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Kaltblut
21.12.2008, 19:00
http://www.multimediaxis.de/customavatars/avatar23809_6.gif Eine Gemeinschaftsproduktion von real Troll und Kaltblut http://home.mnet-online.de/WissenderNacht/Eichh%f6rnchen_klein.png
Zehn Schritte zur glücklichen Textbox

RPG Maker Spiele beginnen furios, actiongeladen, mit Sprachausgabe…
Ihr widersprecht mir? Mit recht!

Wenn ich an unsre Standard RPGs denke, dann beginne ich mit einem Textintro. Jetzt erwacht mein tapferer Held und ich lese seine Persönlichkeit. Darf ich los! Wunderbar. – „Was muss ich töten?“ – „Du sagst ein Drachenweib!? Na Großartig!“ – "Im Herz des bösen Hexenwalds? So sprich doch schneller alter Narr!" - "Jaha, Bestie, spür meinen kalten Stahl!“ – Bestie: „Ah, ich sterbe“ - Held:"Stimmt! Oh holde Jungfrau, ihr seid gerettet".
So oder ähnlich kennen wir es. Ohne die Textsprache geht es nicht. Je länger mein Spiel, desto hünenhafter das Textungeheuer. Um dem nicht hilflos entgegenzutreten, haben real Troll und ich unseren Erfahrungsschatz zusammengeklaubt und in Worte gebracht. Die Folgenden 10 Stützen sind ein subjektiver Ideenhaufen, der als Hilfe für all die dialoggeplagten Spielersteller dienen soll.

Er darf nach Wunsch verflucht oder ergänzt werden.

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1. Bücherangst und Kurzgeschichtenphobie überwinden, um Wortschatz zu entwickeln und Erzähltechniken nachahmen zu können

2. Die sicherste Methode, einen passenden Ton zu treffen, besteht darin, für seine eigene Altersgruppe zu schreiben. Sortiere Dich einfach in einen der beiden Merksätze ein: "Fort, ihr Fünfzigjährigen! Dragonball gehört den Fünfzehnjährigen!" Oder: "Kinder können nicht für Erwachsene schreiben. Es gibt nur einen Ausweg: Hinsetzen und allmählich vor sich hin altern."

3. Erstelle einige Modellsätze, die das jeweils Typische Deiner Helden transportieren. Das übt, schafft Klarheit und sichert Dir einen Notvorrat für innovative Durststrecken.

4. Nichts spricht gegen NPCs, die mehr als Stichwortgeber für die nächste Quest sind. Baue statt bloßen Informationsrepetiermaschinen kleine Persönlichkeiten ein. Gib ihnen Hobbies, Interessen, Berufe, Macken, kulturellen Hintergrund und und und.

5. Passe das Sprachbild dem Sprecher an. Ein grunzender Wegelagererork hat ein etwas anderes Vokabular als die Spektabilität des Siebensiegeligen Ordens der arkanen Künste der Schule zu Hohenwacht.

6. Gestalte Dialoge nicht zu vorhersagbar. Lasse das Thema einen unerwarteten Umschwung nehmen. Spiele dabei ruhig mit Klischees und Erwartungen. Ein Bettler kann den Helden nach einer milden Gabe den Geheimgang der Diebesgilde zeigen, ein Koch hat nicht nur Plätzchenrezepte in petto, sondern verkauft vielleicht auch die Rezeptur für einen ungewöhnlichen Trank.

7. Gute Pointen sind kostbar. Wenn Dich eine durchzuckt, die nicht zur gegenwärtigen Szene passen mag, schreibe sie Dir auf und nutze sie später.

8. Wenn es keinen guten Grund gibt, eine Aussage über eine Textboxlänge hinausschießen zu lassen, dann begnüge Dich auch mit einem Vierzeiler. Das schützt vor Weitschweifigkeit und sichert dem Text Würze und Substanz. Eine hilfreiche Faustregel: Teile die geplante Dialoglänge erst durch Deine Deutschzensur in Ausdruck, bevor Du fortfährst, Wanderer

9. Lockere längere Redepassagen mit Auswahlmöglichkeiten auf, um den Spieler auch beim Lesen aktiv zu beteiligen. Wer Einfluss nehmen darf, passt auch auf. Macht schärft Konzentration und Aufnahmebereitschaft.

10. Nutze Wiederholungen sparsam, bestenfalls nur für Informationen, die sich dem Spieler einprägen sollen. Andernfalls läufst Du selbst bei gelungenen Texten Gefahr, Dein Publikum zu langweilen.

