Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Märchen] Die Prinzessin mit den Bernsteinaugen
Es war einmal eine Prinzessin,die so fein war,dass
sie nicht einmal klatschen konnte.
Sie ass nur den süssesten Kuchen und trank den teuersten Kaffee.
Und auch wenn sie nur den vornehmsten Zwirn zu tragen pflegte,war
ihre grösste Sorge stehts die Schönheit.
Seit Jahren schon wart ein trauriger Magier Hofe des Vaters zu gegen.
Sie hatte sich nie für ihn und seine Wissenschaft interessiert bis
eine Amme gestand,er seie wohlmöglich befähigt das Äussere zu erhalten,ja sogar zu verschönern.
Getrieben von ihrem oberflächlichen Wahn,liess sie nach ihm schicken
und gewährte ihm ein Treffen in den prächtigsten Gemächern.
Der traurige Magier erschien am vereinbahrten Ort und unterbrach unbeindruckt von währendem
Prunk und Glanz das Possenspiel des Hofnarrn.
Die Prinzessin verbag ihre Erbostheit über das ungestühme Erscheinen des
traurigen Magiers,unter einem verschlagen Lächeln und trug ihr Gesuch vor.
Der traurige Magier schaute hoch zu ihrem Tron und fragte sie ob sie wisse,wieso
er als der traurige Magier bekannt sei.Völlig gleichgültig und ohne die Frage einer Antwort zu
würdigen sagte die Prinzessin,dass
sie bereit sei,ihm im Gegenzug jeden Wunsch zu erfüllen.
Da sprach der traurige Magier;"Wenn ihr ein Kind von mir empfangt,soll eure Schönheit für immer
währen".
Die Prinzessin willigte ein und beide vereinten sich.
Schon bald sollte die Prinzessien ein Kind tragen.
Als einige Wochen ins Land gegangen waren,zogen des Königs Ritter
in die Schlacht gegen die Snierker und dieser befahl auch dem traurigen Magier
ihnen mit seiner Macht und Erfahrung zu Seiten zu stehen.
Der traurige Magier wollte die Zukunft seines Kindes gesichert sehen und so folgte er dem Ruf.
Die Prinzessin sah jedoch mit ihrer Schwangerschaft ihren Teil,der Abmachung
erfüllt und so liess sie das Ungeborene von sich nehmen.
Viele friedliche Jahre vergingen am Königshofe während die Todesschlacht weiter tobte
und schliesslich in einem Buchenhain ihr Ende fand.In Hoffnung auf Familienglück
und einen Nachkommen,dem er die Magie beibrächte,schleppte sich der vom Krieg ausgezehrte
traurige Magier zurück zum Hofe des Königs.
In freudiger Erwartung ob seines Nachwuchses betratet er die Gemächer der Prinzessin,welche
ihm von ihrer Tat berichtete und nun einforderte was ihr zustünde.
Der gedemütigte und traurige Magier sah sich um sein Glück betrogen und so senkte
der einst gutherzige Mann leicht das Haub wie die Stimme:"Nun will auch ich meinen Tribut zollen,"sprach er
leise und zog den Quell seiner Kraft,eine giftgrüne Kristallkugel aus dem Gewand,die er so wie ers
gesprochen auf die Erde schmetterte.In diesem Augenblick strahlte die Sonne durch das Fenster,der
Prinzessin genau ins Gesicht,sodass man die Tiefe ihrer Bernsteinaugen sehen konnte.Doch
der Moment wart nicht lang,denn als bald das Kristallglas splitterte,ging
der Prinzessin das Fleisch von den Knochen und zwei glänzende
Bersteinkugeln fielen zu Boden.
Der traurige Magier hingegen stieg hinauf in die Wolken,die Schwarz wurden und einen
Eisregen heulten,dessen Tropfen spitzer noch als Nähnadeln waren und alle Untertahnen
des Königreiches töteten.Aus ihren Gebeinen erwuchsen,Bäume die gierig ihre Äste ineinander
hakten und so ein für immer und ewig undurchdringbares Reduit schufen.
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Mit Rechtschreibung hab ich ein par Problemchen,wie ihr seht.Aber die werden wohl kaum irgendwas überschatten,ne?
Mordechaj
21.01.2011, 03:02
Es war einmal eine Prinzessin, die so fein war, dass sie nicht einmal klatschen konnte. Sie aß nur den süßesten Kuchen und trank den teuersten Kaffee. Und auch wenn sie nur den vornehmsten Zwirn zu tragen pflegte, war ihre grösste Sorge stets die Schönheit.
Seit Jahren schon war ein trauriger Magier am Hofe des Vaters zugegen. Sie hatte sich nie für ihn und seine Wissenschaft interessiert, bis eine Amme gestand, er sei wohlmöglich befähigt das Äußere zu erhalten, ja, sogar zu verschönern. Getrieben von ihrem oberflächlichen Wahn ließ sie nach ihm schicken und gewährte ihm ein Treffen in den prächtigsten Gemächern.
Der Traurige Magier erschien am vereinbahrten Ort und unterbrach unbeindruckt vom währenden Prunk und vom Glanz das Possenspiel des Hofnarren. Die Prinzessin verbarg ihre Erbostheit über das ungestühme Erscheinen des Traurigen Magiers unter einem verschlagenen Lächeln und trug ihr Gesuch vor. Der traurige Magier schaute hoch zu ihrem Thron und fragte sie, ob sie wisse, wieso er als der Traurige Magier bekannt sei. Völlig gleichgültig und ohne die Frage einer Antwort zu würdigen sagte die Prinzessin, dass sie bereit sei, ihm im Gegenzug jeden Wunsch zu erfüllen. Da sprach der traurige Magier: "Wenn ihr ein Kind von mir empfangt, soll eure Schönheit für immer währen".
Die Prinzessin willigte ein und beide vereinten sich. Schon bald sollte die Prinzessien ein Kind tragen. Als einige Wochen ins Land gegangen waren, zogen des Königs Ritter in die Schlacht gegen die Snierker und dieser befahl auch dem Traurigen Magier ihnen mit seiner Macht und Erfahrung zu Seiten zu stehen. Der Traurige Magier wollte die Zukunft seines Kindes gesichert sehen und so folgte er dem Ruf. Die Prinzessin sah jedoch mit ihrer Schwangerschaft ihren Teil der Abmachung erfüllt und so ließ sie das Ungeborene von sich nehmen.
Viele friedliche Jahre vergingen am Königshofe, während die Todesschlacht weiter tobte und schliesslich in einem Buchenhain ihr Ende fand. In Hoffnung auf Familienglück und einen Nachkommen, dem er die Magie beibrächte, schleppte sich der vom Krieg ausgezehrte Traurige Magier zurück zum Hofe des Königs. In freudiger Erwartung ob seines Nachwuchses betrat er die Gemächer der Prinzessin, welche ihm von ihrer Tat berichtete und nun einforderte, was ihr zustünde. Der gedemütigte und traurige Magier sah sich um sein Glück betrogen und so senkte der einst gutherzige Mann leicht das Haub wie die Stimme. "Nun will auch ich meinen Tribut zollen", sprach er leise und zog den Quell seiner Kraft, eine giftgrüne Kristallkugel, aus dem Gewand, die er, so wie er es gesprochen hatte, auf die Erde schmetterte. In diesem Augenblick strahlte die Sonne durch das Fenster, der Prinzessin genau ins Gesicht, sodass man die Tiefe ihrer Bernsteinaugen sehen konnte. Doch der Moment ward nicht lang, denn als bald das Kristallglas splitterte, ging der Prinzessin das Fleisch von den Knochen und zwei glänzende Bersteinkugeln fielen zu Boden.
Der traurige Magier hingegen stieg hinauf in die Wolken, die schwarz wurden und einen Eisregen heulten, dessen Tropfen spitzer noch als Nähnadeln waren und alle Untertanen des Königreiches töteten. Aus ihren Gebeinen erwuchsen Bäume, die gierig ihre Äste ineinander hakten und so ein für immer und ewig undurchdringbares Reduit schufen.
Fixed that, first.
Finde weder Idee noch Umsetzung schlecht, allerdings gibt es hier und da einige Punkte, die du nicht ganz so gut gelöst hast.
Fangen wir mit dem Offensichtlichsten an, dem Ende. Du hast dir eine Textsorte ausgesucht, die sehr stark von inhärenter Symbolik lebt bzw. sich auf einen allumfassenden Zeichenkosmos stützt, welcher Geschehnisse stimmig macht. Warum werden die Untertanen ebenfalls bestraft? Warum werden sie in Bäume verwandelt? Warum geht der Magier nicht listiger vor, hat er doch ein dermaßen tumbes Opfer gefunden?
Auch die Problematisierung in der Erzählung ist zwiespältig. Einerseits generierst ein recht beachtliches Konfliktfeld, andererseits wertest du sehr offen und wendest Erzählmittel und Symboliken an, die nicht in diese Textsorte passen.
Das hängt zunächst am Textaufbau, er ist kurz und besitzt nur eine Ebene. Diese Form des Märchens lässt aber eben auch nur eine eindimensionale Erzählform zu, du kannst keine Fragen aufwerfen (etwa, warum man den Magier als traurig bezeichnet) und du kannst eigentlich auch nicht über den Personenkosmos hinausgehen (die Untertanen beispielsweise sind ein viel zu großer Personenkreis, um ihn in dieser Erzählform zu denken).
Was dein Konflikt eigentlich erfordert, ist das, was viele andere Märchen machen, nämlich den Konflikt der Nachwirkung zu generieren. Da du hier einige Symbole aus Dornröschen hast: Im Vergleich dazu ginge das Märchen von Dornröschen genau bis zu dem Moment, wo das Schloss in tausendjährigen Schlaf versetzt wird, danach ist Schluss. Aber würde das dann noch irgendeinen inhärenten Sinn besitzen? Würden die Dornenhecken noch eine Wirkung haben? (Später sind sie das Hindernis, das vom Prinzen überwunden werden muss. Das hat nicht nur starken Symbolcharakter, sondern sorgt auch für das Abenteuer in den Nachwirkungen.)
Kurzum: Dir fehlt die Ausführung des eigentlichen Konfliktes. Aufgabe deines Magiers wäre es jetzt nicht, ein bisschen Hokus Pokus walten zu lassen, dass hier und da ein bisschen Tod und Wucherwurzel bei rumkommt, nur um dann zum Himmel zu fahren, er müsste der Prinzessin irgendwas ganz Fieses antun, das ihr ihren Vertragsbruch vor Augen führt. Es darf aber nichts so Entgültiges wie der Tod sein, das Märchen entstammt einer Zeit, in der der Tod die grausamste aller grausamen Vorstellungen und für den Zuhörer nur zu ertragen war, wenn er etwas Altes, Krankes, Geringes auslöscht, etwa einen bösen Wolf oder ein Schrumpelhexe - und selbst da erhält der Tod keinen Namen. Der Tod einer jungen Person von hohem gesellschaftlichem Rang bzw. von vielen vielen Menschen ist ein Unding, über das nicht gesprochen wird - Maeren sollen vom weltlichen Leid ablenken, nicht darauf zurückweisen. Wie wichtig die Ausblendung des Todes ist, nämlich so wichtig, dass sie auch die offensichtlichste Unlogik überwiegt, siehst du vor allem beim Märchen von Frau Holle: Glaube nicht, dass die Pechmarie noch viel jammern kann, nachdem sie mit kochendem Teer übergossen wurde.
Abgesehen davon ist das nicht sonderlich spannend. Es steckt keine Häme darin, wie etwa bei einem Frosch, der sich küssen lassen möchte, oder bei einer unüberwindbaren Dornenhecke. Im Märchen gibt es immer eine Möglichkeit, das üble Schicksal auszutricksen, weil das Böse eitel ist und seine Opfer mit der Hoffnung quält. Und so sagt die böse Zauberin nicht "Ich verwandle dich in einen Frosch, auf dass du von einem Heuwagen überrollt wirst.", sondern "Du wirst ein Frosch sein solange, bis du den Kuss einer Prinzessin empfängst."; Die dreizehnte Fee meint nicht "Ihr habt mich nicht eingeladen, deshalb bring ich euch alle um.", sondern "Ihr werdet tausend Jahre schlafen hinter einer unüberwindbaren Dornenhecke, und nur der Kuss eines Prinzen kann den ewigen Schlaf beenden."
Entgültigkeit ist, nochmal, nichts, was die Märchengesellschaft kennen darf. So ist das übrigens auch mit dem Krieg, daran will kein Zuhörer erinnert werden, darüber spricht man nicht.
Ganz beißend finde ich die Sache mit dem Abort und ich weiß auch nicht, was du uns damit sagen willst. Hätte sie das Kind zur Welt gebracht und erdrosselt (nagut, das wäre wohl auch nicht so wirklich gängig) oder an Bauern verschenkt, wäre das ebenso möglich gewesen. Hier setzt du den Schwangerschaftsabbruch einer Wertung aus. Abgesehen davon ist auch das kein Bild, welches in die Märchenwelt passt.
Probleme gibt es auch mit den Motiven:
Im Märchen spiegelt sich oftmals vor allem die Mystifizierung des höveschen Lebens wider, deshalb wird Hochmut und Schönheit auch nie wirklich abwertend betrachtet (höchstens mal der Unterschied zwischen echter und falscher Schönheit gemacht), eine schöne Prinzessin ist prinzipiell erstmal tugendhaft, überlegen. Sie ist gesellschaftlich dazu gezwungen, auf ihr Äußeres zu achten, deshalb ist das Auftreten und Gebahren dieser Prinzessin hier alles andere als "oberflächlich" oder "wahnsinnig". Das Motiv der jungen, hübschen Prinzessin kann de facto eigentlich gar keine schlechten Eigenschaften in sich aufnehmen.
Männliche Zauberer sind in der Regel gutmütig und verbleiben starr in dieser Rolle, genauso wie alle anderen Märchenfiguren. Es gibt weder oberhalb noch unterhalb der Oberfläche 180°-Drehungen, nur ein entweder-oder. Im Gegensatz zur verachtenswerten Hexe bringen sie kein Übel über den Menschen, ihre Magie ist nutzbringend und kommt ohne Flüche aus.
Ansonsten bist du mehr oder weniger sicher in dieser Ausdrucksweise, finde einige Begriffskonstruktionen sehr passend und schön, teilweise benutzt du aber Verben falsch bzw. scheinst dir hier und da selber nicht ganz sicher zu sein, wie du etwas archaischer klingen lassen kannst. Dann lass es einfach weg. Bringt nichts, auf Biegen und Brechen den Sprachstil in irgendeine Richtung wenden zu wollen - manchmal haben die früher auch echt so gesprochen wie wir heute.
Kann dir alles in allem keine konkreten Verbesserungshinweise geben, ohne das gesamte Konzept aufzurütteln und abzuändern. Märchen sind eine sehr, sehr komplexe Sache, die sehr viel Kohärenz mit einem allgemeinen Zeichenkosmos aufweisen oder einen eigenen aufbauen müssen. Beides ist sehr schwer zu erreichen, wenn man in diesen Kosmos nicht "hineingeboren" wurde. Es ist nichts desto trotz alles andere als ein schlechter Text, vieles beißt sich aber leider und tut der Textsorte großen Abbruch.
Liferipper
21.01.2011, 09:10
Und so sagt die böse Zauberin nicht "Ich verwandle dich in einen Frosch, auf dass du von einem Heuwagen überrollt wirst.", sondern "Du wirst ein Frosch sein solange, bis du den Kuss einer Prinzessin empfängst."
Da packte sie den Frosch mit zwei Fingern, trug ihn hinauf in ihr Kämmerlein und setzte ihn dort in eine Ecke. Als sie aber im Bette lag, kam er gekrochen und sprach: "Ich will schlafen so gut wie du. Heb mich hinauf, oder ich sag's deinem Vater!"
Da wurde sie bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn gegen die Wand. "Nun wirst du Ruhe geben", sagte sie, "du garstiger Frosch!" Als er aber herabfiel, war er kein Frosch mehr, sondern ein Königssohn mit schönen freundlichen Augen. Der war nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und Gemahl. Er erzählte ihr, er wäre von einer bösen Hexe verwünscht worden, und niemand hätte ihn aus dem Brunnen erlösen können als sie allein, und morgen wollten sie mitsammen in sein Reich gehen.
Die dreizehnte Fee meint nicht "Ihr habt mich nicht eingeladen, deshalb bring ich euch alle um.", sondern "Ihr werdet tausend Jahre schlafen hinter einer unüberwindbaren Dornenhecke, und nur der Kuss eines Prinzen kann den ewigen Schlaf beenden."
Als elfe ihre Sprüche eben getan hatten, trat plötzlich die dreizehnte herein. Sie wollte sich dafür rächen, dass sie nicht eingeladen war, und ohne jemand zu grüßen oder nur anzusehen, rief sie mit lauter Stimme: »Die Königstochter soll sich in ihrem fünfzehnten Jahr an einer Spindel stechen und tot hinfallen.« Und ohne ein Wort weiter zu sprechen, kehrte sie sich um und verließ den Saal. Alle waren erschrocken, da trat die zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig hatte, und weil sie den bösen Spruch nicht aufheben, sondern nur ihn mildern konnte, so sagte sie: »Es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger tiefer Schlaf, in welchen die Königstochter fällt.«
Mordechaj
21.01.2011, 11:03
Joa, dass Grimms Märchen ein Dutzend verschiedene Versionen haben, die vor allem auch nach der Erfindung der Germanistik nochmal wunderbar umvermatscht wurden und wo auch Disney nochmal seine Finger drin haben wollte, ist denke ich allgemein bekannt. Ändert aber an der Richtigkeit der These nichts, dass Fatalität und Auswegslosigkeit in einem Märchen nichts zu suchen haben.
Grade die eine Version von Dornröschen beweist das ja, der Tod wird sofort abgewendet, es wird ein Ausweg geschaffen, aber das Unglück ist trotzdem erstmal ziemlich heftig und einzigartig. Das geht auch schon damit einher, dass die dreizehnte Fee eben den 15ten Geburtstag und den Spindelstich als Konditionen erklärt - hätte sie gesagt "So, und jetzt fällt mal die Königstochter tot um." wäre das relativ entgültig und langweilig gewesen.
Ändert aber an der Richtigkeit der These nichts, dass Fatalität und Auswegslosigkeit in einem Märchen nichts zu suchen haben.
Du hast aber schon einmal Andersens Märchen oder die Kunstmärchen der Romantik gelesen, oder? Auch einige von Grimms Märchen wie beispielsweise "Gevater Tod" zeichnen sich durch eine gewisse Fatalität und Auswegslosigkeit aus. Fatalität und Ausweglosigkeit sind nämlich kein ausschließendes Kriterium für ein Märchen.
Mordechaj
21.01.2011, 13:06
Für die Märchensorte, die norkia hier bemüht, sind sie das aber schon. Wenn du hier außer der Entgültigkeit noch andere Merkmale von Kunstmärchen wiederfindest, können wir uns gerne noch über die Textsorte streiten, ich bin mir aber beinahe komplett sicher, dass norkia im Volksmärchen denkt. =3
Und für ein Volksmärchen, doch, da sind Fatalität und Ausweglosigkeit nicht gangbar.
Und für ein Volksmärchen, doch, da sind Fatalität und Ausweglosigkeit nicht gangbar.
Öhm, nein. Auch in den unbekannteren Volksmärchen finden sich solche Tendenzen schon wieder. Du darfst hier nur nicht gerade die bekannteren Beispiele wie Dornröschen oder Schneewittchen aufführen, bei denen dieses Element in der Tat umgangen wird. Auch bei den Gebrüdern Grimm finden sich in einigen Märchen (wie bereits oben erwähnt) fatalistische Tendenzen.
Aber um mal auch etwas zu Norkias Text zu sagen:
Insgesamt hast du ein gutes Grundgerüst abgeliefert. Ich würde allerdings noch mehr Zeit auf die Ausgestaltung der Figuren setzen, da die Handlungsgründe nicht immer offensichtlich erscheinen. Auch ist das Textdesign eine Katastrophe, die das Lesen extrem erschwert. Arbeite bitte vernünftig mit Zeilenumbrüchen und Absätzen, wie es auch schon Mordechaj veranschaulicht hat.
Mordechaj
21.01.2011, 16:03
Auch bei den Gebrüdern Grimm finden sich in einigen Märchen (wie bereits oben erwähnt) fatalistische Tendenzen.
Könntest du Beispiele nennen? Das würde in meinen Augen keinen Sinn machen, kann aber sein, dass wir gerade von zwei verschiedenen Begriffen ausgehen.
Beispiele wie Gevatter Tod ziehen hier nicht hinein, die bedienen sich eines ganz anderen Zeichenkosmos'. Mal ganz davon ab, dass hier ebenfalls keine Fatalität vorherrscht und genanntes Schlupfloch aus der Entgültigkeit propagiert wird.
