Narcissu
19.02.2009, 17:13
Story, Charakterisierung und technische Umsetzung
JA, ES IST VIEL TEXT. Doch der sollte euch nicht abschrecken, denn es erfordert auch viel Zeit und Mühe, sich eine gute Geschichte und nachvollziehbare Charaktere auszudenken und diese gut rüberzubringen. Wer jetzt abbricht zu lesen, den kann ich zwar verstehen, es sollte aber trotzdem gesagt sein, dass es Dinge beim Makern gibt, die sowohl Zeit als auch geistige Kraft kosten und nicht immer Spaß machen. Trotzdem will man irgendwann ein gutes Gesamtwerk präsentieren können, oder? ;)
Einleitung
Worum wird es in diesem Tutorial gehen?
Das ist nicht leicht mit wenigen Worten zu beschreiben, aber ich werde es mal versuchen.
Dieses umfangreiche Tutorial soll alle Aspekte einer guten Geschichte behandeln und noch viel mehr – ebenso wichtig ist es, die Gefühle auch adäquat zu übertragen, woran die meisten Spiele scheitern. Ich werde ebenfalls versuchen, euch die Wichtigkeit verschiedener Faktoren klarzumachen und ein wenig auf psychologischer Ebene analysieren. Bevor ich anfange, will ich jedoch noch einige zentrale Worte an euch richten:
Ich bin nicht perfekt und ebenso wenig dieses Tutorial. Lediglich bin ich imstande, meine Vorstellungen zu vermitteln und ich erwarte weder, dass ich alles nachvollziehen könnt, noch verlange ich es. Obwohl viele Dinge auch auf die Allgemeinheit zutreffen, ist es dennoch unvermeidbar mein Blickwinkel.
Es reicht nicht, allein zu lesen, wie man etwas gut macht. Um eine gute Geschichte auszudenken und zu übertragen braucht man Erfahrung, Vorbilder, Motivation und besonders Inspiration. Ein Tutorial mag eine kleine Hilfe sein, aber es macht euch nicht zu einem Meister – ich bin auch keiner.
Auch wenn ihr meint, hier keine Hilfe zu benötigen (was ich auch nicht anzweifeln will), ist es doch gut, wenn ihr das Tutorial oder Teile davon lest, denn vielleicht stoßt ihr so auf Dinge, die euch noch nicht aufgefallen sind.
Warum ein Tutorial für so ein großes Thema und nicht mehrere?
Weil eins alleine nichts ist – nur wenn alle Faktoren arbeiten, erfüllt das Gesamtwerk seinen Zweck.
Sollten während ihr lest Fragen aufkommen, werden diese eventuell in späteren Abschnitten beantwortet. Sollte dies dennoch nicht der Fall sein, fragt einfach nach.
I – Das Konzept
Wie beginnt man, wenn man noch keine konkreten Gedanken hat? Wie erstellt man ein Grundkonstrukt, auf das die Geschichte und die Charaktere aufbauen?
Sammelt Gedanken. Schreibt, wenn ihr glaubt, etwas Gutes gefunden zu haben, eure Ideen auf. Wenn euch keine guten Ideen kommen, denkt an Dinge, die euch inspirieren. Wenn Final Fantasy VII eine geniale Story hat, warum nehmen wir es dann nicht als eine Inspiration? Wenn euch die Geschichte eines Buches gefesselt hat, warum zeigt ihr es dann nicht einfach in eurem Spiel? Sucht auch nach vergessenen Ideen, die ihr schon mal unbedingt umsetzen wolltet. Der Spielraum hier ist wirklich groß, denn ob Anime, Musik, Spiel, Roman, Film, philosophische Gedanken oder was auch immer: Euch sind keine Grenzen gesetzt. Damit meine ich keinesfalls, dass ihr euch Geschichten klauen sollt, sondern lediglich, dass ihr Inspiration mit eigenen Ideen vermischen sollt, um so etwas Individuelles zu schaffen. Und noch eine wichtige Frage: Was wollt ihr eigentlich vermitteln? Soll ein Charakter im Mittelpunkt stehen oder mehrere? Soll das Spiel eine Botschaft oder eine Moral vermitteln oder vielleicht philosophische Hintergründe haben, interpretierbar sein oder Ähnliches? Erst mal geht es darum, was ihr wollt. Wie ihr das macht, ist erst mal unwichtig.
Wenn ihr meint, ausreichend Grundgedanken gesammelt zu haben, beginnt damit, Zusammenhänge zu knüpfen. Beginnt am besten mit dem Hauptcharakter (oder den Hauptcharakteren), denn das ist wohl der wichtigste Punkt in einer Geschichte. Denkt euch ein Szenario, etwa eine Anfangsszene aus – dies kann auch ein Prolog fernab vom eigentlichen Anfang sein, denn das kann Interesse und Spannung aufbauen. In diesem Beispiel werde ich jedoch einen normalen Spielanfang behandeln.
Folgende Fragen sollten in eurem Kopf schon beantwortet sein:
– Wer ist der Hauptcharakter? Wie soll er in etwa charakterlich sein (Anfangsgedanken müssen hier natürlich noch nicht konkret sein)?
– Wo beginnt das Spiel?
– In was für einer Situation ist der Charakter?
– Welche Rolle (grob) soll er für die Geschichte haben?
– Inwiefern hat die eigentliche Geschichte schon angefangen?
So könnten die Grundgedanken aussehen:
Der Hauptcharakter weiß nicht, wo genau er sich befindet. Seine Erinnerungen sind verschleiert und er weiß nur, was sein Ziel ist. Er hat eine Szene deutlich vor Augen, nämlich seinen sterbenden Großvater, der gestorben ist, da sein Dorf von einem Unbekannten abgebrannt wurden. (Ein schönes Klischee, nicht wahr? Aber das ändert sich noch.)
Der Protagonist, nennen wir ihn Luxeon, sitzt allein in einem dunklen Wald am Lagerfeuer und denkt nach. Er versucht, den Nebel in seinen Gedanken ein wenig zu lichten und fängt mit seinen Anhaltpunkt an: Das letzte, woran er sich erinnern kann, seit sein Großvater gestorben war, war, dass er am Strand lag und nicht wusste, wo er sich befand. Außerdem muss er planen, wie er weiter vorgehen wird. Dabei interpretiert er aus seiner Situation, wo er sein könnte und wie er am besten sein Ziel erreichen könnte. Erst einmal will er in der nächsten zivilisieren Gegend an mehr Informationen kommen.
Lassen wir den Standardkram hinter uns und lassen die Sache etwas interessanter werden…
Luxeon weiß nicht, dass all seine Erinnerungen ich Wirklichkeit gar nicht echt sind. Das Mysterium seiner Vergangenheit ist nur erdacht; etwas, das er sich selbst vorgaukelt, weil er nicht mehr mit seiner Vergangenheit leben konnte. Im Laufe der Geschichte merkt er, dass einige seiner Erinnerungen nicht stimmen können und aus diesem Grund wird seine Schizophrenie deutlich: In einer bestimmten Situation ist er plötzlich eine völlig andere Person. Eine Person, die kurz vor dem Wahnsinn steht wegen ihrer Vergangenheit.
Im Laufe der Geschichte verändert sich das aber, denn langsam beginnt Luxeons ursprüngliches Ich die Ereignisse zu verkraften. Seine durch seine Fantasie entstandene Persönlichkeit jedoch nicht. So entsteht ein Kampf zwischen seinen zwei Persönlichkeiten, der sehr lange andauert und auch verheerende Folgen mit sich zieht.
Verwirrend, oder? Sämtliche Nebengedanken habe ich jetzt erst mal weggelassen. Nun kommen wir zur Geschichte, den bisher spielte sich alles eigentlich nur auf charakterlicher Ebene ab.
Der Unbekannte, den Luxeon sucht, hat eine Schlüsselrolle inne. Er hat die Gefahr erkennt, in der die Welt ist und obwohl er Luxeon weder je gesehen hat, noch mit ihm etwas zutun hat, wird er von diesem verfolgt. Der angebliche Antagonist ist die Person, die die Welt retten könnte. Das ursprüngliche Ich unseres Hauptcharakters erkennt dies auch, aber seine Fantasiepersönlichkeit wehrt sich weiter vehement gegen die Wahrheit. So ist Luxeon in Wahrheit mehr Antagonist als Protagonist und schadet der Welt mehr als er ihr Gutes tut. Ebenfalls ist sein innerer Kampf gegen sich selbst auch ein Kampf gegen die Zeit, denn er muss es schaffen, sich selbst wirklich wiederzufinden und sich auf eine Persönlichkeit zu einigen, bevor er etwas Schlimmes anrichtet. Das ist aber sehr schwer, denn seine Fantasieseite verschließt sich gegen alle Gedanken solcher Art. Sie erkennt erst die vollständige Wahrheit, wenn es zu spät ist…
So oder anders könnten Grundgedanken aussehen, die schon ein wenig konkreter sind. Es handelt sich hierbei nicht um etwas, das ich mal eben hingeschrieben habe, sondern Grundgedanken, die ich wirklich hatte. Einfluss darin haben auch verschiedene Inspirationsquellen gefunden, bewusst oder unbewusst. Und ihr versteht wahrscheinlich nicht alles ganz genau, da ich selbst noch zu wenig weiß, um das ganze Drumherum zu beschreiben.
Jetzt haben wir aber ein Konzept, eine Grundgeschichte (zugegeben: die eigentliche Geschichte hat noch kaum Boden, aber dem Hauptcharakter haben wir einen halbwegs interessante Anfang gegeben), und darauf können wir aufbauen. Die nächsten Punkte, die wir uns vornehmen sollten, sind andere Charaktere und eine ausgearbeitetere Geschichte. Das obere Beispiel reich aber aus, um zu zeigen, wie ich mir das gedacht habe. Sammel wieder Gedanken, verwerft sie wieder, wenn sie euch auf irgendeine Weise nicht zufrieden stellt, seid euer eigener kritischer Prüfer und achtet darauf, dass die groben Gedanken logisch verknüpfbar sind und die Charaktere nachvollziehbar handeln. Mehr dazu in späteren Teilen des Tutorials.
II – Charaktere und die Geschichte
Vorweg: Man spricht immer von tollen Storys in Spielen, aber ohne Charaktere, die Emotionen transportieren, ist eine noch so gute Geschichte wertlos. Charaktere allein vermögen es zwar auch zu überzeugen, aber wenn beide zusammenwirken ergibt sich daraus das beste Ergebnisse – meiner Meinung nach. Also stellt die Charaktere über die Geschichte bis ihr sie sinnvoll eingearbeitet habt – was ihr auf was abstimmt, bleibt euch überlassen. Wichtig ist jedoch, dass im Endergebnis alles eine Einheit ist.
Okay, angenommen wir haben nun Grundgedanken zu der Geschichte und auch welche zu den Charakteren – wie vereinen wir diese denn nun?
