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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : ... und die Kippe brannte noch



T.U.F.K.A.S.
26.09.2008, 15:08
hier eine ziemlich spontan entstandene kurzgeschichte. hab ich im biwak teilweise geschrieben gehabt, würde gerne ein paar meinungen hören.

Als er sein Haus verließ, zündete er sich die erste Zigarette des Tages an. Es hatte geregnet, und die Straße mitsamt ihrer Einfamilienhäuser, mal mehr, mal weniger gepflegten Gärten und Autos, die zum Teil im absoluten Halte- und Parkverbot standen, reflektierte das spärliche, gelbliche Licht der Straßenlaternen, die in einer Stunde erlöschen würden.

Es war kurz nach halb fünf.
Er war neunundzwanzig Jahre alt, hatte strohblonde Haare und war groß und schlank gebaut.
Er hatte noch sechs Zigaretten in der linken Brusttasche seiner schwarzen Regenjacke.
Er hatte eine Pistole in der Innentasche seiner schwarzen Regenjacke.
Er hatte Wut in seinem von Alkohol, Nikotin und Liebesleiden zerfressenem Herz.

Er stieg in den dunkelroten VW Golf, der schon etwas mehr als zehn Jahre auf dem Blechbuckel hatte, und fuhr los. Das Ziel war klar, es war nicht so, dass es von immens riesiger Wichtigkeit gewesen wäre, was er vorhatte. Doch was er vorhatte, erlaubte ihm seiner Meinung nach, mit knapp neunzig Stundenkilometern die Hauptstraße hinunter zu brettern, das Fenster auf der Beifahrerseite geöffnet, die von Morgentau durchtränke Luft im furchigen Gesicht, eine Hand am Steuer, die andere Hand an der Zigarette.

Nach ungefähr zehn Minuten Fahrt war er angekommen. Ein Bild von einem Klischee-Mietshaus: Neun oder zehn Stockwerke, die Außenfassade teilweise neu verputzt, teilweise verdreckt, in einigen der Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnungen brannte schon - oder noch - Licht, hier und da hingen Handtücher und nasse Klamotten über den Geländern der Balkone.

Er stellte den Wagen vor der Feuerwehrzufahrt ab, stieg aus und zündete sich die zweite Zigarette des Tages an. Rauchend, gedankenlos und mit der Hand über den Griff der Pistole in der Innentasche der Jacke streichelnd, stand er an einer Straßenlaterne in der Nähe von seinem "Parkplatz", circa zehn Meter vom Hauseingang entfernt.

Er nahm den letzten Zug, kurz vor dem Schriftaufdruck der Zigarette - "Malboro 29".
Er warf den Rest der Zigarette vor seine Füße.
Er trat drauf und zerquetsche das Papier und die Glut unter der Sohle seines weißen Nike-Turnschuhs.
Er stellte sich vor, dass es ihr Kopf wäre.

Jetzt war er bereit. Er ging schnellen Schrittes auf die Eingangstür zu. Sie machte immer auf, wenn man klingelte. Es hätten die Zeugen Jehovas, der Postbote, die beschissene Nutte von nebenan sein können, sie machte immer auf. Ihre gutherzige Seele verlangte es von ihr.
Er drückte auf den Knopf am verrosteten Metal-Klingelbrett, neben dem "Meyer/Racinsky" auf einem mit linierten Blockpapier improvisierten Namensschild stand.
Es klingelte im Erdgeschoss, rechte Tür.
Es dröhnte.
Das hieß, die Tür war offen für ihn.

Er öffnete die Tür nach innen, ging acht Stufen aufwärts ins Erdgeschoss und wandte seinen Blick nach rechts in die geöffnete Tür. Sie stand im Türrahmen.

Ihre rötlich-blonden Haare hingen strähnchenweise in ihrem etwas rundlichen Gesicht.
Ihre meerblauen Augen waren weit aufgerissen vor Panik.
Ihre schmalen Lippen formten ein Oval, als sie die Worte ausstoß, die er ihr entlockte.

