gehirn spielt einem lediglich Streiche.
(Uncanny Valley = unheimliches Tal, zwischen Sicherheit und Gefahr)

Das gleiche Prinzip, kann man auch Audiovisuell einsetzen, wenn man weiß worauf man achten muss.

Eine bekannte Melodie, mit einem schrägen Ton hie und da, eine Puppe die einen regungslos anstarrt, Uhren-ticken, dass immer lauter und lauter wird, ein offensichtlich falsches Lächeln (Clowns), Gegenstände, die sich nicht so verhalten, wie sie sollten, lebensechte CGI...
Naja, es gibt zumindest viele Möglichkeiten und es sind mit Sicherheit noch nicht alle (gut) umgesetzt worden.
Jeder reagiert anders auf verstörende Elemente, basierend auf eigener Erfahrung, psychologischer Resistenz gegenüber äußeren Einflüssen und, und, und.

In Bezug auf die Beispiel Spiele:
Die momentan beliebtesten Horrorspiele sind ja wahrscheinlich auch die "Etwas-verfolgt-dich" Genres, Spiele, bei denen der Spieler komplett machtlos ist und höchstens das unvermeidbare hinauszögern kann. Der Spieler verliert also seine ganze "Macht", die er normalerweise hat, wenn er Spiele spielt. (Merica's Ubersoldier, Der auserwählte RPG Held, bestester Commander der Welt, usw.)
Wer auf solche Spiele reagiert, weiß, dass man dort extreme Adrenalinschübe hat (ähnlich wie bei Jumpscares, nur länger anhaltend). Beispiele solcher Spiele, gemischt mit unheimlichen Elementen, haben zumindest gerade Hochkonjunktur.

Kelven
01.06.2015, 09:25
@Pepo
Gore steht in der Maker-Community denke ich nicht so hoch im Kurs. Judeau ist eigentlich der einzige, bei dem es auch mal blutiger zugeht.

@Maister-Räbbit
Ich weiß jetzt nicht, ob die im Video angesprochenen Ursachen wirklich wissenschaftlich fundiert sind, aber die Wirkung von etwas, das "creepy" ist, steht natürlich außer Frage. Unter anderem so was meinte ich. Ist etwas "ambiguous", dann ist es nicht offensichtlich, also gruselt man sich unterschwellig.

Aber spinnen wir den Gedanken mal weiter. Wir haben etwas, das unheimlich (im Sinne von creepy, uncanny) sein könnte, aber nicht unbedingt muss, weil Spieler unterschiedlich darauf reagieren. Wie erreichen wir, dass möglichst viele Spieler dieses Etwas unheimlich finden oder technischer gefragt: was muss man beim Einbauen berücksichtigen? Das Drumherum spielt ja schon eine Rolle, denn vieles, was in einem Moment uncanny ist, ist im anderen zum Lachen.


Die momentan beliebtesten Horrorspiele sind ja wahrscheinlich auch die "Etwas-verfolgt-dich" Genres
Auch im kommerziellen Bereich? Beliebtheit lässt sich ja eigentlich nur an nackten Zahlen messen. Weißt du da Genaueres?

Sabaku
01.06.2015, 10:03
Auch im kommerziellen Bereich? Beliebtheit lässt sich ja eigentlich nur an nackten Zahlen messen. Weißt du da Genaueres?

Ich hab hier jetzt keine Verkaufszahlen, aber die Five Nights at Freddys (http://www.indiedb.com/games/five-nights-at-freddys)-Reihe ist derzeit bei Lets Playern und bei IndieDB - ist dort schon ewig auf Platz 1, 2 und 3 - DER Shit. Gut, man kann nicht weglaufen oder so, aber im Prinzip verfolgt einen ja doch etwas :V

Edit: Bei IndieDB gerade gesehen:
http://button.indiedb.com/download/medium/72750.png
Ist aber wahrscheinlich nur ein Stück vom Kuchen.

Genau so wie Spookys House of Jumpscares, bei dem man auch nichts macht als 1000 Räume lang zu versuchen nicht von verschiedenen Monstern geschnappt zu werden. Ist soweit ich weiß derzeit kostenlos und schon von allen großen LPlern abgegrast - PewdiePie, Markiplier...und das hat dem ganzen wohl nochmal nen Schub gegeben.

Downloads von IndieDB aus:
61,328
Downloads Today:
151

caesa_andy
01.06.2015, 13:02
@Maister-Räbbit
Ich weiß jetzt nicht, ob die im Video angesprochenen Ursachen wirklich wissenschaftlich fundiert sind, aber die Wirkung von etwas, das "creepy" ist, steht natürlich außer Frage. Unter anderem so was meinte ich. Ist etwas "ambiguous", dann ist es nicht offensichtlich, also gruselt man sich unterschwellig.

Aber spinnen wir den Gedanken mal weiter. Wir haben etwas, das unheimlich (im Sinne von creepy, uncanny) sein könnte, aber nicht unbedingt muss, weil Spieler unterschiedlich darauf reagieren. Wie erreichen wir, dass möglichst viele Spieler dieses Etwas unheimlich finden oder technischer gefragt: was muss man beim Einbauen berücksichtigen? Das Drumherum spielt ja schon eine Rolle, denn vieles, was in einem Moment uncanny ist, ist im anderen zum Lachen.

Im Grunde genommen gar nicht. Horror ist weniger ein psychologischer effekt, als als vielmehr ein audio-visueller. Horror entsteht aus Wahrnehmung. Das Gehirn eines Menschen sucht in allen eingehenden Reizen stets nach Mustern. Je diffuser die eintreffenden Reize sind und desto ungenauer die Auswertung des Gehirn ausfällt, desto größer ist die Chance, das das Gehirn ebend Muster zu erkennen glaubt und sie falsch interpretiert. Befindet sich die Person dann in einer realen - oder eingebildeten - Gefahrensituation, entsteht Horror. Das Unwohlsein, dass Ziel jeder Horror-Atmosphäre ist, besteht letztlich darin, dem Spieler so weit wie möglich klar zu machen, dass er sich auf seine Wahrnehmung zur Gefahrenerkennung nicht verlassen kann. Sprich: Der Spieler muss so weit wie möglich verunsichert werden, dass es ihm zunehmend schwer fällt, den Unterschied zwischen realer Gefahr und einbildung zu interpretieren.
Deshalb sind Geräusche beim Horror auch so extrem Effektiv. Wir Menschen fixieren unsere Wahrnehmung zu fast 100% auf unsere Augen. Der Bereich, denn wir sehen, ist unsere "Wohlfühlzone", weil wir Gefahren dort am leichtesten erkennen und am schnellsten Identifizieren können. Da wir Geräusche aber aus einem 360° Winkel wahrnehmen, während unser Bewust wahrgenommenes Sichtfeld nur ca. 10-15° entspricht, liegen alle Geräuschquellen, die sich in einem ca. 340° großen Winkel, vor, neben und Hinter dem Spieler befinden, außerhalb seiner "Wohlfühlzone". Der Horror spielt also nicht mit der "Angst" als psychologischem Resultat, er Spielt mit der Wahrnehmung des Spielers und erzeugt dadurch Angst.
Das Ziel, beim entwurf eines Horroszenarios sollte also darin bestehen, den Spieler in ein Wechselbad aus erfüllten und durchbrochenen Erwartungen zu stürzen. Ich muss dem Spieler Muster anbieten, die sein Gehirn als mögliche Gefahr interpretieren kann, und solche, die er als nicht-Gefahr interpretieren kann. Wenn in der realität dann eine erwartete Nicht-Gefahr plötzlich in Gefahr umschlägt, während sich eine Bedroungssituation als absolut harmlos heraus stellt, ist die Atmosphäre eigentlich an sich perfekt. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob ich Zombie-Metzel-Horror oder eher psychological-Nightmare-Horror vor mir habe. Der Unterschied ist nur, dass die Bedrohung in ersterem Fall realer (im virtuellen sinne) Art ist, während sie im letzteren Fall eher auf mentaler Ebene existiert.

Das Problem bei dem Ganzen Konstrukt ist schlicht und einfach die "Willing suspension of Disbelief". Es gibt Menschen, die KÖNNEN sich auf ein Horror-Szenario einlassen und denen jagt jede Szene einen schauer über den Rücken, egal wie Virtuell sie ist. Und es gibt Menschen, die können das nicht. In letzterem Fall ist Kelvens Wunsch, die Zielgruppe zu erweitern, leider vergebens. Du kannst einem Menschen, der die Fähigkeit zum kompletten Abschalten der Außenwahrnehmung nicht hat, diese Fähigkeit nicht anerziehen. Du kannst diesen Effekt verstärken, indem der Spieler beispielsweise selber das Licht ausschaltet und seine eigene Wahrnemung nur noch auf den Monitor Fixiert, um den verbliebenen Bezug zur Realität zu verringern. Aber wo die Willing suspension of Disbelief einfach nicht vorhanden ist, da wird sie auch nicht vom Himmel fallen.

