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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mnemotechniken - wie packt man komplexen Stoff ein?



Ianus
01.07.2010, 15:37
Ich habe gestern ein bischen was von Gregor Staub (http://de.wikipedia.org/wiki/Gregor_Staub) gelesen und fand, dass er einige nette ARgumente für die recht erfolgreiche und recht überlebensfähige Mnenotechnik des Lernens macht.

Mnemotechnik an sich ist die Verwendung verschiedener weniger oder mehr komplexer Eselsbrücken um sich irgendwelche Inhalte besser einzuprägen. Sei dass, dass man die Qinten mittels "Geh Du Alter Esel Hole Fische" lernt oder das man sich Vokabeln über Vernüpfungen mit ähnlich klingenden Wörtern einprägt. Im Maximum baut man sich dann einen Palst im Kopf voller Objekte und Farben an denen man irgenwelche Fakten festmacht.

Mein Problem damit ist, dass er und ich - soweit ich die Technik denn kenne - sie immer nur auf Stichworte und deren Verkettung angewandt wurde. Ich bin dementsprechend skeptisch, inwiefern sich die Methode auf komplexe zusammengesetze Inhalte anwenden lässt - in meinem Fall auf die Betriebswirtschaft und die Mathematik - da es mir nicht so vorkommt, als könne man das ganze einfach auf Merkwörter reduzieren.

Hat irgendjemand von euch Erfahrung damit? Hat jemad solche MEthoden schon mal verwendet, um Mathematik oder Forschungsmethodem zu lernen?

FF
01.07.2010, 17:14
Naja, du kannst natürlich Zusammenhänge auf ein einer Sinvollen Anordnung stehende Stichwörter runterbrechen, und diese dann einprägen. Ich benutze das mit den Mnemonics zwar ab und zu (anders wird in meinem Studium auch schwer, sich die Sachen stumpf einzuprügeln...), aber ungerne, da man ab einer bestimmten (recht kleinen Zahl davon) anfängt, sein eigenes Merksystem zu vergessen. letzten Endes stellt das Merksystem, also praktisch der Index, ja auch nur Zusätzliche Informationen dar, die irgendwie behalten wollen werden.

Ianus
01.07.2010, 17:34
Hast du ein Beispiel dazu? Ich habe in BWL einige hundert Stichwörter mit Definitionen und weiß wirklich nicht, wie ich das in vernünftige Bilder überführen sollte.. Z.b. wie packt man "Armer Hund" - Produkt mit geringem progonstiziertem Wachstum und geringem Marktanteil - in eine Kette von Assoziationen. Dieser ganze ungegenständliche Scheiß bereitet mir Probleme.

Deswegen habe ich mir gedacht, ich probiere das Erinnerungsschloss aus. Da kann man einen Plan zeichnen und hat den Index praktisch zu 70% vor sich. Hebt das Problem des vergessens der Verortung teilweise auf...aber ja, es kam an mehreren Stellen im Internet, dass man die Mnemo-Konstrukte regelmäßig warten muss um sie nutzbar zu halten.

FF
01.07.2010, 18:34
naja, die kernpunkte davon sind ja irgendwie Wenig Wachstum Wenig Marktanteil. => WWWM oder so, und dass jetzt in dein Assoziationssystem einbauen. was weiß ich, "wahnfried will waldi mästen. armer hund" oder so.
Ich brauche fast nie zusammenhänge, bei mir sind es meist Merksätze für stumpfe Fakten (Reihenfolge der hautschichten, Hirnnerven usw.), und da ist es einfacher, möglichst wenige Begriffe unterbringen zu müssen.

Mordechaj
06.07.2010, 21:36
Es reicht eigentlich meistens schon, wenn du dir über kurzlebige Assoziationen (also solche, die du dir nicht länger als 2-3 Tage lang merken können wirst) Gedanken machst und diese dann ein oder zweimal anwendest. Durch das Verschlüsseln und Aufschlüsseln und überhaupt das längere Beschäftigen mit einem Gegenstand wird das Langzeitgedächtnis ziemlich gut darauf "aufmerksam".

Das schließt auch die Möglichkeit mit ein, einzelne Items richtiggehend ausführlich zu betrachten, was automatisch schon langlebige Assoziationen schafft. In Sprachen mache ich das meistens über die Etymologie - wo kommt der Begriff her, wie hat er sich entwickelt, womit ist er verwandt... Je mehr einfaches Gesamtwissen in Form von reinen Informationen du um eine Sache scharst, umso wahrscheinlicher ist es, dass dein Gedächtnis ihm die gebührende Priorität zugesteht.

