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La Cipolla
17.07.2009, 05:24
Wir hängen ein bisschen nach mit diesem Thread. :D

Im Ernst, sehr, sehr viele Leute sehen das gerade extrem akut und ich finde jede Diskussion dazu interessant. Weiter unten findet ihr zwei Quellen (eine deutsch, eine Englisch), die sehr charakteristisch für die momentane Lage und auch für die Wahrnehmung dieser Lage sind.
Die Problem, die angesprochen werden, sind folgende:


Alles wird teurer. Fakt. Papier, Drucken, Schreiben, Kunst usw. Während Rollenspieler aber nicht mehr bezahlen wollen. Das D&D 3rd Edition Core hat seinerzeit 60 bis 80 DM gekostet, dass 4rd Edition Core kostet heute immernoch 40€, weil es sonst kein Schwein kauft (in Amerika das Gleiche). Dazu kommt, dass wir hier vom Grundregelwerk reden, das bekanntlich nicht unbedingt als einzige Einnahmequelle gedacht ist - aber immer mehr dazu wird. Die einzigen, die noch richtig Werbung machen, sind Wizard of the Coast, und die haben ein Dutzend an Standbeinen in anderen Märkten.


Alle haben weniger Zeit heute. Die Moderne unterstützt keine Hobbies, die tagelange Einlesezeit, Minimum 4 Stunden zum Spielen brauchen und dann auch noch so organisiert werden müssen, dass jeder seinen Arsch bewegt. WoW und Facebook sind moderner als zusammen im Keller zu sitzen.


Es fehlen neue Spieler, und die kommen auch aus oben genannten Gründen nicht dazu. Die alten dagegen besitzen bereits alles, was sie zum Spielen brauchen, der Editionskrieg, der momentan wohl wütet (hab ich so gelesen), trägt auch nicht zu schillernden Verkäufen bei.


Publisher machen zu oder wenden sich aus ökonomischen Gründen lieber kurzweiligeren Produkten wie Büchern zu. Bestes Beispiel hierzulande: Feder & Schwert, die inzwischen nur noch Warhammer, Engel und einige Fantasy-Buchreihen haben. Auch Rollenspielläde machen zu. Das ist sogar spürbar. In Halle hat der letzte vor zwei Jahren zugemacht, in Frankfurt gibt es auch nur noch einen, der eigentlich hauptsächlich Comics verkauft. Die (bisher) heilige Kuh der PDF-Verkäufe wird durch Preisdumping und Regelpiraterie geschlachtet.


All diese Sachen tragen dazu bei, dass nur noch die Großen des Genres wirklich Gewinne fahren, Neuankömmlinge haben keine Chance, weil sie den Großen Spieler abwerben müssen, die kein Geld haben, und weil sie keine neuen Spieler erreichen. Dass es den Großen auch nicht gut geht, wurde ja schon angesprochen. Rollenspiele werden also zum Liebhaberprodukt. Einige vergleichen die Situation mit den letzten Tagen der "Wargames", also Zinnfigurenschlachten.


Die Frage ist jetzt: Sieht es wirklich so düster aus? Und was könnte man dagegen machen? Ich warte mit meiner Meinung erstmal ab, was andere dazu sagen, aber ich will erwähnen, dass ich die Sache nicht halb so kritisch sehe. ;)



Hier noch zwei nette Quellen zum Thema:

Link: The Doom of RPGs by James Mishler (http://jamesmishler.blogspot.com/2009/07/doom-of-rpgs-rambling.html)
Pen&Paper-Rollenspiel am Ende?
Eine Analyse der Zukunft unseres Hobbys von Frank Heller

Frank Heller, Jahrgang 1974, ist seit über neun Jahren als freier Mitarbeiter für Pegasus Spiele tätig und betreut seit vielen Jahren als Chefredakteur die gesamte Cthulhu-Spielelinie sowie die von ihm mit ins Leben gerufene Zeitschrift „Cthuloide Welten“, die inzwischen auch in englischer Sprache unter dem Titel „Worlds of Cthulhu“ weltweit vertrieben wird.

Als ich von André Wiesler angesprochen wurde, ob ich für die letzte „reguläre“ Ausgabe des Envoyer einen Beitrag verfassen könnte, kam mir der Gedanke, zum „Ende“ des Envoyer in der bisherigen Gestalt einen Artikel über das immer wieder vorhergesagte vermeintliche „Ende“ unseres Hobbys beizusteuern. Über ein solches wird schon seit vielen Jahren spekuliert, doch von „kompetenter“ Seite hat man dazu wohl noch nie eine Einschätzung gehört.

Seit ich vor über neun Jahren auf die Macher-Seite gewechselt bin, habe ich nicht nur Einblicke in den Vertriebsbereich bezüglich Cthulhu gewonnen, sondern auch zahlreiche Unterhaltungen mit anderen Machern der deutschsprachigen Rollenspielszene geführt. Zur Vorbereitung auf diesen Artikel habe ich außerdem mit dem Verlagsleiter von Pegasus Press, Jan Christoph Steines, dem Geschäftsführer von Ulisses Spiele, Markus Plötz, und dem Geschäftsführer von Feder&Schwert, Oliver Hoffmann, gesprochen.
Sie alle haben mir erlaubt, die von ihnen gegebenen Informationen in diesem Artikel zu verarbeiten. Der Titel des Artikels ist natürlich provokant gewählt - aber er ist auch nicht so abwegig, wie einige vielleicht hoffen.

Der Stand der Dinge

Pen&Paper-Rollenspiel in Deutschland war nie wirklich riesig, aber doch ein Markt, auf dem sich früher selbst große Verlage wie Schmidt Spiele versuchten. Diese Zeiten sind schon seit langem vorbei. Pen&Paper wurde auch früher schon oft totgesagt, doch gibt es unser Hobby auch weiterhin. Regelmäßig erscheinen neue Rollenspielsysteme, und gerade in der jüngeren Vergangenheit haben sich auch ständig neue Verlage gebildet, die Rollenspiele herausbringen. Wie ist es um den Markt wirklich bestellt?

Erst einmal ist festzustellen, dass wir nicht besonders viele sind. Das kann man an den Absätzen erkennen. Bei dem größten deutschen Rollenspiel, DSA, gilt ein Abenteuerband als ungewöhnlich erfolgreich, wenn er sich 3.000 Mal verkauft hat. Wenn man dagegen sieht, dass man selbst bei einem Erstlingsroman im Fantasybereich bei einem größeren Verlag als Newcomerautor schon eine Startauflage von bis zu 25.000 Exemplaren hat, wird diese Zahl in Perspektive gerückt. Und DSA ragt bei den Verkaufszahlen als absolute Spitze heraus; bei mittelgroßen Systemen kann man von 1.000 bis 2.000 Exemplaren ausgehen, kleine Rollenspiele verkaufen sich üblicherweise sogar nur ein paar hundert Mal. Das ist im Vergleich zu dem Aufwand, den es bedeutet, eine Publikation fertigzustellen, schlichtweg ein Witz. Als Kunde bekommt man das gar nicht mit, denn im Laden oder Internet findet man zahlreiche professionell aussehende Produkte, man hat einen Freundes- und Bekanntenkreis, in dem Rollenspiele gespielt werden, und daher ist für einen selbst die Rollenspielwelt groß und bedeutend. In Wahrheit sind wir bloß eine kleinere Randgruppe.

Ich bin einmal gefragt worden, wie viele aktive Rollenspieler es in Deutschland wohl geben mag. Das kann man natürlich nur vorsichtig anhand der verkauften Grundregelwerke der verschiedenen Systeme schätzen, aber es würde mich wundern, wenn es mehr als ein paar zehntausend wären.

Dies spiegelt sich auch auf Conventions wieder, wo man eigentlich immer nur die gleichen Gesichter sieht. Auch die Altersstruktur - auf Conventions jedenfalls - liegt nach meiner Einschätzung höher als früher.

Rollenspielläden schließen heutzutage in größerer Zahl, als sie neu eröffnet werden. Da spielt aber auch das Internet mit eine Rolle, das den Läden erhebliche Konkurrenz macht.

Ein abnehmender Markt

Ulisses wie auch Feder&Schwert vermelden beständig leicht sinkende Absätze, und das hört man gerüchteweise auch von kleineren Verlagen. Über Pegasus Spiele, die ja auch im Vertriebsbereich aktiv sind und Läden mit Rollenspielprodukten beliefern, weiß ich, dass sich Pen&Paper insgesamt ständig schlechter verkauft. Unser Rollenspiel „Cthulhu“ liegt gegenläufig zum Trend mit leicht steigenden Umsätzen, was aber an zahlreichen Supportmaßnahmen liegen dürfte und am Umstand, dass es ein Spiel für reifere Rollenspieler ist, und es zunehmend reifere Rollenspieler gibt.

