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La Cipolla
02.05.2009, 12:37
***

Keine andere Seite

Die Gitterstäbe. Keine Metapher diesmal, aber ein Symbol, also vielleicht doch wieder eine Metapher. Nicht wie in einem Film, grau, rostig und dick genug, um einen Elefanten zu erschlagen, eher praktisch. Keine Tür. Look, don’t touch, sagen die Gitterstäbe, aber sie grinsen dabei nicht mehr. Sie sind ziemlich nüchtern geworden. Er lehnt sich zurück.
Zwei Jahre zuvor hatte er das erste Mal geschrieben, weil er schon immer gern schrieb, und weil er ja Gott weiß genug Zeit dafür hatte. Seitenweise - zwei, drei Bücher? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Am ehesten wohl, weil es egal geworden war. Er fühlt sich ein Bisschen wie ein Jugendlicher, der irgendwann einfach aufgehört hat, die Pickel auszudrücken. Nicht, weil es nichts bringt, sondern einfach, weil es nicht mehr zählt.
Er lässt seinen Blick hindurch gleiten zum Baum, von dem man zwischen den Häusern einige Äste sehen kann. Im Sommer waren es noch Blätter. Im Winter war das Skelett verschneit. Zwei Mal. Im Ersten Jahr, und im Zweiten.
„Bewährung hätt ich auch gern. Zwei, drei Jahre einen auf ruhig machen, rauskommen, und dann is wieder der Teufel los.“
Er grinst, für den kommunikativen Zellengenossen, weil er es sich nicht gern mit Leuten verscherzt.

Die Beamten lassen ihn allein in der Stadt zurück. Er läuft ein paar Schritte, schaut sich die Schaufenster an (weil sie dafür gemacht sind) und setzt sich auf eine Bank. Weiter oben fallen die letzten braunen Blätter vom Baum. Bald Schnee, dann Blüten, dann wieder Blätter. Immer noch der gleiche Baum, den er von drinnen gesehen hat, jeden Tag.
Die Menschen stürmen vorbei, Taschen unter den Armen, Worte durch die Menge werfend, Jacken mit einer Hand zuhaltend. Ihm ist auch etwas kalt, aber es ist ein gutes Gefühl, denn er friert noch nicht. Legt den Kopf in den Nacken und atmet tief ein. Abgase, die Friteuse von McDonalds, ein wenig Herbst. Schließlich, nach einer irrelevant langen Zeit, erhebt er sich und streckt sich.
Die Schrift, die sein Innerstes erklärt, mit psychoanalytischen Metaphern, mit Erfahrungen und mit Charakteren, die er eins zu eins aus der Realität übernommen hat, mit philosophischen Betrachtungen, Ideen und Erkenntnissen - sie liegt zerknüllt im Mülleimer seiner Zelle, zusammen mit einem braunen Apfelrest und einem paar durchlöcherten Socken.
„Mallorca! Dann Kino, irgendein Liebesfilm. Und dann, am Ende, ne ••••, ne ganz junge!“, erinnert er sich, und die Vorstellung des Mannes nebenan erscheint ihm wie etwas sehr Entferntes. Schließlich steckt er die Hände in die Jeans, weil es doch kalt ist.
Summt eine Bryan Adams Melodie und lächelt.


***

La Cipolla
08.05.2009, 10:03
Überarbeitet.

Nicht mal einen Eindruck? ._.

FF
08.05.2009, 12:06
I don't get it. Tut mir leid, ich bin kein kenner oder Freund solcher Geschichten, aber ich kann dem nix entnehmen.

edit:
und ich finde
Schließlich, nach einer irrelevant langen Zeit, das passt nicht zum rest irgendwie. Das Wort ist mir einfach zu sperrig, denke ich^^

Mordechaj
08.05.2009, 13:01
Ich finde, das Problem des Textes ist, dass er keinerlei Einbettung hat. Die Bedeutungsebene hat durchaus was für sich und grundsätzlich mag ich so kleine Einblicke in die Absurdität des Daseins eines fiktiven Individuums, aber irgendwie läuft mir das dann doch schon wieder zu sehr wie ein amerikanischer Film ab; es fehlt was Besonderes, was deinen Protagonisten irgendwie auszeichnet:

Er grinst - für den kommunikativen Zellengenossen, weil er es sich nicht gern mit Leuten verscherzt.
(ein Gedankenstrich passt da besser! ;P )
...ist irgendwie die einzige Information, die was tiefgehend Menschliches hat; auch die Sache mit den Gitterstäben ist irgendwie gut, passt aber schon wieder mehr in einen Roman als allgemeines Stilmittel (mit den Augen eines Schriftstellers zu sehen oder so), hier verfehlt es meinem Empfinden nach irgendwie seine Wirkung.
Allgemein ist mir die Figur eben nicht neurotisch genug, irgendwie zu normal. ;)

Du hast ein großes Talent, die Dinge auf eine sehr feinfühlige Weise darzustellen und zwar auch so, dass man sich was daraus nehmen kann, nur - das sage ich, der sich aus diversen, relativ stichhaltigen Gründen immer mehr vor Prosa fürchtet - müsstest du mal ein bisschen aus dieser amerikanischen Denkweise herauskommen, finde ich, wo der Normalo ein akzeptabler Charakter ist, denn für meine Begriffe und (soweit ich das so vermessen behaupten kann) für die Vorstellung der europäischen Literatur ist das zu flach.

La Cipolla
11.05.2009, 18:04
Hm, der Protagonist soll sich ja gerade nicht wirklich auszeichnen. Es soll jemand sein, der über das Sich auszeichnen, über das Neurotische oder Individuelle irgendwie hinaus ist. Ein Bisschen dieses Motiv der "inneren Ruhe, die nur ein Unfreier erlangen kann".
Und das muss man auch nicht intepretieren oder verstehen (@Freierfall), es geht allen voran um das Gefühl einer gewissen Ruhe im Alltag, der sich völlig radikal verändert hat, und der sich trotzdem noch sehr ähnlich anfühlt. Das ist so die Idee gewesen.

Ich muss ehrlich sagen, mit amerikanischer und europäischer Literaturdefinition kann ich jetzt gar nichts anfangen, und da würde ich auch Hölle nicht drauf achten. Mir geht es allen voran darum, dass man fühlt, um was es geht. In dieser Geschichte ist der Charakter dafür sogar relevant, in einer meiner üblichen Geschichten ist es viel eher ein "Normalo", völlig bewusst, weil ich in meinen Kurzgeschichten Gefühle, und damit Nachdenken hervorrufen will, und das klappt meistens besser, wenn die Identifikationsfigur nicht irgendein einprägsamer Freak ist, den man mit einer Handbemerkung abtun kann.
hier is doch voll viel Charakterisierung drin, eigentlich ist alles, was der Kerl macht, pure Charakterisierung. Aber gut, wenns nicht so rübergekommen ist, ist es nicht so rübergekommen, mein Fehler.

Mordechaj
11.05.2009, 20:57
In dieser Geschichte ist der Charakter dafür sogar relevant, in einer meiner üblichen Geschichten ist es viel eher ein "Normalo", völlig bewusst, weil ich in meinen Kurzgeschichten Gefühle, und damit Nachdenken hervorrufen will, und das klappt meistens besser, wenn die Identifikationsfigur nicht irgendein einprägsamer Freak ist, den man mit einer Handbemerkung abtun kann.
Naja, aber wie willst du dich denn mit einem Stück kalten Stein identifizieren. Ich finde, deinen Charakter kann man viel leichter abtun als andere. Dein Charakter ist mir regelrecht unsympathisch, weil er in den Bildern in meinem Kopf in seinen gebleichten Jeans nichts weiter macht, als rational vor sich hinzuexistieren, er hinterfragt diese Ruhe ja nicht einmal, er nimmt sie quasi als gegeben hin, tja, eben noch ein unwichtiges Ereignis in einem ansonsten genauso unwichtigen Leben. Bei dieser blinden, leeren Rationalität bleibt das Gefühl eben auf der Strecke (und der Text gewinnt eben auch nicht gerade an Spannung oder Tiefgründigkeit). Ich meine, du überschätzt deinen Leser dort, wo du von ihm verlangst, Charakterzüge in das Stück kalten Steins reinzumeißeln, und unterschätzt ihn deutlich dort, wo du ihm zutraust, deine Skulptur eines Charakters unreflektiert beiseite zu stellen.