Die eigentliche Vorgehensweise unterscheidet sich von der obigen gar nicht so viel. In unserem Beispiel haben wir einen Hauptcharakter, der eine wichtige Position in der Geschichte einnimmt. Wir könnten nun beispielsweise einen weibliche Charakter einbringen, der irgendwann durch den Hauptcharakter an Wichtigkeit gewinnt. Wenn etwas Einfluss auf wichtige Elemente der Geschichte hat, ist es selber wichtig für diese.
Um ein grobes Beispiel zu liefern, sage ich einfach mal, dass unser zweiter Hauptcharakter – nennen wir sie Celia – den Hauptcharakter in der Stadt trifft, in der er sich Informationen besorgen will. Sie informiert ihn über die Lage, beantwortet seine Fragen und erkundigt sich auch über ihn. Schließlich muss eine geistig so seltsame Person Neugier erregen. Während Luxeon sich noch versucht zurechtzufinden und etwas in der Stadt bleibt, wird Celia eine Art Mentorperson für ihn. Sie kommen sich ein wenig näher. Da sie selbst aber fort muss – zurück zu ihren Eltern in einem entfernten Dorf –, und Luxeon nicht weiß, wie er seine Person findet (da er auch fast nichts über sie weiß), entschließt er sich, mit ihr zu gehen. So beginnt eine neue Reise und eine neue Freundschaft.
Unser nächster Charakter soll von vornherein eine wichtige Rolle in der Geschichte haben und dennoch in direkter Verbindung mit Luxeon stehen. Er ist ein alter Mann mit dem Odin [...] und weiß als einer der wenigen sehr gut über die Lage Bescheid, in der sich die Welt befindet. Dass er Luxeon trifft, ist kein purer Zufall, auch wenn es so scheint. Denn in Wirklichkeit wurde er von der Person geschickt, die Luxoon so vehement verfolgt (d.h. Luxeon verfolgt die Person). Odin ist alt und weise und geschickt im Umgang mit Menschen. Der Verfolgte, Yggdra, weiß inzwischen, dass er verfolgt wird und erfuhr auch in einer Situation, in denen er und Luxeon sich gegenüberstanden, dass letzterer nicht böse oder so ist, sondern vielmehr die Situation missversteht und gar nicht er selbst ist. Odin hat die Aufgabe, Luxeon zu helfen, sich selbst wiederzufinden und kooperiert auch mit seinem ursprünglichen Ich wenn es mal möglich ist, was nicht allzu oft der Fall ist.
Leider ist die Zeit bereits jetzt sehr knapp und Yggdra steht kurz vor seinem Ziel, wird jedoch von Luxeon verfolgt, der ihn umbringen will. Odin ist weder Kämpfer noch könnte er jemanden ernsthaft verletzen und deshalb versucht er mehr, zur Psyche Luxeons vorzudringen – mit allen Mitteln, denn die Zeit ist knapp. Celia erfährt von ihm alles und spielt auch eine entscheidende Rolle in allem.
Jetzt kommen wir zur Geschichte zurück: Wir haben ein sehr grobes Gerüst; nicht genug, um damit etwas anzufangen. Fest steht, dass die Welt in großer Gefahr ist. Warum?
Eine Kraft im Inneren des Planeten frisst diesen langsam von innen aus und eine schlimme Wendung steht kurz bevor. Was ist das für eine Kraft?
Es handelt sich hierbei um Seelen aller gestorbenen Wesen. Sie gehen alle in etwas ein, das dem Planeten das Leben ermöglicht – etwas, das auch der Ursprung des Lebens ist. Doch diese Kraft gerät aus den Fugen, da der Kreislauf von Leben und Tod sich in letzter Zeit so drastisch geändert hat. Die Kraft droht den Planeten zu zerstören, indem sie aus ihm hinausdringen will, was das Ende von allem wäre.
Was will Yggdra dagegen tun? Warum kann nur er das tun?
Yggdra ist ein Student der Alchemie. Vor Jahren ist er auf Wissen in diesem Bereich gestoßen, das er immer mehr vertieft hat. Dieses Wissen ist nicht weit verbreitet, da es ebenso gefährlich wie nützlich sein kann und leicht zu Missbrauch oder Zerstörung führen könnte. Yggdra besitzt des weiteren eine Kraft, die niemand anderes hat: Er kann mit den Seelen oder der geheimen Kraft kommunizieren oder könnte es jedenfalls, wenn sie nicht so aufgebracht wäre. Aus diesem Grund versucht Yggdra zur sagenumwobenen Achse der Welt zu kommen, der Punkte, an dem er sicherlich erhört würde und wo er alles verändern kann.
Bisher haben wir außer Luxeon noch keinen richtigen Antagonisten. Der Großteil der Welt spielt auch noch keine Rolle. Dies wird sich bis zum zentralen Hauptwendepunkt auch nicht ändern. Wie wird alles ausgehen?
Odin und Celia schaffen es nicht, Luxeon zu „bekehren“, ebenso wenig wie er selbst. Es ist schon zu spät als er die Wahrheit erkennt. Diese Erkenntnis kommt erst, nachdem er Yggdra getötet hat. Dies ist unser Wendepunkt.
Ich könnte noch ein wenig weitererzählen, aber das reicht vorerst um zeigen, wie sich solche Gedankengänge entwickeln. Vieles davon waren jetzt keine Ideen, die ich schon lange hatte. Wie ihr sicherlich bemerkt habt, hat sich ein Boden unter den Charakteren gebildet. Eine Welt ist entstanden, auf der sie wandeln und ein durchdachteres Konzept für die Geschichte ist zu einem gewissen Punkt erreicht. Wir haben zwar noch nicht alles verknüpft (und das werde ich auch nicht an Hand von Beispielen tun, da es zu lang werden würde), aber wird haben Anhaltspunkte, an denen wir uns orientieren. Und wir sind einen großen Schritt weiter: Nun sind Charaktere und Geschichte zu einer Einheit geworden. Wenn ich der Verknüpfung von beidem schon ein Kapitel gewidmet habe – weil sie sehr wichtig ist, obwohl meistens gut umgesetzt – erhalten auch Charaktere und Story je ein Kapitel, in denen alles ausführlicher behandelt wird. Unter Anderem werden da auch sogenannte Lückenfüller behandelt, die unbedingt zu vermeiden sind.
III – Entwicklung und Gestaltung der Charaktere
Nun gut, wir haben nun schon einiges feststehen und gute Grundlagen, auf die wir aufbauen können. Um ein wirklich überzeugendes Spiel zu liefern, müssen wir uns allerdings noch einige Zeit mit den Charakteren beschäftigen. Nochmal zur Erinnerung: Eine Story ist wertlos ohne gute Charaktere, die diese transportieren.
Wir haben uns auch schon Gedanken zu den einzelnen Charakteren gemacht, unter Anderem auch grob, wie sie so sind und welche Rolle sie innehaben. Jetzt wollen wir uns aber besonders der Charakterisierung und Charakterentwicklung leben. Da die Protagonisten in sehr extremen Situationen sind – nicht nur emotional –, muss sich das auch zwangsläufig auf sie auswirken. Sie haben Gedanken und Gefühle. Man versteht unter Charakterisierung das Einhauchen einer Seele in einen Charakter. Unsere Protagonisten (und Antagonisten) müssen lebendig und auch nachvollziehbar erscheinen. Sie müssen sich auch im Lauf der Geschichte verändern, denn sie gelangen immer an neue Erkenntnisse und viele verändernde Dinge passieren. Als Beispiel nehmen wir mal wieder Luxeon.
Obgleich es bereits indirekt gesagt wurde, verändert sich sein „erfundenes“ Ich nur sehr wenig, obwohl es eigentlich die Hauptperson im Spiel ist. Auf jeden Fall trifft das auf seine Einstellung zu. Wir haben ihn bisher immer als Antagonisten dargestellt, aber das soll so nicht sein. Er soll trotzdem eine sympathische Person sein, menschlich, lebendig, nachvollziehbar. Zu Beginn war er ja sehr ratlos, was sich beim Treffen von Celia ein wenig legt. Nach und nach wird er also sicherer. Im Großen und Ganzen stehen anderen Figuren aber große Änderungen bevor – jedenfalls im Moment. Kommen wir zu seinem „ursprünglichen“ Ich.
Dieses steht am Anfang, wie gesagt, am Rande des Wahnsinns. Es muss einen Grund gegeben haben, warum er sich diese Fantasiewelt geschaffen hat (der fällt unter IV). Wenn er sich selbst bis zur Schizophrenie getrieben hat, muss das ein wirklich traumatisierendes Erlebnis gewesen sein. Aus diesem Grund ist das ursprüngliche Ich (hier ab jetzt erstes Ich genannt) sehr lange ziemlich verzweifelt und depressiv. Der Spieler erfährt über Motive und Vergangenheit des Hauptcharakters.
Im Laufe der Zeit beginnt Luxeons erstes Ich, langsam mit der Situation zurechtzukommen. Er bemerkt auch, was er sich selbst angetan hat und dass er das Problem bekämpfen muss. Doch wie? Genau das ist die Frage, die er sich immer wieder stellt, denn alles was er versucht, will nicht klappen. Er wendet sich auch an andere Charaktere, doch sein zweites Ich will hier niemanden an sich heranlassen.
Auch Celia verändert sich während der Reise mit Luxeon. Nicht nur versucht sie, ihm zu helfen, sondern passiert noch mehr: Sie beginnt, Gefühle für ihn zu entwickeln, obwohl sie es selbst gar nicht wirklich merkt (und Luxeon ebenso wenig). Sie versucht auch, manche unerklärliche Handlungen ihrer selbst zu hinterfragen, doch das bleibt ergebnislos. Sie verändert sich auch in anderer Hinsicht, denn in ihrer Abwesenheit (mehr dazu in IV) ist ihre Mutter gestorben und sie verliert eine Person, die ihr sehr nahe stand. Die sonst so stark wirkende Celia fällt in sich zusammen und es dauert eine Weile, bis sie die Ereignisse verkraften kann. Obwohl ihr Vater noch lebt, vermag er es nicht, ihr zu helfen, darüber hinwegzukommen, da er selbst psychisch ziemlich fertig ist.
In dieser Zeit ist Luxeon für sie da und er ist es auch, der sie langsam wieder aufbaut und ihr wieder halt gibt, ihren Blick von der Vergangenheit abwendet. Obwohl sie schließlich den Tod ihrer Mutter verkraften kann, sind dennoch starke Änderungen an ihrer Persönlichkeit geblieben. Sie ist nun wesentlich weniger willensstark und noch immer emotional sehr brüchig. Natürlich legt sich auch das mit der Zeit, aber die Spuren werden nie ganz verblassen.