"OH... MEIN... GOTT...", stammelte sie, halb schreiend halb flüsternd, "Woher... woher weißt du wo..."
"Ich bin dir gefolgt.", antwortete er mit einem leicht sarkastischen Unterton in der Stimme, "Alles cool mit Theo? Wo ist er g'rade?"
"Im Badezimmer, sich fertigmachen für die Arbeit.", sagte sie postwendend und wischte sich zwei Strähnen aus dem Gesicht. Sie war etwas dünner geworden seit dem Tag, an dem sie ihn verließ. Das war drei Wochen her. Er wusste nicht, wer Theo war. Er wusste nur, dass Theo ihm nicht koscher war. Warum auch immer, er traute ihm nicht. und ihr auch nicht.

'Zwei Patronen...', dachte er, bevor er weiter redete.

"Pass auf...", fing er an, kratzte sich am Kopf und suchte nach den richtigen Worten, "Es tut mir leid. Ich war unfair zu dir, hab' Sachen gesagt, die...", jetzt fehlten ihm wieder die Worte. Er musste noch Zigaretten kaufen. Nein, erst einmal fertig werden hier, danach der Rest. Er fuhr fort, mit ruhiger Stimme: "Die... die nicht so nett waren. Ich meine, mit uns war doch alles gut sonst oder? Okay, das eine Mal ist mir die Hand ausgerutscht, aber..."

"AUSGERUTSCHT?!", schrie sie. Jetzt waren ihre Augen nicht mehr voller Panik, sondern voller Zorn. Ihr Busen wippte leicht im Takt ihrer Worte mit, ihr Nachthemd flatterte am schlanken Körper und fand kurz über ihren Knien sein Ende. "Du hast mir verdammte Scheiße nochmal fast meinen Kiefer gebrochen, weil ich mit dir Schluss machen wollte!", sie zeigte mit dem Zeigefinger ihrer linken Hand auf sich selbst. Er dachte gerade an ihren Busen, als sie ihn aus seiner Fantasie riss: "Ich hasse dich, Hape. Ich hasse dich für dein Stalker-Getue. Lass mich endlich in Ruhe, ich will nichts mehr von dieser Ich-Liebe-Dich-Immernoch-Kacke hören, okay?!?" Das tat weh.

Er dachte daran, wie er sie berühren wollte. Zärtlich, nicht aufdringlich.
Er wollte mit den Fingerkuppen über ihr Gesicht fahren, als wären ihre Wangenknochen Blindenschrift.
Er wollte ihr sagen, dass er sich für sie opfern würde.
Er wollte sie f***en. Jetzt und hier. Egal ob es jemand mitbekommen würde.
Er wollte sie lieben, ihr alles von sich zeigen. Wenn es bedeuten würde, dass er schwach werden sollte für sie, dann sollte es so sein.
Er wollte sie.
Er wollte sie alleine.
Er wollte sie alleine für sich.
Er nahm die Pistole aus der Innentasche, zog den Schlitten nach hinten, wodurch die Waffe fertig geladen war, und richtete die Waffe auf sie. Sie hingegen wusste anscheinend schon, was kommen würde. Sie wuste, dass...

Er drückte ab.
Die Kugel traf sie zwischen ihre meerblauen Augen in die Stirn.
Blut schoss aus ihrem Hinterkopf und flog mit einem schmatzenden Geräusch zusammen mit ein paar Teilen ihres Gehirns an die Wand hinter ihr, die wahrscheinlich zum Eingang der Wohnung gehörte.
Sie sackte zusammen und landete mit einem lauten Poltern auf dem Wohnungsboden.
Theo erschien. Halbnackt, nur mit einer Boxershorts bekleidet. Theo sah besser aus als er, zweifellos. Vielleicht war auch intelligenter. Oder auch nicht, sonst wäre er jetzt unter der Dusche geblieben und nicht herausgerannt zu seiner toten Freundin. Theo schrie etwas, was sich wie "Nein." und "Perversling." und "Ich bring dich um du Schwein anhörte.". Als Theo auf ihn zurannte, um ihn zu entwaffnen, drückte er ein weiteres Mal ab. Die Kugel flog in Theos Brust, mitten ins Herz.
Er schmunzelte aufgrund der Ironie des Herztreffers, wandte sich ab und ließ seine tote Ex-Freundin und den halbtoten Theo im Erdgeschoss zurück.