Meiner Ansicht nach ist das auch der Hauptgrund, warum sich der Horror in den letzten Jahren zunehgmend in richtung Action entwickelt. Personen ohne Willing suspension of Disbelief sind für Horror-Spiele keine geeignete Zielgruppe. Zum Erzeugen simpler "Spannung" ist diese allerdings nicht notwendig, da genügt es einfach schon, den Spieler mit einer unkontrollierbaren Gefahr und einem entsprechenden Schwierigkeitsgrad zu Konfrontieren... das "Unwohlsein" entsteht hier nicht als Resultat getäuschter Wahrnehmung und daraus resultierender Angst, sondern ist schlicht dem Wunsch geschuldet, den Game-Over-Screen zu meiden. Ein paar Zombies, Diffuses Licht und etwas Industrielärm, ergeben schon einen ganz Passablen "Shooter-Thriller". Echter Horror ist das zwar nicht mehr, aber es wirkt einfach bei mehr Leuten, wodurch der potentielle Konsumentenstamm größer ist.

CensedRose
01.06.2015, 18:02
Also z.B. solche Atmosphären wie bei Agoraphobia können mich ziemlich schocken.

Diese drückende Stille und dann wird plötzlich eine Tür aufgeschlagen, oder man betritt einen Raum und plötzlich beginnt alles zu wackeln und dieser Schattenjäger (oder wie der hiess) taucht auf und man sieht ihn kaum...
Oder wenn das Licht irgendwo aus ist und plötzlich geht es an und jemand steht vor dir und ein lauter Sound wird gespielt... das sind so Momente, wo ich manchmal zu schreien anfange xD hahaha!
Ne ich bin wirklich ziemlich schreckhaft! Wer meine LPs von Agoraphobia gesehen hat, oder noch sehen wird, der wird das dort bestätigt finden.

In diesem Spiel hatte ich wirklich ziemlich oft Herz-rasen ;)

Kelven
02.06.2015, 08:51
@Sabaku
Ja, Five Nights at Freddy's ist mir auch sofort in den Sinn gekommen, aber sonst fällt mir nur noch Slenderman ein.

Five Nights at Freddy's ist ein interessantes Beispiel. Im Grunde geht es nur darum, den ultimativen Jump Scare zu verhindern. Was für eine Art Horror ist das eigentlich? "creepy", wie es im Video benutzt wird, ist es nicht. Die Tierroboter könnte man auch gegen niedliche Katzen austauschen, Hauptsache sie tauchen plötzlich auf. Ich finde das Spiel übrigens sehr langweilig und das Gameplay fade, von daher kann ich den Wirbel nicht wirklich nachvollziehen. Ich frag mich auch, ob sich das Spiel nicht schnell abnutzt. Wenn man nicht weiß, dass ein Jump Scare kommt, dann erschreckt man sich. Na gut, dass es bei so einem Spiel um Jump Scares geht, ist eigentlich offensichtlich, aber man weiß zumindest nicht, was einen erwartet. Wenn man das Spiel aber x mal gespielt hat, müsste es eigentlich jede Wirkung verlieren und dann gibt es sogar noch Fortsetzungen.

@caesa_andy
Augen und Ohren: Auf dem Maker hat die Spielfigur ja sogar eine 360° Sicht, noch dazu eine, die relativ weit reicht. Man kann die Sicht durch eine Lichtmaske einschränken, aber selbst dann kann der Spieler nicht von hinten überrascht werden, weil der "Schein" einen ausreichend großen Radius haben sollte (sonst bleibt man ständig irgendwo hängen). "Realistischer" wäre eine Taschenlampen-Maske, die nur das beleuchtet, was vor der Taschenlampe ist. Solche Masken waren damals auf den alten Makern sehr ruckelanfällig, heutzutage sollte das kein Problem mehr sein. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Steuerung eher unangenehm ist, weil man die eigene Spielfigur nicht mehr sieht und weil die Maske ständig (je nach Blickrichtung) wechselt. Außerdem wäre eine Flucht vor einem Gegner mit so einer Maske vermutlich sehr frustrierend, denn man würde weder ihn noch die Hindernisse neben dem "Lichtschein" sehen. Geräusche können in einem Spiel mit First-Person-Perspektive von links und rechts kommen, sogar von hinten, wenn man eine Surround-Anlage hat. In einem Maker-Spiel geht das natürlich nicht so einfach, weil links, rechts und hinten ständig wechseln.


Das Ziel, beim entwurf eines Horroszenarios sollte also darin bestehen, den Spieler in ein Wechselbad aus erfüllten und durchbrochenen Erwartungen zu stürzen. Ich muss dem Spieler Muster anbieten, die sein Gehirn als mögliche Gefahr interpretieren kann, und solche, die er als nicht-Gefahr interpretieren kann.
Wie würde man das denn mit Maker-Mitteln erreichen?

Bei dem Thema fällt mir übrigens etwas ein, was ich vor kurzem las. Da wurde über Jump Scares gesprochen. Oft ist es in Filmen so, dass der Protagonist ein Geräusch hört und ängstlich nachschaut. Er erwartet, dass irgendjemand im Haus ist. Als er dann aber niemanden findet, ist er erleichert und genau in dem Moment kommt der böse Buhmann doch. Das Problem ist: Das weiß der Zuschauer. Der lernt natürlich auch dazu.

Willing suspension of disbelief: Das willing sollte man aber ziemlich klein schreiben. Wird das Spiel für jemanden unheimlicher, weil er das Licht ausmacht oder Kopfhörer aufsetzt, dann ist die Person wohl sowieso für Grusel empfänglich. So stark kann man die eigene Empfänglichkeit mMn nicht beeinflussen. Neben der Grundempfänglichkeit, die jeder hat, kommt außerdem noch eine Abstumpfung dazu (s. Beispiel mit dem Film).


Meiner Ansicht nach ist das auch der Hauptgrund, warum sich der Horror in den letzten Jahren zunehgmend in richtung Action entwickelt.
Ist das denn wirklich eine jüngere Entwicklung? Schon damals auf dem C64 gab es zwei Kategorien von Horrorspielen: Arcade-mäßige Action (Jump'n Runs, Ballerspiele, Hack'n Slay) und Adventures (zunächst Text, dann mit Grafiken). Als damals Resi rauskam, kamen Action-Adventures in Mode. Ich les gerade auf Wikipedia, dass die Entwickler anscheinend durch Alone in the Dark (was ja eines der ersten Survival-Horror-Spiele sein soll) inspiriert wurden. Zuerst wollten sie anscheinend einen First-Person-Shooter machen. Ab Teil 4 ging die Reihe (und nicht nur die) dann wirklich in Richtung Shooter. Die Entwickler wollten die Reihe neu erfinden und damit sicher mehr Spieler ansprechen, aber ich bin skeptisch, ob der Griff zum Shooter so viel mit der ausbleibenden Wirkung des Horrors zu tun hatte oder nicht eher mit der Popularität von Shootern.

caesa_andy
02.06.2015, 11:37
[QUOTE]@caesa_andy
Augen und Ohren: Auf dem Maker hat die Spielfigur ja sogar eine 360° Sicht, noch dazu eine, die relativ weit reicht. Man kann die Sicht durch eine Lichtmaske einschränken, aber selbst dann kann der Spieler nicht von hinten überrascht werden, weil der "Schein" einen ausreichend großen Radius haben sollte (sonst bleibt man ständig irgendwo hängen). "Realistischer" wäre eine Taschenlampen-Maske, die nur das beleuchtet, was vor der Taschenlampe ist. Solche Masken waren damals auf den alten Makern sehr ruckelanfällig, heutzutage sollte das kein Problem mehr sein. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Steuerung eher unangenehm ist, weil man die eigene Spielfigur nicht mehr sieht und weil die Maske ständig (je nach Blickrichtung) wechselt. Außerdem wäre eine Flucht vor einem Gegner mit so einer Maske vermutlich sehr frustrierend, denn man würde weder ihn noch die Hindernisse neben dem "Lichtschein" sehen. Geräusche können in einem Spiel mit First-Person-Perspektive von links und rechts kommen, sogar von hinten, wenn man eine Surround-Anlage hat. In einem Maker-Spiel geht das natürlich nicht so einfach, weil links, rechts und hinten ständig wechseln.

Das ist richtig, deswegen müssen auf dem Maker grundsätzlich andere Mittel und Wege gewählt werden, um die Wahrnehmung des Spielers zu täuschen. Eine Möglichkeit dazu wären z.B. Diffuse Pictures, die vom Blending und der Opacity her so eingestellt sind, dass sie in den dunklen Bereichen einer Lightmap als Bewegung wahrgenommen werden, in den Hellen aber nicht mehr sichtbar sind. Wie das mit den alten Makers ginge, wüsste ich grade nicht, auf dem Ace sollte das mit einer Mischung aus Khas Awsome Lighteffects und VS_Overlay aber machbar sein.
Geräuschquellen ließen sich mittels der Sprechblasen-Funktion des Makers kenntlich machen. Kombinierst du beiude effekte, sprich einen Geräuscheffekt + die Darstellung einer undefinierbaren Bewegung in den Schatten, sollte das Ergebniss schon ganz akzeptabel sein, auch wenn dir natürlich nur begrenzte Möglichkeiten zur dynamischen Beleuchtung zur Verfügung stehen.


