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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schwerpunkte eines Spiels innerhalb der Spieltwelt



Jenai
09.03.2012, 21:58
Meine Fragen lauten wie folgt: Liegt der Schwerpunkt eines Spiels auf dem Spielbaren Charakter oder auf der Spielwelt selbst?

Ist es besser dem Charakter, in dessen Rolle der Spieler schlüpft, Entscheidungen treffen zu lassen die sich direkt auf dessen Umwelt auswirken oder sollte die Spielwelt einflüsse auf den Charakter (dem Spieler) zeigen? Oder ist es gar der Charakter der dem Spieler einen Eindruck hinterlassen soll?
Oder sollte es bestenfalls eine Symbiose geben, in der die Welt eine Reaktion auf den Helden zeigt und umgekehrt und beide ohne einander nicht sein können? Haucht die Welt, in der der Held lebt, diesem
Leben ein oder ist es der Held durch dessen Augen man praktisch seine Welt sieht, der Spielwelt Leben ein?

Ist es heutzutage notwendig einen Charakter tiefe zu geben? Sollte auf den Charakter und dessen persönliche Geschichte der Fokus liegen oder doch eher auf das Geschehen der Spielwelt?

Siehe z.B. Terranigma. Über Ark weiss man praktisch kaum etwas. Ark ist ein stummer Held. Es ist viel eher die Welt die einen in den Bann zieht.
Er bekommt eine Aufgabe in seine Hände gelegt ohne diese wirklich zu hinterfragen. Auch der Spieler tut das nicht direkt, jedenfalls nicht so, dass es zwingend Auswirkungen auf den Spielspaß hat.
Schließlich weiss der Spieler ja, sofern ihm Videospiele geläufig sind, dass er als Held einer Geschichte agieren wird. Warum also noch großartig Fragen warum ich dies und jenes tun soll um die Welt zu retten.
Ähnlich oder gleich ist es bei Zelda. Link spricht nicht weil er nicht sprechen soll. Er ist der Held und muss tun was er eben als solcher tun muss.

In anderen Spielen wiederum liegt der Fokus auf dem Charakter an sich.
Klar, er rettet oft ebenfalls die Welt und auch sieht man diverse Auswirkungen seines Handelns (welches ja vom Spieler ausgeht). Jedoch besitzt ein solcher Held bereits eine Meinung und eine Identität (somit wird der Spieler bloß zum Zuschauer),
welche der Spieler selbst dann in Frage stellt und wissen will warum das so ist, denn man selbst kann nichts tun um den Helden so für sich zu Gestalten, dass er einem in den Kram passt. Deshalb seine Hintergrundgeschichte,
welche zeigt wie er zu dem Wesen gelangt ist das er eben ist. Und um zurück auf das Geschehen der Spielwelt zu kommen.
Hat ein solcher Held nun beispielsweise einen Bösewicht geplättet reagiert der Held emotional, was oft weitreichend mit Text dargestellt wird oder anhand von zwischensequenzen in der der Held unterschiedliche Gemütslagen zeigt.
Oft hat man dadurch den Eindruck, dass der Held eher mit sich selber zu kämpfen hat als mit den Schrecken die das Böse hinterlässt

Ich bin der Meinung das dies jedoch oft von der Spielwelt ablenkt weil einfach der Fokus auf dem Charakter liegt und nicht auf die zu rettende Welt. Aber muss das so sein? Haben Spiele doch in gewisser weise was das anbelangt einige Zwänge? Wie seht ihr das?

Ich hoffe, dass meine Fragen anregend sind einmal darüber nachzudenken und seine Meinung darüber in diesen Thread zu schreiben.

Holo
09.03.2012, 22:03
Es ist eine Frage, die eigentlich ein unendlich weites Spektrum an Antworten bietet. Es ist nämlich auch hier eine Frage von Fall zu Fall.
Das kommt auf das Konzept und das jeweilige Spiel an.
In einem Hack'n'Slay oder Shooter z.b. braucht der Charakter keine sonderliche Tiefe. Schwer zu beantworten, so allgemein.
Ich persönlich finde es immer besser, wenn ein Held möglichst stark charakterisiert wird. Sei das nun im zwischenmenschlichen oder im interagieren mit der Welt. Aber es ist kein Muss, wenn es sinnlos wäre. In einem klassischen Rollenspiel sollte es schon gegeben sein. Wie gesagt, es ist eine Fallfrage.

