Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Literatur Die schönsten, interessantesten, mitreißendsten, verrücktesten..........Buchanfänge!
Also ich mag gute Buchanfänge. Sie bescheren mir den ersten Eindruck von dem Buch, welcher recht mühsam wieder umzukrempeln ist. Alle Autoren werden sich wohl bei dem Anfang ihres Buches etwas denken, meistens kann man einiges über Stil und vielleicht Thematik des Buches herauslesen.
Mein Lieblingssatz:
Hier fängt die Geschichte an. Sie erzählt, wie ich in den Besitz des Blutigen Buches kam und das Orm erwarb.
- Walter Moers: Stadt der träumenden Bücher
Erwähnenswert wäre wohl noch einer der bekanntesten Anfänge:
Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.
- Franz Kafka: Die Verwandlung
Auch super:
Als ich klein war, fragte ich mich nicht, wie Babys gemacht wurden, sondern warum.
- Jodi Picoult: Beim Leben meiner Schwester
Gibt sicherlich noch eine Menge toller Anfänge, die mir gerade nicht einfallen wollen.
La Cipolla
17.11.2010, 23:42
Mal davon ausgehend, dass nicht nur einzelne Sätze gemeint sind:
Der Prolog in Schätzings Limit. Hab das Buch nach 50 Seiten weggelegt, weils lahm war, aber der Prolog (speziell das Ende) war einfach nur atemberaubend.
drunken monkey
18.11.2010, 09:17
Ts, der alte ist doch kaum drei Jahre alt … ;P
Die Top 3, die mir einfallen:
It can hardly be a coincidence that no language on Earth has ever produced the phrase, 'as pretty as an airport.' Airports are ugly. Some are very ugly. Some attain a degree of ugliness that can only be the result of a special effort.
Es geht auch cool weiter, aber zu viel sollte ein toller "Anfang" hier wohl auch nicht sein. ^^"
The man in black fled across the desert, and the gunslinger followed.
We were somewhere around Barstow on the edge of the desert when the drugs began to take hold.
@dm: Hey, ich hab sogar die Sufu benutzt ^.~
Ja, den Gunslinger habe ich natürlich vergessen. Supersuper.
La Cipolla
18.11.2010, 11:28
In dem Sinne auch jeder Anfang von Terry Pratchett und Douglas Adams.
Ich denke speziell an Small Gods, und an Good Omens mit Neil Gaiman.
Mordechaj
18.11.2010, 11:59
Kafka ist mit den Anfängen seiner Erzählungen allgemein immer ziemlich begabt. Grade im Prozeß wird das deutlich:
Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.
Oder Saint-Ex, der im Anfang von "Terre des hommes" nicht nur das gesamte Buch problematisiert, sondern unheimlich schlau ist:
La terre nous en apprend plus long sur nous que tous les livres. Parce qu'elle nous résiste. L'homme se découvre quand il se mesure avec l'obstacle. Mais, pour l'atteindre, il lui faut un outil. Il lui faut un rabot, ou une charrue. Le paysan, dans son labour, arrache peu à peu quelques secrets à la nature, et la vérité qu'il dégage est universelle. De même l'avion, l'outil des lignes aériennes, mêle l'homme à tous les vieux problèmes.
(Die Erde lehrt uns mehr über uns selbst als alle Bücher. Weil sie uns widersteht. Und der Mensch entdeckt sich dort, wo er sich mit einem Hindernis misst. Um dem aber nahe zu kommen, benötigt er ein Hilfsmittel. Er braucht einen Hobel oder einen Pflug vielleicht. Der Bauer entreißt der Natur in seiner Bodenbeackerung nach und nach das ein oder andere Geheimnis, und die Wahrheit, die er zu Tage fördert, ist universell. Ebenso das Flugzeug, Werkzeug der Luftlinien, verwickelt den Menschen in all die alten Probleme.)
Dann hätten wir noch das Vorwort zum Fliegenden Klassenzimmer oder das zum Steppenwolf.