Das mit den Literaturvorstellungen ist übrigens falsch rüber gekommen (und das liegt an mir, weil ich mich nicht deutlich ausdrücken kann). Der Charakter im amerikanischen Mainstream (der nunmal vorwiegend zu uns rüberschwappt) ist per definitionem ein gesellschaftlich akzeptiertes Bild (Workaholic aus einer tieferen Gesellschaftsschicht, der sich an die Spitze arbeitet; Nerd; cooler Typ, dessen in der Realität eher untugendhaften Charakterzüge glorifiziert werden; Ausländer, der sich in der weißen Gesellschaft beweist; ungeouteter Schwuler zwischen Akzeptanz und strikter Ablehnung von Außen; etc.pp.). Da gibt es nur so kleine niedliche Neurosen wie Tollpatschigkeit, Schminkwahn, Stalkern, Zwangsstörungen (die prinzipiell belustigend dargestellt sind - "Woohoo! Schaut mich an; ich muss mich selbst immer wieder demutigen, wie lustig ist das denn!"). In Europa wird das so gut aufgenommen, weil es als feuchtfröhliches Abenteuer epischen Ausmaßes umworben wird, aus Amerika kommt und es grundsätzlich ein Produkt mit höchster Qualität ist - wir würden zum Beispiel weniger Hollywoodfilme gucken, wenn die Kameratechnik nicht so verdammt gut wäre -, obwohl es immer das selbe Geleier um die selben langweiligen Charakter ist, die dann auch noch in einem verqueren Rollensystem, das aller paar Jahre mal wechselt, verhaftet sind.
In Europa (wohlgemerkt dort, wo man nicht versucht, die Amis nachzuahmen) ist ein Charakter schonmal grundsätzlich psychisch gestört, immerhin sind wir die Erben Freuds und einer Menge verschrobener Leute (Rilke, Buñuel, Napoleon), da hat jeder noch so normale Mensch psychische Konflikte - selbst Harry Potter ist nach dem Schema aufgezogen. Letztenendes könnten wir uns ohne dieses Bild des abnormen Menschen gar nicht mehr mit unserer eigenen Kultur identifizieren, genausowenig aber verstehen wir emotionale Zusammenhänge, wenn der Charakter nicht ein Mindestmaß an Irrationalität - dargestellt in seiner abnormen Form - mitbringt. Ein Grund dafür, dass dieses "typisch amerikanische Charakterbild" (ich weiß, dass es genug Ausnahmen gibt und diese Pauschalisierung eigentlich entsetzlich doof ist) sich nur in Krimi, Thriller, Comedy und schnulzige Romane ohne tiefere gesellschaftliche Abstrusitäten übersetzen lässt.


Dein Charakter ist jetzt so ein leeres Schema, allerdings als tragenden Rolle in einem Text, der ein Gefühl vermitteln will. Das ist ein bisschen wie die Neuverfilmung von "Die Welle": Tiefgreifendes Konzept mit schlechten Darstellern, die die noch schlechtere Charakterausprägung so rüberbringen, dass der eigentliche Gedanke verfälscht und in Fragwürdigkeit versenkt wird (und das wie jeder deutsche 08/15-Film damit endet, dass jemand mit ner Waffe in der Hand davon überzeugt werden muss, das Teil wegzulegen, um noch etwas Drama einzufügen - Gott, der Film ist grausig). Kurzum: Dein Protagonist denkt und fühlt zu wenig (und ja, auch Ruhe und Leere muss man in einer gewissen Weise fühlen), dein Leser wird in eine unangenehme Distanz versetzt, die erzählende Medien niemals geben sollten (das ist wie der stinkende Typ im Bus: man kennt ihn nicht, weiß nicht, ob er sich für seinen Gestank schämt und letztendlich ist das einem auch egal, weil er einfach stört - in einem Buch ist der Typ ein desillusionierter Säufer à la Harry Haller).


