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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Literatur Seine Hand auf der Ihren



Jerome Denis Andre
31.05.2010, 17:39
Ein kleiner Text um mich in der Prosa zu üben.
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Seine Hand auf der Ihren

Fest hielt er den kühlen Stahl der Parkbank mit seiner linken Hand umklammert. Regen durchnässte seine Haare und einzelne Tropfen rannen seine Wangen hinab, um schließlich langsam, fast wie in Zeitlupe, gen Boden zu stürzen. Sein Atem kondensierte als weißer Dampf in der Luft, glitzerte wie ein Meer aus tausenden kleinen Kristallen; wie Sterne; wie ihre Augen. Seine Brille beschlug und ein kalter, beißender Wind kam auf. Doch ihn kümmerte das nicht. Er starrte weiterhin in die Dunkelheit; und in ihre glitzernden Augen. Seine Augen fielen ihm langsam zu; und sein Kopf schließlich zurück.

Sie lag auf dem Bauch und atmete ruhig und regelmäßig. Die Decke war etwas zurück gerutscht und entblößte sie vom Po an aufwärts. Er streichelte ihren nackten Rücken, folgte mit einem Finger den Linien ihres rechten Schulterblattes und strich letztendlich behutsam eine Strähne ihres langen, rötlich-hellbraunen Haares zurück, die ihr ins Gesicht gefallen war. Wieder einmal war er von ihrer Schönheit bezaubert. Vorsichtig nahm er ihr Kinn in seine Hand, und strich über die drei kleinen Härchen, welche einsam über dem linken Rand ihrer Oberlippe sprießten. Dieser kleine Makel machte sie in seinen Augen nur umso perfekter. Er löste seine Finger von ihr und legte seine Hand auf die ihre. Sie schlug ihre Augen auf und sah in an. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ich liebe dich.“ flüsternd, beugte sie sich zu ihm herüber und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Eine Weile blieben Beide so liegen; die Lippen und die Hände aufeinander. Dann schlief sie auf seiner Schulter ein.

Er erwachte. Es hatte aufgehört zu regnen, und ein Regenbogen drang durch die ersten Sonnenstrahlen, die durch den mit Wolken verhangenen Himmel brachen. Er lächelte. Es hätte ihr gefallen, denn sie hatte Regenbogen geliebt. Er erhob sich, und begann über den Friedhof zu gehen.

Sie erwachte als er ihren Namen rief. „Was ist los?“, fragte sie schlaftrunken, und rieb sich die Augen. „Ein Regenbogen.“, antwortete er. Sofort war sie hellwach. Sie erhob sich, schüttelte das darin hängende Stroh aus ihrem Haar, wickelte die kratzige Wolldecke um ihren nackten Körper und trat zu ihm in die Tür der Scheune, in der beide übernachtet hatten. Sie lächelte, als sie den Regenbogen erblickte, und flüsterte: „Danke, dass du mich geweckt hast“. Eine Weile standen die Beiden schweigend nebeneinander. Dann flüsterte sie plötzlich: „Ich habe Angst. Angst, dass ich dich eines Tages verlieren könnte.“ „Das musst du nicht.“, antwortete er, und legte seine Hand auf die Ihre „Ich werde immer bei dir sein.“ „Versprichst du es ?“, fragte sie.

Er sank vor ihr auf die Knie. Gänseblümchen wuchsen auf dem Kleid aus Erde über ihr; ihre Lieblingsblumen. Langsam zog er das Messer aus seiner Manteltasche.

Das Klopfen hatte ihn geweckt. Müde und sich noch den Schlaf aus den Augen reibend öffnete er dem Uniformierten die Tür. „Ich habe Ihnen leider eine traurige Nachricht zu überbringen.“, sagte dieser.

Blut strömte aus seiner Brust und er kippte vornüber.

„Ich verspreche es.“, sagte er.

Er lag auf dem Bauch und atmete ruhig und regelmäßig. Mit seinem letzten Atemzug streckte er seinen linken Arm aus. Seine Hand lag auf der Ihren.

Ranmaru
31.05.2010, 19:43
Boah, ich hab selten soviel Pathos in so wenig Text gesehen. Aber ausnahmsweise meine ich das nicht mal negativ. :D

Erstmal zu den Formalia.

