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Kelven
22.10.2008, 17:13
Was ihr hier gerade vor euch seht ist ein Tutorial, das euch bei der Entwicklung eures Spieles helfen soll. Fast alles was es gleich zu lesen gibt, basiert auf meinen eigenen Beobachtungen, Vorstellungen und Erfahrungen, die ich beim Entwickeln meiner Spiele und dem Spielen anderer Makerspiele gesammelt habe - also ist der Text dementsprechend subjektiv gefärbt. Außerdem behandelt das Tutorial nur das Genre Rollenspiel (um genau zu sein story-intensive Rollenspiele). Falls ich etwas Wichtiges vergessen habe oder es Grund zur Kritik gibt, seid ihr gerne dazu eingeladen etwas zum Tutorial zu schreiben.


Gliederung
1. Die Geschichte und das Geschichtenerzählen
1.1. Grundsätzliche Planung
1.2. Setting
1.3. Charaktere
1.4. Handlung
1.5. Erzählen und inszenieren
2. Die Spielmechanik
2.1. Spielbarkeit
2.2. Abwechslung
2.3. Balancing
2.4. Innovation

1. Die Geschichte und das Geschichtenerzählen
Ich werde hier nichts über den Aufbau einer Geschichte schreiben. Kann ich gar nicht, hab keine Ahnung davon. Deswegen schreibe ich lieber über die Planung, Missstände der Makerspiele und die üblichen Denkfehler.

1.1. Grundsätzliche Planung
Einer der größten Fehler ist es die Geschichte erst während des Makerns zu schreiben. Ich will nicht sagen, dass es gar nicht geht, aber meistens kommt dabei eine sprunghafte und zusammenhangslose Handlung heraus. Um diese Lücken zu vermeiden, ist es besser die Geschichte bevor ihr dem Makern angefangt von Anfang bis Ende zu planen.

http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Aber muss ich dann gleich einen Roman schreiben?
Nein, um Gottes Willen, ihr wollt ein Spiel entwickeln und kein Buch schreiben. Es reicht aus die Handlung grob zu skizzieren. Vielleicht in Form eines Drehbuches. Ich mache es so, dass ich quasi Regieanweisungen aufschreibe. "Der Charakter sagt das und das", "Der Charakter macht dies und jenes" usw. Die Dialoge kann man später ausformulieren. Aber in einer Textdatei (für Rechtschreibschwache bietet sich ein Programm mit Autokorrektur an), nicht erst in den Textboxen vom Maker, damit man den Überblick über den ganzen Dialog behält.

1.2. Setting
Idealerweise entscheidet man sich vor dem Schreiben der Story für das Setting, obwohl man so gut wie jede Geschichte an jedes Setting anpassen kann. Im Prinzip müsst ihr selber wissen was ihr für ein Setting nehmt, aber eines sollte euch klar sein; der Spieler mag Abwechslung. Gerade die beliebte Standardfantasy ist so ausgelutscht, dass sie alleine keine Begeisterungsstürme mehr auslösen wird. Dabei ist es eigentlich gar nicht so schwer ein etwas weniger generisches Setting zu finden. Natürlich fallen einem die Grafiken für die unorthodoxen Settings nicht in den Schoss, aber man braucht keine besonderen Pixelfertigkeiten, um dieses Problem zu lösen. Meistens reicht es aus die Grafiken etwas zu editieren.

1.3. Charaktere
Die Charaktere sind wohl das Herzstück einer Geschichte und deswegen solltet ihr bei der Planung mit ihnen auch anfangen. Ich werde wieder nicht schreiben wie man Charaktere im Detail aufbaut, weil ich das nicht kann, aber ich möchte zumindest einige Ratschläge geben.

http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Alle Charaktere müssen Hintergründe haben. Mindestens ein Trauma, tote Eltern, zerstörte Dörfer, verlorene Erinnerungen usw.
Leider viel zu pauschalisiert, denn Hintergründe sind nur dann nötig, wenn sie für die Geschichte oder eher gesagt für die Charakterentwicklung eine Rolle spielen. Eine Story in Form eines Bildungsromans ist sicherlich interessant, aber dann muss man auch die ganze Handlung darauf auslegen und das Thema nicht nur als Randnotiz beim epischen Konflikt gegen den Overlord of Evilness einsetzen. Wenn es einen dunklen Punkt in der Vergangenheit der Helden gibt, dann sollte er auch in der ganzen Geschichte präsent sein, ausgespielt werden und zur Charakterentwicklung beitragen.

http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Und deswegen dürfen die Charaktere nicht klischeehaft sein!
Warum? Wenn die Geschichte selber auch nicht besonders anspruchsvoll und glaubwürdig ist, dann stören klischeehafte Charaktere nicht. Hat jemand schon mal Popcornkino mit tiefgründigen Charakteren gesehen? Wichtig ist, dass die Charaktere zur Geschichte passen.

Das Spielerherz in mir sagt: Die Charaktere müssen sympathisch sein. Das steht an erster Stelle. Weit vor Plausibilität und Tiefgründigkeit. Ich kann euch nicht sagen wie man erreicht, dass die Figuren sympathisch sind, denn das hängt viel stärker als die Wahrnehmung von Tiefe vom persönlichen Geschmack ab. Allerdings lassen sich bestimmt irgendwelche Schnittmengen finden und selbst einfach gestrickte Figuren sind wohl besser, als wenn die Protagonisten gar keinen Charakter haben. Wenn die Geschichte selber eine gewisse Tiefe haben soll, müssen die Figuren natürlich auf einem ähnlichen Niveau sein und in diesem Fall kann ich euch nur an irgendwelche Charaktertutorials verweisen, das übersteigt meine Fähigkeiten. Aber für die meisten Spiele sind solche "guten" Figuren gar nicht notwendig. Es reicht aus, den Charakteren eine kleine Menge an positiven und negativen Eigenschaften zu geben, die besonders wenn sie überzeichnet werden, den Protagonisten schon genug Eigenleben einhauchen. Auch stereotype Figuren können bestens unterhalten, wenn sie nur gut rübergebracht werden. Dafür sollte einen aber zumindest klar sein, dass sie stereotyp sind, dann kann man mit den Klischees nämlich gut herumspielen.

1.4. Handlung
Wie gesagt werde ich euch nicht erzählen wie man eine Geschichte mit all ihrer Dramaturgie aufbaut. Auch hier bieten sich Tutorials von Leuten an, die sich mit der Materie auskennen. Ihr solltet nur darauf achten, dass eure Geschichte einen roten Faden besitzt. Klar, sie wird ständig vom Gameplay unterbrochen, aber das heißt nicht, dass die Szenen in keiner Beziehung zueinander stehen dürfen. Gerade bei Spielstories bietet es sich nicht wirklich an auf eine episodische Handlung zurückzugreifen. Um dennoch etwas Farbe ins Spiel zu bringen, kann man die typische "Reise-Story" nehmen. Ob man nun die x heiligen Artefakte einsammeln muss, irgendjemanden verfolgt, sucht oder aufsuchen will, spielt dabei keine große Rolle. Hauptsache die Gruppe reist viel durch die Welt. Und die Geschichte muss sich auch nicht immer um einen epischen Konflikt drehen.

http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Nehmt bloß keine Rachestory!
Rache ist ein viel glaubwürdigeres Motiv als das Retten der Welt und ich hab noch kein Makerspiel mit einer klassischen Rachestory gesehen. Dabei gibt es genug Vorbilder, s. Conan oder Claymore. Rache als Motivation könnte zumindest der Grund für die Reise des Helden sein. Ich hab Rache jetzt nur als Beispiel gewählt, man könnte auch einen anderen Begriff nehmen, denn eigentlich geht es darum, dass die vermeintliche Ausgelutschtheit vieler Themen (mit Ausnahme vom folgenden Absatz) nur eine Makerlegende ist.

http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Stattdessen könnte man aber auch einen Krieg zwischen zwei Königreichen mit ganz vielen politischen Intrigen nehmen!
Ja, das könnte man, aber nachdem diese Thematik in der Makercommunity anscheinend zum Ersatz für klassische Heldengeschichten erklärt wurde, handelt jedes zweite Spiel davon. Außerdem ist es für diese Art Konflikt nötig sich mit Politik, Herrschaftsformen, Ständesystemen usw. etwas auszukennen, denn solche Geschichten wollen glaubwürdig sein. Das Thema eignet sich nicht wirklich für epische High Fantasy.

1.5. Erzählen und inszenieren
Kommen wir nun zum mMn wichtigsten Punkt. Eine Geschichte auf Papier ist schön und gut, aber ein Spiel ist kein Roman, also muss sie irgendwie in Filmszenen und Dialoge umgewandelt werden. Obwohl der Maker von Haus aus natürlich sehr wenig Mittel zur Verfügung stellt, kann man auch mit diesen eingeschränkten Möglichkeiten viel mehr aus der Story machen, als es im Moment in der Makercommunity getan wird. Auf was sollte man besonders achten?

