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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Germanistik]Syntaktische Analyse - Heringers Konstitutionssystem



Mordechaj
13.12.2010, 23:46
Ist zwar fast schon etwas gewagt, das hier reinzustellen, aber in Vertrauen auf gebildete Germanistiken und sonstig geplagte:


Hat irgendwer tiefere Einblicke in das Konstitutionssystem zur syntaktischen Analyse (Heringers "Syntax des Deutschen")? Ich hab alle vorangehenden analytischen Grundschritte meiner Meinung nach ganz gut verinnerlicht (Definition eines Gebildes als Satz kann in dieser Betrachtung intuitiv geschlossen werden, Herausstellung von Bedeutungsunterschieden, Beschreibung von Mehrdeutigkeit eines Satzes), aber dann hört es irgendwo zwischendrin auf.

Das geht schon bei Kommutation-Exklusion los. In meinem Skript sieht Kommutation so aus, dass einzelne Plereme vertauscht werden:

(5a) Er kommt.
(5b) Sie kommt.
Schön und gut. Dann sagt man mir aber, dass auch Folgendes möglich ist, da nicht nur einzelne Plereme kommutieren:

(5a) Er kommt.
(5c) Wer lacht, kommt.

Deshalb müssten zur Zerlegung in Plereme alle möglichen Teile ausgetauscht werden. Wer lacht kommutiere zwar mit er, könne aber durch Kommutationen mit was, sing und te weiter zerlegt werden in wer, und t.

Aussehen mag das wohl so:

(5d) Was lacht, kommt.
(5e) Wer singt, kommt.
(5f) Wer lachte, kommt.

Und irgendwie ist mir das zu knapp beschrieben, denn ich kann mir keinen Reim drauf machen. Für mich ist der Austausch "Er" zu "Wer ..., kommt" keine Kommutation von Pleremen, sondern - irgendetwas anderes. Wo liegt der Fehler? Und was will das Beispiel eigentlich verdeutlichen?


Dann die Konstituentenstruktur des Satzes... Ich bin da mit ganz lustigen Beschreibungsmodellen ausgestattet, die alle mit noch lustigeren Abkürzungen versehen sind und mathematisch wirken, zugleich aber keinen tieferen Sinn ergeben wollen.

Klar komme ich mit Sätzen, die aus wenigen Teilen bestehen, also wo /Satz/ über /Nominalphrase(1)/&/Verbalphrase/ über /Verb/&/Nominalphrase(weitere)/.

Als Beispiel also vielleicht:
Die Katze jagt die Maus.

Wäre wie folgt durch Kommutation zu strukturieren:

Die Katze | jagt die Maus.
Nominalphrase | Verbalphrase

Die Katze | jagt | die Maus.
Nominalphrase | Verb | Nominalphrase

Die | Katze | jagt | die | Maus.
Determinator | Nomen | Verb | Determinator | Nomen

Grafisch wird daraus dann das (naja, zumindest, wenn man grad mal mit Pain rumschludert, weil kein Scanner zur Hand ist):
http://npshare.de/files/f0182729/a.jpg


Dieser Analyse der unmittelbaren Bestandteile (die ich von ganz woanders herhabe und die mir viel mehr einleuchtet), steht nun ein Abkürzungswirrwarr entgegen, welches dann natürlicherweise die Syntagmen in ihre Einzelteile zerlegt. Irgendwann schaut das dann so aus:

http://npshare.de/files/ab8de947/ab.jpg
Da[ss], wer kommt, erkennt, was geschieht, verhindert, daß er unterschätzt, da[ss], was Gefahr bringt, wem dies nicht gelingt, entstehen kann.

Und damit sollte ja wohl alles klar sein.



Hat wer irgendwie Ahnung, wie man das anwendbar verständlich machen kann, ohne dabei mit Algebra anzurücken? Mir ist klar, dass das vermutlich alles relativ eingängig ist, wenn man erstmal die einzelnen Definitionen einzusetzen vermag; aber kann man das nicht vielleicht auch etwas besser klären?