Kelven
21.12.2008, 19:20
Diese Anleitung ist für den aufnahmefähigen Leser auf jeden Fall nützlich, auch wenn diejenigen, an die sich der Text in erster Linie richtet, wohl schon mit dem Leser überfordert sind. Wie auch immer, ich stimme euch im Großen und Ganzen zu, nur zu Punkt 4 und 9 möchte ich etwas sagen.

NPCs mit Auswahlmöglichkeiten sind ja schön und gut, aber man sollte schon interessante Themen wählen und nicht so was wie "Name?", "Beruf?" und "Wie geht's?", denn das kann man auch in einem Satz sagen bzw. ist mir dann ein einfaches "Heute haben wir aber schönes Wetter" doch lieber. Auswahlmöglichkeiten sind nur dann sinnvoll, wenn sie tatsächlich etwas beeinflussen (das Ansehen des Helden z.B.) oder wenn die Informationen interessant sind. Ich hab schon einige Spiele gespielt, in denen man die NPCs nur Belanglosigkeiten gefragt hat und ich konnte dann irgendwann nur noch genervt aufgeben sie weiter anzusprechen.

Kaltblut
22.12.2008, 00:23
@ Kelven: Gut, dass du als Veteran dem überwiegend zustimmen kannst. Aus meiner Sicht war es nicht ganz einfach eine Auflistung zweckdienlicher Ratschläge zu erstellen, da kommt jede übereinstimmende Erfahrung sehr recht.

Logischerweise sind sinnfreie Auswahlmöglichkeiten völlig sinnfrei und besser zu vermeiden. An solche traurigen Fehltritte haben wir tatsächlich nicht gedacht, auch wenn sich sowas viel zu häufig findet. Auswahl scheint mir unter anderem dann sehr nützlich, wenn der Spieler mit Informationen bombardiert wird. Zwölf Vierzeiler am Stück ist oft ein Faustschlag in den Motivationsmagen, Vier mal Drei Textstücke lassen sich schon besser verdauen.

@ Kedos: Freut mich :). Eine direkte Zielgruppe hatten wir wohl nicht vor Augen, wobei ich denke, dass sogar erfolgreiche RPG-Literaten aus solchen Erfahrungsvergleichen nützliche Ideen ziehen können. Meinem Eindruck nach, sind die Linguisten und Sprachtalente unter uns recht rar gesät. Ich selbst darf mich bisher nicht zu diesen auserwählten Unterhaltungskünstlern zählen und konnte daher, beim Aufbauen der Zehn Ideen, sehr viel Brauchbares für mich abzweigen.

Don Sella
22.12.2008, 00:44
Stimme Kedos da zu. Die aufgelisteten Punkte sind für Anfänger auf jeden Fall zu empfehlen.
Vorallem Punkt 1 kann ich 100% zustimmen.
Super.

Flying Sheep
22.12.2008, 01:02
Die Punkte spiegeln imo weitgehend das wieder, wodran man sich wirklich halten sollte. Details sind eh immer Geschmackssache :D

Der wichtigste und gleichzeitig auch interessanteste Punkt für mich ist eigentlich "Kinder können keine Texte für Erwachsene schreiben!". Dem stimm ich voll und ganz zu, aber es hat umgekehrt auch einen hohen Lerncharakter. Außerdem werden die meisten Kids bei solch einem Satz eh erstmal schnauben und denken, sie könnten es doch eh besser und wollen alle vom Gegenteil beweisen. In 99% der Fälle wird die eigentliche Aussage dabei wieder bestätigt, aber das macht im Grunde nichts. Man entwickelt sich doch weiter. Wenn man dazu dann noch anfängt zu Lesen, um, wie gesagt, den Wortschatz zu erweitern oder seinen Ausdruck zu verbessern, dann hat man imo die perfekte Kombination. Irgendwann ist man dann soweit, dass man ordentliche Texte schreiben kann und blickt auf seine alten Werke zurück und kriegt einen Lachanfall. Das macht die eigentliche Veränderung immer schön deutlich und motiviert^^
Außerdem macht man auch gleichzeitig in anderen Themengebieten des Makers Fortschritte.
Ich finde, dass auch dieses Schreiben von Dialogen seinen festen Platz im Lernprozess hat und somit ganz einfach dazu gehört. So ein Satz ist schnell gesagt, aber diejenigen, die es betrifft, halten sich meist eh nicht dran und der Rest nickt in schweigender Zustimmung ;)