Das klingt jetzt alles erstmal derbe fies und überheblich, nicht zuletzt, weil ich deinen Text in gewisser Hinsicht gerade in den Schmutz geredet hab. Ich wäge mich aber, bereits genug von dir gelesen zu haben, um zu sagen, dass du das besser kannst und dass es hier einfach nur an (zugegebenermaßen recht essentiellen) Details scheitert. Beispielsweise müsstest du deinem Leser auch mehr Denkanstöße hinwerfen (das was ich zitiert hatte, war ein ausgesprochen guter), damit er zumindest versucht, Zugang zu der Figur zu finden; wie gesagt ist Irrationalität das Mittel schlechthin (warum spricht der Typ da solchen Nonsense - ist er vielleicht verstört?). Außerdem solltest du, gerade wenn du auf Charakterhüllen baust, die der Leser füllen soll, in der ersten Person schreiben, weil dann die Distanz zum Protagonisten erstmal überwunden wird und man sozusagen den Herzschlag mit ihm teilt (nicht zuletzt schreibt man ihm dann auch intuitiv mehr Lebensnähe auf den Leib). Weiters müsste man ihn auf eine Augenhöhe mit dem Leser bringen:

Hm, der Protagonist soll sich ja gerade nicht wirklich auszeichnen. Es soll jemand sein, der über das Sich auszeichnen, über das Neurotische oder Individuelle irgendwie hinaus ist.
Das erhebt den Protagonisten über den Leser (oder umgedreht? Ich finde diese Vorstellung, die Individualität überwunden zu haben, jedenfalls beinahe grausam), entfremdet beide noch mehr voneinander, als der natürliche Zustand des Fremdseins das jemals könnte. Diese Entfremdung kann sogar gut sein, sie kann sogar etwas ausdrücken, aber dann musst du das deinem Leser näherbringen, bspw. zeigen, wie es dazu gekommen ist oder was eigentlich das Besondere an der Fremde ist.

Alles was ich sage, ist, dass die charakterliche Tiefe auf die Textintention abgestimmt sein sollte; dieses Gleichgewicht fehlt hier eben ein bisschen.
Du schreibst ansonsten mit wünschenswert großem Feingefühl, vor allem stichst du damit auch eindeutig aus diesem großen grauen Sud von "Ich will was schreiben, aber dabei nicht erzählen müssen!" heraus. Es fehlt aber zumindest hier an einer gewissen Personalisierung; ich hatte bis auf ein paar Grundinformationen auch fast schon wieder vergessen, worum es in dem Text eigentlich geht, weil in meinem Kopf immer dieses <Fügen Sie hier bitte eine beliebige Charakterisierung ein.> aufblinkte (und Bryan Adams machte diese Vorstellung nicht unbedingt angenehmer ;P ).

La Cipolla
11.05.2009, 21:43
Sehr, sehr schön. :hehe:

Die Welle
Bin aber positiv überrascht! Der Film ist ausreichend vielschichtig und abgesehen von den teilweise etwas gekünstelten Gesprächszeilen der Schüler auch absolut nachvollziehbar (im Gegensatz zu dem uralten Ami-Film, der war einfach nur lächerlich). Die Veränderungen sind allesamt sinnvoll - vor allem, weil hier auch der Einfluss der Macht auf den Machthaber thematisiert wird. Und zwar, wie der Rest des Films auch, ohne Holzhammer und allen voran mehr oder minder glaubwürdig. Das ist eine große Leistung, denn das hinterlässt eine bessere Wirkung im Zuschauer als jedes kluge Zitat. Grandioses Ende.
9/10, Würde ich später definitiv Schülern zeigen.
... xD :A



(das ist wie der stinkende Typ im Bus: man kennt ihn nicht, weiß nicht, ob er sich für seinen Gestank schämt und letztendlich ist das einem auch egal, weil er einfach stört - in einem Buch ist der Typ ein desillusionierter Säufer à la Harry Haller).
Ich halte Harry Haller für einen einwandfreien Charakter. Aber gut, das ist wohl Ansichtssache.
Allgemein versteh ich den Vergleich nicht. Wenn alles erklärt und hinterlegt ist, trägt das auch nicht zur Glaubwürdigkeit bei.