Der Titel, “Seine Hand auf der ihrigen”, ist so nicht korrekt. Die Worte Seinige/Ihrige (übrigens immer groß geschrieben) sind keine Paraphrasen für seine/ihre. Sie bedeuten so etwas wie sein/ihr Anteil, bspw. im Satz “das Seinige tun”, heißt etwa “seinen Teil dazu beitragen”. Korrekt wäre der Titel “Seine Hand auf der ihren”.

Ansonsten, und das stößt mir massiv auf, weil's den Lesefluß einfach total nervt, ist Deine konstante Doppel-Punktuation bei wörtlicher Rede. Es steht immer nur ein Satzzeichen, auch in Anführungszeichen. Und wenn diese in einen anderen Satz eingebaut sind, dann ebenfalls. Das heißt im Klartext:
“Hallo”, sagte er. (Punkt weglassen!)
“Wie heißt du?” fragte sie. (Komma weglassen!)
“Horst!” brüllte er. (Komma weglassen!)
Sie lächelte ihn freundlich an. “Ein schöner Name.” Auch er mußte grinsen. (Zwei Sätze, daher bleibt der Punkt.)

Alles andere ist schlicht falsch. Das gilt übrigens auch für alle Satzzeichen, die ich jetzt nicht im einzelnen benannt habe. Also Ellipsen, Doppelpunkte und Semikola, und Bindestriche.
Ach, und es ist stilistisch unschön (aber nicht falsch), ein schließendes und ein öffnendes Anführungszeichen direkt nacheinander zu stellen. Im Normalfall macht man dann entweder einen Umbruch, oder setzt einen Gedankenstrich (—) dazwischen.

An einigen Stellen fehlen noch ein paar Zeichen. Irgendwo hast Du einen Punkt vergessen, woanders ein Komma. Da war mal ein Leerzeichen zu wenig, danach eins zu viel. Aber das ist jetzt nicht so tragisch.

Okay, jetzt zum Inhalt.

Herrlich! Einfach nur gut. :D
Es ist wirklich schrecklich viel Schmalz, es trieft nur so davor, aber es liest sich klasse. Stilistisch genial, vor allem das Ende, wenn es einem wie mit dem Vorschlaghammer vor den Latz geknallt wird. BOOM—und dann ist es um. Klasse.
Ich versteh allerdings immer noch nicht, warum er am Ende stirbt. Allerdings ist das jetzt für die Wirkung der Geschichte auch nicht allzu wichtig.

Aenarion
31.05.2010, 20:06
Also, ich mag es ;). Ist zwar nicht wirklich meine Lieblingstextart, aber dennoch finde ich den Text nicht schlecht geschrieben. Vor allem die sich steigernde Textgeschwindigkeit gegen Ende hin gefällt mir sehr; auch dieses hin- und herspringen zwischen den Zeitpunkten ist gut - ich muss zwar zugeben, dass es mich ganz am Ende kurz verwirrt hat, aber beim erneuten Durchlesen war es dann klar.
Auch vom Stil her gefällt mir der Text, die kurzen Sätze erzeugen eine schöne Atmosphäre. Allerdings denke ich, dass du noch mehr mit der Satzlänge "spielen" könntest, sprich am Anfang des Textes noch längere Sätze die dann erst gegen Ende der Geschichte Parallel zur generellen Erzählgeschwindigkeit länger werden.
Ansonsten ist mir noch aufgefallen, dass du, vor allem am Anfang, den Semikolon etwas inflationär verwendest. Ja, es ist ein tolles Satzzeichen, aber - meiner Meinung nach - würde oft ein einfacher Beistrich besser passen.

Rein Formal sind mir da noch ein paar Sachen aufgefallen:

Zuerst einmal kommt bei einer direkten Rede, bei der nachher "..., sagte er" oder so kommt, kein Punkt (Ruf- oder Fragezeichen schon). Es sollte also heißen: "Ich verspreche es", sagte er.


[...]als weißer Dampf [...]