Bei dem Thema fällt mir übrigens etwas ein, was ich vor kurzem las. Da wurde über Jump Scares gesprochen. Oft ist es in Filmen so, dass der Protagonist ein Geräusch hört und ängstlich nachschaut. Er erwartet, dass irgendjemand im Haus ist. Als er dann aber niemanden findet, ist er erleichert und genau in dem Moment kommt der böse Buhmann doch. Das Problem ist: Das weiß der Zuschauer. Der lernt natürlich auch dazu.
Das Problem ist hier natürlich die Bindung des Konsumenten an die Protagonisten. Beim zocken wird jeder Jumpscare mit der Gefahr eines Potentiellen Game-Overs verstärkt. Der Schock-Effekt, der von einem Monster ausgeht, dass mich hinterrücks angreift, wird deshalb nicht wirklich schwinden, denn die Bedrohung, die von dem Monster ausgeht, nimmt nicht dadurch ab, dass ich damit rechne, es KÖNNTE da sein. Der effekt wird hier durch die Gewöhnung sogar noch verstärkt, weil ich mir stets darüber im Klaren bin, dass der Angriff - so er denn kommt - wirklich aus JEDER richtung kommen kann, und nicht zwingend aus der Richtung kommen würde, aus der ich ihn erwarte müsste.
Darüberhinaus muss ich aber sagen, dass ich persönlich den "Jump Scare" sowieso für eine der miesesten Horror-Mechaniken halte, die es gibt. Das liegt zum einen daran, dass die Auflösung eines Harmlosen Jumpscares fast immer einen Bruch der Atmosphäre zur Folge hat und den Konsumenten in die Realität zurück ruft, weil er erleichtert und - im schlimmsten Fall - vielleicht sogar amüsiert ist, wenn er die schwarze Katze sieht, die plötzlicht aus dem Kleiderschrank kommt statt des dort erwarteten Mörders. Zum anderen bin ich eher der Befürworter des "Suspense". Der Spieler soll ja grade die ganze Zeit über das Gefühl haben, in unmittelbarer Gefahr zu sein. Er braucht halt nicht zu wissen, wann oder wo diese Auftaucht. Horror, der NUR mit Jump-Scares arbeitet, und wo jeder gegner wie ein Blitz ins Bild fliegt, ist ein Fall für die Tonne. Hier und da mal ein Jump-Scare ist in Ordnung, dann nutzen die sich auch nicht so schnell ab. Grundsätzlich sollte Horror aber eher unterschwellig sein. Der Spieler muss nicht permanennt in Panik sein oder erschreckt werden, das ist kein Horror, sonder Halloween-Spaß. Dass worauf es ankommt, ist das Aufrechterhalten der Paranoia. Deswegen funktionieren die "Du wirst verfolgt" Spiele, die Meister Räbbit ansprach, auch so gut, weil der Spieler permanennt in Gefahr ist und sich auch dann nicht sicher fühlt, wenn er eigentlich sicher ist.


Willing suspension of disbelief: Das willing sollte man aber ziemlich klein schreiben. Wird das Spiel für jemanden unheimlicher, weil er das Licht ausmacht oder Kopfhörer aufsetzt, dann ist die Person wohl sowieso für Grusel empfänglich. So stark kann man die eigene Empfänglichkeit mMn nicht beeinflussen. Neben der Grundempfänglichkeit, die jeder hat, kommt außerdem noch eine Abstumpfung dazu (s. Beispiel mit dem Film).
Ja und Ja. Natürlich funktioniert das. Stichwort Reizentzug. Klar ist aber auch, dass das trotzdem nicht bei jedem klappt, das schrieb ich ja auch. Es gibt einfach Menschen, vor allem Männer, die haben diese Fähigkeit einfach nicht. Andererseits gibt es zwischen Haben und nicht haben hunderte von Grauzonen. Ich bin eigentlich ein Nachtmensch, der die Ruhe mag. Und wenn ich Nachts um halb eins im Stockdunklen Wald Joggen gehe, dann fürchte ich mich auch nicht. Horror Games im Dunkeln zeigen bei mir aber durchaus ihre Wirkung ... es sei denn, ich bin entweder nicht alleine, oder meine Nachbarn hören laut Musik.
Bei wem, was wirkt ist immer Unterschiedlich. Der Punkt ist einfach, die "Willing suspense of Disbelief" AUSZUSCHALTEN ist leichter, als sie EINZUSCHALTEN. Reizentzug ist ein Weg, der dazu genutzt werden kann diese Fähigkeit zu aktivieren, so lange sie zumindest latent vorhanden ist. Aber viele Menschen sind einfach nicht dazu im Stande, die Tatsache auszublenden, dass sie ein Spiel spielen, oder einen Film gucken. Entweder, weil sie nicht können, oder weil sie es unbewusst gar nicht wollen. Meiner Erfahrung nach ist die Willing Suspension of disbelief übrigens um so stärker ausgeprägt, je aktiver ein Mensch liest. Wer viele Bücher liest, verfügt oft über ein viel aktiveres und dominanteres "Kopfkino", als jemand, der gar nicht liest. Außerdem sind sie bessere darauf geschult, externe Reize auszublenden um sich nicht ablenken zu lassen.


Ist das denn wirklich eine jüngere Entwicklung? Schon damals auf dem C64 gab es zwei Kategorien von Horrorspielen: Arcade-mäßige Action (Jump'n Runs, Ballerspiele, Hack'n Slay) und Adventures (zunächst Text, dann mit Grafiken). Als damals Resi rauskam, kamen Action-Adventures in Mode. Ich les gerade auf Wikipedia, dass die Entwickler anscheinend durch Alone in the Dark (was ja eines der ersten Survival-Horror-Spiele sein soll) inspiriert wurden. Zuerst wollten sie anscheinend einen First-Person-Shooter machen. Ab Teil 4 ging die Reihe (und nicht nur die) dann wirklich in Richtung Shooter. Die Entwickler wollten die Reihe neu erfinden und damit sicher mehr Spieler ansprechen, aber ich bin skeptisch, ob der Griff zum Shooter so viel mit der ausbleibenden Wirkung des Horrors zu tun hatte oder nicht eher mit der Popularität von Shootern.
Es ist zumindest eine aktuelle entwicklung, dass langlebige "Horror" Serien im Verlauf der Zeit einen immer dominanteren Action-Anteil bekommen. Schau dir einfach die DeadSpace reihe an. DS1 war ein Horror-Adventure, DS2 war Horror-Action und DS3 ist nur noch Action mit eklig aussehenden Gegnern. DS3 ist nicht deshalb kein Horror mehr, weil es ein Shooter ist, es ist kein Horror mehr, weil es einfach keine Horror-Atmosphäre mehr aufbaut. Spannend ist das Spiel deshalb aber trotzdem.
Ach ja ... tolles Beispiel diesbezglich sind übriegens die ALIEN Filme.
ALIEN war ein Horror Film, ALIENS ein Thriller. Beide Filme sind durchaus vergleichbar spannend aber, ALIENS ist trotzdem kein Horrorfilm.

Corti
02.06.2015, 12:55
Spectacle Creep. Darum auch Reboots zB ;-)

Kelven
02.06.2015, 14:32
Ich dachte erst, das wäre ein Spiel. xD Hab nun die Beschreibung bei Urban Dictionary gelesen. Trifft sie den Kern? Find aber nicht, dass das uneingeschränkt stimmt. Gurren Lagann wäre nur halb so gut, wenn sie sich am Ende nicht mit Galaxien bewerfen würden. Die Wandlung der Horrorspiele in Richtung Shooter ist vermutlich eher dem Umstand geschuldet, dass Adventure nicht so sehr zieht wie Action. Das sehe ich z. B. bei Resi auch so. Mir haben Teil 4-6 deutlich mehr Spaß gemacht als Teil 1-CV.

WaterKnight
06.06.2015, 16:38
Fand es immer unheimlich, wenn man an Orten in Spielen war, die man einfach nicht hundertprozentig kontrollieren konnte, weil Informationen gefehlt haben. Zum Beispiel wenn man in einer halb gefluteten Kanalisation seht und im Wasser Monster sind, die dann direkt vor einem auftauchen, da sie sich aber bewegen, kann das irgendwo geschehen, oder auf Friedhöfen Ghule, die zufällig aus der Erde kommen, oder Geister, die durch Wände gehen. Diese Stellen waren dann auch häufig gar nicht so leicht und während der Spieler über den Platz gejagt wurde, wusste er nicht, was im Gebiet zu tun ist, der Orientierungssinn war eingeschränkt. Bei dem RPGMaker ist das wahrscheinlich alles mit der Ansicht nicht so leicht. Auf jeden Fall sollte ein anhaltendes Unwohlsein induziert werden, indem der Spieler gedanklich angewidert wird und die Logik nicht begreift.

Spiele erscheinen mir btw potenziell horrorfähiger als Filme, weil Filme spielen sich immer von selbst ab. Da sagt man sich, dass man sowieso keinen Einfluss hat. Bei Spielen begibt man sich quasi selbst in Gefahr und es hängt davon ab, was man tut.

Jean_Claude
07.06.2015, 10:26
Unheimlich für mich wirds, wenn ein Spiel schlecht ist und auch noch Bugs hat. Das ist dann der reinste Horror. :D

Aber mal zum andern Horror: Ich verstehe Horror eher so, dass die Charaktere in der entsprechenden Situation Angst haben, eventuell wenige Kontrolle haben über ihre Umgebung (was WaterKnight anspricht). Auf den Spieler kann sich das natürlich übertragen, bei ner guten Immersion. Sound kann da auch gut helfen, so unheimlicher Sound. Wenn irgendwo ein Monster kommt, dann ist das eher ein "Schrecken".