Er zündete sich die nächste Zigarette an. Die dritte heute.
Es war fünf vor fünf.
Es war ein wunderschöner Sonnenaufgang am Horizont zu sehen, der diese dreckige Straße mitsamt ihrer ekelerregenden Miethäuser in ein rötliches Licht tauchte.
Er spielte lächelnd und mit einem gewissen Grad an Entzücken mit der Waffe herum, die wieder in der Innentasche seiner schwarzen Regenjacke war.
Er streichelte über den Griff und krümmte den Zeigefinger seiner rechte Hand am Abzug.
Er betätigte aus Versehen den Abzug.
Es war der fünfte Zug an der Zigarette, als er einen lauten Knall hörte und einen brennenden Schmerz in seiner Brust spührte.
Drei Patronen.
Eine zuviel.
Scheiße.

Mit einem lauten Pfeifen im Ohr und der immernoch brennden Zigarette sackte er zu Boden, klatschte mit dem Gesicht auf den harten Asphalt, nur wenige Meter von seinem Auto entfernt.
Zwischen Windschutzscheibe und Scheibenwischer war ein Knöllchen geklemmt, weil er im Park- und Halteverbot stand.
Zwischen seiner linken und rechten Herzkammer steckte ein Projektil, weil er zu blöd und zu besoffen war, um das Magazin der Pistole am Vorabend ordentlich zu laden.
Herzftreffer.
Er schmunzelte aufgrund der Ironie des Herztreffers, schloss die Augen und schlief ein.

Die Zigarette brannte noch, als der Einsatzwagen mit lauter Sirene vorfuhr.

La Cipolla
26.09.2008, 16:27
Die Atmosphäre an sich kommt rüber, auf jeden Fall! :)
Die sehr detailierten Beschreibungen sind auch gut in diesem Schema, pass nur auf, dass du es mit den Gedanken deiner Figur nicht übertreibst, vor allem der "Er wollte..." Part is irgendwie nervig (zu lang). Vier Zeilen hättens auch getan, es geht gar nicht mal um den Inhalt, nur um den Stil. Acht gleich strukturierte Sätze hintereinander sind für gewöhnlich nur in irgendwelchen modernen Gedichten tragbar, und selbst da eigentlich selten. ;)

Die Gedankenwelt des Protagonisten ist leider sehr stereotypisch, er ist halt der übliche verückt gewordene verzweifelt Liebende. Am Ende vertust du dir eine Möglichkeit. Hättest du seine Meinung zum Tod der Beiden anderen im Dunkeln gelassen, und dann plötzlich seinen Zufallstod eingespielt, wär das schon wieder cool gewesen, weil man so nich gewusst hätte, wie er nun eigentlich darüber gedacht hat (Reue vielleicht?). So ist er natürlich froh, wie es ihm der Stereotyp aufdiktiert. :rolleyes:
Ich hab prinzipiell nichts gegen Klischees - die Herztreffer bspw. kommen hier sehr gut rüber, aber der Charakter des Protagonisten ist einfach zu facettenlos, um irgendwie mitzureißen.


Er wusste nicht, wer Theo war. Er wusste nur, dass Theo ihm nicht koscher war. Warum auch immer, er traute ihm nicht. und ihr auch nicht.
Das ist doch schon sehr geil. ^^''



Er schmunzelte aufgrund der Ironie des Herztreffers, schloss die Augen und schlief ein.
ich weiß nicht, ob "Einschlafen" da medizinisch richtig ist. Für gewöhnlich sagt man eher "ihm wurde schwarz vor Augen", oder "ihm schwanden die Sinne". Aber gut, Ansichtssache, kannst es auch als Stilmittel hinstellen, Einschlafen ist natürlich sehr friedlich.

Mordechaj
26.09.2008, 17:06
Huhu,
ich fang mal ohne Umschweife an:


Als erstes fällt auf, dass du (ich sprech der Einfachheit halber mal vom 'du') drei Stilelemente in den Vordergrund stellst: Wiederholungen, Wortmotive und Detailverzögerungen. Das ist an sich erstmal sehr löblich, zu manchen Teilen ist das auch sehr passend eingeflossen, aber du hast dir damit auch ein paar Stilfallen gestellt, die meiner Meinung nach zu stark ins Auge springen.