Diese Entfremdung kann sogar gut sein, sie kann sogar etwas ausdrücken, aber dann musst du das deinem Leser näherbringen, bspw. zeigen, wie es dazu gekommen ist oder was eigentlich das Besondere an der Fremde ist.
Das Besondere daran ist gerade, dass es nix besonderes mehr ist, wie erwähnt. Siehe unten, zur Identifizierung.


In Europa (wohlgemerkt dort, wo man nicht versucht, die Amis nachzuahmen) ist ein Charakter schonmal grundsätzlich psychisch gestört, immerhin sind wir die Erben Freuds und einer Menge verschrobener Leute (Rilke, Buñuel, Napoleon), da hat jeder noch so normale Mensch psychische Konflikte - selbst Harry Potter ist nach dem Schema aufgezogen.
Mal so am Rand: Es gibt irgendeine Strömung, die ausdrücklich froh darüber ist, dass wir diese "frühpubertäre Aufmerksamkeitsphase" hinter uns gelassen haben und uns nun endlich wieder richtiger Unterhaltung widmen können. Aber gut, wenn du Hollywood nicht magst, wird das nicht deiner Meinung entsprechen. :D

Davon abgesehen kann ich die übliche Antwort bringen, die in diesem Fall nicht mal eine Ausrede ist: Ich spiele mit diesem Konzept. Wie gesagt, der Charakter ist völlig bewusst ein Archetyp "innerer Ruhe", also irgendwo auch ein merkmalsloser Archetyp der Perfektion.
Und mein Gott, du schreibst Massen, aber missdeutest meine drei Sätze. Oô Ich hab nirgendwo gesagt, dass sich der Leser dieser Geschichte mit dem Charakter identifizieren soll, das gilt für meine "Normalo-Charaktere", die sich durch irgendetwas auszeichnen, in anderen Texten. Der hier ist eher außerhalb jeglicher Identifikation, in der Geschichte geht es um das Fühlen einer Atmosphäre, er ist nur der, der diese Atmosphäre ausstrahlen soll, wie ein Gegenstand, weniger wie eine Person.
Wenn ich ihn jetzt glaubwürdig, liebenswürdig, oder was auch immer machen würde, könnten sich die Leute vielleicht mit ihm identifizieren und wunderbar in der Geschichte ruminterpretieren, aber die Atmosphäre wäre zerstört, denn ein realistischer Mensch ist nicht ruhig. Der hier sitzt einfach da, saugt die Ruhe in sich ein und strahlt sie aus, seine Vergangenheit ist nicht mehr von Belang, und mehr nicht.

Was nicht heißt, dass die Geschichte gut ist (!!!111elf). Wie gesagt, wenn die Atmosphäre nicht funktioniert, well, dann funktioniert sie nunmal leider nicht. Das ist mir völlig bewusst. Aber du schlägst Sachen vor, die aus meinem Apfel eine Birne machen würden, weil du gern eine Birne haben würdest. Und ich wollte aber nunmal einen Apfel! >_<

Dass der Apfel scheiße schmeckt, zum dritten Mal, tut nichts zur Sache. ;)


Off Topic:

obwohl es immer das selbe Geleier um die selben langweiligen Charakter ist, die dann auch noch in einem verqueren Rollensystem, das aller paar Jahre mal wechselt, verhaftet sind.
Du ignorierst ziemlich dreist, dass die Leute an dieser "Leier" und an diesen "langweiligen" Charakteren (wieso, weil sie nicht realistisch sind oder schon tausend mal da waren - das macht sie langweilig? Oo) offenbar ihren Spaß haben, und das liegt ganz sicher nicht nur an Kameraführung, Hollywoodherkunft (lol..) und Co, sondern auch daran, dass diese Leier und diese Charaktere unterhaltsam sind, simpel und einfach. Das kann man jetzt so oder so bewerten (Untergang des Abendlandes!) und mit tausend Sätzen psychologisch erklären, aber es ist erstmal ein Fakt.
Das hat mit der Geschichte hier aber nix zu tun. Wollte es nurmal erwähnt haben.

