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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Dorf Gottes 2-Tag 2



Einheit092
28.03.2013, 19:12
Das Dorf schlief unruhig nach dem Tod einer Unschuldigen. Einige jedoch gingen untersuchenden oder tötenden Beschäftigungen nach und so fanden die Dorfbewohner wieder drei aufmerksamkeitserregende Dinge vor als sie an diesem regnerischen Samstag des Jahres 1480 auf ihren Dorfplatz kamen:

Unmittelbar fiel ihnen die Leiche der nonnigen Nonne Maria auf, welche im Tode nicht mehr einer Nonne würdig aussah; ein Messer im Herzen steckend und voller Dreck. Offenbar war sie bewegt worden; sie lag genau in der Mitte des Platzes.

Dabei gingen fast die beiden Stücke Papier unter, welche am für Ankündigungen üblichen Platz hingen:

Auf dem einen stand das jemand eine Durchsuchung bei Konrad Elkarst vorgenommen hatte. Daraufhin war der offenbar Verfluchte aus der Stadt vertrieben worden.

Der Andere stammte vom Pfarrer, welcher bei seiner Stimmabgabe wieder Hinweisen aus der Bevölkerung nachgegangen war und Noel De'chrones'tulem(Nonsense) wählte. Überdies zeigte er sich zuversichtlich das heute eine Bedrohung für das Dorf hängen würde, nachdem ja bereits ein teuflisches Geschöpf verschwunden sei.


Der Tag beginnt und endet Mittwoch um 20 Uhr.

Viviane und Wencke sind leider ausgeschieden.

Viviane
28.03.2013, 19:18
To build a home (http://www.youtube.com/watch?v=QB0ordd2nOI)

Silbrig schimmernder Pelz. Mondlicht auf vibrierenden Flanken. Ein Silberdolch. Blut auf dem Schnee. Ein Mantel, wie für Herzöge gewoben.
Ein weißer Hirsch.
Silberglöckchenlachen.
„Wach auf, Konrad. Wach auf.“

Er folgte dem Ruf und blickte verwundert auf das Meer aus roten Locken, die seine Nasenspitze kitzelten. Als er sich sacht von der Wand wegbewegte, fiel ihm gleich eine ganze Luise in den Schoß. „Muss mein Glückstag sein.“, murmelte er müde. Sie reckte sich unruhig, wachte aber nicht auf. Nun, immerhin war sie nicht über ihn gestolpert. Aber was machte sie hier draussen? Hatte sie etwa auf ihn aufpassen wollen? Ein Blick zum Dachfenster zeigte ihm, das es immer noch tiefe Nacht war. „Ach Luise... liebe Luise.“, flüsterte er liebevoll. Er trug sie sorgsam zurück in ihr Zimmer und legte sie ins Bett. Sie war noch so klein... als könne sie seine Gedanken hören murrte sie leise im Schlaf, was Kürbis mit einem leisen Japsen erwiderte. Konrad schüttelte sacht den Kopf. Klein, aber in ihr steckte mehr als man auf den ersten Blick sehen konnte...
Er deckte sie sorgfältig zu, strich ihr eine störrische Haarsträhne aus der Stirn und summte dabei ein Schlaflied, das sie beide immer gern gehabt hatten. Beim 'Morgen früh, wenn Gott will wirst du wieder geweckt' angekommen, fiepte etwas zwischen seinen Beinen. Er hob den jungen Fuchs hoch und setzte ihn auf ein Schafsfell am Fußende von Luises Bett. „Pass auf sie auf Kürbis, ja?“ Ein Gähnen und ein Zungenblecken blieben die einzige Antwort, ehe sich der Knirps zu einer Kugel zusammenrollte.
Er würde ihr Lavendel und Hopfen im Zimmer aufhängen, wenn er zurück war. Das half manchmal gegen die Alpträume, die auch ihn regelmäßig plagten. Bis dahin hoffte er, würden die Nachtmahren sie vor allzu schrecklichen Alpträumen verschonen. Vor denen konnte er sie zu seinem Bedauern nicht immer beschützen.
Mit einem, „Träume süß, Prinzessin.“ , zog er die Tür sacht hinter sich zu.

Die beiden Kutschenpferde die in den Wirtsställen untergebracht waren, blickten gutmütig zu ihm hinüber, als er den Stall betrat. Und doch spürten sie ebenfalls das etwas völlig anders war. Vor allem der schwarze Kobold war unruhig. Konrad redete beruhigend auf sie ein, sparte nicht an Liebkosungen und Entschuldigungen für den schlechten Dienst der letzten Tage. Als der Stall sauber und ordentlich vor ihm lag sattelte er Kobold für einen kleinen Morgenausritt. „Die Bewegung wird uns beiden gut tun. Na was meinst du?“ Das alte Kurierpferd knabberte zur Antwort nur an seinem Nacken und hinterließ einen breiten Schmutzstreifen in seinem Gesicht, als er sich an ihn anschmiegte. Sein Atem rasselte leise, ansonsten waren nur ein paar Fliegen zu hören und die wenigen Vögel, die bereits erwacht waren. Er führte den Rappen hinaus und band Kobold draussen an einem Birnenbäumchen an, um sich noch ein wenig Proviant aus der Stube mitzunehmen.
Man muss auf alles vorbereitet sein, hatte sie immer gesagt. Bei einem Morgenausritt konnte zwar nicht viel passieren, aber wenn er im Wald eine Kleinigkeit aß würde ihn wenigstens niemand an den Pfarrer verpfeifen. „Ich würde ja wirklich gern wissen, wer das war...“ Der Duft von getrockneten Kräutern stieg Konrad in die Nase, als er die Tür zum Wohnhaus öffnete. Auf dem alten Holzbalken über der Tür standen die Töpfchen, in die er einige Küchenkräuter gesäht hatte. Er begutachtete glücklich wie die kleinen Pflänzchen aufgegangen waren, nahm einige von ihnen herunter und trug sie in die Wirtsstube.

Er stellte eben die kleinen Pflänzchen an das große Ostfenster des Raumes, da drückte sich ein warmer Körper an sein Bein. „Nein Rüdiger, ich hab nichts für dich.“ Ungläubiges Japsen war die Antwort. „Na schön, wenn ich ausreite werd ich dich mitnehmen. Aber nur damit Bruni dich für eine Weile loshat, du treuseliger alter Flohteppich. Na komm. Aber sei leise.“ Er ging in die Hocke und kraulte dem Schäferhund die Ohren als er die Treppe bedrohlich laut knarzen hörte. Da stand doch jemand im Dunkeln! Waren die Lumpa-Bastarde etwa doch hier einquartiert? War Brunhild in Gefahr? Er griff sich einen Schürhaken vom Kamin und hielt sie wie eine Waffe vor sich.
„Ha!“, ertönte es in dem Moment von der Treppe her und etwas Großes und Schweres pfiff knapp an seinem Ohr vorbei. Erschrocken erstarrte Konrad - einen Moment später zog ihm auch schon jemand ein Stück Holz über den Schädel. Im folgenden sehr kurzen Gerangel glitt er auch noch auf den ausgetretenen Holzdielen aus, ließ vor Schreck seine Waffe fallen und zog den Angreifer erschrocken mit sich zu Boden. Trotz der Beule, die sich auf seinem Hinterkopf ausbreitete, gewann er rasch die Oberhand und seine rauhen Hände hielten nun ein paar schmale Handgelenke samt Besenstiel fest umklammert. In diesem Moment erkannte er sie im Schein der Kaminglut.
„Brunhild!" Er lachte auf und die Angst fiel von ihm ab. Es war kein Kuttenträger, es war nur Brunhild in ihrem berüschten Nachthemd – mit einem Besen bewaffnet. „Konrad! Meine Güte, ich dachte schon, jetzt kommen sie um mich zu hol'n.“ "Verzeih, ich wusste nicht das du es bist. Was hast du da nach mir geworfen?“ „Die Teigrolle.“ „Da hab ich ja Glück gehabt, das du mir nur mit dem Besen eins übergezogen hast. Wart' ich helf dir auf.“ Sein Händedruck war fest und kühl als er sie mit sich zog. Die störrischen rotblonden Haare umrahmten indes im Gegenlicht der Fenster seinen Kopf wie einen Heiligenschein.
Brunhild zündete rasch einen der Kerzenleuchter an, damit sie im Dunkeln nicht erneut hinfielen. „Verzeih, ich wollte nur niemanden aufwecken. Hast du dich verletzt?“ Der Moment hatte durchaus etwas komisches, wenngleich Konrad aber vor allem besorgt aussah. Sie war ein gutes Stück kleiner als er, also beugte er sich ein Stück herab, nur um sie nach einem Kopfschütteln ihrerseits fest zu umarmen. Der sachte Duft nach Muskat, Kiefer und Pferden umfing die och immer etwas schlaftrunkene Brunhild. „Ich bin froh das dir nichts passiert ist.“ Auch seine Augen konnten Lächeln, wie sie nun im Schein der Kerzen bemerkte.
„Was tust du denn hier um diese Zeit?“ „Na, ich wollte mir nur ein wenig Proviant holen und dann ausreiten. Wirklich Schlaf gefunden hab ich keinen und Luise... sie macht sich mehr Sorgen um mich als ich um sie, so scheint es.“ Brunhild nickte wissend und gähnte dann sacht. Dann tappste sie zielstrebig in die Voratskammer hinüber. Mit halbgeöffneten Augen suchte sie offensichtlich nach etwas und zwischen einer Ansammlung von Kisten und Mehlsäcken zog sie dann ein Blech hervor, das sie offensichtlich dort versteckt hatte. Vor ihm? „Konrad, schau mal was ich gestern Nacht noch gebacken hab. Apfelstrudel. Den hast du doch so gerne.“ „Brunhild...“, er tadelte sie inzwischen nur spielerisch, weil ihm das Necken viel zu viel Spaß machte. Aber dann nahm er das Bündel mit einem Lächeln entgegen und versenkte es im Beutel. Verlegen, weil er sich bewusst wurde das weder Brunhilds glänzende Augen noch ihre Abendgarderobe ihm dabei halfen die richtigen Worte zu finden, fuhr er sich über den Hinterkopf und betastete die Beule. Nicht wirklich schlimm... zum Glück. „Wenn ich wiederkomme bringe ich dir einen schönen Wildblumenstrauss mit.“, flüsterte er ihr zu,"Hoffentlich reicht das um dich für den Schreck zu entschädigen." Sie standen einige Momente schweigend da. Der Regen draussen ebbte ein wenig ab, die Vögel hoben ein wenig lauter ihre Morgenlieder zu trällern.
Konrad ging die zwei Schritte zum Kamin und zog einen großen Überwurf aus zimtfarbener Schafswolle vom Ledersessel, der dort stand und in dem er nach einem langen Tag immer am liebsten saß, und hüllte die Wirtin darin ein. Vorsichtig nahm er ihre Hand und legte sie an seine Wange. „Du bist ja schon ganz kalt. Auf, geh wieder zu Bett und sieh zu das du noch ein wenig Schlaf bekommst. Und verriegel die Tür hinter mir. Ich möchte doch nicht das meiner liebsten Wirtin etwas zustößt. Wobei ich mir wohl eher um die Kerle Sorgen machen muss, die versuchen wollen Dir in die Quere zu kommen. Es tut gut zu wissen, das du in Sicherheit bist.“ Eine wohltuende Gelassenheit und Zuversicht ging in diesem Moment von ihm aus. Und noch etwas anderes, unaussprechliches lag in der Luft.
Goblins ungeduldiges Wiehern ließ ihn sich dann in Bewegung setzen. Er zögerte einen Augenblick an der Türschwelle und zwinkerte ihr zu. „Träum was schönes.“ Dann war er fort.

Zurück blieben eine Reihe Töpfe mit Küchenkräutern auf dem Fenstersims und der beruhigende Duft nach Muskat, Kiefer und Pferden, der noch im Überwurf hing.


Vide cor meum [Sieh mein Herz] (http://www.youtube.com/watch?v=j2Wv5AvqzfE)

Regen tanzte auf den Dächern, die das Wirtshaus umgaben. Er war wieder allein. Konrad streckte sich genüsslich in der kühlen Morgenluft und trabte auf Kobold zu. Man denkt man hat alle Zeit der Welt... „Was bist du denn so ungeduldig? Ich komm ja schon mein Alter...“
Plötzlich packte ihn jemand und seine Augen wurden blind als Dunkelheit ihn einhüllte. Er konnte nicht mehr atmen. Sein Aufschrei, als ihn eine Faust im Magen traf, klang in seinen eigenen Ohren dumpf. Da erklang eine Stimme über ihm. Sie klang bekannt. „Was haben wir denn da? Ich würde sagen, ein Übel das es zu bereinigen gilt. Seht zu, das nichts von ihm übrig bleibt.“ Formlos, kalt, schwarz. Die fleischgewordene Nacht. Er war gefangen. Irgendwer hatte ihm etwas über den Kopf gezogen. „Was...?“ ein Tritt ließ ihn sich zusammenkrümmen. „Du weißt genau was. Es war nur eine Frage der Zeit bis die Spuren der Ketzer auch hier sichtbar werden würden. Aber das ausgerechnet du diesen Heiden so nachweinen würdest... “ „Das könnt ihr ni... argh!“ „Woran erkannt man einen Verdammten? Ich sage es euch. Seine Seele wiegt so schwer, das man ihm das Gewicht ansieht. Man sieht es in seinen Augen. Nicht nur die Sünde zeichnet die Seele. Nein, du Junge, du bist gezeichnet. Kein Friede, keine innere Ruhe. Rastlos. Für dich gibt es keinen Platz. Nicht hier. Es würde mich wundern wenn der Teufel dich wollte. Nichtmal in der Hölle sollst du einen Platz finden. Ein Fluch liegt auf deiner ganzen Familie! Und vor allem auf dir!“ „Wa... was redet ihr da?“
„Nun, ihr solltet zumindest wissen weswegen ihr gleich tot sein werdet. Ich lese euch vor weswegen ihr vom heutigen Tage an von der Kirche gebrandmarkt worden seid. >Bruder Justus beglaubigt hiermit das Konrad Matthias Elkarst ein häretischer Verräter vor Gottes Angesicht ist. Nach bestem Wissen und Gewissen soll dieses Ungeheuer hingerichtet werden, bevor es mehr Schaden anrichten kann.<
Konrad schwieg. All seine Befürchtungen wurden in diesem Moment war. Er hatte sein Leben auf einer Lüge gebaut. Er hatte vertraut und war verraten worden. Er sackte in sich zusammen. Kraftlos. Entsetzt. Gebrochen.
„Aber, aber Konrad. Tretet eurem Tod mit ein wenig mehr Mut entgegen. Justus meinte, ihr wart sehr nachdrücklich was eure Worte "Wir sind alle gleich unter dem Himmel" anging. Nun ich muss euch enttäuschen. Ihr wurdet gewogen, ihr wurdet gemessen und ihr wurdet für schuldig befunden. Und zwar von höheren Erwählten, als ihr es seid. Oder besser gesagt - meintet zu sein."
Konrads Kopf und sein Herz überschlug sich vor Aufregung. Doch noch konnte er sprechen. Er erwiderte seinem Richter nur mit Grabesstimme: „Bloße Gelehrsamkeit und Bildung sind eine kalte Sache, wenn das Herz ungebildet bleibt. Es gibt andere Maßstäbe als eine edle Abstammung, Geld oder gesellschaftliche Stellung. Das wissen die Einwohner hier. Und nun wie wärs wenn ihr diesen Wisch aufesst und daran erstickt? Die anderen, die ihr gottlos nennt, werdet ihr nämlich nicht so leicht finden – denn davor werden die Bürger erkennen, was hinter eurer Fassade steckt, die ihr Gerechtigkeit nennt. Inquisition. Hier. Ihr seid doch wahrlich der allerletzte... argh.“ Ein weiterer Tritt brachte ihm zum schweigen.

Sollte er ihm die Worte glauben? Dem Burschen, der vor zwei Jahren so munter in ihr Dorf gekommen war, würde es ein Fluch unmöglich machen ins Himmelreich zu kommen. Der Fluch. Er hatte von ihm geträumt. Von ihm und den nebeligen Orten. Anderwelt. Ihre Alpträume. Es machte auf einmal alles Sinn. So schrecklich viel Sinn... Ein Fluch also. Gott hatte ihn verlassen. Seine Seele würde das Dorf nie verlassen können und ewig umherstreifen auf der Suche nach Erlösung. Seine Familie. Seine Gilde. So weit fort... Adalbert. Luise. Er hörte einsame Vögel, die am Horizont ihre Kreise zogen. Sie fressen kleine Tiere, die von den Kutschen zerquetscht werden. Ein Festmahl für die Aasfresser. So sollte sein Leben also enden.

„NEIN!“

Justus mochte ihn verraten haben - aber was ihn wirklich ausmachte war nicht das, was die Kirche ihm lassen würde. Er würde sich selbst in Gottes Gnade befehlen - kein sterblicher Mensch würde zwischen ihm und seinem Gott stehen. Keiner! Mit einem silbernen Messer, das er aus seinem Gürtel zog stach er in die Hand, die ihn an der Schulter zurückhielt. Er riss die Haube von seinem Kopf und warf sie davon. Dann sprintete er los. Kobold wartete noch vorm Stall noch auf ihn – mit einem Satz galoppierte Konrad auf und davon und blickte nicht zurück. Ich mag ein schlechter Reiter sein, aber für euch reicht es allemal!, dachte er noch. Doch er ahnte es mehr als das er es sah, das es nicht der Rappe war der ihn aus der Gefahr trug sondern ein treuer und alter Freund, der ihn verteidigte. Denn niemand rief den Hund zurück, der sich nun hinter ihm auf seine Angreifer stürzte. Und er lächelte grimmig darüber. Gleichzeitig war er froh das sich sein Schicksal nicht hier in diesem Dorf erfüllen würde.

Der Ruf seines Herzens wurde lauter und Konrad folgte ihm und trieb den Rappen zu einem waghalsigen Sprint an. So ging er, wie er gekommen war - mit aufrechtem Gang und voller Zuversicht. Keiner hier würde erfahren, welche Geschichte er zu erzählen hatte. Weshalb er einen Fluch auf sich geladen hatte. Doch wenn die Kirche ihn auch verflucht nannte – Gott würde ihm vergeben. Und falls seine Rastlosigkeit wirklich mit einem Fluch zusammenhing, der seinen Ursprung in seiner Vergangenheit hatte - wie schwer konnte es schon sein ihn zu lösen, wo doch Gott über ihn wachte?

Er träumte seine Träume und beobachtete weiter den Himmel.
Die Welt bewegte sich weiter.
So zog Konrad Matthias Elkarst ein weiteres mal aus. Und der Tod folgte dem Verfluchten auf dem Fuße.

Wencke
28.03.2013, 21:19
Der Mond leuchtete durch das Fenster, und eine einzelne Kerze brannte und flackerte auf dem Nachttisch. Ansonsten war das Zimmer stockenfinster.
Maria bemerkte nicht, wie es im Gasthaus langsam still wurde, so intensiv war sie ins Gebet vertieft.
Sie kniete vor dem Bett und wiederholte einen einzigen Satz, unzählige Male, und schien damit nie aufhören zu wollen, während ihr bei jedem Mal weitere, salzige Tränen die Wange heruntertropften:
"Herr, vergib, dass ich Merete anklagte für etwas, was sie nie tat. Vergib, dass ich ihres Todes schuldig bin."
Irgendwann erlangte sie einen Müdigkeitsgrad, in dem sie einfach mitten im Satz, dem harten Boden zum Trotz, einschlief. Ihr Kopf fiel auf ihr Bett, ihr Rücken krumm, und ihre Knie würden am nächsten Tag dermaßen schmerzen, dass sie kaum laufen könnte. Doch das sollte Maria nicht wahrnehmen. Zu diesem Zeitpunkt noch aus Müdigkeit...

Da stand Merete vor ihr, stumm und mit Entsetzen im Gesicht. Es wirkte, als würde sie nach Atem ringen, doch Maria hörte keinen Ton, nicht ein Geräusch drang ihr an die Ohren. Da war nur Merete, die nach Atem rang. Maria griff sich reflexartig an den Hals, und als wäre dort ein Schalter gewesen, wurde es schlagartig dunkel. Schwarz. Tiefschwarz. Nichts zu sehen. Merete war verschwunden.
Etwas riss Maria herum. Dort sah sie die Versammlung vom Vorabend vor ihren Augen. Als ob sie erneut auf dem Platz stünde, nur dass sie diesmal gleich als Schuldige hängen würde.
"DU BIST SCHULD! LUMIANERIN!", riefen die Dorfbewohner, die alle die Gestalt Meretes hatten. Ihre Worte durchrissen die Stille, schrill und laut drangen sie in Marias Kopf ein und hallten irgendwo wieder. Ihr Echo schien so ewig zu erklingen, und doch hielt es nicht lange an. Denn in dem Moment riss Maria ihre Augen auf.

Sie lag mit dem Rücken auf dem Boden, ihre Knie schmerzten vom langen Beten am Vorabend. Ihr Atem, er schien sich nicht beruhigen zu wollen - und das nächste, was Maria wahrnahm, war eine dunkle Gestalt über ihr. Es war so dunkel... War da wirklich jemand oder bildete sie sich das ein? Immerhin kannte sie diesen Raum nicht besonders gut. Da atmete doch jemand. Oder war es Marias eigener Atem? Plötzlich blitzte etwas auf und noch ehe die Nonne erkannte, was gerade geschah, raste das funkelnde Ding geradewegs auf sie zu und rammte in ihre Brust. "Herr!", keuchte sie. Dann drehte sich alles. Ein qualvoller Schmerz durchfuhr sämtliche ihrer Glieder, und das Herz, das genau getroffen war, pumpte, ein paar wenige, letzte Male, kräftig.
Maria spürte, wie das Messer in ihr umgedreht wurde, und das Leben aus ihr wich. Schwach fühlte sie feste Griffe, die sie an den Armen und Beinen packten, und sie aus dem Raum zerrten. Zu schwach, um sich zu fragen, wohin sie gebracht wurde. Das war's.

Maria nahm nichts mehr wahr, was um sie herum geschah. Stattdessen sah sie ein letztes Mal vor ihrem inneren Auge all die Personen, die ihr wichtig waren: Ihre Mutter, die sie nie kennen gelernt hatte, sah sie so deutlich vor sich, als hätte sie sie jeden Tag ihres Lebens gesehen. Sie sah Justus. Konrad. Luise. Peter. Sämtliche Dorfbewohner. Selbst Merete war da. Doch Maria spürte nichts mehr. Es war keine Reue in ihr übrig, keine Wut, und keine Angst.

Sie war frei. Es war vorbei. Sie war tot.

Zirconia
28.03.2013, 21:37
Also machen wir es so?
Das ist in der Tat ein interessanter Plan...
Auf eine gute Zusammenarbeit, Asmo. Ich hätte nie gedacht, dass wir uns jemals einigen.
Das dachte ich vorher auch nie. Ich werde ab jetzt auch am Tag mit dir in Kontakt treten, also müssen wir das nicht immer in der Nacht besprechen.
Alles klar.

Rekon erwacht, zum Glück nüchtern, aus seinem Schlaf und seiner Diskussion mit Asmotheyx. Selbst Mina war wach, was sehr verwunderlich war. Sie war doch ein Langschläfer, oder nicht? Das sollte Rekon aber nicht weiter stören. "Papi?" begann Mina auf einmal zu sprechen "wo ist eigentlich dieses braunhaarige Mädchen? Sie war doch gestern noch im Dorf, aber anscheinend wurde ihr Haus gesperrt oder sowas. Jedenfalls kann man da nicht mehr rein...". Rekon musste sich schnell was einfallen lassen, denn er hätte nicht erwartet, dass Mina ihn so früh am Morgen damit konfrontiert. "Merete ist... ähm... Sie ist auf eine Reise durchs Land. Als du geschlafen hast ist sie zu mir gekommen um sich zu verabschieden. Weiteres weiß ich auch nicht..." sagte er um Mina nicht den Tod erklären zu müssen. Sie schien recht ungläubig, doch nahm sie die Antwort einfach so hin, sie würde einfach an einem anderen Zeitpunkt nochmal fragen. Nach einem ausgewogenen Frühstück (einem Wildschwein, was erwartet man auch bei einem Vielfraß wie Rekon... Na ja... eigentlich erwartet man einen größeren Körperumfang, aber damit kann er zu seinem Glück nicht dienen) begab er sich auf einen Morgenspaziergang. Etwas, was er eher selten tut. Als er dann den Platz erreicht hat erschrak er, denn die nonnigste aller nonnigen Nonnen, welche jetzt anscheinend nicht mehr ganz so nonnig ist lag leblos, mit einem Messer in der Brust, auf dem Platz. "Dieses Mal... hat es jemanden erwischt... aber nicht nur jemanden, sondern direkt die Kirche. Ist das ein Zeichen?" sagte er, obwohl niemand, außer die leblose nonnige Nonne dort war. Rekon rannte erstmal zurück um eine Schaufel zu holen. Man konnte diese Frau doch nicht einfach dort liegen lassen! Doch erstmal sollte man warten, bis alle diese Nachricht bekamen. Desweiteren wusste Rekon nicht, wohin die Leiche gebracht werden soll. Viele Gedanken schwirrten in Rekons Kopf herum doch vor allem dachte er darüber nach, wie viele Lumianer es in diesem Dorf gibt. Es muss an diesem Tage unbedingt ein Lumianer sterben, oder Düsterwald ist dem Untergang geweiht...

Zitroneneis
29.03.2013, 10:12
http://www.youtube.com/watch?v=RdrgglBDTE0
Sie war allein.

Ihre Füße wund. Ihr Mund trocken. Ihre Augen blind in der Dunkelheit.
Kein Mondlicht drang in das hohe Gewölbe herein. Keine Lampe erhellte die Nacht.
Lediglich das winzige Flackern einer weitentfernten Kerze erinnerte sie daran, dass es auch noch Licht gab auf dieser Welt.
Weiter tappte sie, konnte nicht stehen bleiben. Aus Furcht, etwas könne aus der Dunkelheit nach ihr greifen und sie für immer zu sich in die Finsternis ziehen.
Sie war so schutzlos. Ihre Hände umfassten die bloßen Schultern. Ihre Lippen zitterten vor Kälte. Und ihre bloßen Füße traten so unsicher auf den kalten Boden.
So schutzlos.
Zerbrechlich.
Schwach.

Die Kerze wurde nur langsam größer. Quälend lang war der Weg dorthin. Zeit war nicht mehr als eine vage Erinnerung.
Doch sie ging weiter. Und weiter. Und immer weiter.
Bis sie eine ruhige Stimme hörte, kaum mehr als ein Wispern: “Was für ein kleiner Vogel hat sich denn zu solch später Stunde hierher verirrt? Tritt näher, Täubchen, damit ich dich sehen kann!“
Die Stimme erfüllte sie mit unerklärlichem Grauen. Doch um nichts in der Welt wollte sie zurückgehen, in die vollkommene Finsternis. Es blieb nur der Weg nach vorn. Der Weg ins Licht. In die Wärme. Heraus aus der Einsamkeit.
Sie trat näher.

“Nun, was sehen meine alten Augen da? Glaubte ich eben noch, einen verirrten kleinen Vogel zu empfangen, so erkenne ich nun die schreckliche Wahrheit.“ Nichts verlor die Stimme an ihrer Ruhe. Sie klang monoton. Leblos. Kalt.
“Welche Wahrheit?“ Zweifel überkamen sie.
Die Gestalt stieß ein kaltes, humorloses Lachen aus. “Mich kannst du nicht täuschen, Wesen der Hölle. Mag dein Gesicht auch noch so unschuldig und dein Gebaren noch so zart sein – eines verrät dich.“

Sofort begann die Finsternis sich zu bewegen. Schatten sprangen auf sie zu. Hände griffen nach ihren Füßen. Zerrten an ihren Armen. Krallten sich in ihr Haar. Tausend Paar Hände.
Formlos, kalt, schwarz. Wie die fleischgewordene Nacht.
Sie wollte rennen. Wehrte sich mit Händen und Füßen. Sie biss sogar in eine Hand.
Aber es brachte nichts.
Sie war gefangen.

Schutzlos.

Zerbrechlich.
Schwach.

“Nun... willst du es wissen? Willst du wissen, wer ich bin?“ Langsam zog das verhüllte Wesen seine Kapuze zurück. “Hier. Schau nur gut hin, kleines Höllentäubchen.“

Mit einem erstickten Schrei erwachte Luise.
Draußen hörte sie das sachte Plätschern von Regen. Aber das Licht sagte ihr, dass der Morgen bereits hereingebrochen sein musste.
An ihren bloßen Füßen fühlte sie etwas Warmes, Flauschiges. Etwas, das sich bewegte. Und tatsächlich - eine Sekunde dauerte es, da war Kürbis, der bis vorhin anscheinend noch friedlich an ihre Füße gekuschelt geschlafen hatte, auch schon auf ihren Schoß geklettert und winselte leise.
Luise kraulte ihm mit zitternden Händen das Fell. Es war gut, nach einem solchen Traum etwas so Beruhigendes bei sich zu haben.
Doch was machte Kürbis hier? Schlief er nicht eigentlich bei Konrad?
Das letzte, woran Luise sich erinnern konnte, war dass ihr Zimmer gestern Abend von Konrad bewacht worden war. Und schließlich war sie noch einmal aufgestanden und hatte nach ihm gesehen.
Sie erinnerte sich auch vage daran, dass sie den Fuchswelpe in die Arme genommen hatte. Und Konrad war am Schlafen gewesen.
Aber sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, zurück ins Bett gestiegen zu sein.
War sie etwa dort, im kalten Flur, neben ihrem Vetter eingeschlafen? Hatte er sie zurück getragen?
Luise seufzte. Sie würde es wohl noch erfahren. Konrad würde sich wohl kaum die Gelegenheit nehmen lassen, sie ein wenig damit aufzuziehen. Und so sehr Luise es auch beschämte, ihm mehr Arbeit bereitet zu haben, so dankbar war sie auch, dass sie ihn hatte. Dass er sich immer so bedingungslos um sie kümmerte. Obwohl sie es nicht verdient hatte.
Schnell schlüpfte Luise in ihre Kleidung und warf dann einen Blick vor die Tür. Von Konrad war nichts zu sehen. Ein wenig alarmiert schritt das Mädchen, gefolgt von einem aufgeregt fiependen Kürbis, zu seiner Kammer. Auch dort war er nicht zu sehen. Seine Stiefel und sein Mantel waren nirgends zu sehen.
Luise runzelte die Stirn. Es kam nicht besonders häufig vor, dass Konrad in solcher Frühe schon auf war. Geschweige denn, Ausflüge machte. Vielleicht hatten die Ereignisse ihm doch ähnlich stark zugesetzt wie Luise selbst.
Sie würde später mit ihm reden. Sicher würde alles gut werden.
Doch während Luise das Frühstück für Adalbert vorbereitete, verließ das ungute Gefühl sie nicht. Irgendetwas stimmte nicht, aber sie konnte nicht festmachen, was. Nachdenklich warf sie Kürbis einige Fleischstreifen zu.
Auf ihr eigenes Frühstück verzichtete Luise. Sie würde gleich einfach zum Wirtshaus eilen und Brunhild fragen, ob diese ihren Vetter heute schon gesehen hatte. Ja, das würde sie tun. Und man würde ihr sagen, dass er schon früh morgens in der Kirche zum Beten war. Oder, dass er einen kleinen Morgenspaziergang machte.
Eine Sekunde lang zögerte die junge Apothekertochter. Dann öffnete sie mit zitternder Hand die Tür zur Straße.


http://www.youtube.com/watch?v=qqAFtZ8sgUM
Erst wollte sie wegblicken. Sich einfach umdrehen und vorgeben, nichts gesehen zu haben.
Doch sie konnte nicht. Mit zögerndem, unsicheren Schritt ging sie auf Rekon und die am Boden liegende Gestalt zu. Die Lumianer hatten wieder zugeschlagen.
Es konnte nicht Konrad sein. Dafür war die Gestalt viel zu klein und schmal. Aber dieser vorläufige Trost verebbte, als sie das Opfer erkannte.
Luise rannte nun und kniete sich trotz des schlammigen Grundes neben Maria nieder. Sah den Dolch in ihrer Brust. Berührte zitternd die kalte Hand.
"Nein...", hauchte das junge Mädchen. Mehr brachte sie nicht hervor. Ihr Atem stockte. Warum ausgerechnet Schwester Maria?
Die liebenswerte Nonne, welche ihr gestern noch Worte des Muts zugesprochen hatte.
Die sich gegen die Meinung des Pfarrers gestellt hatte.
Die Frau, der Luise voll und ganz vertraut hatte.
Der sie ihr Leben in die Hand gelegt hätte, selbst nach ihrer gestrigen Fehleinschätzung.
Nun lag sie reglos und schmutzig auf dem Boden. Am Ende so sterblich und unvollkommen wie jede andere auch.
Mit verwirrter Stimme murmelte Luise, mehr an sich als an Rekon gerichtet: "W-wir müssen s-sie fortbringen. W-wenn man sie so sieht, w-was soll dann werden?" Mit zitternden Händen versuchte Luise, das schmutzige Kleid zu glätten. "W-wie soll sie d-denn in Frieden ruhen, w-wenn ihr Körper auf s-so kaltem Grund liegt?"
Der Grund, warum die Lumianer ausgerechnet Maria gewählt hatten, lag selbst für Luise auf der Hand. Nie hatte die Nonne jemandem etwas zuleide getan. Immer hatte sie auf ihre nonnige Art und Weise ihrem Herrn und Schöpfer gedient. Sie war deshalb im Weg gewesen. Hatte nicht genug Hass im Herzen getragen, um ihnen von Nutzen zu sein.
Stattdessen lebten sündige Menschen wie Luise weiter. Menschen, die nicht in der Lage waren, den Frieden zu wahren. Oder jemanden zu schützen.
Das Mädchen blickte unruhig umher.
Der Regen plätscherte weiterhin herab. Verwandelte den Boden in ein schlammiges Meer. Durchnässte Luises Kleid und machte auch vor der reglosen Nonne keinen Halt.
Doch auf mysteriöse Weise hatte er die beiden an die Dörfler adressierten Zettel verschont.
Zitternd erhob sich Luise und las die Nachrichten. Verstand die Worte nicht. Las sie erneut. Riss den einen Zettel herab und las ihn erneut. Murmelte das Gelesene vor sich hin.
Aber die Worte änderten sich nicht. Konrad sollte ein Ketzer sein. Ein von Gott Verstoßener. Und nun auch aus dem Dorf verbannt.
Luise rührte sich nicht. Sie starrte lediglich weiter den Zettel an. Ihr war, als hätte die Zeit einen Moment lang den Atem angehalten.