keine zu kurzen Dialoge. Man kann sich eine noch so tolle Handlung und noch so gute Charaktere ausdenken; gibt man beidem nicht die Möglichkeit sich zu entfalten, war die ganze Mühe umsonst und die Geschichte wird fader als ein in Wasser aufgeweichtes Toastbrot. Das heißt nicht, dass man ins Geschwafel abdriften muss, aber die Dialoge sollten zumindest so umfangreich sein, dass sie die Stimmung der Szene und die Gefühlslage der Charaktere gut vermitteln können.
Animation! Spiele sind mit dem Film stärker verwandt als mit dem Buch, also sollte man auch die Mittel dieses Mediums einsetzen. So begrenzt die Gestik der kleinen Pixelklumpen auch ist, sind selbst kleine Animationen besser als gar keine. Für besonders wichtige Szenen kann man sogar - wie Grandy es in UiD gemacht hat - auf große Bilder zurückgreifen. Nicht vergessen wollen wir das Spektakel, das besonders bei epischen Heldengeschichten niemals fehlen darf. Hier ist das effektvolle Intro von Velsarbor ein gutes Vorbild.
Das auch beim nächsten Punkt gleich angebracht werden kann, denn ein rasanter Einstieg in das Spielgeschehen fesselt den Spieler leichter als die Vertröstung, dass nach dem langatmigen Anfang später ganz tolle Szenen folgen. Natürlich muss nicht jedes Spiel spektakulär beginnen. Wenn die Handlung sowieso ruhig ist, kann ein ruhiger Einstieg diese Stimmung sogar unterstreichen. Gibt es aber viel Action, ist ein Intro wie bei Velsarbor auf jeden Fall besser. Unabhängig vom Tempo der Geschichte sollte man die stereotypen Einstiege vermeiden. Also so was wie: Held wacht im Heimatdorf auf und muss erstmal belanglose Sidequests (Suche der Brille vom Opa usw.) erfüllen.
die Stimmung des Spieles sollte von den Szenen unterstrichen werden. Je nachdem ob die Szene heiter, traurig, dramatisch, romantisch oder was auch immer ist, müssen Musik, Grafik und Dialoge eine bestimmte Atmosphäre erzeugen. Die Wirkung der Szene steigt wirklich ungemein, wenn die richtigen darstellerischen Mittel eingesetzt werden. Davon wird in Makerspielen leider nur sehr selten Gebrauch gemacht, vor allem die Grafik wird sehr stiefmütterlich behandelt, deren Zweck sich auf das "gut aussehen" beschränkt. Was dieses Gebiet angeht, kann man sich auch schon mal bei entsprechenden Filmen inspirieren lassen.
Stilmittel des Filmes lassen sich nämlich auch auf den Maker übertragen. Bei manchen Szenen bietet es sich ruhig mal an kreativ zu sein. Wie wäre es mit interessanten Schnitten, surrealen Szenen oder Allegorien? Das passt natürlich nicht zu jeder Geschichte. Bei subtilem Horror, bei dem die Wahrnehmung des Helden nicht immer zwischen Wahn und Wirklichkeit unterscheiden kann, wäre es aber vielleicht gar nicht mal so schlecht.

Abschließend bleibt nur noch zu sagen, dass eine gute Inszenierung über viele Schwächen der Handlung (inklusive der Klischeehaftigkeit) hinwegsehen lässt, also sollte man, selbst wenn man nicht besonders gut schreiben kann, immer versuchen mit der Inszenierung so viel wie möglich rauszuholen.

2. Spielmechanik
Ein Spiel ist kein Film, also gibt es immer ein gewisses Maß an Interaktivität, von der das Spielvergnügen abhängt. Jeder kennt den Vergleich: Ein Spiel mit schwacher Story und gutem Gameplay wird eher gespielt, als eines mit schlechtem Gameplay und guter Story. Aber was unterscheidet gutes von schlechtem Gameplay? Die Frage ist leider nicht so einfach zu beantworten, weil der Geschmack hier auch eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Trotzdem gibt es einige grundsätzliche Dinge, auf die man achten sollte.

2.1. Spielbarkeit
Einmal mehr begegnen wir dem Problem, dass der Maker großen technischen Einschränkungen unterliegt. Bevor man also die tollsten Features einbaut, sollte man sich überleben, ob man sie überhaupt umsetzen kann und ob sie sich auch gut spielen lassen. Es bringt nichts, wenn die Mitstreiter per KI gesteuert werden, aber jeder Schritt eine Minute dauert, weil der Maker solange rumrechnen muss.

http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Ich mache das Spiel aber auf einem Supercomputer der NASA!
Ja, aber man sollte davon ausgehen, dass die Spieler auch ältere Rechner zuhause stehen haben. Es ist besser ein wenig kürzer zu treten, als einem großen Teil der Spieler vor den Kopf zu stoßen.

Und es geht ja nicht nur um die Performance, sondern auch darum, ob sich das Gameplay-Element über einen langen Zeitraum gut spielen lässt. Was am Anfang innovativ und spannend wirkt, kann dem Spieler nach mehreren Stunden schon zum Hals raushängen. Damit komme ich auch schon zum nächsten Punkt.

2.2. Abwechslung
Die Spielmechanik sollte abwechslungsreich sein. Damit meine ich natürlich nicht, dass man bei Sidequests nur die Gegenstände nach denen der Spieler suchen muss austauscht. Es sollte schon etwas größere Unterschiede zwischen den Aufgabenstellungen geben. Die Möglichkeiten sind fast unendlich: Rätsel, Geschicklichkeitseinlagen, Minispiele, spielumfassende Sidequests, alternative Kampfsysteme usw. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass jedes Gameplay-Element sich irgendwann abnutzt. Also lieber etwas neues ins Spiel bringen, bevor sich der Spieler langweilt. Ganz Experimentierfreudige können sogar ein "verzweigendes Gameplay" ausprobieren. D.h. der Spieler erhält die Möglichkeit, unterschiedliche Gameplayrouten oder sogar -schwerpunkte auszuwählen (s. A Blurred Line).

2.3. Balancing
Ich hab schon öfters Makerspiele gespielt, bei denen es mir so vorkam, als hätten die Entwickler das Spiel selber nie angefasst. Sonst hätten sie bemerkt, dass schon der erste Gegner nur mit großer Anstrengung besiegt werden kann und der Held danach vom zweiten Gegner mühelos getötet wird, weil man weder eine Möglichkeit zum Speichern noch zum Heilen hat. Jeder Entwickler sollte sein eigenes Spiel mindestens einmal von Anfang bis Ende ohne Cheats durchspielen. Da man die Lösung der Rätsel und auch die Schwächen der Gegner kennt, müssen zusätzlich noch neutrale Betatester her; am besten Leute auf die man sich verlassen kann. Obwohl das eigentlich selbstverständlich ist, will man den Spielern doch kein bug-verseuchtes Spiel zumuten. Auch vor den Tests kann man schon etwas für die Spielbalance tun. Versetzt euch in den Spieler rein. Ist die Lösung vom Rätsel wirklich so offensichtlich oder benötigt man noch mehr Hinweise? Sollten es nicht ein paar weniger Gegner im Abschnitt sein? Ist der Endgegner auch besiegbar, wenn der Spieler nicht die Rüstung die vor Feuer schützt gefunden hat?

2.4. Innovation
Man kennt es ja von den kommerziellen Spielen, es kommen immer wieder neue Gameplay-Elemente bzw. sogar neue Gameplay-Systeme hinzu und selbst wenn der Maker ziemlich große Einschränkungen besitzt, ist es auch bei ihm möglich innovativ zu sein.

http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Genau, mit dem supertollen Custom Battle System Deluxe!
Das sich genauso wie das Standard-Kampfsystem spielt. Features sollten kein Selbstzweck sein, sie müssen den Spielspaß erhöhen. Ein einfach nur um 90 Grad gedrehtes Kampfsystem macht das nicht.

http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Dann eben ein Harndrang-Script!
Das mag innovativ sein, ist aber eines der Features von denen ich erstens hoffe, dass sie niemals in ein RPG eingebaut werden und das zweitens dem Spieler rein gar nichts bringt. Er muss einen weiteren Statuswert überwachen, ohne dass damit eine Fähigkeit verbunden ist, es sei denn der Held kämpft mit leerer Blase besser.

http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Bin ich wenigstens dann innovativ, wenn ich kommerzielle Spiele 1:1 adaptiere?
Leider nein, ich würde das sogar anti-innovativ nennen.

Wenn man etwas Innovatives machen will, dann sollte man sich bestenfalls von anderen Spielen inspirieren lassen. Je mehr Eigenarbeit hinter der Idee steckt, desto besser. Dann kann man sich zu Recht für die Idee feiern lassen.

Damit habt ihr dann auch schon das Ende vom Tutorial erreicht, das sicherlich umfangreicher hätte ausfallen können, aber für den Anfang sollten die Ratschläge erstmal reichen und eigentlich sind sie ja sowieso nur als Denkanreiz gedacht. Es kann nie schaden, sich Gedanken über sein Hobby zu machen und ein wenig Selbstkritik ist auch nie fehl am Platze. Das war's.

Greyce
22.10.2008, 17:49
Ich hab es jetzt mal grob überflogen, gefällt mir eigentlich großteils was ich lese.

Bei der Planung könntest du noch ergänzen, dass eingebaute Features auch vorher geplant sein sollten(zumindest die, die das Spiel erheblich beeinflussen).
Imo sollte man nur einige, wenige Features in das Spiel einbauen, aber diese
dann auch konsequent nutzen. Skills die der Spieler erworben hat, will er wahrscheinlich auch einsetzten und das auch später im Spiel.

Ansonsten gute Ansammlung an Ratschlägen. Du könntest auch Ratschläge anderer in deinen Post editieren, wenn du sie für angemessen hälst.

Engel der Furcht
22.10.2008, 17:52
Wunderschönes Tutorial,Kelven.

Habe mir nicht alles durchgelesen,aber das meiste.


Dann eben ein Harndrang-Script!
Das mag innovativ sein, ist aber eines der Features von denen ich erstens hoffe, dass sie niemals in ein RPG eingebaut werden und das zweitens dem Spieler rein gar nichts bringt. Er muss einen weiteren Statuswert überwachen, ohne dass damit eine Fähigkeit verbunden ist, es sei denn der Held kämpft mit leerer Blase besser.

Wäre aber mal ne Gute Idee,
Ist die Blase voll - Neue Technik gelernt "Gegner anpinkeln",
wie das wohl bei frauen aussehen würde...:hehe:

Varnhagen
22.10.2008, 18:14
Oho, schönes Tut, kommt gleich in meine Sig.

Gute Arbeit.

€: Mal pinnen, bitte.

Karl
22.10.2008, 18:21
Ich habs mir noch nicht durchgelesen, aber ich drucke es gerade aus. Lesen von längeren Texten am Computer ist mir zu stressig. Aber vom Thema her ist es sehr interresant. Ich editiere meine Meinung gleich rein.