Der Markt für Pen&Paper schrumpft also ständig. Das verwundert nicht.

Gründe für den Niedergang

Es gibt gleich ein ganzes Bündel an Gründen, warum Pen&Paper-Rollenspiel immer weniger angesagt ist. Erstens war noch bis 1997 Pen&Paper in normalen Spieleläden vertreten – über Schmidt Spiele nämlich. Auf diese Weise erlangten viele Leute Zugang zu Rollenspiel, die heutzutage nicht einmal die Gelegenheit bekommen, jemals davon zu hören.
Zweitens wurde damals - auch durch Schmidt Spiele - Werbung für Rollenspiele gemacht. Das gibt es heute nur noch in einschlägigen Magazinen, die ohnehin nur von Leuten gelesen werden, die schon Rollenspieler sind.

Heutzutage hat man eigentlich nur noch durch Zufall die Chance, von Rollenspielen zu erfahren, nämlich falls man sich zufällig in einen Rollenspielladen verirrt, im Internet darauf stößt oder wen kennt, der Rollenspiele macht.

Aber selbst dann, wenn jemand heutzutage davon erfährt, dass es Rollenspiele gibt, gibt es genug Gründe, seine Freizeit anders zu verbringen. Die Einstiegshürde für Rollenspiele liegt heute viel höher als früher. In den 80ern etwa waren die Regelsysteme noch derart einfach, dass man auch als junger Mensch kein Problem hatte, loszuspielen. Ich selbst habe im Alter von 11 Jahren mit DSA1 begonnen - ich bin sehr sicher, dass das heutige Regelwerk mich damals abgeschreckt hätte und ich mich nicht rangetraut hätte.

Und DSA ist noch immer das wichtigste Einsteigersystem. Die deutsche Rollenspielszene hängt am Tropf von DSA, so möchte ich behaupten.

Selbst dann, wenn man sich dazu durchringt, sich Bücher zu kaufen, muss man erst einmal viel Geld investieren und viel Zeit mit Lesen verbringen. Besonders betroffen ist dabei gerade der Marktführer DSA - die Zahl der Regel- und Quellenbände, die man kennen sollte, um in Aventurien wirklich eintauchen zu können, erfordert nicht nur einen erheblichen finanziellen Aufwand, sondern auch ein regelrechtes Studium. Das können sich Schüler und Studenten zeitlich vielleicht gerade noch erlauben, aber wer berufstätig ist, wird Probleme haben, die nötige Zeit zu finden.

Will sagen: Man findet den Einstieg in Rollenspiele heute nicht mehr so leicht wie früher. Rollenspielsysteme sind eben mit ihren Spielern älter geworden, sie sind gewachsen und ausgefeilter geworden; zum Preis, dass Neueinsteiger es viel schwieriger haben als früher. Es müsste aus meiner Sicht dringend ein Einsteigerrollenspiel her. An einem solchenarbeitet man bei Pegasus Spiele tatsächlich schon; es soll sich „Quest“ nennen und 2009 erscheinen.

Es gibt aber noch einen ganz wesentlichen Punkt für die problematische Lage von Pen&Paper: Online-Rollenspiele.

Online-Rollenspiele - Chance oder Problem?

In der Zeit, als Pen&Paper noch „groß“ war, nämlich in den 80ern und frühen 90ern, gab es einfach weniger Konkurrenz durch Videospiele als heute. Damals waren Computerspiele vergleichsweise primitiv – heute hingegen kann man Rollenspiele vernetzt spielen, sich mit anderen live unterhalten, bekommt schöne Grafik und netten Sound geliefert, und dazu noch relativ ausgefeilte Szenarien.

Es wird von einigen heute propagiert, Online-Rollenspiele würden Pen&Paper helfen, weil sie Rollenspiel bekannter machen und Pen&Paper dann auch mehr gekauft werde. Sicherlich wird es einige Leute geben, die durch Online-Rollenspiel auch zu Pen&Paper finden. Doch muss man Online- Rollenspiele trotzdem als die größte Gefahr für Pen&Paper ansehen, die es gibt. Ich will das auch begründen.

Online-Rollenspiele bieten gegenüber Pen&Paper zahlreiche Vorteile. Man muss nur ein Produkt kaufen und hat für Monate oder Jahre Spielspaß. Man muss sich nicht durch vielhundertseitige Wälzer wühlen, bis man spielen kann. Man kann jederzeit spielen, muss sich mit niemandem terminlich abstimmen, und kann so lange spielen, wie man will. Man braucht keinen Spielleiter, oder muss diesen nicht selbst geben, sondern hat sofort Spielspaß.

Bei dieser Palette an Vorteilen wird es einem Neueinsteiger schwierig sein, zu vermitteln, dass sich Pen&Paper trotzdem lohnt. Das Spielerlebnis ist, da sind wir uns sicher alle einig, unvergleichlich und rechtfertigt die Mühen allemal. Doch ein Außenstehender wird das nicht nachvollziehen können, wo er doch auch online mit anderen spielen kann und es ihm da alles einfacher gemacht wird.

Es kommt aber auch noch ein großes Problem hinzu: Online-Rollenspiele fressen viel Zeit. Zeit, die man dann nicht mehr für Pen&Paper hat. Das Aufkommen von World of Warcraft war das schlimmste Ereignis, das die Pen&Paper-Szene in den letzten Jahren erlebt hat. Auf einmal sind nämlich massenhaft aktive Pen&Paper-Rollenspieler vor dem Computer abgetaucht und waren für Monate verschwunden. Monate, in denen sie keine Rollenspielprodukte mehr brauchten, und nach denen sie bestimmt nicht in allen Fällen zu Pen&Paper zurückgefunden haben. Bestimmt kennt jeder Leser Fälle aus seinem Bekanntenkreis oder hat es sogar am eigenen Leib erlebt: Online-Rollenspiele sind ein Zeitfresser, der verhindert, dass Pen&Paper gespielt wird.

Es gab damals, als 2005 World of Warcraft aufkam, den von mir so genannten „WoW-Knick“. Von einem Monat auf den anderen sind die Absätze bei Pen&Paper massiv eingebrochen, um bis zu 50%! Ich habe das bei Cthulhu live miterlebt, und ich weiß von Gesprächen mit anderen Verlagen, dass es da nicht anders aussah. Die Zahlen haben sich zwar irgendwann wieder halbwegs erholt, aber trotzdem muss man von einem massiven Einbruch bei den Verkäufen sprechen.

Unterm Strich nochmal zusammengefasst: - Online-Rollenspiele führen dazu, dass es weniger Neueinsteiger bei Pen&Paper gibt, da sie einen viel einfacheren Zugang zu Rollenspielen bieten und damit Gründe nehmen, mit Pen&Paper anzufangen. - Online-Rollenspieler vereinnahmen traditionelle Pen&Paper-Rollenspieler für sich, die nicht mehr die Zeit finden, Pen&Paper zu spielen. Die wenigen Neueinsteiger, die durch Online-Rollenspiele vielleicht generiert werden, wiegen die erheblichen Nachteile keineswegs auf.

Zersplitterung des Marktes

Wir sehen uns also mit einem ohnehin schon eher kleinen Markt für Pen&Paper konfrontiert, der ständig schrumpft. Vollkommen gegen den Trend tauchen aber gerade in den letzten Jahren in Deutschland ständig neue Rollenspiele am Markt auf, die alle ihren Teil von dem kleinen Kuchen abhaben wollen. Die Verantwortlichen sind alles begeisterte Rollenspieler, die mittlerweile alt genug sind und auch einen finanziellen Background haben, der es ihnen erlaubt, ihr Hobby endlich aktiv umzusetzen und „ihr“ Spiel oder ihre Spiele an den Markt zu tragen.

Das ist nachvollziehbar und sympathisch. Aber: Wie der Erfahrung zeigt, haben Rollenspieler pro Monat ein relativ festes Budget, das sie auszugeben bereit sind. Geld, das in ein Spiel investiert wird, steht in diesem Monat für das andere Spiel nicht mehr zur Verfügung. Aus Sicht von Oliver Hoffmann von Feder & Schwert, die ich teile, bedeuten mehr Rollenspiele am Markt daher insbesondere für die „großen“ Spiele, bei denen die Verlage von den Verkäufen leben müssen, eine Gefahr, nicht etwa, weil sie verdrängt würden, sondern schon deshalb, weil alles Geld, das für neue, andere Spiele ausgegeben wird, nicht für die „großen“ zur Verfügung steht. Aber auch die „großen“ Spiele sind ja wie dargestellt nicht wirklich groß, sondern nur groß genug, dass es sich wirtschaftlich gerade lohnt. Jede spürbare Beeinträchtigung der Verkaufszahlen ist für die Verlage ein Problem.

