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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Realistische (!) Taktiken zur "Niveauhebung" im TV?



La Cipolla
19.10.2008, 06:28
Nachdem im anderen Thread (Ranicki) ja mehr oder minder klargeworden ist, dass sein kleiner Aufstand weder unangebracht noch großartig umwälzend war, sollte man mal die Frage in den Raum stellen: Wie kann man das Niveau im Fernsehen realistisch heben? Realistisch heißt für mich, dass man nicht vom Wohlwollen der Sender, dem Niveau der Zuschauer oder der Unabhängigkeit der Öffentlich-Rechtlichen ausgehen darf. Das bitte im Hinterkopf behalten.
Hier einige Ideen.


1. "Lockvögel" senden

Es hatten sich beispielsweise einige darüber aufgeregt, dass ARD und ZDF in der Prime Time Quotenkram bringen und den "anspruchsvolleren" Rest auf andere Zeiten schieben. Ich halte das für die beste bisher tatsächlich aufgetauchte Taktik überhaupt. Denn wie soll man denn bitte die Masse zu den niveauvollen Dingen bringen, wenn sie den Sender komplett ignoriert? Da muss sich nunmal dazu "herablassen", das Niveau teilweise zu senken, wenn die Alternative ist, dass dieses Medium (ARD, ZDF) für ganze Zielgruppen völlig verloren geht.
Ich behaupte nicht, dass diese Strategie irgendwas Großartiges bringt - denn ganz ehrlich, es wäre naiv, zu behaupten, dass ein Teenie nach irgendeinem ARD-20.15-Film den Sender anlässt. Aber ich denke, gelegentlich passiert es doch. Und damit ist schon etwas gewonnen. Würde man (wie vorher) versuchen, nur Sachen mit relativem Anspruch zu senden, würde besagtes Teenie den Sender komplett ignorieren und niemals auch nur in die Verlegenheit kommen, sich sowas anzuschauen. Natürlich sollte man als Sender da auch differenzieren, von wegen "wirklich wichtige" Sachen in die Prime Time legen usw., aber prinzipiell halte ich das momentan verwirklichte Konzept für einen Anfang.

2. In der Stimme der Masse sprechen

Bestes Beispiel für diese Taktik, so großartig daneben gegangen es auch sein mag, ist wohl Galileo. Das Werbekonzept der Bildzeitung mit einem bildenden Hintergrund (jedenfalls in der Grundidee). Oder auch "Wer wird Millionär". Das ist am Ende immernoch eine Quizshow, die da so gewaltige Einschaltquoten erzielt hat, das sollte man sich vor Augen halten.
Die Logik hinter diesen Konzepten ist die folgende: Wenn die Leute nur reißerischen Blödsinn sehen wollen, dann machen wir halt reißerischen Blödsinn mit Hintergrund, vielleicht sogar mit Niveau. Damit sollte schonmal mehr bei den Leuten ankommen als nur reißerischer Blödsinn. Natürlich könnte man jetzt die Logik auch folgendermaßen festlegen: Nunja, wir machen zwar reißerischen Blödsinn, aber die Leute sind naiv genug, um zu denken, das hätte Niveau, was wiederum unsere Einschaltquoten steigert. Ich denke, die Taktik wirkt, selbst wenn der zweite Ansatz mehr zutrifft als der erste.
Deutschland (oder die Menschheit) ist, was das angeht, ein Bisschen wie ein Kind, das keine Lust auf Schule oder Fachbegriffe hat. Was verständlich ist. Nicht ohne Grund haben die alten Zeichentrickserien den Kindern am Ende immer eine Lehre auf den Buckel gebunden, nicht grundlos war die Serie "Was ist was" mit "Es war einmal ein Mensch" usw. Zeichentrick. Das ist einfach mal besser bei den Kindern angekommen als eine Bildungsserie. Das gleiche Konzept kann man heute auch bei den Erwachsenen anwenden.


Nurmal meine Ideen. Ich denke, jeder Sender, der den eigenen Anspruch hat, möglichst viele Menschen zu erreichen, muss zu einem gewissen Teil mit den Interessen dieser Menschen mitgehen. Wenn sich jeder in seinem elitären Intellenzbunker einmauert wie Arte und Co., sollte er sich bitte auch nicht über fallendes Niveau aufregen.