Eine andere Sache sind die Auswahlmöglichkeiten. Damit sollte man imo sparsam sein, wenn man nicht wirklich vorhat, die gesamte Story dadurch zu beeinflussen. Options nach dem Muster
<> 'Wache: Wie findet ihr das Wetter heute, werter Herr?'
<> gut 'Wache: ja, das finde ich auch...'
<> schlecht 'Wache: ...findet ihr?'
<> 'Wache: wie auch immer :) Schönen Tag noch'
sind total überflüssig, da sie ohne irgend eine Auswirkung wieder zu einem Strang zusammen laufen. Oder hat jemand von euch zwei Türen, die denselben Raum mit eurem Zimmer verbinden? Wohl eher nicht.
Sollten die Auswahlmöglichkeiten jedoch etwas anderes bezwecken (wie zB eine spätere Handlung beeinflussen), dann ist das auf jeden Fall angebracht und völlig in Ordnung!

mhm
22.12.2008, 01:21
Joa, das sind an sich zwar alles Sachen die man irgendwie schon weiß, aber es hilft mir ungemein sie sich mal wieder so bewusst zu machen. Die Liste wird direkt auf die Festplatte gebannt, damit ich sie mir nochmal zu Gemüte führen kann wenn ich mich wieder an Dialoge setze, danke für die Arbeit. :D
Ich fänds klasse wenn ihr sowas öfter machen würdet, Trolls Tipp mit dem "Projekttagebuch" aus dem alten Allreisethread ist auch Gold wert, wer weiß was für Weisheiten sonst noch zu erfahren sind...

real Troll
22.12.2008, 10:41
@ Flying Sheep
Als Kinderhasser gehen mir solche vernichtenden Urteile auch leicht über die Lippen. :D Ob es etwas bezweckt, indem der harsche Ton im beabsichtigten Maße verschreckt, weiß ich nicht. Vielleicht hast Du recht und so mancher fühlt sich nun durch seinen Trotz erst recht herausgefordert. Dann kippte die Regel schön ins beabsichtigte Gegenteil.
Auswahlmöglichkeiten wollten wir eigentlich nur auf die genannten längeren Redepassagen bezogen wissen. Dann kann der Spieler einfach selber entscheiden, wie viel er davon wirklich wissen möchte, hat die Möglichkeit, gezielt nachzufragen und darf bei Desinteresse auch einfach abbrechen. Ich denke hier vor alle an Auftragsgeber, denen man so noch einige Informationen zur Queste entlocken kann - Belohnung, Schwierigkeitsgrad, eventuell benötigte Ausrüstung, bei Bedarf etwas mythischer Hintergrund der Welt. Es soll also nicht jeder Torwächter in einen Bramarbas verwandelt werden.

Liferipper
22.12.2008, 17:25
Wenn nichts gegen bloße Informationsgeber spricht, wieso sollte ich ihnen dann trotzdem Persönlichkeit verleihen?

Es spricht nichts dagegen, aus ihnen MEHR als bloße Stichwortgeber zu machen. Allerdings habe ich auch zuerst an dasselbe wie du gedacht http://www.multimediaxis.de/images/smilies/old/szuck.gif.

Kaltblut
22.12.2008, 17:51
@ mhm: Bewusstsein an die Macht! Mein eigenens Unterbewusstsein macht genau die Zicken, die sich mit der kleinen Ansammlung überwinden lassen. Es speichert die nützichen Dinge, versteckt sie aber, wenn ich Dialoge bastle. Ich hätt auch gern mehr von solchen kleinen Stützen, dann könnte sich jeder die Punkte picken, die ihm gefallen.

@ Owly: Du darfst gern weiterrühren, da fallen bestimmt noch eine Menge brauchbare Ideen. Die Einleitung ist aus meinen Gehirnwindungen gewachsen; aber wirklich "doofe" Texte ändern, das ist als Ziel zu hoch gesteckt. Wie gesagt, mehr als eine Hilfestellung soll es nicht sein. Punkt 4. meint eigentlich das Gegenteil. Reine Stichwortgeber sind nicht gerade unterhaltsame Zeitgenossen, wenn auch nicht immer unnütz. Da der Vierer nun schon zweimal erwähnt wurde, schlägt uns vielleicht die Betriebsbildheit, ich versteh tatsächlich nur das Geschriebene.
Ich denke wirkliche Gesetze der Gestaltung, sind in Dialogen kaum möglich. Falls du solche suchst, ist dein Rotstift durchaus angebracht. Das gilt auch für 5. und 6. Nimm sie einfach als Orientierungspunkte.