Wie man sieht, beginnen sich einige Lücken langsam zu schließen. Die Wandlungen einiger Charaktere sind im Groben vollzogen. Eine Zeitlang steht Celia sogar im Mittelpunkt, da Luxeon sie nicht allein lassen will. So wird Abwechslung geschaffen und eine Beziehung zwischen den Charakteren wird geknüpft bzw. verstärkt. Wenn man all diese Emotionen gut transportiert, dann hat man schon sehr gute Voraussetzungen, den Spieler weiterhin gebannt zu halten. Ich komme jetzt mal kurz auf einige Dinge zu sprechen, die unbedingt zu beachten sind, da sie oft falsch gemacht werden:
~ Lasst die Charaktere logisch erscheinen ~
Überstürzt nichts. Denkt über die Handlungen und Gefühle eurer Charaktere nach. Sie müssen unbedingt logisch und nachvollziehbar erscheinen oder zumindest Ursprünge haben, sodass der Spieler sich identifizieren kann und die Charaktere versteht. Es ist schwer, das wirklich gut zu machen, da es eine Menge Übung und vergleich erfordert, also denkt bloß nicht, dass man das schon beim ersten oder zweiten Mal perfekt hinbekommen kann.
~ Arbeitet gründlich, lasst die Charaktere kontinuierlich anwesend sein ~
Es mag in den meisten Spielen sich auch mal Stellen geben, an denen das Spielen oder Kämpfen an erster Stelle steht. Ich kann das auch vollkommen verstehen, doch leider ist es häufig so, dass Charaktere in solchem Momenten vernachlässigt werden und außer Handlungen im Kampf nichts wirklich tun. Man sollte den Spieler trotzdem, auch innerhalb eines Gameplay-orientierten Gebietes, oft in die Gedanken des Charakters (oder der Charaktere) einweihen, denn nichts ist schlimmer, als eine oberflächliche Geschichte. Es macht sich auch nicht gut, wenn die eigentliche Geschichte toll ausgeführt ist, sie aber an manchen Stellen vollkommen vernachlässigt wird. Aus diesem Grund behaltet dies bitte immer im Hinterkopf.
~ NPC-Gespräche sollen nicht langweilig sind ~
Tja, das sind sie aber fast immer. Wieso ist dieses Klischee so weit verbreitet, dass, wenn man Leute anspricht, der Hauptcharakter nichts sagt? Es ist doch nicht normal, dass du dich zu einem Menschen auf der Straße drehst, ihn etwas Belangloses sagen lässt, und dann ohne ein Wort weitergehst. Macht das bloß nicht! Das ist in fast allen Spielen so, aber es wirkt unreal. Lasst die Charaktere stattdessen, wie in Wirklichkeit, mit den NPCs reden. das ist zwar mehr Arbeit, lässt das Spiel aber wesentlich lebendiger erscheinen und gibt den Charakteren eine viel gefestigtere Seele.
~ Die Gefühle der Charaktere stehen an erster Stelle! ~
Und das müsst ihr auch zeigen. Hinterfragt das Handeln eurer Protagonisten so weit wie möglich. Stellt euch vor, wie ihr in so einer Lage gehandelt hättet. Noch wichtiger ist es, dass die Gefühle der Charaktere auch permanent direkten Einfluss haben. Ihr müsst nicht in einem Dialog vorkommen lassen „Ich bin traurig…“, wenn die Mutter eines Charakters gestorben ist, macht das bloß nicht. Viel eleganter ist die Varianter, die Menschlichkeit des Spielers zu fordern, und ihn an Hand von Handlungen erkennen zu lassen, was ein Charakter fühlt, warum er so fühlt und was er wohl denkt. Ihr müsst nicht alles bis ins kleinste Detail beschreiben, das wäre sowieso nicht gut. Stattdessen ist es viel einfacher und auch besser, wenn die Emotionen irgendwann schlüssig und die Handlungen nachvollziehbar sind, ohne dass man noch tausend Gründe nennt. Hat sich erst einmal ein guter Charakter gebildet, denn ist es nicht mehr nötig, ihn auf banale Weise zu beschreiben.
Alle diese Punkte sind für die Charakterentwicklung noch lange nicht genug, besonders nicht, wenn diese auf lange Zeit interessant aufrecht erhalten werden soll. Ich kann euch noch viel Rat mit auf den Weg geben: vermeidet Klischees, wenn ihr sie nicht innovativ umsetzen könnt, fesselt das Interesse des Spielers durch anfangs offene Fragen, ... – aber solche Sachen werden euch letztendlich auch nicht weiterhelfen, gute Charaktere zu machen, da sie euch lediglich in eurem Spielraum eingrenzen, aber nicht sagen, wie ihr es besser machen sollt. Ich sage euch deshalb nur noch, dass euch selbst eure Charaktere gefallen und perfekt zufriedenstellen müssen. Ist dem nicht so, macht so lange weiter, bis euch alles gefällt. Gebt euch nicht vorher zufrieden, teilt Anderen eure Gedanken mit und fragt sie, was sie davon halten um auf eventuelle Kritikpunkte aufmerksam gemacht zu werden, die eich nicht aufgefallen sind. Ein Mensch ist blind, zwei Menschen nicht mehr ganz und je mehr kritische Zuhörer oder Spieler ihr findet, desto besser.
IV – Der Geschichtsverlauf
In einem klassischen oder auch nichtklassischen Rollenspiel sind Charaktere natürlich nicht alles und die Geschichte ist auch ein sehr wichtiger Punkt. Sie ist wohl auch der Teil am Spiel, der am schwersten zu planen ist, wenn man die Sache gut machen will.
Warum? Da es extrem lange dauert, eine gute Geschichte zu entwickeln, wenn man sogenannte Lückenfüller vermeiden will und wirklich eine komplette, durch und durch gute Geschichte zu erfinden. Man wird ständig etwas ändern wollen, da einem manche Dinge nicht gut genug erscheinen oder man eine neue geniale Idee hat, die man unbedingt einbringen möchte. Bis man zu einem Ergebnis gekommen ist, dauert es einige Zeit. Die Planung sollte am besten auch nicht am Computer erfolgen – ich jedenfalls habe die Erfahrung gemacht, kreativere und konzentriertere Gedanken zu entwickeln, wenn ich nicht abgelenkt werde. Mit einem Stift und einem Zettel kann man sich dann Notizen machen oder sich einfach alles merken – wenn es wichtig war, wird es nicht vergessen.
Das Schwerste daran ist wohl, das Grundgerüst – wenn man es hat – zu füllen. In unserem Beispiel haben wir nun schon einige festgelegte Punkte, doch die reichen natürlich noch nicht, wenn man annähernd die Länge einer gewöhnlichen Geschichte erreichen will. Darum sollte es auch gar nicht gehen – eine Geschichte sollte nicht unnötig in die Länge gezogen werden. Aber der Spieler braucht Zeit, um die Charaktere wirklich kennenzulernen, und das kann nicht in vier Schlüsselszenen passieren. Diese würden dann auch kaum Effekt haben, da die Charaktere nur wenig bedeuten würde. Viel eher fühlt mit einem Protagonisten mit, den man stundenlang (oder in der Geschichte wochen- oder monatelang) begleitet hat.
Habt ihr Probleme, eure Geschichte im Kopf oder auf Papier zu einem Ende zu bringen, dann ist das völlig normal. Man kann nicht alle guten Ideen auf die Schnelle aus sich herauspressen. Sobald ihr das Grundgerüst habt – und den Anfangspunkte – schadet es nicht, mit der Arbeit an dem Spiel zu beginnen, denn neue Ideen werden kommen, wenn ihr euch mit eurer Geschichte beschäftigt. Fangt aber nichts an, von dem ihr noch nicht wisst, was es werden soll.
Ich selbst will jetzt nicht das ganze Grundgerüst der Geschichte auffüllen, das würde sowieso zu lange dauern, aber ich kann versuchen, zu erklären, wie man sowas am besten macht (obwohl es jedem selbst überlassen sein sollte) und was man dabei beachten muss.
1) Lasst euch Zeit. Eine gute Geschichte kann nicht an einem Tag, in einer Woche oder sogar in einem Monat entstehen. Planung braucht Zeit. Wird zwanghaft eine Geschichte ausgedacht, geht die Qualität oder der Charme verloren und Lückenfüller entstehen zwangsläufig.
2) Fragt euch immer, ob euch die Geschichte auch wirklich fesseln würde. Es bringt zwar ordentlich Spielzeit dazu, wenn man den Bösewicht durch fünf Gebiete verfolgen muss, nur damit er nochmal entkommt und das gleiche Spiel von vorne beginnt, aber wirklich spannend findet sowas doch nicht jeder. Viele würden es sogar als langweilig und einfallslos bezeichnen – abhängig davon, wie es umgesetzt ist. Extrem wichtig ist also, dass euch – wie auch bei den Charakteren – alles von vorne bis hinten gefällt. Ihr seid Herr über die Geschichte und ihr lenkt sie, also seid euch eurer Verantwortung bewusst und liefert kein vorschneller Ergebnis ab. Ich bin mir sicher, dass die meisten von euch sich noch an ihre ersten Versuche an ein ernsthaftes Spiel zurückerinnern. Erfahrung und Erkenntnis ist auch hier wichtig. Trotzdem hilft es euch, wenn ihr dies beachtet.
3) Lasst die Geschichte niemals allein stehen. Das dürfte eigentlich schon in Kapitel II gut rübergekommen sein, aber ich will trotzdem nochmal verdeutlichen, wie wichtig es ist. Der beste Effekt kann nur erzielt werden, wenn alle Faktoren im Einklang wirken.
4) Scheut euch nicht, auch mal ruhigere Zeiten einzubinden. Die meisten Spieler werden sicherlich nichts dagegen haben, mal eine Zeit lang ruhig und kampflos zu spielen (ich persönlich denke, dass Kämpfe für ein Rollenspiel nicht einmal obligatorisch oder essentiell sind). Das ist auch eine gute Gelegenheit für die Charakterentwicklung. In unserem Beispiel wäre zum Beispiel käme zum Beispiel nach dem Tod von Celias Mutter eine solche Passage.
Es tut wirklich gut, solche Momente zu durchspielen, wenn sie wirklich gut umgesetzt worden sind.
5) Macht die Geschichte undurchsichtig. Wenn man zu viel voraussehen kann, kann eine Geschichte schnell langweilig werden. Vermeidet also sowas, so es denn nicht dem Zweck der Story dient. Bedenkt aber auch die Kehrseite der Münze: Wenn ihr Wendungen einbringt, so sollen sie nicht gezwungen wirken. Von daher macht euch vorher darüber Gedanken oder lasst es ganz sein.
