PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fantasy, Eskapismus und die Realität



La Cipolla
19.01.2010, 22:55
Ein Thema, das mich seit längerer Zeit interessiert, ist die Frage, in wie weit (oder ob überhaupt) Eskapismus eine gute Sache ist oder sein kann. Dieses Forum hier ist deshalb die perfekte Anlaufstelle, weil effektiv so gut wie jeder User irgendetwas mit Videospielen, Fantasyfilmen, Rollenspielen usw. zu tun hat(te). Und wenn nicht, dann wenigstens mit Drogen. :p


Als Eskapismus, Realitätsflucht oder Wirklichkeitsflucht bezeichnet man die Flucht aus oder vor der realen Welt und das Meiden derselben mit all ihren Anforderungen zugunsten einer Scheinwirklichkeit, d. h. imaginären oder möglichen besseren Wirklichkeit.

Eskapismus wird als eine Fluchthaltung oder Ausbruchshaltung, als bewusste oder unbewusste Verweigerung gesellschaftlich allgemein anerkannter Zielsetzungen und Handlungsvorstellungen verstanden. Eine Flucht vor der Realität bzw. vor der Wirklichkeit kann durch geistiges und soziales Abschirmen („Stubenhocker“, „Einsiedler“), durch eine Hinwendung zum Irrationalen, einen übermäßigen Gebrauch von Medien aller Art oder auch durch Substanzdrogen vollzogen werden.
Gelegentlich wurde der Kunst im Allgemeinen sowie der Dichtung im Besonderen vorgeworfen, Mittel zur Realitätsflucht zu sein. Oft wurde hierfür das Bild des Elfenbeinturms gebraucht, in dem der Dichter sich vor der wirklichen Welt verschanze und zurückziehe. Insbesondere auf die Kunst der Romantik, etwa die Dichtung Friedrich Hölderlins wurde dieser Begriff angewandt. Peter Handke ist diesem Vorwurf in seinem Band Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturmes (1972) begegnet. Dort betont er den utopischen Charakter der Kunst, der gerade durch seine Distanz zur Wirklichkeit ihre Veränderung ermögliche.

Der Schriftsteller J. R. R. Tolkien hielt 1939 einen vielbeachteten Vortrag On Fairy-Stories (Über Märchen), in dem er die Grundsätze des später entstehenden Fantasy-Genres beschrieb und energisch gegen Vorwürfe des Eskapismus verteidigte:

“Why should a man be scorned if, finding himself in prison, he tries to get out and go home? Or if, when he cannot do so, he thinks and talks about other topics than jailers and prison-walls?”

„Wieso sollte jemand verachtet werden, der sich im Gefängnis befindet und versucht, herauszukommen und heimzugehen? Oder, sofern das nicht geht: wenn er über andere Themen nachdenkt und spricht als über Wärter und Kerkermauern?“

In diesem Zitat drückt Tolkien seine Unzufriedenheit mit der modernen Welt aus, die er als „Gefängnis“ bezeichnet. Zudem weist er auf die Möglichkeit der Alltagsbewältigung hin. Tolkien unterscheidet in seinem Vortrag des Weiteren zwischen zwei unterschiedlichen Formen von Fluchten, die er unterschiedlich bewertet: Zum Einen die Flucht des Deserteurs, den er als Feigling bezeichnet, zum Anderen die Flucht des Gefangenen, dem man seinen Willen zur Flucht nicht übel nehmen könne, und die er als eine Form des politischen Widerstandes wertet. Die Literatur sieht er – wie bereits Sigmund Freud in seinem Aufsatz Der Dichter und das Phantasieren (1907) – als eine Möglichkeit der phantasiemäßigen Erfüllung von Wünschen und Sehnsüchten, die die „wirkliche“ Welt nicht leisten kann.

Kurzum, es geht also um WoW und Second Life, um Tolkien und Mittelaltermärkte, um DSA und D&D, um Alk und Hasch und um Rausch und Immersion zum "Ausschalten" der Realität im allgemeinen. ;)

Eskapismus ist übrigens nicht nur negativ belegt, auch wenn es der Wiki-Artikel nahelegt. Es gibt genug Leute, die im Eskapismus eine produktive Ideologie sehen. Meine Frage: Wie geht ihr mit euren Fluchthandlungen um? Reflektiert ihr sie überhaupt? In wie weit darf (sollte) man flüchten? Wo kann das Ganze helfen, wann ist es schädlich? Wo fängt Eskapismus überhaupt an?

Discuss! :)

Ketzer
20.01.2010, 10:45
Ganz erlich? Eigentlich ist mir das Thema zu hoch. Auch wenn ich durch meinen reichen Erfahrungsschatz in diesem Themengebiet wohl viel zu erzählen hätte, seien es; meine eigene Flucht in alle möglichen Richtungen, die von Freunden und bekannten, oder bloß die bei mir in der Umgebung annerkannte Trinkkultur.

Ich bin mir nur absolut nicht schlüssig darüber wo da die grenze zu ziehen ist ab wann man welche Handlungen als Flucht bezeichnen könnte.

Ist es schon als Flucht zu werten wenn ich aus ablehnung der Trinkkultur möglichst auf Alkohol verzichte? Sozusagen der Rausch die Realität ist und die Abstinenz die Flucht. Man man auf dem nächsten Dorffest ohne Triftigen Grund nicht auftaucht entflieht man schon der Gesellschaftlichen Relevantz. Um bei den Medien zu bleiben, sollte man da MMO überhaupt werten, da sie ja auch ,wenn auf komische Weise, geselchaftliches zusammensein anpreisen. Ok die Thematischen Inhallte weichen da schon ein wenig Intensiver von den Realen ab, sollte es die überhaupt geben, aber es gibt ja genügend Beispiele in anderen Bereichen die dies ebenso tun, nur mit dem Unterschied das sie Traditionell, oder wie auch immer begründet sind.

Also könnte man sich auf Medien beziehen die nur von Einzelpersonen genutzt werden. Was wiederum "gar nicht?" der Fall ist. Weil diese Sachen wiederum geselschaftliche Diskusion anregen. Ob ich mich jetzt mit Leuten über eine Bekannte meine Großmutter unterhalte, die wegen irgentwelcher Spirenzchen wiedermal beim Arzt war, und die diese Leute nichteimal kennen oder über Fiktive Charaktäre die den Leuten aber ein Begriff sind, macht letztendlich nur einen Interessenkonflikt aus. Es geht wie alles im Leben nur um gesellschaftliche Akzeptanz, um von den Leuten die man nicht mag hin zu den Leuten die man mag zu kommen. Und die Leute die mit wirklich niemandem Auskommen sind so gering das man darüber gar nicht Reden braucht.

Ich hoffe man liest heraus, das ich der Meinung bin, das es bei diesem Thema schwer ist auf den Punkt zu kommen, weil alle Ansätze wage sind und ohne ausreichende Reglementierung/Wertbarkeit daherkommen .... andererseitz sind ja gerade das die besten Voraussetzungen für eine Diskusion. :D

So oder so ähnlich ...

Daen vom Clan
20.01.2010, 12:25
Alles was ich in Sachen Mittelaltermarkt, Computerspiele oder Rollenspiele mache, mache ich als Teil meines echten Lebens "da draußen", zusammen mit Freunden, die ebenso bodenständig sind und mit beiden Beinen im Leben stehen.

Insofern kann ich damit nicht dienen, aber ich kenne (leider) einige Leute, bzw. habe einige Leute auf Märkten oder im LARP oder beim Onlinespielen getroffen, die deutlich "auf der Flucht" waren und dort konnte man nur den Kopf schütteln, die Leute standen meistens schon richtig tief im Dreck und konnten auch über keine anderen Themen sprechen, bzw. lebten nur dort richtig auf und waren "Jemand".

Viviane
20.01.2010, 22:54
Dieses Thema erinnert mich sehr an mein aktuelles Essay über „Rollenspiel im Alltag“ - wann sind wir wirklich wir? Und spielen wir Rollen bewusst oder unbewusst?

Ist es eine Sucht wenn ich jeden Abend 1h ein Rollenspiel (WoW, Second Life) spiele und dann in den Alltag zurückkehre? Oder fängt die Sucht und die Flucht nicht eher dann an, wenn mein Alltag eben diese Flucht ist, wenn ich über nichts anderes mehr sprechen kann und mein Ich nur noch durch meine „Rolle“ definiere?!

Ich finde die zweite Antwort, parallel zu Daens Ansatz der Menschen die „über kein anderes Thema mehr reden können“, treffender. Menschen die sich aber selbst als Spezialisten und Koryphäen auf einem Gebiet sehen (sei es ein Rollenspiel oder das rauchen von Gras) und dabei vergessen etwas zu erschaffen - in meinen Augen vergessen zu leben - sind in meinen Augen Gefangene einer Sucht.

Wenn jemand mit dem Testen von Spielen oder Programmieren Geld verdient, dann denke ich ist es in Ordnung wenn er sich dadurch definiert - aber gerade wenn man eigentlich andere Aufgaben im wirklichen Leben hat und diese durch seine Sucht (Essen, in Foren schreiben, Zocken, Trinken) nicht mehr wahrnimmt ist man krank.

Das Problem dabei ist, wie Ketzer schon angedeutet hat, die soziale Ankeptanz von solchen Süchten. Rauchen, Trinken, WoW zocken - das gehört zum guten Ton es mal probiert zu haben und am besten die Fachsprache zu beherrschen. Um seine Frage zu beantworten, in meinen Augen zählt es nicht als Flucht abstinent von solchen Dingen zu leben sondern als ein Beweis für Charakterstärke, Durchhaltevermögen und Realismus - das man weiß das man diese Dinge nicht braucht um zu wissen wer man ist.

Problematisch finde ich es aber „kreative“ Schaffensprozesse, bei denen ja durchaus etwas entsteht, wie Schriftstellerei oder Malerei in den Topf mit Süchten zu werfen. Fantasie ist ein Mittel zum Ausgleich - ohne Nebenwirkungen wie es die anderen Süchte haben. Wenn man Fantasie bewusst als künstlerisches Mittel zum Ausdrücken eigener einsetzt und sie klar von der Realität trennen kann (was bei einigen Krankheiten, wie Schizophrenie ja z.B. nicht der Fall ist) ist sie bereichernd für das Leben.

„Wieso sollte jemand verachtet werden, der sich im Gefängnis befindet und versucht, herauszukommen und heimzugehen?“ - Ich denke das Tolkien hierbei nur die Fantasie anspricht, die wie ich bereits erwähnte ja ohne Nebenwirkungen benutzt werden kann um sich aus den gefesselten Gedanken und gegebenen Normen zu befreien. Philosophie funktioniert z.B. nur wenn man weiterdenkt, querdenkt, fantasievoll denkt.

Und Rollenspiele sind, egal ob sie Live oder nur auf dem Papier ausgetragen werden, ebenfalls bereichernd für alle Beteiligten wenn sie nicht zum Sinn des Lebens werden sondern als bereichernder Aspekt gesehen werden.

So far, interessantes Thema mich würde auch deine Meinung dazu interessieren, La Cipolla! :)

cilence
21.01.2010, 00:43
Fantasie an sich ist ja eine schöne Sache, einfach zum Träumen, Spinnen oder sonst was. Dass man sich zeitweise vielleicht sogar selbst darein flüchtet, erscheint mir gar nicht mal absurd, eher realistisch. Hier würde ich aber vom ganz normalen Abschalten sprechen, da das kein dauerhafter Zustand ist. Für Kinder mag das z.B. Fernsehen sein, ich habe schon öfters Kinder gesehen, die wie Zombies auf den Bildschirm starren, sonst aber ganz normal sind. Für Erwachsene bietet sich da sicher ein breiteres Spektrum, weil die elterliche Kontrolle entfällt (ja, es gibt noch Ehepartner oder Lebensgefährten). Ich habe mit Eskapismus bisher glücklicherweise noch keine Erfahrungen sammeln können, weder bei mir selbst noch bei anderen. Das Ganze stelle ich mir aber im Gegensatz zur zeitweisen Flucht aus der Realität recht langwierig vor, wo der Betroffene nur schwer der Scheinwelt zu entreißen ist. Starten kann so was aus verschiedenster Weise heraus, denke ich. Sei es nun Mobbing, Selbstmitleid, Liebeskummer, Stress, Hineinsteigern oder es sind Videospiele mit Weiterspielpotenzial. Die meisten dieser Dinge können in gewissem Maß ganz gesund sein, oder helfen dabei, mit etwas fertig zu werden. Einziges Übel an der Sache ist, dass man sich viel zu weit in solcherlei Dinge hineinsteigern kann. Nehmen wir mal das Selbstmitleid, das kann ja mal ganz in Ordnung sein, hat sicher auch schon jeder gemacht, aber man muss ebenso wissen, wo man wieder aufhören sollte, um nicht in eine dazugehörige Persistenz zu rutschen. Gleichfalls sollte an der Stelle funktionieren, sich dasselbige nur in Maßen zukommen zu lassen. Wobei man sich selbst bewusst werden muss, dass die Welt nicht nur um einen herum existiert, sprich ums Ego, sondern dass es weit mehr gibt. Ich nehme mal an (ich weiß es nicht, wie gesagt, mir fehlt dazu die Erfahrung), genau diese Gedankengrenze fehlt bei Eskapisten.

