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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Literatur No Fronts, True Stories - Aus dem Alltag eines Hobby-Cholerikers



T.U.F.K.A.S.
06.09.2010, 11:57
Es gibt Tage, die rauben einem den letzten Nerv: Egal ob man sich konfrontiert sieht mit der Servicewüste Deutschland, beknackten Berufsschülern, unfähigen Mitbenutzern des Straßenverkehrs - oder mit sich selbst und seinen Fehlleistungen, um's mal bürokratisch auszudrücken.

Dies ist eine Sammlung von Erlebnissen meines Alltags und vor allem ein Guide, wie man sich in einigen Situationen NICHT zu verhalten hat. Denn ab und zu kann das böse ins Auge gehen. Denn merke: Nur weil du etwas wirklich gerne haben möchtest, musst du nicht gleich den harten Weg nehmen, um es zu bekommen. Aber manchmal sehe ich halt nur den harten Weg und fronte (zu deutsch: beleidige, stoße auf Widerstand), obwohl ich es nicht so meine (oder obwohl ich es gerade so meine, aber nicht unbedingt so ausdrücken wollte).

Zur Erklärung der beiden Oberbegriffe:
"No Front!" - Ein Begriff aus dem New School-HipHop-Jargon, der soviel bedeutet wie "Ey, keine Beleidigung mit inbegriffen!". Z.B.: "Ey... du bist manchmal echt'n bisschen dumm - NO FRONT!"
"True Story!" - Ebenfalls ein Begriff aus dem neueren HipHop-Jargon, der soviel bedeutet wie "Kein Scheiß/Kein Schnack/Kein Quatsch!". Z.B.: "Und ich habe ihn so zerstört im Battle - True Story!"

Ich nehme mir die künstlerische Freiheit und schmücke die Geschichten teilweise ein wenig aus, bzw. verwende Versatzststücke aus anderen Stories, die mir passiert sind. Trotzdem: Alles True Stories!

Simon
06.09.2010, 12:05
Yeah, ich freue mich schon darauf :D
Deine Beiträge im QFRAT dazu waren schon groß, bin sehr gespannt, was da noch alles kommen wird :)

T.U.F.K.A.S.
06.09.2010, 12:11
No Fronts, True Stories - Part 1 (26.8.2010) - Rise of the Racoon
Heute war der zweite Tag in der Berufsschule und... Leck mich am Arsch, haben wir ein paar dumme Brote in der Klasse.

EXPOSITION:
Da ist eine Frau (natürlich "promovierte" Hauptschülerin - No Front!), die ihren Aussagen nach 25 Jahre alt ist und ein Kind hat (mein schwuler Arbeitskollege und ich tippen allerdings eher darauf, dass sie so um die 19/20 ist und mit 15 schon geworfen hat). So. Die will jetzt umlernen auf Bürokauffrau. Soweit kein Problem. Aber: Die ist blöde wie ein stück Kot und dazu noch absolut beratungsresistent.

ERSTER AKT - LES WASCHBÄRABLES
Die Alte kam ZWEI STUNDEN ZU SPÄT in den Unterricht gelatscht und begrüßte uns alle mit einem "Naaaa ihr Hübschen?" - auch den Lehrer (den sie - nebenbei erwähnt - erstmal schön duzte. Alter...). Dieser fragt: "Was hat Sie so lange aufgehalten?" Sie darauf: "Joa, ne. Weißt ja: Kaffee und Bildzeitung lesen hat'n bisschen gedauert, ne?!" Umschnitt auf mich: Ich lache, mein Kollege neben mir verfällt in eine Art Schockstarre ob ihrer Dreistigkeit. Ich denke: Die meint das bestimmt ironisch. Er denkt: Oh mein Gott, meint die das ERNST?!

ZWEITER AKT - SPIEGELVERKEHRT
Nach dieser Vorstellung setzt sie sich kackfrech auf irgendeinen freien Platz. Der Lehrer sagt: "Nun, wir sprachen gerade von SITUATIONSKONFORMEM AUFTRETEN!" (Er schrie nicht, er wurde nur ein bisschen lauter). Sie so: "Ach." Er: "Ja, wo wollen sie jetzt mit ihrem Gerede hin?" Sie antwortet: "Ach so! (Sie stiefelt nach vorne ans Lehrerpult.) Ja ich hatte kurzfristig 'n Gespräch heute so mit meiner Sachbearbeiterin im schönen Arbeitsamt und so." (O-TON!) Umschnitt auf mich: Ich bin in Schockstarre weil ich denke: Ach du Scheiße! Das ist nicht ironisch gemeint! SHE'S FUCKING SERIOUS! Mein Arbeitskollege dagegen lacht sich halbtot ob ihrer Dämlichkeit.