6) Solltet ihr abgenutzte Klischees benutzen, seid euch darüber im Klaren, dass sie viele Spieler abschrecken könnten. 08/15-Geschichten sind nicht jedermanns Sache. Verpackt ihr solche Klischees aber gut, können sie sich als sehr positiv darstellen. Liebevoll umgesetzt werden sich die wenigsten Spieler darüber aufregen – viel mehr wird man es als positiv empfinden. Abgrenzen könnt ihr euch von anderen bestehenden Geschichten, indem ihr – was nach einiger Zeit automatisch passieren sollte – eurem Spiel eine eigene Atmosphäre verleiht. Verbindet ihr alles gut miteinander – sowohl einige Ideen, als auch andere Einflüsse –, sollte eine solche Atmosphäre schnell geschaffen sein.
7) Lasst eure Welt logisch erscheinen. Eine goldene Regel von mir: Ihr habt unendliche Freiheit beim erfinden einer Welt, aber in sich muss diese logisch sein. Sie muss nicht alle Naturgesetze etc. unserer Welt teilen, aber sie muss sich an ihre eigene Regeln halten. Beispielsweise wäre es seltsam, wenn man im Kampf zaubern könnte, obwohl in der Welt offensichtlich keine Magie existent ist und die Bewohner nicht an sie glauben. Verliert eine Geschichte an Glaubwürdigkeit, erzielt sie einen wesentlich geringeren Effekt. Seid hier also bitte sorgfältig ;).
Eine Moral/Botschaft im Spiel
Ein anderer wichtiger Punkt ist die übermitteln einer Moral oder einer Botschaft durch die Geschichte. Wollt ihr einen interpretativen, bleibenden Effekt hinterlassen, dann müsst ihr das vorher planen und besonders planen, wie ihr das anstellen wollt. Das Ende spielt hierbei eine zentrale Rolle. Es sollte nicht ganz offen sein, aber keinesfalls dürfen alle Fragen bei einem Durchschnittsspieler sofort beantwortet sein. Lasst Dinge unklar oder mehrdeutig erscheinen, verschleiert eure eigene Absicht durch ein Labyrinth, in dem Hinweise, Andeutungen und Teile der Geschichte den Weg weisen.
Eine tiefgründige Geschichte
…ist in meinen Augen ein ausgezeichnetes Objekt für ein Rollenspiel, doch gewaltig viel schwerer als eine normale Geschichte zu planen und umzusetzen. Tiefgründige Charaktere entstehen nicht auf die schnelle und bei der Geschichte ist das noch schwieriger. Eine interessante Technik ist es, an bestimmten Stellen des Spiels Fragen offen zu lassen (was übrigens in keiner Geschichte fehlen sollte), und diese an späteren Stellen zu beantworten. Dabei muss alles nicht immer ganz aufgelöst sein: Lasst den Spieler denken. Er soll auf Grundlage der Geschichte schließen, wie etwas gemeint ist oder was gerade passiert ist.
Wenn ihr Geheimnisse auflöst, die eine gewichtige Rolle für die Geschichte spielen und dem Spieler die ganze Zeit ein Fragezeichen über dem Kopf erscheinen lassen haben, macht dies in einem Schlüsselmoment, in dem (fast) alles geklärt wird. So sind die Zusammenhänge deutlicher ersichtbar und ein Aha-Effekt entsteht. Wenn so etwas in kleinen Brocken erfolgt, dann denkt der Spieler zwar mehr mit, aber es ist verhängnisvoll, wenn er das Interesse verliert, da ihn der Rest dann nur verwirrt. Tut dies nur, wenn ihr euch sicher seid, das so gut durchdacht zu haben, dass ein solches Risiko fast wegfällt.
Eine Liebe in der Geschichte
…kann das ganze Spiel ruinieren oder extrem verbessern. Seid euch dessen im Klaren und setzt sowas nicht mal eben um. Hier wird er dem Spieler nicht egal sein, sondern er wird es entweder total schrecklich oder sehr gut finden (oder beides). Bei der genauen Umsetzung kann ich euch leider nicht helfen, aber es sollte gründlich vorbereitet sein, nicht lieblos, sondern mit ganzem Herzen. Lasst es am besten zu einem Kern der Beziehung zwischen zwei Charakteren werden, die nicht plötzlich entstanden ist (aber auch vorher unbemerkt sein kann) und auch danach noch Bedeutungen hat. Vermeidet es außerdem, übermäßig kitschig zu werden. Nur gut gewählte Worte vermögen sowas gut umzusetzen. Abhängig vom Charakter der Protagonisten müsste ihr euch in solchen Szenen manchmal auch mehr auf Handlungen und Hintergrundeffekte (z.B. Musik) verlassen, als auf die Dialoge, wobei diese jedoch auch und besonders hier im Vordergrund stehen sollten.
Wie ihr sowas umsetzt oder ob ihr das tun, das bleibt letztendlich euch überlassen.
Eine Wendung in der Geschichte
Habe ich oben schon mal kurz angestochen und will ich jetzt näher erklären. Um eine Geschichte nicht durchschaubar zu machen, ist es gut, eine Wendung einzubringen. Diese sollte, wenn sie von schwerwiegender Bedeutung sind, nur einmal eine zentrale Rolle spielen. In unserem Beispiel ist die Wendung der Punkt, an dem unser Hauptcharakter den Menschen tötet, der als scheinbar einzige Person den Planeten zu retten imstande war. „Wie soll es weitergehen?“, soll sich der Spieler fragen. Auch muss eine solche Wendung gravierende Wirkungen auf die Charaktere haben.
Eine Wendung kann vielerlei Natur sein: Verrat, etwas extrem Unerwartetes (zum Beispiel das sich nach dem Tod einer Charakters eine ganze andere Natur offenbart), eine starke Änderung im Leben eines Charakters, unvorhergesehene Einwirkung durch einen neuen, bisher wenig bekannten oder unbekannten Faktor, Offenbarung einer Person, Irrtum auf beiden/allen Seiten, ...
Auch hier habt ihr wieder viel Spielraum, aber passt auf, dass solche Wendungen auch wirklich welche sind. Gibt es davon zehn im Spiel, so hat der Spieler auch nicht immer Lust, weiterzuspielen.
Tod eines Freundes/Charakters
Wollt ihr einen wichtigen Charakter sterben lassen, macht seinen Tod tragisch, eindrucksvoll und unvergesslich. Musikalische Unterstützung muss hier ganz groß geschrieben sein. Der Charakter sollte, wenn ein solcher Effekt erzielt werden will, schon lange bekannt sein. Wen man nicht kennt, um den trauert man für gewöhnlich nicht sehr.
In meinen Augen kann die schönste und schrecklichste Szene in einer Geschichte der Tod einer Person sein. Zum Einen schrecklich, weil man eine Person verloren hat, die man sehr mochte (oder auch nicht, vielleicht auch erst ab dann mag), zum Anderen schön, da solche Momente auch noch nach dem Spielen ihre Wirkung nicht verlieren. Auch nach der Geschichte kann man noch über einen toten Charakter „trauern“.
Ob ihr den Charakter die ganze Geschichte über zu einer tragischen Person macht, zu einem Helden, der sich opfert oder zu jemandem, der ganz einfach ermordet wurde, liegt an euch. Es ist nicht nötig, aber dennoch für einen gesteigerten Effekt gut, wenn ihr euch besonders in unmittelbarer Zeit vor dem Tod der Charakterisierung der Person gewidmet habt, ggf. auch ihrer Vergangenheit oder ihren Gedanken, falls diese nicht schon vorher eine große Rolle gespielt haben.
Auch nach dem Tod einer Person kann sie noch geheimnisvoll sein und sie bleibt am besten in Erinnerung, wenn sie trotzdem noch bewegend für die Geschichte ist (nicht unbedingt als Toter, sondern durch frühere Handlungen oder Geheimnisse).
Zahllose andere wichtige Muster oder Momente in einer Geschichte mag es geben, doch sie alle zu schreiben würde zu viel Platz in diesem schon ohne hin recht langen Tutorial ein. Habt ihr alles gelesen, sollte euch klar sein, dass ihr solche wichtigen Dinge vorher genau planen müsste, sonst scheitert es an der Umsetzung. Meistens – vielleicht sogar immer – sind Schlüsselmomente dieser Art schon im Grundgerüst geplant, denn oft Plant man die zentralen Dinge zuerst bzw. sie fallen einem zuerst ein. Kommen wir auf zwei andere Dinge zu sprechen, die dieses Thema dann auch abschließen werden.
Beginn des Spiels
Um den Spieler zum weiterspielen zu animieren und auch weniger Motivierte anzulocken, investiert viel Zeit und Mühe in eure ersten Spielminuten und legt etwas wirklich Beeindruckendes hin. Das kann ein Prolog sein, der gut umgesetzt ist, eine Aneinanderreihung von vielen Spielausschnitten wie etwa bei einer Serie oder einem Anime üblich, sogar ein Epilog oder eine Stelle Mitten im Spiel. Wenn der Spieler nichts versteht, ist das nicht weiter schlimm, insofern er trotzdem beeindruckt ist. Ein begeisternder Anfang ist optimales Werbematerieal und auch gut zum Vorzeigen. ;-)
Ende des Spiels
Wahrscheinlich noch wichtiger als der Beginn (Opening/Intro/Normaler Anfang/ ...), denn das Ending wird bei vielen Spielern sicherlich der letzte sein, was sie im nächster Zeit von dem Spiel sehen. Macht es also schön eindrucksvoll und am besten individuell. Es gibt so viele Möglichkeiten, das Ending zu gestalten. Abhängig von der Story könnt ihr es auch en wenig offen halten oder ganz anders nochmal die Welt und das Leben der Charaktere nach einiger Zeit zeigen, vielleicht aus der Sicht einer Person. Ihr könnt euch auch auf das Schicksal eines Charakters beschränken oder während der Credits zeigen, was nach der Geschichte noch passiert.
Ich bin der Meinung, dass bei vielen Spielen das Ende einer der besten Teile ist. Ein würdiges Finale schaffen sehr viele Spiele und dennoch ist es schwer umzusetzen. Wie ihr das macht, will ich euch auch nicht vorschreiben, aber es wäre schade, wenn eine tolle Geschichte nicht auch einen wundervollen Abschluss bekäme, oder? Happy End oder nicht…
Ich habe euch nicht viel über die Geschichte gesagt, verglichen mit dem, was ihr wisst oder wissen werdet, wenn ihr einmal ernsthaft und lange an einer Geschichte gesessen habt oder andere Geschichte mitverfolgt. All diese Sachen wurden jedoch schon öfters in Tutorials behandelt. Der nächste und letzte Abschnitt wird sich mit der Umsetzung im Maker befinden – oft sehe ich nämlich gute Ideen und Ansätze, die an der Umsetzung scheitern. Das muss nicht sein, und es wäre auch Verschwendung. Im nächsten Kapitel geht es also eher um die Technik, die psychologischen und hintergründigen Einflüsse, Einwirkung von Musik und Ähnlichem, dem Schreiben von Dialogen, dem Verknüpfen von Allem und so weiter.
Der letzte Teil folgt bald.