Die Zigaretten führen durch die Geschichte, sind aber eher nur so "nebenbei da". Was symbolisieren sie? Falsche Hinweise gibst du damit, dass er den Rest der Zigarette auf den Boden wirft und drauf rumtrampelt.

Die Zahlenmotive sind mir persönlich zu kitischig, vorallem stören die den Lesefluss und haben keine tiefere Bedeutung für die Geschichte selbst.
Was bezweckst du überhaupt mit diesen Verzögerungen? Unnötige Informationswellen können durchaus ein passendes Stilmittel sein, aber hier bekommt man keine klare Vorstellung von deiner Intention als Autor.

Auch die phrasischen Wiederholungen folgen meinem Empfinden nach keinem Prinzip. Sie fügen sich nicht schlecht ein, aber man erkennt keinen tieferen Sinn dahinter.

Solche Stilspitzen zu setzen sagt deinem Leser immer: Aufgepasst, hier passiert etwas Besonderes. Du lässt einen dann allerdings auch im Regen stehen, weil dieses "Besondere" ausbleibt. Wären es beispielsweise die abseitigen Informationen gewesen, die die ganze Zeit schon einen Hinweis auf den Ausgang der Geschichte trugen, wäre das mehr als genial. Würden die Wiederholungen wirklich Charakterzüge untermalen, wäre das sehr passend. Wären es die Zigaretten, die ihn am Ende umgebracht hätten, hättest du eine schöne Schleife geschaffen. So aber erscheint mir das leider wenig abgerundet.



Er hatte noch sechs Zigaretten in der linken Brusttasche seiner schwarzen Regenjacke.
Er hatte eine Pistole in der Innentasche seiner schwarzen Regenjacke.
Ich weiß, dass das durchaus gewollt ist, aber die Wiederholung wirkt störend.


Er stieg in den dunkelroten VW Golf, der schon etwas mehr als zehn Jahre auf dem Blechbuckel hatte, und fuhr los. Das Ziel war klar, es war nicht so, dass es von immens riesiger Wichtigkeit gewesen wäre, was er vorhatte. Doch was er vorhatte, erlaubte ihm seiner Meinung nach, mit knapp neunzig Stundenkilometern die Hauptstraße hinunter zu brettern, das Fenster auf der Beifahrerseite geöffnet, die von Morgentau durchtränke Luft im furchigen Gesicht, eine Hand am Steuer, die andere Hand an der Zigarette.
Die Attributierung ist platitüd und passt meiner Meinung nach auch nicht zum sonstigen Schreibstil.
Pass auch etwas auf deine Kommasetzung auf: Der Duden sagt zwar, dass Infinitivkonstruktionen sowohl mit, als auch ohne Komma stehen können, gerade hier aber deutet es an, dass sich eine Aufzählung an "erlaubte" reiht - oder du setzt halt das Komma und setzt nach der Infinitivkonstruktion ein Semikolon. So krümelkackerisch das auch ist, es stört den Lesefluss (und zu deiner Beruhigung: Sowas ist alles andere als eine Schande und man muss es auch nicht zwangsläufig berichtigen.)


Nach ungefähr zehn Minuten Fahrt war er angekommen.
Hier kürzt du einen Zeitraum weg, der dir gut hätte dazu dienen können, deinen Protagonisten noch etwas zu charakterisieren. Außerdem schreibst du in einer Art Sekundenstil - die Ausparung erscheint da doch sehr unpassend (was ist mit den Straßenlaternen, die am Straßenrand entlangwandern und der schmutzigen Frontscheibe, dem Tacho, der Sitzheizung? Überall anders wird man mit belanglosen Details bombardiert).


[...]in einigen der Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnungen brannte schon - oder noch - Licht, [...]
Durch die Parenthese wirkt das sehr gestälzt: Der Fakt, dass Licht brennt, reicht deinem Leser. Wenn du auf die Angewohnheiten der Bewohner eingehen willst, dann tu das unterschwelliger ("...brannte schon oder noch Licht,..."). Parenthese sagt: "Wichtiges Detail!"