Auch untereinander graben sich die vielen neuen Systeme natürlich das Wasser ab. Besonders deutlich wurde die Konkurrenz jüngst im Rechtsstreit zwischen Nackter Stahl und Prometheus, in dem es darum ging, dass Prometheus von Nackter Stahl abgekupfert haben soll. Die Nerven scheinen da blank gelegen zu haben. Die Grundregelwerke von neuen, kleinen Systemen verkaufen sich oft noch recht gut, da viele Leute neugierig sind und sich die Sachen einfach mal kaufen.

Erst an den Folgebänden sieht man dann, ob die Spiele auch wirklich gespielt werden - die bleiben nämlich ansonsten wie Blei in den Regalen liegen.

Nicht, dass man mich falsch versteht: Als Rollenspieler finde ich es toll, wenn es viele verschiedene Systeme gibt und ich viel Auswahl habe. Aus Sicht eines Verlages, der von Rollenspielen leben muss, ist die Zersplitterung des Marktes dagegen eher problematisch als hilfreich.
Aus meiner Sicht führt die Zersplitterung dazu, dass sich die Abwärtsbewegung noch schneller vollzieht, weil die Verkaufszahlen durch sie insgesamt noch weiter absinken. Denn die Kaufkraft verteilt sich auf mehr Produkte.

Neu auftauchende Verlage treten gerne nach außen unglaublich professionell und zuversichtlich auf. Der 13Mann-Verlag etwa leistet sich einen Pressesprecher und verkündet, an einen wirtschaftlich interessanten Markt zu glauben. Man hört von Auflagenstärken bei Rolemaster im Bereich von 10.000 und bei Traveller im Bereich von 3.000-5.000. Diese Zahlen sind schlicht absurd; wahrscheinlich wird man von diesen Auflagen nur etwa ein Fünftel verkaufen können.

Ich vertrete die These, dass jeder, der mit seinem Verlag heutzutage ausschließlich oder überwiegend von Pen&Paper zu leben versucht, entweder wahnsinnig ist (was mir als Cthulhu-Chefredakteur natürlich wieder gefällt) oder schlichtweg keine Ahnung hat.

Keiner der großen Verlage setzt überwiegend auf Pen&Paper, sondern alle haben noch andere Standbeine: Ulisses und Pegasus machen noch Vertrieb, bringen auch Brett- und Kartenspiele heraus, Feder&Schwert setzt verstärkt auf den Romansektor. Ich finde es gut und richtig, Pen&Paper nur als ein Standbein zu haben, denn die Szene ist auf Verlage angewiesen, die professionell publizieren und dadurch für einen regelmäßigen Produktausstoß sorgen.

Das geht nur, wenn man wirtschaftlich durchdacht vorgeht und sich nicht nur auf einen schrumpfenden Pen&Paper-Markt verlässt.

Rettungsmaßnahmen

Die Verlage tun, so würde ich behaupten, bereits so gut wie alles, was möglich ist, um sich gegen den Trend zu stemmen und neue Spieler zu gewinnen. Pegasus Spiele beispielsweise leistet sich ein vielköpfiges Supportteam, das auf Conventions auftaucht und Ladenspielrunden anbietet. Auch gibt es ein „Cthulhu für Einsteiger“-Heft, das großzügig verteilt wird. Zudem gibt es immer wieder Promo-Aktionen. Ulisses Spiele hat sogar darauf hingewiesen, dass man nicht nur ebenfalls Supporter unterhält, sondern auch Conventions finanziell unterstützt, Werbung schaltet und insgesamt pro Jahr 25.000,00 Euro für Promotion ausgibt – eine Summe, die für den Rollenspielbereich ziemlich riesig ist. Ich habe versäumt, mich bei Feder&Schwert nach Promomaßnahmen zu erkundigen, doch werden sie bestimmt auch welche fahren.

Es gäbe sicherlich durch große Anstrengungen hier und da noch etwas herauszukitzeln. Eine Idee ist, mit Rollenspielen in Jugendclubs zu gehen, um dort das Hobby bekannt zu machen. Da ist dann aber die Szene gefragt, denn die Verlage könnten es sich finanziell gar nicht leisten, Mitarbeiter für diese Zwecke durchs Land reisen zu lassen, dafür sind sie dann doch wieder nicht groß genug.

So oder so, unterm Strich werden alle diese Maßnahmen aus meiner Sicht das Schrumpfen der Szene nur verlangsamen; aufhalten oder gar umdrehen wird sich der Trend kaum noch lassen. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren und wäre gespannt, was ein Leser in 10 Jahren sagt, wenn er diesen Artikel hier zur Hand nimmt.

Ausblick

Die Zukunft erleben wir schon jetzt: Pen&Paper verlagert sich immer mehr hin zu Fan-Verlagen, die wirtschaftlich nicht von Rollenspielen leben können. Diese Verlage publizieren genau so lange, bis der Verant- wortliche die Lust verliert oder ihm das Geld ausgeht. Das heißt auch, dass die „kleineren“ Rollenspiele niemals so beständig und dauerhaft am Markt sein werden wie die „großen“, die von Verlagen herausgebracht werden, die davon leben.

Ein anderer Trend ist die Veröffentlichung im Internet. Da diese ausgesprochen kostengünstig ist, wird dies ein Modell sein, das in Zukunft eher mehr als weniger genutzt werden wird. Nicht von den großen Verlagen, aber für Publikationen aus dem Fan-Bereich bietet es sich schlichtweg an.

Aber auch in Zukunft wird es die „großen“ Systeme weiterhin geben, und es wird weiterhin Verlage geben, die sie veröffentlichen. Die Verlage haben sich ja bereits wirtschaftlich abgesichert und nach weiteren Standbeinen gesucht, wie dem Brett-, Kartenspiel- und Buchsektor. Da werden Rollenspiele auch weiterhin mit im Programm gehalten werden. Oliver Hoffmann von Feder&Schwert sagte mir dann auch, dass er noch so lange Rollenspiele veröffentlichen wird, bis sie anfangen, rote Zahlen zu schreiben.

In den Verlagen sitzen eben auch Fans, altgediente Rollenspieler, und die werden - so wie Oliver Hoffmann - mit Sicherheit noch so lange Rollenspiele veröffentlichen, wie es wirtschaftlich vertretbar ist.

Der Punkt, an dem die großen Rollenspiele anfangen, rote Zahlen zu schreiben, liegt (wenn er überhaupt jemals eintritt) nach meiner Einschätzung jedenfalls noch in so weiter Ferne, dass wir uns heute darüber noch nicht sorgen müssen.

Fazit

Die Szene schrumpft, Nachwuchs ist schwierig zu gewinnen. Doch blüht die Vielfalt der Systeme am Markt, die Rollenspielszene ist unglaublich lebendig. So lange es überhaupt noch Rollenspieler gibt, wird es auch immer Rollenspielsysteme geben, denn wir sind ein ausgesprochen kreatives Völkchen und werden uns mit Sicherheit immer mit Material versorgen - und sei es auch nur durch Fan-Verlage oder übers Internet. Wir müssen uns keine Sorgen machen, dass unser Hobby stirbt, aber wir sollten uns auch bewusst sein, dass die Szene eher überschaubar ist und die vermeintlich „großen“ Verlage unbedingt darauf angewiesen sind, dass wir ihre Produkte erwerben, da sie davon leben müssen.

Aus meiner Sicht gibt es nicht „Macher“ und „Käufer“, sondern wir sitzen als Rollenspieler alle in einem Boot; wir alle sind die Szene und für das Leben, mit dem sie erfüllt ist, mit verantwortlich.

Daen vom Clan
17.07.2009, 08:22
Hm, schade, dass der Autor mich nicht kennt, ich würde ihm zumindest ein bisschen Beruhigung vermitteln können, denn bei uns im Freundeskreis ist DSA eines der zentralsten Hobbys und das NEBEN WoW.