So oder so ist es hier äußerst unstimmig, eben auch in Verbindung mit den Figurmotiven. Können hier ruhig ganz werkimmanent rangehen: Der Aufbau sowie die Moral hinter dem Märchen sind fragwürdig. Ich habe versucht das an Beispielen, an welchen norkia sich offensichtlich orientiert, deutlich zu machen.
Könntest du Beispiele nennen? Das würde in meinen Augen keinen Sinn machen, kann aber sein, dass wir gerade von zwei verschiedenen Begriffen ausgehen.
*Märchenbuch rauskram*
Zugegebenermaßen sind diese Märchen nicht die Mehrheit, aber es gibt sie: "Der Gevatter Tod" und "Der Herr Gevatter" wären aber Beispiele dafür. Auch "Der Schneider im Himmel" sowie "Das Totenhemdchen", "Die sieben Schwaben" und "Simeliberg" zeigen Tendenzen in dieser Richtung.
Liferipper
21.01.2011, 16:22
Lies mal "Der Ranzen, das Hütlein und das Hörnlein" (http://www.grimmstories.com/de/grimm_maerchen/der_ranzen_das_huetlein_und_das_hoernlein). Das Thema fragwürdige Moral dürfte damit erledigt sein.
Ich mag Märchen und auch deines ist keine Ausnahme :)
Ein paar Punkte, die mir noch aufgefallen sind:
[...]die so fein war, dass sie nicht einmal klatschen konnte.
Ich musste erstmal spontan lachen. Mir ist klar, was gemeint ist, aber es wirkt unfreiwillig komisch.
[...]trauriger Magier[...]
Hier wäre zu klären warum er traurig ist. Es hat den Anschein, weil "sie sich für ihn und seine Wissenschaft nie interessiert [hatte]". Dazu passt aber nicht, dass sich die Traurigkeit durch die ganze Geschichte zieht.
[...]oberflächlichen Wahn[...]
Passt nicht in das Wortfeld der Geschichte.
Die Prinzessin verbag ihre Erbostheit über das ungestühme Erscheinen des
traurigen Magiers,unter einem verschlagen Lächeln und trug ihr Gesuch vor.
Eine wunderschöne Prinzessin, die erbost ist und verschlagen lächelt passt nicht in mein Weltbild.
[...]Snierker[...]
Was zum Teufel sind Snierker? Klingt wie eine Mischung aus Schuh und Reptil o_ô
[...]der einst gutherzige Mann[...]
Er hat auf mich nie einen gutherzigen Eindruck gemacht.
Die Augen, die zu Bernsteinkugeln werden, gefallen mir wiederum sehr. Also guter Ansatz, aber die Umsetzung ist noch nicht ganz ausgereift.
Mordechaj
21.01.2011, 18:10
Zugegebenermaßen sind diese Märchen nicht die Mehrheit, aber es gibt sie: "Der Gevatter Tod" und "Der Herr Gevatter" wären aber Beispiele dafür. Auch "Der Schneider im Himmel" sowie "Das Totenhemdchen", "Die sieben Schwaben" und "Simeliberg" zeigen Tendenzen in dieser Richtung.
In Gevatter Tod / Herr Gevatter gibt es kein Fatalitätsprinzip; der Ausgang ist zwar nicht sonderlich rosig, aber dieses Märchen hat kein derart missmutiges Ansinnen wie norkias. Es dürfte sich auch um ein Märchen aus dem 15ten/16ten Jahrhundert handeln, wage ich dreist und unbelegt zu vermuten, entstammt es wie gesagt auch einem anderen Zeichenkosmos.
Ähnlich ist das mit dem Schneider im Himmel; der Zeichenkosmos ist doch ein völlig anderer, folglich ist auch die Textsorte nicht diegleiche. Sehe da eigentlich auch keinen von den angesprochenen Punkten drin, in diesem Schwank geht es doch offensichtlichst um christliche Moralvorstellungen.
Die Sieben Schwaben - Schwank aus dem 16ten Jahrhundert. Völlig anderer Zeichenkosmos.
Das Totenhemdchen - per definitionem ein anderer Zeichenkosmos. Keine Fatalität, unter anderem, weil weder Konflikt noch Handlung vorherrschen.
Simeliberg - da hast du zugegebenermaßen einen guten Punkt, allerdings fehlt hier überhaupt der Fluch.
Lies mal "Der Ranzen, das Hütlein und das Hörnlein" (http://www.grimmstories.com/de/grimm_maerchen/der_ranzen_das_huetlein_und_das_hoernlein). Das Thema fragwürdige Moral dürfte damit erledigt sein.
Du hast da ebenfalls einen Punkt, aber auch hier fehlt der Fluch als Strafe.
Ist auch nicht so, dass in irgendeinem der Textbeispiele ein ganzes Motiv getötet werden müsste, es trifft keine Protagonisten der Geschichte. Die Geschichte selbst geschieht ebenfalls jeweils außerhalb von Fatalität (Ausnahme wäre hier eben der Simeliberg). Es wird wieder nur das Alte, Kranke, Geringe ausgelöscht, nicht die schöne, junge Prinzessin - und der Rest des Reiches.
Zugegeben, ich hab mich zu weit aus dem Fenster gelehnt mit dem Pauschalismus vonwegen "Volksmärchen" und so. Rein bezogen hierauf sollte aber denke ich klar sein, von welcher Sorte Märchen und von welchem Zeichenkosmos ich rede, wenn es um norkias Text geht. Es geht um eine bestimmte Erzählform mit bestimmten Erzählelementen und vergleichbarem Inhalt. Und in dieser Sorte Märchen existiert keine Entgültigkeit und kein flaches "Doh, da fallense alle tot um."; - was ja auch der Grund ist, warum Disney auf diese Sorte Märchen so abfuhr. Bin mir sehr sicher, dass norkia nicht auf memento mori und christliche Zucht aus war, sondern schon auf diese Märchenform, von der man ausgeht, dass sie im 12ten/13ten Jahrhundert so ihre Blüte hatte, die halt noch die guten, alten Archetypen kennt. Schwanks und Meistersänge sind etwas anderes, so viel sollte uns dabei klar sein.
wow ich finde mordechaj's tatsächlich nachvollziehbar.aber hebe doch bitte noch ein wenig die punkte heraus die dir gefallen haben und lobe mich.
ich kam irgendwann im zug auf die idee und habs gestern nacht in 30 minuten geschrieben und direkt gepostet.man merkt das sicher.was man nicht merkt ist das dies lediglich eine einführungsgeschichte zu einer story,die ich irgendwann nochmal
verwurschteln will ist.
ich stelle mir ständig spawn http://www.comiclist.com/media/blogs/news/WhilceSpawn.jpg vor der einen energieblitz zucken lässt und wieder mal extrem wütend wird obwohl er eigentlich eine arme sau ist.
passt irgendwie.
viel cooler ist die idee für die eigentliche geschichte.der magier lebt natürlich in der gegenwart und wütet weiter.ist bestimmt ein tolles bild wenn jemand seinen unterschlupf infiltriert und dort einen beutel voller bunter kugeln findet :)
In Gevatter Tod / Herr Gevatter gibt es kein Fatalitätsprinzip; der Ausgang ist zwar nicht sonderlich rosig, aber dieses Märchen hat kein derart missmutiges Ansinnen wie norkias. Es dürfte sich auch um ein Märchen aus dem 15ten/16ten Jahrhundert handeln, wage ich dreist und unbelegt zu vermuten, entstammt es wie gesagt auch einem anderen Zeichenkosmos.
Ich glaube, du musst mir hier mal deine Definition von "Fatalismus" offenlegen. Allgemein und übergeordnet bezeichnet Fatalismus nämlich nur eine Form des unausweichlichen Schicksals und dieses Prinzip ist durchaus bei Gevatter Tod gegeben. ;)
Ähnlich ist das mit dem Schneider im Himmel; der Zeichenkosmos ist doch ein völlig anderer, folglich ist auch die Textsorte nicht diegleiche. Sehe da eigentlich auch keinen von den angesprochenen Punkten drin, in diesem Schwank geht es doch offensichtlichst um christliche Moralvorstellungen.
Die Sieben Schwaben - Schwank aus dem 16ten Jahrhundert. Völlig anderer Zeichenkosmos.
Das Totenhemdchen - per definitionem ein anderer Zeichenkosmos. Keine Fatalität, unter anderem, weil weder Konflikt noch Handlung vorherrschen.
Simeliberg - da hast du zugegebenermaßen einen guten Punkt, allerdings fehlt hier überhaupt der Fluch.
Die stammen alle aus meiner Version von Grimms Märchen, die ich hier rumfliegen habe. Wenn das dann nicht zu den Volksmärchen gehört, definierst du dir gerade eine eigene Gattung zusammen. Volksmärchen sind ja per se schon keine besonders einheitliche Gattung, sondern haben verschiedene Vorläuferversionen, aus denen sie dann vor allem während der Romantik zusammengestellt wurden. Das "Volksmärchen" an sich gibt es nicht, von daher kann man auch keine grundlegende Definition treffen.
Du hast da ebenfalls einen Punkt, aber auch hier fehlt der Fluch als Strafe.
Ein Fluch ist kein allgemeines Zeichen für Fatalismus und wurde von dir auch nicht eingefordert.
Ist auch nicht so, dass in irgendeinem der Textbeispiele ein ganzes Motiv getötet werden müsste, es trifft keine Protagonisten der Geschichte. Die Geschichte selbst geschieht ebenfalls jeweils außerhalb von Fatalität (Ausnahme wäre hier eben der Simeliberg). Es wird wieder nur das Alte, Kranke, Geringe ausgelöscht, nicht die schöne, junge Prinzessin - und der Rest des Reiches.
Hier wüsste ich wie gesagt gerne deine Definition von Fatalismus, da wir anscheinend mit anderen hypothetischen Grundannahmen arbeiten.
Zugegeben, ich hab mich zu weit aus dem Fenster gelehnt mit dem Pauschalismus vonwegen "Volksmärchen" und so. Rein bezogen hierauf sollte aber denke ich klar sein, von welcher Sorte Märchen und von welchem Zeichenkosmos ich rede, wenn es um norkias Text geht. Es geht um eine bestimmte Erzählform mit bestimmten Erzählelementen und vergleichbarem Inhalt. Und in dieser Sorte Märchen existiert keine Entgültigkeit und kein flaches "Doh, da fallense alle tot um."; - was ja auch der Grund ist, warum Disney auf diese Sorte Märchen so abfuhr. Bin mir sehr sicher, dass norkia nicht auf memento mori und christliche Zucht aus war, sondern schon auf diese Märchenform, von der man ausgeht, dass sie im 12ten/13ten Jahrhundert so ihre Blüte hatte, die halt noch die guten, alten Archetypen kennt. Schwanks und Meistersänge sind etwas anderes, so viel sollte uns dabei klar sein.
Dir Grimmschen Märchen, die wohl auch bei norkia die Grundlage bilden, stammen allesamt in ihrer Zusammenstellung aus dem 19. Jahrhundert. Inwiefern da schon bei der Zusammenstellung "geschönt" wurde, lässt sich dabei heute nur noch schwer feststellen, da die Märchen bis dahin mündlich tradiert wurden. Bedenke dabei, dass in dieser Zeit vor allem die Epochen der Romantik, des Biedermeier und des Vormärz ziemlich stark mit in die Zusammenstellung hereingespielt haben und überhaupt erst das so genannte "Volksmärchen" ermöglicht haben. Die Gattung gab es vorher nämlich nicht und das sollte dir als angehendem Germanisten eigentlich klar sein. ;)
Mordechaj
23.01.2011, 14:52
Ich glaube, du musst mir hier mal deine Definition von "Fatalismus" offenlegen. Allgemein und übergeordnet bezeichnet Fatalismus nämlich nur eine Form des unausweichlichen Schicksals und dieses Prinzip ist durchaus bei Gevatter Tod gegeben. ;)
Wirklich? Die Möglichkeit, mit den eindeutigen Zeichen des Todes zu arbeiten, beschreibt ein unausweichliches Schicksal? Wenn man die Königsfamilie im Bett umdreht, um ihr Schicksal abzuwenden, ist das unausweichlich? ;)
Abgesehen davon spitzt sich das Geschehen nicht auf den Tod des Protagonisten zu. Natürlich, das Liebeswagnis führt zurück in die Feindschaft mit dem Gevatter, aber das ist doch nicht Teil einer Fatalität. Kannst das Märchen sehr gut mit Faust vergleichen, man hat eine Art Pakt, man hat die reifen Fähigkeiten als Arzt, man hat das Liebeswagnis und in der Schlussfolge eben den Tod. Du wirst aber feststellen, dass es hier zwischen den Versionen Unterschiede gibt, die vor einem kulturellen Hintergrund stehen. Die "areligiöse" Fassung gibt sich mehr oder minder tatsächlich einem fatalen Ende preis, das liegt daran, dass die gesteigerte Angst vor dem Tod mit der Christianisierung einhergeht. Je weiter aber in eine christliche Vorstellung eingedrungen wird, umso schwächer wird die Entgültigkeit des Ausgangs. Schließlich in einem Fragment der Grimmschen Sammlung wendet der Arzt sein Schicksal durch eine List sogar völlig ab.
Die stammen alle aus meiner Version von Grimms Märchen, die ich hier rumfliegen habe. Wenn das dann nicht zu den Volksmärchen gehört, definierst du dir gerade eine eigene Gattung zusammen. Volksmärchen sind ja per se schon keine besonders einheitliche Gattung, sondern haben verschiedene Vorläuferversionen, aus denen sie dann vor allem während der Romantik zusammengestellt wurden. Das "Volksmärchen" an sich gibt es nicht, von daher kann man auch keine grundlegende Definition treffen.
Ich sagte ja, dass die pauschale Definition dessen, wovon ich spreche, als Volksmärchen zu bezeichnen, vermutlich vergriffen ist. Du hast aber eben nicht, wie du selbst sagst, diese eine Gattung Volksmärchen, du hast zig Textsorten, die darunterzählen. Hätten die Grimms nur eine davon betrachtet, würden wir heute entweder auf noch mehr Disney-Kram sitzen, oder uns mit moralisierenden Schwanks kasteien.
Ein Fluch ist kein allgemeines Zeichen für Fatalismus und wurde von dir auch nicht eingefordert.
Der Fluch ist ja gerade das Gegenteil von Fatalität. Wenn du dir mal anschaust, wie ein Fluch im Allgemeinen in Märchen formuliert ist, wirst du erkennen, dass sie so wenig fatal sind wie die Wolken am Himmel. Ein Fluch formuliert immer eine Bedingung für seine Aufrechterhaltung bzw. ein Schlupfloch für den Verfluchten. Das ist so ziemlich das Gegenteil von Fatalität. Wenn du nun andere Textsorten zusammengreifst, die einen völlig anderen Zeichenkosmos besitzen, zu dessen Charakter das Fatalitätsprinzip sogar dazugehören könnte, ist es klar, dass wir keinen Nenner finden. Komm bitte von dieser einen Definition weg, die ich da fehlgeleitet von mir gegeben habe, es geht hier um eine bestimmt Textsorte, welche norkia hervorrufen wollte und die eigentlich ziemlich offensichtlich ist. Der Fluch als Auslöser für einen zweiten Konflikt ist dabei vor allem ein Stichwort.
Hier wüsste ich wie gesagt gerne deine Definition von Fatalismus, da wir anscheinend mit anderen hypothetischen Grundannahmen arbeiten.
An der Stelle wüsste ich aber tatsächlich nicht, was du daran anders aufgreifen würdest. =(
Fatalität passiert in einem Ich-Bezug. Das sieht man doch vor allem schön bei Gut-Böse-Darstellungen. Das Böse ist krank und gering, muss zwangsläufig ausgelöscht werden. Wenn das Gute der Ausweglosigkeit anheimfällt, wäre das ein Bruch für das ganze Gut-Böse-System, was schlecht ist würde gewinnen und damit als überlegen herausgestellt werden.
Ähnlich ist das eben im Hausmärchen. Du hast nie einen großen Personenkreis, meist sogar nur eine oder zwei wirkliche Bezugspersonen (an deren Schicksal dann wiederum andere Personen hängen mögen); eine Bezugsperson in Fatalität zu stürzen, ist nichts, was ein Märchen oft macht, wenn dann passiert das auf Schwankebene (eine Ebene, die norkia sicherlich nicht angestrebt hat) oder um zu moralisieren.
Dir Grimmschen Märchen, die wohl auch bei norkia die Grundlage bilden, stammen allesamt in ihrer Zusammenstellung aus dem 19. Jahrhundert. Inwiefern da schon bei der Zusammenstellung "geschönt" wurde, lässt sich dabei heute nur noch schwer feststellen, da die Märchen bis dahin mündlich tradiert wurden. Bedenke dabei, dass in dieser Zeit vor allem die Epochen der Romantik, des Biedermeier und des Vormärz ziemlich stark mit in die Zusammenstellung hereingespielt haben und überhaupt erst das so genannte "Volksmärchen" ermöglicht haben. Die Gattung gab es vorher nämlich nicht und das sollte dir als angehendem Germanisten eigentlich klar sein. ;)
Da wir aber nicht über einen Gattungsbegriff, sondern über Textsorten streiten, welche sich sehr gut mit dem Volksmärchen zusammengefasst wissen, ist mir das als angehendem Germanisten auch relativ egal. Auch der Kontext der Sammlung spielt doch auch überhaupt keine Rolle, wir sind Menschen im 21ten Jahrhundert, leben nun schon im Zweiten Jahrhundert nach der "Erfindung" der Germanistik, uns sind Textversionen und Abweichungen durchaus bekannt. An der Einordnung des Zeichenkosmos ändert sich im Grunde auch nichts, der lässt sich bereits werksimmanent erschließen, ohne auch nur ansatzweise irgendwelche sozialgeschichtlichen Anhaltspunkte zurate zu ziehen.
Abgesehen davon ist das für norkia an sich auch völlig irrelevant. Er stützt sich auf die Märchenform, in der keine Fatalität existiert, Punkt um. Find auch nich, dass man alles gleich wissenschaftlichen Definitionen unterwerfen muss, nur weil man in dem Metier zugange ist. Wir können norkias Märchen gern noch differentiell betrachten und nach Binäroppositionen aufschlüsseln, während sich einer dranmacht und den inhärenten Wertekodex bestimmt, um eine fiktive Epocheneinordnung anzustellen. Dass das irgendeinen Nutzen für norkia hat, der diesen Thread ja einst vor langer Zeit eröffnete, wage ich allerdings vehement abzustreiten.
Um das übrigens noch anzufügen: "Es war einmal vor langer Zeit ... und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende." ist ja wohl der godmotherfucking Urschleim, wenn es um Märchen geht.
Außer natürlich, norkia war darauf aus, uns ollen Wannabe-Literaturgeschichtlern Arbeit zu geben. Aber auch daran hege ich meine Zweifel.
wie gesagt ich hab nich unbedingt wert drauf gelegt das es wirklich ein "echtes" märchen ist.aber stellt euch doch mal vor ich hätte KURZGESCHICHTE in den titel gesetzt.dann hätte ich mir noch die frage gefallen lassen müssen,wieso
ich in so einem seltsamen erzählstiel schrieb :P
btw. ich glaub hab einfach zuviel sopor aeternus gehört.diese gruftimusik beinflusst einen,es ist nicht mehr feierlich.
@noRKia
Bleib bitte bei der Bezeichnung "Märchen", da diese wirklich passend ist. Eine Kurzgeschichte wäre wieder ein anderes Metier, mit anderen Themen- und Motivkomplexen. Und wie gesagt, dass Märchen ist nicht schlecht, sondern in sich bis auf einige Kleinigkeiten stimmig.
Wirklich? Die Möglichkeit, mit den eindeutigen Zeichen des Todes zu arbeiten, beschreibt ein unausweichliches Schicksal? Wenn man die Königsfamilie im Bett umdreht, um ihr Schicksal abzuwenden, ist das unausweichlich? ;)
Der Tod ist das unausweichlichste Schicksal überhaupt, dem jeder Mensch einmal anheimfällt. ;)
Abgesehen davon spitzt sich das Geschehen nicht auf den Tod des Protagonisten zu.
Der Tod im Märchen kündigt ihm sein Schicksal merhmals im Vorhinein an, von daher gibt es sehr deutliche Anzeichen für den Tod des Protagonisten.
Natürlich, das Liebeswagnis führt zurück in die Feindschaft mit dem Gevatter, aber das ist doch nicht Teil einer Fatalität. Kannst das Märchen sehr gut mit Faust vergleichen, man hat eine Art Pakt, man hat die reifen Fähigkeiten als Arzt, man hat das Liebeswagnis und in der Schlussfolge eben den Tod. Du wirst aber feststellen, dass es hier zwischen den Versionen Unterschiede gibt, die vor
einem kulturellen Hintergrund stehen.