Zirconia
29.03.2013, 10:45
http://www.youtube.com/watch?v=QuNhTLVgV2Y
Rekon betete noch für die nicht mehr ganz so nonnige Nonne, bis Luise Elkarst, die Cousine von Konrad zu ihm kam und die tote Leiche sah. Man sah ihr ihren Schock sehr an.
"W-wir müssen s-sie fortbringen. W-wenn man sie so sieht, w-was soll dann werden? W-wie soll sie d-denn in Frieden ruhen, w-wenn ihr Körper auf s-so kaltem Grund liegt?" sagte sie weinend, während sie versuchte das Kleid der toten Leiche zu glätten. "Du hast recht, Luise. Wir sollten ihr eine gute Reise ermöglichen... Eine gute Reise zum Paradies..." antwortete Rekon ebenfalls traurig über den Tod der Nonne. Auf einmal fand Luise einen Zettel, den Rekon anscheinend übersehen hat. Sie las ihn sehr oft und begann nach einigen Malen den Text zu murmeln. Rekon verstand genau, was sie las. Konrad war eine verfluchte Person und wurde vom Pfarrer vertrieben. Dieser Schock schien für Luise so groß zu sein. Sie erstarrte. "Luise... Das muss wirklich schwer für dich sein... Lass uns erstmal Maria begraben und dann gehen wir zum Gasthaus. Ist das okay für dich?" fragte Rekon, welcher von Mitleid erfüllt ist. Er weiß wie es ist, Personen zu verlieren, die wichtig für einen sind. Er versuchte noch eine ganze Weile, Luise zu trösten...

Holo
29.03.2013, 11:11
You lie silent there before me
your tears they mean nothing to me
the wind howling at the window
the love you ever gave
They give to you

Really don't deserve it
but now there's nothing you can do
so sleep in your only memory of me
my dearest mother

Here's a lullaby to close your eyes good-bye
it was always you that I protected
I feel to much for you to cry oh well
here's a lullaby to close your eyes good-bye

Goodbye, my dearest Mother








"....oel...Noel! Du musst besser aufpassen, du kleiner Dummkopf! Wenn du dich immer mit den anderen Kindern in der Schule streitest, passiert eines Tages noch etwas Ernsthaftes!"

"...Ja. Tut mir leid, Mami."

Behutsam tupfte die junge, schlanke Frau die blutende Wange ihres kleinen Sohnes ab. Ihre langen, feuerroten Haare bedeckten ihr kränkliches Gesicht, doch funkelten ihre smaragdgrünen Augen und ihr Lächeln wie das einer märchenhaften Elfe.

"Hm. Sag Noel, warum hast du dich mit dem Jungen geschlagen? Du kannst schließlich keiner Fliege was zu leide tun, soweit ich weiß. Bist doch ein kleiner Feigling."
Leise kicherte sie, ob des bockigen Blickes des rothaarigen Knirpses. Das hatte er von seinem Vater.

"Sie haben..."
Er wich ihrem Blick aus, Tränen des Trotzes glänzten in seinen Augen.
"...Sie haben... schlimme Sachen über dich gesagt. Weil du immer krank bist. Sie haben gesagt, du wärst eine böse Hexe. Und gelacht."
Der Junge kam heran, um seine Mutter zu umarmen. Alisia strich ihm seicht lächelnd über den Kopf.

"Und da hast du mich verteidigt? Mein Held, hihi."

"Mwami... iwst keine Hexe..."*hick*

"Nicht weinen, Noel. Du bist immer so eine kleine Heulsuse, was soll später nur mal aus dir werden, wenn du so weitermachst, hm?"
Grinsend strich Alisia ihm über die Wange, wusch seine Tränen weg.

"I-i...ich bin keine Heulsuse, Mama! Ich werde später mal ganz reich und mächtig, bis ich ein König bin! Und dann wirst du meine Königin und ich mache dich wieder gesund!"

"So...?"
Wieder musste die kränkliche Frau kichern.
"Na gut... dann warte ich solange, mein Held. Aber warum soll Mama deine Frau werden? Ich bin doch schon Papas Frau."

"Papa... ist aber weggelaufen. Er hat uns alleine gelassen..."

Alisia putzte ihrem Sohn mit einen weichen Tuch die schmutzigen Wangen, als sie ruhig antwortete.
"Nein, Noel, Papa ist nicht weggelaufen. Er ist immer noch als Ritter unterwegs und kämpft für uns. Darum ist er auch Mamas Held! er ist wirklich cool, weißt du?"

"Wirklich?! Dann beschütze ich dich, bis Papa wieder da ist! Und dann werden wir ganz reich und leben zusammen in soooooo" , der Junge breitete theatralisch die Arme aus, "einem großen Schloss!"

Sie lächelte warm und sah ihrem Sohn in die Augen. Seit ihr Mann verschwunden war, waren sie auf sich allein gestellt. Da sie kränklich und arbeitsunfähig war, lebten sie in schäbiger Armut. Und doch hatte ihr Sohn noch Kraft.
"Also liebst du... diese Welt, Noel?"

Ein breites Grinsen zog sich über das Gesicht des rothaarigen Burchen, bevor er beinahe lachend antwortete.
"JA!"

Auch Alisia lachte.
"Das ist schön, mein Schatz."

"Liebst du mich, Mama?"

Lächelnd schüttelte Alisia den Kopf, und zwinkerte ihrem Sohn zu.
"Was für eine wirklich dumme Frage, du Tomatenkopf!"

"Nenn mich nicht Tomatenkopf, MAMAH!"

"Ahaha... ahahahaha. Hahahahaha."






(Spoiler enthält charakterrelevante Traum-Szene mit Grimdark, u.a. sexueller Übergriff! Nur öffnen, wenn ihr sowas vertragt.)


"Mhhhhhhiiiiiiiiiiiiiiiiiiiihhhhh!!!!"

"Oh, jetzt komm schon, du nutzloses Stück, das waren doch gerademal anderthalb Stunden... Wirst du schon müde?!"

Klatschende Geräusch auf dünner Haut, so vergänglich wie Papier.

Erstickten Schreie voller Qual, Leid und Erniedrigung.

Metallisch-süße, bittere und weitere, ihm unbekannte Gerüche.

Lachende und spottende Gesichter, die Dinge mit ihr taten, die sein junger Verstand nicht verarbeiten konnte.

Noel saß stumm und ausdruckslos wie eine Puppe in einer Ecke seines Hauses. Zuerst hatte er geweint. Geschrien. Gekämpft. Bis sie ihn so lange verprügelt hatten, dass er nichts weiter tun konnte als zusehen. Zusehen, wie die vier Männer, die heute Nacht in ihr Haus eingedrungen waren, seine Mutter zutiefst demütigten und ihren bestialischen Spaß mit ihr hatten, den niedersten, menschlichen Instinkten folgend. Zusehen, wie drei von ihnen auf grausame Art und Weise eins mit ihr wurden. Zeuge des Schauspieles sein, wie sie ihr Gewalt antaten als wäre sie Vieh, sie immer wieder schlugen und ihre flammenden, roten Haare unwürdig behandelten. Er konnte es nicht verarbeiten, begriff nicht, was vor seinen Augen passierte. Also saß er leblos gleich einer Puppe in der Ecke und ließ es geschehen.

Einer der Banditen kam lachend auf ihn zu, setzte sich neben den jungen und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter, bevor er ihm ins Ohr flüsterte.

"...ist sie nicht ein richtiges Schwein, deine Mami?
Sieh sie dir an... wie ein Tier. Widerlich, nicht? "Hehehe.

Der Junge reagierte nicht. Wie eine Porzellanfigur saß er still da und beobachte emotionslos die Männer.
Kichernd ging der Mann zu seinem Verbündeten herüber, welcher die Sicht auf Noels' Mutter versperrte. Wie Hunde kläffend lachten sie auf, nachdem sie einige Worte gewechselt hatten und traten beiseite, ließen Noel seiner Mutter ins Gesicht sehen. Doch ihr Blick war auf den Boden gerichtet.

"Was bist du nur für eine Mutter?! Sieh deinem süßen Kind gefälligst in die Augen!"
Grob zog der Kerl an den Haaren Alisias', mit einem schmerzhaften Piepsen wurde ihr Kopf nach oben gezerrt, war gezwungen, ihrem Sohn mit den vertränten Augen direkt ins Antlitz zu sehen.
Doch wieder keine Reaktion. Er blieb so leblos wie eine Statur.

"Ih... ih lieffe dihff, Noel! Ih liebe di-"

"Ohh, HALT DEN MUND, Weib! Da wird einem ja schlecht, ich möchte KOTZEN!
Warte, bis ich mit dir fertig bin..."

"Tz... lass gut sein, Jarias. Sieh dir das Gör an, der ist gebrochen. Den Bengel können wir nicht mehr ärgern. Lassen wirs gut sein für heute."

Da sprach der dritte Bandit.
"Was? Das waren doch gerademal zwei Stunden! Warum-"

"Wir dürfen nicht unvorsichtig werden, vergiss die Nachtwache nicht. Es gibt noch ein Morgen, und genug Frauen in dieser Stadt."

"Hmpf... meinetwegen."

Mit einem schnellen Schnitt dem wunderschönen, blassen Hals der Frau entlang beendete er skupellos ihr Leben. Hässlich und ohne jede Anmut fiel die rothaarige Frau zu Boden, ihr Gesicht stürzte wie das eines kaputten Spielzeuges auf die Holzdielen und blieb vor den Füßen ihres Sohnes liegen.

"Hauen wir ab... der Junge kann sowieso niemandem mehr etwas flüstern."
Lachend schritten die vier Männer aus der Hütte, beinahe unbeschwert, als kämen sie von einem Abendessen. Der kleine Noel blieb stumm mit der Leiche seiner Mutter zurück.




Einige Straßen waren sie vorangezogen, lachend, lästernd, sich lobend für den gelungenen Coup. Zwar hatte die Bäuerin nicht viel besessen, doch ihren Spaß hatten sie mit der Schnepfe alle Mal gehabt.

Plötzlich hielt einer inne und deutete mit erschrockener Miene auf einen Fleck etwas weiter vor ihnen - Dort saß, in dunkelster Nacht, zwischen schummrigen Straßenlaternen, ein ungewöhnlich großer Wolf.

"W-Was zur Hölle?! Wie kommt denn ein Wolf in diese Stadt? Und dazu noch so ein Großer! Sehnt Euch mal denn seine Krallen an!"

Stumm blieb das Tier sitzen, beäugte die Bande mit feindseelig gespitzten Ohren.
"Warum genau habt ihr das getan?"

Die Männer schrien auf.
"Ein sprechender Wolf! Ist das der Teufel?!"

"Ein Dämon! Das muss ein Dämon sein!"

Einer der Verbrecher fixierte das Pelztier misstrauisch, bevor er kläffend auflachte.
"Ach was, das ist nur ein Kostüm oder irgendein Trick! wahrscheinlick steckt da irgendein Knirps drinnen!"

"Ihr seit wohlhabende Adlige dieser Menschenstadt. Ihr habt wundervolle Frauen im Überfluss. Es fehlt euch an Nichts.
Also: Warum?"

Kichernd trat einer der jungen Männer vor, grinste den "Wolf" spöttisch an.
"...Warum...?
WARUM NICHT?
Weil wir Lust darauf haben.
Weißt du, wie langweilig das Leben als Adliger ist?
Wir überfallen doch ohnehin nur Penner und ärmlichen Abschaum, für die interessiert sich kein Mensch!"
Schallendes Gelächter breitete sich in der Gruppe aus.
"Aber da du uns gesehen hast, du frecher Bengel, bist du der Nächste!"

"So...?"
Der Wolf scharpte mit den Krallen. Dann passierte Alles ganz schnell:
Sein Fell richtete sich auf wie es nur dämonisch sein konnte, seine Augen leuchteten gelb und durchdringend, seine Reisszähne, die da monströs und unwölfisch in ihrer Form und Größe waren, waren NICHTS gegen das alleszerreissende Knurren, dass das Tier ihnen entgegenbrachte.
"Ihr widerlicher Abschaum, ihr seit schlimmer als jeder Dämon der Hölle, den ich in meinem tausendjährigen Leben je begegnet bin! Ihr Menschen seid die dreckigsten Bestien dieser Welt! Ich werde dafür sorgen, dass niemand von euch je wieder das Tageslicht zu sehen bekommt!"

Und mit diesen Worten traten aus den Gassen und straßen der Stadt dutzende... nein... hunderte Wölfe hervor.

"W-w-w-was ist das?!"


Gellende Schreie waren es, die dieser Nacht durch die finsteren Straßen Bolisarias' hallten.




Ich erinnere mich noch gut... wie wir uns das erste Mal trafen. Dein Fell und besonders deine Schnauze war vollkommen blutverschmiert. Und doch... hatte ich keine Angst vor dir.
Du berührtest den Leichnam meiner Mutter, woraufhin sich dieser in wundervollen Sternenstaub auflöste. Daraufhin nahmst du mich wortlos auf deinen Rücken, trugst mich aus dem Haus fort und brachtest mich... zu Valan.







"...guah!"
Hustend fuhr Noel hoch, saß Sekunden später keuchend und schweißgebadet mit geweiteten Augen in seinem schwarzen Bett.
"Hah... hah...Ngaaaah!"
Die Hände des jungen Mannes fuhren blitzartig zu seiner Stirn, umpressten sie, er kniff brüllend Augen als auch Zähne zusammen, geplagt von der schlimmsten Migräne seit Monaten.
"Ver... verdammt... Pest und VERDAMMNIS, tut das weh!"
Noel warf seine Decke beiseite, stürzte in sein kleines, schmutziges Badezimmer und ließ möglichst kaltes Wasser aus der Dusche über sein Gesicht tröpfeln.
Es half. Zumindest etwas. Das dämonische Pochen ging zurück und Noel entspannte sich etwas.

Als er das Badezimmer wieder verlassen wollte, fiel sein Blick auf das Spiegelbild.
"Historische Elfenpisse, was..."
Seine Augen waren blutunterlaufen und verziert mit tiefen, schwarzen Ringen. Sein Teint war noch blasser als sonst und Noels Nase blutete leicht.

Der Preis einer durchzechten Nacht.

Noel erschrak und blickte hinter sich: Deus nahm gerade ausgelassen ein Schaumbad, ein Quietchefüchschen und ein kleines Holzschiff trieben auf der Wasseroberfläche umher.
Beim hereinkommen hatte er den Gott gar nicht bemerkt.
"haaah.... Deus." , Noel griff sich, nun wieder etwas genervter, an die Stirn, "wie oft habe ich dir gesagt, du sollst meine Wanne nicht benutzen, du wandelnde Flohzucht?"

Wie oft hab ich dir gesagt Oh mein Gott, wenn zur Hölle interssierts?!

Kopfschüttelnd verließ Noel das Badezimmer. Auf so eine Diskussion konnte er jetzt wirklich verzichten.
"Stimmt... ich gab mich dem Alkohol hin. Das war wohl die gerechte Strafe. Aber dennoch... dieser Traum... ach. Nicht darüber nachdenken."
Nachdem er sich in seinen üblichen Mantel gekleidet und eine Kleinigkeit gegessen hatte, trat er auch schon umwegslos vor sein Haus. Es war ein düsterer Tag, dunkler in der Gestalt noch als Gestern, Regentropfen bestimmten das Bild des nahen Dorfes, prasselten auf Noel herab, als wären es Tränen. Als würde der Himmel selbst um Gefallene trauern.
Da fiel es Noel wie Scheuklappen von den Augen:
Die Lumianer. Jemand war wahrscheinlich tot. Er musste ins Dorf.
Aber zuerst...

Noel kniete sich auf den Boden. Einen Moment zögerte er mit seltsamen Blick, als er schließlich nicht wie sonst zu seinem Dolch, sondern zu dem Amulett um seinen Hals griff, es in seine betenden Hände einschloss und mit entspannt geschlossenen Augen sanft lächelnd flüsterte.

"Selbst wenn dieser Körper zu Asche zerfallen würde, würde ich dich niemals verlassen."

Der Junge schwieg noch einige Momente, bis er sich die Kette wieder anlegte und sich zum Dorf aufmachte.

Wo geht es heute hin, Noel? was machen wir jetzt?

Trocken umfasste der rothaarige Bursche seinen Dolch.
"Lumianer jagen."




Er kam auf dem verregneten Dorfplatz an, nur wenige Menschen waren anwesend:
Noel erblickte Rekon, und direkt neben ihm, auf dem Boden kniend...
"...Kleine...Elfe..."

Luise saß zitternd und mit fassungslosem Blick im Schlamm, einen Zettel in ihrer Hand anstarrend. Normalerweise wäre er nun sofort losgestürmt, hätte Rekon halb totgeschlagen und sich dann nach dem Grunde Luise' Trauer erkundigt. Aber so war er es vermutlich, der sie tröstete. Und das musste genügen.
So sehr ihn der Anblick seiner kleinen Elfe in diesem Zustand auch zerriss.
Noel beschloss, sich dem Dorfaushang zuzuwenden.
Zuerst fiel sein Blick aber auf etwas Dahinterliegendes.



Marias erstochene Leiche.
Noels Schultern sanken ab und mechanisch, unendlich langsam, weiteten sich seine Pupillen.

Sie war das Lumianeropfer dieser Nacht.
Warum? Wieso die Nonne? Mit welcher Motivation? Was bezwecken die Lumianer damit? Ich muss mich in sie... nein. Moment. Zuerst die restlichen Informationen. Schach funktioniert über lückenlose Informationen.

Noel beachtete die Leiche nicht weiter. Den Verlust bedauerte er zwar. Eine weitere Bürgerin, die er nicht beschützen konnte. Doch die Reaktion war längst nicht so verherrend wie gestern Abend, als ihn sein Versagen deutlich härter traf. Konzentriert suchte er das Schild ab - Um einen weiteren, kleinen Schock zu erleben:

Noel De'chrones'tulem

Sein Name. Sein Name stand an dem Schild. Er war heute Nacht nominiert wurden, ein Lumianer zu sein.
Reaktionslos starrte Noel auf das kleine Schild.
Nun... in Ordnung. Das hättest du dir denken können. Du hast dich gestern auffälliger verhalten als ein Papagei im Rabennest. Das sollte nicht unerwartet sein.

Trotz seinem ruhigen Gedanken war Noel sich unsicher, welche Folgen diese Stimme heute Abend für ihn hätte. Keine Positiven, dessen war er sich bewusst.
Aber warum war Luise so aufgebracht? Wegen der Nonne?
Möglich... wegen seiner Nominierung? Haha, wohl kaum.

Der dritte mögliche Fall war noch nicht durch Noels Synapsen geschossen, da fiel sein Blick auf den letzten Zettel am Schild, und er musste sich für einen kleinen Moment an Selbigem stützen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.










Verfluchtes Roulette, dein Humor ist Schwärzer als der des grünen Satans...


Warum? Warum Konrad?
Konrad, ein Verfluchter? Ihr ungezählten Dämonen der goldenen Hölle...
Ich wusste, er war kein Lumianer, aber das... Nein. So ein verdammnisnahes Unglück, Pestregen und Tumorengift.
Noels Augen taten weh. Er krampfte seine Finger in den kalten Schlamm, eisige Regentropfen schossen spottend auf ihn herab, als er fühlte, wie sich ein starkes Unbehagen in seinem leeren Inneren ausbreitete.
Noel empfand Trauer. Trauer um einen Mitmenschen.
Einen Menschen, den er bis vor kurzem gehasst hatte, der es aber mit wenigen Taten der Aufrichtigkeit geschafft hatte, seinen Respekt zu gewinnen.

Das zweite Mal in seinem jungen Leben empfand Noel Trauer ob des Todes eines anderen Menschen.


Konrad... verfluchter Hund. Wie kannst du es wagen, zu verschwinden?
Wo meine letzten Worte an dich so... wertlos waren. Du Bastard. Verdammt, Konrad.


"Ich werde mich von ihr fernhalten, darauf habt Ihr mein Wort. Ich werde euch in der Apotheke nicht mehr belästigen."

Keine Worte der Entschuldigung für die letzten zwei Jahre meiner ungerechtfertigten Abneigung. Kein einziges Wort des Respektes, des Dankes, den ich diesem Mann gleichermaßen entgegenbrachte.
Kein Wort des Dankes, dass er Luise mit seinem Leben beschützte wie kein Zweiter.

Selbst wenn du ein orkengefälliger Bastard warst... so sollte es nicht enden.


Mit bitterem Gesichtsausdruck schreckte Noel auf.
Kleine Elfe. Meine Güte, wie... wie sehr muss sie den Schmerz eines Verlustes spüren?

Sein schmerzender Blick fiel auf das starr da kniende Mädchen, welches nach wie vor außer Stande war, Gefühle zu zeigen. Zu weinen. Noel konnte es nachvollziehen..

Dem Kerl Vorwürfe machen... dabei bin ich Schuld.
Du bist Schuld? Warum, Noel?

Ich hätte es verhindern können. Hätte ich es geschafft, gestern einen Lumianer hinzurichten, dann wäre es anders gekommen. Keine Frage.

Das stimmt. Du bist ein wertloses Insekt, weniger wert, als der Dreck unter den Fingernägeln eines jeden Lumianers.

Ich werde es wieder gutmachen.
Ich muss sie-

GARNICHTS musst du! Was willst du tun, du wertloses Stück Dreck? Dich ihr nähern? Sie auch sterben lassen?

Ich muss sie beschützen.
Meine kleine Elfe... sie hat niemanden mehr.
Wie sollte sie weiterleben, wie sollte sie in ihrer Reinheit einen solchen Verlust verkraften? Die kleine Elfe braucht jemanden.

Dieser jemand bist nicht du. Denk an deinen Schwur.
Nein... denk an dein Wesen. An deine Seele, dein Innerstes.

Die warme, schwarze Kirche, die tief in deiner Brust verborgen ist, gleichbedeutend mit deiner Seele, welche die Form eines schwarzen, trieffenden Klumpens hat, für den es nur eine einzige angemessene Bezeichnung gibt.


Hey... soll ich dir etwas sagen, Noel?


Du bist WAHNSINNIG!


"Ngrrr..! Guah... Ungh... "
Keuchend, von Kopfschmerzen verzerrt und in Bitterkeit ertrinkend, stürzte der rothaarige Junge auf eines seiner Knie.
Mein Kopf tut so weh... ich weiß nicht, was ich tun soll... mein Kopf tut so weh... verdammter Pestrauch, es tut weh!


Du hast es geschworen, Narr. Sei kein Mensch. Bleib kühl und gefasst. Sei kein Mensch.

Ich nahm an, Konrad würde sie schützen. Mein Schwur ist nichtig. Ich werde sie beschützen.

AUSREDEN! Nichts als Aureden! Du bist willensschwach, du bist von ihr besessen! Konrad ist aus dem Weg geräumt, nun kannst du dich ihr wieder nähern, was?!
Du Wahnsinniger!

Schweig still.
Du bist nicht mehr als ein eingebildeter Dämon, ein Ergebnis meines gestrigen Exzesses, du bist Nichts!
Verschwinde aus meinem Kopf. Sofort.

Schnaufend, fast schmerzhaft keuchend kam Noel wieder auf die Beine. Mit seinem Mantel wischte er sich unwirsch die Stirn, bevor er mit festem Blick Luise fixierte, bevor er ein letztes Mal die Augen schloss.

Es tut mir leid, Konrad... seist du ein Verräter oder nicht...nichtig. Doch ich löse meinen Schwur hiermit.
Das macht mich nicht besser als dich.

Letztendlich... sind wir beide Menschen, was?
Und mit diesen Gedanken ging Noel stumm auf das kleine, rothaarige Mädchen zu.

R.F.
29.03.2013, 20:20
Ross hatte die Nacht im Hauptmannshaus verbracht, wo er sich alle Utensilien und einen Großteil der Schriften ansah. Vielleicht hatte der verstorbene Hauptmann ja irgendwelche Hinweise hinterlassen, Hinweise die sie auf die Spur der Lumianer hätte führen können. Dafür, dass noch vor ein paar Tagen hier jemand seinen Dienst verrichtet hatte, war es erstaunlich staubig und außerdem hing ein modriger Geruch in der Luft. Ross versuchte, den Ursprung des Gestankes auszumachen, als er irgendwo in der Ecke vergammelte Überreste einer Mahlzeit vorfand.
Mit einem angewiederten Blick beförderte er die Schimmelpilzkultur nach draußen, bevor er sich wieder den Pergamenten widmete. Zu seinem Leidwesen, konnte er damit aber nicht allzu viel anfangen, da seine Lesekünste geradeso ausreichten, um als Holzfäller die wichtigsten Sachen erledgien zu können, aber bei weitem nicht genug, um den Inhalt der Pergamente zu begreifen, weshalb er sie schlussendlich dann mit einem Anflug von Frustrationen vom Tisch fegte.
Mit einem Seufzer stand er auf und begab sich ersteinmal zu einem Fenster. Die kalte Luft draußen und die warme Luft im Inneren des Hauses sorgten dafür, dass die fensterscheiben alle angelaufen waren. Ross betätigte den Hebel, der die Fenster aus ihren Verankerungen gleiten lassen sollte, damit sich das Fenster öffnen lies. Mit einem leichten knarksen schoben sich die in Holz eingelassenen Fensterscheiben nach außen und boten somit ein ideales Loch, durch das der leichte Wind eindringen konnte, der sich in den letzten Stunden gebildet hatte.
Über die Zeit hatte war die Temperatur noch weiter abgesunken und nun konnte man ab und an einige vereinzelte Schneeflocken sehen, die im Winde tanzten, bevor sie zu Boden fielen und auf der noch immer warmen Erde sich wieder in Wassertropfen verwandelten.
Nun zog ein kalter Wind durch das spärlich beleuchtete Arbeitszimmer und die Kerzen, die überall verteilt standen flackerten im Wind, einige wenige, die sich zu nah am Fenster befunden hatten, gingen aus und hinterließen eine dünne Wolke, die vom Wind fortgetragen wurde und der Umgebung einen leicht festlichen Geruch gab.

So verging die Nacht und langsam wich die Dunkelheit dem Licht, auch wenn es am Morgen noch immer ein recht wolkiger Anblick war. Die Kerzen waren alle heruntergebrannt und überall im Zimmer lagen nun alle möglichen Pergamente herum. Von Volkszählungen, über Verhandlungen, Importe, Exporte, Steuereinnahmen und -ausgaben, Berichte über ungelöste Verbrechen, Unfälle, von denen ein Großteil sich im Innersten des Waldes zugetragen hatten und noch viel mehr. Ross, der sich fast die ganze Nacht um die Ohren geschlagen hatte, erwachte leicht verwirrt; zum einen weil er sich nicht in seinem Bett befand (wobei ihm recht schnell wieder einfiel, dass er gar nicht nach Hause gegangen war) und zum anderen, weil er feststellen musste, wohl doch eingeschlafen zu sein. Das und die Tatsache, dass es nur ein paar Stunden Schlaf waren, was bei seinem Grad der Überarbeitung doch noch recht wenig war, oder anderes gesagt: er war es einfach nicht gewohnt.
Ross blickte auf und stellt fest, dass das Fenster wieder geschlossen war. Hatte er es wieder geschlossen? Ross konnte sich nicht erinnern. Er stand auf und begab sich zu dem Fenster, welches sich zum Dorfplatz richtete und öffnete es. Danach versuchte er einen Blick auf den Platz zu erhaschen, wobei er bemerkte, dass sich eine kleine Menge an Leuten bereits dort versammelt hatte. War etwas in der Nacht vorgefallen? Ross war sich sicher, in der Nacht nichts gehört zu haben, auf der anderen Seite musste er aber wohl irgendwann doch eingeschlafen sein. So würde ihm wohl nichts anderes übrig bleiben, als selbst nachzusehen. Sollte sich doch etwas ereignet haben, so musste er als Hauptmann sich sofort um die Gegebenheiten erkundigen.

So kam es, dass Ross sich seinen Mantel schnappte und die Tür zum Hauptmannshaus öffnete. Mit eiligen Schritten, begab er sich schnellstmöglich dorthin, wo sich die Ansammlung aufhielt und umso näher er kam, umso mehr vernahm er einen leicht metallernen Geruch und was das bedeuten könnte, wurde Ross mit jeder Schritt immer mehr bewusst: es war jemand gestorben.

Als er am Dorfplatz ankam, bot sich im ein grauenhafter Anblick, war das die Nonne, die dort..."Das schlimmste ist also eingetreten...dann bleibt uns also heute wieder nur die Entscheidung, jemanden hinrichten zu lassen...", ihm lief ein Schauer über den Rücken.

Himbeereis
29.03.2013, 20:22
Geistesabwesend war Viktoria mit Brunhild mitgelaufen.
Sie fand es nett, dass sie ihr eine warme Tasse gab und dachte an die Abende, an denen sie bei ihr im Wirtshaus aufgetreten war.
Manchmal fragte sie sich, ob die Menschen wussten, wer hinter der roten Viola steckte.
Nachdenklich sah sie zu Luise, die noch immer ganz blass aussah.
"Was ist nur passiert?", flüsterte sie in den Raum und war sich nicht sicher, ob es jemand gehört hatte. Es schien nicht so.