Er nahm den letzten Zug, kurz vor dem Schriftaufdruck der Zigarette - "Malboro 29".
Ich als Nichtraucher hab mir erstmal gesagt: "Hm?"
Beschreib doch die Glut, die den Schriftzug auffrisst wenigstens kurz, damit auch Ahnungslose den Bezug herstellen können.


Jetzt war er bereit. Er ging schnellen Schrittes auf die Eingangstür zu.
Meiner Meinung nach ein Stilbruch. Außerdem sind solche Idiome auch schon wieder arg gestälzt.


Sie machte immer auf, wenn man klingelte. Es hätten die Zeugen Jehovas, der Postbote, die beschissene Nutte von nebenan sein können, sie machte immer auf. Ihre gutherzige Seele verlangte es von ihr.
Obwohl man schon irgendwo merkt, dass der Protagonist nicht grad die Sprachmimose schlechthin ist, sticht der krasse Ausdruck doch ganz schön ins Auge.
Ich würde "Gutherzigkeit" übrigens nicht an den Türöffnungsgewohnheiten ablesen. Nenn's beispielsweise lieber Naivität.


Es klingelte im Erdgeschoss, rechte Tür.
Es dröhnte.
Das hieß, die Tür war offen für ihn.

Er öffnete die Tür nach innen, ging acht Stufen aufwärts ins Erdgeschoss und wandte seinen Blick nach rechts in die geöffnete Tür. Sie stand im Türrahmen.
=/


Ihre meerblauen Augen waren weit aufgerissen vor Panik.
Ihre schmalen Lippen formten ein Oval, als sie die Worte ausstieß, die er ihr entlockte.

"OH... MEIN... GOTT...", stammelte sie, halb schreiend halb flüsternd, "Woher... woher weißt du wo..."
"Ich bin dir gefolgt.", antwortete er mit einem leicht sarkastischen Unterton in der Stimme, "Alles cool mit Theo? Wo ist er g'rade?"
"Im Badezimmer, sich fertigmachen für die Arbeit.", sagte sie postwendend und wischte sich zwei Strähnen aus dem Gesicht.
Die Beschreibung ist mehr als fragwürdig. Sie erkennt in Panik ihren Stalker, stammelt Worte ausstoßend und hat trotzdem die Fassung, postwendend Auskünfte über ihren Freund zu geben und sich taff die Strähnen aus dem Gesicht zu wischen?
Ein bisschen mag man ihr die Naivität sogar abnehmen, aber das ist mehr als undicht.


Sie war etwas dünner geworden seit dem Tag, an dem sie ihn verließ.
'verlassen hatte', du erzählst in der Vergangenheitsform etwas, das vergangen ist --> Vorvergangenheit.


Er wusste nicht, wer Theo war. Er wusste nur, dass Theo ihm nicht koscher war. Warum auch immer, er traute ihm nicht. und ihr auch nicht.
Was spielt das für eine Rolle?


"AUSGERUTSCHT?!", schrie sie. Jetzt waren ihre Augen nicht mehr voller Panik, sondern voller Zorn. Ihr Busen wippte leicht im Takt ihrer Worte mit, ihr Nachthemd flatterte am schlanken Körper und fand kurz über ihren Knien sein Ende. "Du hast mir verdammte Scheiße nochmal fast meinen Kiefer gebrochen, weil ich mit dir Schluss machen wollte!", sie zeigte mit dem Zeigefinger ihrer linken Hand auf sich selbst. Er dachte gerade an ihren Busen, als sie ihn aus seiner Fantasie riss: "Ich hasse dich, Hape. Ich hasse dich für dein Stalker-Getue. Lass mich endlich in Ruhe, ich will nichts mehr von dieser Ich-Liebe-Dich-Immernoch-Kacke hören, okay?!?" Das tat weh.
Das schneidet sich nochmal stark mit der Charakterisierung.