Der Vergleich hinkt gewaltig. Auf der einen Seite hast du den Sturm und Drang eines Goethe, dem du die spätromantischen Ausführungen der Gebrüder Grimm gegenüberstellst. Beide haben allerdings völlig andere kulturelle Voraussetzungen, auch was die Zeichenkodierung angeht. Dazu gehört beispielsweise auch, dass vor allem dei Spätromantik sich durch eine enorme christlich geprägte Symbolik und die Natur aufweist, während beim Sturm und Drang das Ich selbst im Mittelpunkt steht.
Die "areligiöse" Fassung gibt sich mehr oder minder tatsächlich einem fatalen Ende preis, das liegt daran, dass die gesteigerte Angst vor dem Tod mit der Christianisierung einhergeht. Je weiter aber in eine christliche Vorstellung eingedrungen wird, umso schwächer wird die Entgültigkeit des Ausgangs. Schließlich in einem Fragment der Grimmschen Sammlung wendet der Arzt sein Schicksal durch eine List sogar völlig ab.
Eine areligiöse Fassung liegt eher nicht zugrunde, wenn man eben davon ausgeht, dass die Sätromantik vor allem auch auf christlichen Symboliken aufbaut. Sicherlich wird dabei das Ende dadurch abgeschwächt, dass das Christentum eben auf der Auferstehung aufbaut. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Märchen durch seine Vorausdeutungen auch auf eben jenes fatale Ende hinarbeitet.
Ich sagte ja, dass die pauschale Definition dessen, wovon ich spreche, als Volksmärchen zu bezeichnen, vermutlich vergriffen ist. Du hast aber eben nicht, wie du selbst sagst, diese eine Gattung Volksmärchen, du hast zig Textsorten, die darunterzählen. Hätten die Grimms nur eine davon betrachtet, würden wir heute entweder auf noch mehr Disney-Kram sitzen, oder uns mit moralisierenden Schwanks kasteien.
Und genau deshalb verstehe ich auch nicht, warum du ein fatales Ende bei Norkia kritisiert hast, obwohl es im europäischen Kulturraum eben auch solche Versionen gibt. Nur, weil es nicht unbedingt die üblichste Variante ist, musst du sie ja nicht von vorneherein ausschließen. ;)
Der Fluch ist ja gerade das Gegenteil von Fatalität. Wenn du dir mal anschaust, wie ein Fluch im Allgemeinen in Märchen formuliert ist, wirst du erkennen, dass sie so wenig fatal sind wie die Wolken am Himmel. Ein Fluch formuliert immer eine Bedingung für seine Aufrechterhaltung bzw. ein Schlupfloch für den Verfluchten. Das ist so ziemlich das Gegenteil von Fatalität.
Das kommt natürlich auf die Definition des Fluches an. Geht man vom klassischen Fluch aus, so ist dieser eben dadurch gekenzeichnet, dass sein Schicksal unausweichlich ist. Ödipus stürzt nicht ohne Grund in sein Verderben und auch bei einem Shakespeare, der großen Einfluss auf die Autoren der betrachteten Zeit hatte, finden sich diese Motive immer wieder. Nicht alle Märchen müssen daher zwangsweise auch in eben diesem Schlupfloch enden, welches du hier beschreibst.
Wenn du nun andere Textsorten zusammengreifst, die einen völlig anderen Zeichenkosmos besitzen, zu dessen Charakter das Fatalitätsprinzip sogar dazugehören könnte, ist es klar, dass wir keinen Nenner finden. Komm bitte von dieser einen Definition weg, die ich da fehlgeleitet von mir gegeben habe, es geht hier um eine bestimmt Textsorte, welche norkia hervorrufen wollte und die eigentlich ziemlich offensichtlich ist. Der Fluch als Auslöser für einen zweiten Konflikt ist dabei vor allem ein Stichwort.
Siehe oben. Da die Volksmärchen eben keine einheitliche Textsorte sind, sondern verschiedene unter sich subsumieren, kannst du eben nicht auch nur eine Definition als Arbeitsgrundlage benutzen.
An der Stelle wüsste ich aber tatsächlich nicht, was du daran anders aufgreifen würdest. =(
Fatalität passiert in einem Ich-Bezug. Das sieht man doch vor allem schön bei Gut-Böse-Darstellungen. Das Böse ist krank und gering, muss zwangsläufig ausgelöscht werden. Wenn das Gute der Ausweglosigkeit anheimfällt, wäre das ein Bruch für das ganze Gut-Böse-System, was schlecht ist würde gewinnen und damit als überlegen herausgestellt werden.
Nein. Vor allem auch in den Kunstmärchen wird gerade dieses Motiv der Volksmärchen wieder aufgegriffen. Als Beispiele nenne ich hier nur "Das kalte Herz" (mit Einschränkungen), "Der Runenberg" oder auch "Die Bergwerke von Falun", wo eben das Gute den Mächten erliegen. ;)
Ähnlich ist das eben im Hausmärchen. Du hast nie einen großen Personenkreis, meist sogar nur eine oder zwei wirkliche Bezugspersonen (an deren Schicksal dann wiederum andere Personen hängen mögen); eine Bezugsperson in Fatalität zu stürzen, ist nichts, was ein Märchen oft macht, wenn dann passiert das auf Schwankebene (eine Ebene, die norkia sicherlich nicht angestrebt hat) oder um zu moralisieren.
Meine ursprüngliche Kritik richtete sich auch nicht darauf, dass ein Märchen dies ständig tut, sondern dass es auch vorkommen kann. Und das ist eben nicht nur im Schwank so. Im Übrigen moralisieren Märchen ständig, dazu muss man nur "Schneewitchen" oder "Dornröschen" ebenfalls ein wenig detaillierter betrachten. Es ist gerade ein Zeichen der kleinen Erzählformen, zu denen neben dem Märchen eben auch die Fabel oder Kalendergeschichten aber auch der Witz gehören, dass sie stark mit dem Thema Moral arbeiten.
Da wir aber nicht über einen Gattungsbegriff, sondern über Textsorten streiten, welche sich sehr gut mit dem Volksmärchen zusammengefasst wissen, ist mir das als angehendem Germanisten auch relativ egal.
Mir als ausgelerntem Germanisten, Historiker und Pädagogen aber eben nicht. Je weiter du im Studium fortschreitest, desto mehr wirst du wissen, warum. ;)
Auch der Kontext der Sammlung spielt doch auch überhaupt keine Rolle, wir sind Menschen im 21ten Jahrhundert, leben nun schon im Zweiten Jahrhundert nach der "Erfindung" der Germanistik, uns sind Textversionen und Abweichungen durchaus bekannt. An der Einordnung des Zeichenkosmos ändert sich im Grunde auch nichts, der lässt sich bereits werksimmanent erschließen, ohne auch nur ansatzweise irgendwelche sozialgeschichtlichen Anhaltspunkte zurate zu ziehen.
Stopp. Da muss man immer darauf achten, aus welcher Schule man entstammt. Als ehemaliger Bielefelder Student entstamme ich eben der Sozialgeschichte, sowohl im Bereich der Geschichtswissenschaften ("Bielefelder Schule") als auch im Bereich der Literaturwissenschaften. Der Zeichenkosmos verschiebt sich nämlich durchaus. Wir lesen die Märchen heute unter völlig anderen Voraussetzungen als damals. Lässt du diese Faktoren außen vor, wirst du zu völlig anderen Ergebnissen kommen, als wenn du mit ihnen arbeitest. In naher Zukunft wird aus diesem Grund auch ein neuer Promotionsstudiengang an der Uni Bielefeld eingerichtet, der sich genau mit dieser Thematik befasst. Das ist aber auch wie gesagt eine Frage der Schule, welcher man angehört.
Abgesehen davon ist das für norkia an sich auch völlig irrelevant. Er stützt sich auf die Märchenform, in der keine Fatalität existiert, Punkt um.
Das kann man eben so nicht sagen. Wie gesagt gibt es diese Formen auch halt in dieser Märchenform, sie ist nur nicht die üblichste. ;)
Find auch nich, dass man alles gleich wissenschaftlichen Definitionen unterwerfen muss, nur weil man in dem Metier zugange ist.
Zustimmung. Allerdings wollte ich eigentlich nur klarstellen, dass deine ursprüngliche Kritik an norkia in dieser Form eben nicht gerechtfertigt war. Wenn ich dazu auf die Ebene des wissenschaftlichen Diskurser übergehen muss, um dich zu überzeugen, ist mir dieses Mitttel aber Recht.
Wir können norkias Märchen gern noch differentiell betrachten und nach Binäroppositionen aufschlüsseln, während sich einer dranmacht und den inhärenten Wertekodex bestimmt, um eine fiktive Epocheneinordnung anzustellen. Dass das irgendeinen Nutzen für norkia hat, der diesen Thread ja einst vor langer Zeit eröffnete, wage ich allerdings vehement abzustreiten.
Dann such den Nutzen für deine Seite. ;)
Um das übrigens noch anzufügen: "Es war einmal vor langer Zeit ... und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende." ist ja wohl der godmotherfucking Urschleim, wenn es um Märchen geht.
Wo du das jetzt allerdings findest, ist mir schleierhaft. Ich kann es jedenfalls weder bei norkia noch bei mir finden.
[...] Wannabe-Literaturgeschichtlern [...]
Also ich bin kein Wannabe mehr, da ich mein Studium erfolgreich mit dem Master und dem Ersten Staatsexamen abgeschlossen habe. Theoretisch wäre ich sogar bei dir prüfberechtigt. ;)
Mordechaj
24.01.2011, 01:01
Der Tod ist das unausweichlichste Schicksal überhaupt, dem jeder Mensch einmal anheimfällt. ;)
Und es durch List abzuwenden ist die derbste Negation dieses Anheimfallens.
Der Tod im Märchen kündigt ihm sein Schicksal merhmals im Vorhinein an, von daher gibt es sehr deutliche Anzeichen für den Tod des Protagonisten.
Ich denke hier, ohne dir zu nahe treten zu wollen, dass du das viel zu simpel siehst. Warnende oder prophetische Aussagen sind kein rückwärts motivierendes Moment, welche auf ein fatales Ende hinarbeiten, außer sie ordnen sich in noch andere Hinweise auf ein solches ein. Das ist übrigens schon der nächste Punkt, den ich dir gegen das Argument der Fatalität einwerfen könnte: Die Geschichte ist rückwärts motiviert, hat aber auch ohne den Tod des Protagonisten bestand (siehe die Fassung, in der er seinen Tod abwendet) und ist schlüssig. Wenn du mir das gleiche über Romeo & Juliet erzählen könntest (das inkarnierte Fatalitätsprinzip), wäre ich mit dir einer Meinung, dass hier Fatalität vorherrscht. Da aber dort von Anfang bis Ende auf das Fatum zugespitzt wird - gänzlich ohne Warnung, sondern viel beeindruckender und subtiler -, hier im Gegensatz dazu die Warnungen nur dazu dienen, die Präsenz des Gevatters zu verstärken (Im Sinne von: "Ich bin der Tod und ich bin gegenwärtig"), wird das nicht gelingen.
Der Vergleich hinkt gewaltig. Auf der einen Seite hast du den Sturm und Drang eines Goethe, dem du die spätromantischen Ausführungen der Gebrüder Grimm gegenüberstellst.
Der Faust basiert auf der alten Volkserzählung vom Doktor Faustus, welche erstmals im 16ten Jahrhundert festgehalten wurde.
Faust ist keine Tragödie des Sturm und Dranges (was eigentlich schon an der Textsorte auffällig werden sollte), es ist ein den Epochenbegriff sprengendes Werk, welches vom späten Dränger über den Klassiker bis zum Romantiker eigentlich alles einfasst.
Beide haben allerdings völlig andere kulturelle Voraussetzungen, auch was die Zeichenkodierung angeht. Dazu gehört beispielsweise auch, dass vor allem dei Spätromantik sich durch eine enorme christlich geprägte Symbolik und die Natur aufweist, während beim Sturm und Drang das Ich selbst im Mittelpunkt steht.
Und was hat das mit der Vergleichbarkeit der Werke zu tun? Also abgesehen davon, dass Faust kein Werk des Sturm und Drangs ist, dass der Faust grade so von christlich geprägter Symbolik strotzt, grade zu Natur schreit und sich darüber hinaus auch noch des volkstümlichen Zeichenkosmos' bedient?
Ich bin kein sonderlicher Fan vom ollen Goethe, aber du tust ihm da grade ganz schön unrecht, wenn du ihn pauschal in die Stürmer-und-Dränger-Ecke knallst.
Eine areligiöse Fassung liegt eher nicht zugrunde, wenn man eben davon ausgeht, dass die Sätromantik vor allem auch auf christlichen Symboliken aufbaut.
Wir gehen davon aus, dass beinahe jedes Hausmärchen unzählige Fassungen hat - ist auch irgendwie klar bei mündlicher Überlieferung. In den Aufzeichnunge der Gebrüder Grimm gibt es von Gevatter Tod allein zwei (oder sogar drei, das weiß ich gerade nicht) unterschiedliche Fassungen, die veröffentlicht wurden, nämlich eine "originärere", "areligiöse" Version und eine, welche die christliche Symbolik besser aufgreift. In den Fragmenten der Brüder Grimm findet sich noch mindestens eine weitere Fassung, in welcher der christliche Wertekanon so weit vollführt wird, dass der Arzt am Ende noch bittet, ein Paternoster vor seinem Tode beten zu dürfen, dieses aber nie beendet und so am Leben bleibt.
Die Brüder Grimm hatten soweit ich weiß öfter Momente, wo sie an christliche Wertevorstellungen angeeckt sind, weil vor allem Jakob sehr wissenschaftlich arbeiten wollte.
Sicherlich wird dabei das Ende dadurch abgeschwächt, dass das Christentum eben auf der Auferstehung aufbaut. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Märchen durch seine Vorausdeutungen auch auf eben jenes fatale Ende hinarbeitet.
Warnungen sind keine Vorausdeutungen, außer du beweist das schlüssig mit mindestens 2 verschiedenen Textmomenten.
Und genau deshalb verstehe ich auch nicht, warum du ein fatales Ende bei Norkia kritisiert hast, obwohl es im europäischen Kulturraum eben auch solche Versionen gibt.
Weil es sich nicht um unterschiedliche Versionen einer Gattung handelt, sondern um unterschiedliche Textsorten mit distanten Zeichenkosmen. Norkia erzählt in einem Zeichenkosmos, der das Fatalitätsprinzip aus angeführten Gründen negiert. Und ohne seinem Text dabei jetzt das Unrecht zu tun, ihn wertlos zu zeihen - denn das ist nicht meine Absicht, da er durchaus Wert hat -, du kannst selbst lesen, dass er sich dabei auf Einflüsse stützt, die nicht nur historisch sondern auch semiologisch eine große Divergenz zum eigentlichen Genre aufweisen.
Nur, weil es nicht unbedingt die üblichste Variante ist, musst du sie ja nicht von vorneherein ausschließen. ;)
Ein klassisches Drama ohne klassischen Dramenaufbau ist kein klassisches Drama. Gut, kann man sagen, dann lässt man das klassisch eben weg.
Ein klassisches Drama ohne Umsetzung der Obrigkeitsvorstellung und klassische Allegorien hingegen ist ein Fehler. Sich eines Zeichenkosmos' zu bedienen und dort dann aber Motive reinzuschmeißen, die diesem abgeschlossenen Gebilde nicht entsprechen, ist als ob man Zuckerwatte in ein Chili rührt: Es ist bestenfalls nicht ganz schlüssig (wie norkias Text), im schlimmsten Fall stößt es unangenehm auf. Zeichenkosmen sind solche, weil sie abgeschlossene Systeme sind. Das System aufbrechen und lose Zahnräder reinfüllen tut der Funktionalität des Systems (also des Textes) nicht sonderlich gut.
Das kommt natürlich auf die Definition des Fluches an. Geht man vom klassischen Fluch aus, so ist dieser eben dadurch gekenzeichnet, dass sein Schicksal unausweichlich ist. Ödipus stürzt nicht ohne Grund in sein Verderben und auch bei einem Shakespeare, der großen Einfluss auf die Autoren der betrachteten Zeit hatte, finden sich diese Motive immer wieder. Nicht alle Märchen müssen daher zwangsweise auch in eben diesem Schlupfloch enden, welches du hier beschreibst.
Also du findest Faust und Gevatter Tod nicht im Ansatz vergleichbar, aber kommst bei der Motivinterpretation des Märchenfluchs mit den Klassikern? Das finde ich etwas fragwürdig, muss ich zugeben. Vor allem, weil du damit gleichzeitig auch noch allem anderen widersprichst, was du gesagt hast - auch dem, was durchaus richtig war. Der griechische Zeichenkosmos beruht ja gerade auf Fatalität. Der gesamte Ödipus-Antigone-Komplex ist das größte Spektakel an Fatalität seit der Erfindung des griechischen Dramas. Dieser Zeichenkosmos ist zum volkstümlichen Märchen im deutschsprachigen Raum dermaßen distant, dass man bald schon zwei Pole hat (was unter anderem auch mit der absoluten Negierung des Heidentums in der christianisierten Welt einhergeht).
Der Grund, warum Shakespeare Einfluss auf das geisteswissenschaftliche Arbeiten der Grimms hatte, ist mir ein wenig schleierhaft. Du kannst den beiden Helden Romantik schon so viel Eigenständigkeit und Wissenschaftlichkeit zugestehen, dass sie nicht wild und ohne jegliche Basis Motive ausgetauscht haben. Ihr Spielraum bestand zwischen der Rekonstruktion aus mehreren Erzählversionen, aber sie haben die Texte nicht gänzlich neu erdacht, schon gar nicht im Sinne eines Shakespeare.
So oder so sprechen wir hier von diesem einen Fluchmotiv, welches durch den Zeichenkosmos, den norkia bemüht, bedingt wird.
Siehe oben. Da die Volksmärchen eben keine einheitliche Textsorte sind, sondern verschiedene unter sich subsumieren, kannst du eben nicht auch nur eine Definition als Arbeitsgrundlage benutzen.
Ich kann noch dreimal sagen, dass der Begriff "Volksmärchen" nicht dem entspricht, was ich sagen wollte, ich kann diese zu unpräzise Definition noch dreimal widerrufen; anerkennen musst du das aber. Bis dahin sage und widerrufe ich vehement und frage mich, warum du so liebend gern Textsorten als unabgegrenzten Begriff verstehst und keinerlei Unterscheidbarkeit zwischen Schwank, Sang und Prinzessinnenmärchen siehst.
Nein. Vor allem auch in den Kunstmärchen wird gerade dieses Motiv der Volksmärchen wieder aufgegriffen. Als Beispiele nenne ich hier nur "Das kalte Herz" (mit Einschränkungen), "Der Runenberg" oder auch "Die Bergwerke von Falun", wo eben das Gute den Mächten erliegen. ;)
Da wir aber nicht von Kunstmärchen sprechen, ist das irrelevant. Vor allem, weil Kunstmärchen ja gerade darauf aus sind, den alten Wertekanon zu brechen. Wenn du diesen Unterschied zwischen herkömmlichem Märchen und Kunstmärchen nicht zugestehst, kann ich dir allerdings auch nicht sagen, wie wir hier weitersprechen wollen.
Meine ursprüngliche Kritik richtete sich auch nicht darauf, dass ein Märchen dies ständig tut, sondern dass es auch vorkommen kann.
Nicht im betrachteten Zeichenkosmos, da hier der Tod die Werteblase des erzählenden Pulks dekonstruieren würde.
Und das ist eben nicht nur im Schwank so.
Wo denn dann noch?
Im Übrigen moralisieren Märchen ständig, dazu muss man nur "Schneewitchen" oder "Dornröschen" ebenfalls ein wenig detaillierter betrachten. Es ist gerade ein Zeichen der kleinen Erzählformen, zu denen neben dem Märchen eben auch die Fabel oder Kalendergeschichten aber auch der Witz gehören, dass sie stark mit dem Thema Moral arbeiten.
Eine Moral zu enthalten heißt nicht zu moralisieren. Ich weiß, dass da rein von der Sache her das gleiche Wort drinsteckt, das liegt aber am misnomer der Lehrform im Märchen. Märchen vermitteln keine wirklichen moralischen Werte; dazu fehlt nicht nur der Parabelcharakter, sondern auch der Kontext. Moralisierend sind in dieser Zeit überhaupt nur von christlichen Moralvorstellungen getränkte Texte, im volkstümlichen Feld meistens Schwanks. Vom Stricker beispielsweise hast du sowas häufiger; parabelischer Charakter, stark christliche Wertesymbolik, vermittelt eine Moralvorstellung (nicht etwa nur eine Lehre, wie sie im Märchen vorherrscht).
Mir als ausgelerntem Germanisten, Historiker und Pädagogen aber eben nicht. Je weiter du im Studium fortschreitest, desto mehr wirst du wissen, warum. ;)
Das bezweifle ich stark; unter anderem, weil ich die Begriffsordnung außerhalb des wissenschaftlichen Kontextes ablehne und die Tendenz dazu mit dem Studium nur noch weiter steigt.