Auf das Beispiel bezogen: Ich persönlich werde mir den Begriff "Poor Dogs" jetzt natürlich schon deshalb für's Leben merken, weil das der einzig hier genannte ist. Da du aber sicherlich eine Vielzahl von Items hast, ist nicht davon auszugehen, dass es dir da mit jedem genauso geht.

Deswegen heißt es Gemeinsamkeiten und Interferenzen suchen. Poor Dogs ist laut Wiki eine Bezeichnung aus dem BGC-Modell zum Produktlebenszyklus. Hast du zufällig auch irgendwo Question Marks, Stars und Cash Cows stehen? ^^"
http://de.wikipedia.org/wiki/Produktlebenszyklus#Produktlebenszyklus_von_Boston_Consulting_Group

Grade hier ist es essentiell zu wissen, wie man auf die Begriffe gekommen ist, weil gerade das doch die einleuchtende Assoziation ist. Wiki zu den Hunden:

Die Poor Dogs sind (am Ende ihres Produktlebenszyklus) die Problemprodukte, die armen Hunde des Sortiments. Im Diagramm des Grundmodells als Rückgangsphase gekennzeichnet. Sie haben (erst / nur noch) ein geringes Marktwachstum, manchmal sogar einen Marktschwund und einen geringen Marktanteil. Zusätzlich entsteht sogar die Gefahr der Etablierung des Verlustbringers, daher sollte das Portfolio bereinigt werden. Die Normstrategie sieht hier Innovation oder Eliminierung vor.
Kurz gesagt: Alte, ausgediente Produkte mit keinen sonderlich aussichtsreichen Prognosen; - wie ein armer, alter, krebskranker Hund. Die Normstrategie kannst dir gleich mit dazu merken: Bad-ass surgery zur Krebsheilung oder Einschläfern. Die Metapher im Begriff ist also ziemlich einleuchtend und damit eine brillante Assoziation.

Unter dem selben Aspekt kannst dir jetzt auch restliche Begrifflichkeiten aus dem Produktlebenszyklus merken. Sollten irgendwo keinerlei Zusammenhänge bestehen oder Begriffe einfach nur frei und planlos erfunden sein, versuchst du dort einfach mit anderen Informationen nachzulagern.

Es gilt wie gesagt, dass je mehr Information sich um ein Item schart, es umso wahrscheinlicher in das Langzeitgedächtnis aufgenommen wird. Die Mnemotechnik mit den Assoziationen greift nämlich nur dort als solche, wenn sie sich fehler- und lückenlos zurückverfolgen lässt (wie etwa "Geh Du Alter ESel Hole FISche"), und das ist ziemlich selten wirklich der Fall. Meistens merkt man sich seine items durch die Assoziationsspiele wie eben ähnlich klingende Begriffe nur deshalb, weil man sich eine beträchtliche Zeit lang mit dem Begriff auseinandergesetzt hat und auf die Erinnerung an diesen Zeitpunkt des Auseinandersetzens zurückgreifen kann oder eben Verknüpfungen mit bereits vorhandenem Gedächtnis referenziert. Wenn ich an 'bellum gerrere' denke, sitze ich beispielsweise wieder im Raum B019 auf dem Tisch und hab mein zerbuddeltes Lateinbuch mit den Kaffeeflecken in der Hand. 'timere' erinnert mich heute noch an Tim und Struppi und wie die Eingeborenen den Sonnenuntergang fürchten (außerdem stand Schwarz [Tintin->Tinte] aus konkreten Anlässen für die E-Konjugation) - für diese Assoziation habe ich bestimmt anderthalb Minuten gebraucht.

Apropos Tinte: Du kannst dir natürlich auch konkrete, vorgefertigte Bezugslinien erstellen, also beispielsweise "Alles was schwarz ist, gehört zur e-Konjugation" oder "Belgien steht für die gemischte Konjugation" ('iacere' = werfen = Antwerpen). Ich bezweifle aber fast, dass sich in BWL und Mathematik so viele streng logische Zusammenhänge wie in einer Grammatik finden lassen, als dass sich das lohnen würde.