PS: Ich hoffe ich bin hier im richtigen Bereich.
JA, ES IST VIEL TEXT. Doch der sollte euch nicht abschrecken, denn es erfordert auch viel Zeit und Mühe, sich eine gute Geschichte und nachvollziehbare Charaktere auszudenken und diese gut rüberzubringen. Wer jetzt abbricht zu lesen, den kann ich zwar verstehen, es sollte aber trotzdem gesagt sein, dass es Dinge beim Makern gibt, die sowohl Zeit als auch geistige Kraft kosten und nicht immer Spaß machen. Trotzdem will man irgendwann ein gutes Gesamtwerk präsentieren können, oder? ;)
Einleitung
Worum wird es in diesem Tutorial gehen?
Das ist nicht leicht mit wenigen Worten zu beschreiben, aber ich werde es mal versuchen.
Dieses umfangreiche Tutorial soll alle Aspekte einer guten Geschichte behandeln und noch viel mehr – ebenso wichtig ist es, die Gefühle auch adäquat zu übertragen, woran die meisten Spiele scheitern. Ich werde ebenfalls versuchen, euch die Wichtigkeit verschiedener Faktoren klarzumachen und ein wenig auf psychologischer Ebene analysieren. Bevor ich anfange, will ich jedoch noch einige zentrale Worte an euch richten:
Ich bin nicht perfekt und ebenso wenig dieses Tutorial. Lediglich bin ich imstande, meine Vorstellungen zu vermitteln und ich erwarte weder, dass ich alles nachvollziehen könnt, noch verlange ich es. Obwohl viele Dinge auch auf die Allgemeinheit zutreffen, ist es dennoch unvermeidbar mein Blickwinkel.
Es reicht nicht, allein zu lesen, wie man etwas gut macht. Um eine gute Geschichte auszudenken und zu übertragen braucht man Erfahrung, Vorbilder, Motivation und besonders Inspiration. Ein Tutorial mag eine kleine Hilfe sein, aber es macht euch nicht zu einem Meister – ich bin auch keiner.
Auch wenn ihr meint, hier keine Hilfe zu benötigen (was ich auch nicht anzweifeln will), ist es doch gut, wenn ihr das Tutorial oder Teile davon lest, denn vielleicht stoßt ihr so auf Dinge, die euch noch nicht aufgefallen sind.
Warum ein Tutorial für so ein großes Thema und nicht mehrere?
Weil eins alleine nichts ist – nur wenn alle Faktoren arbeiten, erfüllt das Gesamtwerk seinen Zweck.
Sollten während ihr lest Fragen aufkommen, werden diese eventuell in späteren Abschnitten beantwortet. Sollte dies dennoch nicht der Fall sein, fragt einfach nach.
I – Das Konzept
Wie beginnt man, wenn man noch keine konkreten Gedanken hat? Wie erstellt man ein Grundkonstrukt, auf das die Geschichte und die Charaktere aufbauen?
Sammelt Gedanken. Schreibt, wenn ihr glaubt, etwas Gutes gefunden zu haben, eure Ideen auf. Wenn euch keine guten Ideen kommen, denkt an Dinge, die euch inspirieren. Wenn Final Fantasy VII eine geniale Story hat, warum nehmen wir es dann nicht als eine Inspiration? Wenn euch die Geschichte eines Buches gefesselt hat, warum zeigt ihr es dann nicht einfach in eurem Spiel? Sucht auch nach vergessenen Ideen, die ihr schon mal unbedingt umsetzen wolltet. Der Spielraum hier ist wirklich groß, denn ob Anime, Musik, Spiel, Roman, Film, philosophische Gedanken oder was auch immer: Euch sind keine Grenzen gesetzt. Damit meine ich keinesfalls, dass ihr euch Geschichten klauen sollt, sondern lediglich, dass ihr Inspiration mit eigenen Ideen vermischen sollt, um so etwas Individuelles zu schaffen. Und noch eine wichtige Frage: Was wollt ihr eigentlich vermitteln? Soll ein Charakter im Mittelpunkt stehen oder mehrere? Soll das Spiel eine Botschaft oder eine Moral vermitteln oder vielleicht philosophische Hintergründe haben, interpretierbar sein oder Ähnliches? Erst mal geht es darum, was ihr wollt. Wie ihr das macht, ist erst mal unwichtig.
Wenn ihr meint, ausreichend Grundgedanken gesammelt zu haben, beginnt damit, Zusammenhänge zu knüpfen. Beginnt am besten mit dem Hauptcharakter (oder den Hauptcharakteren), denn das ist wohl der wichtigste Punkt in einer Geschichte. Denkt euch ein Szenario, etwa eine Anfangsszene aus – dies kann auch ein Prolog fernab vom eigentlichen Anfang sein, denn das kann Interesse und Spannung aufbauen. In diesem Beispiel werde ich jedoch einen normalen Spielanfang behandeln.
Folgende Fragen sollten in eurem Kopf schon beantwortet sein:
– Wer ist der Hauptcharakter? Wie soll er in etwa charakterlich sein (Anfangsgedanken müssen hier natürlich noch nicht konkret sein)?
– Wo beginnt das Spiel?
– In was für einer Situation ist der Charakter?
– Welche Rolle (grob) soll er für die Geschichte haben?
– Inwiefern hat die eigentliche Geschichte schon angefangen?
So könnten die Grundgedanken aussehen:
Der Hauptcharakter weiß nicht, wo genau er sich befindet. Seine Erinnerungen sind verschleiert und er weiß nur, was sein Ziel ist. Er hat eine Szene deutlich vor Augen, nämlich seinen sterbenden Großvater, der gestorben ist, da sein Dorf von einem Unbekannten abgebrannt wurden. (Ein schönes Klischee, nicht wahr? Aber das ändert sich noch.)
Der Protagonist, nennen wir ihn Luxeon, sitzt allein in einem dunklen Wald am Lagerfeuer und denkt nach. Er versucht, den Nebel in seinen Gedanken ein wenig zu lichten und fängt mit seinen Anhaltpunkt an: Das letzte, woran er sich erinnern kann, seit sein Großvater gestorben war, war, dass er am Strand lag und nicht wusste, wo er sich befand. Außerdem muss er planen, wie er weiter vorgehen wird. Dabei interpretiert er aus seiner Situation, wo er sein könnte und wie er am besten sein Ziel erreichen könnte. Erst einmal will er in der nächsten zivilisieren Gegend an mehr Informationen kommen.
Lassen wir den Standardkram hinter uns und lassen die Sache etwas interessanter werden…
Luxeon weiß nicht, dass all seine Erinnerungen ich Wirklichkeit gar nicht echt sind. Das Mysterium seiner Vergangenheit ist nur erdacht; etwas, das er sich selbst vorgaukelt, weil er nicht mehr mit seiner Vergangenheit leben konnte. Im Laufe der Geschichte merkt er, dass einige seiner Erinnerungen nicht stimmen können und aus diesem Grund wird seine Schizophrenie deutlich: In einer bestimmten Situation ist er plötzlich eine völlig andere Person. Eine Person, die kurz vor dem Wahnsinn steht wegen ihrer Vergangenheit.
Im Laufe der Geschichte verändert sich das aber, denn langsam beginnt Luxeons ursprüngliches Ich die Ereignisse zu verkraften. Seine durch seine Fantasie entstandene Persönlichkeit jedoch nicht. So entsteht ein Kampf zwischen seinen zwei Persönlichkeiten, der sehr lange andauert und auch verheerende Folgen mit sich zieht.
Verwirrend, oder? Sämtliche Nebengedanken habe ich jetzt erst mal weggelassen. Nun kommen wir zur Geschichte, den bisher spielte sich alles eigentlich nur auf charakterlicher Ebene ab.
Der Unbekannte, den Luxeon sucht, hat eine Schlüsselrolle inne. Er hat die Gefahr erkennt, in der die Welt ist und obwohl er Luxeon weder je gesehen hat, noch mit ihm etwas zutun hat, wird er von diesem verfolgt. Der angebliche Antagonist ist die Person, die die Welt retten könnte. Das ursprüngliche Ich unseres Hauptcharakters erkennt dies auch, aber seine Fantasiepersönlichkeit wehrt sich weiter vehement gegen die Wahrheit. So ist Luxeon in Wahrheit mehr Antagonist als Protagonist und schadet der Welt mehr als er ihr Gutes tut. Ebenfalls ist sein innerer Kampf gegen sich selbst auch ein Kampf gegen die Zeit, denn er muss es schaffen, sich selbst wirklich wiederzufinden und sich auf eine Persönlichkeit zu einigen, bevor er etwas Schlimmes anrichtet. Das ist aber sehr schwer, denn seine Fantasieseite verschließt sich gegen alle Gedanken solcher Art. Sie erkennt erst die vollständige Wahrheit, wenn es zu spät ist…
So oder anders könnten Grundgedanken aussehen, die schon ein wenig konkreter sind. Es handelt sich hierbei nicht um etwas, das ich mal eben hingeschrieben habe, sondern Grundgedanken, die ich wirklich hatte. Einfluss darin haben auch verschiedene Inspirationsquellen gefunden, bewusst oder unbewusst. Und ihr versteht wahrscheinlich nicht alles ganz genau, da ich selbst noch zu wenig weiß, um das ganze Drumherum zu beschreiben.
Jetzt haben wir aber ein Konzept, eine Grundgeschichte (zugegeben: die eigentliche Geschichte hat noch kaum Boden, aber dem Hauptcharakter haben wir einen halbwegs interessante Anfang gegeben), und darauf können wir aufbauen. Die nächsten Punkte, die wir uns vornehmen sollten, sind andere Charaktere und eine ausgearbeitetere Geschichte. Das obere Beispiel reich aber aus, um zu zeigen, wie ich mir das gedacht habe. Sammel wieder Gedanken, verwerft sie wieder, wenn sie euch auf irgendeine Weise nicht zufrieden stellt, seid euer eigener kritischer Prüfer und achtet darauf, dass die groben Gedanken logisch verknüpfbar sind und die Charaktere nachvollziehbar handeln. Mehr dazu in späteren Teilen des Tutorials.
II – Charaktere und die Geschichte
Vorweg: Man spricht immer von tollen Storys in Spielen, aber ohne Charaktere, die Emotionen transportieren, ist eine noch so gute Geschichte wertlos. Charaktere allein vermögen es zwar auch zu überzeugen, aber wenn beide zusammenwirken ergibt sich daraus das beste Ergebnisse – meiner Meinung nach. Also stellt die Charaktere über die Geschichte bis ihr sie sinnvoll eingearbeitet habt – was ihr auf was abstimmt, bleibt euch überlassen. Wichtig ist jedoch, dass im Endergebnis alles eine Einheit ist.
Okay, angenommen wir haben nun Grundgedanken zu der Geschichte und auch welche zu den Charakteren – wie vereinen wir diese denn nun?