Da es sich um eine Zwei-Mann Liste handelt, bin ich kugelrund glücklich mit einer weitgehenden Übereinstimmung. Wenn wir noch ein bisschen graben, können wir das "subjektiv" durch ein "intersubjektiv" ersetzen ^_^.

Grandy
23.12.2008, 04:04
„Was muss ich töten?“ – „Du sagst ein Drachenweib!? Na Großartig!“ – "Im Herz des bösen Hexenwalds? So sprich doch schneller alter Narr!" - "Jaha, Bestie, spür meinen kalten Stahl!“ – Bestie: „Ah, ich sterbe“ - Held:"Stimmt! Oh holde Jungfrau, ihr seid gerettet".
Schön wär's. Flott, prägnant und kein Wort zu viel. Mir fällt eher auf, dass die Macher zu viel schreiben, ohne auf den Punkt zu kommen. Das teilt sich dann in zwei Gruppen: Die die es zumindest beherrschen (Allreise, Planescape Torment), und jene, die es besser sein lassen sollten (will hier niemandem zu Nahe treten).



1. Bücherangst und Kurzgeschichtenphobie überwinden, um Wortschatz zu entwickeln und Erzähltechniken nachahmen zu können
Füge hinzu: Theaterstücke und Drehbücher. Beide sind meistens deutlicher struktuiert als belletristische Werke.

2. Die sicherste Methode, einen passenden Ton zu treffen, besteht darin, für seine eigene Altersgruppe zu schreiben. Sortiere Dich einfach in einen der beiden Merksätze ein: "Fort, ihr Fünfzigjährigen! Dragonball gehört den Fünfzehnjährigen!" Oder: "Kinder können nicht für Erwachsene schreiben. Es gibt nur einen Ausweg: Hinsetzen und allmählich vor sich hin altern."
Quatsch.
1. Ab der Nestflucht verwässern die Unterschiede zwischen den verschiedenen Altersklassen.
2. Ein Jugendlicher der mit offenen Augen durch die Welt geht, sieht häufig mehr als ein Erwachsener, der denkt, alles schon zu kennen und hat daher einen offeneren Blick auf das Leben, das Universum und den ganzen Rest.
3. Eben dieser Jugendliche kann sich über Literatur und verwandte Gebiete Erfahrungshorizonte aneignen, die er selbst noch nicht gemacht hat.
4. Umgekehrt gibt es ältere Menschen, die sich in die Welt von Jugendlichen hineindenken können (ist ja auch simpel - sie haben die Erfahrungen ebenfalls gemacht). Wenn das nicht mehr geht, können die gerne noch als Automechaniker und Nachtwächter in Erscheinung treten, aber bitte nicht als Geschichtenerzähler auftreten. Stephen King hat in jungen Jahren mal seine Beobachtung formuliert, dass jeder Autor phantastischer Literatur Kinderaugen habe, Kästner hat es ein einem Satz zusammengefasst: "Nur wer erwachsen wird und ein Mensch bleibt, ist ein Mensch."

3. Erstelle einige Modellsätze, die das jeweils Typische Deiner Helden transportieren. Das übt, schafft Klarheit und sichert Dir einen Notvorrat für innovative Durststrecken.
Arrghhh! Bloß nicht! Ein funktionierender Charakter spricht für sich selbst und entwickelt seine eigene Sprache. Dass er dabei hin un wieder die gleichen Redewendungen verwendet, erklärt sich von selbst. Das aber noch strukturell zu forcieren ist tödlich. Ein Bespiel, wo es für mich persönlich nach nach hinten losgegangen ist, richtet sich direkt an einen der Urheber dieses Artikels: Die dauernde Wiederholung von "Sapperlot", "Ho ho", "meine lieben Freunde" hat den Charakter Heisen in der Allreise für mich zum Nervfaktor No. 1 gemacht (neben seiner intellelllen Arroganz) - unterirdisch wurde es, als er an einer Stelle in fünft Textboxen dreimal das Wort "Grundgütiger" ins Feld geworfen hat.

