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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Aufgabe in Medizintechnik



Tempic
19.09.2008, 08:10
Huhu,

könntet ihr mir bei folgender Aufgabe etwas unterstützen?


Beispiel:

Zustand nach Sturz bei Glatteis: Verdacht auf Oberschenkelhalsfraktur links, bei vorhandener Arthrose.


Aufgabe:
1. Welche Verfahren sind in dem geschilderten Fall sinnvollerweise einzusetzen. Trennung nach Diagnose, Therapie und Rehabilitation.

2. Begründen Sie ihre Wahl zum Erlangen einer Diagnose oder des Therapieverlaufes.

3. Welche Laborparamter solltem bei dem betroffenen Organ/-system zudem erhoben werden, um den Therapieverlauf zu dokumentieren?

4. Erarbeiten Sie einen 2-seitigen Bericht (Form eines Arztbriefes).

Habe schon einige Ideen zu den einzelnen Punkten. Jedoch wollte ich fragen, ob ihr mir besonders bei den Laborparametern helfen könnt. Dachte eigentlich an eine großes Blutbild, mit event. erhöhter Leukozytenzahl --> Entzündung, und Hinweisen auf Arthrose (Parameter?)


Danke schonmal im Voraus *grins*

Mordechaj
26.09.2008, 15:43
Ich kann dir nur systematisch wiedergeben, was ich mir angelesen habe. Das stellt weder Anspruch auf umfassende Vollständigkeit, noch auf Richtigkeit der Informationen. Gerade in orthopädischen Sachen bin ich sehr unbewandert.


zu 1.:
Diagnose: a) Röntgen des Beckens und des Hüftgelenks (Beckenübersicht und axiale Aufnahme der Hüfte). Hier lässt sich die Fraktur lokalisieren und charakterisieren. Außerdem lässt sich feststellen, ob die Arthrose auf Grundlage einer Dysplasie des Gelenks besteht, was für die weitere Behandlung und Rehabilitation wichtig ist (dysplastische Hüftgelenke haben eine schmalere Hauptbelastungszone, was die nachfolgenden Schritte verkomplizieren kann).
b) Es braucht also eine Feststellung der Grundlage der Arthrose - soweit ich weiß ist beispielsweise die Bindegewebeschädigung (vgl. einer Osteoporose, liegt aber einem Hyaluronsäuremangel zugrunde) noch problematischer, posttraumatische Arthrosebeschwerden sind dann von Bedeutung, wenn eine Vorverletzung direkt am Gelenk besteht. Zumindest letzteres lässt sich auch mit einem Röntgen feststellen. Es braucht auf alle Fälle eine umfassende Anamnese; beispielsweise auch, weil die Arthrose auch die Basis einer Urie, im speziellen Fall mit Gichtfolgen, haben kann.

Gefäßverletzungen ausschließen! Die die Region versorgenden Gefäße verlaufen zirkulär um das Hüftgelenk, eine Beschädigung ist hier also sehr wahrscheinlich. Unzureichende Blutversorgung führt unweigerlich zu Hüftkopfnekrose.


Therapie: Die Behandlung erfolgt zuerst einmal operativ, man verzichtet darauf aber normalerweise bei einer stabilen Fraktur (weil die ja von selbst wieder richtig zusammenwachsen, derart stabil sind Oberschenkelhalsfrakturen aber nur in den seltensten Fällen, allein wegen der kritischen Lage und Form). Bei einer instabilen Fraktur geht man wie folgt vor:
a) operative Reposition: Die gebrochenen Knochen werden in die richtige Position gebracht.
Abzuwägen sind die durch die Arthrose entstehenden Risiken beispielsweise einer tiefen Infektion oder tiefergreifenden Knochenschädigungen.

b) im Zuge dessen Retention: Ruhigstellung und Fixierung der Knochenfragmente
Dazu gibt es wiederum mehrere Methoden:
1. Verschrauben oder Verplattungen des Bruches, auch durch eine dynamische Hüftschraube (DHS)
2. Ersatz des Oberschenkelhalses oder des ganzen Hüftgelenkes durch eine (Teil-)Endoprothese (bei Arthrosepatienten kommt fast immer nur eine Totalendoprothese in Frage)
3. Einbringen eines speziellen Marknagels zur internen Fixierung des Obeschenkelhalses