Nachdem Luise erstaunlicherweise ziemlich ruhig geblieben war, als sie sich bei Brunhild und Viktoria ihr Herz ausgeschüttet hatte, fragte sie Viktoria:"Ähm... i-ich würde später g-gerne einen Blumenstrauß für d-den verstorbenen Hauptmann machen. D-du kennst dich ja mit Blumen aus. Vielleicht machen wir das zusammen? A-aber nur, wenn du willst, n-natürlich."
Viktoria nickte.
Als Luise die Tür hinter sich zu zog, musste Viktoria an ihre Mutter denken.
Sie musste sofort verschwinden.
"Brunhild, ich danke dir wirklich herzlich.",sagte sie in die Richtung der Wirtin. "Bis heute Abend...öhm ich meine...Wir sehen uns bestimmt bald...öhm ja", sie öffnete die Tür und lächelte der verwunderten Brunhild noch einmal zu, dann lief sie zurück zur Schneiderei.
Etwas später als ihre Mutter in die Schneiderei trat und Viktoria vertieft in ihre Arbeit war, berichtete diese: "Auf dem Dorfplatz herrscht wieder ein merkwürdiges Unterfangen. Die Leute nominieren Menschen aus unserem Dorf die sterben sollen. Ich hoffe meine wohlerzogene Tochter hält sich daraus!!"
Ihre Mutter legte ein Gewand auf Viktorias Tresen.
Dann verschwand sie ohne weitere Worte.
Verwundert erhob sich Viktoria.
Jemand sollte sterben?
Sie sah auf das Gewand.
Ein kleines Loch hatte es, an seinem Ärmel.
Wenn es bis heute Abend nicht fertig war, würde ihre Mutter das merken. Sie raste ohne weiter darrüber nachzudenken durch die Tür und dann hinaus in die Kälte.
Als sie ankam hatte sich das Dorf bereits für Merete entschieden.
Besorgt sah sie zu ihr.
Sie ahnte, dass das Dorf eine falsche Entscheidung getroffen hatte.

Geschockt nähte sie an dem Loch des Ärmels herum.
Sie hatte Merete nicht gekannt. Dennoch, es brach ihr das Herz zu wissen, dass sie tot war.
Eine Unschuldige. Jeden hätte es treffen können.
Es war etwas in ihrem Bauch. Ein mulmiges Gefühl und sie hatte das Gefühl, dass das Böse unter ihnen wohnte.
Sie ahnte auch wer es sein könnte jedoch...
AUTSCH! ein ziehender Schmerz zog sich durch ihren Finger.
Sie hatte sich die Nadel in den Zeigefinger gestochen. Blut tropfte auf den Fußboden und sie hörte sich selber schluchzen.
Es war nicht richtig das Merete tot war. Es war eindeutig und wahrhaftig nicht richtig.

Als sie an diesem Abend im Wirtshaus auftrat, sang sie für niemand anderen als für Merete.
Sie sang, dass Elefanten Lied. Jedoch änderte sie den Refrain in:

"Ich schreibe ein Lied für sie,
und ich hoff' das sie nie vergessen wird.
Ich schreibe ein Lied für sie,
denn sie hat nichts Böses getan"

Der nächste Morgen begann für Viktoria wie jeder andere, jedoch schwebte noch immer ein großes Unwohlsein in ihrer Brust...
Als sie mit diesem Gefühl vor der Arbeit zum Dorfplatz schlich, ohne das ihre strenge Mutter es ein weiteres Mal merkte, wusste sie woher das Gefühl kam.
Die Nonne. Eine weitere Unschuldige, dachte Viktoria sofort.

Zirconia
29.03.2013, 20:58
Rekon bemerkte, dass sich eine gewisse Masse an Leuten ansammelte. Noel, welcher sich zu Luise und Rekon saß, der neue Hauptmann und die Schneiderin Viktoria sind am Dorfplatz angekommen und haben bereits die tote Leiche der nonnigen Nonne gesehen. der Hauptmann sagte direkt, dass es heute wieder an der Zeit ist, jemanden zu hängen.
Rekon trat hervor, um den Anwesenden etwas zu sagen. http://youtu.be/r0JmL2ByTJs
"An alle Anwesenden. Diese Nacht ist eine der unseren, Maria die Nonne, von den Lumianern getötet worden. Ebenfalls hat der Pfarrer wieder einmal seine Nominierung ausgesprochen. Dieses Mal nominiert er Noel. Zum Dritten wurde Konrad aus dem Dorf verbannt, da er einen Fluch trug. Das sind alles schreckliche Neuigkeiten, das weiß ich, doch sollten wir uns erstmal um den Körper unserer Nonne kümmern. Ich habe bereits, wie ihr sehen könnt, eine Schaufel besorgt. Mit dieser Schaufel, werde ich das Grab der toten Maria schaufeln. 2 Personen werden benötigt, um sie zum Friedhof zu tragen. Ich hoffe, dass sich jemand dieser Aufgabe annimmt. Heute muss übrigens ein Lumianer hängen. Wir wissen nämlich nicht, wie viele von ihnen in diesem Dorf wohnen. Wenn es zu viele sind und wir heute erneut eine falsche Person hängen, dann ist es aus für uns. Und auch wenn es nicht zu viele sind. Ich denke nicht, dass irgendjemand von euch eine unschuldige Person am Galgen hängend sehen will. Den Rest überlasse ich unseren Hauptmann, Ross. Auf das dieser Tag erfolgreich wird!"
Dies war Rekons Rede. Er hat sie so gehalten, wie er sie früher gehalten hat. Rekon schnappte sich seine Schaufel und wartete, bis sich zwei Personen bereit erklärten, der nicht mehr ganz so nonnigen Nonne ein würdiges Begräbnis zu bescheren.

Mephista
29.03.2013, 21:16
Vom sanft gegen die Scheibe prasselnden Regen geweckt machte sich Brunhild für den neuen Tag zurecht. Ihre Hände fuhren sacht durch den weichen Überwurf aus Schafsfell, den sie über das Bettende gelegt hatte. Er war der sichere Beweis, dass ihre nächtliche Begegnung mit Konrad nicht nur ein schönes Gespinst ihrer Phantasie gewesen war. Ein versonnenes Lächeln zeichnete ihr Gesicht.
Nachdem sie die letzten Haarsträhnen unter das Kopftuch gestopft hatte, nahm sie das wärmende Kleidungsstück mit nach unten. Natürlich würde sie es ihm später zurückgeben, auch wenn sie es noch so gerne behalten würde. Es wäre sowieso ein gute Plan, gleich zu dem Lockenkopf zu gehen und zu schauen, ob er vom Wanderritt heil zurückgekommen ist, ma weiß ja nie. Doch vorher würde sie für Lumi und Schwester Maria ein ordentliches Frühstück bereiten.
Nachdem sie den Überwurf auf dem Tresen abgelegt hatte und ein neu entfachtes Feuer bei der Kochstelle züngelte, fragte sich die Wirtin, wo eigentlich ihr alte Köter abblieb. Normalerweise war er morgens immer zur Stelle, wo es ja die einzige sichere Gelegenheit für ihn war, von ihr am Tag gefüttert zu werden. Vielleicht hatte ihn Konrad ja zu Ausritt mitgenommen. Wenn das Glück ihr hold war, hatte er vom vielen Laufen einen Herzinfarkt bekommen und ist irgendwo im Wald krepiert. Aber was Rüdiger anging hatte sie noch nie Glück gehabt.
Aus der unverschlossenen Vorratskammer holte sie alles Nötige für das erste Mahl ihrer Gäste. Sich selbst genehmigte sie ein Stück Brot, während sie den Mehlbrei im Kessel anrührte und abschmeckte. Als sie sich zum Schüsselholen umwand, entdeckte sie die noch immer am Boden liegende Teigrolle, die sie nach dem nächtlichen Eindringling geworfen hatte.
Grinsend bückte sie sich, um sie aufzuheben, als ihr Blick auf einen merkwürdigen Fleck auf den Dielen fiel. Für einfachen Dreck glänzte es zu sehr, als betrachtete sie ihn sich aus der Nähe. Ihre Augen weiteten sich bei der Erkenntnis, dass es sich um Blut handelte. Und da waren weitere Flecken in Richtung Eingangstür. Brunhild war sich eigentlich ziemlich sicher gewesen, dass Konrad unverletzt gewesen war, das wäre ihr doch aufgefallen…
Alarmiert blickte sie sich in der Schankstube um. Die Flecken bildeten eine Spur von der Tür zum…Treppenansatz. Eine dunkle Vorahnung kroch langsam in ihr hoch, ihr Puls beschleunigte sich schlagartig. Auf zwei Stufen fand sich ebenfalls Blut, warum war ihr das vorhin nicht schon aufgefallen?
Unsagbar langsam schritt sie die Treppe hinauf. Ein letzter kleiner Blutfleck direkt vor ihrem Zimmer, in dem die Nonne geschlafen hatte. Ihre Hand umschloss den Türgriff.
Alles in ihr schrie danach, es zu lassen, auf dem Absatz kehrt zu machen, wieder hinunterzugehen und fortan so zu tun, als würde es dieses Zimmer nicht mehr geben. Doch bevor ihr Verstand die Oberhand gewann war die Tür bereits geöffnet. Ein Schrei des blanken Entsetzens entfuhr Brunhilds Kehle.
Blut. Überall Blut. Das ganze Bett war getränkt davon. Auf dem Boden sah man eine verschmierte Blutlache, so als ob ein Körper durch sie ein Stück in Richtung Tür geschliffen wurde, ehe er hochgehoben und den Weg nach unten und aus dem Haus hinaus getragen wurde.
Krampfhaft hielt sich die Wirtin ob ihrer weichen Knie am Türrahmen fest und kämpfte mit der sich anbahnenden Ohnmacht. Verzweifelt biss sie sich schließlich in den Finger, um wieder zu Besinnung zu kommen. Die Wirkung stellte sich prompt ein. Hals über Kopf stürzte sie die Treppe hinunter, warf sich ihre Heuke achtlos um und stürmte aus ihrem Heim auf den Dorfplatz- auf die kleine Menge zu.

Als sie atemlos bei ihnen war, hörte sie Rekon gerade sprechen, dass zwei Leute benötigt wurden, um „sie“ zum Friedhof zu tragen. Ihr Blick fiel schnell auf sie, die noch vor wenigen Stunden friedlich in Brunhilds Bett geschlafen hatte.
Auf die Knie fallend nahm sie den Kopf von Marias Leiche sacht in die Hände. Ihr Oberkörper wiegte unwillkürlich leicht vor uns zurück. Ihre Tränen vermischten sich mit dem Regen und fielen auf die kalten Wangen der guten Nonne. Wie konnten die Bastarde es nur wagen, eine Geistliche zu morden und dann auch noch gerade diese? Schwester Maria war mit Abstand die nonnigste Frau auf dem gesamten Erdenrund gewesen, eine treue Dienerin des Herren und eine Seele von einem guten Menschen.
Plötzlich hielt sie inne, die Augen auf einen undefierbaren Punkt gerichtet. Die Mörder hatten es garantiert nicht auf Maria abgesehen. Außer ihr und der Wirtin hatte keiner Kenntnis darüber, dass die Nonne diese Nacht in ihrem Zimmer genächtigt hatte. Brunhild selbst war das eigentliche Ziel gewesen, dessen war sie sicher. Die gute Frau hatte aufgrund ihrer Entscheidung ihr Leben lassen müssen.
Vorsichtig legte sie den leblosen Kopf wieder ab, ehe sie aufstand und zurückwich. Sie sollte hier liegen, ein Messer in der Brust, ihr Blut das Bett und den Boden des Wirtshauses tränken, ihr Lebensfaden diese Nacht durchtrennt worden sein.
Es war allein ihre Schuld, dass Schwester Maria nun vor ihren Schöpfer getreten war. Ihr Blut klebte an ihren Händen, und sie würde sich nie reinwaschen können. Sie war genauso ihre Mörderin wie der, der ihr den Dolch ins Herz gestoßen hatte.
Ihr Blick fiel auf Ross und ihr kam wieder etwas vom Vortag in den Sinn. Vor einigen Tagen hätte sie sich selbst dafür als verrücktes altes Weib gescholten, doch inzwischen hatte sich eine ganze Menge verändert. Doch nun war nicht die Zeit, diesen Gedanken weiter zu verfolgen, sie musste ihn nur später zum rechten Zeitpunkt griffbereit haben.
Stattdessen wand sie sich an Rekon und meinte mit bebender Stimme:
“Ich werde sie mitragen, auch wenn ich ihrer unwürdig bin…es ist das Mindeste, was ich jetzt für sie tun sollte.“
Vielleicht würde sie sich nie von ihrer Schuld Maria gegenüber lösen können. Aber sie würde alles in ihrer Macht stehende tun, auf dass die Seele der Nonne ihr im Himmelreich vergeben möge.

Zitroneneis
29.03.2013, 21:54
http://www.youtube.com/watch?v=c3GNmU9UPQs

Der Platz füllte sich langsam mit Menschen.
Stimmen wurden lauter. Hunde bellten. Pferde wieherten.
Und im Hintergrund erklang das stetige Lied des Regens. Das Geräusch unzähliger, fallender Tropfen, die auf der Erde landeten, sich in Pfützen sammelten oder von den Dächern herabrannen.

Doch Luise hörte all das nicht. Die Geräusche waren nicht mehr als ein fernes Flüstern. Das aufgeregte Treiben nicht mehr als verschwommene Bewegungen in ihren Augenwinkeln.
Es war ihr egal.
Es war vorbei.
Schwester Maria war tot.
Konrad war fort. Zurückgelassen hatte er sie.
Stets hatte er ihr ein frohes Gesicht gezeigt. Sie in den Arm genommen und sie getröstet, wenn es ihr schlecht ging. Sie beschützt.
Sie glauben lassen, dass selbst sie, ein hässliches, schwaches Mädchen, gestraft mit feuerrotem Haar, dass selbst sie Liebe und Zuneigung verdiente.
Konrad. Der Bruder, den sie nie gehabt hatte.

Und nun hatte er Luise grausam zurückgelassen. Sie daran erinnert, dass sie letztendlich doch nur ein kleines, rothaariges Mädchen war.
Allein war sie nun.
So schutzlos.
Zerbrechlich.
Schwach.

Einen langen Moment hatte sie nun verweilt, auf dem kalten Boden. Nur in ihre eigenen Gedanken, ihren Schmerz vertieft.
War nicht auf die Annäherungen ihrer Umwelt eingegangen.
Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass Rekon sich bemüht hatte, sie zu trösten.
Doch nun hörte sie, wie er eine Rede hielt. Die Neuigkeiten einfach zusammenfasste und dann fortfuhr mit der Freiwilligensuche für Marias Beerdigung.
Das Leben ging weiter.
Und genau das war es, was den Verlust so schmerzhaft machte.
Der Versuch, ein normales Leben zu führen - ungeachtet der Lücken, welche Menschen hinterließen, wenn sie fort waren.
Der Versuch, eine Welt zu schaffen, in der sie nicht mehr gebraucht wurden.
Die Wochen, während der man das Vergessen suchte und es nicht fand.
Und dann, eines Tages die Erkenntnis, dass man bereits vergessen hatte. Dass nichts geblieben war von der einstigen Nähe und Wärme. Dass sogar das einstig geliebte Gesicht nur noch eine verschwommene Erinnerung unter vielen war.
So war es mit Brida gewesen, nach ihrem Verschwinden. So würde es auch mit Maria und mit Konrad sein.
Eines Tages würde Luise zurückdenken an diesen Tag und nichts fühlen. Eine Erinnerung von vielen.

Still erhob Luise sich schließlich vom schmutzigen Boden und wandte sich um. Mit regloser, versteinerter Miene erblickte sie Noel, der gerade auf sie zuhielt.
Blass war er. Noch mehr als sonst. Etwas schien ihn zu Boden geworfen haben, denn seine Kleidung war schlammbesudelt. Der Regen hatte sich in seiner Robe und den ins Gesicht fallenden Haarsträhnen gesammelt.
Noel sah erbärmlich aus. Genau wie Luise selbst.
Mit einem kläglichen Lächeln sagte sie: "Wir beide... wir sind uns gar nicht unähnlich." Keine Träne hatte sie bisher vergossen. Doch ihre Stimme klang brüchig. Falsch und kränklich in ihren eigenen Ohren. Mit jedem Wort musste sie kämpfen, bis es ihre Lippen verließ. So leise war ihre Stimme, dass sie benahe vom Regen fortgwaschen wurde. Dennoch wusste Luise, dass Noel sie gehört hatte. "Du verstehst es, nicht wahr? Du hast auch jemanden verloren." Eine Antwort darauf erwartete sie nicht wirklich. Was sollte man schon dazu sagen? Trotzdem schaute sie ihm weiter in die Augen. Die Miene regungslos, die Augen leer.

Holo
29.03.2013, 23:34
Szenentheme:
http://www.youtube.com/watch?v=e9rMt-xtaxM

Vom Regen durchnässt stand Noel Luise gegenüber, die sich jetzt ebenfalls wieder erhoben hatte und ihn mit einem Blick ansah, den er bisher nicht kannte. Dann lächelte sie erbärmlich und flüsterte ihm etwas zu.
"Wir beide... wir sind uns gar nicht unähnlich.
Du verstehst es, nicht wahr? Du hast auch jemanden verloren."

Sie versuchte, zu lachen. Weinte immer noch nicht. Aber sie wollte es, das war mehr als offensichtlich. Die Regentropfen, von denen sich jeder Einzelne so schwer anfühlte wie ein reiner Saphirdiamant, kleideten die beiden gleichsam verwarlosten Gestalten in einen Umhang aus glänzenden Wasserfällen, als Noel, wie so oft einem Affekt folgend, seinen Verstand ausschaltete, auf Luise zuging und seinen Arm um sie legte. Stumm setzte er seinen Kopf auf den ihrigen und streichelte mit seiner anderen Hand behutsam ihre durchnässten Haare.
"Es ist in Ordnung, kleine Elfe.
Menschen weinen, wenn sie jemanden verlieren. Das ist... vollkommmen normal. Tu es einfach, wenn dir danach ist. Schau, ich stehe jetzt vor dir, es wird nicht einmal jemand sehen und durch den Regen auch nicht hören. Es ist in Ordnung. Danach wird es dir besser gehen. Das ist kein Zeichen von Schwäche, im Gegenteil. Letztendlich können nur Menschen weinen, die zu ihrer Schwäche stehen und Verluste akzeptieren.
Ich habe... nie geweint. Nicht ein einziges Mal. Ich habe nicht geweint, als meine geliebte Mutter vor meinen Augen brutal vergewaltigt und abgeschlachtet wurde. Und auch nicht danach.
...Ich habe es mein Leben lang bereut. Die Tränen, die ich damals hätte vergiessen können, flossen in mein Inneres und wurden mehr und mehr zu einem widerlichen, schwarzen Klumpen Hass. Du hast jetzt die Chance, zu weinen. Nutze sie."

Still nahm Luise hin, dass der junge Bibliothekar sie einfach so in die Arme schloss. Es war ihr nicht unangenehm.
Im Gegenteil, seine Wärme war ihr ein Trost.
Seine Stimme war bar jeder Verachtung und jeden Spottes. Luise war sicher, dass er wusste, wovon er sprach. Dass seine Worte von Herzen kamen. Weil auch er Verluste erlitten hatte.
Doch Luise konnte nicht weinen. So sehr sie es auch wollte, keine Träne rollte über ihre Wange.
Weinen hieß Loslassen. Die Löcher akzeptieren, welche Konrad und Maria zurückgelassen hatten. Die Gefühle von sich stoßen und all die gemeinsame Zeit zu verschwommenen Erinnerungen verkommen lassen.
Sie war noch nicht so weit.
Für eine Weile wollte Luise noch die Schatten der beiden spüren.
"Ich kann nicht." Sanft löste sie sich von Noel, hielt nur seine Hand sanft fest. Mit dem traurig scheiternden Versuch eines dankbaren Lächelns blickte sie ihn an. "Danke... danke für deine freundlichen Worte... und für alles andere." Sie senkte den Kopf. "Aber... ich kann die beiden nicht loslassen. Noch nicht. Vielleicht... bestimmt wird es eines Tages soweit sein... und dann werde ich weinen." Ein wenig leiser fügte sie hinzu: "Und... mich würde nicht stören, würdest du es sehen." Sie blickte ihm wieder in die Augen. "Kannst du das verstehen?"

Noel lächelte nicht, hielt einfach ihren Blick.
Er hatte die kleine Elfe gerade umarmt und was sie zu ihm gesagt hatte... unter anderen Umständen wäre es für ihn das Glück auf Erden gewesen. Aber nun fühlte es sich seltsam... bedeutungslos an.

"...ja. Ich verstehe, kleine Elfe."
Noel ging in die Hocke, um mit Luise auf einer Augenhöhe zu sein, bevor er leise flüsterte, so nur sie seine Worte vernehmen konnte.
"Konrad war ein großartiger Mann, nicht?
Letztendlich... hat er sogar meinen Respekt gewonnen. Wenngleich ich seine Flucht nicht voll verstehen kann... ich nehme mir nicht raus, über ihn zu urteilen.
Trauere auf deine Weise, Luise. Ich werde auf die meinige trauern."
Nun lächelte Noel leicht, versuchte, die Kälte aus ihrer Seele zu treiben.
"Aber verliere dich nicht in den bodenlosen Tiefen und den allesverzerrenden Schmerzen deiner Trauer. Sonst wirst du, ehe du dich versiehst, zu einer dämonischen Bestie, wie ich eine bin. Das werde ich nicht zulassen."

Stumm sah Luise Noels Lächeln. Wollte es erwidern. Wollte ihm sagen, dass sie bestimmt nicht zu einer Bestie werden würde.
Doch beides würde nicht wirklich ehrlich sein.
Kein Lächeln wollte sich auf ihren ausgekühlten Lippen ausbreiten.
Und eine Bestie war sie doch schon längst. Keine Elfe. Gott hatte Recht gehabt, sie mit diesem roten Haar zu zeichnen.
Es war auch ihre Schuld gewesen, dass Merete unschuldig hingerichtet worden war.
Weil Luise lieber die Meinung anderer übernommen hatte als selbst Verantwortung zu übernehmen.
Und damit womöglich andere darin bestätigt hatte, ihrem Beispiel zu folgen.
Was schließlich wahrscheinlich auch zu Marias Ermordung geführt hatte. Denn was konnte gefährlicher für die Lumianer sein, als eine Dienerin Gottes, der so viele Menschen vertrauten?
Vielleicht war Konrads Verbannung auch eine weitere Strafe für Luises Fehltritt gewesen.
Doch das alles bedeutete nicht, dass sie nun einfach aufgeben und sich dem Bedauern hingeben würde
Fest blickte sie dem Bibliothekar in die Augen und sprach ruhig: "Mein Schmerz wird mich nicht verschlingen. Ich... ich werde ihn ertragen, bis ich für meine Fehler gebüßt habe. Und dann... dann werde ich loslassen können." Das Lächeln was sie ihm nun schenkte war um keinen Deut fröhlicher als die vorherigen. Aber es war zumindest einen Hauch selbstsicherer.
"Ich... ich möchte dir noch einmal danken. Du bist sehr... großzügig und freundlich." Sie zögerte einen Moment, bevor sie fortfuhr: "Ich weiß nicht, warum du so sehr für mich sorgst... oder warum du so eine hohe Meinung von mir hast. Von einem ängstlichen Kind wie mir...mit solch teuflischem Haar..." Ihre Stimme ebbte ab. Eigentlich wollte sie diese Gedanken nicht nach außen tragen. Wollte die Welt nicht noch mehr auf ihr abstoßendes Haar aufmerksam machen. Doch nun war es ihr herausgerutscht. Und sie musste zurückdenken, an Noels allererste Worte an sie... deren Bedeutung sie bis heute noch immer nicht verstand.

Noel lächelte weiter. Er wusste, was er ihr nun sagen würde.
Seltsamerweise war er kein bisschen aufgeregt, sein Herz schlug vollkommen normal.
"Es war jener Tag vor zwei Jahren... da ich dein wundervolles, rotes Haar das erste Mal sah."
Auch wenn er versucht hatte, Luise' in die Augen zu sehen, sank sein Blick
unsicher zu Boden.
"Du bist ein wundervoller Mensch, kleine Elfe, und du hast wunderschönes Haar, Hör auf, dich dafür zu hassen.
Ich weißt nicht... ich glaube, es dauerte einige Wochen. Es dauerte einige Woche, bis ich begriff, was ich für dich empfinde."
Stumm lächelnd sah er ihr wieder in die Augen. Noel entschloss sich, es nicht direkt auszusprechen. Es war überflüssig, und gerade war ohnehin nicht der Zeitpunkt für solcherlei Gefühle.
"Du bist mir sehr wichtig, Luise... mehr als Irgend etwas Anderes. Ich habe Konrad geschworen, dich nicht mehr zu belästigen, aber.." , seine Augenbrauen zogen sich schmerzhaft zusammen, "ich muss diesen Schwur brechen. Ich weiß nicht, ob ich der Richtige bin, um dich zu beschützen, kleine Elfe... aber ich mache es, weil ich es so will. Lass mich an Konrads statt dein Halt sein und dir einen Teil deiner Trauer und deines Schmerzes abnehmen. Würdest du das... akzeptieren?"
Sich unsicher zu einem Lächeln zwingend, hatte Noel es ausgesprochen.
Die beiden waren vollkommen vom Regen durchnässt, es schüttete so laut, dass man sein eigenes Wort nicht verstehen konnte. Und doch, so schien es Noel und Luise, war es friedlich still.

Luise konnte kaum glauben, was sie da hörte.
Wie konnte es sein, dass jemand solch starke Gefühle für sie empfand? Dass sie ihm wichtig war, ohne dass er sie vorher gekannt hatte?
Dass er ihr Haar mochte?
Erst jetzt kam ihr in den Sinn, dass er seinen ersten Satz ernst gemeint hatte. Dass er ihre Haare tatsächlich schön fand.
Sie wusste nicht, was sie auf seine Worte erwidern sollte.
Ihr rotes Haar war abstoßend. Rot wie das Feuer der Hölle. Ein Merkmal der Hexen.
Aber seine Worte klangen so ehrlich und offen, dass Luise ihm nicht widersprach.
Stattdessen ging sie traurig auf seine Frage ein: "Du wirst Konrad nicht ersetzen können. Er ist mein Vetter... aber wir waren immer mehr wie Bruder und Schwester. Er hat nur zwei Jahre bei uns gelebt. Und dennoch... all die Zeit, die wir uns voher schon kannten... und besonders die letzten zwei Jahre... sie können nicht ersetzt werden - selbst wenn ich mich eines Tages nicht mehr klar an sie erinnern werde." Luise schwieg einen Moment, dann drückte sie sanft Noels Hand. "Aber... ich kann deinen Wunsch akzeptieren, mich zu beschützen. Ich weiß nicht, was genau dein Versprechen an Konrad war... aber er ist nun fort. Er hat mich zurückgelassen. Und du belästigst mich nicht. Du möchtest mich trösten und mich beschützen. Das kann nicht gegen Korads Willen sein. Ich danke dir dafür." Schließlich fügte sie noch hinzu: "Doch eine Bitte habe ich. Bitte... bitte achte auch auf dich selbst. Ich möchte nicht, dass meine Sicherheit auf dem Opfer anderer aufbaut..."
Ein plötzlicher Windstoß fegte durch ihr nasses Haar und peitschte die Tropfen in ihr Gesicht. Und da erinnerte Luise sich wieder daran, dass sie mitten auf dem Dorfplatz stand, umgeben vom kalten Regen, und mit leerem Magen.
Sie fühlte wieder. Die eingefrorene Zeit war aufgetaut und lief weiter.


Grinsend schüttelte Noel den Kopf, sein blutrotes Haar wog im nassen Wind.
"Selbstverständlich wird niemand Konrad ersetzen können.
Ein Mensch ist einzigartig, könnte man sagen.
Aber... ich danke dir für dein Vertrauen. Und deine Sorge um mich.
Sie ehrt mich, kleine Elfe."

Stumm sahen sich die beiden ungleichen Personen noch einige Momente in die Augen, bis Noel bemerkte, dass es Luise körperlich gar nicht gut ging.
Stumm erhob er sich und legte ihr, wie am Vortag, ihren dicken Mantel um den schmächtigen Körper, obgleich er nur ein dünnes Hemd trug.

"Hey... Luise.
Weißt du was? Wenn das Alles vorbei ist... lass uns dieses Dorf gemeinsam verlassen.
Lass uns zusammen durch die Welt reisen und nach Konrad suchen.
Irgendwann werden wir ihn finden und zusammenleben. Das verspreche ich dir."

Aufmunternd schenkte er ihr ein Lächeln, welches seinen Willen bezeugen sollte, mit ihr dieses Spiel zu überleben. Das war sein einziges Ziel.
Wir beide werden überleben. Definitiv.

R.F.
30.03.2013, 22:16
"Ok, dann steht es also fest, dass wir nicht darauf warten, dass der Pfarrer hier erscheint und sich die Leiche ansieht? Bis zum Abend ist glücklicherweise noch etwas Zeit, Zeit die wir nutzen sollten, um den Platz wieder freizuräumen. Das letzte, was wir brauchen, ist eine Leiche mitten auf dem Platz. Wenn schon gestern rege Aufregung herrschte, so sollen die restlichen Bürger nicht noch durch eine Leiche aufgeschreckt werden, denn das trübt nur ihr Urteilsvermögen, denn ja, heute muss ein Lumianer fallen und das bedeutet, jeder muss auf der Höhe seiner geistigen Kräfte bleiben." Ross überlegte kurz. "Notfalls packe ich mit an bei der Leiche, schließlich muss ein Hauptmann allen anderen ein Vorbild sein." na, wenn das der Pfarrer rauskriegt, würde es heftigen Ärger geben, das wusste Ross, aber es war ihm in dem Moment egal. Besser, als den Leichnam von ihm zerstückeln zu lassen, in der Hoffnung, irgendwas unheiliges zu entdecken, denn das hatte die Nonne nicht verdient. "Lasst uns anfangen; lieber früher als später, denn es wird nicht mehr lange so ruhig bleiben, fürchte ich."

T.U.F.K.A.S.
31.03.2013, 13:36
Die Augen nur einen Schlitz weit geöffnet (http://www.youtube.com/watch?v=yjcj2PsprA8) wankte Lumi aus der Taverne heraus und sah sich um. Die Straßen wirkten wie leergefegt, während der Dorfplatz sich mit Menschen gefüllt hatte. "Eh, Djángo - was meinst du, ob es noch eine weiteres Zeichen gibt oder so?", nuschelte sie in den nicht vorhandenen Bart. Sie hörte Stimmen, die vom Dorfplatz aus erklangen. Der rothaarige Gesichtstattoo-Typ und das rohaarige Mädchen standen am Rande des Geschehens und sahen sich tief in die Augen, was die verkaterte Lumi nur mit einem "Scheiße Pärchen..." bedachte, als sie an ihnen vorbei trabte. Sie hielt nach Konrad Ausschau, aber er war nirgendwo zu sehen. Ob es ihn auch mittlerweile hingerafft hatte? Schlimme Gedanken mischten isch nun unter die Kopfschmerzen und die Übelkeit. Sie hatte gestern abend nichts getrunken, oder? Da war nur...
Oh, das Wunderpulver, richtig.
"Djángo, hat Mama nicht immer gesagt 'Werd' niemals benebelt von deine eigene Zeug.'? Jetzt ich weiß was sie meint...", sie reib sich etwas Schlafsand aus den Augen. "Scheise, niemals wieder mache ich Totenzeremonie bei Gegenwind..."

Und dann stieg ihr dieser Geruch in die Nase. Ein sehr vertrauter Geruch.
"Halál...", zischte sie. Tod. Sie stapfte mit schwerem Kopf und noch schwereren Augenlidern zur Mitte des Platzes, folgte dem Geruch. Stimmen drangen durch das Geraune der anderen an ihr Ohr.
"Lasst uns anfangen; lieber früher als später, denn es wird nicht mehr lange so ruhig bleiben, fürchte ich."
Horst packte die Füße der toten Nonne und war im Begriff, die Frau aus den Augen des Dorfes zu schaffen. Lumi stand da, bebende Lippen, Augen von einem Moment auf den nächsten weit aufgerissen. "Hallo.", sprach sie in emotionslosen Tonfall und brach damit eine mehrere Sekunden andauernde, peinliche Stille. "Ist... ist sie...?" Keine Antwort. Also ja. "Ich weiß nicht, aber...", sie stockte. "... aber ich werde jetzt zurückgehen. Tschuldige für Störung, frohes Weihnachten, ich geh' 'ne Runde kotzen."