Die eigentliche Vorgehensweise unterscheidet sich von der obigen gar nicht so viel. In unserem Beispiel haben wir einen Hauptcharakter, der eine wichtige Position in der Geschichte einnimmt. Wir könnten nun beispielsweise einen weibliche Charakter einbringen, der irgendwann durch den Hauptcharakter an Wichtigkeit gewinnt. Wenn etwas Einfluss auf wichtige Elemente der Geschichte hat, ist es selber wichtig für diese.
Um ein grobes Beispiel zu liefern, sage ich einfach mal, dass unser zweiter Hauptcharakter – nennen wir sie Celia – den Hauptcharakter in der Stadt trifft, in der er sich Informationen besorgen will. Sie informiert ihn über die Lage, beantwortet seine Fragen und erkundigt sich auch über ihn. Schließlich muss eine geistig so seltsame Person Neugier erregen. Während Luxeon sich noch versucht zurechtzufinden und etwas in der Stadt bleibt, wird Celia eine Art Mentorperson für ihn. Sie kommen sich ein wenig näher. Da sie selbst aber fort muss – zurück zu ihren Eltern in einem entfernten Dorf –, und Luxeon nicht weiß, wie er seine Person findet (da er auch fast nichts über sie weiß), entschließt er sich, mit ihr zu gehen. So beginnt eine neue Reise und eine neue Freundschaft.
Unser nächster Charakter soll von vornherein eine wichtige Rolle in der Geschichte haben und dennoch in direkter Verbindung mit Luxeon stehen. Er ist ein alter Mann mit dem Odin [...] und weiß als einer der wenigen sehr gut über die Lage Bescheid, in der sich die Welt befindet. Dass er Luxeon trifft, ist kein purer Zufall, auch wenn es so scheint. Denn in Wirklichkeit wurde er von der Person geschickt, die Luxoon so vehement verfolgt (d.h. Luxeon verfolgt die Person). Odin ist alt und weise und geschickt im Umgang mit Menschen. Der Verfolgte, Yggdra, weiß inzwischen, dass er verfolgt wird und erfuhr auch in einer Situation, in denen er und Luxeon sich gegenüberstanden, dass letzterer nicht böse oder so ist, sondern vielmehr die Situation missversteht und gar nicht er selbst ist. Odin hat die Aufgabe, Luxeon zu helfen, sich selbst wiederzufinden und kooperiert auch mit seinem ursprünglichen Ich wenn es mal möglich ist, was nicht allzu oft der Fall ist.
Leider ist die Zeit bereits jetzt sehr knapp und Yggdra steht kurz vor seinem Ziel, wird jedoch von Luxeon verfolgt, der ihn umbringen will. Odin ist weder Kämpfer noch könnte er jemanden ernsthaft verletzen und deshalb versucht er mehr, zur Psyche Luxeons vorzudringen – mit allen Mitteln, denn die Zeit ist knapp. Celia erfährt von ihm alles und spielt auch eine entscheidende Rolle in allem.
Jetzt kommen wir zur Geschichte zurück: Wir haben ein sehr grobes Gerüst; nicht genug, um damit etwas anzufangen. Fest steht, dass die Welt in großer Gefahr ist. Warum?
Eine Kraft im Inneren des Planeten frisst diesen langsam von innen aus und eine schlimme Wendung steht kurz bevor. Was ist das für eine Kraft?
Es handelt sich hierbei um Seelen aller gestorbenen Wesen. Sie gehen alle in etwas ein, das dem Planeten das Leben ermöglicht – etwas, das auch der Ursprung des Lebens ist. Doch diese Kraft gerät aus den Fugen, da der Kreislauf von Leben und Tod sich in letzter Zeit so drastisch geändert hat. Die Kraft droht den Planeten zu zerstören, indem sie aus ihm hinausdringen will, was das Ende von allem wäre.
Was will Yggdra dagegen tun? Warum kann nur er das tun?
Yggdra ist ein Student der Alchemie. Vor Jahren ist er auf Wissen in diesem Bereich gestoßen, das er immer mehr vertieft hat. Dieses Wissen ist nicht weit verbreitet, da es ebenso gefährlich wie nützlich sein kann und leicht zu Missbrauch oder Zerstörung führen könnte. Yggdra besitzt des weiteren eine Kraft, die niemand anderes hat: Er kann mit den Seelen oder der geheimen Kraft kommunizieren oder könnte es jedenfalls, wenn sie nicht so aufgebracht wäre. Aus diesem Grund versucht Yggdra zur sagenumwobenen Achse der Welt zu kommen, der Punkte, an dem er sicherlich erhört würde und wo er alles verändern kann.
Bisher haben wir außer Luxeon noch keinen richtigen Antagonisten. Der Großteil der Welt spielt auch noch keine Rolle. Dies wird sich bis zum zentralen Hauptwendepunkt auch nicht ändern. Wie wird alles ausgehen?
Odin und Celia schaffen es nicht, Luxeon zu „bekehren“, ebenso wenig wie er selbst. Es ist schon zu spät als er die Wahrheit erkennt. Diese Erkenntnis kommt erst, nachdem er Yggdra getötet hat. Dies ist unser Wendepunkt.
Ich könnte noch ein wenig weitererzählen, aber das reicht vorerst um zeigen, wie sich solche Gedankengänge entwickeln. Vieles davon waren jetzt keine Ideen, die ich schon lange hatte. Wie ihr sicherlich bemerkt habt, hat sich ein Boden unter den Charakteren gebildet. Eine Welt ist entstanden, auf der sie wandeln und ein durchdachteres Konzept für die Geschichte ist zu einem gewissen Punkt erreicht. Wir haben zwar noch nicht alles verknüpft (und das werde ich auch nicht an Hand von Beispielen tun, da es zu lang werden würde), aber wird haben Anhaltspunkte, an denen wir uns orientieren. Und wir sind einen großen Schritt weiter: Nun sind Charaktere und Geschichte zu einer Einheit geworden. Wenn ich der Verknüpfung von beidem schon ein Kapitel gewidmet habe – weil sie sehr wichtig ist, obwohl meistens gut umgesetzt – erhalten auch Charaktere und Story je ein Kapitel, in denen alles ausführlicher behandelt wird. Unter Anderem werden da auch sogenannte Lückenfüller behandelt, die unbedingt zu vermeiden sind.
III – Entwicklung und Gestaltung der Charaktere
Nun gut, wir haben nun schon einiges feststehen und gute Grundlagen, auf die wir aufbauen können. Um ein wirklich überzeugendes Spiel zu liefern, müssen wir uns allerdings noch einige Zeit mit den Charakteren beschäftigen. Nochmal zur Erinnerung: Eine Story ist wertlos ohne gute Charaktere, die diese transportieren.
Wir haben uns auch schon Gedanken zu den einzelnen Charakteren gemacht, unter Anderem auch grob, wie sie so sind und welche Rolle sie innehaben. Jetzt wollen wir uns aber besonders der Charakterisierung und Charakterentwicklung leben. Da die Protagonisten in sehr extremen Situationen sind – nicht nur emotional –, muss sich das auch zwangsläufig auf sie auswirken. Sie haben Gedanken und Gefühle. Man versteht unter Charakterisierung das Einhauchen einer Seele in einen Charakter. Unsere Protagonisten (und Antagonisten) müssen lebendig und auch nachvollziehbar erscheinen. Sie müssen sich auch im Lauf der Geschichte verändern, denn sie gelangen immer an neue Erkenntnisse und viele verändernde Dinge passieren. Als Beispiel nehmen wir mal wieder Luxeon.
Obgleich es bereits indirekt gesagt wurde, verändert sich sein „erfundenes“ Ich nur sehr wenig, obwohl es eigentlich die Hauptperson im Spiel ist. Auf jeden Fall trifft das auf seine Einstellung zu. Wir haben ihn bisher immer als Antagonisten dargestellt, aber das soll so nicht sein. Er soll trotzdem eine sympathische Person sein, menschlich, lebendig, nachvollziehbar. Zu Beginn war er ja sehr ratlos, was sich beim Treffen von Celia ein wenig legt. Nach und nach wird er also sicherer. Im Großen und Ganzen stehen anderen Figuren aber große Änderungen bevor – jedenfalls im Moment. Kommen wir zu seinem „ursprünglichen“ Ich.
Dieses steht am Anfang, wie gesagt, am Rande des Wahnsinns. Es muss einen Grund gegeben haben, warum er sich diese Fantasiewelt geschaffen hat (der fällt unter IV). Wenn er sich selbst bis zur Schizophrenie getrieben hat, muss das ein wirklich traumatisierendes Erlebnis gewesen sein. Aus diesem Grund ist das ursprüngliche Ich (hier ab jetzt erstes Ich genannt) sehr lange ziemlich verzweifelt und depressiv. Der Spieler erfährt über Motive und Vergangenheit des Hauptcharakters.
Im Laufe der Zeit beginnt Luxeons erstes Ich, langsam mit der Situation zurechtzukommen. Er bemerkt auch, was er sich selbst angetan hat und dass er das Problem bekämpfen muss. Doch wie? Genau das ist die Frage, die er sich immer wieder stellt, denn alles was er versucht, will nicht klappen. Er wendet sich auch an andere Charaktere, doch sein zweites Ich will hier niemanden an sich heranlassen.
Auch Celia verändert sich während der Reise mit Luxeon. Nicht nur versucht sie, ihm zu helfen, sondern passiert noch mehr: Sie beginnt, Gefühle für ihn zu entwickeln, obwohl sie es selbst gar nicht wirklich merkt (und Luxeon ebenso wenig). Sie versucht auch, manche unerklärliche Handlungen ihrer selbst zu hinterfragen, doch das bleibt ergebnislos. Sie verändert sich auch in anderer Hinsicht, denn in ihrer Abwesenheit (mehr dazu in IV) ist ihre Mutter gestorben und sie verliert eine Person, die ihr sehr nahe stand. Die sonst so stark wirkende Celia fällt in sich zusammen und es dauert eine Weile, bis sie die Ereignisse verkraften kann. Obwohl ihr Vater noch lebt, vermag er es nicht, ihr zu helfen, darüber hinwegzukommen, da er selbst psychisch ziemlich fertig ist.
In dieser Zeit ist Luxeon für sie da und er ist es auch, der sie langsam wieder aufbaut und ihr wieder halt gibt, ihren Blick von der Vergangenheit abwendet. Obwohl sie schließlich den Tod ihrer Mutter verkraften kann, sind dennoch starke Änderungen an ihrer Persönlichkeit geblieben. Sie ist nun wesentlich weniger willensstark und noch immer emotional sehr brüchig. Natürlich legt sich auch das mit der Zeit, aber die Spuren werden nie ganz verblassen.