Er dachte daran, wie er sie berühren wollte. Zärtlich, nicht aufdringlich.
Er wollte mit den Fingerkuppen über ihr Gesicht fahren, als wären ihre Wangenknochen Blindenschrift.
Er wollte ihr sagen, dass er sich für sie opfern würde.
Er wollte sie f***en. Jetzt und hier. Egal ob es jemand mitbekommen würde.
Er wollte sie lieben, ihr alles von sich zeigen. Wenn es bedeuten würde, dass er schwach werden sollte für sie, dann sollte es so sein.
Er wollte sie.
Er wollte sie alleine.
Er wollte sie alleine für sich.
Das ist wiederum mehr als glaubhaft und fast ein bisschen tiefgehend. Dass du hier Zärtlichkeit und Animalisches verbindest, qualifiziert das Ganze zu einen tollen Psychogramm. Meiner Meinung nach die stärkste Stelle im Text.


Er nahm die Pistole aus der Innentasche, zog den Schlitten nach hinten, wodurch die Waffe fertig geladen war, und richtete die Waffe auf sie.
Was genau mir hier nicht gefällt, kann ich nichtmal genau beschreiben. Es ist einfach die Tatsache, dass du den Vorgang des Schitten nach hinten Ziehens nochmal erklärst - das klingt einfach überflüssig und ... seltsam.


Blut schoss aus ihrem Hinterkopf und flog mit einem schmatzenden Geräusch zusammen mit ein paar Teilen ihres Gehirns an die Wand hinter ihr, die wahrscheinlich zum Eingang der Wohnung gehörte.

Sie sackte zusammen und landete mit einem lauten Poltern auf dem Wohnungsboden.
Ich versteh nie so ganz, warum man das mit der Hirnmasse beschreiben muss - aber das sei mal dahingestellt, das ist mein persönliches Empfinden.
Was soll die Vermutung über die Wand? Wohin sollte sie sonst gehören?



Theo erschien. Halbnackt, nur mit einer Boxershorts bekleidet.
Das ist schon wieder sonne Stelle: "Halbnackt" und "nur mit einer Boxershorts bekleidet" sagt doch das Gleiche, oder?


Theo schrie etwas, was sich wie "Nein." und "Perversling." und "Ich bring dich um du Schwein anhörte.".
Schockreaktionen sehen anders aus.


Er schmunzelte aufgrund der Ironie des Herztreffers,[...]
Das ist stilistisch ziemlich blöd und bettet sich wieder nicht in den sonstigen Schreibstil ein. Es klingt auch wieder so staksig - schreib doch "Er schmunzelte über die Ironie, dass er ihn ins Herz getroffen hatte."
Das das Herz hier als Wortmotiv herhalten muss, halte ich für unpassend und auch ein bisschen zu belegt; hier wird zu keinem Zeitpunkt eine Situation mit "Herz" beschrieben, vielmehr eine durchgehend düstere, zwecksgehorchende Erzählwelt.


Er streichelte über den Griff und krümmte den Zeigefinger seiner rechte Hand am Abzug.
Er betätigte aus Versehen den Abzug.
Es war der fünfte Zug an der Zigarette, als er einen lauten Knall hörte und einen brennenden Schmerz in seiner Brust spürte.
Drei Patronen.
Eine zuviel.
Scheiße.
Hmpf, das ist so unspektakulär ._." .


Mit einem lauten Pfeifen im Ohr und der immernoch brennden Zigarette sackte er zu Boden, klatschte mit dem Gesicht auf den harten Asphalt, nur wenige Meter von seinem Auto entfernt.
Zwischen Windschutzscheibe und Scheibenwischer war ein Knöllchen geklemmt, weil er im Park- und Halteverbot stand.
Du musst eine Mitte zu deinem Stil finden: Verkürzungen mithilfe des Genitivs und umgangssprachliche, teils platitüde Ausdrücke passen einfach nicht zu Hirnmasse an der Wand, Nutten und kotgepflasterten Straßen.
Und wieder begründest du Tatsachen, die du schon vorher genannt hast - Die Feuerwehrzufahrt sollte deinem Leser Anhaltspunkt genug sein.


Zwischen seiner linken und rechten Herzkammer steckte ein Projektil, weil er zu blöd und zu besoffen war, um das Magazin der Pistole am Vorabend ordentlich zu laden.
Herztreffer.
Er schmunzelte aufgrund der Ironie des Herztreffers, schloss die Augen und schlief ein.
Das nimmt der Geschichte viel. Erster erfüllst du deinen Spannungsbogen bei Weitem nicht und zweiter wünscht man sich dann doch ein etwas einfallsreicheres Ende.


