thickstone
20.08.2009, 20:37
Hey.
Mich ist es vor gut einer Woche überkommen: Ich wollte ein Review zu Koudelka schreiben. Und hier ist es nun. Mich würde es sehr freuen, dazu euer Feedback zu hören, evtl. Verbesserungsvorschläge. Danke schon im Voraus.
Review: Koudelka
England, 1898: Im Kloster Nemeton in Wales geht es hoch her. Gedärme, Genitalien und Extremitäten liegen wild verstreut in der Gegend herum, Monster treiben ihr Unwesen und mittendrin befinden sich 3 Hauptcharaktere mit unterschiedlichen Zielen. Koudelka, die von einer Stimme zu dem Kloster geführt wurde, trifft zusammen mit dem Abenteurer Edward auf James, einen vom Vatikan entsandten Priester. Zusammen wollen sie den Spuk aufdecken und gleichzeitig ihre eigenen Ziele erfüllen.
Die Rede ist von ,,Koudelka'', dem ersten Rollenspiel von Sacnoth und Vorgänger von Shadow Hearts. Selbiges Team setzt sich aus ehemaligen Squaresoft-Mitarbeitern zusammen und das merkt man bei der ersten Rendersequenz auch sofort. Wer jetzt allerdings ein Final Fantasy erwartet, hat sich gründlich geschnitten, diejenigen brauchen hier gar nicht weiterlesen. Die Hersteller wollten mit ihrem Spiel etwas Neues schaffen, was das RPG-Genre revolutionieren sollte. Glücklicherweise fand diese Revolution nicht statt, denn wenn Sacnoths Zukunftsvision von Rollenspielen SO aussah, dann gute Nacht. Aber der Reihe nach.
Fangen wir erst einmal mit der Habenseite an, die nicht unbedingt klein ist. Die Rendersequenzen zeugen von der Squaresoft-Herkunft und sind traumhaft animiert – gleiches gilt auch für die Renderhintergründe, durch die ihr mit Koudelka (respräsentativ für die ganze Party) streift. Insgesamt ist die Grafik also sehr ordentlich, absehen von den etwas groben Polygonmodellen und einer riesigen Katastrophe, auf die ich nachher noch eingehe. Bisher tönt das also noch konventionell, was es aber nicht ist. Mehr als den üblichen Rollenspielen gleich Koudelka einem Survival-Horror Spiel à la Resident Evil. Begünstigt wird das auch durch die Tatsache, dass ihr abgesehen von dem Kloster keinen anderen Schauplatz zu Gesicht bekommt. Wer also Wälder, Wiesen, Höhlen, oder – Gott bewahre – eine Weltkarte erwartet, wird hier kräftig kotzen. Koudelka ist eben durch diese Designentscheidung stunzlinear und lässt wenig Raum zum Erkunden. Wer jetzt schon gähnt, der horcht auf: Das Kloster ist sehr liebevoll und abwechslungsreich gestaltet und dadurch eben auch äußerst atmosphärisch. Folterkammern, die bis Oberkante-Unterlippe voll mit Extremitäten unterschiedlicher Art sind wechseln sich mit düsteren Kellern und verwucherten Hallen ab. Zusammen mit dem eher auf Ambiente ausgelegten Soundtrack tut sich einem hier eine dichte, teilweise gruselige und deswegen auch RPG-untypische Atmosphäre auf.