Wie man sieht, beginnen sich einige Lücken langsam zu schließen. Die Wandlungen einiger Charaktere sind im Groben vollzogen. Eine Zeitlang steht Celia sogar im Mittelpunkt, da Luxeon sie nicht allein lassen will. So wird Abwechslung geschaffen und eine Beziehung zwischen den Charakteren wird geknüpft bzw. verstärkt. Wenn man all diese Emotionen gut transportiert, dann hat man schon sehr gute Voraussetzungen, den Spieler weiterhin gebannt zu halten. Ich komme jetzt mal kurz auf einige Dinge zu sprechen, die unbedingt zu beachten sind, da sie oft falsch gemacht werden:
~ Lasst die Charaktere logisch erscheinen ~
Überstürzt nichts. Denkt über die Handlungen und Gefühle eurer Charaktere nach. Sie müssen unbedingt logisch und nachvollziehbar erscheinen oder zumindest Ursprünge haben, sodass der Spieler sich identifizieren kann und die Charaktere versteht. Es ist schwer, das wirklich gut zu machen, da es eine Menge Übung und vergleich erfordert, also denkt bloß nicht, dass man das schon beim ersten oder zweiten Mal perfekt hinbekommen kann.
~ Arbeitet gründlich, lasst die Charaktere kontinuierlich anwesend sein ~
Es mag in den meisten Spielen sich auch mal Stellen geben, an denen das Spielen oder Kämpfen an erster Stelle steht. Ich kann das auch vollkommen verstehen, doch leider ist es häufig so, dass Charaktere in solchem Momenten vernachlässigt werden und außer Handlungen im Kampf nichts wirklich tun. Man sollte den Spieler trotzdem, auch innerhalb eines Gameplay-orientierten Gebietes, oft in die Gedanken des Charakters (oder der Charaktere) einweihen, denn nichts ist schlimmer, als eine oberflächliche Geschichte. Es macht sich auch nicht gut, wenn die eigentliche Geschichte toll ausgeführt ist, sie aber an manchen Stellen vollkommen vernachlässigt wird. Aus diesem Grund behaltet dies bitte immer im Hinterkopf.
~ NPC-Gespräche sollen nicht langweilig sind ~
Tja, das sind sie aber fast immer. Wieso ist dieses Klischee so weit verbreitet, dass, wenn man Leute anspricht, der Hauptcharakter nichts sagt? Es ist doch nicht normal, dass du dich zu einem Menschen auf der Straße drehst, ihn etwas Belangloses sagen lässt, und dann ohne ein Wort weitergehst. Macht das bloß nicht! Das ist in fast allen Spielen so, aber es wirkt unreal. Lasst die Charaktere stattdessen, wie in Wirklichkeit, mit den NPCs reden. das ist zwar mehr Arbeit, lässt das Spiel aber wesentlich lebendiger erscheinen und gibt den Charakteren eine viel gefestigtere Seele.
~ Die Gefühle der Charaktere stehen an erster Stelle! ~
Und das müsst ihr auch zeigen. Hinterfragt das Handeln eurer Protagonisten so weit wie möglich. Stellt euch vor, wie ihr in so einer Lage gehandelt hättet. Noch wichtiger ist es, dass die Gefühle der Charaktere auch permanent direkten Einfluss haben. Ihr müsst nicht in einem Dialog vorkommen lassen „Ich bin traurig…“, wenn die Mutter eines Charakters gestorben ist, macht das bloß nicht. Viel eleganter ist die Varianter, die Menschlichkeit des Spielers zu fordern, und ihn an Hand von Handlungen erkennen zu lassen, was ein Charakter fühlt, warum er so fühlt und was er wohl denkt. Ihr müsst nicht alles bis ins kleinste Detail beschreiben, das wäre sowieso nicht gut. Stattdessen ist es viel einfacher und auch besser, wenn die Emotionen irgendwann schlüssig und die Handlungen nachvollziehbar sind, ohne dass man noch tausend Gründe nennt. Hat sich erst einmal ein guter Charakter gebildet, denn ist es nicht mehr nötig, ihn auf banale Weise zu beschreiben.
Alle diese Punkte sind für die Charakterentwicklung noch lange nicht genug, besonders nicht, wenn diese auf lange Zeit interessant aufrecht erhalten werden soll. Ich kann euch noch viel Rat mit auf den Weg geben: vermeidet Klischees, wenn ihr sie nicht innovativ umsetzen könnt, fesselt das Interesse des Spielers durch anfangs offene Fragen, ... – aber solche Sachen werden euch letztendlich auch nicht weiterhelfen, gute Charaktere zu machen, da sie euch lediglich in eurem Spielraum eingrenzen, aber nicht sagen, wie ihr es besser machen sollt. Ich sage euch deshalb nur noch, dass euch selbst eure Charaktere gefallen und perfekt zufriedenstellen müssen. Ist dem nicht so, macht so lange weiter, bis euch alles gefällt. Gebt euch nicht vorher zufrieden, teilt Anderen eure Gedanken mit und fragt sie, was sie davon halten um auf eventuelle Kritikpunkte aufmerksam gemacht zu werden, die eich nicht aufgefallen sind. Ein Mensch ist blind, zwei Menschen nicht mehr ganz und je mehr kritische Zuhörer oder Spieler ihr findet, desto besser.
IV – Der Geschichtsverlauf
In einem klassischen oder auch nichtklassischen Rollenspiel sind Charaktere natürlich nicht alles und die Geschichte ist auch ein sehr wichtiger Punkt. Sie ist wohl auch der Teil am Spiel, der am schwersten zu planen ist, wenn man die Sache gut machen will.
Warum? Da es extrem lange dauert, eine gute Geschichte zu entwickeln, wenn man sogenannte Lückenfüller vermeiden will und wirklich eine komplette, durch und durch gute Geschichte zu erfinden. Man wird ständig etwas ändern wollen, da einem manche Dinge nicht gut genug erscheinen oder man eine neue geniale Idee hat, die man unbedingt einbringen möchte. Bis man zu einem Ergebnis gekommen ist, dauert es einige Zeit. Die Planung sollte am besten auch nicht am Computer erfolgen – ich jedenfalls habe die Erfahrung gemacht, kreativere und konzentriertere Gedanken zu entwickeln, wenn ich nicht abgelenkt werde. Mit einem Stift und einem Zettel kann man sich dann Notizen machen oder sich einfach alles merken – wenn es wichtig war, wird es nicht vergessen.
Das Schwerste daran ist wohl, das Grundgerüst – wenn man es hat – zu füllen. In unserem Beispiel haben wir nun schon einige festgelegte Punkte, doch die reichen natürlich noch nicht, wenn man annähernd die Länge einer gewöhnlichen Geschichte erreichen will. Darum sollte es auch gar nicht gehen – eine Geschichte sollte nicht unnötig in die Länge gezogen werden. Aber der Spieler braucht Zeit, um die Charaktere wirklich kennenzulernen, und das kann nicht in vier Schlüsselszenen passieren. Diese würden dann auch kaum Effekt haben, da die Charaktere nur wenig bedeuten würde. Viel eher fühlt mit einem Protagonisten mit, den man stundenlang (oder in der Geschichte wochen- oder monatelang) begleitet hat.
Habt ihr Probleme, eure Geschichte im Kopf oder auf Papier zu einem Ende zu bringen, dann ist das völlig normal. Man kann nicht alle guten Ideen auf die Schnelle aus sich herauspressen. Sobald ihr das Grundgerüst habt – und den Anfangspunkte – schadet es nicht, mit der Arbeit an dem Spiel zu beginnen, denn neue Ideen werden kommen, wenn ihr euch mit eurer Geschichte beschäftigt. Fangt aber nichts an, von dem ihr noch nicht wisst, was es werden soll.
Ich selbst will jetzt nicht das ganze Grundgerüst der Geschichte auffüllen, das würde sowieso zu lange dauern, aber ich kann versuchen, zu erklären, wie man sowas am besten macht (obwohl es jedem selbst überlassen sein sollte) und was man dabei beachten muss.
1) Lasst euch Zeit. Eine gute Geschichte kann nicht an einem Tag, in einer Woche oder sogar in einem Monat entstehen. Planung braucht Zeit. Wird zwanghaft eine Geschichte ausgedacht, geht die Qualität oder der Charme verloren und Lückenfüller entstehen zwangsläufig.
2) Fragt euch immer, ob euch die Geschichte auch wirklich fesseln würde. Es bringt zwar ordentlich Spielzeit dazu, wenn man den Bösewicht durch fünf Gebiete verfolgen muss, nur damit er nochmal entkommt und das gleiche Spiel von vorne beginnt, aber wirklich spannend findet sowas doch nicht jeder. Viele würden es sogar als langweilig und einfallslos bezeichnen – abhängig davon, wie es umgesetzt ist. Extrem wichtig ist also, dass euch – wie auch bei den Charakteren – alles von vorne bis hinten gefällt. Ihr seid Herr über die Geschichte und ihr lenkt sie, also seid euch eurer Verantwortung bewusst und liefert kein vorschneller Ergebnis ab. Ich bin mir sicher, dass die meisten von euch sich noch an ihre ersten Versuche an ein ernsthaftes Spiel zurückerinnern. Erfahrung und Erkenntnis ist auch hier wichtig. Trotzdem hilft es euch, wenn ihr dies beachtet.
3) Lasst die Geschichte niemals allein stehen. Das dürfte eigentlich schon in Kapitel II gut rübergekommen sein, aber ich will trotzdem nochmal verdeutlichen, wie wichtig es ist. Der beste Effekt kann nur erzielt werden, wenn alle Faktoren im Einklang wirken.
4) Scheut euch nicht, auch mal ruhigere Zeiten einzubinden. Die meisten Spieler werden sicherlich nichts dagegen haben, mal eine Zeit lang ruhig und kampflos zu spielen (ich persönlich denke, dass Kämpfe für ein Rollenspiel nicht einmal obligatorisch oder essentiell sind). Das ist auch eine gute Gelegenheit für die Charakterentwicklung. In unserem Beispiel wäre zum Beispiel käme zum Beispiel nach dem Tod von Celias Mutter eine solche Passage.
Es tut wirklich gut, solche Momente zu durchspielen, wenn sie wirklich gut umgesetzt worden sind.
5) Macht die Geschichte undurchsichtig. Wenn man zu viel voraussehen kann, kann eine Geschichte schnell langweilig werden. Vermeidet also sowas, so es denn nicht dem Zweck der Story dient. Bedenkt aber auch die Kehrseite der Münze: Wenn ihr Wendungen einbringt, so sollen sie nicht gezwungen wirken. Von daher macht euch vorher darüber Gedanken oder lasst es ganz sein.