Oh, apropos Hesse; der Monstersatz aus Narziß und Goldmund:
Vor dem von Doppelsäulchen getragenen Rundbogen des Klostereingangs von Mariaborn, dicht am Wege, stand ein Kastanienbaum, ein vereinzelter Sohn des Südens, von einem Rompilger vor Zeiten mitgebracht, eine Edelkastanie mit starken Stamm: zärtlich hing ihre runde Krone über den Weg, atmete breitbrüstig im Winde, ließ im Frühling, wenn alles ringsum schon grün war und selbst die Klosternußbäume schon ihr rötliches Junglaub trugen, noch lange auf ihre Blätter warten, trieb dann um die Zeit der kürzesten Nächte aus den Blattbüscheln die matten, weißgrünen Strahlen ihrer fremdartigen Blüten empor, die so mahnend und beklemmend herbkräftig rochen, und ließ im Oktober, wenn Obst und Wein schon geerntet war, aus der gilbenden Krone im Herbstwind die stacheligen Früchte fallen, die nicht in jeden Jahr reif wurden, um welche die Klosterbuben sich balgten und die der aus dem Welschland stammende Subprior Gregor in seiner Stube im Kaminfeuer briet.
Du kennst mich nicht, wenn du nicht das Buch, das "Die Abenteuer des Tom Sawyer" heißt, gelesen hast; aber das macht nix. Der Mark Twain hat es geschrieben, und es stimmt fast alles drin. Manchmal hat er ein bißchen geschwindelt, sonst hat er aber die Wahrheit gesagt.
Mark Twain
It was the year when they finally immanentized the Eschaton. On April 1, the world's great powers came closer to nuclear war than ever before, all because of an obscure island named Fernando Poo. By the time international affairs returned to their normal cold-war level, some wits were calling it the most tasteless April Fool's joke in history. I happen to know all the details about what happened, but I have no idea how to recount them in a manner that will make sense to most readers. For instance, I am not even sure who' I am, and my embarrassment on that matter makes me wonder if you will believe anything I reveal.
Robert Anton Wilson & Robert Shea
Moyaccercchi
21.11.2010, 04:00
Nachdem Mark Twain: Die Abenteuer des Huckleberry Finn sowie Terry Pratchett und Neil Gaiman: Good Omens schon weg sind müssen halt Kurzgeschichten und Trivialliteratur herhalten. ^^ Hat immerhin den Vorteil, dass die in solch elitären Kreisen hier wenig bekannt sind. =P
In the living room the voice-clock sang, Tick-tock, seven o’clock, time to get up, time to get up, seven o’clock! as if it were afraid that nobody would. ...
<3
Jeden Morgen, wenn Arthur Millner müde, deprimiert und mit den Nerven am Ende ins Badezimmer schlurfte und sein sympathisches, aber völlig übernächtigtes Gesicht im Spiegel betrachtete, fragte er sich, wie lange er Oma noch ertragen konnte. Schon vor Monaten hatte er sich diese Frage gestellt und sie mit einem eindeutigen ‚Nicht eine Sekunde länger!‘ beantwortet, und damals hatte sich Oma nur am Sonntag blicken lassen, unmittelbar nach ihrem obligatorischen Kirchenbesuch. ...
Wenn man die Geschichte kennt, liest sich die Stelle mit dem Kirchenbesuch gleich ganz anders.
Überhaupt ist es so oft interessant, nach dem Lesen einer Geschichte hinterher nochmal die ersten paar Sätze durchzugehen, und sich zu denken, wie unglaublich es ist, dass dort einfach offen das Ende vorweg genommen wird, ohne, dass es jemand bemerkt.
Joe Trilling hatte eine seltsame Art, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er fuhr nicht schlecht dabei, aber natürlich war sein Einkommen nicht annähernd das, was er in der Stadt hätte haben können. Dafür lebte er nicht weit von einem malerischen Dorf in den Bergen, umgeben von duftenden Wiesen und Wäldern, hatte Ruhe und reine Luft und war sein eigener Herr. Auf seinem Arbeitsgebiet gab es nicht viel Konkurrenz; er hatte seine Frau und seine Kinder die ganze Zeit um sich und - mehr Aufträge als er ausführen konnte. Er war ein Nachtmensch; erst nachdem die Familie zu Bett gegangen war, konnte er ruhig und ungestört arbeiten. Er war glücklich und zufrieden. ...
Einmal an einem sonnigen Morgen saß ein Mann in seiner Frühstücksecke und sah, als er von seinen Rühreiern aufblickte, ein weißes Einhorn mit einem goldenen Horn im Garten, das in aller Ruhe die Rosen abfraß. ...