Die Geschichte passt sich dieser düsteren Grundstimmung an und ist entsprechend erwachsen und mysteriös. Anfangs kann man sich noch nicht einmal ansatzweise vorstellen, in welche Richtung sich die Story entwickeln wird und das ist der Geschichte hoch anzurechnen. Sicherlich ist sie kein Meisterwerk, aber einer DER Gründe, Koudelka bis zum Ende durchzuspielen. Nur so viel: Ihr werdet mit Geistererscheinungen, Wiederbelebungen und einem zwielichtigen Ehepaar konfrontiert. Mehr wird hier nicht verraten, da jegliche Spoiler für dieses Spiel absolut tödlich sind. Die Story ist stets spannend inszeniert. Teilweise sind die Zwischensequenzen in Spielegrafik, teilweise in FMV-Grafik, aber immer toll anzusehen. Und: Man spricht Deutsch! In jeder Zwischensequenz. Das erklärt auch, warum das Spiel trotz knapp 15-20 Stunden Spielzeit auf 4 CDs erschien. Die Sprecher schaffen es unerwarteterweise gut, die Charaktere zum Leben zu erwecken und das ist eine Leistung, die in Bezug auf deutsche Synchros nicht oft vorkommt. Oder auch gar nicht (MGS anyone?). Und nun sind wir hier, die Charaktere. Schwer, hier einen Kurzabriss zu geben, der dem Gebotenen gerecht wird. Grundsätzlich lässt sich sagen: Die Charaktere können sich auf den Tod nicht ausstehen, sind teilweise das absolute Gegenteil voneinander (Zigeunerin Koudelka und Priester James) und trotzdem helfen sie sich in Angesicht der allgegenwärtigen Bedrohung doch immer, wo sie nur können. Ich habe selten ein RPG gesehen, in dem sich so viel Mühe mit den Charakteren gegeben wurde. Wirklich jeder hat eine Persönlichkeit und teilweise werden auch ganze Zwischensequenzen nur der Charakterentwicklung, bzw. deren Hintergründen gewidmet. Um nicht zu viel zu spoilern: Hier sind wirklich Zwischensequenzen dabeigewesen, bei denen ich absolut bewegungslos vor dem Fernseher saß, weil sie so intensiv waren (Stichwort: Kaminszene).
Wenn ihr mal nicht gerade eine Zwischensequenz betrachtet, bewegt ihr euch mit Koudelka durch das Kloster und bekommt Survival-Horror Gameplay geboten. Schlüssel suchen, Tür suchen oder eben die Variation Gegenstand X suchen, Verwendungsort Y. Nichts Besonderes, aber nicht nervig und im Gegensatz zu vielen RPGs gibt es hier überhaupt so etwas wie Rätsel. Die hat Koudelka aber auch bitternötig, da sich das Spiel eben nur auf eine Location beschränkt. Neben Schlüsseln gibt es auch Essen zu finden. Käse, Wurst, etc. pp. Warum? Heiltrankersatz. Schön. Das Inventar wird voll, da ihr wirklich viel Plunder findet, darunter auch Waffen. Ja, das ist, neben den Zufallskämpfen, eure einzige Möglichkeit, an Waffen zu kommen. Oder habt ihr schon ein Kloster mit internen Waffenläden gesehen? Ich auch nicht.
Okay, kurzer Einschnitt. Bisher haben wir also ein Rollenspiel, das nicht viel falsch macht. Ihr denkt also schon jetzt sabbernd über einen Kauf nach. Vergesst es lieber, denn jetzt schildere ich euch die desaströseste Battleengine, die mir seit Ephemeral Fantasia untergekommen ist.
Da wir eh schon dabei waren: Waffen. Waffen braucht ihr in Koudelka jede Menge, denn irgendwann zerbrechen sie. Schön und gut, diese Idee ist ja nicht auf Koudelkas Mist gewachsen. Im Gegensatz zu anderen RPGs mit diesem fragwürdigen Feature steht Koudelka vor 2 riesigen Problemen: Ihr habt, wie angesprochen, keinen Waffenhöker. Okay, man findet ja welche. Richtig, nur viel zu wenige, um den Waffenbedarf zu decken. Also kann man nur hoffen, dass das liebe Monster auch ja eine Waffe nach dem Ableben hinterlässt. Für die, die es detailliert wollen: All das ist schon zufällig. Hinzu kommt, dass ihr NIE seht, wann eure Waffe zerbricht und ihr deswegen im Kampf einen wertvollen Turn verschwendet, um eine neue auszurüsten. Die Waffen selbst sind an verschiedene Elemente gekoppelt, Licht, Erde, Wasser – Ihr wisst, wovon ich rede. Dieses Element ist auch zufällig. Der Dolch, der beim 1. Durchspielen noch das Feuerelement hatte, ist beim 2. Durchspielen auf einmal vom Element Wasser. Dadurch werden eure Waffen teilweise nutzlos: Wenn ihr den dicken Fleischklops mit Element Wasser mit einem Wasserdolch angreift, wird der sich höchstens für die Heilung bedanken und euch den blanken Arsch zeigen. Problem: Meistens sieht man das Element der Gegner nicht.
Stichwort Gegnerdesign: Schwankt zwischen peinlich und annehmbar. Teilweise auf abartig, teilweise auf undefinierbar getrimmt, gibt es neben wirklich ekligen Kreationen auch so einen belanglosen Kram aus der Mottenkiste wie Riesenkakerlaken. Wow.