DRITTER AKT - WER BEARBEITET HIER WEN?
Die Klasse verfällt in spontanes, unkomfortables Gelächter. Alle außer mir. Ich glaube nicht, was ich da sehe: Da steht eine Frau - Mutter, alkoholzerfuttertes Gesicht mit mindestens zehn Kilo Schminke drauf, Nuttenstiefeln und dazu passenden Klamotten, die natürlich viel zu eng sind für die Olle und höchstens ihre Fettpolster betonen - vorm Lehrer, benimmt sich wie der typische Asi-Schüler, der "So fett kein Respekt hat vor so Scheiß Lehrer und so, Lan" und labert dummes Zeug, wie ich es selten vernommen habe. Ich kann nicht mehr und vergrabe das Gesicht in meinen Händen, während ich die Worte "Alter, das gibt's nicht..." mehrere Male wiederhole. Der Lehrer schlägt Folgendes vor: "Sie (gemeint ist die Olle) gehen jetzt zu ihrer Sachbearbeiterin - wie ist der Name von ihr?" "[Name der Sachbarbeiterin], glaub ich." (O-TON!) "Ja. Sie gehen jetzt zu ihr und holen sich von ihr Aufgaben ab. Geben Sie mir mal bitte die Telefonnummer von frau [Name der Sachbearbeiterin]." "Habsch nischt." (O-TON! TRUE STORY!)

INTERLUDIUM
Zur Erklärung: Einige von uns in der Klasse sind bei einer Art Agentur angemeldet namens SBB (Stiftung Berufliche Bildung), die Leute vermittelt, welche sich umschulen lassen oder eine Ausbildung machen wollen. Die kümmern sich vor allen Dingen um - ich sag's mal so - sozial benachteiligte Leute - Alleinerziehende, Hartz 4-Empfänger, Imigranten etc. Dementsprechend konnten ein paar Leute aus unserer Klasse dem Lehrer die Nummer von Waschbärs (ich nenne die Alte "Waschbär", weil sie so ein Solarium-Opfer ist, bei dem die Augenpartie nicht gebräunt ist. Deshalb sieht sie ein Bisschen aus wie ein Waschbär mit der hellen Farbe um die Augen herum und der ansonsten ziemlich krass gebräunten Haut am Restkörper) Sachbearbeiterin geben. Ihr wisst spätestens jetzt, was ich von der SBB ab sofort halte...

LE GRANDE FINALE
Unser Lehrer verabschiedet also Waschbär. Während sie auf die Türe zurennt, sagt er ihr noch: "Und das mit dem Kaffee und der Bildzeitung hätten Sie sich übrigens sparen können." Sie reißt die Tür auf, dreht sich zu ihm um und sagt mit vollkommener Ernsthaftigkeit in Stimme und Gesicht: "Ja aber wenn's so war...?" Dann knallt sie die Tür zu. Vorhang fällt. Gelächter. Geklatsche. Was für eine Vorstellung. 5 von 5 Sternen.

True Story.

T.U.F.K.A.S.
06.09.2010, 12:32
No Fronts, True Stories Part 2 (29.8.2010) - Rotzevoll, rotzevoll, rotzevoooooll...!
Okay. Ich muss euch folgende Tipps auf den Weg geben, falls ihr vorhabt, auf unterwegs zu gehen und euch ein bisschen zu sehr einen über'n Durst getrunken habt.

Tipp 1:
Wenn sich euer Kumpel 'n Mädel klarmacht, auf das ihr es eigentlich abgesehen habt (und bei dem ihr eigentlich sozusagen "Erster" wart), wird jeder Bro-Code außer Kraft gesetzt. Wenn ihr dem Mädel die Telefonnummer (und eventuell einen Zungenkuss) rausleihern könnt - selbst wenn euch euer Kumpel danach mit Hassblicken bombardiert - seid ihr trotzdem im Recht - ihr wart Erster.

Tipp 2:
Solltet ihr mit eurem Kumpel (der mittlerweile genauso besoffen ist wie ihr und nicht derjenige ist, dem ihr die Alte mehr oder weniger ausgespannt habt) anfangen, reichlich schwul einen Lapdance aus der Hölle zu "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" hinzuschmettern, ist das lustig. Wenn zwei Mädels euch beide dann tatsächlich schwul nennen und euer Kollege extrem de-eskalierend "MÜSST IHR GRAD SAGEN IHR LESBEN!!!" schreit, ist das auch noch lustig. Wenn der Freund von der einen Trulla kommt und eurem Kollegen auf's Maul geben will, ist es gar nicht mehr lustig.