~Nebary

edit:
Ja, ich stelle fest, ich hätte es doch nicht ausdrucken müssen. Es war ja relativ kurz. Nun ich muss sagen, es ist schön und so, aber mir hat es nicht geholfen. Ich kann dir leider keine Liebesgrüße schicken. Trotzdem danke

Supermike
22.10.2008, 18:40
Kelven, ich liebe dich!
Der Abschnitt 1.5 ist wirklich sehr hilfreich!
Allgemein ist das tut sehr gut und es ist interssant das ganze mal aus deiner Sicht zu sehen... ähm... lesen.

DNKpp
22.10.2008, 19:04
hmm.. also ich weiß nicht so recht...

ich finde es jetzt nicht sonderlich informatief.
keine der wirklichen schwierigkeiten des spieleerstellens wurde konsequent bearbeitet. von daher kann man es imo auch nicht tutorial nenne, weil es einfach zu wenig ist.
es ist mehr oder weniger wie eine kurze erklärung zu den einzelnen themen, aber eine wirkliche hilfe oder gar tutorial ist es definitiv nicht.
klar willst du kein komplettes tut von vorne bis hinten schreiben, sollst du auch nicht, aber ein bissl mehr in die tiefe hätte man schon gehen können.

ich finde es übrigens ok, wenn man auf andere tutorials verweißt, denn noch sollte man sie dann verlinken, oder zu mindest ein beispiel geben (sprich das "xyz -mega tutorial" von abc)
weil so hilft es niemanden so wirklich weiter (gut, mir nicht, werde die verallgemeinerungen lassen xD)
wie gesagt, es gibt einige interessante punkte, die sich durchaus zu lesen lohnen(!!!!) ist es nur eine kurze einführung /erklärung.

bevor jetzt jemand meint tutorial == erklärung.....
ein tutorial ist für mich ein text (meistens mit bilder, hier aber nicht zwingend nötig) der sich auf ein themengebiet bezieht (bis hierhin ist es ja alles richtig, was im thread steht), aber die meisten unterthemen explizit behandelt. mit beispielen, die länger als "wie in velsarbor" o.ä. sind (ich für meinen teil hasse demos, weswegen ich velsarbor nie gespielt habe), weil wie in der klammer erwähnt, es noch leute gibt, die diese mega games (demos) nie gespielt haben.

zum abschluss sei noch gesagt, ich habe es mir komplett durchgelesen, und eigentlich nette arbeit, aber wie oben beschrieben noch nicht nett genug xD

mfg anti-freak

Kelven
22.10.2008, 19:13
Welche Schwierigkeiten beim Spielherstellen hätte ich den ansprechen sollen?


ich finde es übrigens ok, wenn man auf andere tutorials verweißt, denn noch sollte man sie dann verlinken, oder zu mindest ein beispiel gebenDas kann ich nicht, da ich die entsprechenden Tutorials nicht kenne. Allerdings sollte man sie mit etwas Eigenarbeit finden können.

Und dass jemand Anspielungen und Verweise nicht kennt, lässt sich leider nicht vermeiden.

Ascare
22.10.2008, 19:52
Solange ein Text lehrreich ist, kann man ihn durchaus als Tutorial bezeichnen. O_O

Habs mir durchgelesen. Insbesondere finde ich den Punkt wichtig die Dialoge vorher zu planen und die Motivationen der Protagonisten zu verdeutlichen.
Du sprichst zwar den Punkt an das Dialoge möglichst umfangreich sein sollten, aber das wird oft missinterpretiert. Ich lese oft im Maker lange Dialoge, die man hätte min. um die Hälfte kürzen können, weil einfach viel belangloses mit in das Gespräch reingequetscht wird. Ich finde Spieler sollten lernen die Essenz eines Gesprächs zu filtern und diesen dem Spieler zugänglich zu machen.
Weiterhin finde ich auch gut, das du nicht darauf bestehst "So und so muss das sein!", nein, du sagst sogar explizit das du davon keine Ahnung hast, was ich eher als ein "Ich will euch nichts vorschreiben" wahrnehme. Denn es ist wie so oft: Es gibt kein allgemein gültiges Gesetz das jederzeit und immer wieder anwendbar ist. Ich find's gut das du im Gegensatz zu anderen Tuts zeigst das es nur Ratschläge aus deiner Sicht sind - und Gute dazu.

Ianus
22.10.2008, 20:13
2.3. Balancing
Ich hab schon öfters Makerspiele gespielt, bei denen es mir so vorkam, als hätten die Entwickler das Spiel selber nie angefasst. Sonst hätten sie bemerkt, dass schon der erste Gegner nur mit großer Anstrengung besiegt werden kann und der Held danach vom zweiten Gegner mühelos getötet wird, weil man weder eine Möglichkeit zum Speichern noch zum Heilen hat. Erinnert mich an ein Spiel, dass ich kürzlich heruntergeladen habe - es war ablosut kein Problem, auf der ersten Karte zu sterben. Ehrlich gesagt war es verdammt schwer, überhaupt zu überleben. :D Ein Brüller für mich, der ich das Spiel angesichts dieses Umstandes sofort lachend gelöscht habe, aber ein Horror für andere.

Denkt daran: Jedes Spiel hat einen steigenden Schwierigkeitsgrad. Das bedeutet, dass man auf der ersten Karte nicht sterben kann, sofern man nicht Hirntod ist oder zum ersten mal Computerspiele spielt. Die erste Karte ist Einführung ins Spielprinzip.

.okotsune
22.10.2008, 20:20
:A Super gutes Tutorial, respekt Kelven.
Speichere es mir gleich als Textdatei :)!

White Cat Kyuba
22.10.2008, 20:27
http://www.pic-upload.de/22.10.08/q8qu8m.png Ich mache das Spiel aber auf einem Supercomputer der NASA!
Ja, aber man sollte davon ausgehen, dass die Spieler auch ältere Rechner zuhause stehen haben. Es ist besser ein wenig kürzer zu treten, als einem großen Teil der Spieler vor den Kopf zu stoßen.


Da musste ich lachen und an Crysis denken das man trotz superteurem top aktuellem PC NIE halbwegs vernünftig lief.

ne aber insgesammt ist das tutorial sehr hilfreich und Schlaumi ist dabei ^^

real Troll
23.10.2008, 18:30
Das hat sich gerade sehr schön in einem Ruck weggelesen. Die Länge stimmt auch, andernfalls lesen es wahrscheinlich weder gerade die, an die es sich hauptsächlich richtet, noch die, die schon alles zu wissen meinen. Als Einsteigerlehrpfad, auf was man alles achten könnte, ist das ebenso sehr geeignet, wie als Grundlagenvergewisserung für Fortgeschrittene. Ich finde es auch schön, dass Du Dich selbst zurücknimmst und lediglich von Möglichkeiten, nicht etwa Gesetzmäßigkeiten, erzählst.
Nur ein Punkt stört mich, nämlich Deine Empfehlung, das Spiel von Anfang bis Ende zu planen, bevor man zur Umsetzung am Maker schreitet. Nur noch digital nachzubauen, was schon einmal auf dem Papier konstruiert wurde, ist nicht gerade unterhaltsam. Schlimmstenfalls derart langweilig, dass man am eigenen Projekt die Lust verliert, da es für einen selbst keine Belohnungen für kreative Schübe beim Makern bietet.

Gegenvorschlag:
Was ist eigentlich bei einem RPG zu planen? Der Held startet in Gegend A und wird sich immer ins Gebiet Z durchschlagen müssen, wo der Finalkampf wartet. Dazwischen liegen die mit Gameplay zu füllenden Bereiche B, C, D, ... die einer nach dem anderen passiert werden müssen. Und meistens geht es dann darum, das Bossmonster des jeweiligen Bereiches zu verhauen, auf das die Passage ins nächste Gebiet freigegeben wird.
Das lässt sich auch ohne Detailplanung während des Makerns gestalten, also einfach unterwegs, denn der Grundaufbau bleibt gleich. Derart gleich, dass es aus dieser Perspektive kaum einen Unterschied zwischen Rollen-, Baller- oder Hüpfspielen gibt; es funktioniert überall genauso. Die Handlung ist eigentlich der schwächste, weil im Grundprinzip immer gleiche Teil eines Spiels.
Wer anfangs einfach den angestrebten Spielumfang mit seinem Ideenhaushalt in Einklang bringt, hat damit schon alles wesentliche an "Planung" erledigt und sollte sich lieber um Spielmechanik und Inszenierung kümmern.