Aber gut aufgebaut hat man vielleicht die ganze Zeit Angst, dass solche Monster auftauchen können(auch wenn gar keine kommen). Das ist dann Horror, so wies sein sollte. Eben halt auch in andern Kombinationen, nicht nur mit Monstern. (Verrückter Killler, sonstwas) Wichtig ist schon die Unsicherheit über die Umgebung betreffend das eigene Leben. Gerade dass lässt ja die Angst entstehen. Kann ich nen Stahlbunker bauen in den niemand reinkommt und ich weiß das auch sicher, dann ist das kein Horror.

WaterKnight
07.06.2015, 11:16
Den Stahlbunker als Checkpoint finde ich vielleicht nicht so schlecht, weil man dann eine Hürde hat, wieder rauszugehen. Also eben Höhen und Tiefen.

Shawn
14.06.2015, 00:10
Guter Horror:
Dichte Atmosphäre, Eindrucksvolle Bildsprache, sehr Dynamisch (also Horror der durch das Spielen entsteht wie Ressourcen Knappheit oder Paranoia) und vorallem gute Leadups zu den Schock momenten

Bait Horror:
Wir wissen alle das kleine Mädchen und Jungs darauf stehen zuzusehen wie sich ihr Lieblings YT Celeb. bei Horrorspielen einscheißt. Wie entscheht das? JUMPSCARE! Hast du dich erschreckt? HIER NOCHMAL! Laute Geräusche und ein Harter Schnitt ist kein Horror sondern einfaches Erschrecken. Schonmal Lovecraft gelesen? Horror der durch den eigenen Verstand ensteht.

Mal im ernst.. P.T war nur ein Korridor, lange passiert nichts und man scheißt sich trotzdem ein weil die Atmosphäre stimmt. Silent Hill hatte eine grandiose Bildsprache und Resi 1,2 und 3 haben den Spieler mit einfachen Mechaniken unter Druck gesetzt.

Ultir
15.06.2015, 22:49
Ich bin auch der Meinung, dass eine entsprechende Atmosphäre viel zum Gruselfaktor beitragen kann, genauso packende sounds bzw "Musik". Slender setzt beispielsweise sehr auf diese Art Horror. Allerdings macht hier auch die Ungewissheit, wo und wann der Slenderman das nächste Mal wohl auftauchen mag genauso viel aus.

Spiele wie Resident Evil finde ich nur bedingt gruselig - Liegt wohl am Action-Charakter.
Allerdings findet sicher nicht jeder die gleiche Art Horror gruselig, da hat wohl jeder seine eigene subjektive Meinung. :)

Satyras
16.06.2015, 16:18
Tendentiell würde ich sagen, dass in meinen Augen vor allem auch die Klangkulisse ein ganz entscheidender Athmosphäreträger bei Horrorspielen ist. Obskure Musik, unheimliche Geräusche usw. tragen unglaublich viel zur düsteren Athmosphäre bei. Gerade bei Makerspielen, die optisch in ihrer Horroswirkung sehr begrenzt sind, ist die Klangkulisse das wirksamste Mittel zum Erzeugen von Horror.

Kelven
09.12.2015, 09:54
Ein alter Thread, aber eine neue Frage, siehe Startposting: Was können Handlung und Charaktere in einem Horrorspiel leisten? Und was müssen sie?

Eddy131
09.12.2015, 14:39
Ein alter Thread, aber eine neue Frage, siehe Startposting
Du zweckentfremdest wohl gerne deine alten Threads ^^
Mir wäre es ehrlich gesagt lieber, wenn du jeweils einen neuen Thread aufmachen würdest. Es ist ja nicht so, dass du damit irgendwas verschwendest oder unnötig etwas verbrauchst ;)
Nur so hat man eine saubere Umgebung für die Frage. Ich z.B. werde mir nicht jedesmal alle alten Beiträge durchlesen (die ja sowieso nichts mit dem aktuellen Thema zu tun haben, höchstens indirekt)
und es kommt nicht mehr zu dem Problem, dass wir im letzten Thread hatten, wo du das gemacht hast (Missgunst und Anfeindungen (http://www.multimediaxis.de/threads/131050-Missgunst-und-Anfeindungen)): Die einen antworten auf das aktuelle Thema, die anderen auf das alte (oder einen der alten und teilweise nicht mehr aktuellen Kommentare) und manche auf beides. Das führt meiner Meinung nach nur zu Verwirrung und unnötigen Komplikationen.
So viel zu dem Thema. ;)

Dann mal zur Frage

Was können Handlung und Charaktere in einem Horrorspiel leisten? Und was müssen sie?
Das der Protagonist vom Charakter möglichst flach gehalten wird und die Story sich auf ein Minimum beschränkt - und oft auch große Lücken enthält - scheint für mich ziemlich logisch.
Denn wie entsteht Horror, wenn man es auf das wesentliche herunterbricht? Durch das Unbekannte.
Nimm jeden beliebigen Horrorfilm, jedes beliebige Horrorspiel, erkläre gleich zu Beginn, was die Feinde sind, ihre Beweggründe etc. und schon hast du 90% des Grauens weg. Der Rest ist meist Situationsbezogen (extrem brutales Handeln, Jumpscares, ...).
Die effektivste Methode Horror zu bekommen ist demnach alles sehr vage zu halten und dazu gehört auch die eigene Person. Je Stereotypischer und dünner ich die Figur halte, desto mehr kann sich der Spieler selbst in die Lage versetzen, was das Geheimnisvolle, Unbekannte auf die persönliche Ebene zieht und den Konsumenten von einem Beobachter zu einem beteiligten macht. Natürlich geht das auch mit einer detaillierteren Figur, aber erstens ist das erheblich schwieriger, da man sich mit der Person identifizieren können muss und zweitens ist das meist eher ein Horror aus zweiter Hand: Man fühlt mit der Person, erlebt den Horror also nicht so direkt und unmittelbar.
Etwas anders ist es mit der Handlung. Zwar spielt auch hier das Prinzip mit der Unwissenheit eine große und wichtige Rolle (bzw. kann), dennoch kann eine detaillierte Geschichte zur Spannung und dem Horror beitragen. Z.B. durch Details, die den Spieler vorübergehend ablenken oder Handlungen die ihn beruhigen, um den Konsumenten dann wieder unvorbereitet zu packen und die Welt der Schrecken zu werfen. Horror nutzt sich ab. Daher sind die besten Horrorspiele/-filme/-bücher nicht die mit den meisten gruseligen Sachen oder dem brutalsten, blutigsten oder sonstigem Auftreten, sondern die, die das Grauen richtig dosieren.
Gutes Beispiel: Slenderman. Sehr minimales Spiel mit einfachen Aufgaben und wenigen Elementen. Man weiß, was passieren wird, und dennoch fürchtet man sich, das Herz fängt an einen Marathon zu laufen und der ein oder andere Schreckensschrei entweicht der Kehle. Man läuft weg, fühlt sich sicher und dann ganz plötzlich ist er wieder da. Diese ruhigen Momente dazwischen sind hauptverantwortlich, warum viele dieses Spiel als gruseligstes Spiel überhaupt bezeichnen. Dazu kommen die anderen Punkte: Man weiß nichts über den Slenderman, man weiß nichts über seine Beweggründe, man weiß nichts über die Umgebung oder warum man dort ist und man weiß nichts über die eigene Person.
Handlung kann wichtig sein. Ohne oder mit wenig Handlung ist man aber irgendwie motivierter, das Spiel häufiger zu spielen. Ein Spiel, dass sich auf Handlung konzentriert ist nach dem ersten durchspielen oft zu ende und bleibt danach meist im Regal. Ein Spiel mit wenig Handlung konzentriert sich stärker auf Gameplay (oder speziell bei Horrorspielen auf die Schreckmomente) und ist daher eher für ein erneutes durchspielen prädestiniert, vor allem wenn es begeistert hat (außerdem ist dieses Konzept besser für Gelegenheitsspieler geeignet, da sie sich nicht immer wieder an die Story erinnern müssen).
So viel zu Beantwortung der Frage aus meiner Sicht.

Kelven
10.12.2015, 08:28
@Eddy
Es gibt schon so viele Threads über Horrorspiele, das wird sonst zu unübersichtlich. ;)

Ich glaube nicht, dass man - zumindest ab einem gewissen Alter - tatsächlich Angst empfindet, wenn man ein Horrorspiel spielt (oder einen Film schaut oder ein Buch liest). Richtige Angst ist etwas, dem die Menschen aus dem Weg gehen wollen. Wenn ein Erwachsener zum Beispiel Slenderman spielt, dann fürchtet er sich nicht vor einer virtuellen Figur, er weiß, dass sie nicht existiert, sondern er fürchtet sich vor dem nächsten Schreck. Jeder, der schon mal richtig Angst gehabt hat, wird bestätigen, dass man beides nicht miteinander vergleichen kann. Die Figuren und Handlung sind aus einem anderen Grund so einfach gehalten: Es geht den Spielen nicht darum. Sie leben vom Gameplay - was bei einem Spiel ja auch nahe liegt. Und dann ist es so, dass viele Spiele gar nicht auf Grusel setzen. Müssen sie auch nicht. Es gibt unterschiedliche Arten von Horror für unterschiedliche Klientels. Keines der Horrorspiele, die ich in letzter Zeit gespielt hab, hatten wirklich diesen Gruselhorror. Slenderman kenn ich zwar nicht, aber Jump Scares sind für mich fast das Gegenteil vom Grusel, dem subtilen Horror. Selbst The Last Door, das sich auf Lovecraft beruft, ist nicht gruselig. Die Atmosphäre ist toll, aber unheimlich finde ich das Spiel nicht. Dafür fehlt dann doch eine Bedrohung. Das Spiel ist ein reines Adventure ohne Gegner etc. Überhaupt fällt mir kaum ein Spiel ein, das mal auf eine subtile Weise unheimlich gewesen ist.