Helfen könnte so was sicher dann, wenn die Welt quasi um einen herum zusammenbricht. Vielleicht ist es auch eine Schutzfunktion, sich dann in eine "eigene" Welt zurückzuziehen, wo kein anderer was sagen kann, weil alles nach dem Willen des Betroffenen läuft. In WoW geht das wohl eher nicht, da kann man wohl sterben, wie in so ziemlich jedem Videospiel. In die schädliche Richtung würde das Boot ja nur dann segeln, wenn es der Person oder jemand anderem Schaden zufügt. Ich habe dabei mal von Fällen gelesen, wo Kids Onlinespielen verfallen waren und scheinbar sich wirklich alles nur noch um diese Spiele drehte. Insbesondere wurde sogar das Essen vergessen, hätten es die Eltern nicht an den Computer gebracht (angeblich, bedenken muss man ja auch, dass das Essen ein Grundbedürfnis ist, gleichfalls der Klogang, darüber stand da aber nichts :D ). So was ist etwas, was mich wieder nachdenklich stimmt, denn genau solche Dinge zu 'vergessen', schadet erheblich.

Viviane
21.01.2010, 07:44
In WoW geht das wohl eher nicht. Schädlich wärs nur wenn es der Person oder jemand anderem Schaden zufügt. Fälle wo Kids Onlinespielen verfallen und sich wirklich alles nur noch um diese Spiele dreht.

Oh doch das geht - vor allem bei WoW funktioniert das auch wunderbar bei der Generation 20+! Ein Grund, warum ich nie begonnen habe dieses Spiel zu spielen (Neben dem Fakt das es regelmäßig Geld kostet) ist der immense Suchtcharakter. Oder auch "Weiterspielpotenzial" wie du es nennst, cilence.

Da werden Patches rausgehaun, Welten erweitert, du bist nie fertig mit dem Spiel und kannst es nie abschließen, weil jede Woche ne neue Ausrüstung, n Drache oder was weiß ich rausgehaun wird den du natürlich haben musst.

Und grade wenn dieses spielen von deiner Umwelt akzeptiert wird - der Ehepartner z.B. auch mit dir spielt - dann wird das Essen vorm Bildschirm plötzlich selbstverständlich und... ach, ich hab genug Leute aus meinem Bekanntenkreis gesehen die regelrecht verwahrlost sind vorm PC. Und es waren eben keine Kiddies, denen das Essen gebracht werden musste, sondern 28jährige die sich das Essen von der Frau bringen ließen und nach der Arbeit keine Lust mehr auf irgendwas mehr hatten - ausser aufs zocken. Klo und duschen ist grad noch drin, aber wenn das Privatleben plötzlich flachfällt und die Freunde (ausser die im Internetspiel) wegfallen dann *schadet* das den Leuten ungemein, glaub mir.

Aber wie soll man solchen Leuten begreiflich machen, das das was sie tun Scheiße ist? Grade wenn ihr Leben nur noch aus einem Spiel wie WoW besteht - oder aus Spongebob Filmen (jetzt nicht lachen, ein Bekannter von mir hatte das wirklich) - *kann* man sich einfach nicht drüber lustig machen.

Ich hab mich damals klar distanziert mit den Worten "das ist in meinen Augen was für Kinder" und jetzt ist die Freundschaft hinüber. Auch das man eben nicht über die WoW-Hochzeit reden will oder sich den ganzen Tag über Horden, Marken oder was-weis-ich unterhalten will, kann man solchen Leuten nur schwer begreiflich machen. Leider. Also - Vorschläge, anyone?

haebman
21.01.2010, 09:54
Dieses Thema erinnert mich sehr an mein aktuelles Essay über „Rollenspiel im Alltag“ - wann sind wir wirklich wir? Und spielen wir Rollen bewusst oder unbewusst?


Darf ich das mal lesen? :)

Ansonsten muss ich jetzt weg und schreib vielleicht heut abend oder morgen was dazu :p

Viviane
21.01.2010, 10:00
Gerne, ich muss es aber erst am Montag abgeben. Wenns fertig ist schick ich dir gerne eine PN haebman! ^^ Bis dahin empfehl ich dir Erwin Goffman und (was Frauen angeht) Judith Butler als Referenzpunkte.

Mein Essay wird aber sehr Kolumnenartig und witzig aufgezogen sein - der coolen Dozentin seis gedankt! :3

cilence
21.01.2010, 10:41
Vivi:
Puuhh... Jetzt hast Du meinen Post ganz schön zerquotet. ;) "In WoW geht das wohl eher nicht..." bezieht sich auf den vorangegangenen Satz, wo ich schrieb, dass alles nach dem Willen des Betroffenen läuft. Wenn der Spieler stirbt, ist das nicht unbedingt sein Wille gewesen. Natürlich lässt sich dann so jemand in den Bann des Spiels ziehen, und gerade Spiele wie WoW weisen ein hohes Suchtpotential auf. Gerade auch wegen dem, was Du erwähnt hast, Patches, irgendwelche sonstigen Erweiterungen oder seien es nur einfache Gegenstände, die dem Spiel hinzugefügt werden.

Ich habe selbst einige Azubis auf Arbeit, die sich mit WoW nach Aussagen ihrer Freunde viel zu intensiv beschäftigen. Das heißt dann also, von der Arbeit heimzukommen und sofort an den Rechner gehen. Allerdings muss ich dann hier auch sagen, dass diese Jungs zwar schon im jugendlichen Alter sind, aber deren Eltern das einfach so hinzunehmen scheinen. Das ist dann so ähnlich, wie Du das schon erwähnt hast. Ich muss aber gleichfalls dazu sagen, dass dann irgendwas in der zwischenmenschlichen Beziehung nicht mehr stimmt. Man kann als Außenstehender nicht einfach so akzeptieren, wie sich der andere in ein second life frisst.

Bei der ganzen Ernsthaftigkeit, mit welcher ich Spiele wie WoW und Konsorten sehe, musste ich herzlich lachen, als mir einer der WoW Spieler sagte, dass jeden Mittwoch die Welt untergeht (scheint so ein allgemeiner Chatbegriff da zu sein), weil bei WoW die Server neugestartet werden. :D

Kael
21.01.2010, 11:39
Bei der ganzen Ernsthaftigkeit, mit welcher ich Spiele wie WoW und Konsorten sehe, musste ich herzlich lachen, als mir einer der WoW Spieler sagte, dass jeden Mittwoch die Welt untergeht (scheint so ein allgemeiner Chatbegriff da zu sein), weil bei WoW die Server neugestartet werden. :D

Gibt es auch so eine Art MMX-Sucht? Gleich nach dem Nachhausekommen rein und eingeloggt. Ist bei mir so. Naja, nicht ganz.;)

Ich habe selbst eine WoW-Phase gehabt (allerdings auf einem Private server , schön Geschäft untergraben http://www.multimediaxis.de/images/smilies/old/s_057.gif) und war teilweise auch bis 1 oder 2 Uhr in der Nacht am Computer (allerdings an einem Wochenende) Ich halte teilweise nichts von derartigen Verhalten, sich wegen irgendetwas im Leben ins Vl
(Virtual life) oder Alkohol, etc zurückzuziehen. Ich musste selbst mit beobachten, wie 2 meiner besten Freunde süchtig nach WoW wurden und in der schule abstürtzten. Nun hocken sie 18h pro Tag am Computer und spielen das immernoch. Mir wurde es nach ca. 1 Jahr langweilig.

La Cipolla
21.01.2010, 13:15
Reduziert mir mein Thema mal nicht auf den Extremfall Sucht und Verwahrlosung, es geht vor allem auch um den "gesunden" Eskapismus und dessen Berechtigung. ;) Warum sind Fantasy-Szenarien (oder -Aspekte) in Videospielen usw. meist interessanter als reale Szenarien? Klar, weil es sie in die Realität eben nicht gibt. Und das ist Eskapismus, über den man durchaus reden kann.
Realitätsverlust ist nur die extremste Form.

Deshalb ist auch Kunst purster Eskapismus, man schafft etwas, dass es sonst nicht gäbe, und sei es nur ein Portrait (in der Realität sieht ein Mensch nunmal nicht immer gleich aus!). Und ob es "keine Nebenwirkungen" gibt, ist vielleicht gar nicht die Frage, sondern eher, ob die Wirkungen so problemlos vertretbar sind. Nehmen wir zum Beispiel Conan.

http://npshare.de/files/f436de26/conanintro.jpg

Das ist Eskapismus. Keiner der Autoren, Zeichner, und wohl auch die absolute Minderheit der Leser hat solche Muskeln, solche Heldentaten verbracht oder ist so einer Frau auch nur ansatzweise so nah gekommen. Viele würden Conan als "armselig" bezeichnen, weil es so offensichtlich Wunschvorstellung ist. Aber ist das bei subtileren Medien anders? Sind die nicht genau so "armselig"? Horrorfillme sind u.a. (!!!) bei Jugendlichen so beliebt, weil sie den schwierigen, ungreifbaren Problemen des Erwachsenwerdens eine Form geben (sei es die bluttriefende Machete oder der Vampir).
Die Frage lautet also: Ist es Ok, sich in solche (oder andere) Fantasiewelten zu flüchten, wenn das eigene Leben nicht so spannend ist, oder sich mit den Drogen den Kopf leer zu machen, wenn die Probleme sonst erdrückend sind? Wo sollte der Spaß aufhören (sind vielleicht die "Nebenwirkungen" entscheidend?), wo sollte man sich lieber der Realität zuwenden? Vielleicht ist dieser Eskapismus auch völlig Ok, wenn man nicht ins Extreme abrutscht? (wann ist das? Drogensucht, Larp, oder reicht schon ein Killerspiel?)


mich würde auch deine Meinung dazu interessieren, La Cipolla
Danke, aber ganz ehrlich, wenn ich eine eindeutige Meinung hätte, würde ich den Thread nicht aufmachen. :p


Das Problem dabei ist, wie Ketzer schon angedeutet hat, die soziale Ankeptanz von solchen Süchten. Rauchen, Trinken, WoW zocken - das gehört zum guten Ton es mal probiert zu haben und am besten die Fachsprache zu beherrschen. Um seine Frage zu beantworten, in meinen Augen zählt es nicht als Flucht abstinent von solchen Dingen zu leben sondern als ein Beweis für Charakterstärke, Durchhaltevermögen und Realismus - das man weiß das man diese Dinge nicht braucht um zu wissen wer man ist.
Ich antworte mal ganz Off Topic, weil ich nicht denke, dass es in der Diskussion noch um Realismus und Flucht geht. "Brauchen" ist immer ein sehr starkes Wort, vor allem, wenn man es verneint. Beinah jeder "braucht" Freunde oder Bestätigung (in welcher Form auch immer), und ob man das nun durch Anpassung oder durch Abgrenzung erreicht, kommt praktisch aufs Gleiche raus. Oder auf deutsch: "Ich habe gestern allein ne Flasche Whiskey weggehauen" und "Ich trinke nicht" sind gleichwertig, wenn es darum geht, "zu wissen, wer man ist" (denn Abstinenz finden ziemlich viele Leute beeindruckend!). Die Nebenwirkungen mögen Unterschiede heraufbeschwören (Alkoholtod usw.), aber darum ging es ja nicht, sondern um die Identifikation (zumindest hätte ich Ketzers Ansatz in die Richtung verstanden).
Ein Zeichen von Willensstärke und Durchhaltevermögen ist das auch nicht unbedingt und vor allem nicht für jeden; einige Menschen müssen sich unglaublich überwinden, um sich einer gesellschaftlichen Norm unterzuordnen - versuch mal, einen durchschnittlichen pubertären Nerd allein in die Disko zu kriegen, oder einen durchschnittlichen Goth zum regelmäßigen Hören von Chartmusik zu bringen. Da wäre genau das Gegenteil ein Zeichen von Willensstärke und Durchhaltevermögen, nämlich die Anpassung, die alles andere als selbstverständlich oder einfach ist.
Aber das nur am Rande.

The Judge
21.01.2010, 16:44
Eskapismus ist übrigens nicht nur negativ belegt, auch wenn es der Wiki-Artikel nahelegt. Es gibt genug Leute, die im Eskapismus eine produktive Ideologie sehen. Meine Frage: Wie geht ihr mit euren Fluchthandlungen um? Reflektiert ihr sie überhaupt? In wie weit darf (sollte) man flüchten? Wo kann das Ganze helfen, wann ist es schädlich? Wo fängt Eskapismus überhaupt an?

Discuss! :)

Produktiv, in der Tat. Positiv kann man wohl sagen, dass die "Flucht" aus der Realität in Welten, die es so im Alltag nicht gibt, eben die Phantasie oder Kreativität fördern kann. Man denkt über die üblichen Schemen und Normen hinaus, kann seiner Phantasie freien Lauf lassen und einfach mal "abschalten" oder wird gefordert, etwas "abstrakter" zu denken.