Die Arthrose sollte hier bereits eine Rolle spielen: Riskiert man mit der bloßen Fixierung des Knochens, sind Nekrosen (vermutlich verstärktermaßen bei der Urie), ein stark verlangsamter Heilprozess bzw. gesteigertes Risiko einer weiteren Fraktur (vermutlich verstärktermaßen bei Bindegewebeschädigung und Dysplasie) beinahe vorprogrammiert. Das einsetzen einer Endoprothese ist also durchaus die sinnvollste Methode, ungeachtet der gesteigerten Traumatisierung der Weichteile und Operationsdauer. Zur Vorbeuge weiterer posttraumatischer Schädigungen bzw. einer allgemeinen Arthroseverschlimmerung steht vielleicht auch eine Hyaluronsäure-Therapie zur Debatte, um die Knochenstruktur effektiv zu stärken (das lass ich aber mal so in den Raum geworfen).

c) Rehabilitation:
Grundsätzlich verlangt ein Bruch dieser Schwere eine Rehabilitationszeit von 12 Wochen, bei älteren Patienten, der eventuell angebrachten Endoprothese oder Verschraubung und besonders bei Arthrose sind längere Ruhigstellungen angeraten. Kleine Anmerkung: Vorallem bei älteren Patienten steigt das Risiko auf Osteoporose und Pneumonien gewaltig, wenn sie lange Zeit bettlägerig sind.
Grundsätzlich besteht danach das Anliegen die Belastungs- und Gehfähigkeit wiederherzustellen:
1. intensive Physiotherapie trainiert die Oberschenkelmuskulatur
2. Schulung des Ganges und Treppensteigens


Allgemeine Komplikationen der Therapie oder solche in Folge der Therapie:
Gefäß- Sehnen- und Nervenverletzungen
Gerinsel (Thrombose) / Lungenembolie
Blutmangel (Anämie)
Lungenentzündung (Pneumonie)
Tiefere Infektion
Abrutschen der Fraktur
Implantat-/Prothesenlockerung
Falschgelenkbildung (Pseudarthrose)
Hüftkopfabsterben (Nekrose)
Knochenschädigungen (bspw. Osteolyse)




zu 2.:
Die Diagnose stützt sich in erster Linie auf das Röntgenbild, das nunmal bei einem Bruch geboten ist, vor allem um die Fraktur zu lokalisieren. Die Anamnese dient in erster Linie zur Feststellung der Arthroseform, natürlich ist sie auch für die Nachbehandlung wichtig (Schmerzmittelverträglichkeit, Reaktionen auf Antibiotika, etc.). Allgemein gesagt dient die Diagnose vorallem dazu, einen der Situation angepassten Behandlungsverlauf zu entwerfen - so beispielsweise der Gelenkersatz durch eine Totalendoprothese aufgrund der Vorerkrankung (Achtung, manche Literatur empfiehlt bei älteren Patienten eine Teilendoprothese [Totalendoprothesen verlängern die Operationsdauer, führen unter Umständen zu mehr Blutverlust und Studien belegen eine höhere Mortalitätsrate bei Implantationen von Totalendoprothesen] - das sollte man abklären). Auch ist es für den Chirurgen unerlässlich, die Risiken zu kennen: Ein geschädigtes Bindegewebe kann die Implantation der Prothese stark verkomplizieren, bzw. wird durch die Operation stärker beschädigt, als gesunder Knochen. Es braucht also wie gesagt einer vollständigen Abklärung des Zustands des Patienten, der hier durch die Arthrose deutlich beeinflusst wird.
Der Therapieplan schlussfolgert also schon aus der Diagnose.