„Warum ich so blass aussehe? Nun, das ist eine lange Geschichte. Kurz gesagt, ich war tot. ...
So, jetzt ist aber Schluss. *g*
Edit: Oh, und Umberto Eco: Der Name der Rose fängt auch ganz knuffig an, da sind es aber mehrere Seiten Einführung, die zu posten dann doch etwas viel wär. o.o
Mordechaj
21.11.2010, 11:06
Oh, was ich noch vergessen habe und nicht nur mag, weil ich es für mein Sprachgeschichte-Seminar noch lesen muss: Das Nibelungenlied!
Undz ist in alten mæren / wunders vil geseit
von helden lobebæren, / von grôzer arebeit,
von fröuden, hôchgezîten, / von weinen und von klagen,
von küener recken strîten / muget ir nû wunder hœren sagen.
(Uns wird in alten Erzählungen viel Wunderbares berichtet,
von rühmlichen Helden, großer Mühsal,
von Freuden, Festen, von Weinen und von Klagen;
vom Kampfe tapferer Helden könnt ihr nun Wunderbares erfahren.)
Liferipper
21.11.2010, 17:22
Das ist die Geschichte des Musikers Johannes Elias Alder, der zweiundzwanzigjährig sein Leben zu Tode brachte, nachdem er beschlossen hatte, nicht mehr zu schlafen.
Denn er war in unsägliche und darum unglückliche Liebe zu seiner Cousine Elsbeth entbrannt und seit jener Zeit nicht länger willens, auch nur einen Augenblick lang zu ruhen, bis daß er das Geheimnis der Unmöglichkeit seines Liebens zugrunde geforscht hätte. Tapfer hielt er bis zu seinem unglaublichen Ende bei sich, daß die Zeit des Schlafs Verschwendung und folglich Sünde sei, ihm dereinst im Fegefeuer aufgerechnet werde, denn im Schlaf sei man tot, jedenfalls lebe man nicht wirklich. Nicht von ungefähr vergliche ein altes Wort Schlaf und Tod mit Brüdern. Wie, dachte er, könne ein Mann reinen Herzens behaupten, er liebe sein Weib ein Leben lang, tue dies aber nur des Tags und dann vielleicht nur über die Dauer eines Gedankens? Das könne nicht von Wahrheit zeugen, denn wer schlafe, liebe nicht.
So dachte Johannes Elias Alder, und sein spektakulärer Tod war der letzte Tribut dieser Liebe. Die Welt dieses Menschen und den Lauf seines elenden Lebens wollen wir beschreiben.
Aus dem Global Inquisitor:
GEISTESKRANKE MUTTER ZERSTÜCKELT EHEMANN UND SOHN MIT MOTORSÄGE
...
Mordechaj
26.12.2010, 18:00
Pierre Anthon verließ an dem Tag die Schule, an dem er herausfand, dass nichts etwas bedeutete und es sich deshalb nicht lohnte, irgendetwas zu tun.
Wir anderen blieben.
Und auch wenn die Lehrer sich bemühten, rasch hinter ihm aufzuräumen - sowohl im Klassenzimmer als auch in unseren Köpfen -, so blieb doch ein bisschen von Pierre Anthon in uns hängen. Vielleicht kam deshalb alles so, wie es kam.
Nichts - Janne Teller
Jerome Denis Andre
28.12.2010, 14:36
[...] "Was jetzt geschieht, geschieht uns.“ [...] (S.16 Z.6).
Es ist schon seltsam, wie vieles damit beginnt, dass ich ins Gefängnis geworfen werde, dachte Vascher.
Sturmklänge - Brandon Sanderson
Pierre Anthon verließ an dem Tag die Schule, an dem er herausfand, dass nichts etwas bedeutete und es sich deshalb nicht lohnte, irgendetwas zu tun.
Wir anderen blieben.
Und auch wenn die Lehrer sich bemühten, rasch hinter ihm aufzuräumen - sowohl im Klassenzimmer als auch in unseren Köpfen -, so blieb doch ein bisschen von Pierre Anthon in uns hängen. Vielleicht kam deshalb alles so, wie es kam.
Nichts - Janne Teller
Hab's über die Weihnachtstage auch gelesen, der Anfang hat wirklich was. Ist auch schon ein Vorgeschmack darauf, wie direkt und detailarm das ganze Buch geschrieben ist.
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