Jenai
09.03.2012, 22:27
Meine Fragen beziehen sich auf Storylastige Spiele. Hätte ich erwähnen sollen. Rein theoretisch könnten ja auch Hack'nSlay's Storylastig sein. Und um genauer auf den Begriff "Storylastig" einzugehen. Ich meine damit nicht unbedingt konkret eine Geschichte durch die ein roter Faden führt. Eine Welt die sich indirekt mit dem Fortschritt des Spielers wandelt, erzählt ja auch in gewisser und nicht zu unterschätzender weise eine Geschichte. "Geschichte" lässt sich vielleicht auch so definieren, dass sie einen Wandel vollzieht. Eine Veränderung. Ich denke auch, dass so ziemlich alle Spiele eine gewisse Grundstruktur haben, die auf dem echten Leben basieren. (Man kann sich ja nichts aus dem Hut ziehen, was wir nicht anähernd schon mal gesehen haben, das funktioniert nicht außer man ist Gott selbst. :) Ein Spiel ist ja eine Art Spiegelwelt in der wir oft andere fantastische Freiheiten haben. Jedoch gehört eine Welt immer dazu und ist somit ein wichtiger Faktor. Deswegen komme ich auf die Frage mit den Zwängen. Mir ist klar, dass es auch Spiele geben könnte, die aussehen könnten wie PacMan und eine Story haben könnten. Aber kann eine Geschichte für sich alleine stehen? Eine Spielwelt stellt doch einen Pfeiler dar, welcher eine Geschichte trägt. So was wie ein Gefäß oder eben eine Fläche, einen Grund auf dem alles steht. Ich finde das irgendwo logisch. Hab ein wenig das Gefühl von meinem eigenen Thema abzukommen aber du sagst ja selbst das diese Fragen teils ein unendlich weites Spektrum an Antworten wie Fragen bietet, hm.

TwoFace
09.03.2012, 22:28
Wir hängen hier viel zu fest in dem klassischen Rollenspielerdenken fest. mMn hängt ja alles vom Spielkonzept ab und wo man die Schwerpunkte liegt. Nehmen wir mal als Beispiel Sternenkind-Saga. Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet, die Hintergrund-Geschichte ist wahnsinnig episch, die Interaktions - und Entscheidungsmöglichkeiten (schon am Anfang) sind extrem zahlreich und das Spiel baut auf sehr guten Dialogen und viel Geschichte auf. Das KS jedoch ist (bisher!) nur das Standard-KS. Und trotzdem funktioniert das Spiel, weil es einfach verdammt viel zu entdecken gibt und es so nie langweilig wird. Anderes Beispiel als krassen Gegensatz: Psychodelium von Vreeky, das ich gerade spiele. Es wird wenig erklärt, Story und Dialoge auf das nötigste beschränkt, stattdessen viel Aktion, 'ne Menge Spezialeffekte, massenhaft Möglichkeiten, um Rüstungen, Waffen und Angriffe aufzuwerten und extrem aktives Gameplay. Und das funktioniert auch. Fassen wir zusammen: Sternenkind-Saga = Fokus liegt auf der Geschichte, die verdammt episch rübergebracht wird. Psychodelium = Fokus liegt auf dem Gameplay. NUR auf dem Gameplay. Kaum "unnötige" Dialoge. Und beide Konzepte funktionieren nahtlos. Deshalb kommt es auf das Konzept an, das dahintersteckt; ein allgemeines richtig/falsch gibt es nicht. Genauso gut könnte man darüber diskutieren, ob ein extrem linearer Spielverlauf besser/schlechter ist als ein Spielverlauf, in dem man dem Spieler vielschichtige Interaktions- und Entscheidungsmöglichkeiten gibt. Auch blöd zu verallgemeinern. Ich hab auch den Eindruck hier wird auch immer nur über die Do's und Dont's des klassischen Rollenspiels gesprochen, in dem es einen Held gibt, der vielleicht noch ein Team hat, es geht darum die Welt zu retten usw. und sofort. Ich sag jetzt schon mit Sicherheit, dass ich nie so ein Spiel machen würde. 1. Sind solche Konzepte schon extrem ausgeluscht, weil das eben die klassische "Rollenspiel-Idee" ist. Quasi: okay, wir machen 'nen Helden, der kann dann leveln, muss die Welt retten, Kämpfe bestreiten, Attributpunkte verteilen, XP sammeln usw. nix neues also, auch wenn jemand daher kommt und das super toll umsetzt und 2. Gibt es schon tausende Entwickler, die diese Art von Spielen auf ein extrem hohes Niveau gehoben haben (lucien, realTroll.... die können das eh besser als ich :D Ein Spiel darf eben keinen Zwang beeinhalten, von wegen "oh, ich MUSS jetzt genau das Element in mein Rollenspiel einbauen ob ich will oder nicht, weil die anderen kommerziellen Rollenspiele haben das auch und wenn ich das nicht hab gibt es bestimmt schlechte Kritik!" Find ich falsch. Ich finde es richtig zu sagen der RPG-Maker, auch wenn RPG für "Roleplay Game" steht, beschränkt sich nicht nur auf die Möglichkeit ein klassisches 0815-Rollenspiel zu entwickeln. Deswegen wird sowas von mir auch nie kommen. Ich habe schon versucht mit meinen Spielen "Insanity" und "The Question" sowohl in einigen Teilen gameplaytechnisch, sowie auch storytechnisch gegen den Strom zu schwimmen und mich so wenig wie möglich an kommerziellen oder auch nicht kommerziellen (bspw. hier im Forum erfolgreichen) Titeln zu orientieren, um, frei von allen Zwängen, die mir vorschreiben, was in so ein Spiel unbedingt und auf jeden Fall reinzugehören hat, zwei Spiele zu entwerfen, die nicht nach zwei Minuten schon den Eindruck erwecken "hey, sowas ähnliches hab ich schonmal gespielt". Bei Spielen von Vreeky kommt mir zum Beispiel nie der Gedanke "hey, sowas hab ich doch schonmal gezockt", weil's eben was völlig neuartiges ist. Und ich finde, wir sollten uns weniger an alten "Regeln" und/oder "Zwängen" festhalten und die Ideen, frei von Schranken, in unseren Köpfen entstehen lassen und den Scheiß einfach umsetzen. Ist doch völlig egal, ob's dann hinterher in 'ne Sparte passt oder nicht; hauptsache es ist neu und geil :D (was im übrigen nicht heißt: yo, entwickelt bloß keine Rollenspiele mehr. Allreise, Wolfenhain, Hybris & Co. sind auch Rollenspiele und ich hab sie verdammt gern und intensiv gezockt. Aber auch nur deshalb, weil die Qualität bei diesen Spielen so überragend ist und sie meiner Meinung nach alles beinhalten, das ein gutes Rollenspiel beeinhalten sollte. An solchen Spielen kann man sich diesbezüglich orientieren. Man sollte eben nur aufpassen, dass hinterher nicht ein wahnsinnig schlechter Abklatsch dieser Spiele entsteht, sowas braucht, denke ich, keiner. Seh ich hier im Forum leider auch öfters.