4. Nichts spricht gegen NPCs, die mehr als Stichwortgeber für die nächste Quest sind. Baue statt bloßen Informationsrepetiermaschinen kleine Persönlichkeiten ein. Gib ihnen Hobbies, Interessen, Berufe, Macken, kulturellen Hintergrund und und und.
Wie denn, wo denn, was denn? Der erste Satz widerspricht dem Rest. Zum Rest: Bitte nicht übertreiben. Normalerweise lernt man den typischen NSC nur oberflächlich kennen - bei den Leuten, dich oberflächlich kenne, aber zumindest einschätzen kann, habe ich normalerweise nur wenig Ahnung von Hobbies, Interessen etc. Ich kann sie vielleicht erahnen, aber das war's vorerst auch schon. Es spricht nichts dagegen, alle seine Charaktere mit möglichst viel Hintergrund auszustatten (außer dass sie etwas schablonenhaft geraten), man muss den ganzen Ballast aber nicht unbedingt ins Spiel packen.


5. Passe das Sprachbild dem Sprecher an.
Joa, stimmt.

6. Gestalte Dialoge nicht zu vorhersagbar.
Stimmt ebenfalls, kann aber bei infaltionärer Verwendung auch danebengehen - vor allem wenn man eine Trennung zwischen Eine-Textbox-NPCs und und Multiple-Choice-NPCs vornimmt (am besten unterstrichen durch das Fehlen/vorhandensein von Charakter-Porträts). Der Spieler riecht den Braten und fängt an da taktisch zu denken, anstatt gefühlsmäßige Entscheidungen zu treffen.



7. Gute Pointen sind kostbar. Wenn Dich eine durchzuckt, die nicht zur gegenwärtigen Szene passen mag, schreibe sie Dir auf und nutze sie später.
Einmal auf der Zunge zergehen lassen: S-I-T-U-A-T-I-O-N-S-K-O-M-I-K

8. Wenn es keinen guten Grund gibt, eine Aussage über eine Textboxlänge hinausschießen zu lassen, dann begnüge Dich auch mit einem Vierzeiler. Das schützt vor Weitschweifigkeit und sichert dem Text Würze und Substanz. Eine hilfreiche Faustregel: Teile die geplante Dialoglänge erst durch Deine Deutschzensur in Ausdruck, bevor Du fortfährst, Wanderer
Mist, ich bin in Deutsch nie besser als 2- gewesen. Zum Glück hatte ich teilweise Lehrer, die meine analytischen und stilistischen Fähigkeiten (natürlich in meiner Abwesenheit) vor versammelter Klasse über den grünen Klee gelobt haben, sonst hätte ich mich wahrscheinlich nie getraut irgendwas zu schreiben.
Von den deutlich (ober)lehrerhaften Ansätzen in diesem Absatz mal abgesehen, stimme ich zu. Es gibt sogar einen ziemlich alten Drehbuchautoren-Kniff, der empfiehlt, seinen Text in Boxen aufzuteilen, die praktischerweise den rm2k/3-Textfeldern entsprechen: Wenn der Text über den Inhalt der Box hinausgeht, verlässt man die Dialog-Ebene und der Charakter beginnt zu monologisieren.

9.Lockere längere Redepassagen mit Auswahlmöglichkeiten auf, um den Spieler auch beim Lesen aktiv zu beteiligen. Wer Einfluss nehmen darf, passt auch auf. Macht schärft Konzentration und Aufnahmebereitschaft.

Nur solange, der Spieler den Eindruck behält, dass seine Auswahlmöglichkeiten auch was bringen. Bei KotOR2 hatte ich unlängst immer wieder das Gefühl, dass der Dialog der gleiche bleibt, egal, was ich sage. Das ist ein billiger Trick um lange Monologe wie einen Dialog wirken zu lassen.

10. Nutze Wiederholungen sparsam, bestenfalls nur für Informationen, die sich dem Spieler einprägen sollen. Andernfalls läufst Du selbst bei gelungenen Texten Gefahr, Dein Publikum zu langweilen.
Hä?

Fazit: Die Regelsamlung erinnert mich leider an die üblichen Amateur-Regeln zum Thema Storytelling, die man z.B. in der letzten Ausgabe des Forgotten E-Book findet. Sie KANN blutige Anfänger davor bewahren, absoluten Müll zu fabrizieren, allgemein ist sie jedoch nicht zu Ende gedacht und m.E. zu kategorisch formuliert.

Wenn's um Thema "gute Textboxen" geht, habe ich noch zwei Vorschläge auf Lager:

1. Lest euren Text immer laut vor. Am Besten beim Schreiben, mindestens aber, wenn ihr eine Textbox abgeschlossen habt - wenn der Text nicht "fließt" stimmt was nicht.