Eddy131
10.12.2015, 13:31
@Eddy
Es gibt schon so viele Threads über Horrorspiele, das wird sonst zu unübersichtlich. ;)
Das mag wohl sein, dennoch wäre es mir so lieber. Und wem stört es, ob es 300 oder 1000 Threads über Horror gibt?
Wer da was spezielles sucht gibt dann entweder genauere Begriffe ein oder ist auch schon mit den 300 überfordert.


Ich glaube nicht, dass man - zumindest ab einem gewissen Alter - tatsächlich Angst empfindet, wenn man ein Horrorspiel spielt (oder einen Film schaut oder ein Buch liest). Richtige Angst ist etwas, dem die Menschen aus dem Weg gehen wollen. Wenn ein Erwachsener zum Beispiel Slenderman spielt, dann fürchtet er sich nicht vor einer virtuellen Figur, er weiß, dass sie nicht existiert, sondern er fürchtet sich vor dem nächsten Schreck. Jeder, der schon mal richtig Angst gehabt hat, wird bestätigen, dass man beides nicht miteinander vergleichen kann. Die Figuren und Handlung sind aus einem anderen Grund so einfach gehalten: Es geht den Spielen nicht darum. Sie leben vom Gameplay - was bei einem Spiel ja auch nahe liegt. Und dann ist es so, dass viele Spiele gar nicht auf Grusel setzen. Müssen sie auch nicht. Es gibt unterschiedliche Arten von Horror für unterschiedliche Klientels. Keines der Horrorspiele, die ich in letzter Zeit gespielt hab, hatten wirklich diesen Gruselhorror. Slenderman kenn ich zwar nicht, aber Jump Scares sind für mich fast das Gegenteil vom Grusel, dem subtilen Horror. Selbst The Last Door, das sich auf Lovecraft beruft, ist nicht gruselig. Die Atmosphäre ist toll, aber unheimlich finde ich das Spiel nicht. Dafür fehlt dann doch eine Bedrohung. Das Spiel ist ein reines Adventure ohne Gegner etc. Überhaupt fällt mir kaum ein Spiel ein, das mal auf eine subtile Weise unheimlich gewesen ist.
Bei Slenderman geht es im Prinzip darum, dass man in einem Waldstück ist mit einem großen Stein und einem offenen Gebäude und so ein paar anderen Objekten, die die Landschaft interessanter machen soll. Man spielt aus der Egoperspektive und fängt einfach an, praktisch ohne jegliche Erklärung. Der Slenderman taucht jetzt per Zufallsprinzip irgendwann irgendwo im Blickfeld auf (während man sich umschaut). Er selber steht immer nur auf der Stelle, aber wenn man sich kurz wegdreht und wieder zu ihm schaut passiert eins von beidem: Er steht näher an einem dran oder ist komplett verschwunden. Je nach Nähe fängt der Bildschirm schneller oder langsamer an zu rauschen und die Sicht sich zu verschlechtern und nach ein paar Sekunden ist man tot. Nach ner Zeit findet man heraus, dass man ein paar Zettel aufsammeln muss (weiß nicht mehr genau wie viele), die bei jedem Neustart wo anders zu finden sind. Was passiert wenn man alle gefunden hat verrate ich aber nicht ;)
Und natürlich spielt es alles in der Nacht, man hat eine Taschenlampe, die macht aber nach ner gewissen Zeit schlapp und man muss sie dann schütteln damit es weitergeht.
Aber probier das Spiel am besten selber aus, ist ja Free-Ware (zumindest das Original).
Und wenn mein Herz schneller anfängt zu schlagen und ich in jede dunkle Ecke noch einen zweiten Blick werfe - nur um ganz sicher zu gehen - ,dann kann man das schon als Angst bezeichnen ;)
Ich bin nicht sehr schreckhaft oder ängstlich was Filme angeht, dennoch kommt das bei guten Produktionen auch bei mir vor (und genau deshalb spielt man ja diese Art von Spielen/ schaut sich diese Art von Filmen an).
Es gibt bestimmt verschiedene Arten von Angst und Grauen, aber dennoch würde ich dieses Gefühl als Angst bezeichnen. Selbst wenn man weiß, dass das nur ein paar Lichtpunkte auf dem Bildschirm sind.
Und Jumpscares (btw, in Slenderman gibt es davon keine) gehören für mich genau so dazu. Denn sie erschrecken ja oft nur wegen der Atmosphäre, die durch die Angst unterstützt wird. Zumindest intensiviert der Horror den Grad des Erschreckens und anschließenden Herzklopfens. Aber auch ohne Jumpscares kann ein Spiel richtig guten Horror liefern.
Beispiel für einen Film: "Der Exorzismus". Wie ich finde einer der härtesten Horrorfilme, obwohl da nur einer Stirbt und das auch nicht wirklich gezeigt wird. Soweit ich mich erinnere gab es da auch keine Jumpscares, dennoch hat mich der Film ordentlich gegruselt.

Katkat
10.12.2015, 18:56
@Eddy
Ich finde die Art von Spiel die du beschreibst, sind eben diese "Ich-renne-vor-dem-bösen-Slendermann-Weg" Spiele: Ego-Perspektive - (Sogut wie) keine Charaktere - Keine Story - Gameplay getrieben. Aber meiner Meinung nach sind diese Spiele nicht sehr lange "gruselig". Gerade weil man sie öfter spielt. Irgendwann ist es routiniert, und dann macht es keinen Spaß. ("Oh, alles Seiten eingesammelt. Ach, da kommt ja der liebe Slenderman. Hallo Slenderman :rolleyes: ) Noch dazu bin eher weniger der Typ Horrorspieler, der sich gerne "Stressen" lässt. Ich habe keinen Bock auf häufige Jump Scares oder Paranoide Verfolgungsjagden - das nervt mich auf Dauer - Ich will "echten Horror."

Und da sind mir die Mittel eigentlich... relativ egal? Es gibt so viele Arten von Horror und wie man ihn erfolgreich umsetzt. Manchmal können eine ausgeklügelte Story und Charaktere viel helfen. Silent Hill zum Beispiel lebt unter anderem von diesen skurrilen Gestalten die dir immer wieder über den Weg laufen, von dem psychologischen Hintergrund der sich durch viele der Teile zieht. Dann gibt es Spiele, durch ihre einzigartige Welt leben. Das Maker-Game "Ib" ist ein guter Vertreter, der dieses typische "irgendwie ist es nicht wirklich gruselig, aber wohl dabei fühle ich mich nicht..." Gefühl hat. Es geht um ein kleines Mädchen, dass mit seinen Eltern eine Galerie besucht und schließlich in eins der Bilder gesogen wird. Die Welt, die sich dahinter befindet, ist einfach nur genial und skurril. Und das Feeling dieses Games trifft genau meine Sparte, mit seinen abgedrehten Monstern... Es gibt nichts schlimmeres als die Lady in Red... :hehe:
Jedenfalls kann ich nicht kategorisch sagen, dass man Horrorspiele "auf die" oder "auf jene" Weise machen sollte.

Dieses Video hier beschreibt für mich eigentlich ziemlich gut, worauf es in Horror für mich wirklich ankommt: Horror that lingers (https://www.youtube.com/watch?v=vSKtTBjSBg0). (Wer kein Englisch mag, wird mit dem Video wohl nicht glücklich werden...) Ich mag es, wenn Spiele dir einfach dieses Gefühl geben, dass irgendwas nicht stimmt. Dass da etwas größeres ist, etwas unbekanntes, aber du kannst es nicht erfassen. Es muss unheimlich sein. Das geht mit tiefgründiger Story samt grandiosen Charakteren - aber auch ohne. Wobei ich "mit" wohl immer faszinierender finden werde, da Charaktere eine Geschichte unglaublich gut tragen können und man es immer merkt, wenn sich mehr bei den Motiven, Hintergründen und Ursachen gedacht wurde.


Nimm jeden beliebigen Horrorfilm, jedes beliebige Horrorspiel, erkläre gleich zu Beginn, was die Feinde sind, ihre Beweggründe etc. und schon hast du 90% des Grauens weg.

Nimm jedes beliebige Spiel und erkläre zu Beginn alles. Natürlich ist es dann langweilig! Ich weiß nicht was das spezifisch mit Horrorspielen zu tun hat. Du sagst ja grob zusammengefasst - wenn ich dich richtig verstanden habe - "alles muss sehr vage sein, also sollte Figur und Geschichte auch nicht großartig in die Tiefe gehen". Finde ich grundsätzlich falsch (Ausnahmen bestätigen die Regel). Die Kunst ist, dem Spieler alles gut zu dosieren. Persönlich denke ich, dass man den Spieler einfach an der Oberfläche kratzen lassen muss, um ihm dann gut überlegt tiefere Einblicke zu geben. Vielleicht auch sehr subtile Hinweise? Zwar ist es kein Horrorspiel, aber Dark Souls hat ja einen bombastischen Aufwand in Story und Charaktere gelegt - gibt dass dem Spieler aber nicht so einfach her. Stattdessen musste die Community eine Menge Interpretation und Rätselrei tätigen, um das Puzzel zusammen zu setzen: Und bis heute weiß man nicht alles und wird wohl nie alles wissen. Ich glaube das könnte ein prima Element für ein Horrorspiel sein.

