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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Jerichow



Stan
09.01.2009, 09:18
Heute ist der neue Film von Christian Petzold "Jerichow" in die deutschen Kinos gekommen und ich habe es mir nicht nehmen lassen, mir den Film anzusehen, obwohl alle Begleitungen abgesprungen waren. Da saß ich nun mit 11 anderen Gestalten im kleinsten Kino Essens (44 Plätze) und habe mir das Drama um Benno Fürmann (überraschend nicht-nervig), Nina Hoss (überzeugend) und Hilmi Sözer (ebenso gut besetzt) angesehen.
Die meiste Zeit ist klar was im Film als nächstes passieren wird, sei es wegen des Trailers, wegen gelesener Kritiken oder einfach, weil vieles auf der Hand liegt. Die Dreiecksbeziehung fesselt den Zuschauer dennoch und während die Hintergrundgeschichten von Fürmann (Ex-Afghanistan-Soldat, geld- und arbeitslos, dann schwarzarbeitender Chauffeur und Bodyguard von Sözers Charakter) und der Sözer-Hoss-Ehe immer als fiktives - wenn auch funktionierendes - Konstrukt offensichtlich sind, so sind Gangster und Milieu-Elemente überzeugend und authentisch wirkend. Allerdings sind sie nur ein Nebenschauplatz, der beständig darauf hinweist, dass sowohl Fürmann als auch Sözers Charakter potentielle Mörder sind. Die Auflösung der Dreierbeziehung ist fabelhaft und die letzte halbe Stunde des Films (93 Minuten Laufzeit) ist durchweg großartig.
Der Film ist zudem stellenweise schön fotografiert, optische Opulenz wäre dem Thema auch unangebracht gewesen. Wiederkehrende Bilder oder Sätze in der Geschichte funktionieren ausgezeichnet, weil sie sich nicht aufdrängen und weil sie nur an den richtigen Stellen verwendet werden. Die sonstige Erzählweise ist schlicht: Viele Einstellungen lang hören wir Fahrer und Beifahrer zu, wie sie reden und wenn dann die Gewalt oder die Liebe in das Geschehen einbricht, ist es umso intensiver. Gelungen ist auch die Stille um die Liebe: Es wird nicht die Treue geschworen, es wird wenig geweint, es wird nicht begründet. Es erscheint geradezu willkürlich und motivationslos, aber es funktioniert dennoch.

Ein sehr erfreulicher deutscher Film! Sollte man sich angucken (nicht nur um die Wartezeit auf die kommenden Highlights zu verkürzen) und sich keinesfalls von Benno Fürmann abschrecken lassen.

La Cipolla
09.01.2009, 10:55
Ich finde Benno Fürmann toll, seit ich Speed Racer gesehen habe.

Film klingt trotz Stans erklärender Monstersätze interessant. :D
Schau ich mir vielleicht an, wenn ich drüberstolpere.

Marc
09.01.2009, 18:05
Aus dem "Kinojahr"-thread:


Der neuste "Petzold". Hossa, war ich gespannt! Naja, dann kam es so wie immer: Seine Art, einen Film zu erzählen, funktioniert prima und macht ganz viel Spaß, bis dann gegen Ende das Drehbuch über den Film obsiegt und die Geschichte immer und immer konstruierter wird. Gute Darsteller. - 6/10

Der Film war sicherlich sehenswert, aber imo bei weitem nicht so gut, wie du ihn machst.