Die werden dann per Zufallskämpfen, die eine wirklich annehmbare Encounterrate haben, ins Nirvana geschickt. Erinnert ihr euch an die Katastrophe, die ich vorhin beim Thema Grafik ansprach? Run for cover. Sacnoth schuf hier das Peinlichste nach Legend of Legaia. Eher noch davor. Eure Kampfarena besteht aus einen schwarzen Hintergrund, auf die eine Pixeltapete geklebt wurde. Und das ist euer Spielfeld. Schachbrettartig aufgebaut, könnt ihr ganz SRPG-like euren Charakteren Befehle erteilen: Angriff, Magie, Bewegen und Items. Dabei könnt ihr nur bis zu dem Gegner vorrücken, der euch am nähesten ist. FF Tactics Leute, die gerne von hinten angreifen, können ihre Zunge also wieder einfahren. Sacnoth hat leider nicht daran gedacht, dass SRPGs eben nicht wie normale RPGs funktionieren und schon gar nicht vermischt werden sollten. In Koudelka zeigt sich, warum. Der Spielfluss wird ständig unterbrochen, weil die Zufällskämpfe eine gefühlte Dekade andauern. Bis ihr euren Zug beendet habt, bis der Gegner angegriffen hat und bis der Zauber auch wirklich ausgesprochen wurde, vergeht entschieden zu viel Zeit. Das alles wird noch mit unsäglich langsamen Animationen ,,garniert'' und als Bonus gibt es eine Kampfmusik, die zwar nicht schlecht ist, aber jeden normalen Menschen in einen Tiefschlaf befördern sollte. Sacnoth hat hier sehr viel falsch gemacht und wenig richtig. Bis jetzt nur was für Masochisten.
Die Charakterentwicklung ist aber wieder sehr reizvoll und zeigt auch, dass sich Koudelka eher an erfahrene Rollenspieler richtet. Nach einem Level-Up könnt ihr vier Statuspunkte auf acht Attribute wie ,,Stärke'', ,,Magie'', etc. verteilen. Es ist euch also von Anfang an selbst überlassen, wer welche Rolle in eurer Party übernimmt. Das Ganze ist sogar gut durchdacht. Wer einen Kämpfer will, soll auch bitte nicht nur ,,Stärke'' leveln, sondern auch ,,Geschicklichkeit'', da einem die Stärke alleine nicht viel bringt. Die Charakterentwicklung erfordert also schon etwas Einarbeitung. Die Gefahr, hier Scheiße zu bauen, ist aber immens hoch und wer sich zu sehr verskillt, hat spätestens auf CD 2 keine Chance mehr. Hier wird eure nutzlose Party von den Monstern vielleicht gerade als Zwischensnack verspeist. Hier hören eure Möglichkeiten aber noch nicht auf: Der Waffenlevel eines jeden Charakters lässt sich durch den Gebrauch von Waffen zudem erhöhen. Durch die Tatsache, dass das Waffensystem recht daneben ist, wird diese Idee aber ad absurdum geführt.
Der Schwierigkeitsgrad ist fordernd, teilweise auch sehr leicht. Sacnoth hat es nicht geschafft, die Balance zu halten. Die Bosse sind aber in der Regel recht schwierig und ich finde es wirklich unheimlich nett von Sacnoth, die Speicherpunkte NACH den Bossen zugänglich zu machen. Insgesamt ist das Spiel eher den erfahrenen Rollenspielern zu empfehlen, da Anfänger hier gnadenlos untergehen werden.
Fazit:
Koudelka merkt man an, dass die Entwickler mit großen Ambitionen an dieses Projekt gegangen sind und diese wurden ja immerhin zum Teil erfüllt. Ob die durchaus vorhandene gute Seite das grottige Kampfsystem überschattet, müsst ihr selbst entscheiden. Hängt vor allem damit zusammen, wie wichtig euch eine gute Story/Präsentation ist und wie viel ihr bereit seid, dafür in Kauf zu nehmen. Empfehlungen kann ich also nur bedingt aussprechen: Leute mit Hang zum Masochismus und solche, die Nerven aus Draht und von den ausgelutschten Anime-RPGs gründlich die Schnauze voll haben, seien hiermit eingeladen, Koudelka eine Chance zu geben. Der Rest spart lieber sein Geld.