Stopp. Da muss man immer darauf achten, aus welcher Schule man entstammt. Als ehemaliger Bielefelder Student entstamme ich eben der Sozialgeschichte, sowohl im Bereich der Geschichtswissenschaften ("Bielefelder Schule") als auch im Bereich der Literaturwissenschaften. Der Zeichenkosmos verschiebt sich nämlich durchaus. Wir lesen die Märchen heute unter völlig anderen Voraussetzungen als damals. Lässt du diese Faktoren außen vor, wirst du zu völlig anderen Ergebnissen kommen, als wenn du mit ihnen arbeitest. In naher Zukunft wird aus diesem Grund auch ein neuer Promotionsstudiengang an der Uni Bielefeld eingerichtet, der sich genau mit dieser Thematik befasst. Das ist aber auch wie gesagt eine Frage der Schule, welcher man angehört.
Ich wüsste nicht, was die Schola mit der historischen Distanz zum Textfeld, über welches wir sprechen, zu tun hat. Außer natürlich, ihr lehnt den Konsens darüber ab, dass darin verschiedene Textversionen ein und derselben Geschichte bestehen und versteht kulturelle Unterschiede als nicht abgrenzbar. Das wäre allerdings töricht, muss ich sagen.
Das kann man eben so nicht sagen. Wie gesagt gibt es diese Formen auch halt in dieser Märchenform, sie ist nur nicht die üblichste. ;)
Dafür hätte ich gern Beispiele, oder du führst mir auf, warum deine bisher angeführten Beispiele der gleichen Textsorte mit dem gleichen Zeichenkosmos entspringen.
Zustimmung. Allerdings wollte ich eigentlich nur klarstellen, dass deine ursprüngliche Kritik an norkia in dieser Form eben nicht gerechtfertigt war. Wenn ich dazu auf die Ebene des wissenschaftlichen Diskurser übergehen muss, um dich zu überzeugen, ist mir dieses Mitttel aber Recht.
Also findest du das Ende so wie es sich in Motivation zum Erzählaufbau darstellt stimmig und nimmst das kommentarlos hin? Wenn ja, dann ist das vermutlich dein gusto. Wenn nicht, dann sage mir, was du daran falsch findest.
Wo du das jetzt allerdings findest, ist mir schleierhaft. Ich kann es jedenfalls weder bei norkia noch bei mir finden.
Ja, du suchst ja auch an der falschen Stelle. Es gibt soweit ich weiß keine Rahmenkonstruktion, die bekannter und geläufiger wäre, und nichts, was man eindeutiger dem Märchen zuordnen könnte, als "Es war einmal ... und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende."
Dieser letzte Satz, auf welchen man da so gern enden möchte, der immer wieder aufgegriffen wird, wenn man über etwas Märchenhaftes spricht (vor allem auch im angelsächsischen Kulturzyklus ist das "happily ever after" schon längst verfloskelt), ist meiner Meinung nach ein einziger, großer Beweis dafür, dass man zuerst einmal davon ausgehen darf, dass das Märchen kein Fatalitätsprinzip und keine Ausweglosigkeit kennt.
Alles darüber hinaus ist sophistiziert und entspricht für meine Begriffe nicht dem, was wir norkia in einer Betrachtung seines Textes antun sollten.
Also ich bin kein Wannabe mehr, da ich mein Studium erfolgreich mit dem Master und dem Ersten Staatsexamen abgeschlossen habe. Theoretisch wäre ich sogar bei dir prüfberechtigt. ;)
Tut mir leid, dass diese Bemerkung so schnippig ist (und ich muss auch dazugestehen, dass sie ein bisschen schnippig gemeint ist), aber wer Faust dem Sturm und Drang zuordnet, den Motivzyklus der klassischen Antike mit dem des dunklen Zeitalters in Mitteleuropa auch nur ansatzweise vergleichbar hält und die Brüder Grimm zu den empirischen Autoren der KHM-Anthologie erklärt, der darf mit mir Kaffee trinken und über Gott und die Welt diskutieren und mich rein abschlussrelevant vielleicht sogar prüfen, der darf von mir aus sogar viel auf seinen Abschluss halten - aber ernst nehmen muss ich das dann deshalb nicht und ein bisschen aufgeplustert darf ich das im Gegenzug dann auch finden. Muss ehrlich zugeben, dass ich den Begriff "aufgeplustert" gern durch "peinlich" ersetzt hätte, aber das wäre dann wirklich nicht so höflich gewesen - die Randnotiz ist's mir trotzdem wert, du weißt ja sicher, was für Klabauter wir Ersties so sind.
Und es durch List abzuwenden ist die derbste Negation dieses Anheimfallens.
Genau das tut er in der vorliegenden Textfassung aber eben nicht. In dieser stirbt der Protagonist eben am Ende der Erzählung und kann sein Schicksal nicht abwenden. Würden wir hier jetzt vergleichende Literaturwissenschaft über mehrere Textfassungen machen, dann wäre dein Argument schlüssig. So muss ich dir allerdings sagen, halte dich an den gegebenen Text, in dem der Protagonist sein Schicksal eben nicht abwenden kann.
Ich denke hier, ohne dir zu nahe treten zu wollen, dass du das viel zu simpel siehst. Warnende oder prophetische Aussagen sind kein rückwärts motivierendes Moment, welche auf ein fatales Ende hinarbeiten, außer sie ordnen sich in noch andere Hinweise auf ein solches ein. Das ist übrigens schon der nächste Punkt, den ich dir gegen das Argument der Fatalität einwerfen könnte: Die Geschichte ist rückwärts motiviert, hat aber auch ohne den Tod des Protagonisten bestand (siehe die Fassung, in der er seinen Tod abwendet) und ist schlüssig. Wenn du mir das gleiche über Romeo & Juliet erzählen könntest (das inkarnierte Fatalitätsprinzip), wäre ich mit dir einer Meinung, dass hier Fatalität vorherrscht. Da aber dort von Anfang bis Ende auf das Fatum zugespitzt wird - gänzlich ohne Warnung, sondern viel beeindruckender und subtiler -, hier im Gegensatz dazu die Warnungen nur dazu dienen, die Präsenz des Gevatters zu verstärken (Im Sinne von: "Ich bin der Tod und ich bin gegenwärtig"), wird das nicht gelingen.
Ich denke, hier interpretieren wir die Funktion des Gevatters einfach aus unterschiedlchen Blickwinkeln. Während er für dich für ein Allgegenwärtigkeitsprinzip steht, welches durch sein Auftreten verstärkt werden soll, geht das Ganze für mich sogar noch einen Schritt weiter. Gerade dadurch, dass der Gevatter von Anfang an auftritt muss man sich der Tatsache bewusst sein, dass es zu einem schlechten Ende kommen kann. Dazu braucht man die Geschichte dann auch nicht mehr rückwärtsgewandt lesen, sondern kann sie auch von Beginn an auf den Tod des Protagonisten lesen. Insbesondere die Seznen am Bett der Sterbenden geben darüber Aufschluss, dass der Protagonist sich eben nicht an die Abmachung halten wird und so einem fatalen Ende preisgegeben wird.
Der Faust basiert auf der alten Volkserzählung vom Doktor Faustus, welche erstmals im 16ten Jahrhundert festgehalten wurde.
Faust ist keine Tragödie des Sturm und Dranges (was eigentlich schon an der Textsorte auffällig werden sollte), es ist ein den Epochenbegriff sprengendes Werk, welches vom späten Dränger über den Klassiker bis zum Romantiker eigentlich alles einfasst.
Dann hättest du korrekterweise vom "Dr. Faustus" sprechen müssen und nicht vom Faust, welcher im deutschen Sprachraum üblicherweise mit Goethes Faust I oder dem Urfaust gleichgesetzt wird. Das es auch schon frühere Versionen gibt, beispielsweise von Marlow, ist mir klar. Goethes Faust habe ich allerdings nur als Beispiel in diesem Fall benutzt und dieser wird üblicherweise dem Sturm und Drang und mit einigen wenigen Abstrichen der frühen Weimarer Klassik zugerechnet. Faust II wäre dann das Paradebeispiel für die Hochklassik Weimars. Auch später gab es natürlich weitere Adaptionen, allerdings haben sich die Romantiker gerade wegen der Präsenz Goethes und seiner Funktion innerhalb der Weimarer Klassik davon distanziert. Falls du weiteres Interesse an der Thematik hast, empfehle ich dir die Einführung Buschmeiers und Kaufmanns zum Sturm und Drang und zur Weimarer Klassik.
Und was hat das mit der Vergleichbarkeit der Werke zu tun? Also abgesehen davon, dass Faust kein Werk des Sturm und Drangs ist, dass der Faust grade so von christlich geprägter Symbolik strotzt, grade zu Natur schreit und sich darüber hinaus auch noch des volkstümlichen Zeichenkosmos' bedient?
Du greifst hier nur einen Teil meiner Ausführungen an. Zum Sturm und Drang habe ich mich ja oben schon geäußert, allerdings hast du hier ja auch den Ich-Bezug herausgelassen, den ich bereits erwähnt habe. Dieser ist nämlich das entscheidende abgrenzende Merkmal zur Romantik, in welcher vor allem der Mensch im Kontext des Natürlichen im Mittelpunkt der Handlung steht. Sicherlich bedient sich auch der Faust christlicher und natürlicher Motive, allerdings aus einem völlig anderen Zeichenkosmos heraus. Während die Romantik sich dabei vor allem auf eine Abgrenzung von Christentum und Natur in gesamtgesellschaftlichen Kontexten bemüht, steht hier der Mensch als handelndes Individuum im Mittelpunkt.
Ich bin kein sonderlicher Fan vom ollen Goethe, aber du tust ihm da grade ganz schön unrecht, wenn du ihn pauschal in die Stürmer-und-Dränger-Ecke knallst.
Was ich nicht getan habe. Du verallgemeinerst hier eine Aussage zu einem Werk auf den Gesamtautor. Natürlich ist Goethe später auch der Weimarer Klassik, sowie Teilbereichen der Architektur- und Naturforschung zuzuordnen.
Wir gehen davon aus, dass beinahe jedes Hausmärchen unzählige Fassungen hat - ist auch irgendwie klar bei mündlicher Überlieferung. In den Aufzeichnunge der Gebrüder Grimm gibt es von Gevatter Tod allein zwei (oder sogar drei, das weiß ich gerade nicht) unterschiedliche Fassungen, die veröffentlicht wurden, nämlich eine "originärere", "areligiöse" Version und eine, welche die christliche Symbolik besser aufgreift. In den Fragmenten der Brüder Grimm findet sich noch mindestens eine weitere Fassung, in welcher der christliche Wertekanon so weit vollführt wird, dass der Arzt am Ende noch bittet, ein Paternoster vor seinem Tode beten zu dürfen, dieses aber nie beendet und so am Leben bleibt.
Siehe meine Eingangsmeinung zum Thema vergleichende Literaturwissenschaten. Wir sprechen hier zunächst einmal von einer Textfassung, in der eben die Deutung in fatalistischer Weise möglich ist.
Die Brüder Grimm hatten soweit ich weiß öfter Momente, wo sie an christliche Wertevorstellungen angeeckt sind, weil vor allem Jakob sehr wissenschaftlich arbeiten wollte.
Was sie nicht daran gehindert hat, die Motive dennoch in ihre Sammlungen zu übernehmen. Wisenschaftliches Arbeiten muss dem ja nicht bei einer Sammlung gegenüberstehen.
Warnungen sind keine Vorausdeutungen, außer du beweist das schlüssig mit mindestens 2 verschiedenen Textmomenten.
Diese Aussage ist solch ein Quatsch. Natürlich können Warnungen Vorausdeutungen auf ein kommendes Ende sein. Allein wenn der Tod ihn eben mehrmals davor warnt, ein Leben zu retten, da dem Protagonisten ansonsten Konsequenzen drohen (und welche anderen als der Tod sollten das wohl in diesem Kontext sein), kann man das in der vorliegenden Textfassung als Vorausdeutung auf das Ende begreifen. Zwar kann man es auch anders interpretieren, allerdings funktioniert es auch so. Es gibt halt nicht "die eine" richtige Interpretation.
Weil es sich nicht um unterschiedliche Versionen einer Gattung handelt, sondern um unterschiedliche Textsorten mit distanten Zeichenkosmen. Norkia erzählt in einem Zeichenkosmos, der das Fatalitätsprinzip aus angeführten Gründen negiert. Und ohne seinem Text dabei jetzt das Unrecht zu tun, ihn wertlos zu zeihen - denn das ist nicht meine Absicht, da er durchaus Wert hat -, du kannst selbst lesen, dass er sich dabei auf Einflüsse stützt, die nicht nur historisch sondern auch semiologisch eine große Divergenz zum eigentlichen Genre aufweisen.
Hier drehen wir uns im Kreise, da ich auch begründet eine andere Annahme vertrete. Eben da das Genre Märchen so weit gefasst ist, kannst du meiner Meinung nach nicht sagen, dass es eine große Divergenz zum Genre gibt.
Ein klassisches Drama ohne klassischen Dramenaufbau ist kein klassisches Drama. Gut, kann man sagen, dann lässt man das klassisch eben weg.
Ein klassisches Drama ohne Umsetzung der Obrigkeitsvorstellung und klassische Allegorien hingegen ist ein Fehler. Sich eines Zeichenkosmos' zu bedienen und dort dann aber Motive reinzuschmeißen, die diesem abgeschlossenen Gebilde nicht entsprechen, ist als ob man Zuckerwatte in ein Chili rührt: Es ist bestenfalls nicht ganz schlüssig (wie norkias Text), im schlimmsten Fall stößt es unangenehm auf. Zeichenkosmen sind solche, weil sie abgeschlossene Systeme sind. Das System aufbrechen und lose Zahnräder reinfüllen tut der Funktionalität des Systems (also des Textes) nicht sonderlich gut.
Es kam und kommt in der Literatur immer wieder zur Einführung von neuen Motiven innerhalb einer Gattung, falls dem nicht so wäre, könnten wir auch gleich bei der Regelpoetik stehen bleiben. Gerade das Aufbrechen alter Strukturen ist doch das Interessante an der Literatur.
Also du findest Faust und Gevatter Tod nicht im Ansatz vergleichbar, aber kommst bei der Motivinterpretation des Märchenfluchs mit den Klassikern? Das finde ich etwas fragwürdig, muss ich zugeben. Vor allem, weil du damit gleichzeitig auch noch allem anderen widersprichst, was du gesagt hast - auch dem, was durchaus richtig war. Der griechische Zeichenkosmos beruht ja gerade auf Fatalität. Der gesamte Ödipus-Antigone-Komplex ist das größte Spektakel an Fatalität seit der Erfindung des griechischen Dramas. Dieser Zeichenkosmos ist zum volkstümlichen Märchen im deutschsprachigen Raum dermaßen distant, dass man bald schon zwei Pole hat (was unter anderem auch mit der absoluten Negierung des Heidentums in der christianisierten Welt einhergeht).
Ich widerspreche mir nicht grundlegend, sondern führe einige Bereiche zur theoretischen Grundlage weiter aus. Während ich beim Faust aufgrund der unterschiedlichen Motive einen Vergleich nicht für sinnbringend erachte, kommt es mir bei der Definition des Themas "Fluch" darauf an, die theoretischen Grundlagen zu bilden und darzulegen, warum Gevatter Tod ein fatales Ende hat. Geht man davon aus, dass es eben Vorausdeutungen gibt (auch wenn du da anderer Meinung bist), dann kann man das Fluchprinzip in abgeschwächter Form nämlich auch hier anlegen.
Der Grund, warum Shakespeare Einfluss auf das geisteswissenschaftliche Arbeiten der Grimms hatte, ist mir ein wenig schleierhaft. Du kannst den beiden Helden Romantik schon so viel Eigenständigkeit und Wissenschaftlichkeit zugestehen, dass sie nicht wild und ohne jegliche Basis Motive ausgetauscht haben. Ihr Spielraum bestand zwischen der Rekonstruktion aus mehreren Erzählversionen, aber sie haben die Texte nicht gänzlich neu erdacht, schon gar nicht im Sinne eines Shakespeare.
Shakespeare war das große Vorbild nahezu aller deutschen (und auch internationalen) Dichter jener Zeit. Unter anderem haben seine Werke auch dazu beigetragen, dass sich in Deutschland in Abgrenzung zum klassischen und französischem Drama die Bewegung des Sturm und drang oder auch der Romantik entwickeln konnten. Desweiteren unterstellst du mir, dass ich behauptet hätte, dass es zu einem Austausch von Motiven gekommen wäre. Das habe ich so nie behauptet. Tatsache ist jedoch, dass die Gebrüder Grimm sich als Editoren betätigt haben und es dabei teilweise zu Verschiebungen innerhalb der Motivik kam. Das ist bei Editionen allerdings nicht ungewöhnlich.
So oder so sprechen wir hier von diesem einen Fluchmotiv, welches durch den Zeichenkosmos, den norkia bemüht, bedingt wird.
Habe ich etwas grundlegend anderes behauptet?
Ich kann noch dreimal sagen, dass der Begriff "Volksmärchen" nicht dem entspricht, was ich sagen wollte, ich kann diese zu unpräzise Definition noch dreimal widerrufen; anerkennen musst du das aber. Bis dahin sage und widerrufe ich vehement und frage mich, warum du so liebend gern Textsorten als unabgegrenzten Begriff verstehst und keinerlei Unterscheidbarkeit zwischen Schwank, Sang und Prinzessinnenmärchen siehst.
Erstens weil der Begriff "Volksmärchen" immer noch die übergeordnete Gattung ist. noRKia ist sogar einen Schritt weniger gegangen und hat nur von Märchen gesprochen, so dass deine erste Kritik mit dem Fatalismus als "nicht anwendbarem Motiv" innerhalb der Gattung nicht ganz korrekt war. Das solltest du vielleicht auch einsehen. Zweitens grenze ich dann von diesem Punkt weitergehend nicht weiter ab, da es nicht im Sinne noRKias sinnbringend wäre, wenn wir jetzt noch auf den Schwank, den Sang und die spezielle Gattung des Prinzessinnenmärchen übergreifen würden. Wir könnten das ganze zwar immer weiter unterteiölen, würden aber dennoch nicht auf einen Nenner kommen, in welche Untergattung wir das ganze einzuordnen haben. Von daher habe ich an der Stelle abgebrochen, damit wir uns nicht noch weiter in Haarspalterei begeben. ;)
Da wir aber nicht von Kunstmärchen sprechen, ist das irrelevant. Vor allem, weil Kunstmärchen ja gerade darauf aus sind, den alten Wertekanon zu brechen. Wenn du diesen Unterschied zwischen herkömmlichem Märchen und Kunstmärchen nicht zugestehst, kann ich dir allerdings auch nicht sagen, wie wir hier weitersprechen wollen.
Stop. Ich habe in meiner Aussage literaturgeschichtliche Entwicklungen als weiteres Beispiel angeführt und nicht beide auf eine Stufe gestellt. Natürlich gibt es Unterschiede, die sind aber vor allem auf die Moral hinter dem Kunstmärchen, der stark christlich geprägt ist und sich damit wieder dem alten Wertekanon annähert.
Nicht im betrachteten Zeichenkosmos, da hier der Tod die Werteblase des erzählenden Pulks dekonstruieren würde.
Du gehst hier wieder von einem einheitlichen Zeichenkosmos aus, den es aber so im Märchen nicht gibt. Wenn du über diesen Punkt nicht wegkommst, kann man nur schwer diskutieren.
Wo denn dann noch?
Lies meine Ausführungen noch einmal genau durch, dann wird deutlich, dass es diese eben auch in anderen Märchenformen gibt.
Eine Moral zu enthalten heißt nicht zu moralisieren. Ich weiß, dass da rein von der Sache her das gleiche Wort drinsteckt, das liegt aber am misnomer der Lehrform im Märchen. Märchen vermitteln keine wirklichen moralischen Werte; dazu fehlt nicht nur der Parabelcharakter, sondern auch der Kontext. Moralisierend sind in dieser Zeit überhaupt nur von christlichen Moralvorstellungen getränkte Texte, im volkstümlichen Feld meistens Schwanks. Vom Stricker beispielsweise hast du sowas häufiger; parabelischer Charakter, stark christliche Wertesymbolik, vermittelt eine Moralvorstellung (nicht etwa nur eine Lehre, wie sie im Märchen vorherrscht).
Dazu lies dir bitte noch einmal meinen Absatz über die kleinen Formen der Literatur durch. Auch wenn es keine offensichtliche Moral am Ende der Geschichte gibt, so arbeiten doch alle diese kleinen Formen stark moralisierend. Das muss dann auch nicht zwingend ein christlicher Wetrekanon sein, sondern kann auch andere Moralvorstellungen enthalten.