Leon der Pofi
19.10.2008, 08:46
wie schon oft gesagt, liegt ein großteil der schuld auch bei den zuschauern.
neue serien aus den usa usw oder intelligente filme kommen anscheinend nicht so gut an. die sendezeiten sind dabei gar nicht mal so unangebracht. meistens so zwischen 9 und 11 uhr. kann daran liegen, dass sich die menschen nicht mit neuen serien beschäftigen wollen, da sie alte gewohnheiten bevorzugen oder sich einfach bereits an das niveau gewöhnt haben.

das gleiche bei den spielfilmen. es werden doch immer wieder nur die selben filme zur hauptsendezeit gebracht. und das schon seit jahren. werden neue filme gezeigt, ist es meistens nur ein versuch die quoten zu steigern und man sieht diese filme dann ewig nicht mehr im tv.

oder liegt die schuld wirklich an uns selbst, weil wir gerne intelligente oder neue sachen sehen möchten, neben dem althergebrachten. jemand der abends von der arbeit nach hause kommt, möchte vielleicht garnicht überlegen oder sich mit etwas neuem ausseinandersetzen, sondern sich einfach nur noch berieseln lassen. denke, dass sind nicht wenige leute die so vorgehen. sicher arbeiten wir auch, doch jeder mensch tickt nun mal anders.

was die kinderserien betrifft. das meiste ist meiner meinung nach scheisse. das kann man so unterstreichen. das soll jetzt keine huldigung unserer kindheit sein und das früher alles soviel besser war. aber wenn man den inhalt vergleicht, ist das einfach nur fakt. da gab es einfach viel durchdachte serien, die den kindern noch etwas vermittelt hat und auch für erwachsene toll anzusehen waren. ich erinnere mich spontan an eine fröhliche familile oder mrs jo und ihre familie, lady oscar, robin hood, die schatzinsel usw. würde ich auch heute noch ansehen und tu es zum teil auch, weil solche sachen einfach einen gewissen tiefgang hatten. einige lichtpunkte gibt es trotzdem. hab neulichst einen sender gesehen, der mir völlig unbekannt war. da sah das kind von meinem kumpel pinky und der brain, anne mit den roten haaren und einige andere alte animeserien. weiß leider nicht mehr, wie der hieß.

wenn wir so zusammensitzen und mit dem kind mal durchzappen lauft wirklich nur aktionorientierte scheisse ohne hirn. lustigerweise gefällt sowas dem kind auch nicht. spongebob darf er natürlich sehen und gefällt ihm auch. ist eine der wenigen serien die noch mit einer gewissen liebe und detail produziert wurden. biber brüder auch, wer das noch kennt. aber was da teilweise für zeugs läuft, schlimm. zur zeit guckt er recht gerne die schatzinsel, lady oscar und diverse zeichentrickserien auf dvd an. gefallen ihm weit besser. dabei lässt der dad ihm aber natürlich freie hand. wenn er beim durchschalten etwas findet, dass ihm gefällt, kann er das natürlich ansehen.

aber ehrlich? unsere gesellschaft ich so verbohrt, dass viele alte serien eh abgeschafft würden. mrs jo zb wo die kinder ab und zu eins auf den hintern bekommen, oder sie auch eine farbige hausangestellte haben. möchte nicht wissen wieviele hirnlose von sich überzeugte pädagogen dann gleich aufschreien würden. und das sag ich selbst als dipl. pädagoge :D ich sehs ja in meinem beruf. soviel wird schöngeredet, bis die tatsache an sich ihre bedeutung verliert.
oder würde einer von euch wirklich denken, dass die bezeichnung windel nun pädagogisch unkorrekt ist und den menschen auf das schlimmste beleidigt? das geschlossene system ist das in unserer fachsprache. oder verschmutzung in irgendeiner weise ist kontiminiert. einfach sachen ändern, mit denen jeder früher was anfangen zu wusste oder in frage stellen

Ianus
19.10.2008, 10:40
Besteuert Koch- und Talkshows? :D Wenn die relativen Kosten solcher Sendungen steigen, investieren die Fernsehmacher vielleicht gleich in aufwändigere Formate.