Kelven
27.10.2008, 17:03
Nur ein Punkt stört mich, nämlich Deine Empfehlung, das Spiel von Anfang bis Ende zu planen, bevor man zur Umsetzung am Maker schreitet. Nur noch digital nachzubauen, was schon einmal auf dem Papier konstruiert wurde, ist nicht gerade unterhaltsam. Schlimmstenfalls derart langweilig, dass man am eigenen Projekt die Lust verliert, da es für einen selbst keine Belohnungen für kreative Schübe beim Makern bietet.Das kann ich so nicht nachvollziehen. Es macht Spaß sich Handlung und Spielmechanik auszudenken. Es macht Spaß beides zu implementieren. Wieso sollte das Entwickeln also weniger Spaß machen, wenn man mit der Planung anfängt? Die kreativen Schübe kann man auch vor dem Entwickeln haben und wenn man später doch noch eine gute Idee hat, ist es auch kein Problem sie einzubauen. Wer die Handlung nicht in ihrer Gesamtheit sieht, macht den Fehler eines Malers, der direkt vor seinem großen Bild sitzt und viele kleine Stellen mit höchster Kunstfertigkeit malt, aber dann, nachdem er einen Schritt zurückgetreten ist, merkt, dass alles nicht zusammenpasst. Beim Gameplay ist die Gefahr nicht so groß, die meisten Dungeons plane ich auch erst kurz bevor ich mit den Maps anfange. Aber trotzdem immer noch bevor das erste Tile gesetzt wurde.

real Troll
27.10.2008, 21:54
@ Kelven
Das musst Du auch nicht nachvollziehen können. Dein Geschmack ist offenbar ein gänzlich anderer und deshalb habe ich einfach einmal erwähnt, dass für Menschen mit anderen Vorlieben in Deinem Modell ein paar Spaßbremsfallen schlummern.
Weil die Handlung in einem Computerspiel meist schön schlicht ist - das meine ich nicht als Kritik, mir reicht "Töte den Dämon mit der Macht der 7 Kristalle" als Spielvorgabe absolut aus - halte ich es auch nicht für nötig, die Szenenabfolgeplanung zu verwissenschaftlichen. Für so grob gesponnene Erzählfäden, wie sie ein Spiel nutzt, reicht Drauflosmakern als Methode völlig aus. Man müsste schon ein arger Schusselkopf sein, um da wirklich Gefahr laufen zu können, sich in so etwas heillos zu verheddern.
Und einem abwechslungsreichen Gameplay kann es auch nur gut tun, wenn nicht alles nach Schema F funktioniert, also nicht alles einmal geplant wurde und dann immer und immer nach dieser Grundidee funktioniert, sondern wenn der Spieler auf etwas mehr Abwechslung stößt. Die Ideen dazu kommen nicht zwangsläufig alle auf einmal, sondern nach und nach. Da ist es dann sogar arbeitsökonomisch, die Planungs- mit der Umsetzungsphase in eins zu setzen sich während des Spielfortschritts auch weiter kreativ zu fordern.

Kelven
27.10.2008, 22:41
Weil die Handlung in einem Computerspiel meist schön schlicht ist - das meine ich nicht als Kritik, mir reicht "Töte den Dämon mit der Macht der 7 Kristalle" als Spielvorgabe absolut aus - halte ich es auch nicht für nötig, die Szenenabfolgeplanung zu verwissenschaftlichen. Für so grob gesponnene Erzählfäden, wie sie ein Spiel nutzt, reicht Drauflosmakern als Methode völlig aus. Man müsste schon ein arger Schusselkopf sein, um da wirklich Gefahr laufen zu können, sich in so etwas heillos zu verheddern.Solche Geschichten kann man aber sicherlich nicht als Idealzustand bezeichnen - zumindest nicht für die Spiele über die ich hier spreche, nämlich storyintensive Rollenspiele. Die meisten Makerspiele wollen in diese Sparte gehören, sie adaptieren das Konzept japanischer Rollenspiele, wollen also einen Film zeigen, dessen Fortgang die Belohnung für das erfolgreiche Bewältigen der Gameplayaufgaben ist. Bei solchen Spielen muss zwangsläufig viel Wert auf die Handlung gelegt werden. Ohne Planung geht das nicht, sonst kommt das heraus, was es bei der Mehrheit der Makerspiele zu sehen gibt.

real Troll
28.10.2008, 22:20
Auch storyintensive Rollenspiele müssen ihre Geschichten in zu absolvierende Häppchen zerlegen, um überhaupt spielbar zu sein. Damit sind dort Spannungsbögen wie in der Literatur gar nicht zu machen. Storyintensiv heißt dann doch nur, in so einem Spiel ereignet sich in gewissen Abständen etwas mehr als in anderen Spielen. Aber die Handlung bleibt inhaltliche Füllmenge für die Gameplayelemente. Um mich einmal selbst zu zitieren:

Der Held startet in Gegend A und wird sich immer ins Gebiet Z durchschlagen müssen, wo der Finalkampf wartet. Dazwischen liegen die mit Gameplay zu füllenden Bereiche B, C, D, ... die einer nach dem anderen passiert werden müssen. Und meistens geht es dann darum, das Bossmonster des jeweiligen Bereiches zu verhauen, auf das die Passage ins nächste Gebiet freigegeben wird.
Ich meine, Spiele sind gar nicht für das in der Lage, was Du behauptest. Ihre Haupthandlung muss simpel sein, um als Spiel funktionieren zu können; über ihnen spannt sich eine Simplifizierungskuppel und wer inhaltlich zu hoch steigt, stößt sich den Kopf.

Kelven
29.10.2008, 11:45
Die Spielentwickler greifen aber schon seit Längerem sogar auf die Dramatheorie von Aristoteles zurück, zumindest meine ich das mal gelesen zu haben, also wird hier auch fleißig von Spannungsbögen, Cliffhangern u.ä. Gebrauch gemacht. Außerdem kann man bei den Spielen von denen ich spreche nicht sagen, dass die Handlung ein Füllelement ist. Sie ist gegenüber dem Gameplay mindestens gleichberechtigt.


Ich meine, Spiele sind gar nicht für das in der Lage, was Du behauptest. Ihre Haupthandlung muss simpel sein, um als Spiel funktionieren zu können; über ihnen spannt sich eine Simplifizierungskuppel und wer inhaltlich zu hoch steigt, stößt sich den Kopf.Dann würde es so was wie die Xenosaga-Reihe gar nicht geben. Ich weiß allerdings auch nicht was du unter einer simplen Handlung verstehst.

Glacier
29.10.2008, 11:49
Solche Geschichten kann man aber sicherlich nicht als Idealzustand bezeichnen - zumindest nicht für die Spiele über die ich hier spreche, nämlich storyintensive Rollenspiele. Die meisten Makerspiele wollen in diese Sparte gehören, sie adaptieren das Konzept japanischer Rollenspiele, wollen also einen Film zeigen, dessen Fortgang die Belohnung für das erfolgreiche Bewältigen der Gameplayaufgaben ist. Bei solchen Spielen muss zwangsläufig viel Wert auf die Handlung gelegt werden. Ohne Planung geht das nicht, sonst kommt das heraus, was es bei der Mehrheit der Makerspiele zu sehen gibt.

Könntest du etwas mehr zu dem Konzept japanischer Rollenspiele sagen?

Kelven
29.10.2008, 14:59
Grob gesehen - man kann's natürlich nicht pauschalisieren - sind japanische Rollenspiele viel weniger interaktiv als die westlichen und ähneln wie gesagt einem Film, der weiterläuft, wenn der Spieler die Gameplay-Aufgaben gelöst hat. Folglich steht die Handlung bei japanischen Spielen stärker im Vordergrund als bei den westlichen. Es gibt noch weitere Merkmale wie vorgegebene Charaktere (bei westlichen Spielen kann man die Figuren häufig selber zusammenbasteln) und weniger einheitlichen Settings (westliche Spiele greifen gerne zur Standardfantasy).

real Troll
30.10.2008, 15:30
Ich weiß allerdings auch nicht was du unter einer simplen Handlung verstehst.
Dann rede ich eben beispielhafter.
Eine miese Echsenkröte entführt die Prinzessin und der furchtlose Held zieht los, sie zu retten, indem er Schurken tothüpft. Funktioniert prima als Spiel.
Man lenkt den Sohn des bösen Gottes und kann nur dadurch seine dunkle Seite bekämpfen, indem man möglichst viele Halunken dahinschlachtet. Funktioniert prima als Spiel.
Ein höllischer Dämon hält eine Ortschaft in Angst und Schrecken, also begibt sich der Held in die Katakomben und bringt alles um. Funktioniert prima als Spiel.

Spiele benötigen Handlungen, in denen Konflikte veräußerlicht werden. Natürlich gibt es auch dort Helden, die an sich oder ihrer Welt leiden, aber letztlich defininieren sie sich ausschließlich über ihre Taten. Reine Tatmenschen eben. Wie könnte auch anderes spielbar gestaltet werden? Die Welt muss als Raster, als in Level einteilbare Teilstücksammlung funktionieren, die der Spieler auf Knopfdruck meistert. Das Simple der Handlung folgt daraus.

Ianus
30.10.2008, 17:59
Könntest du etwas mehr zu dem Konzept japanischer Rollenspiele sagen? Westliche Rollenspiele bar jeglicher Simulation=Östliches Rollenspiel. Danach musst du damit leben, dass sie sich auf eine andere Kultur beziehen und vor Adaptionen nicht zurück schrecken. Denk nur mal, was für einen Aufstand es gab, als Romeo&Julia in einem mexikanischen Setting verfilmt wurde - solche Sachen sind ganz normal für japanische Popkultur.


Spiele benötigen Handlungen, in denen Konflikte veräußerlicht werden. Natürlich gibt es auch dort Helden, die an sich oder ihrer Welt leiden, aber letztlich defininieren sie sich ausschließlich über ihre Taten. Reine Tatmenschen eben. Wie könnte auch anderes spielbar gestaltet werden? Die Welt muss als Raster, als in Level einteilbare Teilstücksammlung funktionieren, die der Spieler auf Knopfdruck meistert. Das Simple der Handlung folgt daraus. Auch ein Märchen - die klassische Geschichte über Tatmenschen - profitiert davon, gut durchgeplant und abgestimmt worden zu sein. Wäre der Sandmann nicht gut durchkomponiert, hätten wir das Motiv des Augenhorrors (Blutrote dämonische Augen, usw) vermutlich überhaupt nicht in unserem Reportair. Die Veräußerlichung bietet auch eine Reihe von Möglichkeiten - ich denke da z.B. an den Anime der Zwölf Königreiche, wo alle Konflikte aus dem Kopf der Heldin auf konkrete Personen verschoben wurden. Oder an Utena, wo der Konflikt total in einer pompösen Zeremonie in einem riesigen Schloss veräußerlicht wurde.
Selbst der Werther veräußerlicht seine Konflikte in Schlafwandeln und Naturerlebnissen. Wenn du die totale erzählerische Innenperspektive suchst, dann kommst du am Roman an, von dem Kelven gewarnt hat. Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit und der Mann ohne Eigenschaften sind keine guten Vorbilder für Spiele, klar. Aber davor ist man gewarnt worden.

real Troll
01.11.2008, 08:26
@ Ianus
Folgen also alle Bücher dem Schneewittchen-Prinzip? Ist ein Buch nie etwas anderes als eine Geschichte über die - letztlich körperliche - Auseinandersetzung zwischen dem reinen, zarten Guten und seinem Widerpart? Da ich schon so frage, liefere ich arglistig suggerierend die Antwort schon mit: Wohl kaum. Die Bandbreite der Themen ist weiter gesteckt, eben weil sich kein Autor mit der Fessel plagen muss, sein Geschriebenes auch in einem nachspielbaren Zuschnitt zu liefern.
Mehr noch: Fällt Dir eigentlich ein - ja, nur ein einziges - Rollenspiel (Computer oder Konsole) ein, dessen Ziel nicht darauf hinausläuft, den Oberbösewicht zu töten? Fasse beides zusammen und Du bemerkst vielleicht, was ich mit simpler Handlung meine.
thematische Enge und vorhersagbares Ende.
Wie wenig schlimm ich das bei einem Spiel finde, habe ich ja bereits geschrieben.