Grafik: 7/10
Sound: 5/10
Gesamt: 5/10
Mich ist es vor gut einer Woche überkommen: Ich wollte ein Review zu Koudelka schreiben. Und hier ist es nun. Mich würde es sehr freuen, dazu euer Feedback zu hören, evtl. Verbesserungsvorschläge. Danke schon im Voraus.
Review: Koudelka
England, 1898: Im Kloster Nemeton in Wales geht es hoch her. Gedärme, Genitalien und Extremitäten liegen wild verstreut in der Gegend herum, Monster treiben ihr Unwesen und mittendrin befinden sich 3 Hauptcharaktere mit unterschiedlichen Zielen. Koudelka, die von einer Stimme zu dem Kloster geführt wurde, trifft zusammen mit dem Abenteurer Edward auf James, einen vom Vatikan entsandten Priester. Zusammen wollen sie den Spuk aufdecken und gleichzeitig ihre eigenen Ziele erfüllen.
Die Rede ist von ,,Koudelka'', dem ersten Rollenspiel von Sacnoth und Vorgänger von Shadow Hearts. Selbiges Team setzt sich aus ehemaligen Squaresoft-Mitarbeitern zusammen und das merkt man bei der ersten Rendersequenz auch sofort. Wer jetzt allerdings ein Final Fantasy erwartet, hat sich gründlich geschnitten, diejenigen brauchen hier gar nicht weiterlesen. Die Hersteller wollten mit ihrem Spiel etwas Neues schaffen, was das RPG-Genre revolutionieren sollte. Glücklicherweise fand diese Revolution nicht statt, denn wenn Sacnoths Zukunftsvision von Rollenspielen SO aussah, dann gute Nacht. Aber der Reihe nach.
Fangen wir erst einmal mit der Habenseite an, die nicht unbedingt klein ist. Die Rendersequenzen zeugen von der Squaresoft-Herkunft und sind traumhaft animiert – gleiches gilt auch für die Renderhintergründe, durch die ihr mit Koudelka (respräsentativ für die ganze Party) streift. Insgesamt ist die Grafik also sehr ordentlich, absehen von den etwas groben Polygonmodellen und einer riesigen Katastrophe, auf die ich nachher noch eingehe. Bisher tönt das also noch konventionell, was es aber nicht ist. Mehr als den üblichen Rollenspielen gleich Koudelka einem Survival-Horror Spiel à la Resident Evil. Begünstigt wird das auch durch die Tatsache, dass ihr abgesehen von dem Kloster keinen anderen Schauplatz zu Gesicht bekommt. Wer also Wälder, Wiesen, Höhlen, oder – Gott bewahre – eine Weltkarte erwartet, wird hier kräftig kotzen. Koudelka ist eben durch diese Designentscheidung stunzlinear und lässt wenig Raum zum Erkunden. Wer jetzt schon gähnt, der horcht auf: Das Kloster ist sehr liebevoll und abwechslungsreich gestaltet und dadurch eben auch äußerst atmosphärisch. Folterkammern, die bis Oberkante-Unterlippe voll mit Extremitäten unterschiedlicher Art sind wechseln sich mit düsteren Kellern und verwucherten Hallen ab. Zusammen mit dem eher auf Ambiente ausgelegten Soundtrack tut sich einem hier eine dichte, teilweise gruselige und deswegen auch RPG-untypische Atmosphäre auf.