Außerdem haben wir das Geld und die Lust, uns die Publikationen allesamt zu kaufen und den größten Teil der Erweiterungen für DSA4 stehen bei uns in den Regalen, einfach nur aus Sammeltrieb, Wissensdurst und weil die Cover mittlerweile einfach schön anzusehen sind. :)

Und von Spielermangel können wir auch nicht reden, wir haben eher das Problem, dass ich regelmäßig Spieler ablehnen muss, weil die Gruppe einfach zu groß zu werden droht.

Den geschichtlichen Ausblick aber kann ich glauben und verstehen, ich habe auch mit P&P angefangen, weil es eine Hochverfügbarkeit gab, die Boxen auch bei Toys'r'us auslagen und bei Spielzeug Otto - dank Schmidt Spiele.
Und in meinen Jugendjahren hat der lokale Rollenspielladen oft Schnupperkurse im Jugendhaus der Stadt angeboten und dabei viele Leute zu Magic, P&P oder LARP gebracht, was dann auch wieder seinem Geldbeutel zu Gute kam.

Allgemein kann ich selber allerdings keine Auswirkungen einer Krise sehen, in meiner heilen DSA-Welt :)

Flying Sheep
17.07.2009, 09:03
Soweit ich das beurteilen kann, wird hier bei uns in der Gegend sehr wenig gespielt. Bevor ich hier ins Forum kam, habe ich nicht einen einzigen Gedanken an PnP "verschwendet". Man sieht keine Regelwerke in den Auslagen, man schnappt keine Gesprächsfetzen über Rollenspiele auf und überhaupt gibt es wenig Anzeichen dafür, dass sowas existiert.
In meinem Verwandten-, Bekannten- und Freundeskreis kenne ich keine einzige Person, die sich für PnP interessiert und von der ich mir vorstellen könnte, dass sie sich dafür irgendwann mal interessieren könnte.
Im Grunde wird man sofort als Nerd abgestempelt, sobald man zB DSA auch nur erwähnt (vorausgesetzt der Gegenüber weiß was das ist). Gleichen gilt btw auch für WoW ^^°

Liferipper
17.07.2009, 11:02
Einige vergleichen die Situation mit den letzten Tagen der "Wargames", also Zinnfigurenschlachten.

Zinnfigurenschlachten sind nicht tot, sie wurden nur durch Tabletops ala Warhammer & Co ersetzt.

FF
17.07.2009, 14:55
Ich denke, dass die Zeit der großen Verlage, die sowas vertreiben, vorbei ist.
(Zumindest in Dt...) - das hat jedoch nur wenig Auswirkungen auf das Hobby als ganzes. Das wichtigste Problem sind nicht die Verlage, sondern das rekrutieren von Frischfleisch. Das erfährt oftmals nicht einmal von der Existenz des Hobbys, geschweige denn von konkreten Spielen, wenn es nicht gerade Internetnerd ist oder spielende Freunde hat. Es gibt ja keine Werbung und verkauft wird nur im Internet/In Spezialgeschäften (die alle wegsterben...)
Nichtsdestotrotz kommen jedes Jahr eine vielzahl neuer Spiele auf den Markt, die alten Systeme schmeißen einen tot mit Material usw. - zwar nicht mehr ganz so sehr wie früher, wo man einfach alles rausgebracht hat, was cool war (DnD2, mit sehr vielen Nebenlinien usw.) sondern sich überlegt, was am besten geht, sich rentiert usw. - aber man macht es dennoch.

Insgesammt sehe ich die Lage nicht kritischer als vor 10 Jahren, sondern genauso schlecht/ besser, da es jetzt wenigstens (viele) richtig gute Systeme gibt, von denen viele 1999 (oder wann auch immer...) nicht existierten. (Ja, ich weiß, dass alle auch mit einem schlechten System viel Spaß haben können, Regeln eh unwichtig sind usw. bzw das die einschlägige Meinung ist...) - Jetzt bestehen auf jeden Fall viel bessere Chancen, einen Anfänger für das Hobby zu begeistern, als vor ~10 Jahren. (Problematisch ist höchstens, dass das in deutschland Populärste System DSA das warscheinlich un-einsteigerfreundlichste überhaupt ist... und dadurch sicherlich diverse Leute abgeschrekt werden. Die Einstiegshürde, erstmal 150€+ für etwas auszugeben, nur um es vernünftig Spielen zu können, ist groß. Insbesondere, da man auch noch Mitspieler braucht, was ein Problem ist, wenn man nicht ohnehin schon in den entsprechenden Kreisen aktiv ist, und die stark frequentierten Spielerbörsen kennt...)

Ianus
17.07.2009, 15:17
Du meinst das ernst? Zur gleichen Zeit hat der chan ein recht geniales post-Transhumanistisches Rollenspielszenario verfasst und ein Typ postet regelmäßig Updates zu "Engine of the Heart" oder so ähnlich - praktisch ein Wall-E RPG.

Würde sagen, nein, es ist nicht so, als würde die Szene verschwinden. Sie wird eher interessanter.

FF
17.07.2009, 18:15
zu ersterem hätte ich gerne einen link.

Jesus_666
17.07.2009, 18:21
Keine neuen Spieler? Warum hat mein 14jähriger Neffe dann einen Haufen D&D 3.5e-Bücher?

Die kleinen Hersteller gehen unter? Warum verdienen dann Firmen wie Indie Press Revolution brauchbares Geld damit, independent-Rollenspiele zu verkaufen?

Und indie-Rollenspiele sind für gewöhnlich äußerst preiskompetitiv. Maid hab' ich bei IPR für 30 Dollar gekriegt, als Print-PDF-Bundle.

Und ich sehe die moderne Welt sogar als dem Rollenspiel förderlich, erlaubt das Internet doch die einfachere Einrichtung von Runden (und sogar das Spiel mit Leuten, die hunterte Kilometer entfernt sind).


Natürlich wird die Rezession Leute von Systemen wegtreiben, die man ohne fünf Regelwerke á 40 Euro nicht spielen kann. Systeme, die schon mit einem Regelwerk á 40 Euro ordentlich spielbar sind, dürften aber bvesser wegkommen.

FF
17.07.2009, 19:01
jup. In erster Linie die Großen Verlage haben ein Problem, insbesondere, wenn sie keine große Fanbase haben, die alles aus prinzip kauft (wie DSA) oder wenn sie diese vergraulen (DnD 4 in Dt. soweit ich es mitbekommen habe)

Hummelmann
17.07.2009, 19:32
Du meinst das ernst? Zur gleichen Zeit hat der chan ein recht geniales post-Transhumanistisches Rollenspielszenario verfasst und ein Typ postet regelmäßig Updates zu "Engine of the Heart" oder so ähnlich - praktisch ein Wall-E RPG.

Würde sagen, nein, es ist nicht so, als würde die Szene verschwinden. Sie wird eher interessanter.

Meinst du ArtifIce?
Da gehts drum das die Spieler Quasi KI's sind und das Spiel mehr oder weniger im Internet stattfinded.
If so... hier ist ein link (http://suptg.thisisnotatrueending.com/artifice/ArtifIce%20v2%20.pdf)

Ianus
17.07.2009, 22:17
Meinst du ArtifIce?
Da gehts drum das die Spieler Quasi KI's sind und das Spiel mehr oder weniger im Internet stattfinded.
If so... hier ist ein link (http://suptg.thisisnotatrueending.com/artifice/ArtifIce%20v2%20.pdf) Nein, man scheint "Nutopia" als Name angenommen zu haben.

http://suptg.thisisnotatrueending.com/archive/4393640/

http://suptg.thisisnotatrueending.com/archive/5179055/

http://suptg.thisisnotatrueending.com/archive/5165430/

http://suptg.thisisnotatrueending.com/archive/4419141/

http://suptg.thisisnotatrueending.com/archive/4401683/

Der hier war's. Ich mag Shadowrun, aber das Szenario hierin ist...weniger 80er, eher aktuell? Außerdem kann ein Cyberware-Verrückter hier wirklich ein Hirn im Glas spielen. Sein "Glas" wäre dann ein zehn oder zwanzig Tonnen schwerer Tachikoma-Panzer.

DFYX
18.07.2009, 00:35
Ich denke eigentlich nicht, dass Pen & Paper am Ende ist. Ich spiel jetzt im Moment eine Runde per IRC, hab jeden Montag eine Runde mit Leuten aus der Uni und wurde in der Vorlesung schon von jemandem drauf angesprochen, ob ich noch bei einer weiteren Runde mitmachen will. Kurz gesagt: ich bin bedient und falls irgendwer aus dem Großraum Karlsruhe noch Spieler sucht, kann ich gerne vermitteln.