Mordechaj
12.05.2009, 08:26
Ich halte Harry Haller für einen einwandfreien Charakter. Aber gut, das ist wohl Ansichtssache.
Ich auch! Aber auch er ist nur ein alter stinkender Säufer - mit dem Unterschied, dass man Einblick in seine Gedankenwelt erhält und ihn dadurch menschlich nachvollziehen kann. Mit dem stinkenden Typen im Bus ist das nicht möglich und da kümmere ich mich auch nicht darum.



Wenn ich ihn jetzt glaubwürdig, liebenswürdig, oder was auch immer machen würde, könnten sich die Leute vielleicht mit ihm identifizieren und wunderbar in der Geschichte ruminterpretieren, aber die Atmosphäre wäre zerstört, denn ein realistischer Mensch ist nicht ruhig.
Depressionen und eine Hand voll anderer affektiver Störungen können zu einem Zustand führen, in dem die Leute sich selbst nur noch als Essenz betrachten, ihre Existenz ausgelöscht und in einen Zustand der völligen Stille umgeschlagen ist (die haben dann nicht mal mehr das Verlangen, ihr Leben zu beenden).

Aber ich meine, gut, wenn der Charakter hier eher experimentell als Ausdrucksgegenstand gereichen soll, dann ist das vielleicht sogar etwas anderes. Dann würde ich ihn aber prinzipiell entfernen (beispielsweise könnte man ihn durch das unpersönliche "Man" ersetzen), denn der personale Erzähler lässt den Leser grundsätzlich nach einer Identifikationsfigur lechzen.


Aber du schlägst Sachen vor, die aus meinem Apfel eine Birne machen würden, weil du gern eine Birne haben würdest. Und ich wollte aber nunmal einen Apfel! >_<
Ich schlage gar nix vor, ich war nur der Auffassung, dass der Ausdruck an stilistischen Mitteln gescheitert ist, die auf die und die Weise vermutlich ihre Wirkung nicht verfehlt hätten.



Off Topic:

Du ignorierst ziemlich dreist, dass die Leute an dieser "Leier" und an diesen "langweiligen" Charakteren (wieso, weil sie nicht realistisch sind oder schon tausend mal da waren - das macht sie langweilig? Oo) offenbar ihren Spaß haben, und das liegt ganz sicher nicht nur an Kameraführung, Hollywoodherkunft (lol..) und Co, sondern auch daran, dass diese Leier und diese Charaktere unterhaltsam sind, simpel und einfach. Das kann man jetzt so oder so bewerten (Untergang des Abendlandes!) und mit tausend Sätzen psychologisch erklären, aber es ist erstmal ein Fakt.
Das hat mit der Geschichte hier aber nix zu tun. Wollte es nurmal erwähnt haben.
Hat es auch nicht, ich wollte nur meine reichlich weit hergeholte Assoziation irgendwie obsedant erklären. Und die Leute können von mir aus soviel Spaß daran haben, wie sie wollen, ich verwehre mich mittlerweile auch nicht mehr gegen einen reichlich plakativen Hollywoodstreifen, aber die Gesellschaft wird an dieser stoischen Kunstform kaum wachsen; bloßer Unterhaltungswert ist zwar auch nicht verkehrt, vor allem, wenn man damit ein paar Millionen machen kann, aber an Bonnie & Clyde wird man wohl nicht anknüpfen können, was für den amerikanischen Film sehr schade ist. Hinzugenommen kann man dem Zuschauer (oder dem Leser, was weiß ich) aber auch mehr als nur irgendwelche halbgaren Abklatsche von Menschen präsentieren, ohne sich vorwerfen zu müssen, den Fabrikarbeiter, der abends nur noch unterhalten werden will, überfordert zu haben.