Ich selbst höre natürlich auch immer wieder Stimmen, die sich in dieser Hinsicht z. B. gegenüber dem Pen and Paper-Rollenspiel kritisch äußern, indem gemeint wird, man würde bei diesem Hobby den Blick für die Realität verlieren und sich in fremde Welten flüchten.

Ich denke darauf bezogen dann aber, dass eigentlich wiederum fast jedes Hobby in gewissem Maße dazu da ist, vor der Realität oder dem Alltag zu flüchten. Ein Problem wird das ganze ja erst, wenn es zur Sucht wird und spürbare Folgen für den Betroffenen und sein Umfeld hat; über die nur "zeitweilige" Flucht in andere Welten einfach zu stark hinausgeht. Die "Flucht" sollte daher eher als Ausgleich dienen, jedoch nicht, um die Realität zu ersetzen; abgesehen von der Flucht in Drogen oder Alkohol, welche zusätzlich noch körperliche Beeinträchtigungen nach sich zieht.

Diomedes
21.01.2010, 16:57
Zum Ausgangspunkt der Begriffsdefinition würde ich mal sagen, dass "Realitätsflucht" ziemlich eindeutig gefasst werden kann als Flucht vor dem, was die eigene Realität beeinflusst. Das können Dinge sein wie Liebeskummer, wirtschaftliche Probleme oder sonst irgendwas.
Realitätsflucht beginnt nicht damit, dass ich mich irgendeiner gesellschaftlichen Norm entziehe, sondern dass ich bewusst oder unbewusst meinen persönlichen Problemen und Angelegenheiten aus dem Weg gehe. Ob es sowas wie allgemeingültige Betroffenheiten gibt wie etwa Politik, würde ich mal nicht unterschreiben. Als Bürger eines Landes wird man es immer zu spüren bekommen, wenn sich die Politik des Landes ändert und das eigene Leben dadurch reglementiert wird. Andererseits tut die Politik (ich rede jetzt von Deutschland) nicht gerade viel dafür, sich dem Betrachter zu erschließen. Und wenn man immer mal wieder hier und da über gewaltige Logiklöcher oder skandalähnliche Zustände stolpert, wundert es mich nicht, wenn die Wahlbeteiligung langsam aber sicher an der 50%-Marke kratzt.
Kurz und gut: Bleiben wir lieber bei den persönlichen Angelegenheiten. ^^

Was mich an der Frage um Realitätsflucht im allgemeinen stört, ist die vorgegebene Richtung, in die eine Debatte darüber laufen muss: Wer sich isoliert, abkapselt, oder nur keine Lust auf zuviel Realität hat, ist automatisch unverantwortlich, minderwertig, asozial, und über kurz oder lang weltfremd.

Ich denke nicht, dass Realitätsflucht per se falsch ist, oder gar verachtenswert. Nicht wenige Leute haben ihre Gründe, warum sie sich aus der Welt beamen wollen, manche sehen für sich darin sogar keine andere Wahl. Und so, wie sie sich dazu gezwungen sehen, oder es als Ausweg betrachten, sich auszuklinken, werden sie sich auch irgendwann wieder gezwungen sehen, an der Realität teilzunehmen, denn über einen längeren Zeitraum sucht man sich den Verlauf seines Lebens nicht aus, der ergibt sich von selbst. Irgendwas passiert immer, damit man aus der Realität lieber abtauchen will, oder aus dem Paralleluniversum wieder zurück in die "Wirklichkeit" will oder muss.
Wer nicht viel mit der Welt zu schaffen hat, lebt nicht auf einem anderen Planeten und auch nicht fern aller Wirklichkeit, er hat sich nur für etwas anderes entscheiden wollen. Ob dahinter psychologische Abgründe oder sonstwas stecken, kann man so pauschal auch nicht sagen. Daher sehe ich es kritisch, wenn man versucht, das ganze irgendwie bewerten zu wollen.


Ist es eine Sucht wenn ich jeden Abend 1h ein Rollenspiel (WoW, Second Life) spiele und dann in den Alltag zurückkehre? Oder fängt die Sucht und die Flucht nicht eher dann an, wenn mein Alltag eben diese Flucht ist, wenn ich über nichts anderes mehr sprechen kann und mein Ich nur noch durch meine „Rolle“ definiere?!


Weder noch. Eine Sucht ist erst dann eine Sucht, wenn man "ohne nicht mehr kann". Sich aus freien Stücken einen Zeitraum festzulegen, in dem man sich seinem MMO widmet, oder sich aus reinem Interesse stundenlang über ein Videospiel zu unterhalten, mag zwar befremdlich wirken (für den einen mehr, für den anderen weniger) aber das hat nichts mit Suchtverhalten zu tun. Wenn man in solchen, in meinen Augen harmlosen, Fällen versucht, dem Gemeinten irgendwelche Krankheiten zu unterstellen, dann sollte man von einem Diskurs lieber abstand nehmen. Siehe auch oben.


Wenn jemand mit dem Testen von Spielen oder Programmieren Geld verdient, dann denke ich ist es in Ordnung wenn er sich dadurch definiert - aber gerade wenn man eigentlich andere Aufgaben im wirklichen Leben hat und diese durch seine Sucht (Essen, in Foren schreiben, Zocken, Trinken) nicht mehr wahrnimmt ist man krank.

Worüber man sich definiert, dafür gibt es keine Regeln oder Musterbögen. Im Zweifelsfall sollte man eher davon ausgehen, dass jeder über genügend Verstand verfügt, sein Handeln willkürlich zu steuern, und keinem Zwang oder einer "inneren Leere" unterliegt.
Ich finde es auch sehr problematisch wie freizügig du den Begriff Sucht verwendest, dabei allerdings alle pathologischen Gesichtspunkte außer Acht lässt. Was du beschreibst, wäre vielleicht Realitätsflucht, aber noch lange keine Sucht. Und was Realitätsflucht angeht, habe ich mich schon geäußert.


Problematisch finde ich es aber „kreative“ Schaffensprozesse, bei denen ja durchaus etwas entsteht, wie Schriftstellerei oder Malerei in den Topf mit Süchten zu werfen. Fantasie ist ein Mittel zum Ausgleich - ohne Nebenwirkungen wie es die anderen Süchte haben.
Kreativität hat auch nichts mit Süchten zu tun, und Passionen auch nicht wirklich. Manche Künstler neigen zur Exzentrik, verlieren sich in ihrer Leidenschaft, und wandern dann für den Rest zwischen Genie und Wahnsinn. Ob man das schon als krankhaft betrachten kann, weiß ich nicht. Für mich ist es eher ein Charakterzug als ein psychisches Defizit.
Und was kreativen Ausgleich angeht, ist das Bedürfnis nach einer solchen Verwirklichung nicht bei jedem gleich stark ausgeprägt. Von den Veranlagungen in diversen Disziplinen mal ganz zu schweigen.


Oh doch das geht - vor allem bei WoW funktioniert das auch wunderbar bei der Generation 20+! Ein Grund, warum ich nie begonnen habe dieses Spiel zu spielen (Neben dem Fakt das es regelmäßig Geld kostet) ist der immense Suchtcharakter.
Nur ein Hinweis: So ziemlich alles, was in irgendeiner Weise durch den Konsum eine entlohnende Wirkung hat, ist ein potentielles Suchtmittel. Und nur die wenigsten davon enthalten Stoffe, die hochgradig gefährlich sind und eine körperliche Abhängigkeit hervorrufen können. Videospiele gehören nicht dazu. Wer in ein Suchtverhalten verfällt, das zunächst psychisch wäre, der tut das aus einer Anfälligkeit dafür. Das vermeintliche Suchtpotential bei Video/Online-Spielen ist in erster Linie abhängig vom Spieler. Wer den Drang hat, immer weiter zu machen, gar nicht aufhören kann, bevor er nicht alles erreicht hat, der kann dadurch vor die Hunde gehen. Aber von den X-Millionen WoW-Zockern sind es Ausnahmefälle, denen deswegen ihr Leben aus den Händen geriet.
Wenn du solche Extremfälle kennst/erlebt hast, ist das zweifellos tragisch, aber nichts, was sich auf die Allgemeinheit projezieren lässt, und schon gar nichts, woraus man irgendwas ableiten sollte.


Reduziert mir mein Thema mal nicht auf den Extremfall Sucht und Verwahrlosung
Und schon gar nicht auf so einspurige Weise... naja, was solls.


Warum sind Fantasy-Szenarien (oder -Aspekte) in Videospielen usw. meist interessanter als reale Szenarien?
So hast du die Frage gar nicht gestellt. :D
Also ich würde nicht sagen, dass die Faszination Fantasy schon in Richtung Eskapismus geht bzw. tue ich es mir etwas schwer mit dem Begriff, da er auf mich negativ konnotiert wirkt.
Fantasy ist in erster Linie etwas künstlerisches, weil es auch nur auf solche Weise dargestellt werden kann, und dass Kunst sich über die Realität stellt, ist nicht nur bei Fantasy so. Soweit hast du es ja auch schon mehr oder weniger selbst geschildert. Die Frage, die sich mir nun eher stellt, als die Formen der "Realitätsflucht" einzeln in Frage zu stellen: Kann man alles fiktionale oder "künstlerische" schon in Richtung Realitätsflucht einordnen, oder versteift man sich dabei nicht schon zu sehr auf das Kritische?

Natürlich ist es irreal, aber scheinbar gibt es für die Menschheit auch ein Grundbedürfnis, sich geistig über die realen Grenzen hinweg zu begeben. Ich denke mal, allein die Tatsache, dass man etwas jenseits der Realität überhaupt denken kann, ist schon ungemein reizvoll, und zieht einen an. Dies nun noch in irgendeiner Form dargestellt, fördert den Dialog über das Übernatürliche, und aus Neugier lässt man sich darauf ein.
Kunst, Fiktion, hat es schon immer gegeben, und schon immer hatten Menschen nach Wegen gesucht, die Grenzen der Realität, der Wirklichkeit, zu überschreiten. Man kann der Welt deswegen kaum unterstellen, dass alle Menschen zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens wie hinter Gittern leben, außer natürlich, man dehnt die Metapher so weit aus, dass alle Realität wie ein Gefängnis ist. Ich fände die Metapher in dem Fall aber ziemlich dämlich, denn das Leben selbst in seiner Beschränktheit schon als Einzwängung zu betrachten, würde nahelegen, dass man lieber gleich tot wäre. Oder weniger drastisch ausgedrückt, es wäre eine sehr schwarzseherische Auffassung vom Leben.
Ebenso wenig kann man daraus schlussfolgern, dass jeder, der sich einer Kunst hinwendet (ich bin so tollkühn, und wage es, Videospiele als Kunst zu bezeichnen) automatisch einem Denkfehler unterliegt. Eher sollte man nahelegen, zu sagen, dass jeder, der darin ein Problem sieht, selbst ein Problem hat. Würde alle Fiktion mit dem morgigen Tag aussterben, würde die Welt wohl keine paar Jahre mehr bestehen, denn trotz aller Automatismen besteht immer noch zu weit mehr als der Hälfte des Lebens aus der Umsetzung einer Vorstellungskraft. Wer geht noch zu einem Vorstellungsgespräch, wenn er nicht die Vision hat: "Job, Geld, Ehe, Kinder, Glückliches Leben"? Was würde man erfinden wollen, wenn man es sich nicht wenigstens vor Augen halten kann?
Die "Evolution im Kleinen" (mein gerne gebrauchter Begriff für die Entwicklung des modernen Menschen) wäre ohne Phantasie sicher kaum möglich gewesen.

Ich denke mal, was wir heute erleben, den überschäumenden Konsum von PC, Fernsehen, Kino, etc. ist nur eine andere, vielleicht krassere Form dessen, was sich sonst in Museen, Theatern und sonstigem abspielt: Menschen suchen nach etwas, das sie auf einer unbedingt nicht-realen Ebene anspricht.

Ianus
21.01.2010, 17:04
Dieses Thema erinnert mich sehr an mein aktuelles Essay über „Rollenspiel im Alltag“ - wann sind wir wirklich wir? Und spielen wir Rollen bewusst oder unbewusst? Wir atmen sehr bewusst sobald wir zu wenig Luft haben.


Keiner der Autoren, Zeichner, und wohl auch die absolute Minderheit der Leser hat solche Muskeln, solche Heldentaten verbracht oder ist so einer Frau auch nur ansatzweise so nah gekommen. Ich habe soeben den...wie hieß es noch mal.."Die Perfekte Masche" gelesen und muss dies dementsprechend verneinen. Es gibt durchaus Autoren, die ähnlich aussehenden Frauen nahe gekommen sind...wobei angesichts dessen, dass das Buch in Kalifornien spielt, würde ich annehmen, das solchige nicht darunter waren. Die Frau dort auf dem Bild zeigt zu wenig Gerippe für Kalifornien.