Seine Brille beschlug [...]
Ich weiß nicht, aber irgendwie passt das nicht so rein. Und damit die Brille beschlägt müsste die umgebende Luft ja doch heißer werden, nicht?


[...]entblößte sie vom Po ab aufwärts.
Vom Po aufwärts genügt, soweit ich weiß; wenn dann vom Po an aufwärts.


[...]nahm er ihr Kinn in seine Hand, und strich[...]
Kein Beistrich vor "und".


[...] und legte seine Hand auf die ihrige.
Kleingeschrieben! Es ist ja keine Höflichkeitsform, sondern dritte Person Singular und wird daher klein geschrieben. Gilt übrigens auch für den Titel ;).


Eine Weile blieben Beide so liegen; die Lippen und die Hände aufeinander.
Wohl eher ein Tippfehler... aber auch hier: Warum ein Semikolon? Ein Beistrich tut's doch auch, vor allem gehören die beiden Satzteile ja ganz eng zusammen...


[...]schlaftrunken, und rieb sich die Augen.


Sofort war sie hellwach.
Hellwach ist ein Wort.


[...]schüttelte das darin hängende Stroh aus ihrem Haar,[...]
Klingt für mich irgendwie sperrig, warum nicht: "schüttelte das Stroh aus ihrem Haar"?


Gänseblümchen wuchsen auf dem Kleid aus Erde über ihr; ihre Lieblingsblumen.
Klein nach einem Semikolon. Der ist meiner Meinung nach zwar auch nicht wirklich notwendig, aber besser als anderswo...

Nja, das ist alles, was ich so gefunden habe ;). Jedenfalls insgesamt ein guter Text! :A

Edit: Damned, zu langsam ;). Nja, ich stimme ja im Großen und Ganzen mit Ranmaru überein^^ Allerdings haben wir gelernt, dass man Ruf- und Fragezeichen bei direkter Rede trotzdem hinschreibt, um die Intention besser herüberzubringen oder so (Wikipedia sagt übrigens das Gleiche, aber gut....). Irgendwie erscheint es mir logisch :D.

Ranmaru
31.05.2010, 20:25
Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich das in der Schule anders gelernt habe. o_O

La Cipolla
31.05.2010, 20:40
Ist generell auch Ansichtssache (wie so vieles in der Sprache), Komma setze ich immer, den Punkt lasse ich nach Gefühl weg. Also bspw...

“Hallo”, sagte er.
“Wie heißt du?”, fragte sie.
“Horst!”, brüllte er.
Sie lächelte ihn freundlich an. “Ein schöner Name.” Auch er mußte grinsen.
Ist aber nur meine Variante.

Liferipper
31.05.2010, 20:46
Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich das in der Schule anders gelernt habe. o_O

Kann gut sein, abhängig davon, wann du in der Schule warst. Das doppelte Satzzeichen (das ich im Übrigen ebenfalls für schwachsinnig halte und daher nicht verwende), kam, glaube ich, mit der neuen deutschen Schlechtschreibung.


Es hätte ihr gefallen, denn sie hatte Regenbogen geliebt.Er erhob sich, und begann über den Friedhof zu gehen.

Ab der Stelle war im Grunde klar, worauf das Ganze hinausläuft, da war dann etwas die Luft raus.

Edit:


Und nimm wieder deinen echten Ava!

Was denn, der ist 100% echt und Maid by Liferipper!

drunken monkey
31.05.2010, 21:06
Super, gut geschrieben und echt toll zu lesen. ^^ Hatte nachher kurz Angst, dass ich hier als einziger so einen Schmachtfetzen loben muss, aber zum Glück ist meine Meinung anscheinend eh Mainstream. XD
Also praktisch dito an Ran. ^^"

Ahja, und trotz dessen üblichen Formalitäten-Amoks sind mir auch noch ein paar sprachliche Mängel aufgefallen:

Er starrte weiterhin in die Dunkelheit; und in ihre glitzernden Augen. Diese fielen ihm langsam zu; und sein Kopf schließlich zurück.
Es ist zwar klar, wie's gemeint ist, aber imo müsste man den zweiten Satz rein grammatikalisch als "Ihre Augen fielen ihm langsam zu; …" lesen.