Das bezweifle ich stark; unter anderem, weil ich die Begriffsordnung außerhalb des wissenschaftlichen Kontextes ablehne und die Tendenz dazu mit dem Studium nur noch weiter steigt.
Dann wirst du auf lange Sicht Probleme bekommen. Spätestens dann, wenn die ersten größeren Hausarbeiten (30 Seiten und mehr) anstehen, manövrierst du dich sonst in eine Sackgasse ...
Ich wüsste nicht, was die Schola mit der historischen Distanz zum Textfeld, über welches wir sprechen, zu tun hat. Außer natürlich, ihr lehnt den Konsens darüber ab, dass darin verschiedene Textversionen ein und derselben Geschichte bestehen und versteht kulturelle Unterschiede als nicht abgrenzbar. Das wäre allerdings töricht, muss ich sagen.
Das habe ich so nicht gesagt. Ich habe lediglich ausgeführt, dass sich Motive auch in der Wahrnehmung mit der Zeit verändern können und so einen anderen Sinnkontext ergeben.
Dafür hätte ich gern Beispiele, oder du führst mir auf, warum deine bisher angeführten Beispiele der gleichen Textsorte mit dem gleichen Zeichenkosmos entspringen.
Bübele, ich (und auch Liferipper) haben dir Textbeispiele gegeben, die eben diesem Zeichenkosmos entspringen.
Also findest du das Ende so wie es sich in Motivation zum Erzählaufbau darstellt stimmig und nimmst das kommentarlos hin? Wenn ja, dann ist das vermutlich dein gusto. Wenn nicht, dann sage mir, was du daran falsch findest.
Ich habe weiter oben Kritik geäußert.
Ja, du suchst ja auch an der falschen Stelle. Es gibt soweit ich weiß keine Rahmenkonstruktion, die bekannter und geläufiger wäre, und nichts, was man eindeutiger dem Märchen zuordnen könnte, als "Es war einmal ... und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende."
Dieser letzte Satz, auf welchen man da so gern enden möchte, der immer wieder aufgegriffen wird, wenn man über etwas Märchenhaftes spricht (vor allem auch im angelsächsischen Kulturzyklus ist das "happily ever after" schon längst verfloskelt), ist meiner Meinung nach ein einziger, großer Beweis dafür, dass man zuerst einmal davon ausgehen darf, dass das Märchen kein Fatalitätsprinzip und keine Ausweglosigkeit kennt.
Du bringst also ein neues Element mit in die Diskussion ein. Sehr schön, nur lässt sich die These leicht falsifizieren, wenn man nur die von uns hier betrachteten Märchen miteinbringt. Die wenigsten Märchen enden halt mit diesem Satz, von daher kann man auch nicht allgemein sagen, dass es kein Fatalitätsprinzip gibt.
Alles darüber hinaus ist sophistiziert und entspricht für meine Begriffe nicht dem, was wir norkia in einer Betrachtung seines Textes antun sollten.
Das wäre wiederum zu kurzsichtig ...
Tut mir leid, dass diese Bemerkung so schnippig ist (und ich muss auch dazugestehen, dass sie ein bisschen schnippig gemeint ist), aber wer Faust dem Sturm und Drang zuordnet,
Siehe weitere Ausdiffernzierung oben.
den Motivzyklus der klassischen Antike mit dem des dunklen Zeitalters in Mitteleuropa auch nur ansatzweise vergleichbar hält
Das Mittelalter war nicht dunkel. Dies ist eine Konstruktion der Humanisten, die sich vor allem auf die lateinische Sprache bezog. Außerdem finden sich im mittelalterlichen Reiseroman sehr viele Motive aus dem Zeitraum der Antike (vor allem der Spätantike). Als Einführung empfehle ich dir die Werke von Weddige und Schumacher (mein Lehrer).
und die Brüder Grimm zu den empirischen Autoren der KHM-Anthologie erklärt,
Editor passt besser.
der darf mit mir Kaffee trinken und über Gott und die Welt diskutieren und mich rein abschlussrelevant vielleicht sogar prüfen, der darf von mir aus sogar viel auf seinen Abschluss halten - aber ernst nehmen muss ich das dann deshalb nicht und ein bisschen aufgeplustert darf ich das im Gegenzug dann auch finden.
Ok, wenn du diese Schiene fahren willst, dann muss ich dich ja nicht weiter ernst nehmen. Ich habe versucht, dir darzulegen, wo deine Hypothesen kranken. Wenn du die Kritik nicht annehmen willst, dann ist es eh vergeudete Zeit meinerseits, darüber zu diskutieren. -_-
Muss ehrlich zugeben, dass ich den Begriff "aufgeplustert" gern durch "peinlich" ersetzt hätte, aber das wäre dann wirklich nicht so höflich gewesen - die Randnotiz ist's mir trotzdem wert, du weißt ja sicher, was für Klabauter wir Ersties so sind.
Und dazu fällt mir dann echt nichts mehr ein.
Mordechaj
24.01.2011, 13:48
Genau das tut er in der vorliegenden Textfassung aber eben nicht. In dieser stirbt der Protagonist eben am Ende der Erzählung und kann sein Schicksal nicht abwenden.
Erstens haben wir gar keine vorliegende Textfassung, wir sprechen allgemein über einen Text mit mehreren Versionen. Das tun wir, seit du keine spezielle Fassung zugrunde gelegt hast und insbesondere, seit ich darauf verwiesen habe, dass der Zeichenkosmos des Textes shiftet.
Zweitens spreche ich im Allgemeinen und im Speziellen davon, dass der Arzt den Tod nicht von sich selbst, sondern von anderen abzuwenden weiß, indem er sie im Bett umdreht. Das ist Märchenlist. Dass er am Ende in den meisten Fassungen stirbt, ist wie schon behauptet Teil des Motivzyklus', in den sich die Erzählung einordnet, und die einzige Form von Schlüssigkeit. Kannst aber gern vergleichbare Texte mit Liebeswagnis nennen, in denen dieses gut ausgeht.
Ich denke, hier interpretieren wir die Funktion des Gevatters einfach aus unterschiedlchen Blickwinkeln. Während er für dich für ein Allgegenwärtigkeitsprinzip steht, welches durch sein Auftreten verstärkt werden soll, geht das Ganze für mich sogar noch einen Schritt weiter. Gerade dadurch, dass der Gevatter von Anfang an auftritt muss man sich der Tatsache bewusst sein, dass es zu einem schlechten Ende kommen kann.
Halt. Ich habe nie etwas von Allgegenwärtigkeit gesagt. Die Warnungen verdeutlichen nur, dass der Arzt es mit dem Tod, dem leibhaftigen Tod, zu tun hat. Sein Auftreten tut doch überhaupt nichts zur Sache - wie sollte sich die Erzählung denn sonst motivieren, wenn der Tod nicht auftritt? Das wäre, als würde Harry Potter nur aus den Episoden bestehen, in denen über ihn geredet wird.
Dazu braucht man die Geschichte dann auch nicht mehr rückwärtsgewandt lesen, sondern kann sie auch von Beginn an auf den Tod des Protagonisten lesen. Insbesondere die Seznen am Bett der Sterbenden geben darüber Aufschluss, dass der Protagonist sich eben nicht an die Abmachung halten wird und so einem fatalen Ende preisgegeben wird.
Wirklich? Du kannst das Liebeswagnis schon am Anfang rauslesen?
Du kannst nicht sagen, dass der Protagonist am Ende stirbt und das sei dann die Fatalität. Das Gegenteil beweist ja schon die Textversion mit der Paternoster-List.
Dann hättest du korrekterweise vom "Dr. Faustus" sprechen müssen und nicht vom Faust, welcher im deutschen Sprachraum üblicherweise mit Goethes Faust I oder dem Urfaust gleichgesetzt wird.
Wieso? Ich sprach ja auch von Goethes Faust, welcher sich im Doktor Faustus inspiriert. Der Ursprung des Zeichensystems ist also dergleiche, was Goethe herandichtet gehört schlüssig dazu und lässt sich wunderbar philosophieanalog aufschlüsseln und segmentieren.
Goethes Faust habe ich allerdings nur als Beispiel in diesem Fall benutzt und dieser wird üblicherweise dem Sturm und Drang und mit einigen wenigen Abstrichen der frühen Weimarer Klassik zugerechnet. Faust II wäre dann das Paradebeispiel für die Hochklassik Weimars. Auch später gab es natürlich weitere Adaptionen, allerdings haben sich die Romantiker gerade wegen der Präsenz Goethes und seiner Funktion innerhalb der Weimarer Klassik davon distanziert. Falls du weiteres Interesse an der Thematik hast, empfehle ich dir die Einführung Buschmeiers und Kaufmanns zum Sturm und Drang und zur Weimarer Klassik.
Es ist amüsant, dass du tatsächlich keinerlei Textsortenbegriff außerhalb der Epochenabgrenzung hast. Wir können von Faust I oder beiden Teilen der Tragödie reden, meine Aussage bleibt diegleiche: Das Werk sprengt den Epochenbegriff, es lässt sich nicht dermaßen simplistisch verorten. An Adaptionen und an weiterführender Literatur von und zu Faust habe ich kein Interesse und davon spreche ich auch nicht. Ich spreche von diesem einen Faust-Werk mit Goethe als Urheber.
Du greifst hier nur einen Teil meiner Ausführungen an.
Nein, ich sage, dass deine Ausführungen an der Stelle irrelevant sind, weil du die Vergleichbarkeit aufgrund einer falschen Einordnung des Textes negierst. Der Faust-Zeichenkosmos und der Gevatter-Zeichenkosmos entstammen nicht nur dem selben historischen Kontext, sie haben auch eine große Teilmenge, die du aber aufgrund deiner etwas seltsamen Einordnung (warum genau sind die Romantiker Grimm nun die empirischen Autoren?) nicht zu sehen scheinst.
Was ich nicht getan habe. Du verallgemeinerst hier eine Aussage zu einem Werk auf den Gesamtautor. Natürlich ist Goethe später auch der Weimarer Klassik, sowie Teilbereichen der Architektur- und Naturforschung zuzuordnen.
Du tust ihm dennoch Unrecht. Oder sagen wir es anders: Du tust seinem Faust Unrecht, wenn du ihn pauschal in Sturm und Drang versumpfst.
Siehe meine Eingangsmeinung zum Thema vergleichende Literaturwissenschaten. Wir sprechen hier zunächst einmal von einer Textfassung, in der eben die Deutung in fatalistischer Weise möglich ist.
Siehe meine obige Äußerung. Wir haben keinerlei Textfassung zugrunde gelegt. Weiß auch nicht, wie du darauf kommst, dass wir d'emblée die gleiche Textversion haben.
Natürlich können Warnungen Vorausdeutungen auf ein kommendes Ende sein.
Das habe ich nie bestritten. Sie müssen das aber nicht sein. Und deshalb müsstest du deine These schon belegen. Hast du das getan? Nö.
Allein wenn der Tod ihn eben mehrmals davor warnt, ein Leben zu retten, da dem Protagonisten ansonsten Konsequenzen drohen (und welche anderen als der Tod sollten das wohl in diesem Kontext sein), kann man das in der vorliegenden Textfassung als Vorausdeutung auf das Ende begreifen. Zwar kann man es auch anders interpretieren, allerdings funktioniert es auch so. Es gibt halt nicht "die eine" richtige Interpretation.
Joa. Wenn man dem Zeichenkosmos ein Fatalitätsprinzip andichten will, sicherlich, dann kann man das so rauslesen. Da es aber eben nicht "die eine" Textversion gibt und wir über den Zeichenkosmos, nicht über die Textversion sprechen, widerlegt das meine Argumentation in keinster Weise.
Hier drehen wir uns im Kreise, da ich auch begründet eine andere Annahme vertrete. Eben da das Genre Märchen so weit gefasst ist, kannst du meiner Meinung nach nicht sagen, dass es eine große Divergenz zum Genre gibt.
Ah ja. Dann zeig mir bitte das Märchen, in dem Kampfzauber ähnlich des Hack'n'Slay-Verständnisses von Magie angewendet werden, um Hundertschaften von Menschen auszulöschen und wo dies ein textbestimmendes Motiv ist. Zeig mir das Märchen, welches mit apokalyptischer Botschaft endet.
Und wenn du das getan hast, sagst du mir, warum dieses Märchen einen Zeichenkosmos mit Dornröschen und dem Froschkönig teilt.
Es kam und kommt in der Literatur immer wieder zur Einführung von neuen Motiven innerhalb einer Gattung, falls dem nicht so wäre, könnten wir auch gleich bei der Regelpoetik stehen bleiben. Gerade das Aufbrechen alter Strukturen ist doch das Interessante an der Literatur.
Ich unterstelle norkia, ohne das negativ zu meinen, dass das nicht seine Intention war.
Abgesehen davon ist das Aufbersten des Motivzyklus keine Strukturbereicherung. Motive "einführen" heißt sie stimmig in Einklang mit dem Textsystem zu bringen. Wenn das hier für dich der Fall ist, ist das wie gesagt dein gusto.
Während ich beim Faust aufgrund der unterschiedlichen Motive einen Vergleich nicht für sinnbringend erachte
Also. Ich gehe davon aus, dass du den Gevatter wie auch den Faust gelesen hast.
Die Pakt-Situation ist also kein beiden innewohnendes Motiv.
Die listige Umgehung der weltlichen Determinanz bzw. die Entgrenzung von Determinanten ist also kein beiden innewohnendes Motiv.
Das Liebeswagnis ist also kein beiden innewohnendes Motiv.
Die Gottesabwendung ist also kein beiden innewohnendes Motiv.
Der eschatologische Charakter - kein beiden innewohnendes Motiv.
Am besten zeigst du mir tatsächlich mal, von welcher Gevatter-Version du sprichst, und vielleicht auch deine Faustausgabe. Da müssen ja echt grundlegende Unterschiede zu dem vorherrschen, was ich gelesen habe.
kommt es mir bei der Definition des Themas "Fluch" darauf an, die theoretischen Grundlagen zu bilden und darzulegen, warum Gevatter Tod ein fatales Ende hat. Geht man davon aus, dass es eben Vorausdeutungen gibt (auch wenn du da anderer Meinung bist), dann kann man das Fluchprinzip in abgeschwächter Form nämlich auch hier anlegen.
Öh, noes? Du verrutschst grad in der Diskussion um einige Zeilen; im Gevatter herrscht kein Fluch vor, also auch nix vonwegen Fluch mit Vorausdeutungen. Es gibt nicht einmal ein abstrahierbares Fluchmotiv. Was eigentlich auch von Anfang an meine Aussage war. Ich denke, du solltest den Diskussionsfluss nochmal nachverfolgen (kann die Verwirrung aber verstehen bei der Zitateschlacht).
Shakespeare war das große Vorbild nahezu aller deutschen (und auch internationalen) Dichter jener Zeit.
Joa. Und weil die Gebrüder Grimm auch Dichter waren und eine Anthologie ein dichterisches Werk mit empirischen Autor ist ... oh halt. Nö.
Unter anderem haben seine Werke auch dazu beigetragen, dass sich in Deutschland in Abgrenzung zum klassischen und französischem Drama die Bewegung des Sturm und drang oder auch der Romantik entwickeln konnten. Desweiteren unterstellst du mir, dass ich behauptet hätte, dass es zu einem Austausch von Motiven gekommen wäre. Das habe ich so nie behauptet. Tatsache ist jedoch, dass die Gebrüder Grimm sich als Editoren betätigt haben und es dabei teilweise zu Verschiebungen innerhalb der Motivik kam. Das ist bei Editionen allerdings nicht ungewöhnlich.
Und nun beweist du mir noch, dass diese Verschiebung zu einem völligen Kontextbruch geführt hat und dass du das nachweisbar auf Shakespeare zurückführen kannst.
Habe ich etwas grundlegend anderes behauptet?
Ich weiß nicht, ehrlich gesagt. Warum führen wir diese Diskussion? Achso, weil ich eine einzige Aussage zu pauschal formuliert hatte.
Erstens weil der Begriff "Volksmärchen" immer noch die übergeordnete Gattung ist. noRKia ist sogar einen Schritt weniger gegangen und hat nur von Märchen gesprochen, so dass deine erste Kritik mit dem Fatalismus als "nicht anwendbarem Motiv" innerhalb der Gattung nicht ganz korrekt war.
Wie du in einem seiner Beiträge lesen kannst, trifft er überhaupt keine Gattungszuordnung, und diese Zuordnung ist auch völlig irrelevant, wenn man über den immanenten Zeichenkosmos spricht. Und "nicht ganz korrekt" ist eben nicht "falsch", weshalb ich immer noch nicht verstehe, warum man deshalb gleich die Geisteswissenschaftlerkeule ausgraben muss. In der Märchenform, die norkia bemüht (weiß nicht, ob ich das jetzt schon zwei- oder dreimal gesagt habe, vermutlich warst zweieinhalbmal), kann man kein Fatalitätsprinzip anwenden, ohne unschlüssig zu werden und einen faden Beigeschmack zu bekommen.
Das solltest du vielleicht auch einsehen.
Das war schon drei Posts weiter oben geschehen. Worüber wir grade streiten, sind Detailfragen, die du aufgeworfen hast, nicht ich.
Von daher habe ich an der Stelle abgebrochen, damit wir uns nicht noch weiter in Haarspalterei begeben. ;)
Danke. Würde gern noch ohne jegliche Häme, sondern eher für mich rechtfertigend anmerken, dass ich damit nicht angefangen habe.
Natürlich gibt es Unterschiede, die sind aber vor allem auf die Moral hinter dem Kunstmärchen, der stark christlich geprägt ist und sich damit wieder dem alten Wertekanon annähert.
Auch das ohne Häme, aber wenn wir grad bei nicht ganz korrekten Zuordnungen sind: Diese Aussage könnte ich dir sicherlich mit der Sterntaler-Adaption im Woyzeck widerlegen. Desweiteren gibt es nicht den christlichen Wertekanon, es gibt mehrere, welche sich daraus erschließen und der des Mittelalters und der der Romantik sind schonmal grundlegend verschiedene, wenn auch die deutsche Romantik nach vorsichtiger Annäherung strebt.
Du gehst hier wieder von einem einheitlichen Zeichenkosmos aus, den es aber so im Märchen nicht gibt. Wenn du über diesen Punkt nicht wegkommst, kann man nur schwer diskutieren.
Ich gehe von dem Zeichenkosmos aus, dessen norkia sich bedient. Das ist per se nur einer.
Lies meine Ausführungen noch einmal genau durch, dann wird deutlich, dass es diese eben auch in anderen Märchenformen gibt.
Das ist das Problem, es wird eben nicht deutlich. Du hast an dieser Stelle keine Ausführung gestellt, sondern eine unbelegte These.
Dazu lies dir bitte noch einmal meinen Absatz über die kleinen Formen der Literatur durch. Auch wenn es keine offensichtliche Moral am Ende der Geschichte gibt, so arbeiten doch alle diese kleinen Formen stark moralisierend. Das muss dann auch nicht zwingend ein christlicher Wetrekanon sein, sondern kann auch andere Moralvorstellungen enthalten.
Dass jeder Text sich automatisch in ein Wertesystem einordnet, ist völlig natürlich, das bedeutet aber nicht, dass er damit moralisieren geht. Wäre dem so, dann dürften wir Juden keine Literatur verfassen.
Kannst mir aber gern argumentativ das Gegenteil beweisen.
Dann wirst du auf lange Sicht Probleme bekommen. Spätestens dann, wenn die ersten größeren Hausarbeiten (30 Seiten und mehr) anstehen, manövrierst du dich sonst in eine Sackgasse ...
Da ich Hausarbeiten im wissenschaftlichen Kontext schreibe, ist das eigentlich keinerlei Problem. Ich kann durchaus einen Strich zwischen mein wissenschaftliches und mein individuelles Dasein ziehen und lustig hin und herhüpfen, ohne in Wertekonflikte zu geraten. Lustig, was das 21te Jahrhundert mit den Menschen macht.
Das habe ich so nicht gesagt. Ich habe lediglich ausgeführt, dass sich Motive auch in der Wahrnehmung mit der Zeit verändern können und so einen anderen Sinnkontext ergeben.
Du hast die immanente Deutung von deiner Schola abhängig gemacht, deshalb: Doch, irgendwie hast du das schon. Natürlich verschiebt sich die Wahrnehmung, natürlich verändert sich die Wertung, aber das ändert doch überhaupt nichts an der objektiven Feststellung, dass es mehrere Textversionen gibt, die sich kontextfrei miteinander vergleichen lassen.
Bübele, ich (und auch Liferipper) haben dir Textbeispiele gegeben, die eben diesem Zeichenkosmos entspringen.
Das ist keine Ausführung. Solange eine solche ausbleibt, beharre ich darauf, dass der Zeichenkosmos eben nicht derselbe ist.
Ich habe weiter oben Kritik geäußert.