Letzter Punkt:

Man macht jedenfalls auf einmal so viele Schnitte wie möglich (nicht jeweils nur einen), andererseits aber nur so viele, daß man alle Kommutationszusammenhänge erfaßt (nicht gleich alle Schnitte
auf einmal).
oder anders ausgedrückt:


(a) Es darf nur so geteilt werden, dass alle möglichen Kommutationszusammenhänge erfasst werden können.
(b) Es darf nur so geteilt werden, dass nicht alle Elemente einer Kategorie in gleicher Weise teilbar sind.

Muss ich daraus schlau werden? Ist es mir jetzt je nach Betrachtung selbst überlassen, wie klein ich teile, oder gibt es da irgendeine Ebene, die ich übersehen habe, die mir sagt, wann ein Plerem kein Plerem mehr ist? Soll mich das nur davon abhalten, dass ich die einzelnen Konstituenten nicht bis in ihre Silben- und Buchstabenbestände hinein teile?



Ich gebe hiermit offiziell zu, dass selbst Lambert Wiesing einfacher verständlich schreibt als mein Linguistikprofdok. Und der schreibt schon kryptisches Zeug mit Zierkirsche, und bei dem heißt das dann auch nicht "Vereinfachung" - wenn das die Vereinfachung ist, dann will ich Heringer nicht lesen.


Ich hoffe, es ist einigermaßen verständlich, worum es geht und welche Probleme bei mir vorherrschen. Bin über jede Hilfe dankbar.

La Cipolla
14.12.2010, 00:05
Dein text und deine Beispiele sind irgendwie mehr verwirrend als alles andere. ;)
Was ein Problem bei der ganzen Angelegenheit ist, sind die tausend verschiedenen System, unter denen verschiede Sprachen, Bereiche und Wissenschaftler arbeiten. Man kann einen Satz halt auf tausend Arten zerlegen, mir bspw. sagt ein "Plerem" überhaupt nix.

Ich habe dir mal was aus der englischen Linguistik (http://npshare.de/files/d73a94fb/phrase-structure-pp-attachment.pdf) angehängt, das ich damals sehr gut fand - wobei es sein kann, dass die das Ganze noch etwas anders machen (!!!). Also nicht zuviel drauf setzen, vor allem, wenn es dich jetzt mehr verwirrt. :D Erinnern kann ich mich bei beiden Sprachen nicht mehr wirklich dran, ist leider schon einige Semester her und zumindest ich habs danach nie wieder gebraucht.
PP ist prepositional phrase, der Rest ist denk ich selbstklärend.

BIT
14.12.2010, 11:55
Und irgendwie ist mir das zu knapp beschrieben, denn ich kann mir keinen Reim drauf machen. Für mich ist der Austausch "Er" zu "Wer ..., kommt" keine Kommutation von Pleremen, sondern - irgendetwas anderes. Wo liegt der Fehler? Und was will das Beispiel eigentlich verdeutlichen?

Das Problem dabei dürfte wohl sein, dass der Begriff der "Plereme" innerhalb der Lingusitik sehr unspezifisisch benutzt wird und durchaus verschiedene Dinge bezeichnen kann. Da wir in Bielefeld schon lange nicht mehr mit Heringer arbeiten, kann ich dir mit seiner Definition auch nicht wirklich helfen. Versuche aber mal bei anderen Autoren unter den Begriffenn des Sems, des Morphems und des Lexems nachzuschlagen, dann sollte der Zusammenhang deutlich werden.


Hat wer irgendwie Ahnung, wie man das anwendbar verständlich machen kann, ohne dabei mit Algebra anzurücken? Mir ist klar, dass das vermutlich alles relativ eingängig ist, wenn man erstmal die einzelnen Definitionen einzusetzen vermag; aber kann man das nicht vielleicht auch etwas besser klären?

Ich fürchte, dass es da keinen besseren Weg geben wird. Linguistik als Fachbestandteil der Germanistik ist leider ein Teilbereich, bei dem man sehr viel auswendig lernen muss. Auch um mathematische Ausdrucksformen kommt man dann leider nicht wirklich herum.