Eine Weile blieben Beide so liegen;
"Beide" gehört klein geschrieben, wenn ich micht nicht irre.

„Das musst du nicht.“, antwortete er, und legte seine Hand auf die Ihrige „Ich werde immer bei dir sein.“ „Versprichst du es ?“, fragte sie.
Das steht noch eins der bösen "Ihrige"s. ;) Außerdem fehlen ein paar Satzzeichen.

Bei den doppelten Satzzeichen bin ich aber Wikipedias Meinung, Beistriche würde ich praktisch immer schreiben. Bin mir aber nicht ganz sicher, ob wir's auch so gelernt haben.

Ab der stelle war im Grunde klar, worauf das Ganze hinausläuft, da war dann etwas die Luft raus.
Das Gleiche hier, war aber trotzdem gut. Weiß nicht, ob man das noch subtiler hinbekommen hätte können, ohne dass es gleich komplett undurchschaubar ist.


Und nimm wieder deinen echten Ava! :p

Jerome Denis Andre
31.05.2010, 23:31
Boah, ich hab selten soviel Pathos in so wenig Text gesehen. Aber ausnahmsweise meine ich das nicht mal negativ. :D

(...)

Herrlich! Einfach nur gut. :D
Es ist wirklich schrecklich viel Schmalz, es trieft nur so davor, aber es liest sich klasse. Stilistisch genial, vor allem das Ende, wenn es einem wie mit dem Vorschlaghammer vor den Latz geknallt wird. BOOM—und dann ist es um. Klasse.
Ich versteh allerdings immer noch nicht, warum er am Ende stirbt. Allerdings ist das jetzt für die Wirkung der Geschichte auch nicht allzu wichtig.

Danke ^^


Mein großes Vorbild was diesen Stil angeht war das Ende des ersten (oder war's das zweite ? - zumindestens eines der Ersten ...) Kapitel von BNW ...

Da werden die Sätze auch immer kürzer ...



Suizid, da er sein Versprechen ihr gegenüber zu erfüllen suchte ...
Ausgelutschtes Motiv - Ich weis ...




Also, ich mag es ;). Ist zwar nicht wirklich meine Lieblingstextart, aber dennoch finde ich den Text nicht schlecht geschrieben. Vor allem die sich steigernde Textgeschwindigkeit gegen Ende hin gefällt mir sehr; auch dieses hin- und herspringen zwischen den Zeitpunkten ist gut - ich muss zwar zugeben, dass es mich ganz am Ende kurz verwirrt hat, aber beim erneuten Durchlesen war es dann klar.
Auch vom Stil her gefällt mir der Text, die kurzen Sätze erzeugen eine schöne Atmosphäre. (...)
Nja, das ist alles, was ich so gefunden habe ;). Jedenfalls insgesamt ein guter Text! :A

(...) :D.

Danke ^^

Was den Stil angeht: Siehe Oben.
Danke für den Hinweis was die Satzlänge angeht - Falls ich nochmals diese Erzähltechnik verwenden werde, werde ich versuchen die Sätze etwas 'regelmäßiger' zu kürzen ... :D


Super, gut geschrieben und echt toll zu lesen. ^^ Hatte nachher kurz Angst, dass ich hier als einziger so einen Schmachtfetzen loben muss, aber zum Glück ist meine Meinung anscheinend eh Mainstream. XD
Also praktisch dito an Ran. ^^"
(...)
Das Gleiche hier, war aber trotzdem gut. Weiß nicht, ob man das noch subtiler hinbekommen hätte können, ohne dass es gleich komplett undurchschaubar ist.
(...)

Danke :D

Warum las ich es? Ich weiss es nicht!
Es schmulz gar unheimlich darin und ich befurcht schon, einen Lumpen unter meinem PC ausbreiten zu müssen, jedoch wurde ich bestens unterhalten!
Mal geyl was in einem Stil zu lesen den ich sonst nicht lese, demnach kann ich aber auch nicht sagen ob es sich vom Rest abhebt oder davon begraben wird lol.

btw Wikipedia und Ranmaru widersprechen sich irgendwie >8[ (http://de.wikipedia.org/wiki/Direkte_Rede)

(wtf such ich im Atelier)

:-)