Joa, und eine Äußerung zum Ende hast du dabei galant umschifft. Deshalb frage ich ja. Lesen kann ich noch. Auch mit Hornhautverkrümmung.
Du bringst also ein neues Element mit in die Diskussion ein. Sehr schön, nur lässt sich die These leicht falsifizieren, wenn man nur die von uns hier betrachteten Märchen miteinbringt. Die wenigsten Märchen enden halt mit diesem Satz, von daher kann man auch nicht allgemein sagen, dass es kein Fatalitätsprinzip gibt.
Das tue ich auch nicht. Ich sage aber, dass man mit Fug und Recht zuallererst von diesem Prinzip ausgehen darf, wenn es um Märchen geht. Und ich sage, dass dieses Prinzip vor allem in dem Zeichenkosmos, den norkia bemüht, Anwendung findet.
Das wäre wiederum zu kurzsichtig ...
Ja. Man muss ja auch alles sofort wissenschaftlich analysieren.
Das Mittelalter war nicht dunkel. Dies ist eine Konstruktion der Humanisten, die sich vor allem auf die lateinische Sprache bezog.
Und es ist eine geläufige Bezeichnung, wenn man nicht "Mittelalter" sagen will. Elohim adirim. Du rückst echt so langsam ein bisschen auf eine extrem autistische Ebene.
Außerdem finden sich im mittelalterlichen Reiseroman sehr viele Motive aus dem Zeitraum der Antike (vor allem der Spätantike).
Und da wir die ganze Zeit über Reiseromane reden, ist das auch relevant.
Editor passt besser.
Exakt. Und da der Editor sich frech das Recht herausnimmt, Motivzyklen radikal zu verschieben und in sein eigenes Kulturverständnis zu brechen (sind ja auch seit dem Schreiberbegriff des 13ten Jahrhunderts keinen Schritt weitergekommen), ist das auch relevant.
Ok, wenn du diese Schiene fahren willst, dann muss ich dich ja nicht weiter ernst nehmen. Ich habe versucht, dir darzulegen, wo deine Hypothesen kranken. Wenn du die Kritik nicht annehmen willst, dann ist es eh vergeudete Zeit meinerseits, darüber zu diskutieren. -_-
Was ich nicht annehmen will, ist diese völlig überhebliche Art zu meinen, aus deinem akademischen Grad ergebe sich irgendein Obrigkeitsargument.
Mag dir komisch erscheinen, aber ich finde es ziemlich frech, wenn jemand ungefragt Buchempfehlungen verteilt und damit unterstellt, man würde sich mit seinen Thesen nicht auseinandersetzen (und nicht etwa sagt "Dort und dort wird diese These anders gelöst, mit dem und dem Argumentverkehr"), oder so tut, als ergäbe sich die Diskussionsgrundlage aus Belesenheit. Es mag dir komisch erscheinen, aber ich finde es nicht sonderlich sympathisch, wenn jemand ständig seine abschlussrelevanten Qualifikationen in die Argumentation streuen muss, als würde das was zur Sache tun. Das ist herabblickend und unnütz.
Es ist mir dabei auch schnurriger als schnurre, ob du mich prüfen dürftest, ich muss deine Ausführungen deshalb nicht als den Urschleim, aus dem wir gemacht sind, anbeten. Auch wenn das für dich nicht so sein mag, weil ich ja so tumb und welpenhaft bin, ich bin dennoch in gleichwertiger Gesprächspartner und so würde ich mich auch gern behandelt wissen.
Also: Ja, genau diese Schiene will ich fahren. Dein Master und dein Staatsexamen beweisen weder deine Unfehlbarkeit, noch machen sie irgendwas von dem, was du sagst, richtiger, noch werten sie deine Argumentationsweise qualitativ irgendwie auf. Sie sagen genau eins: Du hast einen gewissen akademischen Grad erreicht. Das hat Westerwelle übrigens auch, der ist promovierter Rechtswissenschaftler; - gerade den würde ich trotzdem nicht allzu ernst nehmen.
Und selbst wenn du der Scheich von Dubai bist: Wir können gern auch auf höherem Niveau diskutieren, aber das bitte ohne das hohe Ross dazu. Wir sind beide groß genug, um dem anderen nicht den Respekt abzuerkennen.
Et ouaip, ich weiß, dass auch meine Äußerung da nicht grad von Respekt strotzt, aber von wem ich mich nicht ernstgenommen fühle, tut mir leid, den muss ich auch nicht ernstnehmen.
Erstens haben wir gar keine vorliegende Textfassung, wir sprechen allgemein über einen Text mit mehreren Versionen. Das tun wir, seit du keine spezielle Fassung zugrunde gelegt hast und insbesondere, seit ich darauf verwiesen habe, dass der Zeichenkosmos des Textes shiftet.
Falsch, du sprichst über mehrere Versionen. Ich habe die handelsübliche Fassung aufgeführt. Das habe ich auch mehrmals betont. Und um es jetzt noch einmal klipp und klar zu sagen: Ich spreche von der Version, in der der Arzt durch das Eingreifen des Gevatters am Ende der Erzählung ohne weitere Tricks stirbt. Ansonsten würde mein Standpunkt ja auch relativ wenig Sinn ergeben.
Zweitens spreche ich im Allgemeinen und im Speziellen davon, dass der Arzt den Tod nicht von sich selbst, sondern von anderen abzuwenden weiß, indem er sie im Bett umdreht. Das ist Märchenlist. Dass er am Ende in den meisten Fassungen stirbt, ist wie schon behauptet Teil des Motivzyklus', in den sich die Erzählung einordnet, und die einzige Form von Schlüssigkeit. Kannst aber gern vergleichbare Texte mit Liebeswagnis nennen, in denen dieses gut ausgeht.
Das Element hast du zuvor nicht benannt, sondern immer nur im Allgemeinen gesprochen. Wenn du es jetzt erläuterst ist es für mich insofern interessant, dass du das ganze auf eine Ebene bringst, auf der ich bisher nicht diskutiert habe und es im Zuge meiner Ausführungen auch nicht vorhatte.
Halt. Ich habe nie etwas von Allgegenwärtigkeit gesagt. Die Warnungen verdeutlichen nur, dass der Arzt es mit dem Tod, dem leibhaftigen Tod, zu tun hat. Sein Auftreten tut doch überhaupt nichts zur Sache - wie sollte sich die Erzählung denn sonst motivieren, wenn der Tod nicht auftritt? Das wäre, als würde Harry Potter nur aus den Episoden bestehen, in denen über ihn geredet wird.
Nein, sie verdeutlichen viel mehr, indem man eben davon ausgehen kann, dass es eine Vorausdeutung auf den Tod des Protagonisten selbst ist. Da wir hier allerdings von zwei unterschiedlichen Interpretationen ausgehen, müssen wir nicht zwangsweise auf einen Nenner kommen. Aber ich nehme mir durchaus das Recht heraus genauso bei meiner Interpretation zu bleiben, wie du bei deiner.
Wirklich? Du kannst das Liebeswagnis schon am Anfang rauslesen?
Wenn man die Gattung Märchen zugrunde legt, wie du es ja auch gerne tust, kann man das in der Tat ab dem Zeitpunkt, wo die Prinzessin auftaucht.
Du kannst nicht sagen, dass der Protagonist am Ende stirbt und das sei dann die Fatalität. Das Gegenteil beweist ja schon die Textversion mit der Paternoster-List.
Stopp. Wenn du eine andere Textfassung mit einem anderen Ende zugrunde legst, funktioniert das in der Tat nicht mehr. Ich gehe allerdings wie gesagt von einem bestimmten Ende aus und im Rahmen dieser Erzählung funktioniert es dann. Ginge man darüber hinaus, könnte man auch wieder vergleichende Literaturwissenschaft betreiben und gucken, warum die Enden verändert wurden oder unterschiedlich tradiert wurden. Das ändert jedoch nichts daran, dass es eben auch eine Fassung gibt, in der die Fatalität prinzipiell möglich ist.
Wieso? Ich sprach ja auch von Goethes Faust, welcher sich im Doktor Faustus inspiriert. Der Ursprung des Zeichensystems ist also dergleiche, was Goethe herandichtet gehört schlüssig dazu und lässt sich wunderbar philosophieanalog aufschlüsseln und segmentieren.
Nur so viel noch einmal: Auch Zeichensysteme unterliegen einem Wandel, die du mit in deine Berücksichtigung miteinfließen lassen musst. Goethe wandelt daher in seiner Version des Faust auch Teile des Zeichensystems in einen für seine Zeit modernen Rahmen um, was ein völlig normaler Zug in der Literaturwissenschaft ist. Mit dem ursprünglichen Zeichensystem musst du daher sehr vorsichtig umgehen, da Motive und ihre Lesarten sich auch schon zu Goethes Zeiten von dem ursprünglichen Zeichensystem entfernt hatten.
Es ist amüsant, dass du tatsächlich keinerlei Textsortenbegriff außerhalb der Epochenabgrenzung hast.
Das zeigt mir nur, dass du meine Ausführungen anscheinend nur überfliegst, da ich ja auch auf die kleinen Formen, die epochenunabhängig sind, eingegangen bin. Natürlich können wir auch gerne über Dramatik, Epik und Lyrik diskutieren, nur wäre das in diesem Fall nicht sonderlich zweckgerichtet.
Wir können von Faust I oder beiden Teilen der Tragödie reden, meine Aussage bleibt diegleiche: Das Werk sprengt den Epochenbegriff, es lässt sich nicht dermaßen simplistisch verorten. An Adaptionen und an weiterführender Literatur von und zu Faust habe ich kein Interesse und davon spreche ich auch nicht. Ich spreche von diesem einen Faust-Werk mit Goethe als Urheber.
Das sehen andere Literaturwissenschaftler natürlich ganz anders. Tatsache ist, dass man natürlich schon darüber streiten kann, ob der Sturm und Drang überhaupt als Epoche gelten kann, da er ja nur einen sehr kurzen Zeitraum beschreibt, der zeitlich sogar nicht klar definiert ist. Geht man allerdings davon aus, dass es möglich ist, diese Epoche zu umgreifen, dann wird Faust I aufgrund seiner Form gerne dem Sturm und Drang zugerechnet, während Faust II eher der Klassik zugerechnet wird. Die Romantik fällt übrigens definitiv ganz heraus. Diese wurde bekanntlich von Goethe abgelehnt. Du kannst diese Aussage gerne anzweifeln. es ändert allerdings wenig an der allgemeinen Zuordnung.
Außerdem solltest du schon Interesse an weiterführender Literatur haben, schon da dort relativ kurz die Epocheneinordnung zusammengefasst wird.
Nein, ich sage, dass deine Ausführungen an der Stelle irrelevant sind, weil du die Vergleichbarkeit aufgrund einer falschen Einordnung des Textes negierst. Der Faust-Zeichenkosmos und der Gevatter-Zeichenkosmos entstammen nicht nur dem selben historischen Kontext, sie haben auch eine große Teilmenge, die du aber aufgrund deiner etwas seltsamen Einordnung (warum genau sind die Romantiker Grimm nun die empirischen Autoren?) nicht zu sehen scheinst.
Ich wiederhole mich vielleicht, aber ich habe die Gebrüder Grimm nicht als Autoren, das wären sie eher bei ihrem Wörterbuch, ausgegeben, sondern als Editoren. Und da liegen der späte Goethe und die Brüder Grimm auch nur ein paar Jahre auseinander. Eine Vergleichbarkeit des historischen Kontextes ist daher schon zu Teilen gegeben, auch wenn ein Goethe eher der Periode der Französischen Revolution, Napoleons und der Restauration zuzordnen ist, während die Gebrüder Grimm historisch eher der Zeit des Vormärz zuzordnen sind. Beide Ereignisse liegen allerdings nur an die 30 Jahre auseinander, was aus historischer Sicht nicht unbedingt viel ist. Dennoch nehmen soziale Einflüsse der Zeit einen nicht geringen Einfluss auf das Schaffen dieser Zeit.
Du tust ihm dennoch Unrecht. Oder sagen wir es anders: Du tust seinem Faust Unrecht, wenn du ihn pauschal in Sturm und Drang versumpfst.
Natürlich sind Epocheneinteilungen immer etwas heikles, zumal wenn die Einteilungen innerhalb des zeitlichen Raums fließend sind. Das ändert dennoch nichts an der Tatsache, dass Faust I allgemein nun einmal schon seit geraumer Zeit dem Sturm und Drang zugerechnet wird. Es finden sich zwar auch schon Vorläuferanteile der Klassik, allerdings passen Großteile halt besser in den Sturm und Drang.
Siehe meine obige Äußerung. Wir haben keinerlei Textfassung zugrunde gelegt. Weiß auch nicht, wie du darauf kommst, dass wir d'emblée die gleiche Textversion haben.
Das habe ich bereits auch oben ausgeführt.
Das habe ich nie bestritten. Sie müssen das aber nicht sein. Und deshalb müsstest du deine These schon belegen. Hast du das getan? Nö.
Kurzfassung: Gehen wir von einer fatalistischen Situation aus, wie ich sie zugrunde gelegt habe, muss es in der Folge spätestens ab der Widersetzung des Arztes zu einem bitteren Ende kommen. Betrachtet man nun die Figur des Todes, so ist auffallend, dass er bereits zu Beginn dem Arzt die Konsequenzen seines möglichen Handelns aufzeigt. Wir haben somit bereits zu Beginn eine Situation, in der das Motiv des Todes als Vorausdeutung für ein mögliches Fehlverhalten auftaucht. Folgt man dieser Argumentationslinie weiter, so mehren sich die Zeichen gegen Ende zunehmend, dass der Arzt sterben wird. Die Vorasudeutung vom Anfang findet somit am Ende ihr fatales Ende.
Joa. Wenn man dem Zeichenkosmos ein Fatalitätsprinzip andichten will, sicherlich, dann kann man das so rauslesen. Da es aber eben nicht "die eine" Textversion gibt und wir über den Zeichenkosmos, nicht über die Textversion sprechen, widerlegt das meine Argumentation in keinster Weise.
Sie bestätigt sie aber auch nicht, sondern lässt beide Möglichkeiten offen. Wir sind uns somit nicht einig, wie das Märchen zu lesen ist. Das kann in der Literaturwissenschaft passieren und ist auch nicht unüblich, allerdings solltest du dann auch andere Meinungen akzeptieren. Was ich die ganze Zeit versuche, ist aufzuzeigen, dass neben deiner Lesart, die prinzipiell natürlich möglich ist, auch andere Lesarten gibt.
Ah ja. Dann zeig mir bitte das Märchen, in dem Kampfzauber ähnlich des Hack'n'Slay-Verständnisses von Magie angewendet werden, um Hundertschaften von Menschen auszulöschen und wo dies ein textbestimmendes Motiv ist. Zeig mir das Märchen, welches mit apokalyptischer Botschaft endet.
Wie du das jetzt aus meiner Aussage rauslesen willst, ist mir schleierhaft, da ich darauf in keinster Weise eingegangen bin.
Und wenn du das getan hast, sagst du mir, warum dieses Märchen einen Zeichenkosmos mit Dornröschen und dem Froschkönig teilt.
Zumindest in Bezug auf die Moralvorstellungen tut es das ja sogar, wenn man das Märchen in seinen zeitlichen Kontext setzt. Aber wie bereits gesagt, unterscheiden sich die Märchen untereinander ja auch teilweise gravierend, da sie eben nicht aus einer einzigen Quelle stammen.
Ich unterstelle norkia, ohne das negativ zu meinen, dass das nicht seine Intention war.
Abgesehen davon ist das Aufbersten des Motivzyklus keine Strukturbereicherung. Motive "einführen" heißt sie stimmig in Einklang mit dem Textsystem zu bringen. Wenn das hier für dich der Fall ist, ist das wie gesagt dein gusto.
Wie gesagt, habe ich auch Kritik geäußert.
Also. Ich gehe davon aus, dass du den Gevatter wie auch den Faust gelesen hast.
Die Pakt-Situation ist also kein beiden innewohnendes Motiv.
Die listige Umgehung der weltlichen Determinanz bzw. die Entgrenzung von Determinanten ist also kein beiden innewohnendes Motiv.
Das Liebeswagnis ist also kein beiden innewohnendes Motiv.
Die Gottesabwendung ist also kein beiden innewohnendes Motiv.
Der eschatologische Charakter - kein beiden innewohnendes Motiv.
Natürlich finden sich auch kleinere Motive in beiden wieder. Aber beim Faust geht es primär um ein Spiel zwischen den Mächten des Guten (Gott) und des Bösen (Mephisto), die ein Spiel um die Seele des Menschen treiben. Das beginnt im Prolog im Himmel (Faust I) und endet mit Fausts Himmelfahrt (Faust II). Natürlich kommt es allerdings in der Binnenhandlung zu einer detaillierten Beschriebung und Inszenierung des Paktes mit allem, was dazu gehört.
Am besten zeigst du mir tatsächlich mal, von welcher Gevatter-Version du sprichst, und vielleicht auch deine Faustausgabe. Da müssen ja echt grundlegende Unterschiede zu dem vorherrschen, was ich gelesen habe.
Faust ist die von Erich Trunz kommentierte Ausgabe mit allen Teilen, während ich die Märchenausgabe in der Tat nicht mehr entziffern kann, da das Buch schon seit einigen Generationen im Familienbesitz ist. Es macht ja auch nichts, wenn wir unterschiedliche Meinungen zu der Thematik haben. Das zeichnet ja gerade die Literaturwissenschaft aus.
Öh, noes? Du verrutschst grad in der Diskussion um einige Zeilen; im Gevatter herrscht kein Fluch vor, also auch nix vonwegen Fluch mit Vorausdeutungen. Es gibt nicht einmal ein abstrahierbares Fluchmotiv. Was eigentlich auch von Anfang an meine Aussage war. Ich denke, du solltest den Diskussionsfluss nochmal nachverfolgen (kann die Verwirrung aber verstehen bei der Zitateschlacht).
Habe ich auch nie behauptet. Aber als wir aufs Thema Flüche kamen, habe ich dazu natürlich auch etwas geschrieben. In diesem Textzusammenhang war es allerdings in der Tat etwas weit gegriffen, wenn man von einem Fluch spricht. Allenfalls eine Vorstufe wäre hier unter Umständen denkbar.
Joa. Und weil die Gebrüder Grimm auch Dichter waren und eine Anthologie ein dichterisches Werk mit empirischen Autor ist ... oh halt. Nö.
Da kommt der Geschichtswissenschaftler in mir durch. Wir haben nun einmal keine Grundform des eigentlichen Märchens, von daher muss man mit gesundem Misstrauen an die Sache herangehen und beachten, dass Veränderungen möglich sind. So lange man sie nicht ausschließen kann, was bei mündlich tradierten Märchen eher schwer ist, muss man halt vorsichtig sein und annehmen, dass da eventuell etwas abgeändert wurde.
Und nun beweist du mir noch, dass diese Verschiebung zu einem völligen Kontextbruch geführt hat und dass du das nachweisbar auf Shakespeare zurückführen kannst.
Das nicht. Aber sehr wohl kann es zu Kontxtverschiebungen bei der Edition gekommen sein. Da kann der Editor noch so sauber gearbeitet haben, schon ein Wort kann ausreichen um Sinne zu verschieben.
Ich weiß nicht, ehrlich gesagt. Warum führen wir diese Diskussion? Achso, weil ich eine einzige Aussage zu pauschal formuliert hatte.
Nicht nur. Ich fürchte, wir gehen mit unterschiedlichen theoretischen Prämissen an das Thema heran. Das ist nicht böse gemeint, aber könnten wir uns vielleicht darauf einigen, dass wir beide im Rahmen unserer Theorien durchaus Recht haben, bevor wir hier noch mehr in den disziplinären Grabenkampf abrutschen?
Wie du in einem seiner Beiträge lesen kannst, trifft er überhaupt keine Gattungszuordnung, und diese Zuordnung ist auch völlig irrelevant, wenn man über den immanenten Zeichenkosmos spricht. Und "nicht ganz korrekt" ist eben nicht "falsch", weshalb ich immer noch nicht verstehe, warum man deshalb gleich die Geisteswissenschaftlerkeule ausgraben muss. In der Märchenform, die norkia bemüht (weiß nicht, ob ich das jetzt schon zwei- oder dreimal gesagt habe, vermutlich warst zweieinhalbmal), kann man kein Fatalitätsprinzip anwenden, ohne unschlüssig zu werden und einen faden Beigeschmack zu bekommen.
Und wie ich bereits aufgezeigt habe, kann es das ja sehr wohl. Der fade Beigeschmackk ist dabei doch sogar durchaus gewollt, um Erwartungen des Lesers/ Hörers zu durchbrechen.
Das war schon drei Posts weiter oben geschehen. Worüber wir grade streiten, sind Detailfragen, die du aufgeworfen hast, nicht ich.