Und genau als sie das letzte Wort ausgesprochen hatte, wurde ihr speiübel. Der Geruch, die unzählig scheinenden Stichwunden, das Blut, Horsts selten dämlicher Gesichtsausdruck - sie stürzte durch die endlos lang erscheinenden Gasse mit all den Bildern im Kopf, übersah mit ihrem schlechten Auge eine halboffene Haustür und nahm die Kante mit ihrer Stirn mit. Vor dem Gasthof angekommen, spürte sie das kaltnasse Wasser in ihrem Nacken als ein Strahl, der aus dem Frühstück des Vortags bestand, aus ihrem Mund entwich, gefolgt von einem unbändigen Hustenanfall. Tränen schossen ihr in die Augen, der unangenehme Geruch des Todes mischte sich mit dem noch unangenehmeren Geruch ihres Erbrochenen. Sie wollte schreien, aber da war einfach nichts was ihr spontan einfiel. Djángo rannte ihr um die Beine, fiepste nervös, kratzte sanft mit seinen Krallen an ihrem Schienbein herum um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Aber nicht einmal der Marder konnte ihr gerade die Laune aufhellen.

"Megölték őt! Ezek a kurvára megölte!" [Die haben sie umgebracht! Die haben sie scheiße nochmal umgebracht!], keuchte sie, Speichel tropfte ihr aus dem Mund, als sie schwer atmend diese Worte immer und immer wieder wiederholte, immer weiter im regennassen Schlamm mit den Füßen einsackte. Und wenn's die Nonne erwischt hatte, dann auch Konrad.

Die Geschichte spielte sich von vorne ab. Alles was vor drei Jahren geschah, geschah nun noch einmal.

Gut, ruhigbleiben, Luminitsa. Du kriegst das hin., dachte sie bei sich. Geh' einfach zurück zum Platz, schau' was du finden kannst. Alles wird gut.

Sie atmete durch die Naser ein, durch den Mund wieder aus, wischte sich zwischendrin mit dem klatschnassen Ärmel ihres Umhangs den Speichel von den Lippen und das Blut von der Stirn, das aus der klaffenden Platzwunde floss, und stapfte durch den Matsch zurück zum Dorfplatz, ein leises "Scheiße." von sich gebend, jetzt wo ihre Kopfschmerzen noch schlimmer geworden waren.

[Sie betrachtet die Hinweise, sieht dass Konrad nicht tot, sondern "nur" verflucht und abgehauen ist und betrachtet die Leiche.]

Sie lief auf und ab, rannte eine sprichwörtliche Kerbe in den Schlamm, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen ihr Kinn. Dachte nach. Merkte nicht, wie die Platzwudne wieder anfing zu suppen. Dachte daran, sich vielleicht ein Schwert zuzulegen für alle Fälle. Dachte nach, wem sie ein Schwert klauen könnte. Oder eine Armbrust. Oder eine dieser lauten Teile, die so laut knallen wie das Aufbäumen von tausend Kriegstrommeln. Die Dinger, die die Briten damals "Boomsticks" nannten. Ja, so ein Teil wäre jetzt das Bestmögliche. Aber woher...?
"Nem, nem, nem... [Nein, nein, nein] Ich brauch' kein Waffe. Ich bekämpfe bösen Scheiß ausschließlich mit die Gehirn.", murmelte Lumi und verwarf die Idee mit der Waffe.
Die Nonne war erdolcht worden, direkt ins Herz. Entweder war es jemand, der extremen Groll gegen Gott und die Welt hegte (vor allem Gott), oder sie war ihm nicht göttlich genug.
Aber eine Nonne...? Wer erdolcht eine Nonne?
Einen Priester erdolchen - das war mehr als in Ordnung wenn es nach Lumi ging (weil die meisten Priester Flach••••••• vor dem Herren waren). Aber eine Nonne...
"Wer würde ein Nonne erdolchen? Muss ja selber sein der Analbert vergiftet hat...", sprach die Zigeunerin es halblaut aus, während sie eine weitere Kehrtwende auf dem Absatz machte und dabei Schlamm hochwirbelte, der dem oder anderen Umstehenden wohl an die Klamotten klatschte. Egal.
"Kann nicht sein wie letzter Typ oder?", fragte Lumi in Richtung ihres Beutels. Djángo gab keinen Laut von sich, sondern vergrub sich noch weiter im Inneren der Tasche. "Wenn du damit sagen willst 'Nein.', bin ich deine Meinung." Es würde wohl wieder auf eine Wahl hinauslaufen, wieder würde eienr hängen, wieder würden die Karten sprechen müssen.

Nur vielleicht würde Lumi dieses Mal die Karten zinken, wo sie doch schon eine Ahnung hatte wer es gewesen sein könnte...

Zirconia
31.03.2013, 13:40
http://www.youtube.com/watch?v=rze-wTAEP4o
Einige Zeit nach Rekons Rede meldete sich die Wirtin des Dorfes. “Ich werde sie mitragen, auch wenn ich ihrer unwürdig bin…es ist das Mindeste, was ich jetzt für sie tun sollte.“ sagte sie. Eine Person sollte nur nicht ausreichen, weswegen Rekon und Brunhild weiterhin warten mussten, bis sich ein zweiter Freiwilliger meldet. Nach Stille, die nie enden wollte, meldete sich der neue Hauptmann zu Wort. "Notfalls packe ich mit an bei der Leiche, schließlich muss ein Hauptmann allen anderen ein Vorbild sein. Lasst uns anfangen; lieber früher als später, denn es wird nicht mehr lange so ruhig bleiben, fürchte ich." sagte er, während er zusammen mit Brunhild die Leiche der Nonne nahm. Rekon nahm seine Schaufel und ging mit den zweien und jedem der ihnen folgen wollte zum Friedhof. Stille begleitet die Gruppe ebenfalls. Die Trauer jeder einzelnen Person war zu spüren. Die Stimmung im Dorf war bisher nie trauriger. Als sie am Friedhof ankamen, begann Rekon direkt zu schaufeln. Niemand wagte es auch nur ein Wort zu sprechen. Es dauerte lange, bis ein ordentliches Grab geschaufelt war, denn der Regen spülte oftmals Erde wieder in das Loch. Der Regen, eine Tote und eine Stille, die selbst Tote in den Schatten stellte. All dies schuf eine sehr traurige Atmosphäre. Rekon schaufelte und schaufelte. Nach langer Zeit war das Grab einer Nonne würdig. Vorsichtig gingen Brunhild und Ross an die Leiche. Noch immer ist kein Wort gefallen. Maria, die Person, welche Gott am nächsten stand, ist ins Paradies eingezogen. Ihren Körper ließ sie hier und die Dorfbewohner geben dem seelenlosen Körper ein würdiges Begräbnis. Die Tote war nun in dem Grab. Ross, Brunhild und Rekon begannen zu beten... Für Maria, die nonnigste Nonne des Dorfes. Diese Seele ist an einem besseren Ort. Dieser Körper ist nun in seine letzte Ruhestätte getreten...

Zitroneneis
01.04.2013, 11:34
"Danke, Noel", sagte Luise und meinte damit nicht nur seine aufmunternden Worte sondern auch den warmen Mantel, den er um ihre Schultern gelegt hatte. Die nasse Kälte hier draußen war mittlerweile beinahe unerträglich und ein Zittern durchlief ihren Körper. Und wenn sie Noel in seinem dünnen Hemd so betrachtete, bekam sie direkt ein schlechtes Gewissen. "Ähm... ich weiß nicht, w-wie es mit dir aussieht, a-aber ich würde gerne ins W-warme und etwas essen. W-wenn du magst können wir ja ins Wirtshaus gehen."
Als sie die Tür zur Schankstube öffnete, war von Brunhild trotz der Uhrzeit nichts zu sehen. Überhaupt war der Raum menschenleer, nicht einmal Rüdiger war zu sehen.
Eigentlich nicht überraschend, immerhin hatten die meisten Menschen sich zum Dorfplatz begeben. Wahrscheinlich war man schon mit Marias Beerdigung beschäftigt.
Aber Luise wollte daran nicht teilhaben. Sie wollte nicht sehen, wie die leblose Nonne von der kalten Erde verschluckt wurde. Irgendwann, vielleicht in wenigen Tagen, vielleicht in einem Monat oder in einem Jahr, würde sie in Ruhe Abschied von Maria nehmen. Dann würde sie auf ihrem Grab die schönsten Blumen anpflanzen und sie um Vergebung bitten. Und weinen würde sie.
Aber dieser Zeitpunkt war nicht jetzt. Noch konnte Luise nicht völlig loslassen.
Ihr Blick fiel auf die den Fußboden und erschrocken zuckte die Apothekertochter zusammen als ihr eine Erkenntnis kam.
"S-sieh mal, Noel", wisperte sie und beugte sich nieder, um die Flecken zu begutachten. Es handelte sich um Blut, zweifelsohne. Aber die Frage war, um wessen Blut.
Besorgt und nervös folgte Luise der Spur, welche zur Treppe führte. Maria lebte doch im Kloster. Hatten die Lumianer womöglich doppelt zugeschlagen?
Brunhild? Lumi? Ging es den beiden gut?
Noel gar nicht weiter Beachtung schenkend, folgte Luise der Blutspur und eilte die Treppe hoch. Sie war noch nie hier gewesen, also wusste sie nicht, wessen Zimmer es war, vor dessen Tür die Spur verschwand.
Zaghaft drückte Luise die Tür auf, mit dem Schlimmsten rechnend.
Was sie fand, war in der Tat alles andere als ein schöner Anblick. Der Raum wirkte, als hätte jemand versucht, ihn Rot zu streichen und dabei auf sehr unglückliche Weise den Farbeimer umgeworfen.
Blut war auf dem Boden, auf dem Bett und selbst die Wände wiesen Spritzer auf.
Die Luft war erfüllt vom unverkennbaren, übelkeiterregenden Geruch.
Aber niemand war zu sehen. Kein regloser Körper lag irgendwo herum und die Spuren wiesen drauf hin, dass die Leiche bereits weggeschafft worden war. Hatte Maria etwa im Wirthaus die Nacht verbracht?
Bestätigt wurde Luises Verdacht, als sie einen glänzenden Gegenstand auf dem Boden entdeckte. Einige rote Tropfen waren auf das silbrige Metall gespritzt, aber es handelte sich eindeutig um Marias Kreuz. Es war wohl während des Überfalls der Lumianer von ihrem Hals gerissen worden.
Die Nonne hatte Luise einst erzählt, dass es ein Erinnerungsstück an ihre Mutter war, der es vor deren Tod gehört hatte. Maria hatte es immer getragen. Sie hatte lächelnd gesagt, dass es ein Symbol dafür war, dass sowohl Gott als auch ihre Mutter immer über sie wachten.
Vorsichtig griff Luise nach dem Schmuckstück und wischte mit ihrem Ärmel das Blut ab. Dann legte sie sich das schmale Kettchen mit dem kleinen Anhänger um den Hals.
Es würde ihr eigenes Erinnerungsstück an Maria sein. Es würde zeigen, dass ein Stück von ihr in dieser Welt geblieben war. Es würde verhindern, dass die nonnige Nonne einfach in Vergessenheit geriet.
Und es würde auch eine Mahnung an Luise selbst sein. Damit sie stets daran dachte, so zu handeln, wie Maria es gewollt hätte.
Das war sie ihr schuldig.
Zitternd richtete Luise sich wieder auf. Sie hatte während ihrer Hilfsstunden in der Apotheke schon viel Blut gesehen, aber niemals so viel auf einmal. Und niemals in einem derart abstoßenden Zusammenhang. Sie wollte den Raum einfach nur verlassen.
An Noel gewandt sprach sie: "W-wir müssen Brunhild finden. B-bestimmt hat sie das hier noch nicht gesehen u-und s-sie sollte es bald erfahren."

Mephista
01.04.2013, 13:59
Vom Regen bis in alle Poren durchnässt sah Brunhild zu, wie Marias sterbliche Überreste in Gottes heiligen Acker beigesetzt wurde. Rekon hatte gerade das Grab ausgehoben, als vom Kloster her sämtliche Nonnen und Mönche herankamen, um die nonnigste unter ihnen zu verabschieden. Bruder Justus schloß als Letzter auf und hinkte merkwürdig. Ihre Blicke trafen sich und in den Augen des Mönches blitzte einen Moment Grimm und Verachtung auf, ehe er sich von der Wirtin abwandte.
Das verwirrte sie. Weshalb hatte er ihr gegenüber auf einmal solch eine Abneigung? Ob es an den Bieren lag, die er gestern zusammen mit Konrad gehoben hatte und ihn heute verkatert aus dem Bett stiegen haben lassen? Es schien ihr die einzig logische Erklärung, auch wenn sie sich da keine Vorwürfe machen lassen würde. Sie konnte schließlich Nichts dafür, wenn ein Mönch, gerade während der Fastenzeit, auf seine Enthaltsamkeit pfeift…
Der Regen schien nicht enden zu wollen. Es war, als ob Gott selbst auf die Erde darnieder Tränen um seine so treue Nonne schickte. Der Priester endete gerade seine Abschiedspredigt, sie bekreuzigte sich mit allen Anderen.
Brunhild wandte sich zum Gehen. Träge schmatzten ihre Schritte durch den Schlamm. Wie sollte man weitermachen? Man konnte doch nicht einfach den alltäglichen weiter nachgehen, als wäre Nichts geschehen oder als würde einen der Tod kaum kümmern. Doch was war die Alternative? Sollte man sich hinhocken, starr vor Trauer, Angst und wachsender Verzweiflung und darauf warten, dass man selbst mit einem Dolch im Herzen auf dem Dorfplatz gelegt wird? Auf dem Dorfplatz hielt gerade Ross eine kleine Ansprache und bezichtigte Peter, bereits zur Mittagsstunde. Er schien die Abstimmung wohl nicht bis zum Abend abwarten zu können.
Und das war wohl der einzige Weg. Auch wenn sie Schande über sich bringen würde, musste die Wirtin doch abstimmen, damit es wenigstens etwas Hoffnung gab. Hoffnung, das weitere Morden zu stoppen. Sie musste durchhalten, musste stark ssein für die Anderen. Unnütz rumsitzen würde auch nicht helfen. Dagegen zu wirken würde sie gleich anfangen. Mit geballten Fäusten stapfte sie durch den aufgeweichten Boden auf den großen Wasserkübel bei den Ställen zu, mit denen die Pferde immer getränkt wurden.
Dort angekommen stellte Brunhild verwundert fest, dass Kobold nicht da war. Bommel wieherte ihr zu und stubste sie hungrig an. Konrad konnte unmöglich noch auf seinem Wanderritt sein. Ob ihm etwas im Wald zugestoßen war, ging es ihr fröstelnd durch den Kopf, während sie den braunen Wallach fütterte und putzte. Von den wilden Tieren könnte er angefallen worden sein und nun schwerverletzt daliegen, weil ihm Kobold durchgegangen war oder noch Schlimmeres!
Nein, das durfte sie garnicht denken, die Situation im Dorf ließ sie gleich den Teufel an die Wand malen. Vielleicht war er nur in die nächste Stadt geritten, um Beistand und Hilfe für sie alle zu erflehen, deswegen war er auch schon in den frühen Morgenstunden aufgebrochen. So musste es sein! Sie durfte nicht verzagen, musste vorwärts blicken…
Mit einem letzten Klaps auf Bommels Kruppe verließ sie die Stallungen, den Kübel im Schlepptau in Richtung Brunnen. Ihr Haus war immernoch befleckt vom reinen Blut der verblichenen Maria und sie könnte es nie wieder betreten, wenn es so bliebe. Allein beim Gedanken an ihr (nun ehemaliges) Schlafgemach schauderte es ihr und schnell bekreuzigte sie sich, bevor sie das Wasser aus dem tiefen Schacht schöpfte.
Schwer beladen wankte sie in’s Wirtshaus und warf sich gleich die durchnäste Heuke vom Leib. Ein übler Geruch nach verbranntem Mehlbrei stieg ihr in die Nase. So hastete sie schnell zu der Feuerstelle und hob den Kessel mit der nun schwarzen Masse an, um ihn gleich darauf draußen vor die Tür zu stellen. Dort störte der Gestank nicht weiter und der Regen konnte schon erste Spülarbeiten verrichten.
Noch immer war von Rüdiger keine Spur, etwas wie Sorge um ihn machte sich in ihr breit. Merkwürdig, wo sie doch eigentlich froh sein müsste, wenn er endlich aus ihrem Leben verschwunden war….
Sich einredend, dass sie sich sicherlich nicht um den alten Flopelz sorgte, sondern nur vor Hunger Magenschmerzen bekommen hatte, holte die Wirtin ihre Schrubbbürste und ein Stück Seife hervor, von welcher sie einige Späne in das Wasser schnitt. Nach kurzem Überlegen machte sie sich auf zur Treppe, es wäre besser, wenn sie das Schlimmste gleich hinter sich brächte, auch wenn der Schankraum den abendlichen Gästen wegen auf jeden Fall wieder sauber werden musste.
Mühsam hiefte sie den schweren Kübel nach oben, den Blick auf ihre Füße gerichtet, um nicht auf den abgetretenen Stufen auszurutschen. Oben angekommen stellte sie ihre Last zum kurzen Verschnaufen ab und wollte sie gerade erheben, um die müden Knochen zu strecken, als sie die zwei Gestalten vor ihr erblickte.
Mit einem erstickten Schrei zuckte sie zusammen, machte einen Satz nach hinten und stieß dabei den Kübel an, der gefährlich schwapperte. Gegen die Wand gepresst fasste sie sich ans Herz und ging die beiden Eindringlinge an:
“Heilige Maria und Joseph, was fällt Euch ein, durch fremde Häuser zu schleichen wie die Diebe?! Das Wirtshaus hat erst abends geöffnet, ganz sicher aber noch nie zur Mittagsstunde! Und selbst wenn es geöffnet wäre, habt ihr Nichts hier oben zu suchen!!! Hinausprügeln müsst ich Euch, jawoll!“
Keuchend und den Schreck noch immer in allen Gliedern spürend klärte sich ihre Sicht soweit, dass sie die Gestalten als Noel und Luise erkennen konnte, die auf dem Dorfplatz vorhin so turtelnd voreinander gestanden hatten. Schnell legte sich die erredete Rage und sie winkte ab.
Ach, verzeiht, es ist nur… der heutige Tag ist wie verhext. Heute in den frühen Stunden glaube ich von diesen Sektenheinis heimgesucht zu werden, und hätte beihnahe den guten Konrad erschlagen; dann werde ich von diesen Gottlosen heimgesucht, ohne es zu merken und sie nehmen Maria mit sich, obwohl sie mich wollten…, mit einer Geste wies sie in das Blutkabinett hinter den beiden, doch an Luischens Miene konnte sie ablesen, dass sie es bereits gesehen hatten,…und jetzt schleicht ihr Euch hierein und ich dachte schon, jetzt sind sie wiederhekommen, um mich zu holen, bei hellichten Tage, um nicht nochmal zu fehlen…Ich glaube, ich bin bereits zu alt für das Alles…“
Seufzend lehnte sie sich gegen die Wand und wischte sich den Angstschweiß von der Stirn.

Holo
01.04.2013, 14:32
"Danke, Noel"

Noel lächelte nur stumm, um Luise klarzumachen, dass es selbstverständlich wäre.
Als nächstes schlug sie vor, ins Wirtshaus zu gehen - eine angebrachte Idee. Zwar war es ihm recht, vollgeregnet und durchnässt zu werden, wenn seine kleine Elfe es dafür warm hatte, aber angenehm war es Noel auch nicht. Stumm setzten die beiden sich also Richtung Wirtshaus entgegen. Was sie darinnen erwartete, war nicht das, was Noel sich erhofft hatte.
"S-sieh mal, Noel",

Sie hatte das Blut auch gesehen. Stumm sah der rothaarige Junge dabei zu, wie sie der Blutspur folgte, um sich schließlich daran zu machen, in den ersten Stock zu eillen.
Noel wollte sie noch aufhalten, aber da schritt Deus ihm vor die Füße.
Schon gut. Da oben ist nichts außer ein bisschen Blut. Luise ist nicht in Gefahr.

Irrelevant! Wenn sie soviel Blut sieht, muss ich bei ihr sein, sonst-

Noel, beherrsch dich. Wenn du dich zu sehr an sie klammerst, wirst du sie verlieren. Hast du das immer noch nicht verstanden? Lass sie alleine damit zurecht kommen. Blut ist etwas, dass die kleine Elfe in den kommenden Tagen noch öfter sehen wird...

"Gh...!"
Störrisch blieb Noel am Absatz stehen, den Blick von den verschwindenden, roten Haaren abwendend.
Deusexus hatte ja recht. Wenn er seinen Beschützerinstinkt die Oberhand gewinnen ließ, wäre das nicht besser, als die kleine Elfe in einen Käfig zu sperren. Das durfte nicht passieren.

Nach einer schier endlosen Ewigkeit kam Luise wieder ins Erdgeschoss, ihr Kleid war blutgbefleckt und sie trug das Amulett Marias um den Hals.
Mit besorgtem Blick musterte Noel ihr Gesicht, wollte fragen, ob Alles in Ordnung sei; aber er schluckte es herunter.

"W-wir müssen Brunhild finden. B-bestimmt hat sie das hier noch nicht gesehen u-und s-sie sollte es bald erfahren."

"Hmh..."
Halbherzig nickte er, just in diesem Moment öffnete sich die Eingangstür des Wirtshauses. Bevor Noel die Person vor sich als Brunhild erkennen konnte, brüllte diese auch schon los:
“Heilige Maria und Joseph, was fällt Euch ein, durch fremde Häuser zu schleichen wie die Diebe?! Das Wirtshaus hat erst abends geöffnet, ganz sicher aber noch nie zur Mittagsstunde! Und selbst wenn es geöffnet wäre, habt ihr Nichts hier oben zu suchen!!! Hinausprügeln müsst ich Euch, jawoll!“

Stumm und schwach amüsiert wartete er ab, bis das Weib sich beruhigt hatte, legte dabei lediglich seiner kleinen Elfe eine Hand auf die Schulter. Man wusste ja nie, wann solche Leute handgreiflich wurden.

Nachdem sie geendet und die beiden einige Sekunden verdattert beäugt hatte, winkte sie seufzend ab.
Ach, verzeiht, es ist nur… der heutige Tag ist wie verhext. Heute in den frühen Stunden glaube ich von diesen Sektenheinis heimgesucht zu werden, und hätte beihnahe den guten Konrad erschlagen; dann werde ich von diesen Gottlosen heimgesucht, ohne es zu merken und sie nehmen Maria mit sich, obwohl sie mich wollten……und jetzt schleicht ihr Euch hierein und ich dachte schon, jetzt sind sie wiederhekommen, um mich zu holen, bei hellichten Tage, um nicht nochmal zu fehlen…Ich glaube, ich bin bereits zu alt für das Alles…“

Noel spürte durch seine Hand deutlich, wie seine kleine Elfe bei der Erwähnung Konrads' Namen zusammenzuckte und ihr Blick wieder abwesend zu Boden sank. Gereizt ging er einen Schritt auf die Wirtin zu, starrte sie unabsichtlich mit leicht zornigem Blick an.

"Wärt Ihr wohl so freundlich..." ,
Noel unterdrückte seine Stimme, "diesen Namen nicht mehr in Anwesenheit dieses Mädchens zu sprechen? Sie hat eine tiefe Wunde durch seinen Verlust erlitten, wie Ihr euch denken könnt."

Noel beruhigte sich wieder einige Momente lang, bevor er gewohnt kühl mit einer Bitte an die Wirtin herantrat.
"Uns ist kalt und wir würden uns an eurem Kamin gerne etwas aufwärmen. Ein wenig Schwarztee und Suppe wäre wundervoll. Zudem wäre ich euch persönlich tief verbunden, wenn ihr Luise aus ihren nassen Kleidern schälen und ihr ein paar Neue zur Verfügung stellen könntet. Meint Ihr, das wäre denkbar? Natürlich bezahle ich Alles im vorraus.
Mit einer leichten Verbeugung beendete Noel seine vorgetragene Bitte.

Ligiiihh
01.04.2013, 16:45
"Endlich ist er fertig!", dachte sich Tyrell laut und freudig, als er direkt nach dem Aufwachen seinen Blitzfänger betrachtete und der Tag wie dafür gemacht war, ihn auszuprobieren. Tyrell schnappte ihn sich schnell und lief raus. Er versuchte dabei, möglichst ungesehen zu bleiben. Die Gottesgläubigen würden ihn sonst noch verpöhnen und ihn als Rebell gegen Gottes Macht aus dem Dorf lynchen. Aber umsonst gefürchtet. Da kam kein Blitz. Es hat nur geregnet. Verärgert ging er ins Wirthaus, nachdem er minutenlang etwas weiter weg von einem Baum stand und sich hatte nass spülen lassen.

Da erblickte er auch schon die erste Teilmenge der Leute, die sich für das Schicksal des Dorfes einsetzen wollten. Na ja, lief nicht sehr gut. Insgesamt zerbrach er sich etwas den Kopf darüber. Was waren das für Leute, die Meretes Selbstnominierung zum Wohle des Dorfes derart in das Schlechte umwandelten? Ein Mensch starb, der nicht hätte sterben müssen. Nicht hätte sterben sollen. Er war wütend. Als er Luises Gesicht erblickte, wusste er nicht, was er dazu sagen sollte. Sie war sogar mit Noel unterwegs. Er dachte sich einfach, dass er nichts dazu sagen sollte.Luise war immerhin mitverantwortlich für Meretes sinnlosen Tod und Noel wollte Tyrell sterben sehen.

"Na super... ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann mal so gar keine Lust mehr auf dieses Dorf hätte...", murmelte er leise vor sich hin, darauf achtend, dass ihn niemand hören würde. Er setzte sich hin und überlegte eine Weile. Heute muss ja jemand anderes sterben. Eigentlich wollte er das nicht, aber man musste Konsequenzen ziehen. Immerhin würden die Lumianer nicht zögern... oder etwa doch? Jedenfalls dachte er scharf nach, setzte seine Mütze ab und kratzte sich mehrmals in den Haaren. Luise wollte er erstmal dafür verzeihen. Sie war bisher ein liebes Mädchen und diesen einen Fehler würde er nicht mit ihrem Tod bestrafen wollen. Noel wollte er auch erstmal verschonen. Seine Verhaltensweise ist immerhin nicht sonderlich praktisch für einen Lumianer, gar zu offensichtlich und so dumm können die doch nicht sein. Oder war dies wiederum nur eine List von ihm, für Leute, die nicht einen zweiten Schritt weiterdenken können? Aber für's erste war dies zu unsicher.

Ross war ihm da schon einen Schritt weniger koscher, wie er als Hauptmann nämlich einen eher mieseren Job erledigte. Seine nahezu unbegründete Nominierung für Merete und vor allem jetzt noch für Peter war ihm etwas vorschnell und nicht gut überlegt. Vielleicht war es ja auch eher gut für die Lumianer, dass das Dorf so einen unfähigen Hauptmann hatte und sie wollten ihn deshalb am Leben lassen, möglicherweise ist das aber auch der Plan, dass man ihn eben für einen Bürger hielt und deswegen verschonen würde. Seine Gedanken schwebten um ihn herum, ohne dass er wirklich zu einem klaren Ergebnis kam. Aber das war auch leider Gottes nicht möglich. Ein gefährliches Katz- und Mausspiel, bei dem die Gesichter verdeckt blieben.

Noch unsicherer war er allerdings bei diesem kleinen Mädchen mit dem seltsamen Akzent, Luminitsa (steel). Sie hatte den Anschein, als würde sie dem Dorf nichts Böses wollen, er erwischte sie aber mehrmals dabei, wie sie scheinheilig für sich selbst grinste. So sieht nur jemand aus, der etwas Böses im Sinn hatte. Die sinnlose Nominierung von ihr an ihn hätte ihn auch leicht das Leben kosten können. Nach dem Prinzip "Irgendjemanden-muss-es-ja-treffen" kann man bei sowas nicht gehen. Nur, wenn man dem Dorf etwas antun wollte, wär' diese Einstellung nicht ganz unpraktisch und genau das schien sie wohl zu Planen.

Eine Wildfremde, die plötzlich ins Dorf kommt und sich in dessen Gelegenheiten einmischt, wo es um Leben und/oder Tod ? Wo in aller Welt gibt es bitte solche gutherzigen Menschen? Nirgends, und deswegen fürchtete Tyrell sich ein wenig vor ihr. Wenn es später zur Abstimmung kommen würde, dann würde seine Wahl wohl eindeutig auf ihr fallen.

"Na... hoffentlich fallen mir meine Überlegungen dann auch wieder ein... es ist schwierig, so etwas überzeugend zu den Bewohnern zu übermitteln...", dachte er sich dann nur noch.

Mephista
02.04.2013, 00:27
"E-es tut mir Leid, d-dass ich einfach s-so hier eingedrungen bin. Ähm... i-ich habe mir Sorgen gemacht u-und
n-nicht überlegt. I-ich b-bin sehr d-durcheinander... E-entschuldige b-bitte.", kam es schüchtern von Luise kurz nachdem die Wirtin zu sprechen geendet hatte.
Mit einem milden Lächeln den Kopf schüttelnd gab sie dem Mädchen zu verstehen, dass es sich für Nichts zu entschuldigen brauchte.
Der selbsternannte Leibwächter Luises jedoch taxierte sie mit zornigem Blick und presste, seine Wut sichtlich unterdrückend, hervor:
"Wärt Ihr wohl so freundlich... diesen Namen nicht mehr in Anwesenheit dieses Mädchens zu sprechen? Sie hat eine tiefe Wunde durch seinen Verlust erlitten, wie Ihr euch denken könnt."