Kelven
10.12.2015, 20:16
Dark Souls hat eigentlich eine sehr dünne Handlung. Was reizt mich denn, wenn ich ein Buch les oder einen Film schau? Das, was die Charaktere tun. Die Gedanken, Gefühle, Entscheidungen und Taten der Figuren sind das, was eine Geschichte ausmacht. Die Handlung von Dark Souls sind also die Taten des Chosen Undeads und das sind praktisch nur Gameplay-Entscheidungen, weil man einen Avatar spielt. Die ganzen Hintergründe der Welt und der Figuren sind natürlich interessant, aber sie sind keine Handlung. Ich halte sie auch nicht für essentiell, denn man spielt die Souls-Reihe hauptsächlich wegen des Gameplays. Und das passt ganz gut zu den Horrorspielen, weil es da meistens genauso ist. Es wäre ja auch seltsam, wenn das nicht so wäre, denn dann würde man ja 90% der Spielzeit mit etwas verbringen, was gar nicht das Hauptaugenmerk ist.

@Eddy
Ich würde mich bei solchen Spielen zu sehr langweilen, deswegen spiel ich sie nicht.


Und wenn mein Herz schneller anfängt zu schlagen und ich in jede dunkle Ecke noch einen zweiten Blick werfe - nur um ganz sicher zu gehen - ,dann kann man das schon als Angst bezeichnen
Ich glaube aber nicht, dass das mit der Angst vergleichbar ist, die jeder Mensch nur sehr ungerne hat. Aufgeregt ist man auch bei einem Actionspiel, da muss man genauso ständig auf der Hut sein und schnell reagieren. Das ist eher das, was die Engländer Suspense nennen. Grusel ist ein Gefühl, das die Menschen gerne empfinden, Angst ist es nicht, von daher würde ich die beiden wirklich nicht gleichsetzen.


Denn sie erschrecken ja oft nur wegen der Atmosphäre, die durch die Angst unterstützt wird.
Man kann sich vor allem erschrecken, wenn es plötzlich kommt. Auch vor einer Banane. Bei Horrorspielen ist es nur so, dass man weiß, dass jemand einen erschrecken wird und das sorgt für eine gewisse Anspannung.

Eddy131
10.12.2015, 20:48
@Katkat: Nein, nien, ich glaube da hast du mich etwas missverstanden ^^
In der Frage von Kelven ging es darum, warum es so viele Horror-Spiele gibt, die kaum Handlung haben.
Ich habe versucht den Grund zu erklären, wie ich ihn sehe, aber auch gesagt, dass es gute und sehr gute Horrorspiele gibt, die eine grandiose Handlung haben und wo am Ende alles aufgelöst wird.
Und auch - was du ebenfalls sagst - dass es viele Arten von Horror und Angst gibt.
Ich bin auch eher für Spiele - egal welchen Genres - mit einer guten Handlung.

Und natürlich wird ein Film langweiliger, wenn man am Anfang alles erzählt. Dennoch ist das nicht ganz dass, was ich meinte.
Bei vielen Horrorspielen/-filmen bleibt das Böse etwas unbekanntes, mysteriöses. Wie eben Beispielsweise der Slenderman., Dead Space, Paranormal Activity und vielen anderen.
Würde man dort dieses Element entfernen, hätte man ja noch nicht die Story verraten, die auch sehr gut sein kann, aber es würde halt nicht mehr dieses beklemmende, angstvolle haben.
Und bei bestimmten Genres kennt man die grobe Story, guckt sich den Film dennoch gerne an ;)
z.B. bei Sportfilmen. Es ist klar, dass die Mannschaft um die es geht (üblicherweise) gewinnt. Dennoch macht es Spaß.
Das meinte ich damit. Wenn man den Feind entmystifiziert, ist es kein Horror mehr.

Katkat
10.12.2015, 21:29
@Kelven


Die ganzen Hintergründe der Welt und der Figuren sind natürlich interessant, aber sie sind keine Handlung.

Hab mich da wohl in der Vokabel vergriffen. Aber meine Grundaussage, dass das DS Konzept gut zu Horror-Games passt, bleibt ja trotzdem bestehen. :D


(...) Das ist eher das, was die Engländer Suspense nennen. Grusel ist ein Gefühl, das die Menschen gerne empfinden, Angst ist es nicht, von daher würde ich die beiden wirklich nicht gleichsetzen.

Anspannung, Angst und Grusel zu unterscheiden finde ich auch sinnvoll. Mir kam aber gerade der Gedanke, dass Grusel sich schon einigen Aspekten der "Angst" bedient, jedoch so oberflächlich, dass er gleichzeitig die Neugierde und die Abenteuerlust/Erforschungsinstinkt des Menschen weckt. So entsteht dann diese gewisse Faszination, die man für Horrorgames haben kann. Man will ja irgendwie trotzdem immer weiter schauen/spielen, egal wie "uncanny" die Atmosphäre ist... Nervenkitzel und so.

@Eddy
Gut, dann habe ich dich da falsch verstanden. Entschuldigung! :)


Das meinte ich damit. Wenn man den Feind entmystifiziert, ist es kein Horror mehr.

Mh... ich weiß nicht. Kann auch sein, dass wir wieder aneinander vorbeireden (das ist im Internet noch schwieriger zu vermeiden als in der Realität) aber ich finde Horror hat nicht nur etwas mit etwas Übernatürlichen/Unbekannten zu tun. Ein wichtiger Teil von Horror ist das Gefühl von Machtlosigkeit und fehlender Kontrolle gegenüber diesem Unbekannten. Und die verzweifelte Hoffnung, dass man irgendwie die Kontrolle wieder erlangen kann. Dieses Gefühl richtig zu transportieren ist der Knackpunkt. Dafür braucht es keinen Slenderman.

Spontaner Einfall den ich gerade hatte (und oh mann, dazu will ich mal ein Spiel machen!): Eine Frau wurde Jahre lang von einem Mann gestalkt. Er hat alle möglichen kranken Sachen gemacht, bis er schließlich weggesperrt wurde. Eines Tages wird er wieder freigelassen, und die Frau erfährt davon. Seit dem ist sie paranoid und lebt in der Angst, dass er eines Tages wieder vor ihrem Fenster steht. Als Setting für das Spiel könnte ich mir gut eine stürmische Nacht vorstellen, in der die Protagonistin mit ihrerer Paranoia zu kämpfen hat.
Hier ist nichts "Unbekannt". Alles ist klar: Objekt der Angst ist der Stalker bzw. die Angst vor dem Stalker. Dass ist nichts mystisches: Das ist sogar etwas was man sehr gut nachempfinden kann. Es ist eine "reale Angst", aber man hat keine Möglichkeit sich dagegen zu wehren. Die Person/der Spieler hat keine Kontrolle über das, was geschieht, und wenn man richtig mit der Psyche spielt, weiß der Spieler irgendwann selber nicht mehr, was im Spiel Einbildung oder Realität ist. Vielleicht ist der Stalker tatsächlich da und streift um das Haus?

Ich hoffe ich habe damit veranschaulicht, was ich meine :D

Eddy131
10.12.2015, 22:03
Spontaner Einfall den ich gerade hatte (und oh mann, dazu will ich mal ein Spiel machen!): Eine Frau wurde Jahre lang von einem Mann gestalkt. Er hat alle möglichen kranken Sachen gemacht, bis er schließlich weggesperrt wurde. Eines Tages wird er wieder freigelassen, und die Frau erfährt davon. Seit dem ist sie paranoid und lebt in der Angst, dass er eines Tages wieder vor ihrem Fenster steht. Als Setting für das Spiel könnte ich mir gut eine stürmische Nacht vorstellen, in der die Protagonistin mit ihrerer Paranoia zu kämpfen hat.
Hier ist nichts "Unbekannt". Alles ist klar: Objekt der Angst ist der Stalker bzw. die Angst vor dem Stalker. Dass ist nichts mystisches: Das ist sogar etwas was man sehr gut nachempfinden kann. Es ist eine "reale Angst", aber man hat keine Möglichkeit sich dagegen zu wehren. Die Person/der Spieler hat keine Kontrolle über das, was geschieht, und wenn man richtig mit der Psyche spielt, weiß der Spieler irgendwann selber nicht mehr, was im Spiel Einbildung oder Realität ist. Vielleicht ist der Stalker tatsächlich da und streift um das Haus?

Ich hoffe ich habe damit veranschaulicht, was ich meine :D
Da haben wir wieder den Punkt mit den verschiedenen Arten von Horror.
Dadurch wird es schwierig da irgendwas allgemein gültiges drüber zu sagen.

Aber auch bei deinem Beispiel haben wir wieder das Unbekannte (dass ja nicht unbedingt etwas übernatürliches sein muss, was ich auch nicht gesagt habe ;) Es wird halt nur gerne genommen, weil es dadurch einfacher wird das Unbekannte mit reinzubringen):
-Was ist Realität, was nur eingebildete Paranoia?
-Wird der Stalker kommen?
-Was wird er machen?
-Was könnte ermachen?
Dadurch entsteht in dem Setting hauptsächlich der Gruselfaktor.
Wüsste man, dass er kommt und lässt man ihn wie ein normaler Mensch handeln, dann wird es eher ein Thriller oder Actionfilm, je nach Ausrichtung.
Ach Mensch, es ist echt schwer das genau zu beschreiben, was ich meine^^
Es ist bestimmt irgendwie möglich mit völlig offenen Karten eine tolle Gruselgeschichte zu erzählen, aber ich stelle mir das sehr schwer vor und mir fällt auch kein Beispiel dazu ein.

