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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Azteken (mit inhaltlichen Fehlern?)



La Cipolla
01.02.2010, 15:17
Hatte ja vor ein paar Wochen mal zur Glaubwürdigkeit von Akademikern in der Mesoamerikanistik gefragt; inzwischen bin ich mit Infos einholen fertig und hab meinen Text zu den Azteken fertig.
Das Ganze ist aus einem Spiel und soll auch dem unterdurchschnittlich gebildeten Leser einen Überblick darüber geben, was es mit den Azteken so auf sich hatte, mit einem Fokus auf Totenkult und -Mythologie. Wenn ich irgendwo inhaltliche Fehler drin hab oder einen wichtigen Hintergrund vergessen habe, klärt mich bitte auf, Verbesserungsvorschläge sind ebenso gern gesehen! :)


[...] Das Bild, das die Moderne von den Azteken hat, ist zu großen Teilen auf spanisch-christliche Geschichtsschreibung zurückzuführen, die nicht ganz unvoreingenommen war, und auch die wenigen anderen Quellen widersprechen sich gern. Die Essenz ist, dass jeder „Fakt“ mit Vorsicht betrachtet werden sollte.

Die Azteken
Der Begriff „Azteken“ bezeichnet meistens die Menschen, die vom 14. bis zum 16. Jahrhundert im Tal von Mexiko ihre Hochzeit erlebten, weil sie die anderen dort ansässigen Völker unterwerfen oder sich mit ihnen verbünden konnten. Einer Legende zufolge wurden die Azteken vom späteren Gott Huitzilopochtli an diesen Ort geführt, wo sie ein Zeichen vorfanden, das sich noch heute im Wappen Mexikos widerspiegelt: Ein Adler, der auf einem Kaktus sitzt und eine Schlange frisst. Die Wanderer bauten auf dieses Omen hin ihre große Stadt Tenochtitlan auf einer Insel im See Texcoco und legten damit den Grundstein für die entstehende Kultur. Sie sprachen Nahuatl (mehr dazu später) und wurden von den Spaniern Mexica genannt, Bewohner Mexikos. Das Volk war sehr kriegerisch und bestand aus vier Klassen: den Adeligen, den Bauern und Handwerkern, den reisenden Händlern und den Sklaven. Der letzte Herrscher war Moctezuma II (oder auch Montezuma). Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden die Azteken von den Spaniern, angeführt von einem taktisch höchst brillianten und ebenso skrupellosen Hernán Cortéz, hintergangen, geschlagen und christianisiert, ihre Kultur zu großen Teilen vernichtet.

Die Mythologie
Die Azteken übernahmen einen großen Teil ihrer göttlichen Riege von anderen Völkern Mittelamerikas, die entweder vorher dort gelebt hatten, von den Azteken geschlagen worden waren oder sich mit ihnen verbündet hatten. Zu den wichtigsten Persönlichkeiten gehörten der Sonnengott Huitzilopochtli, zuständig unter anderem für Krieg und Ernte, die gefiederte Schlange Quetzalcoatl, die sich um Wind, Wissen, Kunst, Handel und die Priester kümmerte, Tlaloc, der es drauf hatte, wenn es um Regen, Wasser und Fruchtbarkeit ging, und Tezcatlipoca, der neben einem Dutzend anderer Sachen Herr über Nacht, Schicksal und Schöpfung war. Es war üblich, dass sich die Einflusssphären der einzelnen Götter überlagerten, so wurde manche Gottheit unter verschiedenen Namen angebetet, weil sie so viele Gebiete in sich vereinte. Auch die Mythen waren selten eindeutig. Die berühmteste Schöpfungslegende stellte die Erde in „Sonnenzyklen“ dar, an deren Ende die Sonne durch Katastrophen unterging und in einem neuen Zeitalter wieder auferstand. Unser Zyklus, die fünfte Welt, konnte nur durch die Selbstopferung eines Gottes gerettet werden, der selbst zur Sonne wurde. Opferung war in Mittelamerika sowieso ganz groß. Häufig wurden Menschen auf mehr oder weniger freiwilliger Basis umgebracht, weil die Verbindung zu den Göttern eine symbiotische war; ein Opfer geschah selten aus „Gottesfurcht“ heraus, sondern mehr, weil man sich die Gegenleistungen der Götter sichern wollte, die ebenfalls auf das Wohlwollen der Menschen angewiesen waren. Blut und Haut spielten in zahlreichen Ritualen eine Rolle, ebenso wie das schwarze Glasgestein Obsidian, aus dem beispielsweise die meisten Opfermesser gefertigt waren.