Das junge Mädchen erwiderte darauf tonlos in langsamer Weise, wie Brunhild es noch nie von ihr gehört hatte:
"Es... es ist nicht nötig, solche Rücksicht zu nehmen... das ist nichts, was ich verdiehnt hätte. Ich... ich kann nicht darüber sprechen... aber ich kann andere nicht daran hindern, es zu tun."
Unverständig glotzte sie die Beiden an. Dass sie nicht weiter auf Marias Verscheiden eingehen sollte, wäre ihr durchaus verständlich. Das Kind hatte ihre Obernonne wahrhaft gemocht und ihr fast schon bedingungslos vertraut. Doch warum sagte er dann „seinen“ Verlust? Konrad konnte er kaum meinen, denn ein langer Ritt zur Stadt würde von seiner Cousine kaum als Verlust angesehen werden und wenn Konrad ebenfalls der Sekte oder den Tieren des Waldes zum Opfer gefallen wäre, wäre dies inzwischen längst Dorfgespräch und seine Beerdigung wie die Marias schon abgehalten.
Doch ehe sie ihre Verwunderung aussprechen konnte, fuhr Noel auch schon fort:
"Uns ist kalt und wir würden uns an eurem Kamin gerne etwas aufwärmen. Ein wenig Schwarztee und Suppe wäre wundervoll. Zudem wäre ich euch persönlich tief verbunden, wenn ihr Luise aus ihren nassen Kleidern schälen und ihr ein paar Neue zur Verfügung stellen könntet. Meint Ihr, das wäre denkbar? Natürlich bezahle ich Alles im vorraus.
Eine leichte Verbeugung folgte seiner Ansprache.
Einige Augenblicke betrachtete sie ihn weiter, als wäre er der erste Gesichtsbemalte, dem sie je begegnet war (-nun, an sich war er das tatsächlich, aber das tat hier im Moment nichts zur Sache-), ehe seine Worte vollends die vorigen in die hinteren Teile ihres Bewusstseins geschoben hatten.
Energisch schüttelte sie den Kopf. Es kommt gar nicht in Frage, dass ich Geld dafür annehme, Euch beide hier aufwärmen lassen. Zu Essen und zu Trinken gibt es hier jedenfalls reichlich, da zauber ich Euch schon schnell was zusammen…
Skeptisch betrachtete sie Luise, kurz auch Noel, ehe sie fortfuhr:
In ihrer Größe werde ich kaum Etwas haben, aber wir kriegen sie schon wieder in trockene Tücher…
Damit holte sie, auf Zehenspitzen dem Blute ausweichend, aus ihrem Schrank nach einigem Wühlen einige Kleidungsstücke und Decke hervor. Letztere drückte sie Noel bis auf eine in die Hand.
Nimm die schonmal mit nach unten, vielleicht wollt Ihr euch dann noch zusätzlich wärmen… Komm, mein Kind.. Sanft, aber bestimmt drückte sie das Mädchen in Richtung des elterlichen Schlafzimmers, welche es still geschehen ließ.
Aus den Augenwinkeln sah sie, dass der Bursche sich bereits abwendete, darum meinte sie nur: Einen Augenblick noch… ehe sie im Zimmer verschwand, um kurz darauf mit einem alten Hemd samt Hose wieder zu erscheinen. Sie warf es ihm zu.
“Hier, die gehörten meinem alten Vater. Sind schon lange nicht mehr getragen worden, aber meine Mutter hatte sie bis zu ihrem Tod immer in Stand gehalten und gepflegt. Du musst sie nicht anziehen, aber an Deiner Stelle würde ich die nassen Sachen nicht anlassen…“ Die Tür wurde hinter ihr geschlossen.
Rasch und mit geübter Hand entledigte die Wirtin das durchnässte Kind all seiner Kleider und begang darauf, den jungen Körper mit der verbliebenen Decke trockenzureiben. Luise blickte nachdenklich auf das Kreuz, welches sie um den Hals trug. Auf eine Nachfrage diesbezüglich meinte das Mädchen nur knapp, es stamme von Maria und sie habe es aus dem Schlafzimmer als Andenken genommen. Danach blickte sie wieder ausdruckslos ins Leere, als würde sie gedanklich weit, weit weg sein. Tiefe Sorgenfalten zogen sich durch Brunhilds Stirn. Die Persöhnlickeit und Gefühlswelt des Mädchen war so empfindlich und zerbrechlich wie Kristall, schien es ihr mehr und mehr. Schon gestern war sie wegen Konrads Nominierung so gewesen und musste von ihr aufgepäppelt werden. Und heute ob des Todes von Schwester Maria schon wieder. Wenn das so weiter ginge, würde es ihre kleine Seele und infolgedessen auch der zierliche Körper nicht mehr lange machen, dachte die Wirtin kummervoll, während sie Luise eines ihrer Kleider überwarf. Mit Bändern versuchte sie den überschüssigen Stoff einigermaßen an den schmalen Körper zu binden, sodass sie vorzeigbar würde. Nach einer Weile schien sie zufrieden mit dem Ergebnis und meinte, um die erdrückende Stille zu durchbrechen: Zum Maitanz würde ich Dich damit zwar nicht lassen, aber Du musst Dich erstmal nicht schämen, Dich so vor Anderen zu zeigen, meine Liebe…
Eine Antwort erwartete sie garnicht, sondern ging, Luischen führend, hinunter in die Schankstube.
Dort angekommen setzte Brunhild sie an den Tisch, an dem Noel es sich bequem gemacht hatte. Mit leicht mürrischer Miene sah sie, dass der Bursche sich wohl zu fein gewesen war, trockene Kleider, die etwas älter waren anzuziehen ,ehe sie sich umwand und zwei Kochtöpfe über die Feuerstelle hing. Während das Teewasser anfing zu brodeln, mischte sie, den Wünschen des ach so vornehmen Herren folgend, ein Süppchen mit Speck, Töften, Rüben und einigen Kräutern zusammen. Als sie sowohl den fertigen Tee als auch die Suppe dampfend in jweils zwei Becher und zwei Schalen abfüllte, fiel ihr Blick auf den Schaffellüberwurf, den sie am Morgen auf dem Tresen liegen gelassen hatte. Nach kurem Überlegen, verbarg sie sie vorsichtig hinter dem Tresen. Luise würde sie sicher als Konrads wiedererkenne und ,warum auch immer sie momentan nicht an ihn erinnert werden wollte, dies musste ja nicht unnötigerweise provoziert werden.
Beladen ging sie zu den beiden hinüber, um ihnen Speis und Trunk vorzulegen.
Es betrübt mich, Dir sagen zu müssen, dass das Haus keinen Schwarztee führt, da dieser sehr teuer ist. Der Herr möge sich hoffentlich mit gesüßtem Kräutertee zufrieden geben, der ist sowieso besser gegen die Kälte und Nässe…
Das hatte sie sich nicht verkneifen können und wollen. Noel mochte ein Junge mit einer schlimmen Vergangenheit sein, auch wenn sie diese nicht kannte, und deswegen verschlossen und grimmig gegen jeden außer Luise, aber sein überheblicher Ton gerade ihr gegenüber schmeckte ihr gar nicht. Schon dieses andauernde förmliche „Euch“, mit dem er sie ansprach. Nach den Jahren waren sie wohl kaum mehr Fremde und sie redete mit anderen Dorfbewohner erheblich weniger als mit ihm und wurde von denen geduzt.
Ihren Grimm hinunterschluckend, strich sie Luise sanft über die Wange und stapfte wieder nach oben, schließlich galt es noch ihr ehemaliges Schlafzimmer zu reinigen.
Ihren Brechreiz beim Anblick und vor allem dem Geruch des Blutes herunterwürgend ging sie in die Knie und begann zu schrubben.

Layana
02.04.2013, 14:15
"Maria... warum ausgerechnet Maria?" Peter stand an dem gerade frisch zugeschütteten Grab und ballte die Hände zu Fäusten. Er spürte wieder diese Wut in sich aufkommen, eine Wut die er doch so lange verborgen hatte, seiner Frau, den Kindern und nicht zuletzt ganz Düsterwald zuliebe. Das schlimmste daran war: er wusste noch nicht einmal so recht, auf wen er eigentlich wütend war. Auf die Lumianer, diese Sekte, natürlich! Aber wer gehörte zu diesen Ketzern? Während er darüber nachdachte, wurde ihm auch bewusst, warum es ausgerechnet Schwester Maria, die gläubigste und gottesfürchtigste Person, die Peter kannte, die nonnigste aller Nonnen, getroffen hatte: sie war offensichtlich eine Gefahr gewesen. Die Lumianer fürchteten von ihr entdeckt zu werden. Und Maria hatte eine sehr respektable Stellung im Dorf gehabt, viele vertrauten auf ihr Urteil. Wen hatte sie gestern verdächtigt? überlegte Peter und kratze sich am Bart, bis ihm einfiel, dass die Nonne Merete angeklagt hatte, welche sich als unschuldig erwiesen hatte. "Mist, so komme ich auch nicht weiter!" fluchte er leise, besann sich jedoch kurz darauf wo er war, senkte den Kopf und murmelte "Verzeih mir Herr für diesen Ausdruck".

Den Hut tief in die Stirn gezogen verließ er den Friedhof und machte sich auf den Weg zurück ins Dorf. Vielleicht hatte Brunhild den Gasthof schon aufgemacht? Er wollte sich mit einigen anderen Dörflern austauschen, bevor er eine vorschnelle Wahl traf.

Holo
02.04.2013, 16:47
Die noch etwas perplexe Brunhild besah die beiden noch eine Weile mit ziemlich dämlichem Gesichtsausdruck. Nun, wenn Noel so darüber nachdachte, war das bei ihr Dauerzustand. Sich wie ein kleiner, unreifer Junge das Grinsen verkneifend, wartete er ihre nächsten Worte ab.

Es kommt gar nicht in Frage, dass ich Geld dafür annehme, Euch beide hier aufwärmen lassen. Zu Essen und zu Trinken gibt es hier jedenfalls reichlich, da zauber ich Euch schon schnell was zusammen…
Da schoss das beleibte Weib schon von dannen. Zeche prellen? Nein, das war etwas, dass Noel überhaupt nicht mit seiner Einstellung und Würde vereinbaren konnte, dreimal nicht, wenn seine kleine Elfe dabei war. Also ließ er, bevor Brunhild außer Griffweite war, ein kleines Säckchen Silbermünzen in ihre Rocktasche gleiten. Wahrscheinlich einiges zu viel, aber der Abend war ja noch lang. Nach wenigen Uhrenschlägen kam sie wieder heran, drückte Noel einige widerlich verfilzte Decken in die Hand.
Nimm die schonmal mit nach unten, vielleicht wollt Ihr euch dann noch zusätzlich wärmen… Komm, mein Kind..
Behutsam legte sie Luise eine Hand auf die Schulter und machte sich auf in ein Gästezimmer.

Hey, hey, Noel, lass uns hinterherschleichen, vielleicht bekommen wir einen Blick auf... du weißt schon... Hast doch sicher Lust, alter Steche-

Hast du es so eilig, zu sterben?
Ich hatte nie ernsthaft das Bedürfnis, dich zu töten, aber jetzt gerade im Moment bin ich wirklich kurz davor, es zu wollen.

Einige Sekunden lang sah Deus enttäuscht der kleinen Luise hinterher, bevor er grummelig die Ohren sinken ließ und Noel wie als wäre er sein Herrchen, ins Erdgeschoss hinterhertapste.

Einen Augenblick noch…

Mondgesegneter Saix, was denn jetzt noch?!
Genervt verdrehte Noel die Augen, bevor er sich ein weiteres Mal zur redseligen Wirtin umdrehte.

“Hier, die gehörten meinem alten Vater. Sind schon lange nicht mehr getragen worden, aber meine Mutter hatte sie bis zu ihrem Tod immer in Stand gehalten und gepflegt. Du musst sie nicht anziehen, aber an Deiner Stelle würde ich die nassen Sachen nicht anlassen…“
Lächelnd warf sie ihm ein Bündel Kleider zu und Verschwand in einem der Zimmer. Einen Moment hielt Noel die Sachen zwischen zwei Fingerspitzen und beäugte sie wie einen Haufen Krokodilscheiße - nun, zumindest rochen sie in etwa so. Kopfschüttelnd öffnete er die Tür, die ihm am nächsten war - das Abort - und warf ohne hinzusehen die Kleider hinein. Ein kurzes Platsch mögen einem Zuschauer eine Ahnung gegeben haben, wo sie gelandet waren. Ein passender Ort, wie Noel zufrieden befand.

Eine ganze halbe Stunde verging, Noel hatte es sich an einem der Tische gemütlich gemacht, während Deus sein Fell am Kamin wärmte. Dann, als der rothaarige Junge sich schon anfing zu fragen, ob Brunhild seine kleine Elfe entführt hatte, kamen die beiden die Treppe hinunter, Luise war gekleidet in ein bezauberndes Herbstkleid. Es sah an ihr einfach wundervoll aus und betonte mit seinen braunorangenen Tönen perfekt ihre Haarfarbe, nun war sie wirklich eine Kleine Elfe. Schwach lächelnd und mit gesenktem Kopf setzte sie sich ihm an den Tisch, als Noel ihr grinsend etwas ins Ohr flüsterte.
Das steht dir ungemein, kleine Elfe.
Du bist märchenhaft schön.

Luise, die unter seinem Kommentar mit brennendem Gesicht zusammenzuckte war kein Vergleich zu Deus, welcher am Kamin lag und mit seiner linken Pfote auf seinen offenen Mund deutete als würde er sich erbrechen müssen, woraufhin Noel ihm einen ganz bestimmten Finger zeigte.

Schließlich kam die Wirtin an den Tisch, sie zu... nun... bewirten.
Es betrübt mich, Dir sagen zu müssen, dass das Haus keinen Schwarztee führt, da dieser sehr teuer ist. Der Herr möge sich hoffentlich mit gesüßtem Kräutertee zufrieden geben, der ist sowieso besser gegen die Kälte und Nässe…

Noel war der gehässige Unterton nicht entgangen, kalt lächelnd nahm er Brunhild die Sachen ab.
"Oh, kein Problem, ich liebe süße Sachen.
Und nun... habt ihr nicht noch etwas zu tun? Da wartet eine Pfütze vergorrenen Blutes auf euch."
Sein Lächeln war so falsch und seine Stimme so süffisant fröhlich, dass Noel sich dafür selbst applaudieren wollte.
Mit hochrotem Kopf sauste die Wirtin von dannen, und so konnte Noel, nachdem er einen Schluck des Tees genommen und dessen Geschmack affektiv mit "Kamelpisse" verglichen hatte, mit Luise über das vor ihnen Liegende sprechen.
"Kleine Elfe..." ,
Lächelnd legte Noel seine blasse Hand auf die Ihrige, "wir sollten jetzt über die Nominierungen dieses Abends sprechen. Ich möchte dir erklären, wen und warum ich nominiere..."

Das Kleid, in welches man Luise gesteckt hatte war in der Tat viel zu groß. Allerdings war es wundervoll warm und Brunhild hatte gute Arbeit geleistet, es mit einigen Bändern zurecht zu zurren.
Außerdem hatte es einen angenehmen, tröstlichen Geruch.
Und das war ihr mehr als genug. Dafür nahm sie sogar in Kauf, dass der Farbton ihr wirres, rotes Haar so sehr betonte.
Es war Luise im Augenblick egal, wie man sie sah. Ihre Gedanken wanderten.
So sehr sie auch an etwas Angenehmeres denken wollte, immer wieder kam sie zurück zu der Frage, wer für all die schrecklichen Geschehnisse im Dorf verantwortlich war.
Wer waren diese Lumianer, die Maria auf so schändliche, feige und unwürdige Weise ein Ende bereitet hatten? Waren sie auch für das Gerede über Konrad verantwortlich? Und wie viele gab es überhaupt von ihnen?
Stumm nahm Luise das Kreuz zwischen ihre Finger und betrachtete es. Es war dabei gewesen, als Marias Mörder zugeschlagen hatten. Wenn es nur eine menschliche Stimme hätte, dann könnte es ihr Antworten geben.
Aber Kreuze sprachen nicht. Sie waren lediglich leblose Gegenstände, welche den Glauben an Gott symbolisierten. Und der Vater, dem ihre Träger dienten, sprach selten in direkten Worten zu seinen Kindern.
Luise würde ihre Antworten selbst finden und womöglich erkämpfen müssen. So sehr es ihrer Natur auch widersprach.

Schweigend war sie der Wirtin nun in den Schankraum gefolgt. Nachdem Brunhild sie an einen der Tische geführt hatte, wurde das Mädchen jäh aus seinen Gedanken gerissen, als es Noels leise Komplimente in ihrem Ohr vernahm.
Erschrocken und mit rotem Gesicht zuckte Luise zusammen. Schnell versteckte sie ihre plötzlich zitternden Hände in den Falten des Kleids. Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Noels Grinsen beunruhigte sie und die vertrauliche, nahe Art, mit der er seine Worte sagte wollte ihr gar nicht gefallen. Die ganze Situation war ihr auf einmal unangenehm.
Starr saß Luise auf dem Stuhl, den Kopf gesenkt. Angespannt bemühte sie sich, ihre Nervosität für sich zu behalten.
Es schien ganz gut zu funktionieren, Noel kommentierte ihr Verhalten nicht. Stattdessen konnte Luise aus dem Augenwinkel sehen, wie er immer wieder zum Kamin schaute. Einmal meinte sie sogar, dass er eine Handgeste in diese Richtung machte. Genau erkennen konnte sie es jedoch nicht. Abgesehen davon, dass niemand sonst im Raum war.
Schließlich kehrte Brunhild mit dampfenden Suppenschüsseln und außerdem heißen Tee zurück.
Mit leisen Worten bedankte Luise sich. Sie schienen aber in dem kleinen, alles andere als freundlich klingenden Dialog zwischen der Wirtin und dem Bibliothekar unterzugehen.
Noch immer nervös nahm Luise einen Schluck des angenehm duftenden Tees und entspannte sich ein wenig, als sie spürte, wie die Wärme sich in ihrem Mund ausbreitete.
Als sie sich dann an die köstliche Suppe heranmachte, brach Noel auch schon das unangenehme Thema an, dass Luise schon eben verfolgt hatte.
Sie wusste, wie wichtig es war, darüber zu sprechen. Dennoch wurde ihr Blick etwas starrer, als Noel von seiner Nominierung berichten wollte.
Mit leiser, gedrückter Stimme erwiderte sie: "Es... es bleibt wohl keine andere Wahl, nicht wahr?" Es schmerzte sie, eingestehen zu müssen, dass mindestens einer unter all den freundlichen Dorfbewohnern zu dieser schrecklichen Sekte gehörte. Aber nach dem heutigen Tag musste Luise mit dem Schlimmsten rechnen.

Wieder keimte das vertraute Gefühl des Mitleides in Noel auf, wieder sanken seine entschlossenen Augenbrauen in sich zusammen. Mit ruhigem, verständnisvollem Tonfall flüsterte er auf Luise ein.
"Luise..." ,
er lächelte schmerzlich, "Menschen tragen Masken. Ich bin das beste Beispiel dafür. Ich habe mein Leben lang eine Maske getragen und auch dich getäuscht."
Etwas Bedauerndes lag in Noels Stimme, aber er gab Luise keine Zeit, darüber nachzudenken.

"Du magst es mir glauben oder nicht: Ich schätze dieses Dorf als Heimat unsagbar. Es wird mir schwer fallen, es einst mit dir zu verlassen, da wir aufbrechen, Konrad zu finden. Und so kann ich dir versichern, dein Schmerz, wenn du mit dem Gedanken schwanger gehst, einen Dorfbewohner zu nominieren, ist mein Schmerz.
Ich tue es nicht gerne... aber ich will die Lumianer richten.
Um dich zu beschützen, verstehst du?
Dafür ist mir jedes Mittel recht. Jedes."
Ruhig ließ er seine Worte auf die kleine Elfe wirken, er hatte penibel darauf geachtet, sie nicht zu bedrängen oder zu offensiv zu reden.
Er stand Luise jetzt näher, aber das bedeutete gar nichts. Er war ihr Schutz, nichts weiter. Das musste Noel sich vor Augen halten.

Nach einigem Zögern sah sie ihm in die Augen, atmete tief aus und begann mit ihrer melodischen Stimme, zu flüstern.
"Also gut... was glaubst du?" Aufmerksam betrachtete sie Noel und wartete seine Antwort ab.

Noel lehnte sich in seinem Stuhl zurück, schloss die Augen und erschuf wie immer, wenn er nachdachte, ein Schachbrett in seinem Kopf. Zug um Zug bewegten sich die Figuren, Schwarz gegen Weiß, A gegen B, Dorf gegen Lumianer. Bis er am jetzigen Zeitpunkt angekommen war und sein Gegner offensichtlich schien.
Ruhig begann er, zu sprechen.
"Luise. In meinen Jahren als... als Soldat konnte ich viel über die Menschen lernen. Menschenkenntnis ist sehr wichtig in einem solchen Spiel. Doch glaube meinen Worten, wenn ich dir sage, dass man kein Experte sein muss, um zu sehen, dass Tyrell den Lumianern angehört.
Es ist eher, gelinde gesagt, unbeschreiblich offensichtlich."

Luise wollte schon aufgeregt etwas erwidern, als Noel ihr, sich selbst in Gedanken dafür ohrfeigend, eine Hand vorhielt und ihr das Wort abschnitt.
"Warte. Bevor wir weiter darüber reden, beantworte mir eine Frage. Ich möchte, dass du nur mit Ja oder nein antwortest. Versprichst du mir das?
Stumm wartete er, bis sie nickte.

"Sag mir, Luise... vertraust du mir?"
Und mit diesen Worten ließ Noel sich ruhig in seinen Stuhl zurückfallen.

Luise war bei seiner Anschuldigung Tyrells ein wenig zurückgewichen - aber seine Frage kam unerwartet.
Ob sie Noel vertraute?
Er schien um sie besorgt zu sein, das stimmte. Luise glaubte ihm sogar, dass er sie retten wollte.
Aber warum?
Alle hatten Luise schon vor ihm gewarnt. Adalbert, Tyrell, Lumi - sogar Konrad war nie besonders begeistert gewesen, ihn in ihrer Nähe zu sehen. Und gerade hatte Noel selbst noch erklärt, dass er etwas anderes war, als er vorgab, und auch sie getäuscht hatte.
Und dann war da noch immer dieses seltsame Gefühl, welches er seit seiner ersten Begegnung mit ihr in Luise auslöste. Dieses beunruhigende Gefühl, was in manchen Momenten vollkommen verschwand, nur um in anderen wieder aufzutreten. Das Gefühl, was sie davon abhielt, ihm voll und ganz zu vertrauen.
Diese Art, wie er anderen Menschen als Luise gegenübertrat war sicher eine Sache - aber Luise konnte sich trotz Noels Beteuerungen, wie wichtig sie ihm sei, nicht dem Eindruck erwehren, dass er etwas verbarg. Und manchmal, wenn er mit so freundlicher Stimme und süßen Worten zu ihr sprach, hatte sie den Eindruck, dass er im Grunde eigennützige Gedanken hatte.
Aber nichts davon wollte Luise ihm nun erzählen. Nicht nur, weil es wirklich unhöflich wäre, sondern auch, weil sie ihm vertrauen wollte - weil sie nicht glaubte, dass er ein Lumianer war. Und auch, weil sie ihm glaubte, dass er sie beschützen wollte. Wenngleich sie sich nicht über seine Motivationen im Klaren war.
Nach einigen Augenblicken der Stille atmete das Mädchen tief ein und betrachtete Noel. Versuchte, in seinem Gesicht seine Gedanken zu lesen. Natürlich war das unmöglich, also beantwortete sie leise seine Frage: "Das ist eine... große Anforderung. Ich weiß nicht, ob ich sie erfüllen kann." Sie trank nachdenklich einen Schluck Tee und fuhr dann fort: "Ich vertraue dir... insofern, dass ich dir glaube, wenn du sagst, dass du nicht zu der Sekte gehörst. Und auch, dass du mich beschützen möchtest." Sie versuchte, ihre angespannte Mimik durch ein Lächeln aufzulockern. Soch selbst Luise bemerkte, dass es nicht im Einklang, mit ihrem stumpfen Blick stand. "Aber... ich vertraue dir nicht so sehr, dass ich mein ganzes Urteil in deine Hand legen würde. Ich habe diesen Fehler schon begangen... gestern, indem ich M-marias Stimme g-gefolgt bin..." Ihre Stimme begann zu zittern. Sie wollte nicht an den gewaltigen Fehltritt von gestern denken. "Ich... ich mag b-bei weitem nicht s-so weltgewandt sein, wei d-du. A-ber ich g-glaube, d-dass auch du dich vertun k-kannst..." Sie brach ab. Scheu blickte sie in die Tasse in ihren Händen. "Ich vertraue dir. Aber ich werde nicht vorbehaltslos einem anderen Menschen die Stimme geben, welche ihn zum Tode verurteilen kann."

http://www.youtube.com/watch?v=u_0dGdYh6ec

Das kam unerwartet. Regungslos blieb Noel angelehnt sitzen, versuchte, das Gesagte zu verarbeiten.
Oh scheiße.

Deus machte einen Gesichtsausdruck, als hätte er gerade dabei zugesehen, wie ein Kämpfer bei einem Straßenkampf eine Faust ins Gesicht bekommen hätte.
Na ja, der Schmerzlevel war wohl in etwa der Selbe. Mindestens.

Okay, nein, ist in Ordnung. Sie hat nicht gesagt, sie vertraut dir nicht, deine kleine Elfe ist intelligent und hat nur Sinnvolles von sich gegeben. Du darfst nicht erwarten, dass sie so naiv ist, dir von jetzt auf gleich zu vertrauen. Ganz langsam. Du hast Zeit, alle Zeit der Welt. Überzeuge sie vom Märchen. Immerhin hast du es geschrieben. Jetzt liegt es an ihr, es zu erfüllen.

Aber Schritt für Schritt.

Tyrell... der Junge ist ein Lumianer. Das war todsicher. Noel besaß Menschenkenntnis und er besaß einen Verstand, nicht so stumpf wie ein Stück Holz. Der Junge war ein Lumianer, das war so sicher wie Luises rotes Haar, darauf gab Noel seinen Dolch.
Das Problem war, diese Tatsache Luise, gerade Luise, dieser wundervollen, unschuldigen Elfe klarzumachen, welche eine Freundschaft zu dem Knaben hegte, und da war sie im Dorf nicht die Einzige.
Genau das war das Lästige an Optimisten. Widerlich.
Der Bengel wäre ein sicherer Erfolg, ein schachmatt per Excellance, aber dafür bedarf es noch vieler, schwieriger Züge.

"Hah..."
Etwas entkräftet atmete Noel aus, bevor er sich wieder zum sprechen aufraffte.
"Luise, hör mir zu.
Ich möchte nicht, dass du mir blind vertraust. Du sollst aus eigener Überzeugung handeln.
Denn das macht dich zu einem Menschen.

Desweiteren... ist es nicht wahr, dass du weniger redegewandt bist als ich. Du sprichst auf deine Art, ich auf die Meinige. Bitte denke nicht von mir, ich erachte meine Ansicht als in irgendeiner Weise gewichtiger als die Deine. Das stimmt nicht.

Und letztendlich... kann ich mich irren. Ich habe mich bereits viele male geirrt, den ich bin ein Mensch."
Noel hatte die Augen krampfhaft geschlossen, dachte intensiv nach. In seinem Kopf rückten die Figuren ein Feld ums andere vor, drängten den König in die Ecke.

"Aber...!"
Bald ist es soweit. Schach.

Noel sah Luise tief in die Augen und umfasste ihre Hände mit den seinigen, als er, so überzeugend er konnte, mit ihr sprach.
"Du MUSST mir in dieser Sache vertrauen, ich BITTE dich darum. Ich weiß, welches Band zu zu Tyrell hegst und ob der Schwere, die die diese Entscheidung kostet... aber bitte, zu unser aller Wohl, wenn du begehrst, irgendwann Konrad wiederzusehen... dann bitte ich dich, nominiere den Burschen Tyrell.
Ich möchte dir nahebringen, warum dieser Junge ein Lumianer ist.
Er war ein häufiger Besucher in eurer Apotheke, nicht? Selbst ich, der ich nicht oft im Dorf war, weiß, dass er jeden Tag gern gesehen im Zentrum war. Ein aktiver, gesprächiger Junge.
Doch seit dieser Lumianersache... ist er wie vom Erdboden verschluckt, hat sich verändert, ist viel kälter und einzelgängerischer in seinem Verhalten geworden.
Ich verlange nicht, dass du es vollkommen verstehst oder gerne tust... aber bitte, Luise: Tyrell ist einer jener Männer, die Meretes und Marias Tod auf dem Gewissen haben. Und Konrads Verschwinden, natürlich. Wenn du Gerechtigkeit möchtest... muss dieser Junge gerichtet werden. Glaub mir."

Erschöpft sank Noel zusammen. Er hatte viel geredet, aber er hatte seine ganze Seele, Alles an Überzeugungskunst hineingelegt. Deus sah dem Treiben nur interessiert zu.
Wenn das nicht reicht... ist es aus. Dann habe ich versagt. Dann... kann ich mein Leben auch beenden.
Noels Augen weiteten sich und ihm kam eine Idee. Nein, keine Idee. Er traf eine Entscheidung. Einige Zeit war vergangen, das Wirtshaus war mittlerweil gut gefüllt, sicherlich schon die Hälfte des Dorfes war hier, dem Regen seis geschuldet. Vermutlich würde die Wahl heute hier stattfinden.

Stumm stand Noel auf, hustete geräuchvoll, so dass eine Sekunde später nicht nur der Blick der kleinen Elfe, sondern der der meisten Dorfleute auf ihm lag.
Um den gegnerischen König zu bekommen... muss man mitunter den eigenen riskieren... nicht wahr? So funktioniert Schach doch...Valan?

"Ich, Noel de'chrones'tulem, nominiere hiermit den Jungen Tyrelals Lumianer, da er mit geradezu lächerlicher Offensichtlichkeit dieser Sekte angehört. Ich war mir nie in meinem Leben bei einer Sache so sicher. Und um das zu beweisen..." ,
Noel zog seinen Dolch, ein erschrockenes Raunen ging um die Menge, bevor er ihn sich an den eigenen Hals hielt, "verspreche ich hiermit auf meinen Namen, dass ich mich sofort selbst richten werde, sollte Tyrell unschuldig gehängt werden!"

Erstauntes Flüstern, ungläubige Blicke, nervöse Gesichter... Noel sah Luise ein letztes Mal eindringlich und beinahe flehendlich in die Augen, bevor er auf seinem Stuhl zusammensank und die Eigenen schloss.




Schachmatt.
Die Frage ist... wessen König ist gefallen?

Zirconia
02.04.2013, 19:38
Nachdem Rekon die tote Leiche begraben hat und mit allen Anwesenden für die nonnige Nonne gebetet hat, ging er nach Hause, um zu trauern. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er wusste nicht, wen er zum Tode nominieren sollte. Asmotheyx und Rekon haben stundenlang überlegt, wen sie nominieren. Doch sie fanden einfach keine Lösung. Noel war unschuldig, dachte sich Rekon und Asmotheyx schützte Peter. Das war alles viel zu kompliziert, als das ein Mensch alleine das verstehen kann. Nach der Diskussion war klar. Rekon würde eher sich selbst (Ocin) nominieren, als blind einen nominieren, der stirbt und unschuldig war. Das konnte er einfach nicht...