Tipp 2,5:
Wenn ein Typ (s. Punkt 2) aufmuckt und euren Kumpel beleidigt, ist es sehr - SEEEEHR - de-eskalierend, sich vor dem Macker mit einer leeren Bierflasche hinzustellen und ihm sehr - SEEEEHR - relaxt "EY CHILL MAL!!!" ins Ohr zu brüllen. Wirklich: Friedliche Konfliktlösung ist garantiert!

Tipp 3:
Habt ihr so gegen 7 Uhr morgens folgende glorreiche Idee: "Och lasst mal jetze noch nach'n Fischmarkt hingehen!", ist es tunlichst zu vermeiden, drei offene Bierflaschen am Türsteher vorbeischmuggeln zu wollen. Es fällt vor allen Dingen dann auf, wenn ihr euch vor'm Club auf die Fresse packt und sich der Inhalt der Bierflaschen in eurer Jacke ergießt.

Tipp 5 - glaub' ich
Auf dem Fischmarkt angekommen, solltet ihr es ebenso vermeiden, folgende Volksgruppen mit einem freundlich geschrienen "EEEEEEEEEEEEYYYYYYYYYYYYYY!!!!" zu begrüßen: Kinder (hier ist vor allem die Variation "EEEEEEEYYYYY IHR SCHIETER!!!" wegzulassen), Rentner, bodybuildende Familienväter, Reisegruppen aus Frankreich (diese vor allen Dingen nicht mit der variation "EEEEEEEEEEYYYYY IHR BAGUETTEF***ER!!!"), Reisegruppen aus Holland (hier sind vor allen Dingen die besoffenen Kumpels aufzuhalten, welche fröhlich anfangen, "Ohne Holland fahr'n wir zur WM" zu singen).

Tipp 666
Auf dem Fischmarkt ist es grundsätzlich erlaubt, zu feilschen. Es gibt allerdings einen schmalen Grad zwischen feilschen und bescheißen. Feilschen ist, wenn ihr einen Aal und drei Makrelen für 5 Euro kaufen wollt und im Endeffekt 7 Euro bezahlt für einen Aal und vier Makrelen. Bescheißen ist, wenn ihr versucht, einen Aal und drei Makrelen für 5 Euro zu kaufen, dann den Preis auf 2 Euro runterhandeln wollt und euch im Endeffekt dazu entschließt, dem "PENNER" (der Verkäufer, respektive) "DEN GANZEN SCHEISSPUFF FÜR NEN ZWANNI" abzukaufen (gemeint ist seine komplette Auslage). Sollte euch der Verkäufer Schläge androhen, solltet ihr euch eine neue Taktik überlegen: Nämlich einfach mal auf seine Forderungen einzugehen, anstatt ihm noch mehr für noch weniger aus dem Armel zu leihern.

Tipp Viel
Wenn das Mädel aus Punkt Nummer 1 (könnte auch jemand anderes sein, fragt mich nicht) euch dazu bringt, mit ihr in ihr Hotel mitzukommen zwecks Sexy-Time (SEHR NIIICE!), ist das gut. Wenn ihr DANACH um 9 Uhr morgens an der Hotelrezeption steht und die Menschen dahinter anpöbelt, warum die Hotelbar nicht geöffent hat, ist das schlecht. Wenn ihr dann von zwei bullig gebauten netten Herren in schwarzen Anzügen (4-Sterne-Hotel und so) rausgeschleppt werdet und DIE AUCH NOCH anpöbelt, warum die Hotelbar nicht geöffnet hat, ist das sehr schlecht. Vor allem, wenn ihr dem Mädel aus Punkt 1 (wahrscheinlich, wie gesagt) noch Tschüss sagen wolltet und das jetzt nicht mehr machen könnt. Ruft sie auf ihrem Handy an und brüllt ihr liebevoll "WAR SCHÖN! ECHT JETZE!... DANKE!" entgegen, bevor ihr auflegt und euch langsam auf den Weg nach Hause macht.

Tipp Danach
Zu Hause angekommen, solltet ihr euch nicht - NICHT - sofort ohne Hygienisierung des Mundbereiches hinlegen. Denn das böse Erwachen könnte eine Duftnote mit sich bringen, die euch genau erzählen kann, was ihr euch in den letzten 10 Stunden an Flüssigkeit und Futter reingetan habt. Und glaubt mir: Das wollt ihr nicht wissen.

Zumindest hab' ich keine Prügel bezogen, auch wenn ich ständig kurz davor war.

Was für ein Abend, ehrlich. True Story.