Was die teuren Systeme angeht, muss ich auch widersprechen. Schon allein, weil mit der Pathfinder Beta ein sehr schönes kostenloses System im Netz kursiert. Dazu kommt noch ein ganzer Batzen an kostenlosen Indie-Regelwerken. Die sind auf jeden Fall ein guter Einstieg. Dazu kommt die Tatsache, dass feste Gruppen die Kosten untereinander aufteilen können. Dann kostet ein Regelwerk keine 8 Euro pro Spieler, das ist durchaus human.

Asgalan
18.07.2009, 15:53
Ich hab zwar jetzt nicht jeden Post wortwörtlich gelesen aber doch im groben überflogen.

Ich denke auch nicht das, das RPG am Ende ist eher glaube ich das sich die Spieler "verstecken" sozusagen sich zu kleinen eingeschworenen Rollenspielgemeinschaften grupieren bei denen Fremdspieler nur sehr schwer zugang bekommen, zumindest ist das die erfahrung die ich mit euch teilen kann.

Auch finde ich das zu wenig Werbung gemacht wird, denn ich stße so oft auf Leute die zwar begeistert Pc-Spiele zocken (WoW, GuildWars) aber wenn du sie nach PnP frägst sie dich anschauen als seist du nen Marsmensch.

DSA hat zumindest versucht durch Drakensang die Pc-Spieler zum PnP zu führen indem sie das Grundregelwerk DSA 4 als PDF datei dem Spiel beigefügt haben.

Aber ansonsten kann ich nicht behaupten das Heute überhaupt noch Fernseh Werbung für die Art von Spiel gemacht würde.

Ich Denke man sollte zumindest versuchen durch ein bischen Werbung sei es nun im FERNSEHEN oder im Internet das Spielen von PnP wieder neu Aufleben zu lassen.

La Cipolla
21.07.2009, 07:37
@Daen: Ihr seid doch genauer die Liebhaber, von denen gesprochen wird. ;)


Ich Denke man sollte zumindest versuchen durch ein bischen Werbung sei es nun im FERNSEHEN oder im Internet das Spielen von PnP wieder neu Aufleben zu lassen.
Wenn du dann 500 Bücher mehr verkaufst (statt den üblichen 500), hast du immernoch nicht die Kosten für die Fernsehwerbung wieder drin. Im Ernst, das ist finanziell ein No-Go. Es könnte zwar klappen, aber wenn es nicht klappt, gibt es wieder einen Verlag weniger (zynisch ausgedrückt).
Internet dagegen ist wohl drin, ja.

Mal ganz allgemein:
Missversteht die Punkte da oben mal weder als meine Meinung, noch als paranoide Wahnvorstellung irgendwelcher Konzernchefs. Die Leute haben Ahnung, wenn die Texte auch mit Sicherheit voreingenommen sind.
Ich finde den Optimismus ja angebracht, aber das Tief betrifft bei weitem nicht nur die großen - um genau zu sein, betrifft es die am wenigsten, weil die noch ihre einigermaßen feste Fanbase haben.

Die Zahlen sagen eher, dass kleine Verlage pleite gehen, in Amerika genau so wie hier. Nur weil bei uns eine Hand voll Indieschuppen ihr Ding durch pdf, Liebhaberprodukte und Co durchziehen (Projekt Kopfkino ganz vorne), heißt das nicht, dass es der Industrie gut geht. Wenn man mal in einen Rollenspielladen in Berlin oder auch hier in Bremen geht, bekommt man eine vage Vorstellung davon, wieviele Dutzende neue Systeme (auch in Deutschland) vor zehn Jahren im Laden erschienen sind.
Und das lag daran, dass sie gekauft wurden. Es gab wesentlich mehr Spieler. Und diese Spieler haben auch noch mehr Geld ausgegeben als heute. Das sind erstmal Fakten soweit, und dann kann man Meinungen anbringen.

Ich glaube auch nicht, dass wir in den Untergang schlittern, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass der Weg auf lange Sicht in die Versenkung des Liebhaberhobbys führt. Genau wie Zinnfiguren heute. Wenn Liferipper sagt, dass es ja stattdessen Tabletops gibt, hat er Recht, aber der durchschnittliche Zinnfigurenfan von vor 25 Jahren würde ihn dafür verprügeln. Und genau so kann ich die heutigen (!) Onlinerollenspiele noch nicht als modernen Ersatz für Pen & Paper ansehen. Das mag kommen (Eve Online, Knights of the old Republic und Co. sind ja schon die richtige Richtung), aber bis dahin ists wohl noch länger hin, und viele Leute regen sich auch schon bei dem bloßen Gedanken auf. Und dann werden wir als Rentner wahrscheinlich mit unseren 30~ Jahre alten Büchern dasitzen und die übernächste Generation wird uns für unser Geschichten erzählen kollektiv (!!) belächeln.
Vielleicht. *schulterzuck* Könnte ich mir vorstellen, muss natürlich nicht sein.

Nun der positive Part:
1. habe ich absolut nichts gegen die Ersetzung durch Onlinerollenspiele, wenn sie noch wesentlich besser werden. Selbst, wenn das Hobby daran eingeht, gewisse Sachen wie Atmosphäre und Co sind das wahrscheinlich sogar wert. Dann an einem Tisch lieber mal ein Brettspiel spielen. Oder gegen die Verbindung der Medien. Müssen ja nicht nur MMOs sein, gibt ja auch andere Ideen.
2. Sorgt eben diese Negativentwicklung natürlich auch für Impulse. Während früher jeder Idiot sein Spiel verlegt hat, muss heute entweder eine pdf-Veröffentlichung ran, oder das Spiel muss wirklich interessant sein. Heißt, wir werden mit einer Menge Schrott verschont. Und durch die neuen Medien (Internet, pdf) haben kleine Entwickler natürlich auch ganz andere Möglichkeiten, ihre eigenen Liebhaberprodukte rauszubringen.

Mein Fazit ist also: Schade, dass kaum neue Spieler dazukommen, daran sollten wir (und vor allem die Verlage) arbeiten. Aber ich habe meine wirklich guten Rollenspiele und beobachte interessiert die immer "geradlinigere" Entwicklung der Szene, die in die Ecke gedrängt tollere Sachen als früher hervorbringt, wenn es auch eine Indiesparte ist, die in D durch die relative (!) Normalität von DSA ja nochmal etwas "vernerdeter" ist als auf der anderen Seite des Teichs.
Und gut, dass das gesamte Genre durch diese Flaute nach neuen Wegen sucht, was in den letzten 30 Jahren erschreckend selten nötig war. Wenn selbst D&D sich an WoW orientiert, sind das am Ende Möglichkeiten, weniger Gefahren.

Jesus_666
21.07.2009, 14:19
Und genau so kann ich die heutigen (!) Onlinerollenspiele noch nicht als modernen Ersatz für Pen & Paper ansehen. Das mag kommen (Eve Online, Knights of the old Republic und Co. sind ja schon die richtige Richtung)

Entschuldigung, aber du hast dich da vertippt. Du hast "Neverwinter Nights" aus Versehen als "Eve Online, Knights of the old Republic und Co." geschrieben.

EVE ist ein ganz normales MMO mit minimaler Erzähl- und Rollenspielmöglichkeit und KOTOR ist eines der am wenigsten modbaren Bioware-Spiele (und bietet von Haus aus gar keine Möglichkeiten fpr eigenes Rollenspiel). Ganz schlechte Beispiele. NWN und NWN2 hingegen wurden explizit als Computerumsetzung von D&D geschaffen – und zwar nicht als Spiel, das nebenher das Regelwerk implementiert, sondern als Regelwerkimplementierung, die nebenher ein Spiel beinhaltet.

Man könnte das als Rollenspielsystem der Zukunft ansehen, aber es wird sich preislich exakt so verhalten wie die Papierversion heute: Du kriegt mit dem gekauften Spiel das Regeläquivalent zum Grundregelwerk und alles andere darfst du dir als DLC nachkaufen. Der Trend geht allgemein weg vom Vollpreisspiel und hin zum billigen bis kostenlosen Client mit dem gesamten Content als zu bezahlendem DLC; das wird bei den von dir postulierten Computer-P&Ps nicht anders sein.

Allenfalls kriegt man das Grundspiel billiger; ich rechne aber fest damit, daß eine als Nachfolger der Papierversion intendierte D&D-Implementierung (beispielsweise) dir immer noch die Monster Manuals als vier verschiedene DLCs verkaufen würde. Und das Spielleiterhandbuch. Und so weiter. Wenn du alles haben willst, wirst du bei einem umfangreichen Spiel wie D&D sicher auch 150 bis 200 Euro los. Wenn sie nett sind nur pro Runde, sonst pro Spieler.