Die Geschichte passt sich dieser düsteren Grundstimmung an und ist entsprechend erwachsen und mysteriös. Anfangs kann man sich noch nicht einmal ansatzweise vorstellen, in welche Richtung sich die Story entwickeln wird und das ist der Geschichte hoch anzurechnen. Sicherlich ist sie kein Meisterwerk, aber einer DER Gründe, Koudelka bis zum Ende durchzuspielen. Nur so viel: Ihr werdet mit Geistererscheinungen, Wiederbelebungen und einem zwielichtigen Ehepaar konfrontiert. Mehr wird hier nicht verraten, da jegliche Spoiler für dieses Spiel absolut tödlich sind. Die Story ist stets spannend inszeniert. Teilweise sind die Zwischensequenzen in Spielegrafik, teilweise in FMV-Grafik, aber immer toll anzusehen. Und: Man spricht Deutsch! In jeder Zwischensequenz. Das erklärt auch, warum das Spiel trotz knapp 15-20 Stunden Spielzeit auf 4 CDs erschien. Die Sprecher schaffen es unerwarteterweise gut, die Charaktere zum Leben zu erwecken und das ist eine Leistung, die in Bezug auf deutsche Synchros nicht oft vorkommt. Oder auch gar nicht (MGS anyone?). Und nun sind wir hier, die Charaktere. Schwer, hier einen Kurzabriss zu geben, der dem Gebotenen gerecht wird. Grundsätzlich lässt sich sagen: Die Charaktere können sich auf den Tod nicht ausstehen, sind teilweise das absolute Gegenteil voneinander (Zigeunerin Koudelka und Priester James) und trotzdem helfen sie sich in Angesicht der allgegenwärtigen Bedrohung doch immer, wo sie nur können. Ich habe selten ein RPG gesehen, in dem sich so viel Mühe mit den Charakteren gegeben wurde. Wirklich jeder hat eine Persönlichkeit und teilweise werden auch ganze Zwischensequenzen nur der Charakterentwicklung, bzw. deren Hintergründen gewidmet. Um nicht zu viel zu spoilern: Hier sind wirklich Zwischensequenzen dabeigewesen, bei denen ich absolut bewegungslos vor dem Fernseher saß, weil sie so intensiv waren (Stichwort: Kaminszene).
Wenn ihr mal nicht gerade eine Zwischensequenz betrachtet, bewegt ihr euch mit Koudelka durch das Kloster und bekommt Survival-Horror Gameplay geboten. Schlüssel suchen, Tür suchen oder eben die Variation Gegenstand X suchen, Verwendungsort Y. Nichts Besonderes, aber nicht nervig und im Gegensatz zu vielen RPGs gibt es hier überhaupt so etwas wie Rätsel. Die hat Koudelka aber auch bitternötig, da sich das Spiel eben nur auf eine Location beschränkt. Neben Schlüsseln gibt es auch Essen zu finden. Käse, Wurst, etc. pp. Warum? Heiltrankersatz. Schön. Das Inventar wird voll, da ihr wirklich viel Plunder findet, darunter auch Waffen. Ja, das ist, neben den Zufallskämpfen, eure einzige Möglichkeit, an Waffen zu kommen. Oder habt ihr schon ein Kloster mit internen Waffenläden gesehen? Ich auch nicht.
Okay, kurzer Einschnitt. Bisher haben wir also ein Rollenspiel, das nicht viel falsch macht. Ihr denkt also schon jetzt sabbernd über einen Kauf nach. Vergesst es lieber, denn jetzt schildere ich euch die desaströseste Battleengine, die mir seit Ephemeral Fantasia untergekommen ist.
Da wir eh schon dabei waren: Waffen. Waffen braucht ihr in Koudelka jede Menge, denn irgendwann zerbrechen sie. Schön und gut, diese Idee ist ja nicht auf Koudelkas Mist gewachsen. Im Gegensatz zu anderen RPGs mit diesem fragwürdigen Feature steht Koudelka vor 2 riesigen Problemen: Ihr habt, wie angesprochen, keinen Waffenhöker. Okay, man findet ja welche. Richtig, nur viel zu wenige, um den Waffenbedarf zu decken. Also kann man nur hoffen, dass das liebe Monster auch ja eine Waffe nach dem Ableben hinterlässt. Für die, die es detailliert wollen: All das ist schon zufällig. Hinzu kommt, dass ihr NIE seht, wann eure Waffe zerbricht und ihr deswegen im Kampf einen wertvollen Turn verschwendet, um eine neue auszurüsten. Die Waffen selbst sind an verschiedene Elemente gekoppelt, Licht, Erde, Wasser – Ihr wisst, wovon ich rede. Dieses Element ist auch zufällig. Der Dolch, der beim 1. Durchspielen noch das Feuerelement hatte, ist beim 2. Durchspielen auf einmal vom Element Wasser. Dadurch werden eure Waffen teilweise nutzlos: Wenn ihr den dicken Fleischklops mit Element Wasser mit einem Wasserdolch angreift, wird der sich höchstens für die Heilung bedanken und euch den blanken Arsch zeigen. Problem: Meistens sieht man das Element der Gegner nicht.
Stichwort Gegnerdesign: Schwankt zwischen peinlich und annehmbar. Teilweise auf abartig, teilweise auf undefinierbar getrimmt, gibt es neben wirklich ekligen Kreationen auch so einen belanglosen Kram aus der Mottenkiste wie Riesenkakerlaken. Wow.