So, hab den Startpost leider nur überflogen und hoffe deswegen, das Thema auch getroffen zu haben und nicht zu weit in "Geschwafel" abgedriftet zu sein :D

mfG Penetranz

Holo
09.03.2012, 22:41
Wobei man sagen muss, dass es bei Sternenkind-Saga bei weitem nicht nur die Story ist. Hier kommen unzählige Features und die von dir angesprochene sehr große Entscheidungsfreiheit hinzu, welche die "Welt" von SKS ja auch wieder stark beeinflußt.
Jenai: Ich verstehe dich nicht recht.
Fragst du, ob eine Welt sich mit Handlung und Taten der Helden verändern sollte? Ob die Menschen einer Welt sich nach den Taten der Helden verändern sollten?
Oder inwieweit die Welt eines Spiels für dieses Wichtig ist?
In Letzterem Fall kann man nur sagen, dass gerade bei Storyspielen die Welt die Grundlage für alles und ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Faktor ist. Ich kenne kaum ein Spiel, in dem man nicht wirklich etwas über die Umgebung weiß, in der man sich bewegt.

TwoFace
09.03.2012, 22:45
Wobei man sagen muss, dass es bei Sternenkind-Saga bei weitem nicht nur die Story ist. Hier kommen unzählige Features und die von dir angesprochene sehr große Entscheidungsfreiheit hinzu, welche die "Welt" von SKS ja auch wieder stark beeinflußt.

Japp, ganz genau.


Ich kenne kaum ein Spiel, in dem man nicht wirklich etwas über die Umgebung weiß, in der man sich bewegt.

Siehst du, und nicht mal das muss zwingend schlecht sein. Es kann, aber wenn man's gut verpackt und den Spieler diesbezüglich eben im Dunkeln Tappen lassen will und/oder es ihn selber rausfinden lassen will, dann ist das auch okay, sofern es eben in das Konzept des Spiels reinpasst. Und das ist nunmal der wichtigste Punkt überhaupt. Bei 'nem klassischen Adventure aber beispielsweise wohl definitiv fehl am Platze.

