Moana
09.02.2011, 11:18
Ein neuer Morgen brach an und die Sonne ging auf. Es war ein strahlend schöner Morgen, fast schon wie gemalt. Ich konnte fast schon das Singen der Vögel vernehmen. Oder vielleicht bildete ich mir es nur ein.
Das Einzige, was zu hören war, waren stumpfe Schläge aus der Ferne und einstürzende Holzbalken.
Grollen, hämmern, klopfen, rattern, rufen, jammern.
Das Vorbeifahren von Versorgungstransportern und das Klagen der Schwestern aus den provisorisch eingerichteten Lazaretts, das Schluchzen der Nachbarsdame und das Läuten der Kirchturmglocke. Die einst so stolze Flagge unserer Nation hing nur auf Halbmast. Der Marktplatz war voll mit Menschen. Panisch, verzweiflelt, frustriert, resigniert.
Das Alles vernahm ich aus sicherer Entfernung. Ich saß zusammen gekauert in meinem Kinderzimmer, von dem nichts mehr außer eine Wand, ein halbes Bett und eine Uhr übrig geblieben war.
Ich hatte Angst.
Jedes laute Grollen hielt ich für eine erneute Bedrohung, jedes Geräusch einer Säge aus der Ferne für eine Sirene. Mein Kleid war völlig zerrissen. An meinem rechten Bein hatte ich eine große Brandwunde und ich blutete auf der Stirn. Ich war mir nicht sicher, ob ich mir den linken Arm gebrochen hatte oder nicht, aber ich hatte starke Schmerzen. Wo meine Familie war, wusste ich nicht. Ich wusste noch nicht einmal, ob sie noch am Leben war.
Ich nahm die Uhr, welche auf dem Boden lag und starrte sie an. Sie war stehen geblieben in der Nacht, in der die Welt über meinem Kopf zusammenbrach, Feuer fing und Trümmer um sich warf. Es begann um Punkt Mitternacht. Ironischerweise war ich noch wach, obwohl mir meine Mutter verboten hatte, solange wach zu sein. Sie sagte immer, das Dämonen kommen würden und mir alles nehmen würden, was mir lieb und teuer war. Ich hatte diese Redensart immer belächelt. Ich war schließlich kein kleines Kind mehr.
Ein Schatten unterbrach meine Gedanken.
Ein Junge stand vor mir, ebenfalls mit zerrissenen Klamotten und einer klaffenden Wunde am rechten Arm. Er besaß nur noch einen Schuh, sein anderer Fuss war blank. Sein großer Zeh blutete und der Nagel war eingerissen. Er wankte auf mich zu und streckte seine Hand nach mir.
"Komm mit mir, wir gehen fort."
Ich verstand nicht, was er mir sagen wollte.
Es klang so unbeschwert und unbesorgt.
Es passte nicht in das Szenario, in dem wir uns befanden.
"Komm, steh auf. Nimm meine Hand, ich bring dich weg von hier."
Ich schaute hinauf zu ihm.
Er lächelte.
Ein warmes und durchdringendes Lächeln.
Ein freudiges Lächeln.
"Komm schon. Lass uns an einen schöneren Ort gehen. Damit du nicht mehr weinen musst."
Da bemerkte ich erst, das ich geweint hatte.
Und da bemerkte ich ihn erst so richtig, den Frühling.
Das Einzige, was zu hören war, waren stumpfe Schläge aus der Ferne und einstürzende Holzbalken.
Grollen, hämmern, klopfen, rattern, rufen, jammern.
Das Vorbeifahren von Versorgungstransportern und das Klagen der Schwestern aus den provisorisch eingerichteten Lazaretts, das Schluchzen der Nachbarsdame und das Läuten der Kirchturmglocke. Die einst so stolze Flagge unserer Nation hing nur auf Halbmast. Der Marktplatz war voll mit Menschen. Panisch, verzweiflelt, frustriert, resigniert.
Das Alles vernahm ich aus sicherer Entfernung. Ich saß zusammen gekauert in meinem Kinderzimmer, von dem nichts mehr außer eine Wand, ein halbes Bett und eine Uhr übrig geblieben war.
Ich hatte Angst.
Jedes laute Grollen hielt ich für eine erneute Bedrohung, jedes Geräusch einer Säge aus der Ferne für eine Sirene. Mein Kleid war völlig zerrissen. An meinem rechten Bein hatte ich eine große Brandwunde und ich blutete auf der Stirn. Ich war mir nicht sicher, ob ich mir den linken Arm gebrochen hatte oder nicht, aber ich hatte starke Schmerzen. Wo meine Familie war, wusste ich nicht. Ich wusste noch nicht einmal, ob sie noch am Leben war.
Ich nahm die Uhr, welche auf dem Boden lag und starrte sie an. Sie war stehen geblieben in der Nacht, in der die Welt über meinem Kopf zusammenbrach, Feuer fing und Trümmer um sich warf. Es begann um Punkt Mitternacht. Ironischerweise war ich noch wach, obwohl mir meine Mutter verboten hatte, solange wach zu sein. Sie sagte immer, das Dämonen kommen würden und mir alles nehmen würden, was mir lieb und teuer war. Ich hatte diese Redensart immer belächelt. Ich war schließlich kein kleines Kind mehr.
Ein Schatten unterbrach meine Gedanken.
Ein Junge stand vor mir, ebenfalls mit zerrissenen Klamotten und einer klaffenden Wunde am rechten Arm. Er besaß nur noch einen Schuh, sein anderer Fuss war blank. Sein großer Zeh blutete und der Nagel war eingerissen. Er wankte auf mich zu und streckte seine Hand nach mir.
"Komm mit mir, wir gehen fort."
Ich verstand nicht, was er mir sagen wollte.
Es klang so unbeschwert und unbesorgt.
Es passte nicht in das Szenario, in dem wir uns befanden.
"Komm, steh auf. Nimm meine Hand, ich bring dich weg von hier."
Ich schaute hinauf zu ihm.
Er lächelte.
Ein warmes und durchdringendes Lächeln.
Ein freudiges Lächeln.
"Komm schon. Lass uns an einen schöneren Ort gehen. Damit du nicht mehr weinen musst."
Da bemerkte ich erst, das ich geweint hatte.
Und da bemerkte ich ihn erst so richtig, den Frühling.