Mephista
03.04.2013, 11:53
Bereits nach kurzer Zeit verfärbte sich das Putzwasser so rot wie die Beschmutzung des Zimmers. So kam es Brunhild vor, als ob sie blut mit Blut wegwaschen würde. Dumpf drangen von unten Luises und Noels stimmen herauf, Letzterer schien den jungen Tyrell für einen Sektenheini zu halten.
Zumindest aus den Holzdielen am Boden ließen sich die Lachen restlos entfernen, bei den Wänden blieben blasse Flecken zurück. Sie würde es wohl später übermalen lassen müssen. Die blutgetränkte Bettwäsche war nicht mehr zu retten und musste definitiv weggeworfen oder verbrannt werden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit war sie soweit es ging fertig geworden, knülllte das blutgetränkte Bettzeug zusammen und warf es die Treppe hinunter auf den Gang. So musste sie dann nicht noch einmal hoch steigen. Mühsam schleppte sie den Kübel und die Bürste nach unten. Die Tür zum Abort wurde geöffnet, damit sie das dreckige Wasser dort weggießen konnte. Doch irgendetwas schien die Öffnung zu verstopfen. Da sie mit den Händen nicht heranreichen konnte, nahm sie sich ihren Besen zu Hilfe. Nach einigen Versuchen förderte sie zwei stoffartige, vom Unrat durchtränkte Klumpen zutage. Vorsichtig zog sie sie mit dem Besenstiel auseinander, um zu sehen, worum es sich handelte.
Laut klappernd fiel der Besen zu Boden.
Dieser gottverdammte- Herr, vergib die Worte- Hundesohn! Spielt sich vor ihr auf wie der Kaiser von China und als ob ihm ihre Schenke gehören würde. Einen Beutel mit Münzen hatte er ihr zugesteckt, als ob sie sein Geld wie Almosen benötigen würde. Wer wusste, was dieser missratene Bastard getan hatte, um es einst zu bekommen! Zornig schmiss sie den Beutel in das Dreckwasser und schüttete beides in das nun freie Abort.
Seine vermaledaite herablassende Art mochte sie ertragen können. Allzuoft kam er ja, Gott sei’s redlich gedankt, nicht in ihre Taverne und keine zehn Bommels vermochten es, sie auch nur einen Fuß in seine Ansammlung von Büchern, die mit noch größeren Ansammlungen von Wörtern gefüllt waren, zu setzen. Die hatte er sicherlich nur, damit er sich noch viel mehr als etwas Besseres als alle Anderen fühlen konnte.
Doch die ihm angebotenen Kleider nicht einfach nur nicht anzuziehen, sondern in die gottverdammte Scheiße zu schmeißen, das würde ein Nachspiel haben. Sie hatte ihm noch gesagt, dass sie einst ihrem Vater gehört hatten. Seine besten Kleider waren es gewesen! Zur Hochzeit mit ihrer Mutter hatte er sie extra anfertigen lassen! Nur zu den Sonntagsmessen und ihren Geburtstagen hatte er sie getragen! Auch an ihrem fünften, bei dem er den nächsten Morgen nicht mehr erleben durfte, weil ihn das beschissene 500L Fass überrollt hatte!
Heiße Zornestränen rannen ihr über die Wangen. Ihre einzige Erinnerung an ihren Vater war er in diesen Kleidern gewesen und dieser …rotbehaarte Gesichtsbemalte!!! Hatte sie wie einen faulen Apfel behandelt.
Oh, sie würde ihm nur zu gerne auf der anderen Seite seines ach so tollen Gesichtes eine weitere dauerhafte Bemalung verschaffen, die farblich perfekt zu seinen Haaren passen würde. Nämlich den Abdruck ihrer linken Hand! Und sie würde schon dafür sorgen, dass es ihm für immer blieb, daaaa würde es keine Probleme geben.
Ihre Fäuste schlugen gegen die Wände, und beim letzten Schlag konnte sie einen befreienden Schrei nicht mehr zurückhalten. Mühsam versuchte sie wieder zu Atem zu kommen. So gerne sie ihm auch zu einer neuen, zweifellos hübscheren Bemalung als die jetzige verhelfen wollte, so sehr war ihr auch klar, dass es ihr keine Genugtuung, sondern nur endlose Nächte des Selbsthasses einbringen würde. Ein dunkles Wesen war in ihrem Inneren erwacht, doch wenn sie ihm nachgeben würde, würde sie am Ende vielleicht noch selbst so werden wie dieses Scheusal.
Nein, sie würde ihren jetzigen Hass und ihre Verachtung gegen Noel in Form des sich einfressenden dunklen Wesens nutzen, um positive Energie und Kraft zu schöpfen, bis zum bitteren, aber hoffentlich nich ganz so bitteren Ende durchzuhalten. Und damit würde sie endlich mal wieder zur Beichte gehen, denn all die ungeheuerlichen Dinge, die sie gerade gedacht hatte, würde ihr der Herrgott sicherlich nicht so einfach nachsehen.
Doch eine Sache würde sie jetzt noch tun, die ihr ganz sicher reinen Gewissens Genugtuung verschaffen würde. Ohne Ekel packte sie das verschandelte Andenken an ihren Vater und den leeren Kübel und betrat die inzwischen gut gefüllte Schankstube. Einige wichen ob des Gestankes angewidert von ihr zurück, doch das interessierte sie recht wenig. Ihr Ziel hatte, theatralisch wie immer, sich gerade ein Messer an den Hals gehalten und seinen eigenen Tod bei einer weiteren Fehlentscheidung was Tyrell angeht geschworen. Bei seiner bisherigen Erfüllung von Schwüren würde das Dorf ihn bei Einbruch der Nacht los sein.
Langsam bewegte sich Burnhild auf ihn zu, während sich Noel offenbar erschöpft in den Stuhl fallen ließ und die Augen schloss. Perfekt! Vor ihm angekommen stellte sie den Kübel ab und beugte sich sacht zu ihm hinunter und flüsterte ihm zu:
“Egal, wie qualvoll und schrecklich Deine Vergangenheit auch gewesen sein mag: Es gibt Dir nicht das Recht, die Vergangenheit Anderer mit Füßen zu treten…“
Sie richtete sich wieder auf und in ihrem Gesicht erschien ein vollkommen ehrliches, strahlendes Lächeln, dass sie sonst nur den Personen, die ihr am wichtigsten waren- also für gewöhnlich Konrad- schenkte.
Dann wrang sie die vor Unrat triefenden Kleider ihres Vaters über Noels Oberkörper und Schoß aus. Und sie war sehr gründlich dabei. Als Nichts mehr herauszupressen war, meinte sie noch freundlich: “Nach der Abstimmung würde ich mich freuen, wenn Du mein Wirtshaus umgehend verlassen und nie wieder betreten wirst.“, ehe sie den Kübel hochhob und aus der Schankstube hinaus in den Regen lief.
Oh ja, das war definitiv notwendig gewesen. Behutsam legte sie die immernoch dreckigen Kleider in den Kessel mit dem angebrannten Brei, ehe sie zum Dorfbrunnen schritt, um neues Wasser zu holen. Bei der Gelegenheit konnte sie auch gleich den Mist von ihren Händen waschen. Zurück im Wirtshaus waren alle Blicke auf sie gerichtet, doch es war ihr sowas von gleich. Schnell schnitt sie Seife ins Wasser, ehe sie Ross inmitten der Anderen sah.
Dies war nun der perfekte Zeitpunkt, sie war immernoch geladen und würde ihre Meinung gut vortragen können.
“Meine lieben Dorfbewohner! Verzeiht, dass ihr das mitbekommen musstet, aber das hatte schon alles seine Richtigkeit, glaubt mir. Doch darüber will ich jetzt nicht sprechen.
Ihr wisst, dass ich nicht viel vom Hanggericht halte. Es hat bereits eine Unschuldige getroffen und deshalb ist Schuld über uns alle gekommen. Doch der grausame Mord an Schwester Maria hat mir verdeutlicht, dass ich zu kurzsichtig war, mich vollkommen dagegen zu verschließen. Noch immer finde ich dieses Vorgehen schändlich, doch es scheint der einzige Weg für uns zu sein, mit der Gefahr dieser Sekte fertig zu werden.
Wir alle haben unser Vertrauen in unseren Holzfäller Ross Fäller gesetzt, als unser neuer Hauptmann durch alle schweren Zeiten zu führen. Schon lange hat er hier gelebt und sich immer als gutmütig und gerecht erwiesen.
Doch gestern hat Etwas mein Vertrauen in ihn erschüttert und mir seither keine Ruhe mehr gelassen. Er nominierte Merete. Auch Andere haben dies getan, ja, sonst wäre sie noch unter uns, und das allein will ich ihm nicht zum Vorwurf machen. Was mich umtreibt, ist der Satz, den er nach seiner Begründung, die keine war, sprach und auf die seine Stimme für die verblichene Jägerin folgte.
Mir wäre es lieber, wenn wir einen Lumianer enttarnt hätten, doch leider kann haben wir heute dabei wohl kein Glück gehabt…
Glaubt mir, ich habe lange versucht mich davon zu überzeugen, er wollte damit nur seine Unwissenheit verdeutlichen, die er vorher angesprochen hatte. Doch würde es dann keinen Sinn machen, gerade Jemanden zu wählen, der sich zuerst ganz dem Wohle des Dorfes verschrieben hatte und dann bereit dazu war, eher sich selbst zu opfern, als eine falsche Entscheidung zu treffen. Zumal er diesen Bürgern, zu denen sich ja auch Tyrell zählte, seinen Respekt für dieses Verhalten ausgeprochen hatte.
Ich habe seine Worte von allen Seiten betrachtet, aber am Ende bleibt für mich nur eine Möglichkeit übrig: Er hatte diese Erklärung abgegeben, weil er bei Merete eindeutig von ihrer Unschuld wusste, und dies, weil er zu dieser gehört. Deswegen kam ihm ihre Selbstnominierung sehr gelegen.
Ich bin sehr gespannt, was Du dazu zu sagen hast, meine Stimme geht an Dich, Hauptmann Ross [R.F.]
Einige Augenblicke lang betrachtete sie den Hauptmann eindringlich, ehe sie auf die Knie ging und sich daran machte, auch die Blutflecken von den Dielen der Schankstube zu schrubben.

R.F.
03.04.2013, 13:14
Ross hatte Brunhilds Anschuldigung angehört und es kam ihm so vor, als wären sämtliche Augen nun auf ihn gerichtet. "Es scheint mir eher, dass ihr mir die Worte im Munde verdrehen wollt. Ich kann mich auf jeden Fall sehr gut erinnern das gesagt zu haben; allerdings ist das nur der Anfang des Satzes, denn ich habe ebenfalls noch gesagt, dass ich hoffe mit der Wahl den richtigen zu erwischen, da es uns nicht möglich war einen Lumianer zu DIESEM ZEITPUNKT durch die HINWEISE zu ENDTARNEN. Ja, ich habe jemanden gewählt, der sich selbst nominiert hatte, denn ich hatte gehofft, dass sich vielleicht eines dieser Sektenmitglieder seiner gerechten Strafe für seine Gottlosigkeit stellen will. Das wäre mutig gewesen und hätte Respekt verdient. Sich selbst aber zu beschuldigen, obwohl man unschuldig ist, ist einfach nur dumm und wenn derjenige gehenkt wird, ist er selbster schuld. Niemand wird gezwungen, sich selbst zu opfern, allerdings darf auch niemand einen anderen beschuldigen ob seiner Wahl, schon gar nicht, wenn man dann noch versucht, ihm zu unterstellen, er habe gewusst, dass Merete kein Lumianer sei. Entweder war das ein gewaltiges Missverständnis eurerseits, oder IHR Brunhild habt etwas zu verbergen. Vielleicht wollt ihr uns ja was wichtiges sagen, was eure Person betrifft und das mit den Lumianern zu tun hat?"

Layana
03.04.2013, 14:19
Peter betrat das Wirtshaus und schüttelte sich die regennassen Haare. "Was für ein Sauwetter da draußen! Grüß Gott, Brunhild!" rief er in den Schankraum hinein, da er zunächst gar nicht bemerkte, dass dieselbe gar nicht anwesend war. Sich ein wenig über die Abwesenheit der Wirtin wundernd, aber nicht weiter fragend setze er sich an die Theke, legte seinen Umhang ab und sah sich im Wirtshaus um. Viele Gäste waren noch nicht anwesend. In einer Ecke saßen der Bibliothekar und die Apothekerstochter Luise. Was sie wohl mit ihm zu schaffen hatte? Die beiden schienen sich angeregt zu unterhalten, man könnte fast behaupten, dass das Mädchen an seinen Lippen hing. Peter ahnte bereits das schlimmste. Lieber Gott, bitte lass nicht zu, dass das kleine unschuldige Ding in die Fangen dieser Ketzer gerät. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät. Für Peter war Noel immer noch der Ursprung allen Übels. Er ging nicht in die Kirche, war somit ein Ketzer und musste folglich zu dieser Sekte gehören. Er fragte sich, warum der Rest des Dorfes das nicht auch sah. Zumal der Pfarrer heute auch diese Entscheidung getroffen hatte. Dennoch wollte Peter sich anhören, was er und die übrige Dorfgemeinschaft zu sagen hatten. Zumal der Rotschopf vermutlich nicht alleine handelte. Vielleicht könnte man mit gemeinsamen Kräften einen seiner Mitstreiter entlarven, welcher ihnen weitere Hinweise auf die übrigen Täter lieferte.

Während er so auf den Tresen starrte und auf Brunhild wartete, vernahm er Noels Stimme lauter als zuvor. Er schien allen Anwesenden etwas sagen zu wollen. Peter sah auf, und tatsächlich, der Bibliothekar stand im Raum und klagte Tyrell, den jungen Bastler, an zu den Lumianer zu gehören. Hm... Tyrell? Besonders viel zu tun hatte er bislang nicht mit ihm gehabt, aber sollte er deswegen gleich ein Lumianer sein? Er wusste es nicht. "Noel, was veranlasst dich dazu den jungen Tyrell als Mitglied dieser Sektengruppe zu beschuldigen? Willst du uns nicht an deinen Gedanken teilhaben lassen?" und dieser wiederholte, was er zuvor zu Luise gesagt hatte: "Er war ein häufiger Besucher in der Apotheke. Selbst ich, der ich nicht oft im Dorf war, weiß, dass er jeden Tag gern gesehen im Zentrum war. Ein aktiver, gesprächiger Junge. Doch seit dieser Lumianersache... ist er wie vom Erdboden verschluckt, hat sich verändert, ist viel kälter und einzelgängerischer in seinem Verhalten geworden." - "Tja, da muss ich dir ausnahmsweise mal zustimmen, zumindest was seine Abwesenheit angeht. Aber vielleicht ist er ja auch krank geworden und muss das Bett hüten. Luise, weißt du da vielleicht etwas? Vielleicht solltest du ihn später einmal aufsuchen?"

Bevor Luise dazu kam ihm zu antworten, erschien Brunhild in der Schankstube, ging schnurstracks auf Noel zu und wrang ein undefinierbares, aber zweifelsohne extrem stinkendes nasses Bündel über dem jungen Mann aus. Peter wusste nicht recht, wie er reagieren sollte. Er war entsetzt und schadenfroh zugleich. Er fragte sich, was die sonst so gutherzige Brunhild zu solch einer Tat getrieben haben konnte. Andererseits konnte er Noel nie besonders leiden und hatte sich schon des öfteren gewünscht, dass ihn mal jemand von seinem hohen Ross herunter holte. Peter erwischte sich dabei, wie ihm ein Grinsen über die Mundwinkel huschte.

Nach dieser Aktion hatte die Wirtin das Haus verlassen, kam jedoch bald darauf wieder hinein und teilte allen ihre Sicht der Dinge mit. Sie verdächtigte Ross Fäller, ihren neuen Hauptmann. Peter schüttelte den Kopf. Ross kannte er nun schon viele Jahre. Der würde sich garantiert nicht so einer Sekte anschließen. Der Holzfäller ergriff auch gleich darauf selbst das Wort. Offensichtlich hatte Brunhild ihn am Tage zuvor missverstanden. Peter atmete tief ein. Die ganze hier wurde ihm unheimlich. Sie waren einst ein so ruhiges friedliches Dorf gewesen. Besonders die langjährigen Bewohner, wie Ross, Brunhild und er welche waren, sie kannten sich schon ewig und hatten immer ein gutes Verhältnis zueinander. Nun waren es ein paar Verrückte, die Misstrauen und Zwietracht im Dorf sähten. Peter senkte den Kopf. Was sollte er nur tun?

T.U.F.K.A.S.
03.04.2013, 14:46
"Oi...", sprach Lumi, die grinsend in der Ecke herumsaß und mit Djángo die Szenerie betrachtete. "Noel ist vielleicht benimmmäßig manchmal Arsch, aber ist trotzdem kein Grund ihn voll mit Scheiße zu machen. Schwör, Brunhilda." Sie stand vom Tresen auf, Djángo auf dem Arm tragend und mit der freien Hand streichelnd, ging ein paar Schritte durch die Schänke, bemerkte den zornig erscheinenden Blick des Jungen mit der beschissenen Handschrift - ob er sie verdächtigte? Was'n Arsch. Als hätte sie nichts besseres zu tun, als nachts irgendwelchen Leuten Dolche ins Herz zu rammen und den Dorfplatz mit halbseidenen Ankündigungen zu tapezieren.

"Ich habe mir angeguckt und mit Hirn ermittelt.", fing sie an, merkte die überraschten Blicke der anderen. "Und ich bin zu Schluss gekommen, dass der Typ - oder die Typ - der - oder die - hier rumrennt und irgendwelche Leute kaputtmacht folgende Verhaltensdings haben muss...", sie hielt die freie Hand nun hoch, den Zeigefinger ausgestreckt, und zählte ihre Beobachtungen auf. "Einstens: Die Person ist kurva őrült - ziemlich beknackt in Birne - und ist wahrscheinlich nach draußen normalste Person überhaupt." Nun zeigte sie zwei Finger. "Zweiter: Er oder sie hat entweder extrem feste oder gar keine Glauben an, dings, Gott - mit all die Symbolik und den Tatdings, dass Nonne tot und Konrad "verflucht" ist vagy valami ilyesmi [oder sowas in der Art]. Ist wichtig, weil Priester...", sie pausierte kurz, dachte nach wie sie am besten das was sie dachte aussprechen konnte ohne direkt gelyncht zu werden, "... Priester sind halt, nä, manchmal... die sind halt manchmal echt voll furchtbar. Aber Nonnen immer nett und so, leben in Kloster, sind voll in Ordnung und alles. also warüm sollte jemand Nonne abstechen außer weil sie ist ihm zu glaubig oder nicht glaubig genug?" Dritter Finger. "Und letztens: Es muss selbe Typ odeer Typin sein wo Anal-andere Hauptmann gekillt hat. Muss Leute in Dorf kennen. Muss wissen wer wie wo warüm drauf ist und so...", sie senkte die Hand wieder, um Djángo zu kraulen, der nervös auf ihrem Arm herumwuselte.

Sie stolzierte mit kontrolliertem Schritt durch die Taverne und sah vor allem Tyril dabei eindringlich an. "Ich weiß, dass Entscheidung treffen ist scheiße. Keiner will machen. Noel hier...", sie zeigte auf den mit Kacke besudelten Rotschopf, "... will sich selbst umbringen wenn Tyril hier nicht schuldig ist. Jetzt ist er voller Kacke.", sie lachte kurz auf, zerstörte ihre ernste Grundhaltung für ein paar Augenblicke. "Ich meine - ha ha - er ist voller Kacke weil Brunhilda findet ihn kacke und hat jetzt ihn vollgemacht mit Kacke...". Sie bremste ihren Lachanfall. "Hach ja... Kacke." Pause. Ernstes Gesicht. "Tut mir leid wegen Kacke.", fügte sie furztrocken (ha!) hinzu, räusperte sich und rieb sich mit der freien Hand im halbblinden Auge herum. Es juckte stark. Wahrscheinlich eine Nebenwirkung des Wunderpulvers.

Sie trat an einen der Tische, schob mit einem Wisch alle dort stehenden Krüge zur Seite (einer davon fiel zu Boden und zerbrach unter lautem Klirren) und packte ihr Kartendeck aus. Selbe Prodzedur wie beim letzten Mal. "Tschuldigung, Brunhilda. Schwör, werd alles bezahlen.", sagte sie halblaut, während sie auf dem Tisch kunstvoll die Karten mischte. Sie platzierte den Stapel vor Noel, der sie perplex ansah. "Abheben, bitte." Er tat wie geheißen, hob eine Hälfte des Stapels hoch und platzierte diese neben die andere Hälfte. Noch einmal mischen. Dann war es wieder soweit.

Sie zog eine beliebige Karte aus dem Deck, betrachtete sie. Ja, genau wie sie es sich erhofft hatte.
"Herz König. Hors-ich meine Ross (R.F.), die Karten lügen normalerweise nicht. Du bist neue Hauptmann, bist beliebt, bist stark genug um andere zu überwältigen und du bist rothaarig, was heißt du hast kein Seele, was heißt du würdest alles tun um Seele zu kriegen - selbst wenn's heißt dass du diejenigen kaputtmachen musst, die an deine Authoritäh zweifeln. Und wenn Karten lügen und du unschuldig bist, dann entleibt sich Noel hier gleich doppelt, stellvertretend für mich." Pause. "Ich mach' so szemét [Quatsch] nicht."
Sie trottete zu Horst, drückte ihm die Karte in die Hand, ließ den Rest des Decks in ihrem Beutel verschwinden und setzte sich wieder zurück auf ihren Platz, ihr Frettchen kraulend, siegessicher grinsend.

Mephista
03.04.2013, 14:53
Brunhild hielt in ihrer Putztätigkeit inne, als Ross tatsächlich begann, ihr zu unterstellen, sie würde etwas mit der Sekte zu tun haben, deren Namen sie nicht einmal aussprechen konnte. Ungläubig starrte sie ihren Hauptmann an, dessen Worte ihren Verdacht nur vertieften.
“Es ist also dumm für sich selbst zu stimmen, um andere vor einer Fehlentscheidung zu schützen, weil man sich nicht sicher ist. Hauptmann, sie hätte sich still enthalten könne, so wie ich es feige getan habe, ob der Reaktionen, die es bei Merete hervorgerufen hatte. Enthaltungen bekunden wohl eindeutig, dass man sich bei etwas nicht sicher ist. Und wie wir alle wissen, gelten in unserem Dorfe Enthaltungen als Stimmen gegen ein selbst! Also verurteilst Du solch tugendhaftes Vorgehen, offen einzugestehen, dass man etwas nicht weiß, als dumm? Weil Du selbst gestern nicht den Mut aufgebracht hattest, Dein „Unwissen“, welches ich immernoch anzweifle, als Stoppzeichen dafür zu verwenden, Jemanden womöglich unschuldig zu verdammen, sondern einfach auf gut Glück irgendjemanden zu wählen.
Wie kannst Du nur sagen, dass so etwas dumm wäre und derjenige dann auch noch selbst Schuld wäre, wenn er gehängt wird? Deine Worte klingen, als ob Dir vollkommen egal wäre, ob Unschuldige sterben oder nicht. Niemand sollte schuldlos sterben, niemand. Merete hatte dieses traurige Schicksal ereilt, und unsere gute Schwester Maria ebenso.
Und jetzt“ , die Wirtin erhob sich, “ beginnst Du auch noch, mich als eine Lumpozinerin zu bezichtigen, weil Dir meine Worte nicht gefallen haben? Denke eine Sekunde darüber nach. Und vor allem, mit der Bürste in der Hand deutete sie auf die Blutspure, die quer durch die Schankstube verlief, “schau Dich hier genau um. Wenn ich wirklich etwas mit den Sektenheinis zu tun hätte, wäre ich extrem blöd, in meinem eigenen Heim- und Arbeitsplatz solch eine Verschmutzung anzurichten. Die nonnigste aller Nonnen hatte die Nacht bei mir im Zimmer genächtigt, weil sie vor Schuldgefühlen ob Meretes Tod nicht mehr in’s Kloster wollte. In meinem Zimmer wurde sie brutal ermordet und dann durch diese Stube auf den Dorfplatz getragen, das sieht man offenkundig. Die Sache ist nur die, dass außer Maria und mir Niemand wusste, dass sie mein Zimmer für die Nacht bezogen hatte. Was heißt…, ihre Stimme begann zu beben, ihre Augen wurden feucht. „w-was heißt, dass nicht sie das eigentliche Ziel der Sekte gewesen sein konnte, sondern ich, außer, wie Du wohl denkst, dass ich wirklich so unsagbar dumm bin, und ein Blutbad in meinem eigenen Haus anrichte. Weißt Du eigentlich, wie sehr es mich belastet, dass Maria wohl nur sterben musste, weil sie in dem Bett gelegen hat, in dem ich hätte liegen sollen, um gerichtet zu werden???
Sei nicht so schnell mit Gegenbeschuldigungen bei der Hand, die Du kaum begründen kannst, nur weil man anfängt, Dich in Zweifel zu ziehen… unser alter Hauptmann hätte das nie getan.“
Immernoch am ganzen Körper zitternd beobachtete sie Lumi bei ihrem Treiben und wünschte sich Konrad oder zumindest ihren nichtsnutzigen Köter an ihrer Seite. Als ihre Untermieterin erwähnte, dass ihr Stallbursche "verflucht" sei, begann in ihrem Kopf einer endlos langsamer, unangenehmer Prozess des Verstehens, was der Gesichtsbemalte vorhin mit Verlust gemeint haben mag.

Holo
03.04.2013, 15:10
Entkräftet hatte Noel sich auf seinem Stuhl sinken lassen.
Ob das wieder zu dramatisch gewesen war?

Dramatisch ist gar kein Ausdruck...

Verflucht... dabei wollte ich nur überzeugend sein.

Ich glaube, du hast da noch nicht das richtige Maß an Glaubwürdigkeit rausgefischt...

Noel hatte noch nicht mit Deus zu ende gesprochen, da hörte er Schritte auf sich zukommen, die Augen noch immer geschlossen. Wenig später flüsterte ihm eine Stimme von herber Note ins Ohr.
“Egal, wie qualvoll und schrecklich Deine Vergangenheit auch gewesen sein mag: Es gibt Dir nicht das Recht, die Vergangenheit Anderer mit Füßen zu treten…“
Was nun geschah, hatte wohl selbst Deus nicht erwartet. Brunhild nahm die vom Schmutzwasser durchweichten Sachen und rang sie herzhaft über Noel aus. Es war ein... seltsames Schauspiel, wie der junge, scheinbar schlafende Mann ruhig da saß, während eine Fontäne braunen Wassers sich über sein Haar und Gesicht ergoss und seinen ohnehin nassen Mantel noch mehr zu einem feuchten Stück Leder machte.
“Nach der Abstimmung würde ich mich freuen, wenn Du mein Wirtshaus umgehend verlassen und nie wieder betreten wirst.“
Und damit ging die Wirtin von dannen.

Deus, der jetzt etwas alarmierter vorm Kamin saß und, halb belustigt, halb erschrocken, seinen Avatar anstarrte, war nur einer von vielen, die ihn mit blicken durchbohrten. Es war totenstill im Raum, so eine brutalmächtige Stille, dass es auf den Ohren hämmerte.

Demotiviert bließ Noel eine nasse Strähne aus seinem Gesicht, bevor er seinen schlaffen Körper erneut etwas aufrichtete.
Ich glaube... sie ist sauer, oder? Sie ist wütend auch mich, nicht wahr Deus?

Deus' Gesichtsausdruck wurde mehr und mehr zu einer amüsierten Fratze.
Von diesem Sachverhalt würde ich ausgehen, ja.

Verwirrt blicke Noel zur Tür, durch die Brunhild gerate geschritten war. Wie ein kleines Kind, dass nicht wusste, was er falsch gemacht hatte, sah er auf ddie hölzerne Platte seines Tisches.
Was hab ich ihr denn nur getan...?

Er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, Brunhild hielt eine Ansprache, sein Verstand musste wieder arbeiten. Schließlich nominierte sie Ross. Als sie geendet hatte, war es Lumi, die zu sprechen begann.
In ihrem üblichen Akzent versuchte sie ihrerseits, eine Sicht der Dinge herzustellen, bevor sie zu ihm kam.
"Ich weiß, dass Entscheidung treffen ist scheiße. Keiner will machen. Noel hier...",
Lumi zeigte auf Noel,
"... will sich selbst umbringen wenn Tyril hier nicht schuldig ist. Jetzt ist er voller Kacke."
. "Ich meine - ha ha - er ist voller Kacke weil Brunhilda findet ihn kacke und hat jetzt ihn vollgemacht mit Kacke..Hach ja... Kacke.
"Tut mir leid wegen Kacke."

Totenstille. Lediglich Noel hatte ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen, als er dem blondgelockten Mädchen zusah. Dieses verflog jedoch schlagartig, als sie Ross nominierte. Sein Blick sank zu Boden und seine Augen zitterten leicht.
Oh verflucht... heißt das etwa, auch sie... Oh bitte nicht.

Die Wortgefechte gingen noch eine ganze Weile weiter. Mittlerweile war das ganze Dorf versammelt, Brunhild und Ross beschuldigten sich gegenseitig, andere Bewohner taten ihre Meinung kund, es war chaotisch. Seine kleine Elfe saß nur teilnahmslos etwas fernab der Runde, das Gesicht in den Händen vergraben.
Schließlich nominierte Ross Brunhild.
Das war sein Zeichen. Jetzt musste er handeln.

Der König kämpfte sich wieder aus der Verankerung heraus.
Er schmiss seine Figuren. Er setzte zum Schach an.
Noch nicht...

http://www.youtube.com/watch?v=52GkvYnxUxI

Noel lachte. Er lachte, zunächst leise, laut und über die eintretende Stille hinweg. Alle Blicke wandten sich verwundert ihm zu.
"Sinnlos. Es ist sinnlos. Das ist alles sinnlos."
Schließlich sprang er von seinem Stuhl auf, riss seinen Arm in die Höhe und zeigte wie ein Königsanwalt mit dem Finger auf Brunhild.
"Du verdächtigst Ross der Lumianerschaft?

EINSPRUCH!"

Über die peinliche Stille hinweg wurde Noel klar, dass das schon wieder zu dramatisch war. Egal.
Und jetzt... dreh das Schachbrett um.

"Was Ross angeht... ich möchte hiermit klarstellen, dass er nicht den Lumianern angehört! In diesem Fall ist es nicht meine Intuition sondern Wissen. Es ist ein Fakt, und als solcher ein Beweis!"

Stille. Ruhig lächelnd fuhr Noel fort.
"Woher? Ross ist der Hauptmann. Als solcher weiß er als Einziger von gewissen... Ämtern, die mir bei meinem Eintritt in dieses Dorf gegeben wurden, ohne dass es öffentlich gemacht wurde.
Er weiß von meiner Position, und verteidigt mich genau darum!
Ross ist kein Mensch, der das jemals tun würde, wenn er nicht WISSEN würde, dass ich den seinigen Reihen angehöre!
Das ist ein unwiederlegbarer Fakt!"

Schach.

"Überlegt nun genau, was das bedeutet!"
Wieder wandte sich Noel, die eine Hand im Mantel, die Andere leger herunterbaumelnd, der Wirtin zu. Er war noch immer bedeckt und durchtränkt mit Abortflüssigkeiten, doch es tat seiner Würde keinen Abbruch.

"Ross ist Hauptmann, der mich beschützt. Das könnte er auch als Lumianer, aber warum sollte er mich dann öffentlich schützen?!
Ich bin das perfekte Hängopfer, der einzige Grund, warum ich noch lebe, ist, dass die Lumianer davon ausgingen, ich würde früher oder später baumeln. Wäre Ross böse, hätte er mich nicht als guten Mitstreiter beschützt. Er hätte den Mund gehalten und abgewartet, wie ihr mich aufknüpft!
Das ist Fakt und nicht zu leugnen!"

Und schließlich setzte Noel zum letzten Zug an an:
"Darum, und genau darum, ist die Wahrscheinlichkeit, dass DU" ,
Noel zeigte wie ein Anklagender auf Brunhild,
"Eine Lumianerin bist!
Zwar hatte ich dich beisher nicht im Verdacht... doch die Figuren stehen nun anders. Wenn ich das Schachbrett umdrehe, ist es für euch ein perfekter Zug, nun den Hauptmann auszuschalten! Du bist es, Brunhild. Du bist ohne wenn und aber als Lumianerin enttarnt! Darum ziehe ich die Nominierung deines Mordgenossen Tyrell hiermit zurück, und nominiere offiziel Brunhild(Mephista)!

Schach... Matt. Diesmal endgültig. Der König wird fallen.


Stumm und zufrieden mit sich setzte Noel sich lächelnd zurück auf seinen Stuhl.
Das Spiel war vorbei, nun mussten nur noch die richtigen Figuren gesetzt werden.

R.F.
03.04.2013, 15:27
"Enthaltungen bringen niemandem etwas. Sie spielen lediglich dem Feind in die Hände. Ja, ganz recht, die Lumianer sind der Feind und nicht die Bewohner des Dorfes, deshalb hört auf, die falschen Leute zu beschuldigen, oder es zeigt wahrlich, dass ihr dumm seid. Dumm, das richtige zu tun. Ich als Hauptmann habe die Aufgabe, eine Entscheidung zu treffen und Ergebnisse zu erzielen, die dem Dorf hilfreich ist. Auf mir lastet mehr Verantwortung, als auf euch, die ihr nur ein Gasthaus bewirten müsst. Wenn jemand ein Verbrechen begeht, muss ich der erste sein, der zur Stelle ist, um den Täter zu überführen und nichts anderes versuche ich, aber ich kann keinen Erfolg haben, wenn die Dorfbewohner nur stock steif bleiben und sich lieber selbst opfern, anstatt mitzuhelfen, die richtigen Täter zu überführen!"

"Dumm ist es in der Tat, sich selbst zu nominieren. Dumm, aber auch schlau, wenn es sich dann um einen Limianer handelt, denn auf diese Art und Weise würde niemand vermuten, dass er sich schuldig gemacht hätte und könnte solange weitermorden, bis es für den Rest zu spät ist", Ross redete sich langsam in Rage. Er wollte den Dorfbewohnern nur helfen, aber statt Dank schienen einige ihm wohl doch nur Übles zu wollen und zu diesen schien Brunhild ebenfalls zu gehören. "Niemand weiß, welche Versprechen die Lumianer nutzen, um Ahnungslose für ihre Sachen begeistern, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie euch reichlich dafür entlohnen, reich genug, um ein neues zu Hause mit Gold und Juwelen kaufen zu können, vielleicht sogar irgendwo in der Stadt. Ist es nicht so? Weshalb sonst verteidigt ihr euch mit so schalen Ausreden? Eine normale Wirtin würde sich niemals in der Öffendlichkeit darüber beschweren, dass das Haus voller Blut ist, sie würde es einfach wieder weg machen. Hinzu kommt noch, dass es wirklich euer Haus ist, ihr ward da, ihr hättet die Gelegenheit gehabt, den finalen Stoß auszuführen! Ganz genau, ihr habt hier das stärkste Motiv, ihr Brunhild Brauer (Mephista), lehnt euch zu sehr aus dem Fenster heraus, mit euren wüsten Anschuldigungen. Ihr könnt mir ruhig eure Meinung an den Kopf werfen, aber vergesst eines nicht: ihr habt das Feuer entfacht und müsst deshalb rechnen, euch die Finger zu verbrennen."

