Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kein Titel (Schreibstil bewerten)
In der Hölle stinkt es nach Verderben. Genauso roch es in dieser Kirche.
__Der Duft von abgestandenem Weihwasser schoss mir in die Nase. Ich sah modrige Holzbänke, auf denen durchgesessene Sitzkissen lagen, und der Steinfußboden war zerfurcht wie schäbiges Kunstleder. Dicke Fundamentsäulen hielten dieses Gebäude aufrecht, hinderten es am längst fälligen Zusammenfall. An den Wänden waren Bilder aufgehängt. Bilder Jesu Christi auf dem beschwerlichen Weg in den Himmel. Diese Kirche leidet, dachte ich, zusammen mit ihm.
__Und diese Kälte. Sie ging einem durch Mark und Bein. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht in Panik zu geraten. Die Dunkelheit aus den Ecken und Nischen schrie wie das Opfer einer Folterung. Sie setzte mir zu. Der einzige Gedanke, den ich fassen konnte, war Flucht.
__Aber ich konnte nicht fliehen.
__Ich hatte noch etwas zu erledigen.
__Ich schritt zwischen den Holzbänken dem Altar entgegen. In der Mitte blieb ich stehen. Es hat keinen Sinn, dachte ich. Ich zog meine Pistole heraus. Sie war kalt und baumelte an meiner Seite, direkt neben meinem Oberschenkel.
__Ich schrie: Nathaniel!, und meine Stimme prallte von den Wänden ab und schenkte mir das Echo meiner Seele.
__Nichts geschah.
__Ich wollte noch einmal schreien, noch kräftiger als zuvor, als seine Schritte auf dem grauen Boden der Kirche widerhallten. Das Geräusch wurde lauter und kam immer näher, bis ich seinen Schatten erblickte.
__Mein Atem wurde flach und ruhig. Ich stand da, mitten in der Kirche, und mein Herz bebte. Diesmal nicht vor Angst, sondern von der Gewissheit, dass am Ende eines Weges immer der Tod lauert.
__Sein Tod.
__Und die Kälte meiner Waffe schrie nach der Wärme seines Blutes.
Ich finde den Schreibstil sehr gut. Besonders diese Stelle:
__Ich schrie: Nathaniel!, und meine Stimme prallte von den Wänden ab und schenkte mir das Echo meiner Seele. hat mir richtig gut gefallen. Bitte mehr davon :A
deserted-monkey
22.02.2009, 13:18
Hallo,
dann werde ich mal versuchen, hier etwas dazu zu sagen. Da du ja im Titel schon geschrieben hast, man solle den Schreibstil bewerten, werde ich die Geschichte an sich mal aussen vor lassen (scheint ja auch nur ein Fragment einer Geschichte zu sein, oder?). Na dann:
In der Hölle stinkt es nach Verderben. Genauso roch es in dieser Kirche.
Hier finde ich den Wechsel vom Präsens in die Vergangenheitsform weniger gut. Den ersten Satz als einzigen der Geschichte im Präsens zu schreiben, macht für mich irgendwie nicht gross Sinn.
Ich sah modrige Holzbänke, auf denen durchgesessene Sitzkissen lagen, und der Steinfußboden war zerfurcht wie schäbiges Kunstleder.
Der Vergleich mit dem Kunstleder will mir nicht ganz rein, irgendwie.
Dicke Fundamentsäulen hielten dieses Gebäude aufrecht, hinderten es am längst fälligen Zusammenfall.
Vielleicht könnte man für Zusammenfall ein anderes Wort benützen ...
An den Wänden waren Bilder aufgehängt. Bilder Jesu Christi auf dem beschwerlichen Weg in den Himmel.
Vorher hattest du längere Sätze, jetzt werden sie plötzlich wieder kurz. Etwas krasser Wechsel, der Hektik in die Geschichte bringt, die vielleicht so nicht beabsichtigt worden ist.
Diese Kirche leidet, dachte ich, zusammen mit ihm.
Vorschlag: Diese Kirche leidet zusammen mit ihm, dachte ich.
Und diese Kälte. Sie ging einem durch Mark und Bein. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht in Panik zu geraten.
Hier wird es wieder etwas hektischer, passt aber diesmal, imo.
Die Dunkelheit aus den Ecken und Nischen schrie wie das Opfer einer Folterung. Sie setzte mir zu.
Den ersten Satz finde ich nett, ist ziemlich eigenwillig. Den zweiten solltest du aber unbedingt rausnehmen, der macht sonst die Wirkung des ersten wieder zunichte.
Der einzige Gedanke, den ich fassen konnte, war Flucht.
Korrektur: Den einzigen Gedanken,
Aber ich konnte nicht fliehen. Ich hatte noch etwas zu erledigen.
Wieso konnte er nicht fliehen?
Vorschlag: Aber ich konnte nicht fliehen, da/weil ich noch etwas zu erledigen hatte.
Ich schritt zwischen den Holzbänken dem Altar entgegen.
Klingt komisch. Da fehlt noch ein Wort, wie z.B. Ich schritt zwischen den Holzbänken hindurch, oder so etwas. Und dann noch ein Komma machen.
Ich zog meine Pistole heraus. Sie war kalt und baumelte an meiner Seite, direkt neben meinem Oberschenkel.