Die werden dann per Zufallskämpfen, die eine wirklich annehmbare Encounterrate haben, ins Nirvana geschickt. Erinnert ihr euch an die Katastrophe, die ich vorhin beim Thema Grafik ansprach? Run for cover. Sacnoth schuf hier das Peinlichste nach Legend of Legaia. Eher noch davor. Eure Kampfarena besteht aus einen schwarzen Hintergrund, auf die eine Pixeltapete geklebt wurde. Und das ist euer Spielfeld. Schachbrettartig aufgebaut, könnt ihr ganz SRPG-like euren Charakteren Befehle erteilen: Angriff, Magie, Bewegen und Items. Dabei könnt ihr nur bis zu dem Gegner vorrücken, der euch am nähesten ist. FF Tactics Leute, die gerne von hinten angreifen, können ihre Zunge also wieder einfahren. Sacnoth hat leider nicht daran gedacht, dass SRPGs eben nicht wie normale RPGs funktionieren und schon gar nicht vermischt werden sollten. In Koudelka zeigt sich, warum. Der Spielfluss wird ständig unterbrochen, weil die Zufällskämpfe eine gefühlte Dekade andauern. Bis ihr euren Zug beendet habt, bis der Gegner angegriffen hat und bis der Zauber auch wirklich ausgesprochen wurde, vergeht entschieden zu viel Zeit. Das alles wird noch mit unsäglich langsamen Animationen ,,garniert'' und als Bonus gibt es eine Kampfmusik, die zwar nicht schlecht ist, aber jeden normalen Menschen in einen Tiefschlaf befördern sollte. Sacnoth hat hier sehr viel falsch gemacht und wenig richtig. Bis jetzt nur was für Masochisten.
Die Charakterentwicklung ist aber wieder sehr reizvoll und zeigt auch, dass sich Koudelka eher an erfahrene Rollenspieler richtet. Nach einem Level-Up könnt ihr vier Statuspunkte auf acht Attribute wie ,,Stärke'', ,,Magie'', etc. verteilen. Es ist euch also von Anfang an selbst überlassen, wer welche Rolle in eurer Party übernimmt. Das Ganze ist sogar gut durchdacht. Wer einen Kämpfer will, soll auch bitte nicht nur ,,Stärke'' leveln, sondern auch ,,Geschicklichkeit'', da einem die Stärke alleine nicht viel bringt. Die Charakterentwicklung erfordert also schon etwas Einarbeitung. Die Gefahr, hier Scheiße zu bauen, ist aber immens hoch und wer sich zu sehr verskillt, hat spätestens auf CD 2 keine Chance mehr. Hier wird eure nutzlose Party von den Monstern vielleicht gerade als Zwischensnack verspeist. Hier hören eure Möglichkeiten aber noch nicht auf: Der Waffenlevel eines jeden Charakters lässt sich durch den Gebrauch von Waffen zudem erhöhen. Durch die Tatsache, dass das Waffensystem recht daneben ist, wird diese Idee aber ad absurdum geführt.
Der Schwierigkeitsgrad ist fordernd, teilweise auch sehr leicht. Sacnoth hat es nicht geschafft, die Balance zu halten. Die Bosse sind aber in der Regel recht schwierig und ich finde es wirklich unheimlich nett von Sacnoth, die Speicherpunkte NACH den Bossen zugänglich zu machen. Insgesamt ist das Spiel eher den erfahrenen Rollenspielern zu empfehlen, da Anfänger hier gnadenlos untergehen werden.
Fazit:
Koudelka merkt man an, dass die Entwickler mit großen Ambitionen an dieses Projekt gegangen sind und diese wurden ja immerhin zum Teil erfüllt. Ob die durchaus vorhandene gute Seite das grottige Kampfsystem überschattet, müsst ihr selbst entscheiden. Hängt vor allem damit zusammen, wie wichtig euch eine gute Story/Präsentation ist und wie viel ihr bereit seid, dafür in Kauf zu nehmen. Empfehlungen kann ich also nur bedingt aussprechen: Leute mit Hang zum Masochismus und solche, die Nerven aus Draht und von den ausgelutschten Anime-RPGs gründlich die Schnauze voll haben, seien hiermit eingeladen, Koudelka eine Chance zu geben. Der Rest spart lieber sein Geld.
Grafik: 7/10
Sound: 5/10
Gesamt: 5/10