Das Weltbild und die Unterwelt
Die Azteken stellten sich die Welt als dreigeteilt vor. Im Himmel hatten die Menschen keinen Zutritt, sie lebten und starben auf der Erde. Danach ging es für den Otto-Normal-Toten nordwärts in die Unterwelt, wo er sich vier Jahre lang auf eine beschwerliche Reise durch neun Ebenen begeben musste. Es galt, zahlreiche Stolpersteine zu überwinden, bis der Verstorbene schließlich Mictlan, die letzte Ebene, erreichen konnte. Der Totenführer Xólotl half den Menschen auf ihrem Weg, der Gott Mictlantecuhtli beherrschte die Unterwelt. Einigen Menschen erging es aber auch ganz anders. Die Ertrunkenen und vom Blitz Erschlagenen betraten Tlalocan, das Paradies des Regengottes. Die im Krieg oder bei der Geburt Umgekommenen durften der Sonne auf ihrem Weg über den Himmel folgen, in der Gestalt eines Kolibris. Die Quellen erzählen beinah gar nichts darüber, wie die Ebenen der Unterwelt denn nun aussahen, was dort geschah und wer sonst noch so an diesem Ort lebte.

[...]

Ein kleiner Exkurs: El Dia de los Muertos
Der Totentag (El Dia de los Muertos) ist ein dreitägiges Fest Anfang November, das allen voran in Mexiko gefeiert wird und als große Inspiration zum Entstehen von Los Muertos beigetragen hat. Die Menschen gedenken an diesen Tagen ihrer toten Angehörigen mit ausgelassenem Feiern, mit Geschichten, mit Alkohol und Süßigkeiten, unter anderem dem Pan de Muerto, einem süßen Brot, und kleinen Totenschädeln aus Zucker. Man sitzt auf Friedhöfen und vor persönlichen Altären mit Bildern, Gegenständen der Verblichenen und ihren liebsten Speisen und Getränken. Für die Festlichkeiten werden unter anderem Schädelmasken, die Kleidung der Verstorbenen und ähnliche Requisiten benutzt, die dem Europäer etwas makaber erscheinen mögen. Der Feiertag geht wohl auf ein aztekisches Fest zurück und enthält trotz der Vermischung mit christlichen Riten noch heute viele Aspekte, die auf diesen Ursprung hinweisen, beispielsweise die häufig verwendete Ringelblume (Cempasuchitl), die auch bei den Azteken als ein Zeichen der Toten verstanden wurde. Die Durchführung des Festes variiert von Ort zu Ort, und inzwischen gibt es den Dia del los Muertos auch außerhalb Mexikos.

Ein kleiner Exkurs: Nahuatl (Aztekisch)
Die von den Azteken verwendete Sprache wird Nahuatl genannt und auch heute noch von circa anderthalb Millionen Menschen gesprochen, vor allem in Mexiko. Die Umschrift sieht für Europäer für gewöhnlich befremdlich aus und umfasst einige Hürden in der Aussprache, weshalb wir hier einen kurzen Blick darauf werfen. Die langen Wörter des Nahuatl werden zumeist aus einem Wortstamm und zahlreichen Vor- und Nachsilben gebildet, die alles Mögliche ausdrücken können, das im Deutschen ein eigenes Wort erfordern würde. Zahlreiche Begriffe sind aus dem Spanischen übernommen, aber umgekehrt haben auch viele aztekische Wörter ihren Weg in die europäischen Sprachen gefunden, beispielsweise Schokolade (xocolatl), Tomate (tomatl), Chili (chilli) oder Kakao (cacahuatl). Die Betonung eines aztekischen Wortes liegt immer auf der vorletzten Silbe. Es gibt einige Laute, die anders ausgesprochen werden, als man es mit deutschem Sprachverständnis von der Umschrift erwarten würde.

x: sch (Mexiko heißt also eher Meschiko)
tl: ein kurzer Laut zwischen tl und tch
hu: ein simples w
ch: tsch, wie im englischen chair
ce, ci: weich, wie im englischen city
co, ca, cu: hart, also als k
qu: k
z: ein scharfes s wie im englischen sun

Glannaragh
01.02.2010, 17:13
Wirklich gravierende Sachen sind mit nicht aufgefallen. Zu den Obsidianklingen vielleicht noch: Die Atzteken verarbeiteten zum Zeitpunkt, als Cortéz nach Mittelamerika kam, kein Metall zu Waffen. Es wurden also nicht nur die rituellen Messer, sondern auch alle anderen Waffen aus Obsidian hergestellt bzw. mit Obsidiansplittern besetzt. Wenn Du noch zwei Wochen Geduld hast, könnte ich nochmal meine Seminaraufzeichnungen durchgehen. Dann kann ich Dir Genaueres zu dem Text sagen und außerdem ein paar Quellen liefern.

edit: Ok, das spart mir dann auch Arbeit ;). Gern geschehen!

La Cipolla
01.02.2010, 18:58
Quellen brauche ich nicht, danke aber vielmals! :)

Und "keine groben Schnitzer" reicht. Ist ja für ein Laienpublikum. ^^' Vielen Dank!
Das mit dem Obsidian bring ich noch mit ein.