Mmh, er hat die Pistole doch schon gezogen. Also liess er sie vielleicht neben seinem Oberschenkel baumeln, hatte sie also in der Hand?
Ich schrie: Nathaniel!, und meine Stimme prallte von den Wänden ab und schenkte mir das Echo meiner Seele.
Das Echo meiner Seele, das Echo meiner Seele ... mmh, ja, doch, finde ich eigentlich gar nicht so schlecht, musste aber gerade kurz überlegen ...
Und die Kälte meiner Waffe schrie nach der Wärme seines Blutes.
Find' ich super. :A Bester Satz in dem Text.
Ja, das war's von mir.
Liferipper
22.02.2009, 17:05
Hier finde ich den Wechsel vom Präsens in die Vergangenheitsform weniger gut. Den ersten Satz als einzigen der Geschichte im Präsens zu schreiben, macht für mich irgendwie nicht gross Sinn.
Gestank in der Hölle = dauerhafter Zustand = Präsens
Also ich find ihn super. Er fesselt den Leser an den Text und lässt ihn gespannt bleiben darauf, was wohl als nächstes passiern wird. Man ist ja jetzt schon gespannt auf das, was dabei herauskommt.
C.
Ich musste mich zusammenreißen, um nicht in Panik zu geraten.
Ich musste mich zusammenreißen nicht in Panik zu geraten. (Würd mir persönlich besser gefallen.)
Ich schritt zwischen den Holzbänken hindurch dem Altar entgegen
Ich find dein Schreibstil gut, du verstehst es Atmosphäre zu erzeugen. Würd dir allerdings empfehlen nicht so viele Sätze mit "ich" zu beginnen, es sei denn das ist gewollt. Aber fällt halt auf.
So, wird langsam Zeit.
Erstmal danke für die Bewertungen. Hat mich gefreut. =)
Hier finde ich den Wechsel vom Präsens in die Vergangenheitsform weniger gut. Den ersten Satz als einzigen der Geschichte im Präsens zu schreiben, macht für mich irgendwie nicht gross Sinn.
Gestank in der Hölle = dauerhafter Zustand = Präsens
;)
Der Vergleich mit dem Kunstleder will mir nicht ganz rein, irgendwie.
Künstlich, aber an etwas nicht-künstliches angelehnt. Und hässlich natürlich. xD
Vielleicht könnte man für Zusammenfall ein anderes Wort benützen ...
Dich stört vermutlich das direkte Aufeinanderfolgen von fällig und Zusammenfall. Mich auch. Aber ich hab auch nicht mit jedem Wort penibel auseinandergesetzt. Ich faule Sau!! -.-
Vorher hattest du längere Sätze, jetzt werden sie plötzlich wieder kurz. Etwas krasser Wechsel, der Hektik in die Geschichte bringt, die vielleicht so nicht beabsichtigt worden ist.
Doch. Kurz und abgehackt sollte es sein. Unregelmäßig, wie ein Herzschlag in Panik, der nicht weiß, wie er schlagen soll.
Vorschlag: Diese Kirche leidet zusammen mit ihm, dachte ich.
Die Unterbrechung muss sein, damit eine Pause entsteht. Dient als Betonung.
Den ersten Satz finde ich nett, ist ziemlich eigenwillig. Den zweiten solltest du aber unbedingt rausnehmen, der macht sonst die Wirkung des ersten wieder zunichte.
Klingt echt scheiße. Mach ich.
Korrektur: Den einzigen Gedanken,
Nicht ganz. Schau mal: Der einzige Gedanke[...] war Flucht. ;)
Vorschlag: Aber ich konnte nicht fliehen, da/weil ich noch etwas zu erledigen hatte.
Genau das wollte ich verhindern. Konjunktionen strecken das nur und nehmen die Hektik raus.
Klingt komisch. Da fehlt noch ein Wort, wie z.B. Ich schritt zwischen den Holzbänken hindurch, oder so etwas. Und dann noch ein Komma machen.
Muss nicht sein, wie ich finde.
Mmh, er hat die Pistole doch schon gezogen. Also liess er sie vielleicht neben seinem Oberschenkel baumeln, hatte sie also in der Hand?
Seine Hand baumelte zusammen mit der Waffe in der Hand neben seinem Oberschenkel. So war's gemeint. Ich wollte, dass der Eindruck entsteht, die Waffe hätte die Macht.
Würd dir allerdings empfehlen nicht so viele Sätze mit "ich" zu beginnen, es sei denn das ist gewollt. Aber fällt halt auf.
Es war schon gewollt. Anfang und Ende sind etwas distanziert, bilden den Rahmen. Die ganzen Ich-Reihungen stellen einen markaneten Bezug zum Ich-Erzähler her. Er ist im Mittelpunkt. Hab noch keine andere zufriedenstellende Möglichkeit gefunden, dies auf den Ich-Erzähler zu zentrieren.
Ich musste mich zusammenreißen nicht in Panik zu geraten. (Würd mir persönlich besser gefallen.)
Mein Satz gefällt mir besser. Das Komma schafft eine Pause (ich dachte sogar daran, einen Punkt zu setzen) und es wirkt nicht zu zusammengepresset bzw. gedrängt.
Danke euch allen. :)
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