Und natürlich verliert man einiges gegnüber der Papierversion: Die Papierbücher hast du gekauft und sie gehören dir, bis du sie verkaufst oder verlierst. Das Spiel und der DLC sind lizensiert und gehören dem Publisher. Und er funktioniert exakt so lange, wie der Publisher es für kosteneffektiv hält, den Server zu betreiben. Verkaufen kannst du ihn selbstverständlich nicht; er gehört dir ja nicht und die Lizenz ist nicht übertragbar. Und natürlich kannst du ohne Internetverbindung gar nicht spielen.

Das ist kein Schreckensszenario, sondern eine einfache Extrapolierung aus heutigen Lizenzverträgen für Software (die einem ja jetzt schon nicht gehört) und dem ganz normalen technischen Verhalten von cloud computing/Onlinespielen. Computerisierung hat nicht nur Vorteile.

Daen vom Clan
21.07.2009, 15:32
@Daen: Ihr seid doch genauer die Liebhaber, von denen gesprochen wird. ;)



Alleine schon die Massen an Spielern, die wir jede NATO zum Rollenspiel bringen, dafür sollten uns die Firmen schon Geld zahlen, also kein Aussterben solange es die NATO gibt :D

La Cipolla
22.07.2009, 15:44
Find ich gut, Daen. :D

EVE ist ein ganz normales MMO mit minimaler Erzähl- und Rollenspielmöglichkeit und KOTOR ist eines der am wenigsten modbaren Bioware-Spiele (und bietet von Haus aus gar keine Möglichkeiten fpr eigenes Rollenspiel). Ganz schlechte Beispiele.
Hab mir bestimmt schon irgendwas dabei gedacht...
Ich meine das Kotor Online Spiel, das so richtige Charakterstories mit einbringen will. Ka unter welchem Titel das gerade läuft, mein Fehler. Eve ist in meinen Augen momentan eines der wenigen MMOs, die überhaupt einen ernsthaft anderen Weg gehen, das war der Grund der Erwähnung.

Bei NWN hast du ein paar große Probleme: Du brauchst Ahnung, ein gewisses Ästhetikverständnis (wenn du die Spieler nicht zu hochgezogenen Augenbrauen bringen willst) und Spontanspielen ist so ziemlich überhaupt nicht möglich, wenn man nicht unbedingt auf Vorgefertigtes zurückgreifen wil. Tatsächlich hast du aber absolut Recht, so einige MMOs könnten sich da das ein oder andere Konzept abschneiden, genau wie von meinen genannten Beispielen.

Darauf wollte ich aber nicht hinaus, wenn NWN oder dein "Nicht-Schreckensszenario" die Zukunft wären, würde das nicht wirklich was ändern. Genau so wie bei Eve oder dem kommenden Kotor. Aber das sind halt alles Schritte, die in gewisse Richtungen gehen, in denen man eventuell bald wirklich einen Ersatz für Pnp hat. Das braucht (für mich) kein Regelwerk, es braucht nur die Möglichkeit, bequem eigene Geschichten mit eigenen Figuren in eigenen Welten zu erzählen, denn darum geht es letztendlich. Und sowas ist erst ganz vage am Horizont zu erkennen, NWN und Co. sind da die ersten wankelnden Laufversuche.

Jesus_666
22.07.2009, 16:37
Das Problem ist, daß die Figuren auch Handlungsfreiheit brauchen. Rollen spielen kann ich überall, aber Rollenspiel ist eben mehr als das. Das Tolle an Rollenspiel ist, daß ich die feindliche Geheimwaffe nicht nur dadurch aufhalten kann, daß ich sie zerstöre oder stehle – ich kann mich auch reinschleichen und Zucker in den Tank füllen oder den für sie verantwortlichen Oberst bei seinem Oberkommando diskreditieren oder die Trinkwasserversorgung des Stützpunkts mit LSD versetzen (oder natürlich alles zusammen). Oder ich finde heraus, daß der Oberst eine Katze hat, klaue ihm das Katzenstreu und fülle das in den Kanonenlauf, zusammen mit einer Ladung Wasser. Oder ich nehme seine Kinder als Geiseln und erpresse ihn. Oder ich laufe einfach über.

Das ist die eine Sache, die CRPGs wirklich fehlt und die wir einfach mangels Rechenleistung noch nicht umsetzen können*: Absolute Handlungsfreiheit. Ohne das hat man das Äquivalent eines Spielleiters, der Railroading als Lebensstil betreibt.

Tatsächlich ist das, was du bei NWN ankreidest, genau das, was P&P von CRPGs unterscheidet und was auch alle MMOs prägt. Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Little Big Planet ist mehr Pen & Paper-Rollenspiel, als KOTOR Online es je sein wird.


(Nebenbei läuft das KOTOR-MMO wie schon erwähnt unter dem Namen "Knights of the old Republic Online". Nicht zu verwenchseln mit KOTOR, welches nicht mal einen Multiplayer-Modus hat.)


* Nein, wir können es nicht, weil wir ohne nahezu vollständige Physiksimulation einfach nicht die obskuren Eigenschaften diverser Dinge simuliert kriegen, die Spieler teilweise benötigen. Kennst du irgendeinen Spieledesigner, der sich über die spezifische Körnigkeit von Katzenstreu Gedanken macht? Oder darüber, wie viel Kaugummi man braucht, um eine Blendgranate an eine Wand zu pappen?

FF
22.07.2009, 17:03
jeez sagt es. Wobei ich mir vorstellen kann, das cipo keine Physiksimulation braucht, er würde alles per SL-Entscheid lösen (oder erzählen) - nur dann brauchte ich kein Spiel mehr. Dann reicht sowas wie Maptool & Skype ;)

La Cipolla
22.07.2009, 17:44
Irgendwie kommt der Punkt nicht durch.
Ich will doch keine Rollenspiele auf dem PC - das hielte ich so, wie ihr das beschreibt, für ziemlich überflüssig. NWN hab ich einmal mit Freunden gespielt, und dann nie wieder.

Wer sagt denn, dass ein Ersatz genau das gleiche (oder auch nur möglichst ähnlich) sein muss? Vielleicht für euch - in Ordnung - aber für mehr als genug Spieler hat ja sogar schon WoW gereicht, um PnPs zu ersetzen. Es gibt auch genug Leute, die sagen, dass sei bereits der nächste Schritt, Unterschiede hin oder her.

Die Frage ist: Wird es eventuell bald einen "nächsten Schritt", ein Medium geben, dass Rollenspiele auf eine Stufe mit Zinnfiguren setzen wird? Heißt, werden genug Leute zu diesem Medium rennen, weil es für sie persönlich als Ersatz taugt?
Dann wäre der Rollenspielmarkt nämlich ziemlich am Arsch. Klar, hin und wieder ein paar professionelle pdfs wird es wohl immer geben, aber Hardcover und Co. wären dann Vergangenheit - und das wäre wahrscheinlich für die meisten in Ordnung, sonst wären sie nicht zu unserem suspekten neuen Medium übergelaufen.

Das können natürlich auch mehrere Schritte sein. Es gibt sehr erfolgreiche Fantasy-Brettspiele (allen voran das D&D Brettspiel, oder auch die WoW Versoftung), die das Flair von Rollenspielen haben, obwohl die so groß angepriesene Entscheidungsfreiheit minimal ist. Die gehen halt schnell und sind leicht zu lernen, und man muss selten nachschlagen.

Wie gesagt, in der Industrie denken viele Leute, dass diese Zeit gerade so anläuft, mit WoW und Co. und die halten das halt alle für schlecht, was ich absolut nicht bestätigen könnte. Wenn alle zu einem anderen Medium laufen, hat das zumeist auch nachvollziehbare Gründe.
Zinn ist nunmal hässlich.

FF
22.07.2009, 17:59
das hängt auch von den persönlichen vorlieben der spieler ab.
Atmo-Fetischisten und Storyteller kommen warscheinlich auch bestens mit fertigen Spielen klar, wenn für erstere die Spielwelt nur toll und atmosphärisch genug modelliert ist und für letztere genug fertige interessante storys vorliegen.
Mir ging es im PnP aber IMMER um die Handlungsfreiheit, wie Jeez sie beschreibt, das war das Element, das mich dazu bringt, jedes Wochenende (teilweise mehrmals) Stundenlang bahn zu fahren und mich mit irgendwelchen leuten zusammenzusetzen und PnP zu spielen. Das ginge auch schneller und einfacher mit einem Buch, wenn es mir um die Story und die Atmo ginge. (Und nein, der Soziale Aspekt ist zumindest für mich nur von untergeordneter Bedeutung.)
Insofern: Der große Grad an Interaktion ist DAS Argument, dass mich (und viele andere Spieler) beim PnP hällt, trotz der "Probleme" die es macht (hohe Einstiegskosten, Anstrengend, Spielersuche usw.) - gäbe es das bei einem anderen Medium, bps. Computerspielen, würde ich diese spielen.