Thema Infektion:
"Insgesamt beobachtete wir acht postoperative Frühinfekte (13,1%), wobei vornehmlich Enterobacter cloacae und Staphyloccocus aureus nachgewiesen werden konnten. Alle acht Patienten wurden operativ revidiert, wobei bei lediglich einem Patienten die Duokopf-Prothese explantiert wurde. Postoperative Wundinfekte traten vermehrt bei Patienten mit einer ASA-Klassifikation 4 auf (21/61; Infektrate 75%; p<0,05). Die Infektrate war ebenfalls bei Patienten mit Harn- und/oder Stuhlinkontinenz erhöht (29/61; Infektrate 50%; p<0,05). Ein weiterer Risikofaktor für postoperative Infekte stellt eine eingeschränkte Mobilität dar (41/61; Infektrate 87,5%; p<0,05). Bei Patienten mit bereits liegenden Implantaten im Femur des zu operierenden Schenkelhalses kam es ebenfalls zu häufigeren postoperativen Wundinfektionen (8/61; Infektrate 37,5%; p<0,05). Alle weiteren untersuchten Parameter hatten keinen signifikaten Einfluss auf die postoperative Infektionsrate (p>0,05)."
Inwieweit dir das weiterhilft, sei mal dahingestellt, du solltest dich auf alle Fälle nochmal nach Studien und Statistiken umsehen, die offenbaren sehr häufig weitestgehende Risiken.



zu 3.:
Hier möchte ich mich aufgrund meiner Ahnungslosigkeit nur unter allen Vorbehalten äußern:

Wichtig ist auf alle Fälle das Blutbild (ich vermute mal nur ein kleines), vordergründig zur Bestimmung der Leukozythen (Entzündung) als auch Erythrozyten (Anämie, Thrombose, Embolie).

Auf die Körperzinkwerte wird besonders bei Arthrose des Hüftgelenks hingewiesen - bei den Patienten mit schwerer Koxarthrose (Hüftgelenkarthrose) ist der Zinkgehalt des Knochens um mehr als die Hälfte des Normalwertes reduziert.

Entscheidend für die Knochenheilung sind außerdem Osteoklasten und Osteoblasten, welche soweit ich glauben kann (!) durch die emissionsspektrometrische Bestimmung der Calciumwerte ermittelt werden können. Urien und Bindegewebestörungen dürften (!) auf ihre Tätigkeit Einfluss nehmen können, was bedeutet, dass Arthrosepatienten weiterhin mit Problemen bei der Knochenheilung rechnen könnten. Inwieweit sich das jetzt mit Obenstehendem vereinbaren lässt, sei mal in den Raum gestellt.

Wichtig sind vermutlich auch Parameter, die Infektionen ausweisen.

Implantate bzw. allgemein Schädigungen des Knochengewebes können eine Osteolyse auslösen - vielleicht finden sich hier Parameter, die zu bestimmen wären.

zu 4. kann ich dir am wenigstens sagen, außer, dass du anscheinend einen Aufenthaltsverlauf erfinden sollst, weil Arztblätter werden ja immer 'kritisch rückblickend' erstellt. Am besten dokumentierst du im Volltext ein paar Möglichkeiten eines Behandlungsverlaufs und baust vielleicht noch Komplikationen in der Rehabilitationszeit ein (Pneumonien sind bei Bettlägerigkeit keine Seltenheit).
Vielleicht weißt du hier aber selbst ganz genau, was du zu tun hast ;).


Check das alles unbedingt nochmal selbst ab, ich bin weder ausgebildet noch sonderlich gut informiert und hab teilweise Vermutungen angestellt (meine Quellen sind zerstreut und unauffindbar).


Edit:
Ich hab auch noch drei Röntgenaufnahmen gefunden, die die Sache zumindest ein wenig verbildlichen:

http://npshare.de/files/38/7582/fraktur.JPG
Man sieht hier deutlich, dass so ein Oberschenkelhalsbruch nichts Spaßiges ist, sondern sehr tief geht. Es handelt sich hier um eine mediale Fraktur ohne Dislokation.

http://npshare.de/files/38/7011/lateralefraktur.jpg
Noch krasserer Fall, diesmal eine laterale Fraktur mit deutlicher Dislokation.

http://npshare.de/files/38/3826/endoprothese.JPG
Hier sieht man sehr schön, wie groß die Protese ist und kann denke ich grobe Rückschlüsse auf die Ausmaße der notwendigen OP anstellen.

Tempic
27.09.2008, 11:58
Danke für deine sehr umfassende Antwort.

Alle Achtung....Dankeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee. :):)

Werde sie bei meinen weiteren Arbeiten mit der Aufgabe sehr sicher miteinbeziehen.

=)