Warum sind Fantasy-Szenarien (oder -Aspekte) in Videospielen usw. meist interessanter als reale Szenarien? Weil sie einfach zu lesen sind? In Fantasy gibt es keinen Charles Kinbote, selbst in den besseren wie die von Glen Cook nicht. Das schlimmste, mit dem du dich auseinander setzen musst, ist das dich das böse Imperium zum Verbrecher erklärt aber niemand raubt dir dein Lebenswerk mit Fähigkeiten, die du selbst nicht trainiert hast und für die du keinen Konter besitzt.
Fantasy ist immer in einem gewissen Maße Utopisch, d.h. wie die Utopie überdeckt es eine riesige Menge an Verneinungen gegenüber der Realität unter rhetorischen Hakenschlägen.

Jerome Denis Andre
22.01.2010, 15:24
Ich denke mal, was wir heute erleben, den überschäumenden Konsum von PC, Fernsehen, Kino, etc. ist nur eine andere, vielleicht krassere Form dessen, was sich sonst in Museen, Theatern und sonstigem abspielt: Menschen suchen nach etwas, das sie auf einer unbedingt nicht-realen Ebene anspricht.

Genau. Sie suchen Transzendentes. Früher nahm diese Funktion vorallem die Religion ein. (Auch wenn sie das heute [leider] meist nichtmehr tut) Der kleene Bauer ist halt über seinen zwangsabgegebenen Zehnten viel weniger deprimiert, wenn er weis, dass er dafür im Himmel tausenfach entlohnt wird. (Ob ihr nun glaubt, dass das ganze nur erfunden ist, oder [wie ich], dass es real ist spielt keine Rolle. Diese [noch] nicht-reale Welt entfaltet dennoch ihre Wirkung). Später waren es dann die Traumwelten der Romantiker [zB. Eichendorf] und die Alptraumwelten der Schwarzen-Romantik [zB. E.T.A. Hoffmann],
und heute ist es halt die "so called" "Fantasy" (hach - immer diese Anglizismen - ... wie ich sie liebe). [Dass diese Gattung tatsächlich ein Nachfolger der Romantik ist, wird zB. auch daran deutlich, dass Cornelia Funkes "Fantasy"-Roman "Tintenherz" in den Buchrezensionen amerikanischer Zeitungen häufiger als "Neu-Romantisches Buch" geführt wurde]. Wie auch immer ... Auf jeden Fall braucht der Mensch Transzendenz im Leben, ansonsten wird er furchtbar unglücklich. Der Mensch SEHNT sich nach dem Nicht-Realen, nach dem Märchenhaften, ... Nach dem Über-Natürlichen. Diese Sehnsucht ist es die den Menschen antreibt. Sie lässt ihn Liebesbeziehungen und Freundschaften eingehen. Sie lässt ihn kreativ sein, ihn große Werke vollbringen. Sie lässt ihn anderen Menschen Gutes tun. [Sie ihm komplett madig zu machen wäre also denke ich falsch]. Aber sie lässt den Menschen auch aus guten Glauben heraus Kriege beginnen. Sie lässt ihn aus Überzeugung morden, Brandschatzen. Und heutzutage eben auch vor dem Bildschirm verwahrlosen.

Egal womit der Mensch also dnun diese Sehnsucht befriedigt ... sei es nun Religion, Kunst, Musik, Literatur, Film, PC-Spiele, Online-Spiele oder Communeties, P&P RPGs, etc - völlig egal, muss darauf geachtet werden, dass das ganze nicht zu einer NEGATIVEN Sucht wird (positive Süchte gibt es ja durchaus auch ... zB. Wenn ein Mensch danach süchtig ist anderen gutes zu tun, und damit glücklich ist ... warum sollte man ihn "heilen" ? ... ) ...

Aber wie gesagt, solange das ganze negative (zB. Leute die aus religiöser Überzeugung Kriege vom Zaun brechen, Künstler die sich erschießen um ihre Leiche als bestes "Kunstwerk" zu hinterlassen, Musik-Verehrer, die ganau das tun was ihnen ihre obskure Lieblingsband im Liedtext diktiert, leute die sich am Liebsten auch in echt in Bücher lesen würden, Leute die sich nach dem gucken von AVATAR umbringen wollen, um so nach Pandora zu gelangen, Menschen die vor dem PC verwahrlosen, etc.) Auswirkungen hat, sollte man es unterbinden ...


BTW. hier noch ein Interview-Zitat von der bereits weiter Oben erwähnten Frau Funke, dass zum Thema passend ist:


ZEIT: In Tintenherz kommen die Bösewichte aus einem Buch, herausgelesen von dem begnadeten Vorleser Mortimer. Es wird sehr klar, dass Spannung und sogar Grauen in der Fantasie eine wunderbare Sache sein können – in der Realität aber sind sie für die Betroffenen absolut scheußlich. Das klingt fast wie eine Warnung vor Büchern.

[U]Funke: Das ist auch eine Warnung! Bücher können wie Drogen sein, sie können uns das Interesse an menschlicher Gesellschaft nehmen, uns die Welt nur noch mit den Augen anderer sehen lassen, uns einspinnen in die unbegrenzte Freiheit vorgestellter Welten. Aber gleichzeitig lehren sie uns auch, durch diese Welten unsere eigene zu begreifen und nicht nur uns selbst, sondern auch andere zu verstehen – und sie machen die Welt so viel größer!

Trotzdem, meine Figur Elinor, die Büchernärrin, möchte einmal den Mond anschauen, ohne dass ihr zehn Zitate dazu einfallen. Und mein englischer Verleger war entsetzt, weil die Helden im letzten Teil der Tinten-Trilogie einfach in den Büchern verschwinden. Sie müssen zurückkommen!, sagte er mir: So verlangt es das Genre! Und ich erwiderte, dass sie bei mir eben nicht zurückkommen in die so genannte wirkliche Welt. Um genau diesen Zwiespalt geht es mir: Unsere wirkliche Welt besteht doch auch zu achtzig Prozent aus Träumen, Vorstellungen, Annahmen – aus Fantasie! Und höchstens zu zwanzig Prozent aus wirklichem, handfestem Kaffeekochen. Fabulieren ist die größte menschliche Freiheit. Geschichten füttern dieses ewige Gefühl: Sehnsucht.

Mordechaj
22.01.2010, 16:48
Ich wollte eigentlich auch meinen Senf dazugeben, finde aber in Diomedes' und vor allem in Jeromes Beitrag zu viele intelligente und richtige Schwerpunkte, als dass ich noch sehr viel hinzuzufügen hätte, außer vielleicht einen letzten Verallgemeinerungsversuch:

Dem von Jerome genannte Streben nach Transzendenz geht absolut jeder Mensch nach, weshalb man in moderneren Definitionen von Eskapismus auch nicht mehr von Realitätsflucht spricht, nur weil es der Begriff so beinhaltet, sondern von der Schaffung einer artifiziellen oder virtuellen Realität. Dieser Schaffensprozess nennt sich dann Kultur und wurde von Menschenbeginn an wahrgenommen. Wenn man nun davon ausgeht, dass auch solche Größen wie Sprache, Philosophie und Wahrnehmung Teilrealitäten sind, welche in einem kulturhistorischen Zusammenhang entstanden sind, ist Eskapismus die Quelle unserer intellektuellen und kulturellen Identität. Mit der Virtualität kommt dem nun nur noch ein weiterer, sehr bewundernswerter Faktor hinzu. Hier jetzt auf einmal Gefahren und Süchte gesteigert oder gar als prinzipielles Produkt zu sehen, halte ich für kurzsichtig, nicht jeder Gläubige ist Fanatist, nicht jeder Künstler schneidet sich ein Ohr ab und nicht jeder denkfähige Mensch schreibt seine Version von "Mein Kampf". Demnach ist Flucht ins Virtuelle durchaus produktiv und bis zu einem gewissen, raisonablen Punkt förderungswert.

La Cipolla
22.01.2010, 18:07
Und gilt das jetzt auch für Conan? :D
Oder für die "Vergewaltigungsoptionen", die einige in Second Life eingebaut haben? Ist ja letztendlich auch nur das Flüchten, weil die Realität eben jene Möglichkeit nicht ohne weiteres bietet.

Schöne Posts bis jetzt! :)

Ianus
22.01.2010, 20:52
Genau. Sie suchen Transzendentes. Früher nahm diese Funktion vorallem die Religion ein.

http://www.npshare.de/files/a360b8a9/gor01a.jpg

Ein weiteres Beispiel für Literatur als Religionsersatz wäre Scientology. Ich glaube zwischen Sadomaso-Lebensstil und Pyramidenspiel-Schemen wird ersichtlich, warum Literatur einen sehr, sehr schlechten Religionsersatz abgibt.


Dem von Jerome genannte Streben nach Transzendenz geht absolut jeder Mensch nach, weshalb man in moderneren Definitionen von Eskapismus auch nicht mehr von Realitätsflucht spricht, nur weil es der Begriff so beinhaltet, sondern von der Schaffung einer artifiziellen oder virtuellen Realität. Dieser Schaffensprozess nennt sich dann Kultur und wurde von Menschenbeginn an wahrgenommen. Wenn man nun davon ausgeht, dass auch solche Größen wie Sprache, Philosophie und Wahrnehmung Teilrealitäten sind, welche in einem kulturhistorischen Zusammenhang entstanden sind, ist Eskapismus die Quelle unserer intellektuellen und kulturellen Identität. Entschuldigung, aber das Streben nach Transzendenz ist kein Monsterschlachten um Gold für ein Epic Mount zusammen zu kratzen. Bitte vergleich deine Einübung des Kapitalismus im Kleinen nicht mit meiner - oder irgend einer - Religion.

Ich finde es zudem lustig, dass du Steinäxte bauen, Perlen bohren und das Zusammenleben von Mensch zu Mensch und Mensch zu Umwelt regulieren als virtuelle Tätigkeit bezeichnest.
Natürlich, die Interaktion mit der Umwelt wird durch Videospiele ebenfalls reguliert, aber weder in besonders sinnhaft noch produktiver Weise.

Diomedes
22.01.2010, 22:34
Genau. Sie suchen Transzendentes. Früher nahm diese Funktion vorallem die Religion ein. (Auch wenn sie das heute [leider] meist nichtmehr tut) Der kleene Bauer ist halt über seinen zwangsabgegebenen Zehnten viel weniger deprimiert, wenn er weis, dass er dafür im Himmel tausenfach entlohnt wird. (Ob ihr nun glaubt, dass das ganze nur erfunden ist, oder [wie ich], dass es real ist spielt keine Rolle. Diese [noch] nicht-reale Welt entfaltet dennoch ihre Wirkung). Später waren es dann die Traumwelten der Romantiker [zB. Eichendorf] und die Alptraumwelten der Schwarzen-Romantik [zB. E.T.A. Hoffmann],
und heute ist es halt die "so called" "Fantasy" (hach - immer diese Anglizismen - ... wie ich sie liebe). [Dass diese Gattung tatsächlich ein Nachfolger der Romantik ist, wird zB. auch daran deutlich, dass Cornelia Funkes "Fantasy"-Roman "Tintenherz" in den Buchrezensionen amerikanischer Zeitungen häufiger als "Neu-Romantisches Buch" geführt wurde]. Wie auch immer ... Auf jeden Fall braucht der Mensch Transzendenz im Leben, ansonsten wird er furchtbar unglücklich. Der Mensch SEHNT sich nach dem Nicht-Realen, nach dem Märchenhaften, ... Nach dem Über-Natürlichen. Diese Sehnsucht ist es die den Menschen antreibt. Sie lässt ihn Liebesbeziehungen und Freundschaften eingehen. Sie lässt ihn kreativ sein, ihn große Werke vollbringen. Sie lässt ihn anderen Menschen Gutes tun. [Sie ihm komplett madig zu machen wäre also denke ich falsch]. Aber sie lässt den Menschen auch aus guten Glauben heraus Kriege beginnen. Sie lässt ihn aus Überzeugung morden, Brandschatzen. Und heutzutage eben auch vor dem Bildschirm verwahrlosen.
First things first: Ich will es nur mal so erwähnen, dass dein Schriftbild an Unzumutbarkeit grenzt. Wenn jemand ein paar Reichtschreibfehler macht, ein Komma falsch setzt, oder ein, vielleicht zwei unsinnige Sätze schreibt, ist mir das ziemlich egal, da sag ich nichts. Soviel kann ich kommentarlos hinnehmen.
Eine Klammer zu setzen, um Inhalte gesondert aufzuführen, ist in Ordnung. Zwei Klammern zu verschachteln, über eine gewisse Textlänge hin auch. Aber mehr als die Hälfte, fast alles in Klammern zu setzen, deutet entweder auf ein gewaltiges Problem mit sprachlich-schriftlicher Gestaltung oder geordnetem Denken hin, so als ob man sich in jedem Satz nochmal selbst unterbrechen würde.
Ich will ja nicht pseudomodden oder rumstänkern, aber was du da fabrizierst, ist echt schon hart an der Schmerzensgrenze.

Zum Inhalt:
Also ich finde, du wirfst da viel zu viele Sachen zusammen, und verrennst dich dabei etwas.