Muss ich daraus schlau werden? Ist es mir jetzt je nach Betrachtung selbst überlassen, wie klein ich teile, oder gibt es da irgendeine Ebene, die ich übersehen habe, die mir sagt, wann ein Plerem kein Plerem mehr ist? Soll mich das nur davon abhalten, dass ich die einzelnen Konstituenten nicht bis in ihre Silben- und Buchstabenbestände hinein teile?

Fies gesagt hängt das immer davon ab, welchen Dozenten man vor sich sitzen hat. Die unterschiedlichen Grammatiken der deutschen Sprache (ja, es gibt mehrere verschiedene wissenschaftliche Grammatiken) haben da teilweise sehr unterschiedliche Ansichten. So gibt es bei uns an der Uni den viel zu allgemeinen Begriff des Plerems schon gar nicht mehr im wissenschaftlichen Diskurs. Stattdessen sprechen wir von Semen, Sememen, Morphemen und Lexemen, die sich dann innerhalb ihres Bereichs besser erklären lassen. Bei Satzkonstitunenten kannst du allerdings meist auf eine Zerlegung in Silben- und Wortbestandteile verzichten. Das erwartet dich dann später im Studium noch einmal.


Ich gebe hiermit offiziell zu, dass selbst Lambert Wiesing einfacher verständlich schreibt als mein Linguistikprofdok. Und der schreibt schon kryptisches Zeug mit Zierkirsche, und bei dem heißt das dann auch nicht "Vereinfachung" - wenn das die Vereinfachung ist, dann will ich Heringer nicht lesen.

Mach es dennoch. Vereinfachungen lassen meist leider wesentliche Bestandteile weg, die das ganze dann eben so schwer verstehbar machen. Insbesondere in der Linguistik muss man sich zwar durch die Werke teilweise durchquälen, aber nur so wird es verständlich, was ein Autor eigentlich meint.

Mordechaj
15.12.2010, 12:20
Das Problem dabei dürfte wohl sein, dass der Begriff der "Plereme" innerhalb der Lingusitik sehr unspezifisisch benutzt wird und durchaus verschiedene Dinge bezeichnen kann.
Das war auch mein allererstes Problem, das ich damit gelöst habe, es einfach als Sammelbegriff für alle weiteren Elemente zu sehen. ^^


Da wir in Bielefeld schon lange nicht mehr mit Heringer arbeiten, ...
Das ist der Punkt, das tun wir offensichtlich auch nich mehr. Hab heute in der Nachbesprechung erfahren, dass das ganze Zeug auch völlig irrelevant für die Prüfungsleistung ist und wir das (vermutlich) nie wieder brauchen. Was aus der Tatsache, dass dafür ein Seminartermin draufgegangen ist, schon ziemlich merkwürdig macht.


Und damit ist das Thema für mich eigentlich auch abgehakt. Linguistik wird definitiv nicht mein Fachgebiet und momentan will ich hier nur die Prüfung bestehen.
Ich danke euch trotzdem sehr für eure Beiträge, hab heute den ganzen restlichen Syntaxkram aufgearbeitet und hab beiderlei Hinweise sehr gut mit einarbeiten können (vor allem auch die Relativierung der ganzen Fachbegriffe). Danke dafür! =)

BIT
15.12.2010, 13:46
Nun ja, es gibt ja auch einfachere Darstellungen: Versuch mal von Peter Eisenberg "Grundriss der deutschen Grammatik. Das Wort" und "Grundriss der deutschen Grammatik. Der Satz" aufzutreiben. Meiner Meinung nach sind die Bände eigentlich ganz vertsändlich geschrieben und erleichtern das Studium dann doch enorm. Auch Linkes "Studienbuch Lingusitik" und Sternfelds "Syntax" sin, was das angeht, mal einen Blick wert.

Und ja: Linguistik ist mit Sicherheit der schwerste Part der Germanistik, in den man sich wirklich einarbeiten muss. Hat man den Kram allerdings einmal wirklich verstanden, ist er doch ziemlich logisch und einfach zu bearbeiten.