Kelven
01.11.2008, 08:42
Eine simple Spielstory besitzen Spiele wie Diablo, Zelda oder Shooter. Es wird kaum was gesagt, es wird keine Geschichte erzählt, man weiß nur, dass es eine Bedrohung gibt, die man ausschalten muss. "Das da ist dein Feind. Töte ihn". Alles andere sind für mich schon keine simplen Spielstories mehr. Ein Vergleich mit Literatur ist mMn unangebracht und wenn du Spiele schon mit einem völlig anderen Medien vergleichst, müsstest du Groschenromane für den Vergleich heranziehen. Spiele richten sich an Teenager und junge Erwachse, an die Leute, die Popkornkino anschauen, nicht an Faust-Leser.

Mal abgesehen davon machst du es dir sehr einfach, wenn du eine Geschichte nur auf ihr Ende reduzierst. Der Kampf gegen den Oberbösewicht ist der gameplaytechnische Höhepunkt, nicht der handlungstechnische. Es gibt ihn nur, weil die ganzen Video-Rollenspiele so stark auf's Kämpfen ausgelegt sind. Bei Ultima IV oder Ultima VI muss man btw. gegen keinen Oberbösewicht kämpfen, wenn ich mich nicht irre. Bei U4 muss der Held alle Tugenden meistern, um zum Avatar aufzusteigen und bei U6 muss der Held Menschen und Gargoyles miteinander versöhnen. Die Spiele sind aber auch eher die von Ianus angesprochenen Simulationen (eben westliche RPGs). Ich bin jedenfalls der Meinung, dass in einem Spiel der Weg viel wichtiger als das Ziel ist und bei ihm trennt sich auch die Spreu vom Weizen.

real Troll
01.11.2008, 09:25
Ein Vergleich zur Literatur ist keineswegs unangebracht. Wenn man sich zum Handlungsgehalt von Spielen äußert, benötigt man natürlich Vergleichswerte, um überhaupt Kriterien zu haben. Spiele nur mit Spielen zu vergleichen, wäre sehr selbstreferentiell und nabelschaubesessen. Wie Du ja selbst sagst, sind Spiele stark auf das Kämpfen konzentriert und schöpfen daher nur einen Teil dessen ab, was prinzipiell an erzählter Geschichte möglich wäre. Eben diese Möglichkeiten bekommt man in den Blick, indem man auf andere Medien schaut. Und dass man beim Begriff "Literatur" nicht gleich vor Ehrfrucht erschauern muss, zeigt Dein Beispiel mit Groschenheftchen oder anderer Bahnhofslektüre. Allerdings gibt es auch mehr - weitaus mehr.

Und dieses Mehr kommt in Spielen nicht vor - oder kaum vor, wie ich gerade aus Deinen Ultimabeispielen gelernt habe. Warum, habe ich schon ausgeführt. Wenn Du nun schreibst, in einem Spiel sei der Weg wichtiger als das Ziel, stimme ich Dir vollkommen zu, wenngleich ich das in einem anderen Sinn äußere. Bei mir heißt das: Fadenscheinige Nothandlung (Ziel) reicht vollkommen aus, solange das Gameplay (Weg) stimmt. Und aus den genannten Gründen erwarte ich von einer Handlung auch prinzipiell nicht allzu viel. Ich bin genügsam, kann selten enttäuscht werden und versuche, ein Computerspiel nicht mit Unleistbarem zu überfordern.

Ianus
01.11.2008, 12:27
@ Ianus
Folgen also alle Bücher dem Schneewittchen-Prinzip? Ist ein Buch nie etwas anderes als eine Geschichte über die - letztlich körperliche - Auseinandersetzung zwischen dem reinen, zarten Guten und seinem Widerpart? Da ich schon so frage, liefere ich arglistig suggerierend die Antwort schon mit: Wohl kaum. Die Bandbreite der Themen ist weiter gesteckt, eben weil sich kein Autor mit der Fessel plagen muss, sein Geschriebenes auch in einem nachspielbaren Zuschnitt zu liefern.
Youko war nicht unbedingt gut oder entschlossen und ihr märchenhaftes Einhorn ist extrem befangen gegenüber allen anderen Wesen. Der aus Japan stammende König des nächsten Königreiches war recht brutal, zwei andere fanatisch, der nächste und sein Kirin schwul. Gerade mal eine der präsentierten Herrscher könnte man als weise bezeichnen, aber ihre Weisheit hatte Kanten und Spitzen. Die Veräußerlichung lief auch nicht unbedingt auf Gewalt hinaus - Aozaru tat Youko keine Gewalt an, er spiegelte nur ihr Inneres und die Kirin und Youkai machten den Zustand eines Reiches sichtbar. Die Handlung entwickelt sich in der Spiegelung und Wieder-Spiegelung, nicht unbedingt im körperlichen Konflikt.

Bei Utena war das Duell symbolisch, da das Ziel der Schwerter schlussendlich die Rose und über sie hinaus die Unterwerfug einer dritten Person war.

Was die Schnittmengen zwischen Märchen und Rollenspielen angeht, wollte ich hier einen riesigen Text setzen. Aber es lohnt sich in meinen Augen im Moment nicht, da du dich im Kern sowieso der Märchenmethode bedienst.

Was den Konflikt zwischen dem reinen, zarten Guten und dem Bösen angeht - der wird bei japanischen Rollenspielen durch das Basara-Motiv minimal modifiziert, aber abgeändert wird er deswegen nicht.

Mehr noch: Fällt Dir eigentlich ein - ja, nur ein einziges - Rollenspiel (Computer oder Konsole) ein, dessen Ziel nicht darauf hinausläuft, den Oberbösewicht zu töten? Fasse beides zusammen und Du bemerkst vielleicht, was ich mit simpler Handlung meine.
thematische Enge und vorhersagbares Ende.
Wie wenig schlimm ich das bei einem Spiel finde, habe ich ja bereits geschrieben. Planescape: Tornment. Den Obermotz zu töten verflucht den Charakter und seine Begleiter. Das beste Ende beinhaltet allerdings immer noch, das die gestörte Ordnung wieder hergestellt wird. In Ultima verhält sich der Avatar wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wurde. Sein Eingreifen löst immer weitere Katastrophen aus, welche er dann zu beheben hat.
Septerra Core lief zwar auf einen Endkampf hinaus, aber was die Geschichte schlussendlich abschloss, war eine Tätowierung und die Wiedererfüllung des Mythos', nicht der Tod.

real Troll
01.11.2008, 13:05
@ Ianus
Faszinierend. Geh aber trotzdem einfach davon aus, dass wir verschiedene Hobbies haben und nicht jeder Deine überschwängliche Freude an fernöstlichen Mystikgeschichten teilt. Dann ergibt sich vielleicht sogar eine Basis, auf der zu reden lohnt. ;)
So bleibt mir nur möglich, auf die Reststumpfen einzugehen, und wie Du Dir denken kannst, sind das dann lediglich nur beispielentkleidete Allgemeinplätze (Der Kampf sei symbolisch zu sehen ...). Darum lasse ich das lieber.

Was den Konflikt zwischen dem reinen, zarten Guten und dem Bösen angeht - der wird bei japanischen Rollenspielen durch das Basara-Motiv minimal modifiziert, aber abgeändert wird er deswegen nicht.
Ich bezog mich bei diesem Konflikt auf einige Märchenbücher, und fügte an, sie stehen nun nicht gerade für all das, was es noch an Handlungsmöglichkeiten gäbe. Wenn Du nun schreibst, dieser Konflikt werde in allen japanischen Rollenspielen immer und immer wieder unverändert als Erzählmotiv angeboten, kann ich das nur als zusätzliche Bestätigung der simplen Handlung in Spielen ansehen. Falls Du ein Gegenargument geplant haben solltest, versuche es einmal neu zu formulieren.

Ianus
01.11.2008, 14:02
@ Ianus
Faszinierend. Geh aber trotzdem einfach davon aus, dass wir verschiedene Hobbies haben und nicht jeder Deine überschwängliche Freude an fernöstlichen Mystikgeschichten teilt. Dann ergibt sich vielleicht sogar eine Basis, auf der zu reden lohnt. ;)
So bleibt mir nur möglich, auf die Reststumpfen einzugehen, und wie Du Dir denken kannst, sind das dann lediglich nur beispielentkleidete Allgemeinplätze (Der Kampf sei symbolisch zu sehen ...). Darum lasse ich das lieber. Das Spiegelmotiv ist nicht unbedingt rein asiatisch, weißt du. Auch im Sandmann spiegelt sich der Hauptcharakter in dem Robotermädchen und Schneewittchens Stiefmutter fragt den Spiegel, wer die Schönste im ganzen Land sei. Vampire haben kein Spiegelbild, die Medusa wurde durch ihr eigenes Bild getötet usw... .
Der Punkt bei den Zwölf Königreichen war, dass man kontrolliert einen Tropfen Realismus in ein märchenhaftes Szenario einfließen ließ und die Verwerfungen beobachtet. Die märchenhaften Elemente klärten die Realien durch Spiegelungen.
Etwas vergleichbares hat einer der vielem Manga über eine typische Videospielwelt, Shiinai Dark, ebenfalls gemacht. Das Szenario ist Märchenhaft, aber mit Einsprenkungen von Realien. Z.b. in der Art, wie ein Held erwählt wird und in der Interaktion der einzelnen Märchenkönigreiche. Die Mischung ergibt ein faszinierendes Aroma, IMO.
Allerdings benötigen solche Erzählungen IMO ein gewisses versprachlichtes Verständnis der Stereotypen. Mir scheint, du bestreitest den Wert dieses in Worte fassbaren Erkenntnisses über die Geschichten, die wir hier konsumieren mit deiner Methode.

