Squall2k
09.06.2011, 16:03
Hi,
an alle die sich etwas mit "Recht" und so auskennen, hätt ich mal ne kleine Frage. Im Art.31 GG steht ja das vielfach bekannte "Bundesrecht bricht Landesrecht" - aber bei der genaueren Regelung im Art. 70 komm ich nicht weiter, weil ich da irgendwie nur die konkurrierende Regelungskompetenz und die ausschließliche Regelungskompetenz des Bundes finde - aber es doch auch Bereiche gibt, in denen die Länder die ausschließliche Regelungskompetenz besitzen und eine entsprechende Bundesnorm verfassungswidrig wäre. Wo sind diese Bereiche denn aufgezeigt?
Vielen Dank schon mal im Vorraus^^
Mordechaj
10.06.2011, 21:36
In Art. 30 GG:
Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt.
Das bedeutet, dass von vornherein erstmal die Gesetzgebung von den Ländern ausgeht; Gegenstände, für die der Bund nicht ausdrücklich den Kompetenztitel erhält, entscheiden sich demnach uneingeschränkt auf Länderebene. Das nennt sich die Kulturhoheit der Länder und ist damit der Grundsatz des Föderalismus in Deutschland.
Dann wird aber in Art. 31 GG gesagt, Bundesrecht bricht Landesrecht; wenn also eine Regelung auf bundesdeutscher Ebene getroffen wird, diese der Regelung des einzelnen Landes vorsteht. Das etabliert den Bund als übergeordnete Instanz zu den Ländern, sorgt also für die vertikale Gewaltenteilung der föderativen Ordnung und tut damit der Normenhierarchie Genüge.
Das Bild ist also bis hierhin: Die Länder entscheiden grundsätzlich alles, außer es gibt eine Regelung, die dem Bund Kompetenzen verleiht.
Das bekräftigt auch nochmal Art. 70 GG:
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.
Art. 71 und 72 GG formulieren nun, was ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebung sind. Die Bezeichnung der konkurrierenden Gesetzgebung ist dabei äußerst irreführend, da grundsätzlich Bundesrecht über Landesrecht steht (vorgeschlagen wird die Bezeichnung "Vorzugsgesetzgebungsbefugnis" statt "konkurrierende Gesetzgebung"). Nur die Kompetenztitel in Art. 72 (3) weichen davon ab; hier hat prinzipiell das jüngere Gesetz Anwendungsvorrang.
Dabei ist der Unterschied zwischen Geltungsvorrang und Anwendungsvorrang wichtig: Art. 31 schafft Geltungsvorrang, das heißt, dass jede Regelung des Bundes die des Landes verdrängt und nichtig zeiht (beispielsweise also das Verbot der Todesstrafe die Todesstrafe in Hessen außerkraft setzt). Art. 72 (3) schafft Anwendungsvorrang, die jüngere Regelung wird also in der Anwendung der älteren immer vorgezogen, wo die ältere Rechtsnorm aber nicht mit dem Geltungsbereich der neuren kollidiert, erfährt sie weiterhin Abwendung.
Dann werden in Art. 73 und 74 GG alle Bereiche gelistet, auf die sich die ausschließliche Kompetenz des Bundes bzw. die konkurrierende Regelungskompetenz erstrecken.
Das heißt im Klartext: Die Länder haben die aussschließliche Kompetenz als Gesetzgeber per se erstmal inne und zwar für alle Bereiche. Außer eben die Bereiche, die in Art. 73 und 74 GG gelistet sind, da bekommt der Bund entweder eine ausschließliche, oder eine konkurrierende (dem Landesrecht aber grundsätzlich übergeordnete) Kompetenz zugesprochen - Ausnahme hierzu sind die Kompetenztitel in Art. 72 Abs. 3, welcher Anwendungsvorrang für die neuere Regelung festlegt.
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