La Cipolla
12.05.2009, 10:01
Dann würde ich ihn aber prinzipiell entfernen (beispielsweise könnte man ihn durch das unpersönliche "Man" ersetzen), denn der personale Erzähler lässt den Leser grundsätzlich nach einer Identifikationsfigur lechzen.
Das wäre wohl eine Idee. Mal sehen. Es sollt am Ende aber immer noch deutlich sein, dass der Kerl durchaus eine tiefgreifende Vergangenheit hat, also mal eine reale Person war - nur, dass das halt absolut nicht mehr von Bedeutung ist. Was nicht realistisch sein muss.



aber die Gesellschaft wird an dieser stoischen Kunstform kaum wachsen; bloßer Unterhaltungswert ist zwar auch nicht verkehrt, vor allem, wenn man damit ein paar Millionen machen kann, aber an Bonnie & Clyde wird man wohl nicht anknüpfen können, was für den amerikanischen Film sehr schade ist.
Ganz ehrlich, ich denke, für die Bewertung ist die Branche heute zu breit. Du sagst ja selbst, dass das sehr verallgemeinert ist.
Wenn ich mir The Dark Knight vor Augen halte, der zwar zweifelsfrei (!) vorrangig ein millionenschwerer Unterhaltungsstreifen ist, viele Leute aber mit Sicherheit zum Fürchten - und damit mehr zum Zweifeln und Nachdenken gebracht hat, als es irgendein Kunstfilm je geschafft hätte. Das ist natürlich ein extremes Beispiel, aber es verdeutlicht auch sehr gut, dass sich all diese Sachen heute nicht mehr ausschließen. Zwar waren die ganzen Intellektuellen nach dem Hype enttäuscht, kein philosophisches Spitzenwerk gesehen zu haben, aber viele andere haben vielleicht was daraus mitgenommen.
Ich denke ja sowieso, das gute Krach-Bumm-Filme ungemein höheres Potenzial haben, einen Menschen zu beeinflussen, als jeder Streifen, über den man ernsthaft nachdenken muss. Aber das ist dann ein anderes Thema.

MaxikingWolke22
12.05.2009, 10:05
der schreibstil erinnert mich an "der schlaf in den uhren", und ist genauso einschlafend. solche geschichten kommen mir niemals freiwillig in die tüte! zuviel innere handlung und monologe, zu wenig äußere handlung.

La Cipolla
12.05.2009, 14:11
Ich versichere dir, mein Schreibstil schläft nicht ein. Jedenfalls nicht in nächster Zeit. Vielleicht schläfert er ein, das möchte ich gar nicht ausschließen. :eek:

Wo siehst du da einen Monolog, geschweige denn einen inneren?
Du musst die Geschichte nicht mögen, aber wenn du Fachbegriffe benutzt (was absolut nicht notwendig ist!), solltest du die richtigen heraussuchen.

Wenn du äußere Handlung magst, solltest du dich von Kurzgeschichten, die nichtmal über eine Seite gehen, tendenziell eher fernhalten.
Und lass dich in Zukunft nicht zwingen, Sachen zu lesen.
Sei dein eigener Herr! Entscheide freiwillig!

Leon der Pofi
12.05.2009, 16:28
mir hat die geschichte in den belangen gefallen, dass sie eine authentische welt beschreibt und mir persönlich wurde in diesem kurzen text viele bilder und ein umfeld erschaffen, welche in sich stimmig wirkten. den wandel der zeit hast du gut beschrieben. von diesem aspekt her, sehr positiv

der hauptfigur konnte ich jedoch keinerlei sympathie entgegenbringen, was in einer geschichte mit längerem inhalt essentiell ist, figuren zu bieten, um die man sich sorgt, in einer kurzgeschichte aber durchaus nicht vorkommen muss
er wirkte für mich einfach verbraucht, ein gebrochener mann mit fragwürdigem charakter, jedoch sehr nachdenklich und neben der kalten welt in der er sich befindet, nimmt er trotzdem noch die natur (mit dem baum) war, was vielleicht hoffen lässt, dass es doch noch irgendwie einen ausweg für ihn gibt.

wie auch immer. gut geschrieben, aber bei der nächsten geschichte wäre mir eine sympathische hauptfigur lieber, welche auch wieder nur subjektiv sympathisch erscheint, hehe ;)