Zunächst mal ist mir Transzendenz zu spirituell geprägt, um es als Synonym für Fiktion oder Phantasie, gar für Kreativität, zu gebrauchen.
Und Sehnsucht dann mit Bedürfnissen gleichzusetzen, ist noch grenzwertiger.
Bedürfnisse unterliegen einer regelmäßigen Erfüllung zum Erhalt des Seienden. Oder anders ausgedrückt: Ich esse jeden Tag, um nicht zu verhungern.
Sehnsüchte dagegen beschreiben ein inneres Verlangen, etwas, das einen um den Verstand bringen kann, etwas, das nur schwer und schon gar nicht regelmäßig zu realisieren ist, manchmal auch gar nicht. Sehnsüchte sind vor allem nicht rational. Sie charakterisieren sich eigentlich erst dadurch, dass sie aus dem logischen Kontext ausbrechen, oder eine Grenzüberschreitung enthalten. Es würde mich eigentlich wundern, wenn beide Dinge über die selbe psychische Grundlage verfügen, und nur eine ähnliche neurologische Reaktion auslösen.
Und selbst wenn, dann würde trotzdem wirklich niemand auf die Idee kommen, beide Begriffe so zusammenzukehren, weil man sie unterschiedlich assoziiert, und das auch nicht ohne Grund, oder weil es die Illuminaten so wollen. Die Vielfalt der Begriffe hat meistens einen Hintergrund, was Synonyme auch nicht ganz unproblematisch macht. Man kann Worte nicht beliebig austauschen, weil man weiß, dass sie andere Wirkungen haben, und damit nicht mehr genau das selbe meinen.
Alles als eine Sehnsucht zu charakterisieren, wird weder den Verhältnissen gerecht, noch ist das Wort wirklich passend.

Was ich insgesamt problematisch finde, ist, dass du nun alles mögliche auf diese "Sehnsüchte" oder gar eine einzige zurückführen willst, und die Auswüchse dessen so aufführst, als ob sie sich wirklich nur darauf zurückführen lassen, dabei haben diese Dinge miteinander nicht wirklich viel gemein. Du beschreibst es so, als unterliege alles ein und dem selben Prinzip, und alle Folgen haben ein und die selbe Ursache. Das ist nicht nur eine sehr vereinfachte, sondern vor allem eine falsche Darstellung der Dinge.

Einer willkürlichen Handlung, die mit einem Ziel determiniert ist, liegt der Wille zugrunde, sie auszuführen, und über sie das Ziel zu erreichen. Wenn dieser Wille nun eine Sehnsucht darstelle, und das Ziel etwas für sich Übernatürliches, würdest du jede willentliche Handlung als unkontrollierbares Greifen nach etwas Unmöglichem beschreiben. Das macht schonmal keinen Sinn, denn entscheident ist doch, dass etwas möglich ist.
Dies dann auch noch mit Kreativität in Zusammenhang zu bringen, macht es nur noch schlimmer, vor allem in der Reihenfolge, in der du sie erwähnst (Sehnsucht lässt uns Kreativ sein). Kreativität ist ein Werkzeug. Es hilft uns dabei, uns ein Ziel jenseits des Gegenwärtigen zu setzen, um es in der Zukunft zu erfüllen. Wohlgemerkt nicht das einzige Werkzeug, dessen wir uns bedienen, es sei denn, man wolle Kreativität selbst nochmal als Globalprinzip darstellen. Wenn wir einer Sehnsucht nach dem Unvorstellbaren nachgehen, die es uns erst ermöglicht, das Unvorstellbare wahrzunehmen, und es vorstellbar zu machen, wäre das so, als ob das ungelegte Ei die Henne schlüpfen ließe.

Insgesamt ist mir dein aufgestelltes Prinzip viel zu einfach gestrickt. Du lässt zu viele Dinge, die das Bewusstsein prägen, und Handlungen beeinflussen, außer Acht, und versuchtst, alles auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, wo keiner sein kann. Und da du alles so unsinnig drastisch darstellst, verstehe ich auch nicht, was das noch mit dem Thema zu tun haben soll.
Was du an negativen Auswirkungen hier schilderst, sind eigentlich nur solche, die auch über drei Ecken nicht mit dem eigentlichen Gegenstand Fantasy, Fiktionaliät oder second life in Beziehung zu bringen sind, wobei es so viel naheliegendere, mögliche Auswirkungen gibt, die zumindest Frau Funke einigermaßen treffend, wenn auch überspitzt, beschrieben hat.

Btw. ist Fantasy ein sehr gutes Beispiel dafür, wie Wörter eine eigene Dynamik aufbauen können, und mehr sind als "hohle Anglizismen". Wer heute von Fantasy spricht, meint nicht "Phantasie" sondern bezieht sich schon sehr konkret auf Elfen, Drachen, Magie und Heldensagen. Wer so für reine Sprachkultur schwärmt, schneidet sich nur selbst ins Bein, wenn er eingegliederte Worte ersatzlos streichen will, und verkennt dabei was Sprache ausmacht. Vor dem etymologischen Hintergrund scheint mir dieses Jammern über Anglizismen auch der größte Witz, weil sich deutsch und englisch ziemlich verwand sind.
Und wer so für das "deutsche" schwärmt, soll mal versuchen, alle französischen, lateinischen, griechischen, jiddischen, slawischen und was weiß ich noch alles für Begriffe, die sich über die letzten paar hundert und mehr Jahre in der Sprache verfestigt haben, zu vermeiden.
Fände ich sowieso mal spannend, zu sehen, wie weit Althochdeutsch noch für moderne Unterhaltungen taugt. :D


zB. Wenn ein Mensch [und sei es nur durch eine psychische "Störung" (eg. Helfersyndrom)] danach süchtig ist anderen gutes zu tun, und damit glücklich ist ... warum sollte man ihn "heilen" ? ... ) ...
Weil diesen Menschen aus ihrem zwanghaften Verhalten ernste Probleme entstehen? Damit angefangen, dass solche Leute für sich selbst und ihre eigenen Probleme meist nicht genug Zeit und Energie aufbringen, dadurch körperlich und seelisch über ihre Kapazitäten beansprucht werden, kann das sogar so weit gehen, dass sie sich mit Bürgschaften in den finanziellen Ruin bringen, strafbar machen, oder wegen Vernachlässigung ihrer Gesundheit schwere gesundheitliche Schäden davontragen. Von den psychischen Störungen mal ganz zu schweigen.


Oder für die "Vergewaltigungsoptionen", die einige in Second Life eingebaut haben? Ist ja letztendlich auch nur das Flüchten, weil die Realität eben jene Möglichkeit nicht ohne weiteres bietet.
Die Realität bietet die Möglichkeiten auch, aber mit dem Manko, dass sie in den meisten Ländern strafbar sind. ;)

Mordechaj
22.01.2010, 23:08
Entschuldigung, aber das Streben nach Transzendenz ist kein Monsterschlachten um Gold für ein Epic Mount zusammen zu kratzen. Bitte vergleich deine Einübung des Kapitalismus im Kleinen nicht mit meiner - oder irgend einer - Religion.
Ich vergleiche hier gar nichts mit Religionn, ich vergleiche lediglich die Bedürfnisse des einen mit den Bedürfnissen des anderen und sehe, dass beide dieses Bedürfnis, nach Transzendenz zu streben, haben. Natürlich ist auch das Monsterschlachten und Gold für ein Epic Mount sammeln die Suche nach Transzendenz, was ist denn daran so schlimm oder unverständlich? Warum sollte man sich dem sonst hingeben? Warum schütten unsere Schießmichtot-Drüsen nach solchen tollen Erfolgserlebnissen denn sonst Dopamin aus?

Ich würde niemals die Demut, die ich meinem Gott gegenüber empfinde, mit der recht leichtfertigen Ehrfurcht vor dem nächsten Donjon-Boss oder die Zeit, die ich davne, mit der Zeit, die ein Spieler im WoW-Universum verbringt, vergleichen. Trotzdem strebe sowohl ich als auch strebt er nach einer Form von Transzendenz. Dass diese Formen gänzlich unterschiedlich sind, dürfte doch bitteschön klar sein.


Ich finde es zudem lustig, dass du Steinäxte bauen, Perlen bohren und das Zusammenleben von Mensch zu Mensch und Mensch zu Umwelt regulieren als virtuelle Tätigkeit bezeichnest.
Als was denn dann? =3 Seit mich die Probleme meiner Familie aus denkwürdigem Anlass nicht mehr interessieren, sehe ich davon ab, so etwas als Selbstverdummung im Sesammantel zu beschreiben.


Natürlich, die Interaktion mit der Umwelt wird durch Videospiele ebenfalls reguliert, aber weder in besonders sinnhaft noch produktiver Weise.
Wie produktiv ist ein Gebet? Wie produktiv sind theologische oder philosophische Diskussionen? Wie produktiv ist das Nachgrübeln über Metaphysik? Wie produktiv ist ein Theaterbesuch? Bücher zum Vergnügen lesen?
Jau, so ein Spieler könnte seine Zeit um einiges besser nutzen, aber was er mit seiner Freizeit anstellt, ist bis zu einem gewissen Grad dann auch seine Sache. Transzendenz ist nie produktiv oder sinnhaft in den Augen derer, denen diese Form von Transzendenzstreben nicht zusagt. Ich davne auch lieber als levelnd durch irgendwelche Fantasy-Spielwelten zu ziehen und ich lese lieber ein gutes Buch, als dass ich mich mit Questtexten langweile. Ist meine Zeit dadurch aber besser oder schlechter genutzt?


Zunächst mal ist mir Transzendenz zu spirituell geprägt, um es als Synonym für Fiktion oder Phantasie, gar für Kreativität, zu gebrauchen.
Und Sehnsucht dann mit Bedürfnissen gleichzusetzen, ist noch grenzwertiger.
Bedürfnisse unterliegen einer regelmäßigen Erfüllung zum Erhalt des Seienden. Oder anders ausgedrückt: Ich esse jeden Tag, um nicht zu verhungern.
Ich vermute, er spielt hier auf den mir sehr lieb gewordenen Maslow an, bei dem das Bedürfnis nach Transzendenz die Pyramide komplettierte. In diesem Zusammenhang wäre "Transzendenz" zumindest ein sehr gut gewählter Begriff und der Bedürfnisbezug durchaus logisch.

Hummelmann
22.01.2010, 23:16
Ich habe soeben den...wie hieß es noch mal.."Die Perfekte Masche" gelesen und muss dies dementsprechend verneinen. Es gibt durchaus Autoren, die ähnlich aussehenden Frauen nahe gekommen sind...wobei angesichts dessen, dass das Buch in Kalifornien spielt, würde ich annehmen, das solchige nicht darunter waren. Die Frau dort auf dem Bild zeigt zu wenig Gerippe für Kalifornien.

Tut mir Leid wen ich jetzt off Topic gehe, aber ich mus unbedingt anmerken das ein Conan Kostüm für diese Pick-Up-Artists bestimmt praktikabel wäre. Ich glaub dieses übermäßige auffallen schimpft sich bei denen Peacocking oder so.

Owly
22.01.2010, 23:30
Ich bin zum formidablen Hungerkünstler gereift. Zu lesen angefangen habe ich erst spät, weil mir zuvor nie die richtigen Bücher in die Hände gefallen sind; Spiele spiele ich - so selten wie das noch vorkommt - der reinen Unterhaltung wegen, würde es aber häufiger tun, wenn mehr von ihnen meinen Vorstellungen entsprächen (deshalb mache ich sie). Satt bin ich durch so was nie geworden oder nur in seltenen Momenten des Alleinseins, des Schwelgens in der eigenen Vorstellung, in der man keine Fremdbeeinflussung auszumachen glaubt. Das kann ich nicht konserviert finden, ich kann es nur und muss es konservieren (ohne zu wissen, ob mich das sättigt; ich bezweifle es allerdings). Deshalb fühlt sich jeder Konsum zu Zeiten, an denen ich so viel machen könnte (wie jetzt gerade z.B.) hinterher wie ein Tag nach einem Totalabsturz an.

Ianus
23.01.2010, 00:23
Ich vergleiche hier gar nichts mit Religionn, ich vergleiche lediglich die Bedürfnisse des einen mit den Bedürfnissen des anderen und sehe, dass beide dieses Bedürfnis, nach Transzendenz zu streben, haben. Natürlich ist auch das Monsterschlachten und Gold für ein Epic Mount sammeln die Suche nach Transzendenz, was ist denn daran so schlimm oder unverständlich? Haha, weißt du es ist recht lustig, dass jemand glauben könnte mit der Simulation des Verhaltens von Sagahelden in einer beschleunigten Medienumgebung Transzendenz durch planmäßig simulierte serielle heroische Taten erreichen zu können. Ihr trainiert euch bestenfalls auf einen zukünftigen Sisyphismus am Arbeitsplatz.