Das Beispiel bei Utena bezog sich darauf, dass ein einfacher Konflikt mehr bedeuten kann, als einen weiteren Schritt zum nächsten Level-Up. Es ist eine Frage der Inszenierung. Kein normale Kampf - eigentlich nicht einmal die Bosskämpfe - sind in RPGS besonders bedeutungsschwanger. Man drückt einfach auf die Knöpfe, bis sich ein Gegner auflöst und das nächste Stück Handlung freigeschalten wird. Da würde mehr Potential stecken - das möchte ich mit dem Beispiel aufzeigen.


Ich bezog mich bei diesem Konflikt auf einige Märchenbücher, und fügte an, sie stehen nun nicht gerade für all das, was es noch an Handlungsmöglichkeiten gäbe. Wenn Du nun schreibst, dieser Konflikt werde in allen japanischen Rollenspielen immer und immer wieder unverändert als Erzählmotiv angeboten, kann ich das nur als zusätzliche Bestätigung der simplen Handlung in Spielen ansehen. Falls Du ein Gegenargument geplant haben solltest, versuche es einmal neu zu formulieren. Nein, ich finde deine Methode und deine Vorgehensweise durchaus sympathisch und vollkommen berechtigt. Ich habe einfach andere Ansichten darüber, wie man am besten mit der ganzen Materie arbeiten kann und ein Maximum daraus herausschlägt.

real Troll
01.11.2008, 16:23
Der Frage von Anschein, Suche unbd Identität mag kulturübergreifende Relevanz zukommen, doch ist man spätestens hier im Bereich der fast beliebig auslegbaren Gummiworte angekommen. Beispiele lieferst Du selbst, indem Realitätströpfchen in Fiktionen sogleich als Ausweis irgendwie gehaltvollerer Wesensart gedeutet werden. Nur weil ein Spiel Motive unserer heutigen Welt aufnimmt, wird es nicht zu einer lehrreichen Parabel.
Ich glaube, was Du an Potential siehst, deutest Du selbst dort hinein. Zugegeben, in einer sophistisch veranlagten Runde mag es amüsant sein, sich gegenseitig mit Interpretationsangeboten zu übertrumpfen, was die Szene "Mann wird von Krokodil in den Schritt gebissen" eigentlich über das Ausmaß unserer postmodernen Vereinzelung aussagt, aber auch wenn sich unsere Fantasie über die Kläglichkeit des tatsächlichen Objekts erheben kann, sollte man sich doch bewusst machen, was lediglich Imagination und was tatsächlicher Gehalt ist.
Wenn Spiele anregend genug auf Dich wirken, über sie hinauszugehen, ist das fein. Aber das Vermögen dazu kommt aus Dir, nicht aus dem unterhaltsamen Farbgedudel im Monitor.

Jerome Denis Andre
01.11.2008, 19:50
Mehr noch: Fällt Dir eigentlich ein - ja, nur ein einziges - Rollenspiel (Computer oder Konsole) ein, dessen Ziel nicht darauf hinausläuft, den Oberbösewicht zu töten? Fasse beides zusammen und Du bemerkst vielleicht, was ich mit simpler Handlung meine.

Jep !

SW-KotoR 2 - Da bleibt Kreya/Darth Treya nachm Endkampf am Leben.

( Auch wenn se sich zugegebnermaßen danach selbst umbringt, indem sie auf dem zerberstenden planeten bleibt )

Ianus
02.11.2008, 17:25
Der Frage von Anschein, Suche unbd Identität mag kulturübergreifende Relevanz zukommen, doch ist man spätestens hier im Bereich der fast beliebig auslegbaren Gummiworte angekommen. Beispiele lieferst Du selbst, indem Realitätströpfchen in Fiktionen sogleich als Ausweis irgendwie gehaltvollerer Wesensart gedeutet werden. Nur weil ein Spiel Motive unserer heutigen Welt aufnimmt, wird es nicht zu einer lehrreichen Parabel
Ich glaube, was Du an Potential siehst, deutest Du selbst dort hinein. Zugegeben, in einer sophistisch veranlagten Runde mag es amüsant sein, sich gegenseitig mit Interpretationsangeboten zu übertrumpfen, was die Szene "Mann wird von Krokodil in den Schritt gebissen" eigentlich über das Ausmaß unserer postmodernen Vereinzelung aussagt, aber auch wenn sich unsere Fantasie über die Kläglichkeit des tatsächlichen Objekts erheben kann, sollte man sich doch bewusst machen, was lediglich Imagination und was tatsächlicher Gehalt ist. In den Beispielen, die ich gebracht habe? Kaum. Außerdem wurde die Vereinzelung schon von Ferdinand Tönnies beklagt, als er über Gemeinschaft und Gesellschaft schrieb. Der Rest ist einfach ein Reden über Geschmacksfragen. Man entschuldige, wenn ich die einzelnen Noten und deren Zusammenspiel manchmal schwammig benenne.

Wenn Spiele anregend genug auf Dich wirken, über sie hinauszugehen, ist das fein. Aber das Vermögen dazu kommt aus Dir, nicht aus dem unterhaltsamen Farbgedudel im Monitor. Weißt du, selbst in Pulp wird über Geschlechterfragen gesprochen.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/8/8e/ManAgainstWeasel.jpg

Und über die jeweilige Kultur sogar noch mehr. Die ganzen Stereotypen über den Wilden Westen, den Kampf des Mannes gegen die wilde Natur und was sonst noch da drinnen ist, wurde von den Autoren hinein gelegt. Unbewusst natürlich, aber der kulturelle Kontext ist trotzdem da.

real Troll
03.11.2008, 19:03
Geschlechterfragen sind zwar interessanter als Unterhaltungen über das Wetter, aber selbst akademisch verbrämtes gender-Fabulieren ist dann doch eher Tussie-Talk als facettenreich geschweige denn originell.
Falls Dein Interesse Dich doch noch auf die Frage des Simpelgrades von Computerspielehandlungen zurücklenken sollte, nehme ich die Diskussion übrigens gerne wieder auf.

Ianus
03.11.2008, 19:42
Wenn das dein Vorschlag ist, gut.


Geschlechterfragen sind zwar interessanter als Unterhaltungen über das Wetter, aber selbst akademisch verbrämtes gender-Fabulieren ist dann doch eher Tussie-Talk als facettenreich geschweige denn originell. Nicht, wenn es darauf hinausläuft, dass man Frauen mit Waffengewalt aus Nazis-Sexlagern rettet oder seine Felder gegen eine Krabben-Invasion verteidigen muss. :D Die Facettierung liegt in der Bündelung von Stereotypen und diese sprechen den Leser/Spieler ungemein gut an.
Du arbeitest in der Reise ins All ja auch gerne damit. Frauen vor dem Phantom der Oper retten? Duelle als Offizier austragen? Das sind Aufgaben, die in deinem Spiel Sinn machen, da sie sich in das gesamte Gewebe einfügen.


Falls Dein Interesse Dich doch noch auf die Frage des Simpelgrades von Computerspielehandlungen zurücklenken sollte, nehme ich die Diskussion übrigens gerne wieder auf. Das größte Problem, dass ich momentan sehe, ist das der Groß der Nutzer mit Stereotypen nicht so inutiv vertraut sind wie du. Das würde vielen Spielen gut tun und sie straffen. Man geht weniger davon aus, ob es Sinn macht und eher davon, ob es schon dagewesen war. Darum fühlt man sich z.B. beim Gelben Adler so, als würde man FFVI noch mal spielen. Nur schlechter. Denn das Esper-Kind, den Dieb, den verwöhnten Prinzen und seinen Bruder und all die anderen sind als Stereotypen sofort lesbar. Die Prinzessin im Gelben Adler nicht. Bei ihrer ersten Begleiterin war es noch krasser - da kam diese Frau in meine Party, und ich hatte keinen schimmer, was sie sein soll? Ist "Alleinerziehende Mutter" eine bekannte Klasse im Rollenspiel?

Kelven
03.11.2008, 20:08
@real Troll
Ich finde der Film ist den Spielen viel näher als die Romane, deswegen würde ich eher ihn mit seinen ganzen Stilmitteln zum Vergleich heranziehen. Das ausschweifende Erzählen eines Romanes lässt sich nicht wirklich auf ein Spiel übertragen, es sei denn man greift zur Visual Novel, aber auch die ist einfacher geschrieben als normale Literatur und letztendlich sowieso kein Spiel mehr. Wie dem auch sei, eine Spielgeschichte ist mMn dann nicht mehr simpel, wenn sie über mehr hinausgeht als dem Spieler nur zu sagen wohin er als nächstes gehen soll. Demnach hat deine Allreise mit all ihrer Charakterinteraktion mMn auch keine einfache Geschichte mehr. Natürlich ist es möglich jede Geschichte auf einen Satz zu reduzieren (oder sogar nur auf ein Wort, vergleiche dazu mal die Theorie dieser Master Plots oder aus welchen Bausteinen Märchen bestehen, ich hab leider die Quellen schon wieder vergessen), aber damit schummelt man ja, nicht wahr? Man muss schon schauen was im Spiel tatsächlich alles erzählt wird.