Jesus_666
22.07.2009, 18:27
Das Problem ist, daß die Zinnfiguren ein eher schlechtes Beispiel sind. Tabletops tun so ziemlich genau das gleiche wie Zinnfiguren. Effektiv sind sie das gleiche wie Zinnfiguren; ein geordnetes Krieggspiel ist nur wenig von Tabletops entfernt. Natürlich sind die Figuren jetzt nicht mehr aus Zinn, aber das stellt keinen Paradigmenwechsel dar.

Bei Rollenspielen ist das ein wenig anders, weil WoW etc. einfach das grundlegende Spielprinzip nicht emulieren können. Ich kann mit MMOs nicht machen, was ich mit P&P machen kann. Nicht mal ganz entfernt ansatzweise. Die meisten MMOs erlauben es nicht mal, Quests gewaltfrei zu lösen.

MMOs fangen die Spieler weg, die P&P als soziales Treffen mit Spiel sehen. Die Spieler, die P&P als freies Spiel mit sozialem Treffen sehen, sind weniger zu begeistern, weil (um es ganz krass zu formulieren) WoW genau so wenig mit sinnvollem Spiel zu tun hat wie Doom. Ob ich jetzt E3M12 spiele oder einen Raid auf Icecrown Citadel mache, letztenendes sind das alles nur Variationen von "bring' alles um, was sich bewegt". Wow. Hardcore. Bitte nicht zu sinnvoll.

Natürlich wandern durch MMOs Spieler ab. Ich finde es nur übertrieben, gleich den Tod des gesamten Genres vorauszusagen und zu postulieren, daß niemals jemand wieder ein auf Papier gedrucktes Regelwerk kaufen wird. Der Trend wird schon weg von den Riesensystem mit zwanzig Regelwerken gehen, hin zu kleineren, die man für weniger Geld kriegen kann, aber ich rechne fest damit, auch in zehn Jahren noch Hardcover kaufen zu können – zumal WotC ja noch den Trumpf der OGL in der Hand hat. Damit wird es möglich, den Reiz einer reichen Spielwelt zu haben (durch Drittanbieter-Erweiterungen), aber nicht die Entwicklungskosten für ein dutzend Regelwerke tragen zu müssen.

Und nein, die OGL bedeutet keinen völligen Kontrollverlust. Die Leute müssen immer noch den Systemnamen, die Logos etc. lizensieren, um als vollwertiges Erweiterungsbuch rüberzukommen; nichtlizensierter Kram endet wie das berüchtigte Book of Erotic Fantasy, das lediglich "d20-Kompatibilität" ausweisen darf.


Die Rollenspielbranche wird in Zukunft anders sein als heute, aber sie wird immer noch sein.

Liferipper
23.07.2009, 09:08
Nebenbei läuft das KOTOR-MMO wie schon erwähnt unter dem Namen "Knights of the old Republic Online".

:confused: Ich dachte, es hieße einfach "The Old Republic"...


Vielleicht für euch - in Ordnung - aber für mehr als genug Spieler hat ja sogar schon WoW gereicht, um PnPs zu ersetzen. Es gibt auch genug Leute, die sagen, dass sei bereits der nächste Schritt, Unterschiede hin oder her.

Seit wann gibt es in WoW Rollenspiel?

La Cipolla
23.07.2009, 10:08
1. Gibt es, wenn auch nicht als standard. Beschäftige dich damit, für mich hat ein relativ kurzer Blick in Level 1 - 31 gereicht.
2. hab ich das oben schon beantwortet: Es geht nicht darum, dass etwas ähnlich oder genau so ist, sondern darum, dass es ersetzt. Dafür ist es zwar naheliegend, dass bestimmte Parameter ähnlich sind, aber die Zahlen (Einbruch der Verkäufe nach der Veröffentlichung des MMOs, siehe Links oben) zeigen, dass sogar schon die Parameter zwischen WoW und DSA gereicht haben, wie sehr man auch kreischt, dass es nichts miteinander zu tun hat.


Natürlich sind die Figuren jetzt nicht mehr aus Zinn, aber das stellt keinen Paradigmenwechsel dar.
So mancher Zinnfan würde dich zerreißen, wenn du das Material nicht als Paradigmenwechsel kategorisierst.
Genau so wie du wohl so manchen (verbal) zerreißen würdest, der behauptet, WoW sei Pen'n'Paper, nur besser - eben weil "mancher" im Gegensatz zu dir den Interaktionswert als vergleichsweise unwichtig ansehen würde. Ist halt Ansichtssache, kommt immer drauf an, worauf man Wert legt.

Und (hier kommt der Punkt) die Statistiken sprechen nicht unbedingt exorbitant dafür, dass diese Interaktion das Genre zu finanziellen Höhenflügen mobilisieren wird. Genau so wie die Zinnliebe das Tabletop nicht aufhalten konnte.


Natürlich wandern durch MMOs Spieler ab. Ich finde es nur übertrieben, gleich den Tod des gesamten Genres vorauszusagen und zu postulieren, daß niemals jemand wieder ein auf Papier gedrucktes Regelwerk kaufen wird.
Seh ich genau so.

Jesus_666
23.07.2009, 13:19
:confused: Ich dachte, es hieße einfach "The Old Republic"...
Argh, stimmt. "KOTOR Online" ist nur, was jeder dazu sagt. Auf jeden Fall ist "KOTOR" die falsche Bezeichnung für das MMO.


Seit wann gibt es in WoW Rollenspiel?
Seit immer, auf die gleiche Art, wie es das in Ultima Online gab: In-Character-Unterhaltungen über die Chatfunktion. Und das war's dann auch schon.



1. Gibt es, wenn auch nicht als standard. Beschäftige dich damit, für mich hat ein relativ kurzer Blick in Level 1 - 31 gereicht.
Ich hab' mir die open beta angesehen. Es IST Doom ohne Fadenkreuz.


2. hab ich das oben schon beantwortet: Es geht nicht darum, dass etwas ähnlich oder genau so ist, sondern darum, dass es ersetzt. Dafür ist es zwar naheliegend, dass bestimmte Parameter ähnlich sind, aber die Zahlen (Einbruch der Verkäufe nach der Veröffentlichung des MMOs, siehe Links oben) zeigen, dass sogar schon die Parameter zwischen WoW und DSA gereicht haben, wie sehr man auch kreischt, dass es nichts miteinander zu tun hat.
Allerdings dient die Ähnlichkeit als grobe Metrik dafür, wie gut etwas etwas anderes ersetzen kann. Generell ist es einfacher, eine echte Untermenge von sich selbst zu ersetzen. Und da liegt der Knackpunkt: Während MMOs für einige Spieler P&P vollständig ersetzen können, sind sie für andere wiederum von P&P vollständig disjunkt. Das ist in etwa so, als würde man sagen, daß casual games traditionelle Spiele ablösen werden: Sie werden ein gewisses Marktsegment übernehmen, aber das wird nicht 100% des Marktes sein.


So mancher Zinnfan würde dich zerreißen, wenn du das Material nicht als Paradigmenwechsel kategorisierst.
Genau so wie du wohl so manchen (verbal) zerreißen würdest, der behauptet, WoW sei Pen'n'Paper, nur besser - eben weil "mancher" im Gegensatz zu dir den Interaktionswert als vergleichsweise unwichtig ansehen würde. Ist halt Ansichtssache, kommt immer drauf an, worauf man Wert legt.
Allerdings hat Zinn vs. Kunstharz keinen Einfluß darauf, was man mit den Figuren anstellen kann; man benötigt allenfalls andere Farben, wenn man sie anmalen will. MMO vs. P&P schon; P&P ist keine echte Untermenge von MMO.

(Daß Kunstharz (und Plastik) während eines Paradigmenwechsels eingeführt wurde, bedeutet nicht, daß Kunstharz der Paradigmenwechsel ist.)


Und (hier kommt der Punkt) die Statistiken sprechen nicht unbedingt exorbitant dafür, dass diese Interaktion das Genre zu finanziellen Höhenflügen mobilisieren wird. Genau so wie die Zinnliebe das Tabletop nicht aufhalten konnte.
Habe ich nie behauptet; das wäre auch Schwachsinn. Du stellst die Welt nur gerade vollkommen binär dar: Entweder sind P&P-Rollenspiele phänomenal erfolgreich oder alle Publisher gehen bankrott. Ich halte keines der Szenarien für wahrscheinlich.