Wir sind auch nicht in Rom wo deine Taten deinen Ruf beeinflussen würden oder in Afrika, wo Initationsrituale zu durchlaufen deine gesellschaftliche Stellung verändern würde. Größtenteils weil eure Heldenreise seriell und konsequenzlos ist. Ihr habt sie durchschritten, aber gelöst ist sie deswegen keineswegs. Tausende nach euch werden sie in derselben Weise beschreiten müssen. Effektiv mastrubiert ihr euch nur.
Man drückt kalkulierte Knöpfchen um kalkulierte Reaktion zu erhalten. Daran ist nichts transzendentes - die gesamte Handlung ist hochgradig nachvollziehbar und einfach vermittelbar. Hey, ich kann sogar einen Walkthrough dazu schreiben!
Transzendenz hinegegen ist persönlich und eben unmittelbar. Du wirst niemanden finden, der sagt: "Hey, das habe ich auch erlebt." Menschen mit Transzendenzerfahrung sitzen nicht zusammen vor dem Internet und sagen: "Ich hatte immer Schiss vor dem Butcher in Diablo" und die Gegenüber antworten: "Olol, ja das war bei mir genau dasselbe!". Gibt's nicht. Wir haben Zeichen und Formen, manchmal Qualitäten aber nichts messbares. So ist das Streben nach Transzendenz - etwas unmessbares, unvermittelbares, unwiederholbares und hochgradig perönliches wird gesucht und gefunden. Also genau das Gegenteil von Online Rollenspielen mit ihren Zahlen, Objekten und festgelegten Stufen.

Warum sollte man sich dem sonst hingeben? Warum schütten unsere Drüsen nach solchen tollen Erfolgserlebnissen denn sonst Dopamin aus?
http://www.npshare.de/files/7e71bec6/michel_foucault.jpg
>implying that the body produces truth
Nein du.


Wie produktiv ist ein Gebet? Wie produktiv sind theologische oder philosophische Diskussionen? Wie produktiv ist das Nachgrübeln über Metaphysik? Wie produktiv ist ein Theaterbesuch? Bücher zum Vergnügen lesen?
Jau, so ein Spieler könnte seine Zeit um einiges besser nutzen, aber was er mit seiner Freizeit anstellt, ist bis zu einem gewissen Grad dann auch seine Sache. Transzendenz ist nie produktiv oder sinnhaft in den Augen derer, denen diese Form von Transzendenzstreben nicht zusagt. Ich davne auch lieber als levelnd durch irgendwelche Fantasy-Spielwelten zu ziehen und ich lese lieber ein gutes Buch, als dass ich mich mit Questtexten langweile. Ist meine Zeit dadurch aber besser oder schlechter genutzt? Nachdenken hilft mir, meine Stellung gegenüber der Welt zu definieren. Metaphysik definiert meine Funktion in Systemen die zu schwammig sind um mit anderen Mitteln umfasst zu werden. Ein Theatherbesuch schärft zumindest meinen Sinn für die Qualität von Theathervorführungen und Schauspiel, das Publikum zu beobachten gibt mir unter Umständen Muster für mein eigenen Leben (Ich erinnere mich, dass ich eine Familie mit Kindern in Random Dance - Entity gesehen habe. Bis dahin hätte ich mich nie gefragt, ob ich meine Kinder jemals in so eine Vorführung mitnehmen würde?) Wenn ich ein Buch lese, spreche ich mit den Toten. All diese Dinge verändern wie ich mit Menschen oder mir selbst interagiere in einer produktiven Weise.

Ob des Nutzens der Zeit...frag mich nicht. Ich bin ehrlich genug, dass ich der Verschwendung von Zeit keinen Wert beimesse. :D Was ich kritisiere ist erstens die Art wie die Tätigkeit gerahmt wird und zweitens den Anspruch den du dafür erheben willst.


Ich vermute, er spielt hier auf den mir sehr lieb gewordenen Maslow an, bei dem das Bedürfnis nach Transzendenz die Pyramide komplettierte. In diesem Zusammenhang wäre "Transzendenz" zumindest ein sehr gut gewählter Begriff und der Bedürfnisbezug durchaus logisch. Die Nachricht ist, dass Maslow ein Geschichtenerzähler sei. Seine Pyramide ließ sich nicht bestätigen. Leute streben durchaus auch nach Transzendenz während sie hungern und keine Familie haben. Leute streben durchaus auch nicht nach Wachstum wenn sie gefüttert und geliebt werden.

Jerome Denis Andre
23.01.2010, 10:51
Weil diesen Menschen aus ihrem zwanghaften Verhalten ernste Probleme entstehen? Damit angefangen, dass solche Leute für sich selbst und ihre eigenen Probleme meist nicht genug Zeit und Energie aufbringen, dadurch körperlich und seelisch über ihre Kapazitäten beansprucht werden, kann das sogar so weit gehen, dass sie sich mit Bürgschaften in den finanziellen Ruin bringen, strafbar machen, oder wegen Vernachlässigung ihrer Gesundheit schwere gesundheitliche Schäden davontragen. Von den psychischen Störungen mal ganz zu schweigen.


Bloß dumm, dass man psychisch "gestörte" Menschen häufig mit Haldol, und andren durchaus arg gesundheitsschädlichen Medikamenten behandelt, die die Lebensspanne z.T. drastisch verkürzen ...

Nochmal ... Wenn jemand mit seiner "Verrücktheit" glücklich ist, warum sollte man dann ihn durch Heilung 1. unglücklich machen, und 2. seinen Körper mit schädlichen Mitteln vollpumpen ...

Noch ein Beispiel:
Mein Vater erzählte mir, dass vor 20/25 Jahren immer ein Typ selbstzufrieden durch die nürnberger Innenstadt stolzierte, der von sich dachte, er sei ein bekannter Nato-General, und jeder würde ihm Respekt gegenüberbringen. Natürlich eine nervige Person - aber harmlos und wegen seines "bedeutenden Ranges" glücklich ....
Irgendwann lief er nichtmehr durch Nürnberg. Man hatte ihn nach Ansbach in die psychatrische geschickt ... Warum ? Der Typ war harmlos + glücklich .... Also warum pumpt man ihn mit ungesunden Mitteln voll, die ihn auchnoch unglücklich machen ?

Mordechaj
23.01.2010, 11:41
Haha, weißt du es ist recht lustig, dass jemand glauben könnte mit der Simulation des Verhaltens von Sagahelden in einer beschleunigten Medienumgebung Transzendenz durch planmäßig simulierte serielle heroische Taten erreichen zu können. Ihr trainiert euch bestenfalls auf einen zukünftigen Sisyphismus am Arbeitsplatz.
Wer hat denn gesagt, dass Transzendenz ein klar einzukreisender Begriff ist, der nur deiner Definition gehorcht? Ich bin mir sicher, dass wir allein aufgrund von religiöser Seite her unterschiedliche Vorstellungen von Transzendenz haben, noch problematischer ist diese Kluft im Vergleich zwischen unsereins und dem herkömmlichen Spieler.

Mein Bruder sitzt plausibel geschätzte 6 Stunden am Tag an irgendeinem Spiel, daraus werden 10-12, wenn es ein freier Tag ist. Ich sehe bei ihm keine andere Regung, die sich Transzendenz erhoffte, als durch seine sich selbst aufblasende Illusion von Heroismus. Denn genau darum geht es doch: Ein gesteigertes Selbstbild, eine stimmige Selbstdefinition. Und nun sag mir nicht, dass dein religiöses Streben dir nicht zur Selbstdefinition verhilft und dein Transzendenzstreben etwas anderes ist als der Wunsch nach Auflösung und Verewigung deinerselbst im großen Ganzen.

Das "ihr" finde ich ein bisschen gemein, weil du mich dabei in eine Tüte steckst, in die ich eigentlich ziemlich offensichtlich nicht gehöre.


Wir sind auch nicht in Rom wo deine Taten deinen Ruf beeinflussen würden
Aber bei WoW, wo eine epische Ausrüstung hin und wieder sehr episch aussieht und man dafür auch gewürdigt wird, und das ist doch das entscheidende der Parallelrealität. Soweit ich weiß, haben die auch sowas wie "Haut faits" eingeführt, also irgendwelche speziellen Erfolge, die man erreichen kann und die einen vom anderen nochmal ordentlich abheben. Da braucht es kein Rom. Übrigens ist die Welt nach dieser Definition immer noch römischer, als du denkst, denk nur mal über den Begriff "Arena" nach und schau nach, wieviele Sportstadien es auf der Welt gibt. Oder wieviele "große" Schauspieler wir haben. Oder wieviele Rapper angeschossen wurden und mehr Platten verkauft haben. Es werden immer noch Orden beim Militär verteilt.


oder in Afrika, wo Initationsrituale zu durchlaufen deine gesellschaftliche Stellung verändern würde.
Und macht das Fehlen dieser gesellschaftlichen Ordnung den Wunsch danach so unverständlich? Ich bin mir sicher, dass etwa 80% der Leute in der Unterschicht bereit wären, ein Gnu zu erlegen, wenn sie dafür in den Mittelstand aufsteigen dürften. Das Streben nach Transzendenz ist letztendlich die Flucht vor dem eigenen, determinierten Leben hin zu etwas Größerem, Leichteren. Nichts anderes gibt einem so ein episches Spiel: Größe und die Leichtigkeit, sie zu erreichen.

Wenn du ganz rational und ohne einen einzigen Zug deiner Identität darüber nachdenkst, wirst du zu dem Schluss kommen, dass - rein rational und bar jeglicher identitären Regung - deine religiösen Gefühle nur ein Versuch sind, dich vor der grausamen Realität zu flüchten, dass da nichts ist oder dass du nichts bist, dass da nur Weltschmerz ist, dem du als Mensch hoffnungslos unterliegen würdest; und dass das der eigentliche Grund ist, warum du das Bedürfnis hast, zu glauben. Ein Ritualspieler wird von genau derselben Angst getrieben, muss genau die selbe Lücke in seinem Weltbild füllen. Ob das in seinem kulturellen Wert der Religion auch nur im entferntesten nahe kommt, ist dabei unerheblich, man kann das Transzendenzstreben nicht nach kultureller Wertbarkeit aufzwirbeln, dafür ist es zu persönlich und fern ab von Sinnhaftigkeit.


Größtenteils weil eure Heldenreise seriell und konsequenzlos ist. Ihr habt sie durchschritten, aber gelöst ist sie deswegen keineswegs. Tausende nach euch werden sie in derselben Weise beschreiten müssen. Effektiv mastrubiert ihr euch nur.
Findest du diese Einschätzung nicht ein bisschen hochmütig? Und was hat sie für einen Sinn, was ist die Konsequenz aus dieser Feststellung? Dann "ihr" deshalb plötzlich all eure identitären Züge verliert, bloß weil "euer" Weg nicht einzigartig ist? Das ist er nie.


Man drückt kalkulierte Knöpfchen um kalkulierte Reaktion zu erhalten. Daran ist nichts transzendentes - die gesamte Handlung ist hochgradig nachvollziehbar und einfach vermittelbar. Hey, ich kann sogar einen Walkthrough dazu schreiben!
Und was ist der Haken an Kalkulierbarkeit? Schonmal die Bibel gelesen, den Tanakh und Talmud? Das sind Walkthroughs schlechthin, nur dass man in der Geschichte immer wieder gemerkt hat, dass der Mensch zu schwach ist, zu derartiger Größe zu wachsen, dass er die Transzendenz des Verheißenen wirklich erreichen könnte. Selbst wenn du, wie im Christentum, gezwungen wirst, deine eigene Sterblichkeit und Unzulänglichkeit zu begreifen, strebst du noch weiter. Warum? Weil dir allein schon die kulturellen Werte Transzendenz verheißen und dich aus dieser tristen, entwerteten Welt fliehen lassen. Vergleiche mal die unzähligen Geschichten in einer Heiligen Schrift mit denen in einem Rollenspiel, mach dir mal ein Bild von der Ritualisierung von Handlungen in einer Religion und denen in einem PC-Spiel, vergleiche mal die gemeinschaftliche Zusammensetzung von Glaubensgemeinschaften und Online-Spiel-Servern. Du wirst immer Grundzüge des einem im anderen finden, weil beide sich dem selben Bedürfnis beugen. Den Wert der Art der Vervollkommnung dieses Bedürfnisses zu bestimmten und anhand ihrer Kalkulierbarkeit festzusetzen, obliegt aber nicht dir, noch mir, noch sonstwem. Transzendenzstreben ist kein Wert, es ist ein Identitätsmerkmal.


Transzendenz hinegegen ist persönlich und eben unmittelbar. Du wirst niemanden finden, der sagt: "Hey, das habe ich auch erlebt." Menschen mit Transzendenzerfahrung sitzen nicht zusammen vor dem Internet und sagen: "Ich hatte immer Schiss vor dem Butcher in Diablo" und die Gegenüber antworten: "Olol, ja das war bei mir genau dasselbe!". Gibt's nicht. Wir haben Zeichen und Formen, manchmal Qualitäten aber nichts messbares. So ist das Streben nach Transzendenz - etwas unmessbares, unvermittelbares, unwiederholbares und hochgradig perönliches wird gesucht und gefunden.
Und? Nur, weil das rein faktisch bei Spielen nicht der Fall ist, ist das Ziel aber immer noch dasselbe. Die erste Gleichsetzung unerstreicht meiner Meinung nach meinen Standpunkt, zumindest weiß ich nicht genau, wie er sich in deinen fügen will. Im Übrigen ist nicht jeder Mensch bereit zu bedingungsloser Individuation, das ist eine Utopie, die du an deinem eigenen, zwar wünschenswerten aber nicht verallgemeinerbaren Streben danach misst.