2. Wer ernsthaft daran interessiert ist, den Leuten wirklich aufs Maul zu schauen, sollte Nebenjobs im Bereich Dienstleistung suchen. Am besten hat sich für mich die Gastronomie herausgestellt, weil man sehr viele verschiedene Leute kurz einzuschätzen lernt muss, und im besten (arbeitstechnisch normalerweise schlimmsten) Fall sieht, wie sie unter Stresssituationen reagieren.

real Troll
23.12.2008, 09:54
@ Grandy
Es sind Hilfen aus der Praxis. Ob sie bei Dir funktionieren, weiß ich nicht und ich vermute mal aufgrund Deiner Rückmeldung, eher nein. Ich vermute aber auch, Du glaubst an eine irgendwie gearteten Sammlung von differenzierten Formulierungen, die allgemeingültig jedem den Weg aus der geschilderten Problematik weisen.
Das halte hingegen ich für ein unerfüllbares Versprechen. Wie groß der Einfluss rein geschmacklicher Prägungen ist, habe ich ja schon Deinen Antworten und Alternativvorschlägen ablesen können. Ich glaube, das wird sich auch bei vielen anderen so zeigen.
Darum stehen hier kurze, bündige Hilfen(ja, ja, undifferenzierte, oberlehrerhafte Pauschalisierungen ;)), die schon gezeigt haben, dass sie funktionieren können. Und jeder, der das liest, gleicht es mit seinem Geschmack, mit seinen Erfahrungen ab. Hilfen sind nötig, vielleicht tragen diese hier etwas Nützliches bei. Und solange man davon absieht, es zwanghaft auf den Schild unbedingter Allgemeingültigkeit zu heben, wird schon etwas darunter sein, das einigen eine Stütze bietet.

Edit:
Ach so. Kannst Du Deinen Text dann nicht einfach entspoilern? In der Form hatte ich nicht den Eindruck, er solle als weitere mögliche Pflanzung des bunten Gemüsebeets dienen, sondern als Versuch eines alternativen Theorieentwurfs. Je mehr sich hier sichtbar und einfach einsehbar versammelt, desto höher steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand etwas Passendes herauspicken kann.

Grandy
23.12.2008, 13:49
Ich vermute aber auch, Du glaubst an eine irgendwie gearteten Sammlung von differenzierten Formulierungen, die allgemeingültig jedem den Weg aus der geschilderten Problematik weisen.

Das Gegenteil ist der Fall. Ich betrachte solche Listen allenfalls als Grundlage zur Diskussion, auf welche ich mit meinem beitag eingelassen habe.
Ähnliche Themen füllen ganze Bücher, von denen die meisten jedoch ebenfalls nur eine eingeschränkte Sicht des Themas bieten. Das ist auch gut so, weil der Leser, der ja offensichtlich begierig ist, etwas zu lernen, auf diese Weise immer wieder seinen Hirnkasten anwerfen muss, um die verschiedenen Betrachtungsweisen abzugleichen und sich seine eigene Meinung/Vorgehensweise bzw. seinen eigenen Stil zu erarbeiten.

Kaltblut
23.12.2008, 16:00
@ Grandy: Ich will dich eigentlich nicht zwischen die zwei Autoren einzwängen. Da du aber - aus meiner ganz bescheidenen Sicht - zu den Dialogriesen gehörst, juckt es mich unter den Fingernägeln (verzeih das Süßholz). Ich laufe mal von hinten nach vorn:

Die Ideensammlung ist weitgehend ohne Lehrstab brauchbar, so gesehen eigentlich gar nicht kategorisch gemeint. Wenn du die Liste als unfehlbares Lehrmaterial verstehst, dann ist deine Kritik durchaus angebracht. Das gilt sowohl für ausgeschmückte NPCs als auch für Deutschnoten. Übermäßig weitschweifig war Düsterburg meiner Ansicht nicht; Punkt 8 hast du bestens erfüllt :).
Was an Modellsätzen stört, ist mir nicht klar. Du hattest doch sicherlich auch Vorstellungen von Grandy, Libra und all den liebenswerten Pixelhaufen. Warum nicht konkretisieren, Abweichungen davon werden doch gar nicht ausgeschlossen? Mir hilft es, warum nicht anderen? (Um meine Freundin zu zitieren: „WAS! Das Sapperlot ! Des ist doch super!“)

Dein erster Vorschlag gefällt mir ganz außerordentlich, da er wunderbar leicht einsetzbar ist. Ich werd ihn testen, mal sehn was entsteht. Nummer Zwei ist für ein RPG-Maker Spiel deutlich zu aufwendig. Hast du noch mehr Eingebung parat. Ich wär ehrlich interessiert.