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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : wer versteht´s?



letmedie
17.02.2003, 04:11
Knaaar

Es war einer dieser Momente, die er so hasste. Er in diesem Zimmer. Ein Brief bat ihn hierher. Ein Brief, nein ,nicht der Brief, die Person, die den Brief unterschrieben hatte. Seine Hand wühlte nach einem verknitterten Papier in einer großen schwarzen Tasche: „Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt, es ist auch ohne Unterschrift gültig“, lautete der kurze Satz am Ende des Papiers. Also doch, auch wenn es der Brief nicht ist, ein seelenloses Ding hätte ihn herbestellt. Links oben stand eine Nummer, unter ihr war er überall bekannt. In jeder Ecke dieses Landes, jeder konnte diese Nummer sehen, konnten sie ihn auch denken, essen, atmen, leben sehen? Ihm drängte sich die Frage auf, ob er überhaupt noch als ein Wesen, das eine Seele besitzt, gesehen wurde oder ob er nur noch eine Nummer in einer endlosen Kette von Nummern ist.
Ein Frau kam in das Zimmer. Sein Blick schnellte hoch, nicht, weil er sah, wie sich die Tür öffnete, sondern er spürte den kalten Lufthauch in dieses Zimmer hineinwehen. Es war überhaupt sehr warm in diesem Raum hier, vielleicht lag es daran, dass kein Fenster geöffnet war, vielleicht daran, dass die Heizung auf Maximum stand, aber vielleicht auch an dem flauen Gefühl, das er verspürte.
Die Frau an der Tür, sie war ganz in Weiß, eines dieser sterilen Weiß, die selbst dann schimmern, wenn alles ringsherum in ein undurchdringliches Dunkel getaucht ist, sagte etwas. Noch bevor er ihre Worte vernahm, erhob sich ein anderer, der mit ihm in diesem Raum saß, und folgte ihr. Ja, er war nicht allein hier, das hätte wohl sein Gefühl noch verstärkt. Dieses, welches man verspürt, wenn man zum Zahnarzt geht, man nicht ahnt ob man dieses Mal glimpflich davonkommt. Würde er es dieses Mal?
Sein Stuhl knarrte. Ein Geräusch, das auf einen aufmerksam macht, denn alle Blicke treffen einen genau im nächsten Moment. Nun wünscht er sich den Stuhl geräuschlos machen zu können, mit einem bösen Blick, funktioniert es? Knaaar! Nein! Ablenken!
Ein sanfter Rundumblick verriet ihm nun, dass er sich bis jetzt nicht einmal umgeschaut hatte. Es war ein kleiner Raum, eine sterile Tür, in der Mitte ein Tisch, in diesem Tarngrün, welches bei der Bundeswehr genutzt wird, sollte der Tisch versteckt werden? An der Wand eine Reihe Spinde, 2, 4, 6, 8, 10, genau 10 waren es. Und abschließend eine Holzdecke, sie drückte, drückte nicht nur auf das Zimmer, wie eine Last von 20 Elefanten, nein, sie drückte auch auf ihn, auf den neben ihm und alle um ihn.
Die weiße Frau kam wieder, dieses Mal hörte er, wie sie „Mitkommen“ rief, aber davor rief sie noch etwas, mit einem -vier am Ende. Wieder erhob sich jemand und folgte ihr. -Vier, was ist das für eine Name, mit einem -vier am Ende, oder war es die Nummer? Die Nummer, links oben in der Ecke. Scheinbar sind wir alle nur noch Nummern in einem System.
„Weißt du, was mit uns passiert?“, schnappte er von der rechten Seite auf. Er war nicht gemeint, ein großer Stämmiger, etwa 20-Jähriger schaute an ihm vorbei. „Nein, stand ja auch nichts in dem Brief“, kommt als Antwort von links. Etwas hager wirkt der Junge auf der anderen Seite. Er holte wieder das verknitterte Papier hervor. Ein kurzer Überblick verriet ihm Ort und Zeit, aber nicht weswegen er hier sein sollte, waren die anderen auch deswegen hier?
Nun gut, blieb nur Abwarten. Die Weiße kam wiederholt rein, und das Zimmer leerte sich, scheinbar war er der letzte, weil keiner nach ihm kam und warten musste. Er hörte nichts, sah nichts, niemand kam zurück.
Was würde wohl geschehen? Was wäre, wenn er dann einfach nicht da wäre? Niemand könnte ihn aufrufen!. Wer würde sein Verschwinden schon bemerken? Er hatte in einer Ecke gesessen, die Weiße würde ihn schon nicht bemerkt haben. Doch was passiert, wenn er die Tür öffnet und dann wieder hinter sich schließt? Es kann nur ein schreckliches Ende nehmen, weil ja alle wissen, was mit ihm geschehen ist. Geschehen, das ist vielleicht das falsche Wort, aber freiwillig hat er es nicht getan. Sein Bild war am nächsten Tag in der Zeitung gewesen, riesengroß, jeder kannte ihn und vielleicht auch seine Nummer.2 Tage war dies nun her und sein Leben war seitdem ein einziges Entfliehen vor den Leuten, die auf ihn zeigten. Vielleicht war es den anderen ähnlich ergangen. Er fühlte sich damals wie ergriffen von einer Lust. War er noch er selbst gewesen? Wahrscheinlich ist es auch bis hierher vorgedrungen und deswegen war er hier. Den Brief hatte er am Zeitungstag in seinem Briefkasten gefunden, aber er musste nicht erst an diesem Tag eingeworfen worden sein, denn er war ein paar Tage zuvor nicht daheim gewesen. Um sich Mut zuzusprechen, bestritt er in sich, dass der Brief an genau dem Tag des Bekanntwerdens in seinem Briefkasten landete. Immer wieder sprach er die Worte „Er war an einem anderen Tag im Kasten“ vor sich hin.
Lange hatte sich nicht die Tür geöffnet und es regte sich in ihm schon die Hoffnung, dass sie ihn vergessen hätten, als ....Knaar. Es war nicht der Stuhl. Die Tür. Die Weiße.


Kommentar noch von mir: Diese kurzgeschichte wurde zuletzt in einer Schülerzeitung veröffentlicht und teilweise in Deutschstunden besprochen, ich schreibe später noch etwas dazu.

basti-kun
23.02.2003, 03:43
so, ich oute mich mal dass ich doof bin und frage nach einer auswertung.
^^

Zieg Feld
23.02.2003, 03:56
Recht Rätselhaft :confused: :confused:
Worum gehts da eigentlich? Was hat der kleine angestellt?
Oder soll das etwa nur eine Metapher für etwas sein, was jedem im täglichen Leben passieren kann, ein Ereigniss, welches jemanden bekannt macht, obgleich freiwillig oder nicht?
:confused: :confused:

letmedie
23.02.2003, 21:01
Wahnsinn Zieg Feld ist ganz nah dran. Die Idee kam nach der Musterung. An sich hat sie keinen tieferen sinn, sondern drückt nur aus, das man schlecht irgendetwas oder irgendwem entkommen kann.

Mithrandir Moon
24.02.2003, 21:09
mh... find ich irgendwie n bissl wirr. Er ist da, weiß aber nicht warum. Weiß ja nicht mal wo er ist. Oder was er da machen soll... wieso geht er dahin, wenn er nicht mal weiß, was ihn da erwartet, dass er vielleicht 'nie mehr zurück kommen' würde...

Selbst wenns nur ne Metapher ist, imho hätte man sie n bisschen anders ausführen können :D - regt aber zum nachdenken an, besonders wenn man sich noch ein paar Dinge dazuspinnt.