Also genau das Gegenteil von Online Rollenspielen mit ihren Zahlen, Objekten und festgelegten Stufen.
Wenn du Lust und viel viel viel viel, viel viel viel, viel freie Zeit hast, kannst du ja mal die offizielle Seite von Blizzard zu WoW studieren und nach den Worten "Individualität" und "episch" suchen. Du wärst erstaunt, wie viel einem da angeblich geboten wird. Außerdem "Das nächste Addon kommt ganz bestimmt und wenn ich jetzt ganz ganz viele tolle Items zusammensuche, habe ich bei der nächsten Content-Erweiterung die beste Ausgansposition, um für den Moment der aller Beste zu werden."
Schon seit der Jahrhundertwende streben "wir" nämlich nicht mehr nach Ewigkeit.

So etwas ist schlau gemacht, stell es dir wie eine Sekte vor. Übrigens wirst du doch auch bitte nicht abstreiten, dass auch Sekten irgendwie Transzendenzstreben verwirklichen und dort sind die Überschneidungen zwischen Online-Rollenspielen und dem Kult noch intensiver, ja, da liegen die Rollenspiele an kulturellem Wert sogar noch vorn.


Nachdenken hilft mir, meine Stellung gegenüber der Welt zu definieren.
Mir einzureden, ich wäre der beste Krieger auf Azeroth, auch.


Metaphysik definiert meine Funktion in Systemen die zu schwammig sind um mit anderen Mitteln umfasst zu werden.
Ist das Transzendez? Eine Funktion in einem System zu haben? Geht es bei Metaphysik nicht viel eher um die Ergründung dieses großen Höheren, nach dem ich Strebe?


Ein Theatherbesuch schärft zumindest meinen Sinn für die Qualität von Theathervorführungen und Schauspiel
Je länger ist ein Online-Rollenspiel spiele, umso geübter werde ich im Tastenhämmern.


, das Publikum zu beobachten gibt mir unter Umständen Muster für mein eigenen Leben
Du wirst aber einsehen, dass geschätzte 99,9% der Leute nicht wie Amélie ins Kino gehen, nur um sich mitten im Film umzudrehen, und die Gesichter der Leute zu beobachten. In diesem Sinne ist die Verallgemeinerung deines eigenen, sehr beeindruckenden Ambitionsverständnis irgendwie fehl ab Platz.


Wenn ich ein Buch lese, spreche ich mit den Toten.
Dan Brown? Stephanie Meyer? Franziska Gerstenberg? Gut, man könnte jetzt meinen, dass da Vinci tot ist und die Vampire bei der Stephanie ja auch irgendwie unlebendig, da entmenscht, sind. Aber bei der Franziska leben alle noch. Bücherlesen ist nicht immer Historie, du beschränkst hier schon wieder eine Gesamtheit auf dein Persönliches.


All diese Dinge verändern wie ich mit Menschen oder mir selbst interagiere in einer produktiven Weise.
Und das ist deine Vorstellung von Transzendenz? Das ist keine hämische Frage, das Fragezeichen hat sich quasi dahin verirrt, um das nochmal zu hinterreflektieren. Wenn es so ist, dass wirst du einsehen, dass allein ich schon eine völlig andere Vorstellung ihrer habe und dass sich diese Diskrepanz in den Vorstellungen, je weiter wir uns von unserem Gesprächsstand entfernen, noch viel tiefer ziehen lässt. Wenn nicht - denn ich vermute, dass zu deinem Transzendenzstreben noch ganz andere Wertsetzungen gehören -, dann wirst du zugeben müssen, dass hinter all dem genannten und all dem von dir beispielhaft, aber keineswegs vollständig, abgearbeiteten noch viel viel mehr steckt, als nur das Erreichen einer produktiven Interaktionsfertigkeit, die natürlich auf sich selbst gerichtet und tausendfach in sich gespiegelt ist, sodass sie zu einem höheren Ganzen, mit Verlaub gesagt, schon gar nicht mehr in der Lage ist, sondern lediglich zum Selbstverwirklichungsstreben taugt.


Was ich kritisiere ist erstens die Art wie die Tätigkeit gerahmt wird und zweitens den Anspruch den du dafür erheben willst.
Wenn wir über den Rahmen des Transzendenzstrebens reden, werden wir an der Inquisition wieder mal nicht vorbeikommen - und da ist mir mein das familiäre Leben in Stücke hauender Bruder doch weitaus lieber.
Der Anspruch, den ich erhebe, sollte dich nicht derartg kränken, weil er sich einzig und allein auf die gemeinsame Basis des menschlichen Wesens bezieht, nach etwas Höherem Streben zu wollen. Ich sage damit nicht, dass dein Höheres den selben Wert hätte, wie deren Höheres, überhaupt habe ich mir mit dieser Aussage weder Wertung noch Ordnung erlaubt. Den Menschen als Bedürfniswesen zu begreifen hilft uns aber zur Verallgemeinerung und zum kühlen Verständnis seines Wesens. Ich hätte eigentlich als letztes von dir erwartet, dich so einer Betrachtungsweise zu verstellen, weil auch du doch begreifen wirst, dass es einen Grundbestand an menschlicher Würde gibt, der sich über ihre Bedürfnisse definiert. Wenn du mir ein besseres Bedürfnis nennen kannst, welches von Realitätsflucht und explizit von derer virtuellen Ambitionen ausgefüllt wird, brächte das meinen Standpunkt vielleicht auf eine andere Ebene.


Die Nachricht ist, dass Maslow ein Geschichtenerzähler sei.
Das sagen sie über Nietzsche und Freud auch. ;)


Seine Pyramide ließ sich nicht bestätigen. Leute streben durchaus auch nach Transzendenz während sie hungern und keine Familie haben. Leute streben durchaus auch nicht nach Wachstum wenn sie gefüttert und geliebt werden.
Freuds Modell findet bis heute keine Bestätigung, eher hat man ihn revidieren können, trotzdem sind seine Theorien immer noch der Grundbestand moderner psycho-philosophischer Auffassungen.
Es sagt ja keiner, dass Maslow ein Universalwerk ist, schon gar nicht bin ich mit seiner Pyramide als praktikables Klassifizierungsmuster menschlicher Grundregungen zufrieden, wofür sie regelmäßig missbraucht wird. Er ist aber allein dafür schlau, dass er den Menschen als Bedürfniswesen begreift, was unter anderem maßgeblich dazu betrug, dass man menschliche Würde als bei jedem Individuum gleichwertig vorhanden aufzufassen in der Lage ist. Naja, und noch so andere lustige Dinge, wie wir heute als Menschen- und Grundrechte bezeichnen.


Nochmal ... Wenn jemand mit seiner "Verrücktheit" glücklich ist, warum sollte man dann ihn durch Heilung 1. unglücklich machen, und 2. seinen Körper mit schädlichen Mitteln vollpumpen ...
Nunja, weil sich Menschen in manischen Episoden schon umgebracht haben. Und auch das Helfersyndrom hat schon einige recht böse Ausgänge gehabt.
Ich sage damit nicht, dass man sich bei jedem Fall richtig verhielte, den Leuten die Euphorie zu stehlen, aber unsere Gesellschaft steht in der Verantwortung, ihre Individuen zu schützen und sei es vor sich selbst. Wenn ein studierter Mann oder eine studierte Frau nun zu dem Schluss kommen, dass die Euphorie eines Menschen seine oder die Lebensqualität eines anderen nachhaltig beeinträchtigt, dann finde ich es durchaus nützlich und förderlich, seinen Zustand zu behandeln.

Hummelmann
23.01.2010, 14:24
Wenn du mir ein besseres Bedürfnis nennen kannst, welches von Realitätsflucht und explizit von derer virtuellen Ambitionen ausgefüllt wird, brächte das meinen Standpunkt vielleicht auf eine andere Ebene.
Ich bin zwar nicht Ianus aber wenn ich mir die dreistigkeit erlaube auf deine Frag zu antworten würde ich sagen hier rot angestrichenes. Ich hab der einfachheit halber Maslows Pyramide hergenommen weil sie bereits 1-2 mal erähnt wurde.
http://img714.imageshack.us/img714/8137/800pxmaslowshierarchyof.th.png (http://img714.imageshack.us/i/800pxmaslowshierarchyof.png/)

Ich weis zwar nicht welchen Wert du dem Wort Transzendenz beimist aber für das spielen von MMO's kann es sicherlich nicht gebraucht werden.
In der Philosophie gibt es viele herangehensweisen an das Wort Transzendenz , aber der einheitliche Kanon, wenn ich das so sagen darf, ist dass sie das sinnlich Wahrnehmbare überschreitet im Gegensatz zur Immanenz. In welcher Weise bitte geht bitte ein Computerspiel über die Grenze des sinnlich Wahrnehmbaren hinaus, geschweige den ein MMO? Ich brauche noch nichteinmal Phantasie um mir vorzustellen wie etwas ist, alles wird grafisch aufbreitet und mit entsprechendem Sound dargeboten. In der Hinsicht ist es meiner Meinung nach sogar ein Rückschritt im Vergleich zum Buch das mich wenigstens zum denken auffordert. Und ein MMO kann zudem auf keine wirklich ansprechende Geschichte zurück greifen (kann sein das ich da etwas veralgemeinere ich hab nur WOW gespielt). Zudem beraubt sich ein MMO sogar nochmehr dieses Anspruches indem es an allen Ecken und Enden mit Trivialität aufwartet. Keinerlei Geist oder Anspruch steht hinter dem sich ständig wiederholdendem farmen nach Geld und Ausrüstung, es ist nichts anderes als Arbeit um weiterhin mit meinen Gilden Kollegen Mt. Hjyal zu raiden und selbst wenn man Archiemonde hat wird er nur wieder und wieder getötet damit man besseres Gear bekommt.

Ich persöhnlich würde sogar noch so weit gehen einem MMO den Anspruch auf die übermittlung des Gefühls von Heroismus absprechen. Nein Blizzard ich fühle mich nicht wie ein Held wenn meine arme Draenei-Magierin beim farmen STÄNDIG von 2-3 Blutelfenschurken mit so klangvollen Namen wie Cyberd€ath und Facemeltor gegankt wird. Da half nochnichteinmal ein volles Arena T3 set>:(.
Aber ich schätze mal diese einschätzung kann ignoriert werden da sie sich lediglich auf subjetive Einschätzung stützt

Diomedes
23.01.2010, 17:30
Nochmal ... Wenn jemand mit seiner "Verrücktheit" glücklich ist, warum sollte man dann ihn durch Heilung 1. unglücklich machen, und 2. seinen Körper mit schädlichen Mitteln vollpumpen ...

Oh my... Was immer man als "unglücklich" bezeichnet.
Menschen, die permanent haluzinieren oder dement sind oder sonst welche Krankheiten oder Störungen haben, sind nicht mehr zurechnungsfähig, je nachdem, wie stark diese Störung ausfällt. Für diese Menschen selbst scheint vielleicht alles in Ordnung, was insofern aber auch nicht mehr viel wert ist, da sie auch nur noch sehr begrenzt ihre Umgebung wahrnehmen und verarbeiten können, geschweige denn sich über ihren Gemütszustand bewusst sind, und sich darüber noch artikulieren können. Wenn man ständig unter der Wirkung eines Halluzinogens stehen würde, und einem alles schön und bunt erscheint, ist man vielleicht dauernd am schmunzeln und freut sich, aber man ist sicher nicht "glücklich". Wer sich seines Lebens freut hat auch kein großes Lächeln auf sein Gesicht gemalt, damit er immer fröhlich aussieht.

Für diejenigen, die solche Leute betreuen und pflegen müssen, und für sie verantwortlich sind, ist das ganze nicht mehr so lustig, denn Menschen, die nicht mehr zurechnungsfähig sind, und sich über ihre Handlungen nicht mehr im Klaren sind, müssen ständig unter aufsicht gestellt werden. Dass sie einfach mal abhauen und irgendwo hinlaufen, gehört da noch zu den harmloseren Zwischenfällen. Schwere Brände oder Unfälle sind aber genauso möglich. Das heißt für den Angehörigen (sofern eine Heimbetreuung noch zu verantworten ist) oder das Pflegepersonal, dass sie ständig wachsam sein müssen, und sich kaum persönliche Momente gönnen können.

Übrigens ist Haloperidol nichts, was man als Standardtherapie für jede x-bliebige Störung ansetzt. Bei geringeren psychischen Störungen, die keine chronische Erkrankung ausmachen, kann man auch zu nicht-medikamentösen Heilmethoden oder nur unterstützenden Arzneimitteln greifen.
Gering ausfallende psychische Störungen sind auch nicht gleichzusetzen mit schweren Krankheiten. Wie du vom "Helfersyndrom", was man manchmal schon durch Psychotherapie behandeln kann, auf Schizophrenie oder ähnliches kommst, und das dann noch als vergleichbar darstellst, ist mir unverständlich.

