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Diomedes
14.08.2012, 01:54
Wenn man den Fernseher einfach laufen lässt, ohne sich damit zu befassen was gerade läuft, dann besteht die Gefahr, dass man auf einen Film stößt wie "Sieben Himmel".
Das hier ist nicht das Filmforum, ich weiß, aber ich will nachvollziehbar machen, was Anlass für das ist, was ich im Begriff bin zu sagen.

Man merkt es, dass der Film experimentell gedacht ist und wohl nicht zur Unterhaltung beitragen soll: So ziemlich jedes einzelne Bild ist verschwommen, oder bildet sich was auf seine besondere Zusammensetzung ein, alles ist konstant schlecht ausgeleuchtet, akustisch schwankt es zwischen viel Lärm und Totenstille, es gibt viel "intellektuelle Sexualität" - das heißt, es gibt viel Nacktheit und Sex, die beklemmend und aufgesetzt wirken und deswegen unausstehlich sind - und beinahe jeder Satz kommt entsetzlich künstlich und prätentiös daher. Haufenweise pseudophilosophisches Gelaber über die Unendlichkeit von Momenten, endlose Distanzen zwischen zwei Körpern, Augen, die wie Hände alles abtasten, anfassen, die Kleider vom Leib reißen und auf keine Gegenwehr stoßen und Bewusstsein, das den Körper verlässt. All das trägt dazu bei, dass ich Schwierigkeiten habe, der Handlung überhaupt zu folgen oder ihr noch Beachtung zu schenken, aber das nur so am Rande. Eben so ein Film. der mit Konventionen aufräumen will, die bei einem halbwegs differenzierten Weltbild nichtmal wirklich vorhanden wären.

Das wirklich schlimme an dem Film ist, dass man nicht merkt, wo er nicht übertreibt. Und das sind die Figuren.
Es geht, soweit ich das mitbekommen habe (und es hier relevant ist) um einen komischen Typen um die Anfang 20 (der auf einem Mentaltrip ist und so), der auf eine Gleichaltrige stößt (die im Internet stript, sich gothicmäßig gibt, von ihrem Ex noch verfolgt wird und Drama und blah), sich natürlich verliebt und seine Triebe nicht unter Kontrolle hat. Der Typ redet zwar immer daher, als ob er gedanklich zwei Schippen draufpackt, aber selbstredend knallt bei ihm eine Leitung durch, sobald sein Reproduktionsorgan ausrastet.

Und das wäre auch in Ordnung, wäre das nicht schon der wievielte Film, in dem es haargenau so abläuft (experimentell am Arsch!). Das heißt, beinahe jeder Film in dem es irgendwie um Liebe geht. Und ich HASSE es. Ich habe es immer gehasst und ich kann es nicht mehr sehen. Warum bitte ist es so verdammt schwer, dass jemand nicht völlig durchdreht, Komplexe bekommt und plötzlich kein Leben mehr hat, sobald er ein wenig Zuwendung erfährt? Vielleicht bin ich da schrecklich unsensibel, aber... ernsthaft, wie schwer kann das sein? Wieso fühlen sich 9 von 10 Regiseuren, Sängern und Autoren dazu genötigt, es eben so darzustellen, als ob man erst dann einigermaßen Reife erlangt, sobald man die 30 oder 35 überschreitet?!
Gerade "die Jugend" wird so ziemlich immer in diesen lächerlichen drei Dimensionen dargestellt: Liebe/Freundschaft/Sex/Beziehungsprobleme, Familie/Erwachsenwerden/Bewältigungsprobleme, Gruppenzwang/Drogen/Egoprobleme. Das "Problemalter" wird dabei auch mal bis auf Ende 20 ausgedehnt.