Nebenbei kann man auch wieder den Wargaming-Markt als Beispiel heranziehen: Die Produktion von Tabletop- und Wargaming-Figuren ist relativ kostenintensiv, trotzdem kann man ohne Weiteres an neue Figuren rankommen. Trotz eines massiven Einbruchs in den 90er Jahren ist der Markt am Leben und profitabel genug, um neben neuen Regelwerken (auch traditionellere wie Axis and Allies Miniatures (2007, WotC) oder Enduring Valor: Gettysburg in Miniature (2002/2004, Marek/Janci Designs)) weiter die Produktion von Figuren zu rechtfertigen.

Extrapoliert man von da aus auf den Rollenspielmarkt, so kommt man zum Schluß, daß D&D/Pathfinder und DSA kaum irgendwohin gehen werden. Vielleicht wird Ulisses nicht mehr vom Spieler erwarten, alle 38 Bücher der aktuellen Edition und die letzten 100 Ausgaben des Aventurischen Boten zu besitzen (man kann ja hoffen) und unter Umständen wird DSA beta (aka Myranor) zurechtgestutzt oder gar eingestampft. Aber eine Einstellung des Systems halte ich für arg unwahrscheinlich.

Bei D&D rechne ich eher damit, daß eine Reduktion durch das Abwälzen auf Drittanbieter vonstatten geht. Durch die Lizenzgebühren verdient WotC immer noch mit, auch wenn das Monster Manual XVIII von wem anders kommt.

La Cipolla
23.07.2009, 19:23
Du stellst die Welt nur gerade vollkommen binär dar: Entweder sind P&P-Rollenspiele phänomenal erfolgreich oder alle Publisher gehen bankrott.
Wo?! Nirgends. Nur, weil irgendwelche Leute aus der Industrie diese Ängste hegen und ich das zur Diskussion stelle? Ich halte das immernoch für völlig übertrieben, was aber immernoch nichts daran ändert, dass es radikale Umwälzungen auf dem Markt gibt. Fakt. Und die Frage ist einfach, wie weit die gehen.
Und die Ängste sagen: Dieser "treue" Teil, den du ansprichst, ist in der Minderheit. Und die Minderheit könnte so irrelevant klein werden, dass der Markt auf eine Art und Weise umgekrempelt wird, dass er kaum mehr zu erkennen ist.

Irgendwie neigen einige Leute dazu, mir Meinungen aufzubügeln, weil ich diese Meinungen nicht als total idiotisch abtue. -_-


Ich hab' mir die open beta angesehen. Es IST Doom ohne Fadenkreuz.
Sagst es doch selbst:

Seit immer, auf die gleiche Art, wie es das in Ultima Online gab: In-Character-Unterhaltungen über die Chatfunktion. Und das war's dann auch schon.
Und das reicht auch bei weitem, um als Rollenspiel zu qualifizieren, genau wie Doom auch Rollenspielelemente hat, nämlich das Erzählen einer Geschichte. Dass der Vergleich hinkt, ist klar. WoW hat Fähigkeitenentwicklung, Sammelfaktor, usw., Sachen, die sehr vielen Rollenspielfans sehr wichtig sind - offenbar wichtig genug, um dafür ihre Rollenspiele stehen zu lassen. Man hat bei WoW sogar sichtbare, bewegliche Avatare, die gibts beim üblichen, regelfreien Rollenspiel nicht, da hat WoW zumindestens diesem Unterpunkt sogar schon was voraus.

Ianus
23.07.2009, 19:37
Und das reicht auch bei weitem, um als Rollenspiel zu qualifizieren, genau wie Doom auch Rollenspielelemente hat, nämlich das Erzählen einer Geschichte. Ich könnte dir ja Sophismus vorwerfen, aber ich poste lieber ein Paar Bilder von Rollenspielen.

http://www.npshare.de/files/28779f60/Rabbit.jpg

...und berühmten Rollenspielfiguren.

http://www.npshare.de/files/3cb873e2/r-type-command-20080429044627223-000.jpg

FF
23.07.2009, 20:54
Man hat bei WoW sogar sichtbare, bewegliche Avatare, die gibts beim üblichen, regelfreien Rollenspiel nicht, da hat WoW zumindestens diesem Unterpunkt sogar schon was voraus.

Regelfreies Spiel und "üblich" würde ich nicht zusammen nehmen, wenn du für die allgemeinheit und nicht nur für die hier präsenten user sprichst.
Und bei einigen PnP RPGs hat man auch lustige Figurenschubserei (und damit sichtbare Avatare). DnD4 muss es haben, DnD kann/sollte(?) es haben, SW sollte es haben (auch wenn man ohne spielen kann)

Ianus:
Was ist das für ein Teil unten?

La Cipolla
23.07.2009, 21:02
Das mit Doom war natürlich zynisch gemeint. Aber es illustriert gut, dass selbst eine Sache wie Doom Rollenspiele ersetzen könnte, wenn genügend Leute ihre Rollenspielrunden nach Doom verlegen. Was nicht passieren wird (Deshalb: Zynismus). Bei WoW ist das schon eine andere Sache.


Regelfreies Spiel und "üblich" würde ich nicht zusammen nehmen, wenn du für die allgemeinheit und nicht nur für die hier präsenten user sprichst.
Ja, war zweideutig. Ich meinte nicht "Übliches Spiel - also regelfrei", sondern "regelfreies Spiel, wie es üblich betrieben wird, wenn es betrieben wird". Ist definitiv kein beliebter Aspekt des Rollenspiels, aber es ist einer, genau wie euer (offenbar) interaktionswütiges Verständnis. :D Ganz ehrlich, ich find das Planen, Entscheiden und so unglaublich geil, aber es ist für mich ein Teil unter vielen, der Rollenspiele interessant macht, und wenn alles andere irgendwann mal besser woanders geht, will ich nicht ausschließen, dass ich mich auch vom Hobby abwende. Und das gilt definitiv auch für den Großteil Spieler - vgl. Verkaufszahleneinbruch nach WoW-Veröffentlichung, und WoW ist nicht gerade meine perfekte Vorstellung von einem Ersatz. Da kann (!) noch größeres kommen in Zukunft.

Sagt bescheid, wenn ihr meinen Punkt noch nicht seht, wir müssen nicht über jedes Scheißdetail und über jeden (unpassenden) Vergleich diskutieren, es geht mir darum, dass diese Gefahr nicht nur Paranoia ist (wenn natürlich auch keine sichere Zukunftsvision...).

FF
23.07.2009, 21:06
Ich würde mich auch von PnP abwenden, wenn etwas anderes mir die selbe / eine äquivalente befriedigung verschafft. Da diese aber weder aus dem Monsterschnetzeln (oder gar Dinge sammeln, das ist ja superlangweilig) noch aus sinnentleertem In-Charakter-Geschwafel kommt (letzteres nervt mich in letzter Zeit fast nur noch) sehe ich Momentan keinen brauchbaren Ersatz. Höchstens Larp wäre eine Idee, wenns da nicht noch viel mehr Sinnloses in Charakter Blabla gäbe.

Ianus
23.07.2009, 21:35
Höchstens Larp wäre eine Idee, wenns da nicht noch viel mehr Sinnloses in Charakter Blabla gäbe.
Was erwartest du dir, wenn du den ganzen Tag lang in character bleiben musst? :D

Daen vom Clan
24.07.2009, 08:11
FF, wenn ich dir so zuhöre - und mittlerweile kenne ich ja deine Einstellung zu Rollenspielen - dann bekomme ich mehr und mehr den Eindruck, dass du bei Brettspielen weitaus besser aufgehoben wärst als bei Rollenspielen... :)

La Cipolla
24.07.2009, 08:37
Naja, in den meisten Brettspielen hast du ja eben die angesprochene Interaktion nur sehr eingeschränkt.
Ich kann mit In-character-Gesprächen auch nicht sooo viel anfangen. Gehört für mich zwar absolut dazu (Charakterentwicklung und Co halt), aber das ist in meinen Runden nie die Hauptsache.

FF
24.07.2009, 14:19
Cipo sagt es.

edit: Je nach Runde praktiziere ich es auch, wenn es dort üblich ist / je nach Ausmaß, aber es ist für mich nicht das wichtigste am ganzen Hobby wie für einige andere die ich kenne.