Die Nebenwirkungen solcher Medikamente (auch nicht aller solchen) mögen zwar gewaltig erscheinen, aber es ist nicht so, als ob man diese auf menschenverachtende Weise verschreibt, weil die "Kranken" ja nicht gesellschaftskonform wären.
Du scheinst entweder vergessen zu haben, oder es nicht zu bedenken, dass geistige Störungen mehr sind als nur ein bisschen Verwirrtheit, sie gehen auf körperliche, meistens auf Hirnschäden zurück, und können im Verlauf zu Symptomen führen, die akkut lebensbedrohlich sind. Besonders deswegen, weil solche Krankheiten nicht selten im Alter auftreten, und man dadurch grundsätzlich schon ein schwächeres Immunsystem hat und für Dinge wie Durchblutungsstörungen anfälliger ist. Wer von Klein auf schon psychisch so schwer krank ist, dass er nicht eigenständig leben kann, dessen Lebenserwartung ist ohnehin sehr begrenzt, da sind selten auftretende, mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten, ohne die die Krankheit noch weit schwerer zu kontrollieren wäre, nicht das gravierendste Problem. Und die, die erst später eine solche Krankheit erleiden, etwa in Folge eines Schlaganfalls, sind auf eine ganze Reihe von Medikamenten angewiesen, die allesamt kaum harmloser sind.
Wenn man auf die Gefahren pharmazeutischer Mittel hinweisen will, muss man aber gar nicht so weit auschweifen. Aspirin bzw. ASS kann schon schwere Schäden anrichten und lebensbedrohliche Zustände auslösen bei bestimmten (chronischen) Krankheiten und/oder falscher Dosierung. Man setzt sich bei so ziemlich jedem Medikament einem Restrisiko aus.

La Cipolla
23.01.2010, 18:13
Transzendenz würde ich etwas außerhalb der Bedürfnispyramide aufstellen, weil sie ja die anderen Bedürfnisse (Gemeinschaft, Sicherheit) zu ersetzen versucht. "Wir fürchten uns vor dem Blitz, also beten wir zu einem Gott." "Niemand will mit uns spielen, also spielen wir mit Leuten im Internet".
Ich denke übrigens auch nicht, dass die Pyramide ein fester Grundsatz ist, aber als Orientierung ist sie durchaus verwendbar und naheliegend.

Und ich denke schon, dass man die "Transzendenz" eines Videospiels mit der einer Religion gleichsetzen kann, solange es um das Verlangen danach geht (und das hat Jerome ja angesprochen). Deshalb sind Philosophie und Phantastik in Europa ja häufig auch gegen die Kirche gelaufen, eben weil es eine andere Art und Weise der Transzendenz war, und weil die Kirche effektiv fürchtete, davon ersetzt zu werden (man kann sich streiten, ob das wirklich stattgefunden hat, wahrscheinlich schon). Man denke nur an das Darstellungstabu der Kirche, was Gott angeht, die Moslems haben das heute noch.

Der Unterschied ist halt der Glaube, denn die wenigstens glauben an Fantasy. Aber vielleicht macht das auch keinen Unterschied, denn die Glaubensvorstellungen der meisten Leute sind ebenso vage und ungreifbar wie Fantasy (erkennt man gut am Feld der Theologie und Bibelexegese).

Und EP macht wieder zu lange Posts. :(

Mordechaj
23.01.2010, 19:45
Ich bin zwar nicht Ianus aber wenn ich mir die dreistigkeit erlaube auf deine Frag zu antworten würde ich sagen hier rot angestrichenes. Ich hab der einfachheit halber Maslows Pyramide hergenommen weil sie bereits 1-2 mal erähnt wurde.
http://img714.imageshack.us/img714/8137/800pxmaslowshierarchyof.th.png (http://img714.imageshack.us/i/800pxmaslowshierarchyof.png/)
Auf dem Modell ist Transzendenz gar nicht vertreten, weil es von Maslows Grundversion der Pyramide ausgeht. Das übergeordnete Bedürfnis nach Transzendenz hat er erst später dazugestellt.

Und im Bezug auf Online-Rollenspiele hast du vielleicht sogar teilhalber recht, dass hier vor allem so Sachen wie Freundschaft und soziale Anerkennung erfüllt werden, aber der realitätsflüchtende Anteil des Spielens bezieht sich meiner Meinung nach eher weniger darauf.


Ich weis zwar nicht welchen Wert du dem Wort Transzendenz beimist aber für das spielen von MMO's kann es sicherlich nicht gebraucht werden.
In der Philosophie gibt es viele herangehensweisen an das Wort Transzendenz , aber der einheitliche Kanon, wenn ich das so sagen darf, ist dass sie das sinnlich Wahrnehmbare überschreitet im Gegensatz zur Immanenz. In welcher Weise bitte geht bitte ein Computerspiel über die Grenze des sinnlich Wahrnehmbaren hinaus, geschweige den ein MMO? Ich brauche noch nichteinmal Phantasie um mir vorzustellen wie etwas ist, alles wird grafisch aufbreitet und mit entsprechendem Sound dargeboten. In der Hinsicht ist es meiner Meinung nach sogar ein Rückschritt im Vergleich zum Buch das mich wenigstens zum denken auffordert. Und ein MMO kann zudem auf keine wirklich ansprechende Geschichte zurück greifen (kann sein das ich da etwas veralgemeinere ich hab nur WOW gespielt). Zudem beraubt sich ein MMO sogar nochmehr dieses Anspruches indem es an allen Ecken und Enden mit Trivialität aufwartet. Keinerlei Geist oder Anspruch steht hinter dem sich ständig wiederholdendem farmen nach Geld und Ausrüstung, es ist nichts anderes als Arbeit um weiterhin mit meinen Gilden Kollegen Mt. Hjyal zu raiden und selbst wenn man Archiemonde hat wird er nur wieder und wieder getötet damit man besseres Gear bekommt.
Für manche Menschen bedeutet das scheinbar ein höheres Dasein. Und es übersteigt schon irgendwie die Sinne, große Bosse-Bösewichter mit Frostbällen und Feuerblitzen totzuprügeln und auszusehen wie der Alientyp von Raumschiff Enterprise.

Jerome Denis Andre
23.01.2010, 21:07
Übrigens ist Haloperidol nichts, was man als Standardtherapie für jede x-bliebige Störung ansetzt. Bei geringeren psychischen Störungen, die keine chronische Erkrankung ausmachen, kann man auch zu nicht-medikamentösen Heilmethoden oder nur unterstützenden Arzneimitteln greifen.


Bei uns. In den USA (z.B.) wird Haldol teils etwas schneller verschrieben als hierzulande :(


[...]


Dito, Und so ...



Und EP macht wieder zu lange Posts. :(


Mordechaj ? naja - find ich nicht ... Ich zumindest mag es, mich durch lange beiträge zu wühlen .... XD

Hummelmann
23.01.2010, 22:06
A
Für manche Menschen bedeutet das scheinbar ein höheres Dasein. Und es übersteigt schon irgendwie die Sinne, große Bosse-Bösewichter mit Frostbällen und Feuerblitzen totzuprügeln und auszusehen wie der Alientyp von Raumschiff Enterprise.

(vorsicht großes bild)
http://img18.imageshack.us/img18/5712/raiduiu.jpg
Ja wenn ich mir so manche Raid Ui anschau übersteigt das auch meine Sinne aber, das ist nicht Transzendenz sondern Reizüberflutung.


„Was das Auge nicht gesehen, noch das Ohr gehört hat“ (Oculus non vidit, nec auris audivit)

Mordechaj
23.01.2010, 23:46
(vorsicht großes bild)
http://img18.imageshack.us/img18/5712/raiduiu.jpg
Ja wenn ich mir so manche Raid Ui anschau übersteigt das auch meine Sinne aber, das ist nicht Transzendenz sondern Reizüberflutung.
Und wäre es nicht ein sehr hohes Dasein, in diesem Chaos die Oberhand zu gewinnen? \o/

Sagt ja keiner, dass es schön ist, das ist Metal auch nicht. Aber wie Metal füllt es Lebenszeit seiner Anhänger aus, weil es ihnen etwas bedeutet.


Und EP macht wieder zu lange Posts. :(
50% Quotes und Leerzeilen! ._.

haebman
24.01.2010, 14:56
hihi

Fragt sich wer hier "schlimmer" ist. Diejenigen die (vermeintlich) auf der Suche nach etwas "Transzendentem" in Online-Spielen sind, oder diejenigen die sich in irgendwelchen anonymen Foren die Finger mit irgendwelchen "superintellektuellen" Bandwurmbeiträgen, auf der Suche was für erstere dieses Transzendente den nun sei , wundschreiben :D

La Cipolla
24.01.2010, 15:19
Klar, Internetforen gehören irgendwo auch dazu (auch wenn ichs jetzt nicht soo zynisch gesehen hätte, bin ja dankbar, dass sich Leute mit dem Thema beschäftigen :p).

Ja wenn ich mir so manche Raid Ui anschau übersteigt das auch meine Sinne aber, das ist nicht Transzendenz sondern Reizüberflutung.
Und wo ist jetzt der Unterschied? ö_ö

Hummelmann
24.01.2010, 16:25
Und wäre es nicht ein sehr hohes Dasein, in diesem Chaos die Oberhand zu gewinnen? \o/
Nein



Sagt ja keiner, dass es schön ist, das ist Metal auch nicht. Aber wie Metal füllt es Lebenszeit seiner Anhänger aus, weil es ihnen etwas bedeutet.

Aha es füllt die Lebenszeit aus, genau wie wenn ich irgend ein Game spiele. Wenn ich am Wochenende in der Zappelbude mit so lustigen bunten Leuchtbändchen am Arm im Käfig abschwitz dann füllt das auch meine Lebenszeit aus und macht mir Spaß aber ich versuche nicht dem ganzen eine höhere Bedeutung zuzuschreiben auch wenn ich bei Strobo-Licht und Alkohol keine Ahnung mehr habe was um mich herum passiert.

Der Versuch das Wort Transzendent indem ganzen Kontext hier überhaupt anzuwenden, würde die Definition eben dessen voranstellen aber das ist zu keinem Zeitpunkt geschehen und die bestehenden Definitionen sind ebenfalls in keinster Weise auf MMO's oder dergleichen anwendbar. Solange das nicht passiert ist können wir noch weitere 10 Seiten lang aneinander vorbeireden weil "Transzendenz" als Begriff, so wie er jetzt im Raum steht, etwa so schwammig ist wie ein Gummibärchen das ich nach zwei Monaten aus dem Abfluss krame (an dieser Stelle hatte ich mehrere Minuten überlegt ob ich einen your mom Witz einbauen soll). Diese Definition soll aber nicht meine Aufgabe sein da ich nicht wie du oder andere die Absicht habe den Begriff als Mantel über diese oder jene Tätigkeit zu stülpen um ihr eine andere Bedeutung als Zeitvertreib zu geben.

Ich wäre auch gerne eine zierliche Draenei Magierin ein mächtiger Ork-Krieger aber das ist nich Transzendenz sondern Traumtänzerei.



Und wo ist jetzt der Unterschied? ö_ö
:(
Ich will das nicht wirklich alles schreiben also geb ich dir einfach mal den Wikipedia link:
wiki (http://de.wikipedia.org/wiki/Transzendenz)

Wenn man es Kurzfassen will würde ich sagen es bedeutet das Überschreiten des menschlichen Wahrnehmens der Sinne und der empirischen Erfahrung.

Mordechaj
24.01.2010, 16:45
Aha es füllt die Lebenszeit aus, genau wie wenn ich irgend ein Game spiele. Wenn ich am Wochenende in der Zappelbude mit so lustigen bunten Leuchtbändchen am Arm im Käfig abschwitz dann füllt das auch meine Lebenszeit aus und macht mir Spaß aber ich versuche nicht dem ganzen eine höhere Bedeutung zuzuschreiben auch wenn ich bei Strobo-Licht und Alkohol keine Ahnung mehr habe was um mich herum passiert.
Na was ein Glück, dass sich meine Aussagen nicht nur auf diese eine beschränkten. Und dass da ein Kausalsatz dranhing. Aber gut, dass die Leute noch in der Lage sind, den Inhalt meiner Hauptsätze zu lesen, das weckt den Glauben an die deutschsprachige Jugend wieder in mir.

La Cipolla
24.01.2010, 18:27
Transzendenz (von lat. transcendere „übersteigen“) bedeutet Überschreiten und wird bezogen u.a. auf Gegenstände, welche die empirische Erfahrung überschreiten oder nicht durch bestimmte Darstellungsweisen repräsentierbar sind.
Genau. Wie zum Beispiel Videospiele oder verzerrte Wahrnehmung durch Drogen. Ich will wirklich nicht rumbitchen, aber ich sehe den scheinbar eindeutigen Unterschied einfach nicht.

Hummelmann
24.01.2010, 18:59
Na was ein Glück, dass sich meine Aussagen nicht nur auf diese eine beschränkten. Und dass da ein Kausalsatz dranhing. Aber gut, dass die Leute noch in der Lage sind, den Inhalt meiner Hauptsätze zu lesen, das weckt den Glauben an die deutschsprachige Jugend wieder in mir.

http://img691.imageshack.us/img691/3478/coolstorybrow.jpg