Shit! gibt es irgendwo überhaupt solche Menschen? Ich habe haufenweise dämliche Jugendliche getroffen, ich habe aber auch haufenweise Jugendliche getroffen die sich für eine solch stereotype Darstellung ihrer Altersgruppe (über die sie bedauerlicherweise vorwiegend identifiziert werden) wahrhaftig gekränkt fühlen dürfen. Tatsächlich sind die Zuletztgenannten sogar nach meiner Wahrnehmung in der Überzahl. Mir fällt spontan nur eine einzige Person ein, die ansatzweise solche Probleme hat und damit nicht immer richtig fertig wird. Und selbst die Person ist deutlich vielseitiger und blieb ungeachtet aller Umstände noch zurechnungsfähig.
Wenn ich heute mit 21-jährigen spreche, dann stelle ich wesentlich häufiger fest, dass sich deren Gedanken um Karriereplanung, Familienplanung und dergleichen drehen als um besinnungsloses Herumvögeln und Nestflucht. Der einzige Grund, warum die sich über diese beleidigende Darstellung nicht empören, ist der, dass die Einstellung "Ich mach mein Ding, und mir ist egal, was andere von mir halten" zu einem Mantra der 2000er wurde. Viele von ihnen scheinen sich keinen Dreck dafür zu interessieren, wie sie wahrgenommen und/oder dargestellt wird. Was natürlich schon irgendwie gut ist, andererseits aber auch dazu beiträgt, dass es manchmal so verdammt langweilig ist, sich mit ihnen zu befassen. Und es unter Umständen ekelhaft selbstgefällig wirkt.

Ist das Bedürfnis so absurd, in einer Welt leben zu wollen, in der solche Dinge passé sind, in der es keine "Jugend" gibt, sondern blos Kinder und Heranwachsende, die eine ernsthafte Darstellung und einen ernsthaften Umgang verdienen?
Sollen jene sich endlich mit den Wesentlichkeiten ihrer Existenz befassen, die diesem unsäglichen Klischee entsprechen, und sollen sich diejenigen ein neues Bild von der Welt machen, die auf der Gültigkeit dieses Klischees beharren!

Mog
14.08.2012, 03:43
TL;DR: Fernsehen suckt?

Sperlingsprinz
14.08.2012, 03:54
Hm, ich kenne diesen Film nun nicht (und bin mir auch nicht ganz sicher über die dortige Darstellung bzw wie weit genau dieses "Durchdrehen" geht). Aber ich selbst als fast 21-Jährige muss sagen, dass meine gedanklichen Prioritäten auch eher in Richtung Familie/Karriere gehen. Das war jedoch nicht immer so, in einem Alter von bis habe ich sehr wohl auch mit solchen Problemen auseinandergesetzt, vermutlich auch etwas überdramatisiert aber nnoch in einem gewöhnlichen Rahmen. Ich halte sowas also schon gewissermaßen für ein berechtigtes Klischee aber nicht so selbstzerstörend, allumfassend und langjährig wie es wohl dargestellt worden ist.
Ehrlich gesagt bin ich auch eher einer der Typ Menschen, die sich darüber Gedanken machen, was über mich gedacht oder behauptet wird auch in Bezug auf meine ganze Generation, aber so negativ ist mir speziell das noch nicht aufgefallen. Vielleicht auch eben weil es für mich etwas Wahrheit hat. Vielleicht bin ich auch gerade nur zu müde um mich an den Ärger zu erinnern~

Liferipper
14.08.2012, 08:55
TL;DR: Fernsehen suckt?

Ne, Kunstfilme saugen. Hab aber ein einfaches Gegenmittel gefunden: Nicht anschauen ;).

Nebenbei: Was soll uns "s/Akito/Seldio " sagen?

Mog
14.08.2012, 13:55
Ne, Kunstfilme saugen. Hab aber ein einfaches Gegenmittel gefunden: Nicht anschauen ;).

Nebenbei: Was soll uns "s/Akito/Seldio " sagen?

in der Zeile wird Akito durch Seldio textuell ersetzt.