"Ihr wisst nicht, was der alte Hauptmann getan hätte, denn im Gegensatz zu uns, hatte er das Privileg, kurz vorher zu verscheiden." Dann fügte Ross noch hinzu "Weiterhin sollte man niemandem vertrauen, der behauptet, mit ketzerischen Kartenspielereien die Wahrheit sehen zu wollen.", wobei er zu Lumi blickte

Zitroneneis
03.04.2013, 16:33
Ohne dass Luise darauf geachtet hatte, waren immer mehr Menschen in das Wirtshaus geströmt.
Alle hatten Noels dramatische Rede mit angehört. Peter fragte Luise von der Seite, ob sie etwas über Tyrells Gesundheit wusste.
Doch ehe sie eine Antwort geben oder Stellung zu Noels Verdächtigung beziehen konnte, kam auch schon Brunhild angelaufen, um die alten, besudelten Kleider über Noel auszuwringen. Fassungslos schüttelte Luise den Kopf. Dass Brunhild zu solchen Maßnahmen griff und dann auch noch einen Gast wegschickte, war ein seltener Anblick. Um genau zu sein hatte Luise eine derartige Reaktion von der herzlichen Wirtin noch nie erlebt. Was auch immer Noel getan hatte, es musste ihr wirklich ein Dorn im Auge gewesen sein.
Und schon ging es los. Brunhild sprach ihren Verdacht gegen Ross aus. Lumi machte grinsend einige obszöne Witze über Noels Zustand und schloss sich Brunhilds Nominierung an, wobei sie ihre anscheinend aus den Karten las. Und dann erhob Noel, um nun Ross zu verteidigen - und seine Stimme zurückzunehmen, um Brunhild des Lumianerseins zu beschuldigen. Ross konterte Brunhilds Anschuldigung ebenfalls, indem er ihr selbst seine Stimme gab.
Und die ganze Zeit saß Luise nur still daneben und beobachtete teilnamslos das Geschehen. Es war nicht so, dass sie irgendeinen bestimmten Verdacht hatte. Jeder aus diesem Dorf konnte es sein.
Jeder Dorfbewohner hatte Luise das ein oder andere Mal einen Dienst erwiesen. Jedem hatte sie schon das ein oder andere Mittel gegen Husten oder Kopfschmerzen oder Schlafstörungen empfohlen. Jeder war wichtig. Jeder war etwas Besonderes – ein Teil der Gemeinde. Dennoch musste irgendjemand ein falsches Spiel treiben.
Und jetzt da Maria und Konrad, die beiden Menschen, denen Luise voll und ganz vertraut hatte, verschwunden waren... wer blieb nun übrig?

Noel mochte versichern, dass er nur ihr bestes wollte. Aber die Tatsache blieb, dass er allen anderen gegenüber ein ablehnender, ketzerischer... ihr fiel kein passendes Wort ein... war.
Brunhild war immer eine gutmütige Wirtin, die eigentlich nur ihren Hund - und nun auch Noel - grob behandelte. Sollte sie etwa zu solch grausamen Morden fähig sein? Dazu auch noch in ihrem eigenen Haus?
Viktoria? Die junge Frau war immer still und zurückhaltend. Tat immer wie von ihrer Mutter geheißen. Verbarg sich etwas Dunkles hinter diesem braven Gesicht? Oder konnte womöglich genau dieses Gesicht mörderische Intentionen verbergen? Als Maske dienen, weil niemand sie verdächtigte?
Lumi, das fremde Mädchen mit dem seltsamen Akzent und der alles andere als damenhaften Ausdrucksweise. Die ihre Zukunft aus Karten las. Das machte sie natürlich überaus verdächtig. Aber, ähnlich wie bei Noel, war Luise sicher, dass die Lumianer nichts derart offensichtliches tun würden.
Peter? Der ruhige Bauer, welcher sich immer um seine Familie kümmerte? War seine häufige Abwesenheit ein Zeichen dafür, dass er heimlich ein blutrünstiger Sektenanhänger war?
Andererseits müsste Selbiges auch für Patricia gelten. Die unheimliche, schweigsame Frau in der Rüstung, welche man nur äußerst selten zu Gesicht bekam. Und die definitiv über die Kraft verfügte, einen Menschen zu erstechen und wegzuschleppen. Und auf ihrer roten Rüstung würde man Blutflecken kaum sehen.
Aber, wie Noel gesagt hatte - Tyrell hatte sich während der letzten Tage kaum blicken lassen. Dennoch war Luise sicher, dass er einfach kränkelte. Oder sich nach all dem Auffruhr lieber mit einem Buch zurückgezogen hatte.
Und Ross... Ross war in der Tat verdächtig. Seit er Hauptmann war, gingen die Dinge bergab. Und warum sollten die Lumianer jemanden in seiner Machtposition am Leben lassen, der keiner der Ihrigen war? Womöglich hatten sie seine Exekution aber einfach aufgeschoben - um erst Schwester Maria, mit ihrem friedlichen Einfluss auf die Gemeinde zu beseitigen.
Und dann war da noch...

Luise erhob sich leise. Sie hasste den Gedanken, jetzt vor der Menge zu sprechen. Aber ihr blieb keine Wahl. Brunhild wollte sie nicht anklagen. Sie konnte - wollte - nicht glauben, dass diese mütterlich-fürsorgliche Wirtin eine blutrünstige Ketzerin sein sollte. Genausowenig wollte sie aber Ross nominieren, ohne sicher zu sein. Doch wie die Dinge momentan liefen, würden sich die Erwachsenen weiter zerreißen und am Ende des Tages würden entweder der frischgebackene Hauptmann oder die gutmütige Wirtin baumeln.
Als Luise ihre Stimme erhob, blickten viele verwundert in ihre Richtung. Womöglich lag es daran, dass das Mädchen noch immer sehr ruhig und emotionslos sprach, konträr zu ihrer sonstigen unbedarften Scheu.
"Bitte... haltet einen Moment inne!" Auch der Befehlston passte nicht zu ihr. Es klang fremd aus ihrem Mund. Aber was machte das schon? Luise hatte nach dem heutigen Tage nichts mehr zu verlieren. Vielleicht war dieses Bewusstsein auch der Grund, warum Luises Stimme frei von stottern blieb. Warum ihre Bewegungen steif anstatt zittrig und ihr Gesicht reglos anstatt ängstlich waren. "Gestern haben viele von uns einen Fehler gemacht, indem wir Merete gewählt haben. Viele haben auch sich selbst gewählt. Ich kann das verstehen... ich selbst wollte das zuerst auch tun. Immerhin war gestern auch noch nichts geschehen. Niemand war verletzt, alles was wir hatten war eine seltsamen Drohung. A-aber heute... heute i-ist es anders." Ihre Stimme erstarb und ihre Augen verdunkelten sich. Aber es gelang Luise, die Tränen von Wut und Trauer zurückzuschlagen und fortzufahren:
"Zwei wichtige Menschen haben unser Dorf verlassen. Und ich glaube... nein, ich bin mir sicher, dass die von allen geliebte Maria, zu der jeder tiefes Vertrauen hegte... dass sie genau dieser Zuneigung wegen ermordet wurde. U-und deshalb b-bin ich sicher, dass R-ross in seiner Machtposition und mit seiner Beliebtheit das nächste Opfer bilden wird. F-falls er unschuldig ist...", fügte sie fast unhörbar leise und untypisch bitter hinzu. "A-aber das tut jetzt nichts zur Sache. W-was ich sagen wollte ist, dass nun jedem klar ist, was auf dem Spiel steht."
Mit zittrigen Händen legte Luise die Hand auf das silberne Kreuz um ihren Hals. "Maria mag nicht mehr unter uns weilen... aber jeder spürt den Verlust. U-und ich glaube, dass jedem daran gelegen ist, den Schuldigen zu finden. D-deshalb wird wahrscheinlich jeder U-unschuldige jemanden nominieren." Sie schluckte schwer. Das war der einfachste Teil gewesen. Das Schwere kam nun. "A-ber heute hat jemand trotz allem sich selbst gewählt. Jemand, der g-gestern für einen o-offensichtlichen Sündenbock, nä-nämlich Noel gestimmt hat. D-deshalb glaube ich, dass Rekon (Ocin) ein Lumianer ist, der versucht seine Hände in Unschuld zu waschen und gleichzeitig unsere Fortschritte zu behindern."
Ohne ein weiteres Wort trat Luise zurück. Sie schloss die Augen, legte die Hand auf Marias Kreuz und atmete tief ein und aus.
Bitte! Mach, dass meine Entscheidung die richtige war. Ich will keinen weiteren Unschuldigen seines Lebens berauben...

Layana
03.04.2013, 18:30
Das Wortgefecht ging weiter. Brunhild und Ross beschuldigten sich gegenseitig und Peter wusste nicht, wem er glauben sollte. In seinen Augen waren sie beide unschuldig. Dann kam dieses Zigeunermädchen vorbei und klagte ebenfalls Ross an. Peter kam ins grübeln. Sollte er sich anschließen? Er wollte Ross eigentlich nicht am Galgen sehen, aber es stimmte schon, das Unheil fing mit seiner Amtsübernahme an. Dazu wusste er, dass der junge Holzfäller seine Arbeit aufgeben musste. Vielleicht...?

Peter war kurz davor, seine Anklage auszusprechen, als der Bibliothekar erneut aufsprang, hektisch das Wort ergriff und eine Verteidigungsrede für Ross hielt. Peter verschlug es erneut die Sprache. Was war das denn jetzt für eine Wendung? Zudem nahm Noel seine Stimme für Tyrell zurück und ging stattdessen auf Brunhild los. War das Brunhilds Aktion zuvor verschuldet, oder war er tatsächlich von ihrer Schuld überzeugt?

Peters Kopf dröhnte bei dem Versuch, all dem folgen zu können. Vielleicht hatte er aber auch nur schon ein Bier zuviel getrunken? Er wusste es nicht, woran es lag, aber seltsamerweise machten die Worte Noels für ihn auf einmal Sinn. "I muss eindeutig zu viel getrunken hobn, dass i das jetzt tu, aber: Noel, i glaub dir. Brunhild (Mephista), es tut mir leid, aber i glaub, du könntst tatsächlich was mit diesn Luminern zu tun hobn" brachte er leicht lallend hervor. Verflixt, jetzt hob i's ausgesproche. I hoff, i hob kein Fehler gmacht.

WeTa
03.04.2013, 18:40
Patricia war gar nicht begeistert. Das noch vor wenigen Tagen so ruhige Dorf war plötzlich bärenbeissig geworden.
Eigentlich war sie in die Taverne gekommen um ordentlich zu futtern, aber gerade keiften sich alle dermaßen an, dass selbst Patricia der Appetit vergang.
Brunhild war angeblich in irgendeine ziemlich miese Sache verwickelt. Das war mies, war die Hirschkuh doch schließlich einer der wichtigsten Gründe für Patricias Verweilen im Dorf.
Der freche Kleiderhaken schien der Hauptankläger zu sein. Wollte sie dem nicht eh noch einen Denkzettel verpassen?
Betrübt starrte sie auf ihren Teller voll Brei, der erst halb leer war.
War es wirklich wahr, was alle sagten?

Sie ging zur Strichliste und hinterließ mit einem schmatzenden Geräusch einen großen... Prankenabdruck. Huh, der ging irgendwie daneben. Versehentlich hatte Patricia das Namensfeld von Ross Fäller getroffen

Mephista
03.04.2013, 18:48
Der Groschen fiel auf ihr Bewusstsein herab wie ein Stein auf die Wasseroberfläche.
Und gleich dem Steine schlug der fallende Grosche Wellen, die sich rasch ausbreiteten und an Größe zunahmen.


Doch sie verdängte die Erkenntnis, dass Konrad wohl für immer aus ihrem Leben weg ist, denn es schien gerade so, als ob sie bald kein Leben mehr haben würde, aus dem er verschwunden war.
So warf sie sich auf den Boden vor ihre Mitdörfler in schierer Todesangst und Panik:
"G-gute Bürger....I-ich f-f-f-flehe Euch an, ihr wollt eine Unschuldige hängen. Ich b-b-biin eine EINFACHE BÜRGERIN, das schwöre ich bei unserem Herren Jesus Christus, bei dem unschuldigen Blute Meretes und Marias, so glaubt mir bitte! Ich weiß, ich b-bin eine Sünderin vor den Augen Gottes, aber nie habe ich mich mit der Todsünde des Mordes beladen!!!
Ich bin eine Bürgerin, eine Bürgerin, eine Bürgerin....."

Immer wieder wiederholte sie die letzten beiden Wörter, einem Mantra gleich.

Ligiiihh
03.04.2013, 19:03
"Seid ihr ÜBERGESCHNAPPT?!", rief Tyrell in die Runde, "Das ist völliger Irrsinn! Ihr könnt doch nicht wirklich glauben, dass Brunhild ein Lumianer ist! Wenn dem so wäre, hätte sie mit Leichtigkeit uns alle schon umgebracht! Sie ist die verdammte WIRTIN in unserem Dorf!" Schnaufend trat er in die Runde und versuchte, die Leute noch zu überzeugen. "Absolut fast jeder Dorfbewohner geht hier Essen! Was hält sie davon ab, Gift ins Essen zu tun? Na? Klingelt's? Sie ist nämlich keiner! Wenn ihr ein wenig nachdenken würdet, hättet ihr das alles schon geschnallt!", und sein wütender Blick richtete sich auf Noel, "Aber nein, ihr springt auf den Zug mit auf, den unser werter Herr Zwielichtig hier abfahren lässt. Aber ich sehe schon, dass hier einige einfach genau diesen Weg wählen, damit wir einen Sündenbock haben. Ihr alle, die Brunhild wählt, bleibt in meinem geistigen Auge... obwohl ich natürlich Noel als Auslöser durchaus auch ziemlich verdächtig finde, aber für mich ist der momentan einfach nur ein Schwätzer." Erhitzte Gemüter bildeten sich in der Versammlung. Einige dachten nach, andere wiederum wollten Tyrells Worten kein Gehör schenken, sondern verblieben bei ihrer Meinung.

Einheit092
03.04.2013, 19:26
Der regnerische Samstag ging zu Ende und das Dorf entschloss sich Brunhild (Mephista) hinzurichten. Doch was war ihr wahres Gesicht?


Die Nacht beginnt und endet spätestens Freitag um 12h.

Mephista
03.04.2013, 19:28
http://www.youtube.com/watch?v=hORxGgbioWc (OST I am Legend- I’m listenng. Hintergrundmusik, die auf Grund der Kürze gerne in Dauerschleife gehört werden kann, bis der Post zu Ende ist.)

Ihre Blicke und ihre Tatenlosigkeit verrieten es.
Sie glaubten ihr nicht.
Hielten sie für eine Lügnerin.
Eine Mörderin.
Brunhild, die noch nie in ihrem Leben gelogen hatte.
Für die das Lügen nach dem Töten die größte Sünde war.

Vollkommen die Kontrolle über sich verlierend zuckte ihr Körper bei jedem Schluchzen, als ob sie einen Anfall erleiden würde.
Krampfhaft japste sie nach Atem, doch ihre Lungen wollten sich nicht mit Luft füllen.
Ihr Fleisch konnte die Entscheidung ihres geliebten Dorfes nicht begreifen. Sie waren ihr Ein und Alles gewesen. Ihre Freunde. Ihre Familie. Es gab nur eine Person auf Gottes schönen Erdenrund, die ihr noch wichtiger geworden war. Und diese würde sie nie wieder sehen.
Ihr war, als ob sie Konrads starke Arme wieder um sich spüren würde. Wie heute morgen fühlte sie eine ungeheure Wärme durch sich strömen- heute morgen. Es schien ihr auf einmal, als wären Äonen seither vergangen.
Innerhalb weniger Stunden ist ihr gesamtes Leben langsam aber sicher den Abgrund entgegen geglitten und sie hatte es nicht bemerkt.
Und doch…
Diese unbeschreibliche Wärme ließ Luft in ihre zusammengefallenen Lungen strömen.
Beendete die unkontrollierten Spasmen.
Nahm ihr alle Angst.

Langsam wischte sie sich die Tränen vom Gesicht.
Keiner sollte sie als bekümmerte, vollkommen verzweifelte Brunhild in Erinnerung behalten, sondern so, wie sie immer gelebt hatte: als die herzliche, gutmütige Wirtin.
Langsam erhob sie sich, vollkommen entspannt. Ein mildes Lächeln im Gesicht.
Ihr Blick fiel zuerst auf Noel.
Noch vor wenigen Minuten hatte sie ihm aus lauter Abscheu mit Unrat übersäht.
Das tat ihr bei Gott nicht leid, er hatte es verdient. Doch empfand sie nun seltsamerweise keinerlei Hass mehr für ihn. Nur tiefstes Mitleid.
Vor ihn tretend meinte sie: “Ich habe zwar nicht die geringste Ahnung vom Schachspiel, doch glaube ich, dass Du Deines noch verbessern kannst.“
Ein kurzes Kichern entrang ihrer Kehle. Dann umfasste sie sein Gesicht vorsichtig mit ihren Händen und legte ihre Stirn an die seine:
“Ich wünsche so sehr, dass Du Dich von den Dämonen der Vergangenheit, die Dich so werden ließen, irgendwann befreien und Dein Leben endlich genießen kannst. Wenn ich mich nicht vollkommen in Deine Lauterkeit täusche, dann halte bis zum Ende durch, wie auch immer es kommen mag. Bitte“
Sacht löste sie sich wieder und ging zu Tyrell und wuschelte ihm dankbar für seinen Zuspruch durch’s Haar, ehe sie auf Luminista zusteuerte.
Aus ihrer Schürze holte sie die Schlüssel für die Vorratskammer, die Brauerei und das Wirtshaus hervor und legte sie in ihre kleinen Hände.
“Du hast ein gutes Herz, deswegen sollst Du ein gutes Heim und ausreichend Verpflegung haben, solange Du hier sein möchtest. Bitte sorge besonders dafür, dass gerade Patricia und Tyrell immer ordentlich zu essen haben, du kannst ihnen ja einfach die Kammer öffnen. Wenn Du unser Dorf wieder verlässt, vertraue ich Dir, dass Du redlich entscheiden wirst, was mit dem ganzen Besitz meiner Familie geschehen soll…
Dann ging sie zum Tresen, schenkte dem trunkenen Peter eine Maß nach und holte den Schafsfellüberwurf hervor, den sie sich gleich umtat.
Ein beruhigender Duft nach Kiefern, Muskat und Pferden umfing sie.
Die Wärme in ihr vertausendfachte sich.

Den Regen, der beim Hinausgehen auf sie niederprasselte, bemerkte sie kaum. Das gesamte Dorf strömte aus dem Wirtshaus hin zum Galgen.
Eine Gasse bildete sich für sie, noch nie war ihr je soviel Beachtung zuteil geworden. Welch Ironie, früher hätte einmal alles darum gegeben, doch nun schien es ihr so seltsam unwichtig.
Als sie an Ross Fäller vorbeikam, hielt sie kurz an, blickte ihm geradewegs in die Augen. So als wöllte sie direkt in seine Seele blicken. Doch entgegen der Worte blieb die Herzlichkeit in ihrer Stimme und das Lächeln auf ihren Lippen:
“Wenn Gott Gnade mit dem Dorf hat, wird Dir morgen der Strick um den Hals gelegt und Du und alle die mit Dir dieser Sekte angehören in der Hölle schmoren. Gott schütze Dich.“
Geradezu lächerlich schnell waren die letzten Meter zur Empore mit dem dort aufgebauten Galgen überwundern.
Als sie gerade auf die erste Stufe trat, besann sie sich auf eine der wichtigsten Personen für sie und wand sich um.
Luise stand direkt vor ihr. Behutsam nahm sie das noch erstaunlich trockene Schafsfell von den Schultern und legte es um die ihren. Dann schloss sie das Mädchen fest in die Arme:
“Du gutes Kind, er hätte sicher gewollt, dass ich es Dir gebe. Bitte lass Dich nie vom Bösen verleiten. Wenn mir je eine Tochter vergönnt gewesen wäre, sie hätte exakt Dein Ebenbild in Äußerem wie Innerem sein sollen.“
Widerwillig löste sie sich nach Langem endlich und schritt hinauf zum Galgen.
Des Henkers bester Freund wartete bereits ungeduldig und schnalzte entnervt mit der Zunge, als sie endlich bei ihm war.
“Ist ja schon schade um Dich, Deine Lauchsuppe war ein Traum. Und mit dem Bier hätte man Könige tränken können. Aber, wie heißt es so schön? Nur eine gehängte Frau ist eine gute Fraue, Kehehehehe…“
Der Strick wurde ihr umgelegt.
Ihre weiche Haut aufgerieben.
Aus der Ferne ein sich näherndes Bellen und Knurren.
Erstaunt, aber doch sichtlich erleichtert erblickte Brunhild ihren alten Schäferhund, der über den Dorfplatz gerannt kam, eine klaffende Wunde in der Seite. Ein hinkender Schemen verschwand hinter dem Apothekershaus. Deswegen also der Blick.
Rüdiger preschte durch die Menge, hin zu dem ehemaligen Holzäller und biss ihm kräftig in’s Bein. Seit heute morgen hatte er einige Übung erlangt, was das anging. Dann erblickte er sein Frauchen und sprang ruteschwingend auf die Bühne.
Überschwenglich kraulte und knuddelte sie ihn, soweit es das Seil um ihren Hals zuließ.
“Das es achtzehn Jahre dauern würde, ehe aus Dir ein ordentlicher Wachhund wird…Bitte füttert ihn ordentlich und lasst ihn weiter an meinem Kamin schlafen, dann wird er mich nicht so vermissen.“
Mit einem Fingerzeig gemahnte sie ihren Rüdengreis Platz zu machen.
Dann richtete Brunhild ihren Blick auf einen Punkt, den nur sie sehen konnte und sprach mit leiser, aber doch fester Stimme:
“Mein guter Herrgott, bitte hab Erbarmen mit den guten Bürgern dieses Dorfes. Lass die Sekte nicht weiter morden, schon zuviel unschuldiges Blut wurde vergossen. In diesem Dorf leben die wunderbarsten Deiner Kinder und sie mögen noch ein langes und erfülltes Leben haben.
Ich weiß, dass ich nur eine arme Sünderin bin und nicht würdig bin, in Dein Reich einzukehren, aber bitte gewähre einer Sterbenden ihren letzten Wunsch.
Wache auch über den guten Konrad und hilf ihm, seinen Fluch zu brechen, denn er hat von allen Menschen die Erlösung am meisten verdient. Und bitte lasse ihn wissen, dass ich ihn-„
Sie verlor den Halt unter den Füßen, der Strick brach ihr fast augenblicklich das Genick.
“-liebeee…”
Die Wärme stieg ins Unendliche und nahm sie mit sich fort.

Holo
03.04.2013, 21:30
Brunhild winselte am Boden still vor sich hin, Verzweiflung und Todesangst tobten in ihrer Mimik. Noel stand mit eingestürztem Blick daneben, kalter Atem verließ seine blassen Lippen.

"N-Nhoel! Ih... Ih liefbe dihf! Ih liebe di-"

Er fasste sich mit der Hand an die Stirn, seine Migräne nahm zu.
Sie sieht aus wie sie damals... genau... wie sie.

Noel war kein Narr. Er mochte sein Schachbrett-Denken, es hatte sich in seinen Jahren bei Gottes Augen unzählige Male bewehrt. Und doch hatte er noch andere Fähigkeiten. Wie seine Menschenkenntnis. Und diese verriet ihm gerade etwas ganz Anderes.

Nach einigen Minuten jedoch hatte sich die Wirtin wieder beruhigt.
Anscheinend hatte sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden...
Traurig lächelnd wusch sie sich die Tränen vom Gesicht und kam direkt auf ihn zu.
Flüsternd sprach Brunhild, Noels Selbstsicherheit von eben begann bereits zu bröckeln.
“Ich habe zwar nicht die geringste Ahnung vom Schachspiel, doch glaube ich, dass Du Deines noch verbessern kannst.“
Leise kichernd legte sie, bevor Noel Irgendetwas entgegnen konnte, ihre Stirn an die Seinige.
“Ich wünsche so sehr, dass Du Dich von den Dämonen der Vergangenheit, die Dich so werden ließen, irgendwann befreien und Dein Leben endlich genießen kannst. Wenn ich mich nicht vollkommen in Deine Lauterkeit täusche, dann halte bis zum Ende durch, wie auch immer es kommen mag. Bitte“
Mit weit geöffnetem Augen konnte Noel sie nur stumm und fassungslos ansehen. Brunhild störte sich nicht daran, sondern ging einfach warm lächelnd weiter.

Ich habe mich... geirrt.
Ungläubig fiel Noel in seinen Stuhl, hiel sich die Hände vor das schockierte Gesicht.
Schon... wieder. Ich habe mich geirrt.

Durch das hohle knarzen der Tür und die leiser werdenden Stimme merkte er, wie das Dorf, angeführt von Brunhild, auf den Platz heraustrat. Wie ein geschlagener Hund streckte er seinen Arm aus, flüsterte mehrmals "Wartet..." , aber niemand nahm auch nur Notiz von ihm.
"Gh...!"
Gehetzt sprang Noel auf, stieß Tisch und Stuhl beiseite und eillte auf den Platz heraus, über dem, wie auch gestern, eine gespenstige Stille lag, so dass sein Ruf durch die Nacht schnitt.
"WARTET! Sie... sie ist keine Lumianerin! Ich habe einen Fehler gemacht, ich-"

"Hast du nicht gerade diese Riesenshow abgezogen und sie beschuldigt?"

"Kannst du dich mal entscheiden, du Wichtigtuer?"

"Erst so sicher und jetzt einen Rückzieher machen, sowas liebe ich ja am meisten!"

Unsicher wich Noel zurück, sein Blick fiel auf Brunhild: Des Henkers Freund befestigte gerade die Schlinge um ihren Hals. Die Zeit wurde knapp.
Also entschied sich der Junge, dieses eine Mal Taten den Worten vorzuziehen.

"Geht mir aus dem Weg, ihr Abschaum und Pöbel!"
Unsanft stieß er die Leute beiseite, welche den leeren Mittelweg, den vor Sekunden noch Brunhild beschritten hatte, blockierten. So schnell er konnte, hetzte er Richtung Schafott, bis ihm Deusexus knurrend vor die Füße sprang. Die Zähne gefletscht und das Fell gehoben, versperrte er ihm den Weg.

HÖR AUF, NOEL! Das ist gegen die Regeln!

PEST UND VERDAMMNIS, welche Regeln?!

Die Regeln der Deuses! Sie sind absolut! Ist ein Avatar gewählt, gibt es kein zurück! Du hast deine Entscheidung getroffen!

Noels Hand fuhr an seinen Gürtel, geschickt befreite er seinen Dolch daraus und hielt ihn der haarigen Schnauze seine Freundes entgegen.
Zur Hölle mit den Deuses... und ihren Regeln. Geh mir aus dem Weg, Deus, oder ich schwöre, ich werde dich töten.

Der Wolf wich nicht zurück, im Gegenteil, sein Knurren wurde intensiver.
Du Idiot begreifst es nicht, was?! Wenn du die Regeln brichst, stirbst auch du! Und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis das kleine, rothaarige Miststück ebenfalls vom Holze baumelt oder schlimmer noch, madenzerfressen irgendwo im Wald herum liegt, während die Ameisen auf sie pissen!

Was sagst du... ?!

Das wars. Deus hatte seine Elfe beleidigt. Er würde jeden Moment auf ihn losgehen. Den Dolch fesst umpresst fiel sein Blick, wie zufällig, auf Brunhild, ihre Augen trafen sich.
In ihnen sollte Schuldzuweisung sein.
In ihnen sollte Hass sein.

Nichts davon konnte Noel erkennen. Sie lächelte ihm einfach nur zu.
Kraftlos fiel er auf die Knie, den Dolch in den zitternden Händen. Immer noch ihren Blick haltend, formte er mit den Lippen stumm einen Satz.
"Es tut mir so leid. Bitte verzeih mir."

Noel wusste nicht genau, warum, aber sie schien ihn verstanden zu haben.

Dennoch...
Noel erhob sich still und beobachtete das Schauspiel, steckte den Dolch zurück. Auch Deus beruhigte sich und setzte sich neben ihn.
Es gab noch eine Chance... vielleicht hatte sie nur gut geschauspielert. Sein Schachbrett-Denken versagte doch nie. Vielleicht hatte er sich gar nich geirrt.
Stumm und ruhig setzte er sich wieder Richtung Schafott in Bewegung. Diesmal hielt Deus ihn nicht auf. Brunhild bestieg die letzten Treppen, und hing schließlich in der Luft.

Noel stand genau vorm Schafott. Die Augenbrauen zitternd, die dünnen Hände verkrampft ineinander geschlungen beobachtete er, wie die junge Wirtin, die er mehrmals vollkommen zu Unrecht gekränkt hatte, um ihr Leben kämpfte.
Nach zwei Minuten... war es vorbei. Ihr zierlicher Körper baumelte leblos vom Galgen.
Egal, wie oft man Menschen sterben sieht... man gewöhnt sich niemals daran.

Stille, während Noel sich zitternd auf die Lippe bis, die Fingernägel beinahe blutig in die Handflächen gekrallt, darauf wartend, dass sich Brunhilds Körper in Sternenstaub auflöste.





Kein Sternenstaub. Brunhild... war... nein... UNMÖGLICH!
Außer sich stürmte Noel auf die Bühne, riss der toten Brunhild an den Kleidern.
"LÖS DICH AUF! Lös dich endlich in Sternenstaub auf, mach schon! Du bist eine Lumianerin, warum zerfällst du nicht zu STERNENSTAUB?!"

Noel, es reicht. Sie ist keine Lumianerin.

Gerade, als einige Dorfbewohner den Jungen zurechtweisen wollten, sank er, das bebende Gesicht in den Händen verguben, auf die Knie.
Deus... ich... ich habe doch... nichts falsch gemacht.. oder? Mein Schachbrett-Denken hat doch bisher immer funktioniert... ich habe doch nichts falsch gemacht, oder?

Stumm trat der Wolf an seine Seite, die Leiche der Wirtin beäugend.
Du hast getan, was du für das Beste hieltest. Mehr kann ich dazu nicht sagen.


Es war wieder kein König gefallen. Nur ein weiterer Bauer.
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf versank Noel in einer tiefen Erinnerung.





"Nanu?" ,
Valan legte sein Buch beiseite, bevor er neugierig auf den mit Blut verschmierten Wolf in seiner Tür zuging, welcher einen kleinen Jungen auf dem Rücken trug.

"Wen hast du mir denn da mitgebracht, Deus?"
Lächelnd kniete er sich vor den Wolf, streichelte dem Jungen, welcher wie eine Puppe aussah, über das mit Blutspritzern verunstaltete Gesicht. Seine ganze linke Gesichtshälfte war bedeckt mit dem Blut seiner Mutter.

"Die Bande Adliger Vergewaltiger, die Gottes Augen schon seit einiger Zeit verfolgt... sie hat die Mutter dieses Jungen brutal misshandelt... und getötet."

"So...?"
Behutsam fuhr er dem Jungen durch das blutrote Haar, sah ihm tief in die leeren Augen.
"So jung... und schon so viel Leid. Was ist mit seiner Seele, Deus?"

"Normalerweise würde ich sagen, der Schaden ist ireversiebel. So ein Ereignis kann ein Kind seines Alters nicht verarbeiten. Aber bei euch Menschen ist ja Alles möglich..."

"Hm... wie heißt du, mein Junge?"

Keine Antwort. Wie ohnmächtig starrte der rothaarige Bursche weiter auf den Boden der kleinen Hütte.

"Noel also... doch deine Gedanken sind so voll von furchtbaren Bildern... Deus. Was möchtest du, dass ich mit ihm mache?"
Warm lächelnd wandte er sich dem Gott zu, während er ihm die Ohren kraulte.
Es war eine rhetorische Frage, natürlich. Valan kannte die Antwort bereits.

"Mach den Jungen zu deinem Schützling, Valan. Nimm ihn bei Gottes Augen auf. Immerhin hast du noch einige Jahre bis zum Beginn des Spieles."

Valan schwieg einige Momente, bevor er mit den Fingerspitzen das Blut auf der linken Wange Noels berührte.
Lächelnd sah er dem Kind in die Augen.
"Von heute an, Noel... bin ich dein großer Bruder. Freut mich sehr."