"Angst vor dem Unbekannten" ist leicht in einem Medium weiterzugeben.
Ansonsten gibt es noch "Angst vor Schmerz/Gewalt", was aber nicht durch einen Film etc. wirklich vermittelt werden kann, da der Konsument die ganze Zeit weiß, dass er sicher ist. Er muss also nicht um sich oder seine Gesundheit fürchten.
Auch andere Ängste, wie Verlust, kann man höchstens simulieren oder kann dadurch entstehen, dass der Konsument diese Ängste schon erfahren hat. Dass sind aber dennoch eher "Kopien" oder "Abklatsche" Der echten Angst.
Mit einer nicht bestimmbaren, nicht greifbaren Angst ist es einfacher zu arbeiten, da dort vor allem die eigenen Fantasie angesprochen wird und da hat jeder sein eigenes, ganz spezielles "Monster", dass er für das Unbekannte einsetzen kann.
Das ist der riesen Vorteil davon, denn kein Regisseur kann die Ängste eines jeden mit einem Stereotyp erfassen, aber jeder hat seine ganz persönlichen Dämonen.

Ich hoffe, damit konnte ich deutlicher zeigen, was ich meine :)

Und ja, ich nutze Horror, Grusel und Angst synonym, da jeder hier wissen wollte, welche Form ich damit meine. Sorry, falls es dadurch zu Uneindeutigkeiten kommt^^

Sabaku
11.12.2015, 10:05
"Angst vor dem Unbekannten" ist leicht in einem Medium weiterzugeben.
Ansonsten gibt es noch "Angst vor Schmerz/Gewalt", was aber nicht durch einen Film etc. wirklich vermittelt werden kann, da der Konsument die ganze Zeit weiß, dass er sicher ist. Er muss also nicht um sich oder seine Gesundheit fürchten.
Auch andere Ängste, wie Verlust, kann man höchstens simulieren oder kann dadurch entstehen, dass der Konsument diese Ängste schon erfahren hat. Dass sind aber dennoch eher "Kopien" oder "Abklatsche" Der echten Angst.

Meep, Einspruch!

Es gibt schon einen Grund, warum manche Leute -obwohl sie die empfohlene Altersgrenze überschritten haben - Splatter oder Gewaltfilme meiden, weil es sie wirklich ernstlich unangenehm werden kann, wenn du versuchst den Eindruck zu verarbeiten und dich in die Figur hineinzuversetzen versuchst, der eben gerade Schmerz zugefügt wird. Wenn du bei SAW jemandem zusiehst, wie er sich selbst Fettschwarten abschneidet um sich aus einer tödlichen Falle zu retten, oder sich das Opfer bei Hostel mit einem Knebel im Mund übergibt, weil er gerade mit einer Kettensäge vor dem Gesicht bedroht wird, setzt bei vielen Zuschauern ein Mitfühlen ein, und wenn du richtig richtig empfänglich für solche Geschichten bist, dann spürst du den Impact noch weit über den Film hinaus. Du traust dich vielleicht für 2 Wochen nicht alleine nachts aufs Klo, du hast Alpträume, du bist nervös wenn du alleine bist, soetwas kann dir je nach Empathie leicht passieren und dich so schnell nicht wieder loslassen. Sowas nenne ich Angst. Ich glaube sogar dass diese Art von Angst weitaus weitaus begreiflicher erscheint, weil der Zuschauer weiß, was Kettensägen im Gesicht alles anstellen, oder spüren das Ziehen im Mund, wenn du bei GTA nem Typen die Zähne mit einer Zange ziehst, weil jeder schonmal beim Zahnarzt war und fast jeder schonmal einen Zahn gezogen bekommen hat, und das ist schon mit Betäubung nicht schön.
Was bei Slenderman passiert ist völlig schleierhaft, ich habe ja das ganze Spiel über nichtmal einen Anhaltspunkt was genau er mir eigentlich antun möchte. Das einzige was dich erschreckt ist das plötzliche Erscheinen, und das ist ungefähr so gruselig wie jemand der mir überaschend von hinten eine Hand auf den Rücken legt - is zwei Sekunden erschreckend und danach zwei Minuten awkward, weil es schon irgendwie dämlich ist. Manche finden solche Art von Horror cool, sei ihnen gegönnt. Ich hab ja oben schon erwähnt, dass verschiedene Gemüter verschiedenes Angsteinflössend finden - ich persönlich finds derbe langweilig.


Dazu gibt es übrigens auch einen interessanten Artikel auf Game Star, was den Realismus von Gewalt in Videospielen angeht, und warum es nicht im Interesse eines Entwicklers ist, echte Gewalt darzustellen. (http://www.gamestar.de/specials/reports/3025598/gewalt_p2.html)

Wenn du einer von den ganz harten bist, denen das leicht fällt, dann wisse: Es gibt genug Leute die diese Kategorie von Medien bewusst meiden oder sehr sehr unangenehm finden, weil sie ernstlich Angst bekommen. Natürlich ist das Irrational, genau so ist es Irrational Angst vor den meisten Spinnen zu haben, trotzdem gibt es diese anerkannten Phobien und die sind garantiert nichts lustiges. ;)

Eddy131
11.12.2015, 12:25
@Sabaku: Das widerspricht meiner Aussage ja nicht ;)
"kann dadurch entstehen, dass der Konsument diese Ängste schon erfahren hat." --> "weil der Zuschauer weiß, was Kettensägen im Gesicht alles anstellen", "weil jeder schonmal beim Zahnarzt war und fast jeder schonmal einen Zahn gezogen bekommen hat".
Diese Ängste beruhen auf Erfahrung. Und jeder Mensch hat da andere Erfahrungen und Ängste. Wie du richtig schreibst, manche kriegen bei solchen Filmen schnell Alpträume, andere nicht. Darauf wollte ich ja hinaus. Greifbare, konkrete und real erfahrbare Ängste sind nicht für jeden gleich greifbar, konkret und real, eben je nachdem, was für Erfahrungen man schon gemacht hat und wie die Persönlichkeit ist.
Beim Unbekannten kann man seine eigenen Erfahrungen besser hineinprojizieren und die sind immer genau auf die eigene Person zugeschnitten.

Und nochmal: Slenderman ist nur ein Beispiel, da es eine Zeit lang recht populär war, ich daher davon ausgehen konnte, dass das viele kennen und es gut zeigt, was ich meine. Ich kenne das Spiel auch nur aus diesen "Ich Film mich beim Horrorspiel spielen"-Youtube Videos und hab's selber nie gespielt, einfach weil ich es langweilig finde. (wobei die Videos lustig sind ;) )
Ich hatte es genommen, da es das Konzept des Unbekannten gut zeigt und weil es dort funktioniert (ob man's mag oder nicht).

Norpoleon
11.12.2015, 15:59
Ich finde die Handlung an sich nebensächlich.
Es muss nur zu jederzeit klar sein: Irgendwas ist hinter mir her/ irgendwas stellt sich mir ständig in den Weg.
Ist besser, wenn man gar nicht erst versucht, zu erklären, warum & wozu das ganze; & die Umstände offen lässt für die Interpretation des Spielers. Leute haben Angst vor Dingen, die sie nicht erklären können.

Aber die Charaktere in einem Horrorspiel, vorallendingen die NPCs, sollten den Spieler verunsichern & bestenfalls in eine bedrohliche Atmosphäre einlullen.
Genau so gut fände ich es allerdings, wenn es so wenig NPCs & normale Menschen wie möglich in einem Horrorgame gibt; das wäre dann einer depressiven, hoffnungslosen Atmosphäre dienlich.

starkev
11.12.2015, 19:01
Für mich sind die Geschichte und die Charaktere das wichtigste in Horrorspielen. Horror- und Mysteryspiele können es sich nämlich so richtig erlauben, absolut durchgeknallte und ekelhafte Geschichten zu erzählen, die für ein Unbehagen des Spielers sorgen sollen und genau das liebe ich.
Dieses, zum Beispiel: "OMG, ich werde verfolgt und so" ist ein Standard von: "Ich will Leute erschrecken, mir fällt aber nix Originelles ein, also mach ich's so."
Versteht mich nicht falsch, diese Verfolgungskiste und andere Klassiker des Horrorgenres kann man durchaus nutzen, um andere originelle Ideen zum Vorschein zu bringen, doch interessiert es mich, was das Ekelhafteste und Widerträchtigste ist, was die Menschen sich ausmalen können, die eine Horrorgeschichte schreiben und wie sie es schaffen, dementsprechende Charaktere zu erschaffen, die das Unbehagen des Spielers nur so verstärken.

Viel zu Schade finde ich es, dass die meisten Schreiberlinge es sich nicht trauen, moralisch absolut inkorrekte Dinge zu schreiben und wenn es jemand macht, wird gleich darauf rumgehackt. Ich aber steh auf so 'n Zeug.