Alles in allem würde ich vorallem an Stil und Idee noch arbeiten. Zwecks der wohl geplanten Psychoanalyse bedarf es noch einiger Übung, damit die Charaktere glaubwürdiger und vorallem dichter werden und der Umgang mit dem ein oder anderen Stilmittel liegt dir wie beschrieben auch noch nicht so ganz. Ich würde bei sowas an deiner Stelle auch mehr in die Länge gehen, denn der verkürzte Stil tut dir auf keinen Fall gut, weil man da zu schnell zu Erzählfehlern neigt. Letztendlich ist der Ausdruck nicht übel, aber auch nicht wirklich gut. Ich hab jetzt aus Faulheit und um deine Geduld nicht allzu sehr zu strapazieren die Kommentierung der allgemeinen Satzstruktur weggelassen, aber gerade in puncto "Tempo der Geschichte" solltest du noch etwas sicherer werden, weil beispielsweise ein Punkt und ein Komma zwei verschiedene paar Schuhe machen und es direkte Regeln gibt, wie man bestimmte Szenen passend mit dem Satztempo untermalt (http://de.wikibooks.org/wiki/Literarisches_Schreiben#Tempo).

deserted-monkey
26.09.2008, 17:15
Joa, an Inhalt wird ja nicht allzu viel geboten, trotzdem finde ich das Teil irgendwie lesenswert ;)
Die Story an sich ist ja eigentlich nicht sehr originell, aber die Umsetzung ist wirklich nicht schlecht gelungen. Einige Stellen waren sogar (vielleicht ungewollt) etwas lustig. Find' das Ganze also durchaus okay :)

pass nur auf, dass du es mit den Gedanken deiner Figur nicht übertreibst, vor allem der "Er wollte..." Part is irgendwie nervig (zu lang).
Finde ich auch. Das macht irgendwie keinen Spass zu lesen. Auch sonst gibt es ein paar Stolperstellen in dem Text, tut zwar keinen grossen Abbruch, aber es ist halt weniger flüssig zu lesen.

Es hatte geregnet, und die Straße mitsamt ihrer Einfamilienhäuser, mal mehr, mal weniger gepflegten Gärten und Autos, die zum Teil im absoluten Halte- und Parkverbot standen, reflektierte das spärliche, gelbliche Licht der Straßenlaternen, die in einer Stunde erlöschen würden.
Also vielleicht geht's nur mir so, aber ich hasse solch ellenlangen Sätze. Ich weiss am Schluss nimmermehr, was am Anfang des Satzes stand. :D Kifferhirn?

Er nahm den letzten Zug, kurz vor dem Schriftaufdruck der Zigarette - "Malboro 29".
Hey, Mann, das heisst Marlboro. :D Als Raucher sollte man das wissen :D

Die Zigarette brannte noch, als der Einsatzwagen mit lauter Sirene vorfuhr.
Keine Ahnung wieso, aber der Schluss ist nett!

La Cipolla
27.09.2008, 11:12
Er wusste nicht, wer Theo war. Er wusste nur, dass Theo ihm nicht koscher war. Warum auch immer, er traute ihm nicht. und ihr auch nicht.
Was spielt das für eine Rolle?
Komm, wenn du sogar schon in der tausend mal dagewesenen Wiederholungsszene eine Animalistik reininterpretierst, dann kannst du hier ja wenigstens eine gewisse Irrationalität in den Gedanken des Kerls sehen. ;)


wohl geplanten Psychoanalyse
Das wage ich stark zu bezweifeln. O_o''

Mordechaj
27.09.2008, 12:48
Das wage ich stark zu bezweifeln. O_o''

Och Mensch, ihr wisst doch, was ich mein .___." .

La Cipolla
27.09.2008, 15:12
Ja, durchaus wissen wir (?!) das. :D Und wir zweifeln daran. ;)
Im Ernst, ich denke, die Hauptintention dieser Geschichte ist Stil. Denn psychologisch ist sie ziemlich uninteressant, ich würde sogar sagen "einseitig".