@Ianus
Was die Stereotypen angeht sind wir dann aber wieder bei der Geschmacksfrage, denn die Allgemeinheit scheint mit ihnen keine großen Probleme zu haben und das kann ich sogar selber unterstreichen, denn ich hab auch kein Problem damit die x-te Eroge-Adaption mit ihren ganzen Bishoujo-Stereotypen anzuschauen, solange mir die Figuren sympathisch sind - was vielleicht gerade wegen ihrer Oberflächlichkeit der Fall ist. Naja, ehrlich gesagt bin ich im Laufe der Zeit auch schon kritischer geworden, aber prinzipiell bleibe ich dabei, Stereotypen sind schon in Ordnung. Das Problem bei den Makerspielen ist meistens, dass die Stereotypen nicht bewußt eingesetzt werden - das hast du ja auch selber gesagt - sondern dass sie nur nachgemacht werden.

real Troll
04.11.2008, 12:14
@ Ianus
Ich halte Stereotypenbildung für einen sehr fruchtbaren Ausweg aus der Simpelklemme der Handlung. Es ist nur sehr schwierig darstellbar, wie sich ein Computerheld seine Welt denkend aneignet. Den schrulligen Charme eines "Herrn Lehmann" oder die wehmütige Vergänglichkeit im "Radetzkymarsch" kann ich mir nur als Buch denken; Spiele schaffen es nicht, in diesen Gütebreich vorzustoßen. Allenfalls könnte man einmal mit verschiedenen Farbgebungen experimentieren, um unterschiedliche Gemütsregungen des Helden anzuzeigen - Verliebtsein taucht natürlich alles in rosarot, Wut und Zorn lassen die Welt in dampfendem Rot erstrahlen, Neid ... tja, grün oder gelb? Mit Bildern ist aber nicht alles zu sagen und der Textmenge ist in einem Spiel aus guten Gründen eine Grenze gesetzt.
Da man also kaum einen facettenreichen Helden während eines Spiels entwickeln kann, greift man eben direkt die Spielererwartungen auf und setzt ihnen etwas vor, das sie auch ohne einführende Bemerkungen annehmen können: Klischees und Stereotype. So bleiben wenigstens Reststumpfen und Ansätze von Charaktermerkmalen im Spiel und das Spiel kann ein Spiel bleiben, ohne sich als gescheiterte Romansimulation bewiesen zu müssen. Und mit ein wenig Ironie und ein paar eingestreuten Subtexten - so wie aktuell in "Sonnenschauer" - lassen sich die schlimmsten Auswüchse des Trivialen sogar umgehen. Simpel bleibt es trotzdem; das schließt meine "Allreise" natürlich mit ein.

@ Kelven
Klar sind Filme und Spiele verwandter, aber erstens geht es hier ja um generalisierende Aussagen (Sind Spielehandlungen thematisch beschränkt und vorhersagbar?), so dass es ganz gut tut, zu sehen, was eigentlich prinzipiell in anderen Medien möglich wäre und zweitens würde mMn eine reine Engführung zwischen Film und Spiel letzteres unnötig herunterziehen; ich halte Spiele für überlegender - zumindest wenn ich auf das für mich Wesentliche blicke, die Fähigkeit, zu unterhalten.
Ich habe nun weder eine ausgereifte Theorie noch einen Kriterienbaukasten, um hier eine Messapparatur aufstellen zu können, die sagt, ab welchen Grenzwerten eine Handlung nicht mehr simpel, sondern ausgereifter oder sogar tiefgehend sei. Aber Dein Beispiel der Charakterinteraktion würde ich nicht als irgendwie wertsteigernd ansehen, wir reden hier schließlich, um beim konkreten Beispiel zu bleiben, von Männchenanklicken und gelegentlichem Einsatz von Zwischennachrichten für den Spieler.
Um Spiele im Bereich Handlung aufzuwerten, müsste man genau das abschwächen, was diese Grenzen setzt: Gameplay. Und für mich sind gerade die Fragen des Spielzuschnitts der Hauptunterhaltungsquell bei einem Spiel. Aber Du hast ja selbst geschrieben, welche Sackgassen auf so eine Scheinalternative (spielbarer Roman) lauern.

Ianus
04.11.2008, 20:58
@ Ianus
Ich halte Stereotypenbildung für einen sehr fruchtbaren Ausweg aus der Simpelklemme der Handlung. Es ist nur sehr schwierig darstellbar, wie sich ein Computerheld seine Welt denkend aneignet. Den schrulligen Charme eines "Herrn Lehmann" oder die wehmütige Vergänglichkeit im "Radetzkymarsch" kann ich mir nur als Buch denken; Spiele schaffen es nicht, in diesen Gütebreich vorzustoßen. Allenfalls könnte man einmal mit verschiedenen Farbgebungen experimentieren, um unterschiedliche Gemütsregungen des Helden anzuzeigen - Verliebtsein taucht natürlich alles in rosarot, Wut und Zorn lassen die Welt in dampfendem Rot erstrahlen, Neid ... tja, grün oder gelb? Mit Bildern ist aber nicht alles zu sagen und der Textmenge ist in einem Spiel aus guten Gründen eine Grenze gesetzt. Wie der Held die Welt sich aneignet ist allerdings auch scheißegal. Der Spieler ist es, der sich die Welt aneignen sollte, deswegen die Stereotypen. Wenn du ähnlich des Romanes eine spezifische Sichtweise auf die Welt darstellen willst, so wirkt sich dies IMO auf das Spielsystem und die Darstellung aus. Aber um visuell, beim Schatz an Metaphern, auf eine Stufe mit einem klassischen Roman zu kommen, müsste man fast ein Spiel im Anleihen bei Max Ernst machen. Es gibt Paralellen zwischen moderner Kunst und dem Roman, aber wie Eingängig ist Une semaine de bonté denn?

Ein gewisses Spiel mit Stereotypen würde auch einen Zugang zu einer tieferen Charakterzeichnung ermöglichen. Der Hauptcharakter im Mann Ohne Eigenschaften und einige Nebencharaktere definieren sich z.B. als Stereotypen und auch Dorian Grey und der Graf, der ihm so schlechten Rat erteilt definieren sich von sich selbst aus als Stereotypen. Im Falle von Dorian durchbricht er den seinigen aber z.B. durch seine ungemeine Liebenswürdigkeit.
Den Unterschied zwischen der Art, wie man über jemanden spricht und wie er sich dann in der tatsächlichen Begegnung gibt hat IMO einen Raum, der auch für Spiele nutzbar wäre.


Da man also kaum einen facettenreichen Helden während eines Spiels entwickeln kann, greift man eben direkt die Spielererwartungen auf und setzt ihnen etwas vor, das sie auch ohne einführende Bemerkungen annehmen können: Klischees und Stereotype. So bleiben wenigstens Reststumpfen und Ansätze von Charaktermerkmalen im Spiel und das Spiel kann ein Spiel bleiben, ohne sich als gescheiterte Romansimulation bewiesen zu müssen. Und mit ein wenig Ironie und ein paar eingestreuten Subtexten - so wie aktuell in "Sonnenschauer" - lassen sich die schlimmsten Auswüchse des Trivialen sogar umgehen. Simpel bleibt es trotzdem; das schließt meine "Allreise" natürlich mit ein. Weißt du, es gibt auch einen Unterschied zwischen zitieren und erfüllen. Dein Hauptmann z.B. zitiert den Stereotyp des Hauptmannes nur, aber er erfüllt ihn nicht bis zur Gänze. Täte er dies, wäre das Spiel effektiv unerträglich, da er nur über Pferde, seine Kameraden und über schneidige Soldaten reden würde. Der Stereotyp ist bei dir schon dadurch gebrochen, dass du ihn an vielen Stellen an deine eigene Weltsicht angepasst hast anstatt ihn als ganzes zu erhalten. Das ist mehr als Ironie.

real Troll
05.11.2008, 08:08
@ Ianus
Gerade weil es eben der Spieler mit seiner knopfdruckgesteuerten Figur ist, der sich die Welt erfahrbar macht, sind der Handlung enge Fesseln angelegt. Das ist gerade der Punkt. Die Handlung bewegt sich in den Gameplaygrenzen, die Enter, Pfeiltasten und ESC zulassen.
Den Spieler auf seinen eigenen Erwartungshaltungen auflaufen zu lassen ist sicher eine Möglichkeit, eine überraschende Wendung einzubauen (Wer ist der Mörder? Ist Kuttenmann wirklich der Bösewicht?) aber dieses Mittel ist natürlich arg schematisch und verbraucht sich bei gehäuftem Einsatz zu schnell, als dass ihm nun gleich heilsbringende Qualitäten, die jeglicher Flachhheit sogleich olympische Höhen verliehen, zuzuschreiben wären.




Weißt du, es gibt auch einen Unterschied zwischen zitieren und erfüllen. Dein Hauptmann z.B. zitiert den Stereotyp des Hauptmannes nur, aber er erfüllt ihn nicht bis zur Gänze. Täte er dies, wäre das Spiel effektiv unerträglich, da er nur über Pferde, seine Kameraden und über schneidige Soldaten (...)
Ich freue mich immer, wenn mir jemand erklärt, was ich eigentlich gemeint hatte. :) Was Du als beabsichtigtes Stereotyp zugrunde legst, geht allerdings fehl. Sicher, die Uniform blendet, auch der Casinojargon tut sein übriges. Aber bei Mackwitz habe ich mir den Spaß erlaubt, einen Standardschergen aus Filmen wie Indiana Jones oder der Quatermain-Reihe (ja, die richtig gute mit dem Schauspieltitanen R. Chamberlain) als Helden zu besetzen. Er ist weitaus bruch- und subtextloser, als Du meinst. Aber das sagte ich bereits, Du neigst dazu, die Welt als tiefensinnerfülltes Ganzes auffassen zu wollen und bläst so manches Ding über sein Maß auf. ;) Der Hauptmann ist übrigens Leutnant, für ersteren ist er noch nicht 40-50jährig genug (Gewöhnlich stieg man damals nur sehr langsam im Rang auf).