Kelven
12.12.2015, 08:37
@starkev

Viel zu Schade finde ich es, dass die meisten Schreiberlinge es sich nicht trauen, moralisch absolut inkorrekte Dinge zu schreiben und wenn es jemand macht, wird gleich darauf rumgehackt.
Was denkst du denn, warum das so ist? Ich glaube nicht, dass das seitens der Autoren so viel mit Mut zu tun hat. Die meisten wollen es gar nicht. Wenn man etwas für moralisch falsch hält, dann möchte man es oft auch nicht in der eigenen Geschichte sehen, es sei denn, man möchte es anprangern. Die Kritik seitens der Leser ist genauso verständlich. Die Grenze zwischen Auseinandersetzung und Verherrlichung ist schmal. Man weiß, dass sich Menschen an Gewalt/sexueller Gewalt ergötzen und selbst wenn der Horror nicht ganz offen so gedacht ist, geht er meistens doch irgendwie in Richtung Exploitation Film.


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Ich möchte wieder zur Titelfrage zurückkommen und mir mal anschauen, wie Horrorspiele per Text (egal ob geschrieben oder gesprochen) erzählen. In sehr vielen Spielen findet man Aufzeichnungen, die Hintergrundinformationen über Figuren und Welt liefern. Diese Aufzeichnungen sind optional, also für die Entwickler nicht so bedeutend, dass sie dem Spieler in einer festen Szene gezeigt werden müssen. Im Gegensatz dazu sind die gesprochenen oder geschriebenen Cutscenes für das Verständnis der Handlung notwendig. Hier fällt auf, dass die Horrorspiele - sicher auch wegen ihrer Kürze - vergleichsweise wenige Cutscenes haben. Manche Szenen haben auch nur den Zweck, Gameplay einzuführen, die kann man nicht mitzählen. Deswegen wundert es mich, wenn Handlung und Charaktere so hervorgehoben werden. Ich mein, natürlich kann jemand die Hintergrundgeschichte interessant finden und die Atmosphäre packend, aber dadurch wächst ja nicht der Anteil der Story an der Gesamtspielzeit. Ein Spiel, das ein Adventure bzw. Action-Adventure ist, und sich damit auch durch die Mechanik dieser Spielgenres definiert, erzählt nicht so viel. Ich stell hier jetzt alle Handlungen des Spielers (untersuchen, gehen, flüchten, kämpfen usw.) den Cutscenes gegenüber. Das Gameplay steht eindeutig im Vordergrund. Und das führt mich zum Schluss, dass so gut wie alle Horrorspiele, die Adventures und erst recht Action-Adventures sind, eine vergleichsweise dünne Handlung haben und es anders auch gar nicht geht, weil die Spiele sonst nicht zu den entsprechenden Spielgenres gezählt werden könnten. Wenn man mal den Geschmack beseite schiebt, man mag das eine Setting und die eine Geschichte eben lieber als die andere, dann ist es doch so, dass sich die ganzen Horrorspiele erzählerisch nicht so viel nehmen. Trotzdem erwecken die Kommentare zu den Spielen den Eindruck, als ob manche Horrorspiele viel zu erzählen haben, sich quasi durch ihre Handlung definieren. Das tun aber eigentlich nur Spielgenres wie Visual Novels oder interaktive Filme. Sobald man hauptsächlich Gameplay hast, definieren sich die Spiele auch dadurch und gerade bei actionorientierten Spielen würde ich sogar sagen, dass die Handlung nahezu bedeutungslos ist und das auch sein darf.

Eddy131
12.12.2015, 12:40
gerade bei actionorientierten Spielen würde ich sogar sagen, dass die Handlung nahezu bedeutungslos ist und das auch sein darf.
Halt, dem widerspreche ich! Auch wenn die Story minimal ist (auch bei anderen Genres), ist sie ein essentieller Teil des Spiels.
Warum denkst du, gibt es praktisch kaum spiele (jetzt auf das Genre Horror bezogen) ohne Story? Weil selbst eine kleine Geschichte das Spiel direkt aufwerten.
Selbst wenn die Story nur aus "Prota findet nachts ein Haus, dort ist irgendetwas, seltsame Dinge passieren, Ende" besteht, dann will der Spieler herausfinden,
was dort im Haus ist, wie diese seltsamen Dinge passieren und ob es da wohl eine Geschichte zu gibt.
Und ganz rausnehmen kann man die Story meist eh nicht, ohne den Horror zu zerstören. Denn selbst wenn kein Wort gesprochen oder sonstwas erzählt wird,
bleibt dennoch das Verlangen des Spielers mehr herauszufinden. Die seltsamen Ereignisse etc. sind ja im Normalfall sowohl Teil der Story als auch des Gameplays.

Und ich stell mal die These auf, dass 90% aller anderen Genres ebenfalls nur eine minimale Story aufweisen. Horror ist da meiner Meinung nach kein Einzelkandidat für.
Die meisten Handlungen sind - wenn man sie auf das Wesentliche runterbricht - sehr einfach. Dieses Schema ist z.B. sehr oft anzutreffen (gerade in RPGs): Irgendwas passiert, dass der Held aufbricht. Auf dem Weg erlebt er viele Abenteuer (die man alle in die Kategorie "Gameplay" und "Ausschmückung" stecken kann). Ein paar wenige Informationen über die eigentliche Story bekommt man auch hier und da. Am Ende löst sich das Anfängliche Problem (mehr oder weniger).
Was hier die Story "voller" wirken lässt, sind oft einfach nur Nebenstorys, die auch interessant und gut sein können, aber eigentlich nichts mit der Haupthandlung zu tun haben - und meist auch im Umfang sehr klein sind. Hinzu kommen die langen Laufwege, die die Illusion von langer verstreichender Zeit erwecken.
So ganz allein ist das Genre Horror damit also nicht, wenn man - wie du es schreibst - alles unwichtige und Gameplaymäßige aus der Handlung streicht ;)

Kelven
12.12.2015, 13:42
Bedeutungslos heißt, dass die meisten Horrorspiele nicht mit der Handlung stehen und fallen bzw. es zumindest nicht sollten. Man sollte ein Werk daran messen, was es sein will, nicht an dem, was man gerne gespielt hätte. Die Entwickler versprechen einem ja nur sehr selten etwas anderes, als sie tatsächlich gemacht haben. Ist ein Spiel, das unheimlich sein soll, gar nicht unheimlich, dann würde ich das kritisieren. Aber würde man z. B. Resident Evil 4 vorhalten, nicht unheimlich zu sein, dann ist das fast so, als würde man einer Komödie vorwerfen, kein Drama zu sein. Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Genres.

Viele Rollenspiele haben eine deutlich umfangreichere Handlung als Horrorspiele, zu der übrigens alle Handlungsstränge gehören, auch die der Nebenfiguren. Natürlich lassen sich alle Handlungen knapp zusammenfassen, dann erscheinen auch die der Rollenspiele unbedeutend, aber es liegt auf der Hand, dass man so nicht verfahren kann, wenn man über den Umfang der Handlung sprechen möchte. Die Handlung eines Spieles ist wie gesagt die Menge aller Dialoge und Cutscenes, eben das, was die Charaktere denken, fühlen und sagen. Schon alleine wegen der längeren Spielzeit der Rollenspiele ist die Handlung dort umfangreicher und im Gegensatz zu den meisten Horrorspielen versuchen die Entwickler zumindest, die Figuren im Laufe der Geschichte auszuspielen (dazu gehört z. B. auch die oft genannte Reifung der Charaktere).

Natürlich ist selbst die Handlung der Rollenspiele einfacher als die der meisten Bücher und vieler Filme, das ist ja auch wieder eine Frage des Umfangs. Außerdem gibt es Rollenspiele, die mehr Wert auf die Handlung legen als andere. Trotzdem kann man grundsätzlich sagen, dass Rollenspiele mehr Handlung als Horrorspiele haben.

Zurück zum Thema. Mir gehts um zwei Dinge:

Wenn du als Entwickler ein Horrorspiel machen möchtest, bei dem es vorrangig um die Handlung geht, das die Spieler also vor allem wegen der Handlung spielen sollen, dann ist es doch eigentlich kontraproduktiv, wenn die Spieler die meiste Zeit herumlaufen, Rätsel lösen und Monster bekämpfen. Das hat lil_lucy ja schon mal angesprochen. Das Gameplay wäre dann nur ein Alibi. Du als Entwickler musst dich also fragen: Worum solls denn im Spiel gehen? Was soll im Mittelpunkt stehen? Zwangsläufig wirft das die Frage auf, ob die Makerentwickler die Horrorspiele vielleicht falsch angehen und zu viel von (Maker)Rollenspielen einfließen lassen. Man könnte sogar noch eine viel elementarere Frage stellen: Eignet sich der Maker überhaupt für Horrorspiele?

Der zweite Punkt ist, dass ich es ein wenig unfair finde, wenn man von Horrorspielen eine Handlung erwartet, die selbst Rollenspiele nicht haben (können). Klar, die schriftstellerischen Fähigkeiten unterscheiden sich von Person zu Person, aber irgendwann stößt man an eine Grenze, die selbst ein hervorragender Autor nicht überwinden kann, weil dazu einfach die Zeit fehlt und der Aufbau eines typischen Spiels doch anders ist als der eines Buchs oder Films. Das Thema soll sich zwar allgemein um alle Horrorspiele drehen, aber ein wenig egoistisch und eitel bin ich schon und deswegen hab auch meine Spiele im Kopf. Ich finde es schon etwas befremdlich, dass von meinen Spielen so viel mehr erwartet wird als von den anderen. Ich hab ja nicht den Anspruch erhoben, es besser als die anderen Entwickler zu können.