6) Solltet ihr abgenutzte Klischees benutzen, seid euch darüber im Klaren, dass sie viele Spieler abschrecken könnten. 08/15-Geschichten sind nicht jedermanns Sache. Verpackt ihr solche Klischees aber gut, können sie sich als sehr positiv darstellen. Liebevoll umgesetzt werden sich die wenigsten Spieler darüber aufregen – viel mehr wird man es als positiv empfinden. Abgrenzen könnt ihr euch von anderen bestehenden Geschichten, indem ihr – was nach einiger Zeit automatisch passieren sollte – eurem Spiel eine eigene Atmosphäre verleiht. Verbindet ihr alles gut miteinander – sowohl einige Ideen, als auch andere Einflüsse –, sollte eine solche Atmosphäre schnell geschaffen sein.
7) Lasst eure Welt logisch erscheinen. Eine goldene Regel von mir: Ihr habt unendliche Freiheit beim erfinden einer Welt, aber in sich muss diese logisch sein. Sie muss nicht alle Naturgesetze etc. unserer Welt teilen, aber sie muss sich an ihre eigene Regeln halten. Beispielsweise wäre es seltsam, wenn man im Kampf zaubern könnte, obwohl in der Welt offensichtlich keine Magie existent ist und die Bewohner nicht an sie glauben. Verliert eine Geschichte an Glaubwürdigkeit, erzielt sie einen wesentlich geringeren Effekt. Seid hier also bitte sorgfältig ;).
Eine Moral/Botschaft im Spiel
Ein anderer wichtiger Punkt ist die übermitteln einer Moral oder einer Botschaft durch die Geschichte. Wollt ihr einen interpretativen, bleibenden Effekt hinterlassen, dann müsst ihr das vorher planen und besonders planen, wie ihr das anstellen wollt. Das Ende spielt hierbei eine zentrale Rolle. Es sollte nicht ganz offen sein, aber keinesfalls dürfen alle Fragen bei einem Durchschnittsspieler sofort beantwortet sein. Lasst Dinge unklar oder mehrdeutig erscheinen, verschleiert eure eigene Absicht durch ein Labyrinth, in dem Hinweise, Andeutungen und Teile der Geschichte den Weg weisen.
Eine tiefgründige Geschichte
…ist in meinen Augen ein ausgezeichnetes Objekt für ein Rollenspiel, doch gewaltig viel schwerer als eine normale Geschichte zu planen und umzusetzen. Tiefgründige Charaktere entstehen nicht auf die schnelle und bei der Geschichte ist das noch schwieriger. Eine interessante Technik ist es, an bestimmten Stellen des Spiels Fragen offen zu lassen (was übrigens in keiner Geschichte fehlen sollte), und diese an späteren Stellen zu beantworten. Dabei muss alles nicht immer ganz aufgelöst sein: Lasst den Spieler denken. Er soll auf Grundlage der Geschichte schließen, wie etwas gemeint ist oder was gerade passiert ist.
Wenn ihr Geheimnisse auflöst, die eine gewichtige Rolle für die Geschichte spielen und dem Spieler die ganze Zeit ein Fragezeichen über dem Kopf erscheinen lassen haben, macht dies in einem Schlüsselmoment, in dem (fast) alles geklärt wird. So sind die Zusammenhänge deutlicher ersichtbar und ein Aha-Effekt entsteht. Wenn so etwas in kleinen Brocken erfolgt, dann denkt der Spieler zwar mehr mit, aber es ist verhängnisvoll, wenn er das Interesse verliert, da ihn der Rest dann nur verwirrt. Tut dies nur, wenn ihr euch sicher seid, das so gut durchdacht zu haben, dass ein solches Risiko fast wegfällt.
Eine Liebe in der Geschichte
…kann das ganze Spiel ruinieren oder extrem verbessern. Seid euch dessen im Klaren und setzt sowas nicht mal eben um. Hier wird er dem Spieler nicht egal sein, sondern er wird es entweder total schrecklich oder sehr gut finden (oder beides). Bei der genauen Umsetzung kann ich euch leider nicht helfen, aber es sollte gründlich vorbereitet sein, nicht lieblos, sondern mit ganzem Herzen. Lasst es am besten zu einem Kern der Beziehung zwischen zwei Charakteren werden, die nicht plötzlich entstanden ist (aber auch vorher unbemerkt sein kann) und auch danach noch Bedeutungen hat. Vermeidet es außerdem, übermäßig kitschig zu werden. Nur gut gewählte Worte vermögen sowas gut umzusetzen. Abhängig vom Charakter der Protagonisten müsste ihr euch in solchen Szenen manchmal auch mehr auf Handlungen und Hintergrundeffekte (z.B. Musik) verlassen, als auf die Dialoge, wobei diese jedoch auch und besonders hier im Vordergrund stehen sollten.
Wie ihr sowas umsetzt oder ob ihr das tun, das bleibt letztendlich euch überlassen.
Eine Wendung in der Geschichte
Habe ich oben schon mal kurz angestochen und will ich jetzt näher erklären. Um eine Geschichte nicht durchschaubar zu machen, ist es gut, eine Wendung einzubringen. Diese sollte, wenn sie von schwerwiegender Bedeutung sind, nur einmal eine zentrale Rolle spielen. In unserem Beispiel ist die Wendung der Punkt, an dem unser Hauptcharakter den Menschen tötet, der als scheinbar einzige Person den Planeten zu retten imstande war. „Wie soll es weitergehen?“, soll sich der Spieler fragen. Auch muss eine solche Wendung gravierende Wirkungen auf die Charaktere haben.
Eine Wendung kann vielerlei Natur sein: Verrat, etwas extrem Unerwartetes (zum Beispiel das sich nach dem Tod einer Charakters eine ganze andere Natur offenbart), eine starke Änderung im Leben eines Charakters, unvorhergesehene Einwirkung durch einen neuen, bisher wenig bekannten oder unbekannten Faktor, Offenbarung einer Person, Irrtum auf beiden/allen Seiten, ...
Auch hier habt ihr wieder viel Spielraum, aber passt auf, dass solche Wendungen auch wirklich welche sind. Gibt es davon zehn im Spiel, so hat der Spieler auch nicht immer Lust, weiterzuspielen.
Tod eines Freundes/Charakters
Wollt ihr einen wichtigen Charakter sterben lassen, macht seinen Tod tragisch, eindrucksvoll und unvergesslich. Musikalische Unterstützung muss hier ganz groß geschrieben sein. Der Charakter sollte, wenn ein solcher Effekt erzielt werden will, schon lange bekannt sein. Wen man nicht kennt, um den trauert man für gewöhnlich nicht sehr.
In meinen Augen kann die schönste und schrecklichste Szene in einer Geschichte der Tod einer Person sein. Zum Einen schrecklich, weil man eine Person verloren hat, die man sehr mochte (oder auch nicht, vielleicht auch erst ab dann mag), zum Anderen schön, da solche Momente auch noch nach dem Spielen ihre Wirkung nicht verlieren. Auch nach der Geschichte kann man noch über einen toten Charakter „trauern“.
Ob ihr den Charakter die ganze Geschichte über zu einer tragischen Person macht, zu einem Helden, der sich opfert oder zu jemandem, der ganz einfach ermordet wurde, liegt an euch. Es ist nicht nötig, aber dennoch für einen gesteigerten Effekt gut, wenn ihr euch besonders in unmittelbarer Zeit vor dem Tod der Charakterisierung der Person gewidmet habt, ggf. auch ihrer Vergangenheit oder ihren Gedanken, falls diese nicht schon vorher eine große Rolle gespielt haben.
Auch nach dem Tod einer Person kann sie noch geheimnisvoll sein und sie bleibt am besten in Erinnerung, wenn sie trotzdem noch bewegend für die Geschichte ist (nicht unbedingt als Toter, sondern durch frühere Handlungen oder Geheimnisse).
Zahllose andere wichtige Muster oder Momente in einer Geschichte mag es geben, doch sie alle zu schreiben würde zu viel Platz in diesem schon ohne hin recht langen Tutorial ein. Habt ihr alles gelesen, sollte euch klar sein, dass ihr solche wichtigen Dinge vorher genau planen müsste, sonst scheitert es an der Umsetzung. Meistens – vielleicht sogar immer – sind Schlüsselmomente dieser Art schon im Grundgerüst geplant, denn oft Plant man die zentralen Dinge zuerst bzw. sie fallen einem zuerst ein. Kommen wir auf zwei andere Dinge zu sprechen, die dieses Thema dann auch abschließen werden.
Beginn des Spiels
Um den Spieler zum weiterspielen zu animieren und auch weniger Motivierte anzulocken, investiert viel Zeit und Mühe in eure ersten Spielminuten und legt etwas wirklich Beeindruckendes hin. Das kann ein Prolog sein, der gut umgesetzt ist, eine Aneinanderreihung von vielen Spielausschnitten wie etwa bei einer Serie oder einem Anime üblich, sogar ein Epilog oder eine Stelle Mitten im Spiel. Wenn der Spieler nichts versteht, ist das nicht weiter schlimm, insofern er trotzdem beeindruckt ist. Ein begeisternder Anfang ist optimales Werbematerieal und auch gut zum Vorzeigen. ;-)
Ende des Spiels
Wahrscheinlich noch wichtiger als der Beginn (Opening/Intro/Normaler Anfang/ ...), denn das Ending wird bei vielen Spielern sicherlich der letzte sein, was sie im nächster Zeit von dem Spiel sehen. Macht es also schön eindrucksvoll und am besten individuell. Es gibt so viele Möglichkeiten, das Ending zu gestalten. Abhängig von der Story könnt ihr es auch en wenig offen halten oder ganz anders nochmal die Welt und das Leben der Charaktere nach einiger Zeit zeigen, vielleicht aus der Sicht einer Person. Ihr könnt euch auch auf das Schicksal eines Charakters beschränken oder während der Credits zeigen, was nach der Geschichte noch passiert.
Ich bin der Meinung, dass bei vielen Spielen das Ende einer der besten Teile ist. Ein würdiges Finale schaffen sehr viele Spiele und dennoch ist es schwer umzusetzen. Wie ihr das macht, will ich euch auch nicht vorschreiben, aber es wäre schade, wenn eine tolle Geschichte nicht auch einen wundervollen Abschluss bekäme, oder? Happy End oder nicht…
Ich habe euch nicht viel über die Geschichte gesagt, verglichen mit dem, was ihr wisst oder wissen werdet, wenn ihr einmal ernsthaft und lange an einer Geschichte gesessen habt oder andere Geschichte mitverfolgt. All diese Sachen wurden jedoch schon öfters in Tutorials behandelt. Der nächste und letzte Abschnitt wird sich mit der Umsetzung im Maker befinden – oft sehe ich nämlich gute Ideen und Ansätze, die an der Umsetzung scheitern. Das muss nicht sein, und es wäre auch Verschwendung. Im nächsten Kapitel geht es also eher um die Technik, die psychologischen und hintergründigen Einflüsse, Einwirkung von Musik und Ähnlichem, dem Schreiben von Dialogen, dem Verknüpfen von Allem und so weiter.
Der letzte Teil folgt bald.
PS: Ich hoffe ich bin hier im richtigen Bereich.