Liferipper
09.03.2012, 22:50
Wenn du Ark für einen persönlichkeitslosen stummen Protagonisten hältst, würde ich vorschlagen, Terranigma nochmal durchzuspielen...

Holo
09.03.2012, 22:51
Es kann, aber wenn man's gut verpackt und den Spieler diesbezüglich eben im Dunkeln Tappen lassen will und/oder es ihn selber rausfinden lassen will, dann ist das auch okay, sofern es eben in das Konzept des Spiels reinpasst. Und das ist nunmal der wichtigste Punkt überhaupt.
Wie zur Bleimine Dreamland R?
Man weiß nichts über den Handlungsort, die "Stadt", aber sie verändert sich kontinuierlich aller paar Minuten nach Handlungen und Spielverlauf.
Oder wie Feuer um Mitternacht?
Hier hat man das ganze Spiel über ein festgesetzte Land (Dunglas) und sieht daher auch immer wieder die gleichen Orte, die sich aber nach Verlauf und Handlung ändern bzw. die Bevölkerung.
Oder doch wie Vampires Dawn (II) in der man die Welt dahingehend beeinflußen kann, dass man die Bevölkerung auslöscht und die Schlösser mit Personal füllt?
Oder doch der Klassiker Unterwegs in Düsterburg?
Nein, ich glaube, ich denke zu einfach..Es geht Jenai um mehr. Ich bin gerade bei Interaktion mit Welt und Menschen. Aber ich glaube, das ist am Thema vorbei..?

Jenai
09.03.2012, 22:57
Wenn du Ark für einen persönlichkeitslosen stummen Protagonisten hältst, würde ich vorschlagen, Terranigma nochmal durchzuspielen...

Wenn ich meine Gedanken an ihn noch einmal schweifen lassen, magst du recht haben. Aber nur zu einem gewissen Punkt. Ark ist keine tiefgründige Person. Man könnte ihn als solche interpretieren, da er ab und zu mit Lebewesen in Dialog tritt aber wenn man ihn als Helden betrachtet der eine Welt retten soll. Dann hat er nicht gerade sehr viel dazu zu sagen. Ich will das aber nicht doppelt und dreifach unterstreichen. Es ist schon etwas her, als ich Terranigma das letzte mal spielte. Vielleicht ist Link da ein besseres Beispiel.

TwoFace
09.03.2012, 23:04
Ich bin gerade bei Interaktion mit Welt und Menschen. Aber ich glaube, das ist am Thema vorbei..?

Find ich nicht. Auch Interaktionen mit Welt und Menschen können "Schwerpunkte eines Spiels innerhalb der Spielwelt" sein, beispielsweise bei spielbaren Kurzgeschichten oder Visual Novels. Wobei man bei letzterem ja eigentlich automatisch mit den Menschen interagiert, in dem man eben mitliest und so dies und das in Form einer Entscheidung mitbeeinflusst.

Vyzzuvazzadth
16.03.2012, 16:13
Es kommt immer auf das Spielkonzept an und was man damit aussagen will.

Wenn man eine Geschichte erzählt, die sich nicht nur um eine Figur dreht, sondern z.B. um 2 Fraktionen, die ihre eigenen Ziele verfolgen und sich deshalb bekämpfen, später aber rauskommt, dass beide einen gemeinsamen Feind haben und sich deshalb zusammenschliessen, um diese höhere Bedrohung aus der Welt zu schaffen, dann liegt der Fokus definitiv auf der Spielwelt. In diesem Fall werden eher die Protagonisten von den Geschehnissen geformt und beeinflusst. Die einzelnen Figuren müssen dann nicht unbeding extrem detaillierte Hintergrundgeschichten besitzen, da diese im Kontext der Spielwelt nicht unbedingt relevant sind.
Wobei da bestimmt auch eine Wechselwirkung stattfindet, wodurch Spielwelt und Protagonisten sich gegenseitig beeinflussen.

Steht der Protagonist im Mittelpunkt, wird also seine eigene Geschichte erzählt. Hier spielt die Spielwelt nur insofern eine Rolle, wie sie mit der Geschichte des Protagonisten zu tun hat. Umgekehrt müssen die Figuren in einem spielweltorientierten Spiel auch nicht mehr Persönlichkeit aufweisen, als für die Handlung und das Verständnis derselben vonnöten ist.

Soviel mal zu meinen Gedankengängen dazu.