La Cipolla
19.10.2008, 10:48
Besteuert Koch- und Talkshows? Wenn die relativen Kosten solcher Sendungen steigen, investieren die Fernsehmacher vielleicht gleich in aufwändigere Formate.
Naja, irgendwie müsste man die entsprechenden Gesetze aber auch durchkriegen. :D


wie schon oft gesagt, liegt ein großteil der schuld auch bei den zuschauern.
Wir kriegen keine anderen. Deswegen "realistisch". ;) Wenn man die Menschen ändern will, gehört das nicht in diesen Thread. Wenn es das doch tut, muss man aber mit dem arbeiten, was man hat.


was die kinderserien betrifft. das meiste ist meiner meinung nach scheisse. das kann man so unterstreichen. das soll jetzt keine huldigung unserer kindheit sein und das früher alles soviel besser war. aber wenn man den inhalt vergleicht, ist das einfach nur fakt. da gab es einfach viel durchdachte serien, die den kindern noch etwas vermittelt hat und auch für erwachsene toll anzusehen waren.
Vorsichtig mit sowas. Das, was man heute als abschreckende Beispiele für Kinderserien sieht, ist nicht der Durchschnitt. Mir ist es lieber, wenn Serien wie Danny Phantom oder Kim Possible die Hintergründe nur sehr unterschwellig behandeln, denn selbst ein Kind (>7) kapiert Unterschwelliges. Das ist immer noch besser, als in unserer "guten Zeit", wo die Eltern versucht haben, uns die intelligenten Kinderserien beizubringen und wir dann doch lieber "Biker Mice from Mars" gesehen haben, weil es mehr Action hatte. Ist das gleiche wie in meinem ersten Post, halt "mit der Stimme des Zuschauers reden". Diese neue Generation hat ein unglaubliches Maß an Sarkasmus und Ironie, wo die vorletzten Generationen eher Holzhammerhumor und die letzten eher überzeichneten Humor hatten. Wobei Rocko und Co. in Sachen Unterschwelligkeit da auch schon recht weit vorne waren.

Speziell Zeichentrickserien sind ein unglaublich vielfältiger Bereich, es ist, glaube ich, sehr schwer, die in einen Genre-Topf werfen zu wollen. Und wenn jetzt jemand als Gegenargument die Teletubbies oder Jimmy Neutron rausholen will, Barney hatten wir früher auch schon. http://www.multimediaxis.de/images/smilies/old/s_010.gif

Kurz gesagt: Ich denke, die Zeichentrickserien heute behandeln die Kinder nicht mehr wie Idioten, was ein gewaltiger Vorteil ist. Allein schon, weil man sich die Serien auch als Erwachsener anschauen kann.
Vergleich: Fred Feuerstein hat keinen Humor, über den ich heute einen Laut verlieren würde.

Rübe
20.10.2008, 00:39
Vergleich: Fred Feuerstein hat keinen Humor, über den ich heute einen Laut verlieren würde.
Du Banause :p. The Flintstones brachte den Aufkeimenden Feminismus äusserst pointiert zur Geltung und zwar in so einer Weise, dass heute keine Sitcom mehr viel neues in der ehelichen Geschlechterfrage zu sagen hätte (vgl. Immer wieder Jim u.ä.). Aber dazu muss man natürlich bedenken, dass The Flintstones ursprünglich nicht für Kinder gedacht war. Das jedoch nur so am Rande ;).

Xelll
21.10.2008, 12:22
Ein realistische Taktik also... .. mir fällt da immer nur Free Rainer ein (ist schon fies das 15tausend Haushalte daran Schuld sind, was ganz Deutschland zu sehen bekommt).

Aber mal ehrlich, ich glaube es würde schon viel helfen wenn Eltern mit ihren Kindern zusammen Fernseh schauen würden bzw. zumindest wissen was ihre Kinder da schauen und auch mit ihnen darüber reden. Zum einen über die Inhalte der Sendungen, aber auch über deren Konsumverhalten (nicht wahllos Fern zu sehen sondern gezielt sich Sendungen raus zu suchen).
Würde dies verantwortungsvoll getan, würde sich sicherlich in einigen Jahren auch eine anhebung des TV Niveaus abzeichnen.. IMHO