Wie sagte mein Vater immer so schön: Zum Streiten gehören immer zwei und nie ist einer alleine Schuld. Das wir in den Detailfragen unterschiedlicher Meinung sind, kann vorkommen und ist für einen wissenschaftlichen Diskurs ja gerade gut. Wenn immer nur Einigkeit herrschen würde, würde man nie mit neuen Erkenntnissen vorankommen.
Danke. Würde gern noch ohne jegliche Häme, sondern eher für mich rechtfertigend anmerken, dass ich damit nicht angefangen habe.
Siehe Antowrt über mir. Von jeglicher "Schuld" reinwaschen kannst du dich da nicht. ;)
Auch das ohne Häme, aber wenn wir grad bei nicht ganz korrekten Zuordnungen sind: Diese Aussage könnte ich dir sicherlich mit der Sterntaler-Adaption im Woyzeck widerlegen. Desweiteren gibt es nicht den christlichen Wertekanon, es gibt mehrere, welche sich daraus erschließen und der des Mittelalters und der der Romantik sind schonmal grundlegend verschiedene, wenn auch die deutsche Romantik nach vorsichtiger Annäherung strebt.
Es gibt schon Gemeinsamkeiten, die nahezu allen christlichen Glaubensgemeinschaften gemein sind. Dass es dabei zu zeitlichen Veränderungen kommt, bestreite ich dabei nicht, da sie meine These vom zeitlichen Wandel ja stützen.
Ich gehe von dem Zeichenkosmos aus, dessen norkia sich bedient. Das ist per se nur einer.
Korrekt. Aber was wir daraus lesen beruht auf einem Zeichenkosmos, der auch von außen beeinflusst ist und der unsere kulturelle Beeinflussung repräsentiert.
Das ist das Problem, es wird eben nicht deutlich. Du hast an dieser Stelle keine Ausführung gestellt, sondern eine unbelegte These.
Wir haben mehrere Texte aufgeführt, die man so lesen kann. Wenn du nicht davon überzeugt bist, ist das deine Ansicht, die sich auf Grundlage unserer theoretischen Prämissen ergibt. Unbelegt ist sie damit noch lange nicht.
Dass jeder Text sich automatisch in ein Wertesystem einordnet, ist völlig natürlich, das bedeutet aber nicht, dass er damit moralisieren geht. Wäre dem so, dann dürften wir Juden keine Literatur verfassen.
Nicht direkt, aber zwischen den Zeilen findet bei den kleinen Formen immer eine Moralisierung statt. Das kann mal deutlicher (Fabeln) und mal weniger deutlich (Märchen) stattfinden.
Kannst mir aber gern argumentativ das Gegenteil beweisen.
Siehe kleine Formen.
Da ich Hausarbeiten im wissenschaftlichen Kontext schreibe, ist das eigentlich keinerlei Problem. Ich kann durchaus einen Strich zwischen mein wissenschaftliches und mein individuelles Dasein ziehen und lustig hin und herhüpfen, ohne in Wertekonflikte zu geraten. Lustig, was das 21te Jahrhundert mit den Menschen macht.
Das bezog sich weniger auf deine persönliche Art, die ich nicht oder nur schwer anhand einiger Posts im Forum beurteilen kann, sondern vielmehr auf die Art, wie du an wissenschaftliche Fragen herangehst. Wenn du nicht mehrperspektivisch arbeitest, wofür ich in der aktuellen Diskussion leider kaum etwas sehe, wirst du spätestens bei der Bachelorarbeit Probleme bekommen.
Du hast die immanente Deutung von deiner Schola abhängig gemacht, deshalb: Doch, irgendwie hast du das schon. Natürlich verschiebt sich die Wahrnehmung, natürlich verändert sich die Wertung, aber das ändert doch überhaupt nichts an der objektiven Feststellung, dass es mehrere Textversionen gibt, die sich kontextfrei miteinander vergleichen lassen.
"Kontextfrei" ist hier das Stichwort. So schön die These vom Tod des Autors ist, so lässt sich dennoch nicht der gesamtgesellschaftliche Kontext der Entstehung leugnen. Und gerade dieser Kontext fließt nahezu immer, wenn man einmal von ganz extremen Formen der Literatur absieht, mit in die Literatur ein.
Das ist keine Ausführung. Solange eine solche ausbleibt, beharre ich darauf, dass der Zeichenkosmos eben nicht derselbe ist.
Wie ich gesagt hatte, arbeite ich in diesem Zusammenhang nicht mit einer weiteren Ausdifferenzierung, sondern bleibe beim Volksmärchen, die einen gemeinsamen Zeichenkosmos schon durch die Definition der kleinen Formen haben. Wollten wir tiefer in die Materie einsteigen, könnten wir natürlich noch weitere Formen des Märchens einführen, allerdings würde uns das nicht weiterbringen.
Joa, und eine Äußerung zum Ende hast du dabei galant umschifft. Deshalb frage ich ja. Lesen kann ich noch. Auch mit Hornhautverkrümmung.
Wie viel Kritik ich an noRKia äußere, bleibt immer noch mir überlassen, Mordechaj. Sicherlich könnte ich noch mehr schreiben, aber ob es ihn weiterbringen würde, weiß ich nicht. Deshalb habe ich den Rest ausgelassen.
Das tue ich auch nicht. Ich sage aber, dass man mit Fug und Recht zuallererst von diesem Prinzip ausgehen darf, wenn es um Märchen geht. Und ich sage, dass dieses Prinzip vor allem in dem Zeichenkosmos, den norkia bemüht, Anwendung findet.
Bei noRKia findet erstmal sein Zeichenkosmos Anwendung. Das wir hier etwas anderes darüberprojeziert haben, tut dabei nichts zur Sache. Bei noRKia kommt die Phrase im Übrigen auch nicht vor, so dass er diesen Zeichenkosmos auch nicht bemüht. Von daher sehe ich keinen Sinn darin, jetzt darüber zu diskutieren.
Ja. Man muss ja auch alles sofort wissenschaftlich analysieren.
Auf dem Niveau, wo wir uns gerade bewegt haben: Ja.
Und es ist eine geläufige Bezeichnung, wenn man nicht "Mittelalter" sagen will. Elohim adirim. Du rückst echt so langsam ein bisschen auf eine extrem autistische Ebene.
Danke, ich habe einen intakten Freundeskreis inklusive Freundin und bin Mitglied dvierser Vereine, von daher kannst du dir deine Anspielungen sparen, zumal sie mal eben gar nichts zur Diskussion beiträgt. Wenn du auf der Ebene weiterdiskutieren willst, dann nutze die PN-Funktion. Andernfalls bitte ich dich, von dieser Schiene abzurücken.
Und da wir die ganze Zeit über Reiseromane reden, ist das auch relevant.
Du hast den Zeichenkosmos der Antike und des Mittelalters mit ins Spiel gebracht und ich habe lediglich ein Beispiel gebracht, dass es eben doch Motive gibt, die dort übergreifend benutzt werden. Aber du hast Recht, das würde jetzt zu weit führen.
Exakt. Und da der Editor sich frech das Recht herausnimmt, Motivzyklen radikal zu verschieben und in sein eigenes Kulturverständnis zu brechen (sind ja auch seit dem Schreiberbegriff des 13ten Jahrhunderts keinen Schritt weitergekommen), ist das auch relevant.
Er nimmt jedenfalls Änderungen vor. Wenn du die ignorieren willst, dann ist das deine Sache. Meine Auffassung von wissenschaftlichem Arbeiten ist jedenfalls, dass sie auch hier berücksichtigt werden müssen.
Was ich nicht annehmen will, ist diese völlig überhebliche Art zu meinen, aus deinem akademischen Grad ergebe sich irgendein Obrigkeitsargument.
Das hatte ich weder intendiert noch gemeint. Ich hatte lediglich herausstellen wollen, dass ich bereits fertig mit dem Studium bin und nicht mehr, wei von dir behauptet ein Wannabe. Ich arbeite nun einmal in diesem Bereich. Das hat nichts mit Obrigkeit zu tun, sondern ist einfach eine Tatsache, die so ist.
Mag dir komisch erscheinen, aber ich finde es ziemlich frech, wenn jemand ungefragt Buchempfehlungen verteilt und damit unterstellt, man würde sich mit seinen Thesen nicht auseinandersetzen (und nicht etwa sagt "Dort und dort wird diese These anders gelöst, mit dem und dem Argumentverkehr"), oder so tut, als ergäbe sich die Diskussionsgrundlage aus Belesenheit.
Ich hatte den Eindruck, dass dich dieses Thema interessiert und du daher gerade auch vor dem Hintergrund deines Studiums eventuell Interesse an weiterführender Literatur hast. Falls dem nicht so sein sollte, kann ich mich dennoch weiterhin auf die in den Büchern vorkommenden Thesen stützen und das in die Argumentation einfließen lassen. Es zeigt doch nur, dass ich mich mit deinen Thesen auseinandersetze und Interesse an der Diskussion habe. Wenn ich dann halt auch mal Argumente bringe, die du so wehement forderst, darfst du dich dann auch nicht wundern, wenn mal eine Sekundärliteratur dazukommt. Das ist nicht frech, sondern wissenschaftliches Diskutieren über Texte. Du darfst ja genau so gut Gegenthesen auf Grundlage von Büchern finden.
Ich weiß ja nicht, wie eine Argumentation bei euch an der Uni abläuft, aber wir haben immer mit Literatur gearbeitet ...
Es mag dir komisch erscheinen, aber ich finde es nicht sonderlich sympathisch, wenn jemand ständig seine abschlussrelevanten Qualifikationen in die Argumentation streuen muss, als würde das was zur Sache tun. Das ist herabblickend und unnütz.
Wie gesagt, ich wollte nur darauf hinweisen, dass ich fertig bin, da deine Ausführungen auf mich auch nicht gerade freundlich wirkten und den Eindruck machten, dass du mich eher gering schätzt und meine Argumentation abschwächen wolltest. In diesem Zusammenhang habe ich dann lediglich ausführen wollen, dass ich eben schon fertig bin und in dem Bereich arbeite. Der Hinweis mit der Prüfung kam nur daher, da ich selbst aus Erfahrung weiß, dass deine Argumentationsart leicht gefährlich ist in mündlichen Prüfungen und ebenfalls als überheblich wirken kann. Es sollte daher ein Hinweis darauf sein, dass du vielleicht manchmal auch ein wenig übers Ziel herausschießt. Vielleicht hätte ich allerdings einfach nocht mehr Smileys dahinter setzen sollen, um dies zu veranschaulichen. ;)
Es ist mir dabei auch schnurriger als schnurre, ob du mich prüfen dürftest, ich muss deine Ausführungen deshalb nicht als den Urschleim, aus dem wir gemacht sind, anbeten. Auch wenn das für dich nicht so sein mag, weil ich ja so tumb und welpenhaft bin, ich bin dennoch in gleichwertiger Gesprächspartner und so würde ich mich auch gern behandelt wissen.
Du sollst auch nicht alles, was ich von mir gebe einfach so, ohne es zu hinterfragen hinnehmen. Wenn ich so handeln würde, wäre ich ein schlechter Lehrer. Aber es gibt nun einmal mehrere Sichtweisen, von daher akzeptiere auch meine Sichtweise auf das Thema. Aber wenn du als gleichwertiger Gesprächspartner behandelt werden willst, dannn behandele du mich bitte auch so. Ich bin immerhin nicht auf die Autismusschiene abgerutscht, die wirklich nicht angebracht ist. Fasse es vielmehr als konstruktive Kritik auf.
Also: Ja, genau diese Schiene will ich fahren. Dein Master und dein Staatsexamen beweisen weder deine Unfehlbarkeit, noch machen sie irgendwas von dem, was du sagst, richtiger, noch werten sie deine Argumentationsweise qualitativ irgendwie auf. Sie sagen genau eins: Du hast einen gewissen akademischen Grad erreicht. Das hat Westerwelle übrigens auch, der ist promovierter Rechtswissenschaftler; - gerade den würde ich trotzdem nicht allzu ernst nehmen.
Ich und Westerwelle liegen Welten auseinander. Die Aussage darf jetzt jeder für sich interpretieren. Ansonsten gilt: Nein, ich bin nicht unfehlbar. Du allerdings auch nicht, auch wenn manche Posts manchmal den Eindruck vermitteln (subjektiver Eindruck).
Und selbst wenn du der Scheich von Dubai bist: Wir können gern auch auf höherem Niveau diskutieren, aber das bitte ohne das hohe Ross dazu. Wir sind beide groß genug, um dem anderen nicht den Respekt abzuerkennen.
Wie gesagt, dann tu du das auch. Eigentlich wollte ich nämlich auf die persönliche Ebene nicht mehr eingehen, was eigentlich durch "was ich dazu sagen soll" deutlich geworden sein sollte.
Et ouaip, ich weiß, dass auch meine Äußerung da nicht grad von Respekt strotzt, aber von wem ich mich nicht ernstgenommen fühle, tut mir leid, den muss ich auch nicht ernstnehmen.
Ich nehme dich mehr als Ernst, ansonsten würde ich mir gar nicht die Zeit nehmen, auf deine Zitate einzugehen. Respekt bringe ich allerdings den Menschen immer gegenüber, auch wenn du da anscheinend etwas in den falschen Hals bekommen hast.
So und hiermit klinke ich mich aus der Diskussion aus. Ich wollte eigentlich nur konstruktiv diskutieren, aber wenn das nicht möglich ist und man dann beleidigend mir gegenüber wird, sehe ich auch keine Veranlassung mehr, weiter zu diskutieren. Ende und aus.
Mordechaj
24.01.2011, 17:59
Falsch, du sprichst über mehrere Versionen. Ich habe die handelsübliche Fassung aufgeführt. Das habe ich auch mehrmals betont. Und um es jetzt noch einmal klipp und klar zu sagen: Ich spreche von der Version, in der der Arzt durch das Eingreifen des Gevatters am Ende der Erzählung ohne weitere Tricks stirbt.
Wenn wir über den Zeichenkosmos reden, werden wir allerdings nicht umhin kommen, mehrere Versionen zurate zu ziehen.
Nein, sie verdeutlichen viel mehr, indem man eben davon ausgehen kann, dass es eine Vorausdeutung auf den Tod des Protagonisten selbst ist. Da wir hier allerdings von zwei unterschiedlichen Interpretationen ausgehen, müssen wir nicht zwangsweise auf einen Nenner kommen. Aber ich nehme mir durchaus das Recht heraus genauso bei meiner Interpretation zu bleiben, wie du bei deiner.
Das sei dir auch fein zugestanden. Daraus aber einen allgemeingültigen Standpunkt ableiten zu wollen, finde ich nicht richtig, da du dich auf ein Einzelbeispiel stützt, das du eben so interpretierst, wie du es denkst.
Wenn man die Gattung Märchen zugrunde legt, wie du es ja auch gerne tust, kann man das in der Tat ab dem Zeitpunkt, wo die Prinzessin auftaucht.
Also etwa ab dem letzten Drittel des Textes. Fatalität ist das gar nicht.
Stopp. Wenn du eine andere Textfassung mit einem anderen Ende zugrunde legst, funktioniert das in der Tat nicht mehr. Ich gehe allerdings wie gesagt von einem bestimmten Ende aus und im Rahmen dieser Erzählung funktioniert es dann. Ginge man darüber hinaus, könnte man auch wieder vergleichende Literaturwissenschaft betreiben und gucken, warum die Enden verändert wurden oder unterschiedlich tradiert wurden. Das ändert jedoch nichts daran, dass es eben auch eine Fassung gibt, in der die Fatalität prinzipiell möglich ist.
Es ist aber eben keine Fatalität, es ist ein anderes Ende. Man hat genau ein Element in der Erzählung ausgetauscht, das Ende. Nicht die Vorausdeutungen, nicht den Handlungsablauf, nicht den Motivzyklus. Fatalität bestimmt sich aber in allen drei Ebenen, nicht nur im Ende. Wir haben aber keinen fatalen Ablauf, nur ein unrosiges Ende, welches der Verschiebung ins Areligiöse zugrunde liegt.
Nur so viel noch einmal: Auch Zeichensysteme unterliegen einem Wandel, die du mit in deine Berücksichtigung miteinfließen lassen musst. Goethe wandelt daher in seiner Version des Faust auch Teile des Zeichensystems in einen für seine Zeit modernen Rahmen um, was ein völlig normaler Zug in der Literaturwissenschaft ist. Mit dem ursprünglichen Zeichensystem musst du daher sehr vorsichtig umgehen, da Motive und ihre Lesarten sich auch schon zu Goethes Zeiten von dem ursprünglichen Zeichensystem entfernt hatten.
Das ändert aber nichts an der Vergleichbarkeit der Texte und ihrer Motive, das ändert auch nichts an den großen Überlappungen der Zeichenkosmen. Du kannst bei Goethe beinahe mit Präzision sagen, welche Elemente er schlüssig verfremdet hat, welche er aufpoliert und wo er umwertet. Die prinzipielle Grundstruktur bleibt erhalten, genauso wie eine große Schnittmenge an Zeichenkosmos.
Das zeigt mir nur, dass du meine Ausführungen anscheinend nur überfliegst, da ich ja auch auf die kleinen Formen, die epochenunabhängig sind, eingegangen bin.
In Zitiertem sprichst du aber über Faust im Epochenbezug, was, wie ich mit Verlaub anmerkte, nicht ganz kosher ist.
Das sehen andere Literaturwissenschaftler natürlich ganz anders. Tatsache ist, dass man natürlich schon darüber streiten kann, ob der Sturm und Drang überhaupt als Epoche gelten kann, da er ja nur einen sehr kurzen Zeitraum beschreibt, der zeitlich sogar nicht klar definiert ist. Geht man allerdings davon aus, dass es möglich ist, diese Epoche zu umgreifen, dann wird Faust I aufgrund seiner Form gerne dem Sturm und Drang zugerechnet, während Faust II eher der Klassik zugerechnet wird. Die Romantik fällt übrigens definitiv ganz heraus. Diese wurde bekanntlich von Goethe abgelehnt. Du kannst diese Aussage gerne anzweifeln. es ändert allerdings wenig an der allgemeinen Zuordnung.
Es fallen alle Epochen raus. Faust I hat definitiv keine epochenspezifischen Merkmale mehr. Das können andere Literaturwissenschaftler sehen, wie sie wollen, das sind vermutlich die gleichen, die Goethes Lebenswerk qualitativ über das von Heine oder Büchner stellen. Und mit dem einen oder dem anderen oder beidem mögen sie recht haben, ich muss es trotzdem nicht akzeptieren.
Also abgesehen davon, dass der Epochenbezug eben nicht gegeben ist.
Außerdem solltest du schon Interesse an weiterführender Literatur haben, schon da dort relativ kurz die Epocheneinordnung zusammengefasst wird.
Die ich ja für irrelevant halte, vor allem auch, weil ich Goethe für beinahe irrelevant halte. Klingt radikal, aber zum Glück bin ich nicht das Relevanz-o-meter.
Ich wiederhole mich vielleicht, aber ich habe die Gebrüder Grimm nicht als Autoren, das wären sie eher bei ihrem Wörterbuch, ausgegeben, sondern als Editoren. Und da liegen der späte Goethe und die Brüder Grimm auch nur ein paar Jahre auseinander. Eine Vergleichbarkeit des historischen Kontextes ist daher schon zu Teilen gegeben, auch wenn ein Goethe eher der Periode der Französischen Revolution, Napoleons und der Restauration zuzordnen ist, während die Gebrüder Grimm historisch eher der Zeit des Vormärz zuzordnen sind. Beide Ereignisse liegen allerdings nur an die 30 Jahre auseinander, was aus historischer Sicht nicht unbedingt viel ist. Dennoch nehmen soziale Einflüsse der Zeit einen nicht geringen Einfluss auf das Schaffen dieser Zeit.
Editoren sind nicht für den Zeichenkomplex verantwortlich und gute Editoren, was die Brüder Grimm waren, lassen sich auch nicht zum "Schaffen" heran, sie edieren. Wenn du nun einen expliziten Autor, sei es nun Goethe oder Shakespeare, den Editoren Grimm gegenüberstellst, dann sehe ich da ein grundlegendes Problem.
Kurzfassung: Gehen wir von einer fatalistischen Situation aus, wie ich sie zugrunde gelegt habe, muss es in der Folge spätestens ab der Widersetzung des Arztes zu einem bitteren Ende kommen. Betrachtet man nun die Figur des Todes, so ist auffallend, dass er bereits zu Beginn dem Arzt die Konsequenzen seines möglichen Handelns aufzeigt. Wir haben somit bereits zu Beginn eine Situation, in der das Motiv des Todes als Vorausdeutung für ein mögliches Fehlverhalten auftaucht. Folgt man dieser Argumentationslinie weiter, so mehren sich die Zeichen gegen Ende zunehmend, dass der Arzt sterben wird. Die Vorasudeutung vom Anfang findet somit am Ende ihr fatales Ende.