Noel und Valan saßen gerade im Hauptquartier Gottes Augen an einem kleinen Tisch. Deus hatte es sich vor einem Kamin in der Nähe gemütlich gemacht, während die beiden eine Partie Schach spielten.
Der großgewachsene, warmherzige Valan mit den braun-weißen Haaren, wohl so um die zwanzig Jahre alt, brachte dem wohl zwöljährigen Knaben das Spiel gerade erst bei.

"Weißt du, Noel... Schach kann in vielerlei Hinsicht nützlich sein. Ein Schachbrett ist nichts weiter als die abstrakte Nachbildung unserer Welt."

"Hm. Es ist doch nur ein blödes Spiel. Wie sollte mir das beim töten helfen?"

Lächelnd zog Valan seine Figur, bevor er antwortete.
"Unsere Aufgabe ist nicht das Töten, Noel.
Unser Wunsch ist es, diese Welt besser zu machen, indem wir sie von Dämonen befreien, verstehst du?"

Stumm nickte der Junge, bevor er seinerseits eine Frage stellte.
"Da fällt mir grad ein, Bruder... warum hast du mir unser Zeichen eigentlich auf die Wange tätowiert? Ihr alle tragt es auf der Hand oder Brust, warum muss ich das Teil im Gesicht haben?!"

Valan kicherte leicht.
"Es steht dir einfach märchenhaft."

Naserümpfend machte Noel seinen nächsten Zug.
Was der Junge nicht wusste, war, dass sein Tatoo nicht, wie üblich, nur aus Farbe bestand. Valan hatte es seinerzeit mit dem Blut, dass seine linke Wange bedeckte
und einer Farbmischung kreiert. Der Junge trug das Blut seiner toten Mutter auf dem Gesicht.

"Aber zurück zum Schach... Weißt du, es gibt etwas, dass ich Schachbrett-Denken nenne..."

"Schachbrett-Denken?"

"Ja, Noel... weißt du, Schach ist das wohl anspruchsvollste Spiel der Welt. Wir lernen so viel über unseren Gegner und auch über uns selbst dabei. Wenn du wissen möchtest, was dein Gegner denkt oder plant, empfiehlt es sich zuweilen, das Schachbrett umzudrehen."

"Das Schachbrett umdrehen... hm... sich in den Gegner hineinversetzen?"

"Ganz genau, Bruderherz. Das ist eine sehr effektive Methode, deinen Feinden immer einen Schritt vorraus zu sein. Nicht nur bei Aufträgen, auch im Alltag."

Eine Weile herrschte Stille zwischen den beiden, und nur das Rücken der Figuren war zu hören.
"Allerdings hat diese Denkmethode natürlich Schwächen... sie geht immer von den bestmöglichen Zügen aus, die dein Gegner macht. Ist dein Gegner so... "unmenschlich", dass er seine Gier im Zaun hält und nicht stets den für ihn besten Zug macht... könnte diese Denkmethode versagen."

Noel dachte über die Worte seines Bruders nach.
"Ich werde es mir merken... Valan."





Wenn ich so zurückdenke... hat Valan mir Alles beigebracht, was ich weiß.
Er nahm mich in die Sekte auf, in denen längst nicht jeder so rechtschaffend war wie er. Er bildete meine Kampfkünste aus, schulte mein Wissen mit so vielen Büchern, brachte mir Schach und das Schachbrett-Denken bei... aber letztendlich wohl umsonst. Es beschämt mich, dass ich dir so ein schlechter Schüler war, Bruder...

Zwei Jahre später kamst du um. Du hattest zusammen mit vier anderen Mitgliedern den Auftrag, eine ganze Sippe auszulöschen, gerietst mit den Anderen in einen Streit über euer Ziel und wurdest letztendlich ermordet... und ich, der ich in dieser Masse aus Mördern, Fanatikern und Monstern nur dich hatte, versank vollkommen in Finsternis und Blut. Jeden Tag musste ich dutzende Menschen töten, und jeden Abend klebte so viel Blut von ihnen an mir, welches zusammen mit dem Geruch selbst nch stundenlangem Duschen nicht verschwand. Meine Seele und der widerliche Klumpen in mir wurden immer und immer schwärzer, bis ich genau die gebrochene Bestie war, vor der du mich immer besschützen wolltest. Wäre da nicht zumindest Deus gewesen, wäre ich wohl schon verzweifelt.
Ursprünglich warst du sein Avatar, doch bei deinem Tod hast du Deus gbeten, mich deinen Platz einnehmen zu lassen.
Ich muss dir nicht zuletzt deswegen so dankbar sein... Valan.






Noel kniete nach wie vor wie ein zitterndes Elend auf dem Schafott unter der toten Brunhild. Deus legte ihm beruhigend eine Pfote auf den Rücken.
Lass uns nach Hause,gehen, Noel.


Sein Blick streifte Tyrell, der nahe im Puplikum stand. Da passierte es.
Sein Arm schoss, ohne dass er etwas dagegen tun konnte, zu seinem Gürtel, man konnte fast das Surren der Klinge hören, die reflexartig aus ihm befreit wurde, bevor Noel mit einem großen Sprung vor der Bühne landete und, geschickt wie eine Schlange, auf sein Ziel zusauste.
"ICH WERDE DICH AUSLÖSCHEN, TYRELL, du nichtswürdiger, falscher Bastard eines Menschen!"

Einige Dorfbewohner hatten bemerkt was Noel vorhatte und versuchten, ihn aufzuhalten, doch er stieß sie einfach beiseite.
Schließlich stellten sich ihm drei Wachen entgegen.
"Sofort innehalten, Herr Bibliothekar! Die Wahl ist beendet, und-"

Knurrend schlug Noel ihm die Hand in den Hals, woraufhin er bewusstlos zu Boden ging. Der zweite Soldat konnte noch nicht sein Schwert ziehen, da hatte der wendige Killer ihm auch schon den Griff seines Dolches ins Gesicht gerammt.
Von hinten stieß ein Soldat mit dem Knüppel zu, doch Noel war schneller:
Den Rücken zum Soldat gewandt schafft er es, der Knüppelspitze mit einer wendigen Bewegung auszuweichen und seinen Ellbogen kraftvoll in der Brust der Wache zu versenken, die daraufhin benommen nach hinten torkelte.
"Wenn ihr glaubt, ich lasse mich von euch dabei aufhalten, einen Sektenwurm zu reissen, irrt ihr, ihr Gesocks!"

NOEL! Verfluchte Rachegöttin, hatten wir das nicht gerade?! Hör auf, sofort!

Wie ein jagendes Monster, dass bereits Blut gerochen hatte, ignorierte Noel den Gott hinter sich und stürmte weiter auf sein Ziel zu: Den Bengel Tyrell.
Weitere Wachen kamen bereits mit erhobenen Waffen von allen Seiten auf ihn zu, aber er würde es schaffen - ein paar letzte Schritte machend erreichte er Tyrell, riss ihn mit der rechten Hand am Kragen in die Luft, drückte ihn die Klinge seines Dolches gefährlich an den schmächtigen Hals.
"Widerliches Kind, wie kannt du nur so ruhig zusehen wie eine unschuldige Frau aufgrund deiner Schuld hingerichtet wird?! Du bist so menschlich!"


Du bist... echt ekelhaft",
Noels Halsschlagader pulsierte, er knirschte mit den Zähnen als er sein Gesicht auf wenige Milimeter an Tyrells heranbrachte.
"Noch ein Wort, du Stück Scheiße... noch ein Wort. Na los, gib mir einen Grund. Gib mir einen Grund, dich wie Vieh abzuschlachten und wie das Schwein, dass du bist, ausbluten zu lassen, wie ihr es mit der Gottesfrau getan habt. WAR DAS GEIL?! Hat euch das Spaß gemacht?!"
Seinem anschreien ließ Noel eine unschöne Geste folgen: Er spuckte dem Jungen angewidert ins Gesicht, sein Dolch drückte sich fester in Tyrells Hals, erste, feine Bluttropfen waren zu sehen.

"Was hätte ich schon tun können. Ich war der EINZIGE, der sich für sie eingesetzt hast, während DU es warst, der ihren Tod in die Wege gesetzt hast. Wärst du nicht gewesen, hätten wir unsere ehrliche Wirtin im Dorf nicht verloren.. Du bist... so kindisch. Du glaubst, du hättest die Weisheit in Löffeln gefressen, dabei bist du einfach nur ein widerlicher Lügner, suchst dir deinen Sündenbock und gut ist. Schämst du dich nicht...?"

"GHR...!"
Noel packte den Jungen fester, und obgleich er wusste, dass Tyrell irgendwo recht hatte, war er der Falsche, um ihm das klarzumachen. Er sah es. Er sah es in Tyrells Augen. Er war schuldig. Das war so offenherzig und ehrlich wie das Weinen eines Neugeborenen.

"Du Satansbrut... niemand wird es missen, wenn ich deiner verunreinigten und verdorbenen Seele hier und jetzt ein Ende bereite!"

Noel, ich darf nicht in das Spiel eingreifen, aber du brichst die Regeln. Wenn du nicht aufhörst, muss ich dich...

Noel beachtete den Wolf gar nicht. Seine Augen brannten in denen Tyrells', seine Wut mischte sich mit Schuld und Beschämung. Tyrell hielt den Blick.
Nein... mehr noch. Es lag ein Hauch Spott darin.

"Ghhh.....gnnn....!!!!!!"
Noel riss den Dolch in die Höhe, um mit Schwung auszuholen, zielte direkt auf Tyrells Hals, setzte zum finalen Stich an.
"Und selbst wenn ich durch eure Hand sterbe, so werde ich dich mit mir nehmen, du Parasit! STIIIIIIIR-"

"HÖR AUF!"

Noel stoppte in der Bewegung. Die Dolchspitze war nur noch wennige Zentimeter vom warmen Fleisch Tyrells entfernt, als sein Blick wie in Trance zu den Dorfbewohnern wanderte: Luise stand vor ihm, Trännen und Wut in den Augen.

"Noel... h-hör damit auf... du hast schon genug... angerichtet."

In ihren Augen brannte Hass. Und Verachtung. Diesmal war es keine Einbildung. Es war die Ehrlichkeit... eines Neugeborenem. Und diese Gefühle galten ihm.
Abwesend sah Noel den umliegenden Bewohnern ins Gesicht. Sie alle straften ihn mit dem selben Blick. Sie alle dachten das Selbe.
Ross. Rekon. Patricia. Peter. Luise.
"Du bist Schuld."

Noel sah ein letztes Mal in Luise Augen, als er wieder bei Sinnen war. Kraftlos ließ er den Dolch sinken, steckte ihn zurück in seine Tasche und warf den Jungen Tyrell beiseite.
Schleichend, ja beinahe schlurfend verließ er die Bühne, ging stumm und unter den strafenden Blicken der Dorfbewohner vom Platz. Als er an Luise vorbeikam, blieb er einen Moment stehen. Er sah sie nicht an, doch er nahm das silberne Amulett ab, dass er um den Hals trug, und drückte es ihr in die Hand.
"Das habe ich, seit wir uns kennen, kleine Elfe. Es ist... mein größter Schatz. Aber jetzt verdiene ich es nicht mehr. Es gehört dir."

Kurz schwieg er, bevor er emotionslos flüsternd weitersprach.
"Gib acht, dass du heute Nacht eine sichere Schlafstätte findest, ja...?"

Ohne eine Antwort oder Reaktion abzuwarten, ging er weiter und verließ letztendlich den Platz in Richtung seines Hauses. Deus folgte ihm ruhig.

Ligiiihh
04.04.2013, 00:37
"ICH WERDE DICH AUSLÖSCHEN, TYRELL, du nichtswürdiger, falscher Bastard eines Menschen!"

Tyrells Blick wandte sich Richtung Noel, welcher mit einer rasenden Wut auf ihn zuging. "Widerliches Kind, wie kannt du nur so ruhig zusehen wie eine unschuldige Frau aufgrund deiner Schuld hingerichtet wird?! Du bist so menschlich!" Noel packte seine rechte Hand an Tyrells Kragen und hob sein Fliegengewicht hoch, wie Nichts. Während er selbst schwer luftschnappend versuchte, Gedanken zu fassen. Seine nachfolgende Worte flossen ihm aus dem Mund wie ein unaufhaltbarer Fluss.

"Du bist... echt ekelhaft."

Und schon verzog sich Noels Gesicht in eine verbitterte Miene, reichte seins an Tyrells ran, wodurch wenige Millimeter sie nur noch trennten. "Noch ein Wort, du Stück Scheiße... noch ein Wort. Na los, gib mir einen Grund. Gib mir einen Grund, dich wie Vieh abzuschlachten und wie das Schwein, dass du bist, ausbluten zu lassen, wie ihr es mit der Gottesfrau getan habt. WAR DAS GEIL?! Hat euch das Spaß gemacht?!", und spuckte ihm ins Gesicht. Widerstand breitete sich in seinem Körper aus, doch von außen ließ er sich alles antun. Was hätte er großartig gegen ihn ausrichten können? Beide schauten sich tief in die Augen. Er war wirklich besessen von der Idee, Tyrell wäre für das ganze Dilemma mitverantwortlich. Aber was wusste Noel schon? Er war für Tyrell nichts weiter, als ein versessener Dummschwätzer, nur an sich selbst interessiert. "Was hätte ich schon tun können. Ich war der EINZIGE, der sich für sie eingesetzt hast, während DU es warst, der ihren Tod in die Wege gesetzt hast. Wärst du nicht gewesen, hätten wir unsere ehrliche Wirtin im Dorf nicht verloren.. Du bist... so kindisch. Du glaubst, du hättest die Weisheit in Löffeln gefressen, dabei bist du einfach nur ein widerlicher Lügner, suchst dir deinen Sündenbock und gut ist. Schämst du dich nicht...?" "GHR...!", entgegnete ihm Noel, während er noch fester zupackte, "Du Satansbrut... niemand wird es missen, wenn ich deiner verunreinigten und verdorbenen Seele hier und jetzt ein Ende bereite!" Er holte seinen Dolch aus, mit viel Schwung. Unangenehmerweise visierte er nahezu recht offensichtlich Tyrells Hals an. "Und selbst wenn ich durch eure Hand sterbe, so werde ich dich mit mir nehmen, du Parasit! STIIIIIIIR-"

"HÖR AUF!"

Noel hielt inne. Tyrell spürte, wie ein einziger Augenblicke er vom Tod entfernt war. Noels Blick hingegen wanderte seelenlos zu den restlichen Bewohnern, insbesondere Luise, mit ihrer geballten Faust und Tränen in den Augen sagend: "Noel... h-hör damit auf... du hast schon genug... angerichtet." Im nächsten Moment warf er Tyrell einfach weg, wie ein zerknülltes Stück Papier, welches keiner mehr brauchte. Eine Weile starrte er hinüber und beobachtete die Szene zwischen den beiden. Dabei übergab Noel ihr das silberne Amulett, welches er immer um sich hatte. Tyrell richtete sich auf. Nachdem Luise ein bisschen verloren wirkte, kam er auf sie zu, während sie ihn überrascht anblickte. Stunden sind vergangen, seitdem sie miteinander redeten.

"Luise...? Komm her, ich bin dir nicht böse." Er umschlug sie einmal, sanft klatschte er zweimal auf ihren Rücken, als er im nächsten Moment wieder sofort von ihr los ließ. "Da siehst du... Noels wahre Natur. Er kann sehr grausam sein, unfassbar grausam. Es ist schrecklich, mit ansehen zu müssen, wie er unkontrolliert seinen Willen durchsetzt..." Luise schluckte kurz und schaute zur Seite, darauf zu antworten lag ihr wohl gerade nicht. "Ich weiß, er ist nett zu dir... aber sei ein bisschen selbstbewusster. Irgendwo nutzt er auch, versehentlich und passiv wohlgesagt, deine Gutmütigkeit aus, diese Unbeholfenheit." Tyrell schaute sich kurz um, während er weiterredete: "Du musst sehr vorsichtig sein, wie du mit ihm umgehst. Ich habe es dir schon einmal gesagt, ich weiß, aber... wenn du ihm nicht zeigst, dass hinter dem kleinen Mädchen hier eine Person, ein Mensch steckt, und nicht die Elfe, wie er dich dauernd nennt... es ist ein Teufelskreis, den ich nicht beschreiben kann." Er nahm sich das nächste Fass in greifbarer Nähe und setzte sich hin. Seit Kopf blickte zu Boden, seine Hände umfassten seine Haare. "Dieser Mensch... er ist keiner. Glaub mir, das ist jemand, der sich um nichts schert, außer sich selbst. Er mag vielleicht auf dich Acht geben, allerdings resultiert dies lediglich aus seinem eigenen Interesse... er ergötzt sich in deinem Wesen, welches für ihn wohl idealisiert da steht. Du musst wirklich aufpassen, dass du dich nicht von ihm um den Finger wickeln lässt." Sein Blick folgte hoch zu Luises bedrücktem Gesicht. Immer noch keine Antwort. "...tut mir Leid, dass du dir das anhören musst... ich habe sonst niemanden, dem ich das sagen könnte..."

Er fasste sich kurz an den Hals, als er einen kleinen Schmerz verspürte. "Na sowas... er hat mich tatsächlich zum Bluten gebracht... ich versorge das lieber, so schläft es sich nicht besonders angenehm", murmelte er vor sich hin, klar und deutlich für Luise zu hören, und setzte an zum Gehen.

Zitroneneis
04.04.2013, 10:18
Mit stumpfem Blick beobachtete Luise, wie Brunhild die eigene Verzweiflung weggestoßen hatte und wieder zu der gutmütigen Wirtin geworden war, die jeder kannte.
Sie war keine Lumianerin. Konnte es unmöglich sein.
Aber wie sollte sie, die kleine Apothekertochter, ihnen das klar machen? Erwachsene waren immer so. Hatten sie einmal ihre Schlüsse gezogen, ließen sie sich nicht dazwischenreden. Erst recht nicht von einem Kind.
Aber was konnte sie schon bewirken? Sie konnte Brunhild nur retten, indem sie einen anderen dem Tode weihte. Womöglich einen Unschuldigen.
Und das konnte sie nicht wagen, wenn sie sich nicht sicher war.
Also schloss sie sich stumm der Menge an, welche Brunhild zum Galgen geleitete.
Die Wirtin wirkte seltsam gefasst. Mit einem Lächeln drehte sie sich zu Luise, legte ihr das Schaffell um die Schultern und nahm Abschied mit den Worten:
“Du gutes Kind, er hätte sicher gewollt, dass ich es Dir gebe. Bitte lass Dich nie vom Bösen verleiten. Wenn mir je eine Tochter vergönnt gewesen wäre, sie hätte exakt Dein Ebenbild in Äußerem wie Innerem sein sollen.“
Sich nicht vom Bösen verleiten lassen? Eine Tochter im Äußeren und Inneren?
Luise wollte schreien. Wollte ihr sagen, dass sie letztendlich auch eine Sünderin war. Dass sie es nicht wert war, ihre Tochter genannt zu werden.
Aber auch, dass Brunhild seid Bridas Verschwinden für sie das gewesen war, was einer Mutter am Nächsten kam.
Doch sie brachte kein Wort hervor. Kein Wort des Abschieds oder des Dankes. Luise sah einfach stumm zu, wie der Strick um Brunhilds weichen Hals gelegt wurde.
Hörte die Worte für Konrad.
Seltsam... vor zwei Tagen war sie noch entsetzt gewesen, bei dem Gedanken, jemand könne ihrem Vetter seine Liebe schenken. Nun wünschte sie sich nichts sehnlicher als dass Konrad hier wäre, um Brunhilds Worte zu hören. Doch als sie in Richtung Wald blickte, kam kein kräftiger, blonder Mann auf einem schwarzen Pferd namens Kobold angeritten.
Und als Luise sich wieder umdrehte, hörte sie nur noch das Geräusch eines fallenden Körpers. Sah nur noch, wie Brunhild leblos in der Luft baumelte.
Nun war auch sie fort.
Luise hörte das aufgeregte, lauter werdende Gemurmel um sie herum. Man hatte eine Unschuldige gehängt. Schon wieder.
Eine Weile stand das Mädchen einfach kraftlos da und ließ alles um sich herum einfach geschehen.

Doch, wie so oft in den letzten Tagen, gab es jemanden, der sie aus ihrer Apathie riss.
Noel.
Noel, der ihr vor wenigen Stunden noch hatte versichern wollen, was für ein guter Menschenkenner er war.
Noel, der kurze Zeit später in einem Anflug von Dramatik das ganze Dorf gegen Brunhild aufgehetzt hatte.
Noel, der nun drauf und dran war, Tyrell den Hals aufzuschlitzen.
Ein Schwall von Zorn brach in Luise los. Ein Gefühl, welches sie nie zuvor gekannt hatte. Ein Gefühl, dass ihr mehr Kraft gab, als sie jemals vermutet hätte. Sie hielt es nicht zurück. Schrie es einfach heraus:
"HÖR AUF!"
Noel ließ von Tyrell ab und starrte das Mädchen sichtlich betroffen an.
Luise ließ sich nicht davon beeindrucken. Mit großer Mühe, ihren Emotionsausbruch zumindest ein wenig im Griff zu halten, sprach sie:"Noel... h-hör damit auf... du hast schon genug... angerichtet."
Ihre Stimme zitterte. Aber es lag nicht an ihrer Scheue. Es lag an der nahezu unkontrollierbaren Wut, die man in jedem Wort hören konnte.
Noel zog nun ab, mit dem Gebaren eines geschlagenen Hundes.
Dennoch ließ er sich nicht daran hindern, kurz vor Luise stehen zu bleiben und ihr einen Gegenstand in die Hand zu drücken:
"Das habe ich, seit wir uns kennen, kleine Elfe. Es ist... mein größter Schatz. Aber jetzt verdiene ich es nicht mehr. Es gehört dir."
Bevor Luise eine Antwort geben konnte, fügte er noch mit tonloser Stimme hinzu:
"Gib acht, dass du heute Nacht eine sichere Schlafstätte findest, ja...?"
Luise antwortete nicht sofort. Doch nachdem Noel einige Schritte gegangen war, schleuderte sie das erhaltene Amulett mit aller Kraft zu Boden, wo es im Schlamm versank.
"Ich bin nicht deine Elfe! Und deinen größten Schatz kannst du behalten... ich möchte keine Geschenke von jemandem wie dir."
Sie achtete nicht auf eine Reaktion. Blickte nur wild umher.
Ihre Augen blieben an Ross und Peter hängen. Die beiden, die so viel Vertrauen im Dorf genossen. Luises Stimme hatte sich wieder etwas beruhigt, aber ihre Worte trieften vor Bitterkeit: "So... hat es gut getan, eine Unschuldige zu ermorden? Seid ihr zufrieden damit, eine Frau tot zu sehen, die sich immer um das Dorf gekümmert hat? Die selbst den unausstehlichsten Gästen Bier eingegossen und selbst kurz vor dem sicheren Tod nicht ihre Freundlichkeit verloren hat? Das ist euer Dank!?" Luises Hände ballten sich zu Fäusten. "Vielleicht wollt ihr ja mich als nächstes hängen... falls ihr nicht in Wahrheit zu dieser Sekte gehört, und beschließt, mich heute Nacht zu beseitigen. Noel scheint ja euer treuer Schoßhund zu sein. Und wenn er mich beschützen will, kann ich mich wahrscheinlich besser auf meinen Fuchswelpen verlassen."

Ihre Rede wurde von Tyrell unterbrochen, der sie umarmte und ihr auf den Rücken klopfte. Erst jetzt bemerkte Luise, dass ihr die ganze Zeit Tränen der Wut und der Verzweiflung über die Wangen gelaufen waren.
Sie hörte seine Worte der Warnung - und diesmal verstand sie, was er meinte.
Dann sah Luise, dass er blutete. Entschlossen fasste sie Tyrells Hand. "Komm mit! Ich kann das verbinden und außerdem einer Entzündung vorbeugen." Dann fügte sie noch hinzu. "Danke... danke, dass du mich gewarnt hast... auch wenn ich es wohl zu spät berücksichtigt habe... und danke, dass du dich für Brunhild eingesetzt hast. Mir... hat dazu der Mut gefehlt..."
Dann betraten die beiden die Apotheke.

T.U.F.K.A.S.
04.04.2013, 14:48
"Verfickte Scheiße!"
Unter lautem Scheppern zerbrach ein halbvoller Krug an der Wand.
"Nichts. Was. Ich. Mache. Bringt. Irgendwas!" Bei jedem Wort flog ein weiterer zufälliger Gegenstand durch die Taverne, während Tränen an ihren Wangen herunterkullerten, manchmal wild von ebenjenen flogen und leise platschend auf dem Boden landeten, unhörbar für Lumi, die in völlige Rage verfallen war. Sie schnappte nach einem Eimer und hielt ihn unter den Zapfhahn des Dünnbierfasses, was Brunhilda erst gestern angebrochen hatte, füllte ihn zur Hälfte und setzte ihn an. Einige kräftige Schlücke später landete auch der halbvolle Eimer in der Mitte des Raums und der Restinhalt ergoss sich schäumend am Boden. Mit Trauer und lange unterdrückter Wut in der Stimme machte sie ihrem Ärger Luft, äffte Horst nach, torkelte halbtrunken zwischen den Stühlen herum und hielt dabei wahrscheinlich das gesamte Dorf wach.
"Nun, ich glaube Brunhilda ist eine Lumianierin weil ich habe Ahnung!", dann Noel. Der verkackte Noel. "Nem, nem, nem - IIIIICH habe Ahnung und lege Einspruch ein und änder' mein Meinung weil ich KEINE BESCHISSENEN EIER HABE!!!", sie rannte zur halboffenen Tür und brüllte es noch einmal hinaus in die Nacht: "Hörst du das, du Kurafi [•••••••••]? Fick dich Noel, ja? Dich soll der Blitz beim Scheißen treffen! Und den blöde Horst gleich mit, ja?!" Sie zog mit Schmackes die Tür zu, das laute Donnern hallte in den Gassen wider. Sowohl Rudi der doofnaive Hund als auch Djángo schienen sie wie von Angst erstarrt anzusehen und gaben keinen Ton von sich, während die Ungarin das komplette Möbiliar auf den Kopf stellte.

Schlaff ließ sie sich in einen der wenigen Stühle fallen, die sie noch nicht durch die Gegend geworfen hatte, emotionslos "Miért? Miért, Brunhilda? [Warum?]" von sich gebend, ins Leere schauend. Meretes Tod war traurig, ja - aber Brunhildas Tod hatte Lumi das Herz gebrochen. Jetzt gab es wirklich keinen guten Grund mehr hierzubleiben. Und die Taverne hatte sie ihr auch noch vermacht. Verdammt.
"Ich zieh' einfach Preise an für alle Rothaarigen, dann verdien' ich mir goldenes Nase...", murmelte sie halblaut, blinzelte langsam. Das gesamte dorf hatte sich gegen die Frau gestellt, die niemals auch nur im Ansatz irgendetwas Böses an sich hatte. Und wenn das heir so endete wie...
Wie vor wenigen Tagen...
... dann würde am Ende niemand übrigbleiben. Das war doch der Sinn oder?
Nicht gläubig genug oder zu gläubig. Gibt kein Dazwischen.

Sie nickte mit dem Kopf auf dem Tisch ein. Die Vorratskammer war bereits aufgeschlossen, somit konnten zumindest weder Djángo noch der blöde Hund verhungern. Sabber lief ihr aus dem Mundwinkel auf den Tisch. Die Schwärze vor ihren Augen verwandelte sich in Bilder, die rasend schnell an ihr vorbeizogen.

Ein blutiger Dolch.
Ein Kruzifix in den Boden gemalt.
Ein blondes Mädchen, das gerade 17 geworden war.
Eine Notiz.

"Deus lo vult"

Drei Tote innerhalb von zwei Tagen.
Und sie haben sie verjagt.
Nach all den Jahren vertreibt der Szábo-Clan die Tochter des Anführers.

Ihr Vater.
Gebrochen.

Ihre Mutter.
Dolch im Herzen.

"Deus lo vult".

Zigeunerhetze als Sport seit fast einem Jahrhundert.
Die Kirche.
Die Christen.
Und ihre militanten Söhne und Töchter.
Und das Mädchen mit dem verfänglichsten Namen vertreiben sie weil sie denken sie wäre...

"Luminitsa heißt 'Die Erleuchtete'. Wir haben dich so genannt, weil durch dich etwas wiedererweckt wurde, was unserer großen Familie lange fehlte. Lumi - meine Kleine. Du wirst immer leuchten. Immer. Und niemand wird dir jemals dieses Leuchten wegnehmen können, egal wie oft sie auf dir rumhacken wegen deines Auges. Egal, wie oft sie dir böse Namen geben. Egal, wie oft sie dich, mich oder deine Mama durch den Dreck zu ziehen versuchen - du bist eine waschechte Szábo. Stolze Verfechter der militanten katholischen Kirche rund um Budapest seit mehreren Generationen. Und ich habe dir hier jemanden mitgebracht, damit du stets daran erinnert wirst, wieviel du mir - uns bedeutest. Sag' hallo zu... hm, wie willst du ihn nennen?"
"Ich... ich... ich weiß nicht, ich..."
"Oh, entschuldige - überrumpeln wollte ich dich jetzt nicht mit all der Scheiße, ich meine..."
"János! Du sollst vor ihr verdammte Scheiße nochmal nicht fluchen!"
"Ich... ich hab' verdammte Scheiße nochmal nicht vor ihr geflucht! So einen Scheiß würde ich niemals machen, Schatz, das weißt du!"
"János! Stell das 'Scheiße' vor ihr ein! Sie ist erst zehn Jahre alt!"
"Lumi hat bis sie drei war gedacht, dass 'Scheiße' ihr Name wäre! Es war ihr erstes Scheißwort, verdammte Scheiße!"
"János!"
"Ágnes! Du zerstörst gerade einen Scheiße nochmal wichtigen Moment in ihrem-"
"Djángo."
[peinliche Pause]
"Djángo. Klingt gut, oder?"
"Wo hast du das Wort aufgeschnappt?"
"Oma Csilla hat mir davon erzählt - es heißt sowas wie 'Ich erwache' oder so. Aber er klingt wunderschön für einen Marder, oder?"
"Ja. Haha, ja, das klingt wunderbar, Lumi! Das ist der perfekte Name für den kleinen Racker! Djángo. Hörst du das, Ágnes? - Djángo!"
"Ja, das klingt wunderschön!"

Und dann ließen sie sie Jahre sptäer einfach so zurück, ohne eine Spur zu hinterlassen, ohne einen Grund.
Es war nicht ihre Schuld, dass Mama starb.
Mama starb weil irgendjemand es so wollte, weil irgendjemand, irgendwer...

Kruzifix in den Sand gemalt.
"Deus lo vult".
Dolch in ihrer Brust.
Zwei aufgeknüpft am Apfelbaum.
Angst.
Schrecken.
Eine Welle aus Tod und Verderben zieht über sie hinweg auf der Flucht vor der Kirche.
Blendet.
Tritt einem kleinen Kind solange ins Gesicht bis sie links nichts mehr sieht.
Lässt ihre Familie denken sie wäre...

Verflucht.

Dolch in ihrem Herzen.
Kruzifix gemalt in ihre Gedärme mit einer heiß brennenden Klinge, die "Ketzer" schreit.
Karten zinkt.
Verteufelt.
Mordet.

"Deus lo vult".

"AH!"
Schweißgebadet erwachte sie, mitten in der Nacht, nur von einem vor ihr auf dem Tisch schlafenden Djángo und dem hundsdummen, vor ihr auf dem Boden liegenden und laut hechelnden Rudiger geäugt.
"Traum. Nur ein Traum.", beruhigte sie sich selbst, wischte sich Speichel vom Mund und Schweiß aus ihrem Gesicht und zog den ebenfalls schweißgebadeten Umhang aus, um ihn zum Trocknen über die Bartheke zu werfen. Jetzt war sie zwar nur in weißem Leibchen und schwarzem kurzen Rock gekleidet, aber im Moment war eh egal, was sie tat. Sie würde zu dieser ganzen Sache nur noch dazu beitragen können, dass noch mehr Leute die nichts verbrochen hatten sterben würden.

Sie würde heute nacht nicht mehr schlafen. Stattdessen begann sie, langsam mit einem Besen und akkuter Hyperaktivität bewaffnet die Taverne wieder aufzuräumen, die sie so zugerichtet hatte.