... dass du ihn an vielen Stellen an deine eigene Weltsicht angepasst hast ...
Den Halbsatz hier fand ich am interessantesten. Ich meine nämlich, Rollenspiele folgen einer zu starken Eigenlogik, als dass sie eine größere Bandbreite an Weltbildern abbilden könnten. Sie setzen gestaltungsmächtige Individuen in den Mittelpunkt, Weltenretter, und reden so dem Wert des Einzelnen den Mund. Kollektivideologien von links lassen sich besser in Strategiespielen (Siedler, Civilization) einpflanzen, konservative Anschauungen kämen wohl erst dann zur Anwendung, wenn die Spiele so komplex werden, dass sie kaum noch überblick- und steuerbar wären; also gar nicht. Nimmt man das Material ernst, mit dem man arbeitet, muss man geradezu zwangsläufig einem RPG ordentlich Liberalismus einimpfen.

Ianus
05.11.2008, 19:48
@ Ianus
Gerade weil es eben der Spieler mit seiner knopfdruckgesteuerten Figur ist, der sich die Welt erfahrbar macht, sind der Handlung enge Fesseln angelegt. Das ist gerade der Punkt. Die Handlung bewegt sich in den Gameplaygrenzen, die Enter, Pfeiltasten und ESC zulassen.
Den Spieler auf seinen eigenen Erwartungshaltungen auflaufen zu lassen ist sicher eine Möglichkeit, eine überraschende Wendung einzubauen (Wer ist der Mörder? Ist Kuttenmann wirklich der Bösewicht?) aber dieses Mittel ist natürlich arg schematisch und verbraucht sich bei gehäuftem Einsatz zu schnell, als dass ihm nun gleich heilsbringende Qualitäten, die jeglicher Flachhheit sogleich olympische Höhen verliehen, zuzuschreiben wären. Das Buch bewegt sich überhaupt nicht und der Film läuft nur von hinten nach vorne im immer gleichen Tempo ab. Trotzdem haben sie deiner Meinung nach mehr Potential? Die Tiefe kommt bei beiden nicht aus den Bedienungsmöglichkeiten.

Es ist eine Möglichkeit, keine Lösung. Der Sinn von Stereotypen ist IMO ja, die Figur und die Handlung lesbar zu machen - es geht um den Einstieg, darum das der Spieler vertrautes entdeckt und aufspringt. Der Punkt des Absatzes war, dass Stereotypen IRL oft von Personen verwendet werden, um sich selbst zu charakterisieren. In welcher Art sie die Anforderungen des Stereotyps dann zu erfüllen suchen zeigt dann ihre Persönlichkeit. Jeder möchte ein Held sein, aber wie ist man Held, wenn keine Abenteuer da sind und und der Geldbeutel leer ist? Manche würden sich zu einem Held der Arbeit machen, andere zu einem Held des Widerstandes. In diesen Permutationen entsteht IMO Persönlichkeit.

Wenn ich da z.B. an Humbert Humbert denke - er selbst gibt sich als gebildeter Europäer und das ganze Buch ist mehr oder weniger ein Versuch, das und seine Obsession mit Lolita unter einen Hut zu bringen. Er spricht als Gebildeter, er stellt sich nach Außen hin als Gebildeter dar und man kauft ihm das ab. Die meisten Leute handeln wie er. Stereotypen sind für echte Personen so etwas wie eine Hautbräune - sie möchten sie gerne und sie arbeiten darauf hin, aber sehr geht sie eben nicht. Unter der Zvilisationsmaske lauert die Natur und die wilden Säfte, um zwei weitere Stereotypen zu zitieren.

Ich freue mich immer, wenn mir jemand erklärt, was ich eigentlich gemeint hatte. :) Was Du als beabsichtigtes Stereotyp zugrunde legst, geht allerdings fehl. Sicher, die Uniform blendet, auch der Casinojargon tut sein übriges. Aber bei Mackwitz habe ich mir den Spaß erlaubt, einen Standardschergen aus Filmen wie Indiana Jones oder der Quatermain-Reihe (ja, die richtig gute mit dem Schauspieltitanen R. Chamberlain) als Helden zu besetzen. Er ist weitaus bruch- und subtextloser, als Du meinst. Aber das sagte ich bereits, Du neigst dazu, die Welt als tiefensinnerfülltes Ganzes auffassen zu wollen und bläst so manches Ding über sein Maß auf. ;) Der Hauptmann ist übrigens Leutnant, für ersteren ist er noch nicht 40-50jährig genug (Gewöhnlich stieg man damals nur sehr langsam im Rang auf). Ich kenne nur den Inhalt meines eigenen Kopfes, weißt du. :D Ich bezog mich auf das 19. Jahrhundert und dessen Offiziersbilder. Für uns Österreicher sind das schneidige Leutnants mit süßen Mädels und der Woyzeck. Die Volksaufstände für die Demokratie und die Offiziere, welche diese unterstützten sind bei uns keine Berühmtheiten. Es wäre sowieso höchst bizarr für den modernen Geschmack, einen freimaurerischen Offizier o.Ä. zu präsentieren. :D


Den Halbsatz hier fand ich am interessantesten. Ich meine nämlich, Rollenspiele folgen einer zu starken Eigenlogik, als dass sie eine größere Bandbreite an Weltbildern abbilden könnten. Sie setzen gestaltungsmächtige Individuen in den Mittelpunkt, Weltenretter, und reden so dem Wert des Einzelnen den Mund. Kollektivideologien von links lassen sich besser in Strategiespielen (Siedler, Civilization) einpflanzen, konservative Anschauungen kämen wohl erst dann zur Anwendung, wenn die Spiele so komplex werden, dass sie kaum noch überblick- und steuerbar wären; also gar nicht. Nimmt man das Material ernst, mit dem man arbeitet, muss man geradezu zwangsläufig einem RPG ordentlich Liberalismus einimpfen. Stimmt nicht unbedingt. Die linke Geschichtstheorie ist extrem stark deterministisch - bei ihnen gibt es keine Alternative. Eine linke Simulation würde eher beinhalten, dass man zwischen mehreren Interessengruppen jongliert und jedesmal bestraft wird, wenn man nicht die Linke unterstützt - denn so sehen sie die Welt. :D
Wenn du die französische linke Ideologie nimmst, hast du ein noch stärker deterministisches Universum vor dir - denk nur mal an Michel Foucault und seiner unausweichlichen Entwicklung zu mehr Überwachung und Zwang.
Liberalismus ist eine konservative Anschauung, btw, wir übersehen das nur, weil wir in einer extrem linken Situation leben. Die Zeit des Wirtschaftsliberalismus war eine sozial konservative und die Frucht des Liberalismus ist aus dem Boden erwachsen, den Machiavelli gepflügt hat. Im Kern hat der Liberalismus nichts gegen einen starken Staat, er besteht nur auf der Trennung zwischen einem Bereich des Individuums und einem des Staates. Diese Perspektive ist allerdings eher nebensächlich in Spielen, da der Staat in diesen Erzählungen eigentlich keine Rolle spielt.
Die Geschichte als Geschichte großer, wirkungsmächtiger Personen ist ebenfalls eine konservative Perspektive. So erzählen all die rechten Historiker die Vergangenheit. Andererseits würde dies aber wiederum beihalten, dass man auch die Geschicke des "Bösen Gegners" lobt. Denn auch er ist eine wirkungsmächtige Persönlichkeit
Liberal sind die Erzählungen in Spielen nur insofern, wie sie möglichst wenig Fremdeinfluss in die Geschichte zulassen wollen. :D

real Troll
05.11.2008, 21:01
@ Ianus
Natürlich haben Bücher Gameplay. Du musst die Augäupfel möglichst koordiniert die Zeilen entlangwandern lassen und im Actionelement gilt es, im richtigen Moment umzublättern. Zum Glück lässt sich davon aber auch absehen, Bücher sind - im Unterschied zu Spielen - nicht vorrangig bedienungsorientiert. Es sei denn, die neuen E-Books müsste man schütteln, wenn sie wilde Abenteuersequenzen beschreiben, um weiterlesen zu können. Wie schon oft gesagt, können Spiele nur das erzählen, was sich steuern, lenken, anklicken lässt. Darin liegt im Unterschied zum Buch ihre Grenze der darstellbaren Thematik.
Stereotypen sind in den flachen Ebenen der Spielehandlungen oft die einzigen wahrnehmbaren Erhebungen. Spiele können es sich kaum leisten, zart zu weben, sie müssen auf die plumpen (und sehr effektiven) Weltaneignungsmittel zurückgreifen, Stereotypen eben, um inmitten des Gameplay überhaupt handlungsrelavante Pflöcke einschlagen zu können, die der Spieler bemerkt.

Siedler ist das linksradikalste Spiel, das ich kenne. Ein entpersönlichtes Kollektiv marschiert in strikter Planwirtschaft heilsgewiss gegen den Nachbarn, um auch ihn zu beglücken. Aber ich wusste schon immer, dass Kommunisten und Borgs keinen Grund hätten, miteinander zu fremdeln.
Liberal und konservativ mag vom Ypsilanti-Standpunkt sicherlich alles eine Sauce sein, aber falls Du irgendwann die Muße hast, die Methodik beider Anschauungen zu vergleichen, wirst Du womöglich einen Unterschied bemerken. Einen fundamentalen sogar.

Ianus
07.11.2008, 18:57
Zum Glück lässt sich davon aber auch absehen, Bücher sind - im Unterschied zu Spielen - nicht vorrangig bedienungsorientiert. Es sei denn, die neuen E-Books müsste man schütteln, wenn sie wilde Abenteuersequenzen beschreiben, um weiterlesen zu können. Wie schon oft gesagt, können Spiele nur das erzählen, was sich steuern, lenken, anklicken lässt. Darin liegt im Unterschied zum Buch ihre Grenze der darstellbaren Thematik. Und warum das? Bzw wieso sollte es eine Grenze für die Dinge geben, die man anklickbar gestalten kann und wo liegt die?