Und dem möchte ich widersprechen. Fatalität heißt nicht "Es ist ein auswegloses Ende zu erwarten", es heißt, dass sich die Handlungsabläufe immer weiter zuspitzen, der Ausweg in Stufen oder im fließenden Übergang genommen wird. Die Fatalität entsteht auf Grundlage von sich verschlimmernden bzw. verkomplizierenden Konflikten. ich würde allerhöchstens so weit mitgehen, dass das Liebeswagnis eine Fatalität beinhaltet, als Geschichtenmoment ist das aber eine ziemliche Randerscheinung, die in die Textsorte hineingelegt wurde, ihr nicht inhärent ist.
Sie bestätigt sie aber auch nicht, sondern lässt beide Möglichkeiten offen.
Wenn man die Hufgeräusche Zebras zuordnen möchte, sicher.
Wir sind uns somit nicht einig, wie das Märchen zu lesen ist. Das kann in der Literaturwissenschaft passieren und ist auch nicht unüblich, allerdings solltest du dann auch andere Meinungen akzeptieren. Was ich die ganze Zeit versuche, ist aufzuzeigen, dass neben deiner Lesart, die prinzipiell natürlich möglich ist, auch andere Lesarten gibt.
Aber was beweist das denn? In einer Kritik kann ich nur meine eigene Meinung widergeben, gegen die hast du angeredet. Wie andere Leute eine Textform sehen, ist mit im außerwissenschaftlichen Kontext eigentlich nicht sonderlich wichtig und es ist auch nicht meine Aufgabe, mich darum zu kümmern, alles abzudecken. Für mich existiert diese Fatalität in dieser Sorte Märchen nicht, für dich schon. Was haben wir damit bewiesen? Genau, nichts.
Wie du das jetzt aus meiner Aussage rauslesen willst, ist mir schleierhaft, da ich darauf in keinster Weise eingegangen bin.
Erinnerst du dich, was norkia über seine Inspiration gesagt hat? Offensichtlich nicht, denn dann wüsstest du, dass deine Aussage nicht schlüssig sein kann.
Zumindest in Bezug auf die Moralvorstellungen tut es das ja sogar, wenn man das Märchen in seinen zeitlichen Kontext setzt. Aber wie bereits gesagt, unterscheiden sich die Märchen untereinander ja auch teilweise gravierend, da sie eben nicht aus einer einzigen Quelle stammen.
Es ging um das hypothetische Märchen mit dem Hack'n'Slay-Kram, dessen Existenz ich verneine. Dass norkias Märchen einen Zeichenkosmos mit genannten teilt, beweist eigentlich nur meine Argumentation, weil diese Märchen eben per se keine Fatalität kennen können.
Natürlich finden sich auch kleinere Motive in beiden wieder.
Bitte? "kleinere" Motive? Joa. Sind ja nur Hauptelemente, ohne welche weder der eine noch der andere Text irgendwie funktionieren würde. :A
Aber beim Faust geht es primär um ein Spiel zwischen den Mächten des Guten (Gott) und des Bösen (Mephisto), die ein Spiel um die Seele des Menschen treiben. Das beginnt im Prolog im Himmel (Faust I) und endet mit Fausts Himmelfahrt (Faust II). Natürlich kommt es allerdings in der Binnenhandlung zu einer detaillierten Beschriebung und Inszenierung des Paktes mit allem, was dazu gehört.
Und ohne Pakt, Entgrenzung bzw. Landgewinnung, Liebeswagnis mit Gretchen, Fausts Abwendung vom Frommen und das gesamte eschatologische Prinzip wäre das auch immernoch alles möglich? Hm. Ich glaube, ich habe Faust falsch gelesen; hätte wohl doch ein paar Seiten rausreißen sollen - nicht nur wegen den schlechten Reimen.
Habe ich auch nie behauptet. Aber als wir aufs Thema Flüche kamen, habe ich dazu natürlich auch etwas geschrieben. In diesem Textzusammenhang war es allerdings in der Tat etwas weit gegriffen, wenn man von einem Fluch spricht. Allenfalls eine Vorstufe wäre hier unter Umständen denkbar.
Das finde ich eben überhaupt nicht. Das Fluchmotiv in den Hausmärchen ist eigentlich sehr klar eingrenzbar, weil es sich auf vorher existente Zeichenkosmen bezieht, welche aus einer Zeit stammen, in der noch extrem feste Form-Inhalts-Beziehungen vorherrschten.
Da kommt der Geschichtswissenschaftler in mir durch. Wir haben nun einmal keine Grundform des eigentlichen Märchens, von daher muss man mit gesundem Misstrauen an die Sache herangehen und beachten, dass Veränderungen möglich sind. So lange man sie nicht ausschließen kann, was bei mündlich tradierten Märchen eher schwer ist, muss man halt vorsichtig sein und annehmen, dass da eventuell etwas abgeändert wurde.
Aber doch kein gesamter Motivinhalt. Das wäre Stümpertum höchster Güte.
Das nicht. Aber sehr wohl kann es zu Kontxtverschiebungen bei der Edition gekommen sein. Da kann der Editor noch so sauber gearbeitet haben, schon ein Wort kann ausreichen um Sinne zu verschieben.
Da die Mediävisten aber schlaue Leute waren und mit mehreren Textversionen differentialisch gearbeitet haben, ist es eine ziemlich gewagte Annahme, dass ein ganzes Zeichenfeld in einen anderen Sinnkontext transponiert wurde. Und du wirst diese Annahme auch weder als Argument anwenden können, noch solltest du ihre Wahrscheinlichkeit annehmen.
Nicht nur. Ich fürchte, wir gehen mit unterschiedlichen theoretischen Prämissen an das Thema heran. Das ist nicht böse gemeint, aber könnten wir uns vielleicht darauf einigen, dass wir beide im Rahmen unserer Theorien durchaus Recht haben, bevor wir hier noch mehr in den disziplinären Grabenkampf abrutschen?
Das können wir durchaus. =)
Das Problem, das ich leider gesehen habe, war eben, dass ich nicht bereit bin, für das Seelenheil anderer Grabenbewohner aufzukommen. Ich gestehe dir deine Meinung zum Thema gern zu und wir werden vermutlich auch keinen klaren Nenner finden, was ich für gar nicht mal schlecht halte.
Und wie ich bereits aufgezeigt habe, kann es das ja sehr wohl. Der fade Beigeschmackk ist dabei doch sogar durchaus gewollt, um Erwartungen des Lesers/ Hörers zu durchbrechen.
Durch Unschlüssigkeit und einen unbefriedigenden Texteindruck? Das ist mir ehrlich gesagt zu gutmütig geurteilt.
Es gibt schon Gemeinsamkeiten, die nahezu allen christlichen Glaubensgemeinschaften gemein sind.
Joa, natürlich gibt es Gemeinsamkeiten. Diese müssen aber nicht zwangsläufig in literarischen Texten auftreten und sehr oft tun sie das auch nicht, weil jede Textsorte ihren eigenen Anspruch stellt. Es kommt dabei vor allem darauf an, mit welcher Anschauung die christliche dabei verknüpft wird, denn sie taucht selten allein, und dann in der Regel nur im Schreibstubenproduktionen auf und versucht sich vehement von allem anderen abzugrenzen.
Korrekt. Aber was wir daraus lesen beruht auf einem Zeichenkosmos, der auch von außen beeinflusst ist und der unsere kulturelle Beeinflussung repräsentiert.
Diese Aussage entkräftet das Argument nicht. Sie relativiert sie höchstens in gewisser (für mein Gefühl unzureichender) Art und Weise.
Wir haben mehrere Texte aufgeführt, die man so lesen kann. Wenn du nicht davon überzeugt bist, ist das deine Ansicht, die sich auf Grundlage unserer theoretischen Prämissen ergibt. Unbelegt ist sie damit noch lange nicht.
Ich denke schon. Unbelegt ist sie solange, bis du sie belegst. Das hast du nicht getan, nur angenommen, es reicht, die Texte unter dem Begriffsfeld Fatalität zu nennen. Mehr ist nicht geschehen, es gibt weder eine Begründung dafür, noch führst du die These anders irgendwie aus.
Nicht direkt, aber zwischen den Zeilen findet bei den kleinen Formen immer eine Moralisierung statt. Das kann mal deutlicher (Fabeln) und mal weniger deutlich (Märchen) stattfinden.
Auch das müsstest du mir belegen, die bloße Behauptung reicht mir nicht.
Und selbst dann müsstest du noch herausstellen, dass dieser Nebeneffekt bewusst gesetzt und ein Teil der Hauptintention der Textsorte ist.
Das bezog sich weniger auf deine persönliche Art, die ich nicht oder nur schwer anhand einiger Posts im Forum beurteilen kann, sondern vielmehr auf die Art, wie du an wissenschaftliche Fragen herangehst. Wenn du nicht mehrperspektivisch arbeitest, wofür ich in der aktuellen Diskussion leider kaum etwas sehe, wirst du spätestens bei der Bachelorarbeit Probleme bekommen.
Da wir diese Diskussion aber nicht im wissenschaftlichen Rahmen halten und ich dir nicht gestatte, meine wissenschaftliche Arbeitsweise irgendwie einzusehen und dir damit auch ein Kommentar dazu versagt bleibt, find ich diese Beurteilung schon wieder höchst unhöflich und herablassend.
"Kontextfrei" ist hier das Stichwort. So schön die These vom Tod des Autors ist, so lässt sich dennoch nicht der gesamtgesellschaftliche Kontext der Entstehung leugnen. Und gerade dieser Kontext fließt nahezu immer, wenn man einmal von ganz extremen Formen der Literatur absieht, mit in die Literatur ein.
See, du steckst für meine Begriffe auch viel zu stark in diesem Wertebereich deines akademischen Daseins. Du liest "immanent" und kommst sofort auf die werkimmenente Betrachtung, als hätte ich das irgendwo gesagt. Texte lassen sich kontextfrei vergleichen, mehr habe ich nicht gesagt, ich habe nicht gefordert, dass das so geschieht, du hingegen legst sofort einen sozialgeschichtlichen Grundsatz hinein, als wäre das der Anspruch. Und dabei verschiebst du den Kontext nicht etwa auf den Urheberbegriff, nein, du verschiebst ihn zu den Editoren, machst sie zu Urhebern und betrachtest ihren Kontext. Und das, muss ich sagen, ergibt keinerlei Sinn.
Wie ich gesagt hatte, arbeite ich in diesem Zusammenhang nicht mit einer weiteren Ausdifferenzierung, sondern bleibe beim Volksmärchen, die einen gemeinsamen Zeichenkosmos schon durch die Definition der kleinen Formen haben. Wollten wir tiefer in die Materie einsteigen, könnten wir natürlich noch weitere Formen des Märchens einführen, allerdings würde uns das nicht weiterbringen.
Deine Aussage dabei ist also, die Abgrenzbarkeit eines Zeichenkosmos verpuffe gegenüber der Vielschichtigkeit des Märchenbegriffs (der nichts mehr ist als das: ein Begriff), denn du beharrst ja darauf, dass es nichts einheitlich Betrachtbares darunter gibt. Also schlage ich vor, wir sehen es abgrenzbarer, machen kleine Teile daraus, betrachten Textsorten innerhalb des Märchenbegriffs - was wir auch ohne Tiefgang in die Materie machen können, wir sind kluge Menschen und können zwischen der Baba Jaga und Ali Baba unterscheiden. Aber das willst du nicht, weil du meinst, es führt zu nichts. Damit verursachst du für meine Begriffe ein grundsätzliches Problem, nämlich das, dass du sagst, alles kann ein Märchen sein, wenn es irgendwelche halbwegs so herausstellbaren Elemente enthält, nichts davon muss sich schlüssig einordnen lassen.
In einem Reproduktionsprozess, so wie ich ihn bei norkia durchaus sehe und der ein wenig auf die gleiche Stelle tritt wie du, ist das aber fatal, weil man sich einfach klauben mag, was man grad zur Hand hat - eine inhärente Logik oder sonst irgendeine Form von Schlüssigkeit entsteht dabei allerdings nicht oder nur im Lotto-Zufallsprinzip.
Wie viel Kritik ich an noRKia äußere, bleibt immer noch mir überlassen, Mordechaj. Sicherlich könnte ich noch mehr schreiben, aber ob es ihn weiterbringen würde, weiß ich nicht. Deshalb habe ich den Rest ausgelassen.
Ich hatte auch nicht verlangt, dass du mehr Kritik äußerst, ich habe verlangt, dass du dich speziell zur Beziehung zwischen Ausgang des Textes zum Handlungsverlauf äußerst, weil deine Einschätzung dabei durchaus von hoher Wichtigkeit ist, wenn wir über das reden wollen, worüber wir reden. Du sagst, es ist okay, den Zeichenkosmos derart zu brechen, ich sage, das ist es nicht. Mit deiner Aussage ginge einher, dass du das Ende in Kohärenz zum Gesamttext siehst, was ich allerdings nicht glaube; und genau dann, wenn das nicht so ist, wenn du diese Kohärenz nicht feststellst, würde ich gern fragen, warum dem so ist, weil nämlich das uns einige Kreisbewegungen um den Breitopf sparen könnte.
Bei noRKia findet erstmal sein Zeichenkosmos Anwendung. Das wir hier etwas anderes darüberprojeziert haben, tut dabei nichts zur Sache. Bei noRKia kommt die Phrase im Übrigen auch nicht vor, so dass er diesen Zeichenkosmos auch nicht bemüht. Von daher sehe ich keinen Sinn darin, jetzt darüber zu diskutieren.
Da sein Zeichenkosmos sich aber im Diskurs auf einen ganz bestimmten anderen stützt, der dieses Mittel verlangt, ist der seine eben nicht schlüssig. Und das ist meine ganze Aussage, es ist nicht schlüssig.
Auf dem Niveau, wo wir uns gerade bewegt haben: Ja.
Dieses Niveau habe aber nicht ich hervorgerufen und es ist mir auch nicht sonderlich recht.
Danke, ich habe einen intakten Freundeskreis inklusive Freundin und bin Mitglied dvierser Vereine, von daher kannst du dir deine Anspielungen sparen, zumal sie mal eben gar nichts zur Diskussion beiträgt. Wenn du auf der Ebene weiterdiskutieren willst, dann nutze die PN-Funktion. Andernfalls bitte ich dich, von dieser Schiene abzurücken.
Weiß zwar nicht, welchen Nerv ich da grade getroffen habe, aber ich entschuldige mich für den Reiz, den ich hervorgerufen haben muss.
Ging eigentlich nur darum, dass du die Dinge viel, viel zu wörtlich nimmst.
Du hast den Zeichenkosmos der Antike und des Mittelalters mit ins Spiel gebracht
Nein, das warst du.
Er nimmt jedenfalls Änderungen vor. Wenn du die ignorieren willst, dann ist das deine Sache. Meine Auffassung von wissenschaftlichem Arbeiten ist jedenfalls, dass sie auch hier berücksichtigt werden müssen.
Er ändert aber nicht den Zeichenkomplex. Wenn du das annehmen willst, dann ist das deine Sache. Meine Auffassung von wissenschaftlichem Arbeiten ist jedenfalls, dass du das dann schlüssig belegen können müsstest. Also mal ganz davon abgesehen, dass wir hier nicht wissenschaftlich arbeiten.
Ich hatte den Eindruck, dass dich dieses Thema interessiert und du daher gerade auch vor dem Hintergrund deines Studiums eventuell Interesse an weiterführender Literatur hast.
Wenn ich Probleme habe, mich mit der Materie selbstständig auseinanderzusetzen und mir selbst weiterführende Literatur zu verschaffen, dann melde ich mich schon, keine Angst.
Es zeigt doch nur, dass ich mich mit deinen Thesen auseinandersetze und Interesse an der Diskussion habe. Wenn ich dann halt auch mal Argumente bringe, die du so wehement forderst, darfst du dich dann auch nicht wundern, wenn mal eine Sekundärliteratur dazukommt. Das ist nicht frech, sondern wissenschaftliches Diskutieren über Texte. Du darfst ja genau so gut Gegenthesen auf Grundlage von Büchern finden.
Das Problem, dass ich damit vehement habe, ist die Tatsache, dass du nicht auf Grundlage von, sondern mit Sekundärliteratur konterst, und zwar in einer für meine Begriffe absolut unhöflichen Art und Weise, die unterstellt, ich wäre nicht selbst zu einer Beschäftigung in der Lage. Das ist entmündigend und ungefragt und, wie ich offen gestehen muss, in meinem Kulturkreis eine ziemlich arge Beleidigung. Es wäre mir deshalb lieb, wenn du das anders verpacken würdest, zum Beispiel in "ich beziehe mich dabei auf folgende Ausführungen von folgendem Autor" oder "das ergibt sich in folgender Betrachtung von folgendem Urheber". Du darfst dich gern in einen Quellendiskurs einordnen, gibt nichts Gesünderes und Wissenschaftlicheres als eine Querverortung des eigenen Kanons in anderen Quellen, aber dann tu das bitte im Bezug auf dich selbst und nicht im Sinne von "Lies mal, dann kapierst auch du das."
Und ja, mir ist mittlerweile klar, dass das nicht deine Aussageabsicht war, beleidigend ist es für mich aber trotzdem.
Ich weiß ja nicht, wie eine Argumentation bei euch an der Uni abläuft, aber wir haben immer mit Literatur gearbeitet ...
Joa, wir arbeiten aus Literatur heraus, nicht über sie hinweg durch Namedropping, um das eigene Profil zu vertiefen. Mag dran liegen, dass wir keine Schola haben, der wir uns unterwerfen (oder vielleicht haben wir eine und ich check das einfach nicht, weil ich daran absolut kein Interesse habe), sondern uns frei in allen Betrachtungsweisen bedienen, weshalb wir uns bzw. weshalb ich mich auch nur mit dem beschäftige, was ich grade brauche und nicht mit allem, was 3 Meilen drumherum liegt, nur weil irgendwer das mal für relevant hielt. Dieser Genieglaube geht mir sowieso etwas ab.
Wie gesagt, ich wollte nur darauf hinweisen, dass ich fertig bin, da deine Ausführungen auf mich auch nicht gerade freundlich wirkten und den Eindruck machten, dass du mich eher gering schätzt und meine Argumentation abschwächen wolltest.
Das wollte ich keineswegs. Ich wollte darauf aufmerksam machen, dass wir beide offensichtliche Schwächen und Stärken haben, unabhängig davon, wie weit fortgeschritten unsere akademische Laufbahn ist und wie viele Bereiche sie abdeckt.
Der Hinweis mit der Prüfung kam nur daher, da ich selbst aus Erfahrung weiß, dass deine Argumentationsart leicht gefährlich ist in mündlichen Prüfungen und ebenfalls als überheblich wirken kann. Es sollte daher ein Hinweis darauf sein, dass du vielleicht manchmal auch ein wenig übers Ziel herausschießt. Vielleicht hätte ich allerdings einfach nocht mehr Smileys dahinter setzen sollen, um dies zu veranschaulichen. ;)
Auch das ist für mein Verständnis immernoch recht unhöflich. Es handelt sich um eine Sache, die du nicht beurteilen kannst und zu der ich dich auch nicht um ein Urteil gebeten habe. Du wirst unter anderem auch verstehen, dass wir hier eben nicht im wissenschaftlichen Rahmen sprechen und dass zwischen dem schriftlichen, unwissenschaftlichen Diskurs und dem mündlichen Diskurs im wissenschaftlichen Kontext Dimensionen um Dimensionen liegen.
Aber es gibt nun einmal mehrere Sichtweisen, von daher akzeptiere auch meine Sichtweise auf das Thema.
Ich habe sie niemals nicht akzeptiert. Dagegen anreden kann ich doch aber dennoch, oder?
Aber wenn du als gleichwertiger Gesprächspartner behandelt werden willst, dannn behandele du mich bitte auch so.
Das habe ich für mein Gefühl bis etwa zu den Äußerungen, die mir sehr im Schuh kniffen, getan.
Ich und Westerwelle liegen Welten auseinander. Die Aussage darf jetzt jeder für sich interpretieren.
Ging eigentlich auch nur darum, dass dein akademischer Grad aus dir nicht automatisch einen besseren Menschen macht. Guido musste da als Beispiel herhalten.
Ansonsten gilt: Nein, ich bin nicht unfehlbar. Du allerdings auch nicht, auch wenn manche Posts manchmal den Eindruck vermitteln (subjektiver Eindruck).
Ich finde nicht, dass meine Posts den Eindruck der Unfehlbarkeit vermitteln. Ich rede oft genug Schrott und vergreife mich auch gern mal in Ton und Thematik.
Ich nehme dich mehr als Ernst, ansonsten würde ich mir gar nicht die Zeit nehmen, auf deine Zitate einzugehen. Respekt bringe ich allerdings den Menschen immer gegenüber, auch wenn du da anscheinend etwas in den falschen Hals bekommen hast.
Quid pro quo. ;)
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