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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Philosophie als Stütze für Unglückliche?



La Cipolla
21.07.2008, 01:28
Mal wieder eine Theorie in den Raum werfen. :D

Philosophie ist eine Stütze für alle, die ein unzufriedenes Leben haben - so wie eine Brille für Kurzsichtige, Superheldencomics für Schwächlinge, Krücken für Lahme, Homosexualität oder Internetforen für Einsame usw.

Mal ein paar Argumente dafür.



Viele Philosophen waren arme Ärsche, die sich gern bemitleidet und suizidiert haben.


Viele Philosophien kommen zu dem Schluss, dass Lebensfreude, Selbstverwirklichung, wie auch immer man es nennen will, der Sinn des Daseins sind - Eine Sache, die für die meisten Leute selbstverständlich ist, die sich niemals mit Philosophie beschäftigt haben.


Wenn ein Mensch etwas nicht versteht, versucht er, es zu kategorisieren (also ein wissenschaftlicher Ansatz). Die Philosphie ist dann die wissenschaftliche Variante des alltäglichen Lebens.


Als Gegenargument könnte jetzt kommen, dass durch Philosophie "gewonnenes" Lebensglück viel bewusster und dementsprechend intensiver sei. Allerdings steht das zur Debatte, dieser Theorie hier folgend beschäftigen sich schließlich nur Leute ernsthaft mit Philosophie, die eh Probleme damit haben, das Leben einfach nur zu genießen - und im Ergo auch nicht einschätzen können, ob "gezieltes" oder ideologisch hinterlegtes Leben nun "besser", glücklicher ist.

Aussage hinter dieser Theorie: Philosophisch veranlagte Leute sind von der Natur benachteiligt. Krank, um ein hübsches Wort zu benutzen. Sie flüchten sich in eine Traumwelt, in der alles einen "Sinn" hat, statt wie ein "braver Mensch" die Sinnlosigkeit zu genießen. (Oder sie müssen sich diese Sinnlosigkeit erst in langwieriger Denkarbeit rechtfertigen, bevor sie sie genießen können).
Wer meint, dass ein Gedankenloser Mensch nicht glücklich sein kann, gibt der Theorie einen Pluspunkt, denn bitteschön, sowas kann man doch "von außerhalb" niemals nachvollziehen. :D

Mordechaj
21.07.2008, 09:07
Ich glaube ja, dass jeder Mensch sowieso ein bisschen gestört ist, da passt das mit der Verallgemeinerung des Philosophenkollegiums ganz gut :o .

Ich denke aber auch, dass man das Unglücklichsein etwas weiter fassen muss - ich mein, Marx hat das Kommunistische Manifest nicht wirklich als Glücksethik verkauft, sondern war an einem politischen Umsturz interessiert (was seine Beweggründe dafür waren, weiß ich zwar nicht mal, vermutlich ist das sogar ganz wesentlich, aber Fakt ist schonmal, dass er den Leuten nicht auf der kleinen Ebene helfen wollte, wie es beispielsweise der olle Kant oder Aristoteles gemacht haben).
Oder nehmen wir Rorty, der mit der Kontingenz, Ironie und Solidarität doch irgendwo nicht sein kleines weltliches Leiden aus dem Weg schaffen will, sondern auch nach Höherem strebt (wobei hier auch schon wieder viel Privates drinsteckt: gerade erst ein Buch über Metaphysik fertiggeschrieben und auf einmal ist sie nichts weiter als geistige Spielerei).
Ich denke nicht, dass die beiden direkt unglücklich waren, eher gab's wohl was, dass sie ind er Welt ändern wollten - ganz unentgeltlich, versteht sich. Wo du wiederum recht hast, ist, dass sie sich toll in ihre utopische Welt von sozialer Gerechtigkeit und so weiter flüchten, Rorty vielleicht weniger, aber der hat auch sein Idealbild.

Und was ist eigentlich mit den Ontologen bzw. Metaphysikern? Ich finde, die sind auch kleine Philosophen (ausgezeichnet dadurch, dass man als Philosoph das lustigste Zeug verzapfen darf, ohne, dass das jemand anzweifeln darf - in der Wissenschaft gibt es wenigstens schon ein paar bewiesene Anhaltspunkte). Ich mein, die sind ja sowieso total realitätsfern - Wikipedia nennt als die zwei entscheidenden Fragen der Metaphysik

1. Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?
2. Worin besteht die Wirklichkeit des Wirklichen - was ist das Sein des Seienden?
...was irgendwie sehr witzig ist, wenn man's fünfmal schnell hintereinander liest.
Trotzdem ist so ein Metaphysiker doch nicht zwangsläufig unglücklich, oder?

Ich geb dir aber wiederum insofern Recht, als dass die Philosophie oftmals versucht, Tatsachen neu zu erklären und als Menschenweisheit zu verpacken (praktisch dein zweites Argument). Und soweit ich weiß funktioniert der kathegorische Imperativ auch nur mit dem Wissen, dass der Mensch nicht unfehlbar ist (was den "Aha!"-Effekt irgendwie abschwächt; das ultimative System und dann liegt es in deiner eigenen Hand, wann du mal drüber hinwegsiehst - das hat was von der Weimarer Verfassung [Oh stop! Ich hab doch Ferien =/ ] ).

Eins ist aber Fakt: Na klar sind die Philosophen oftmals von ihren eigenen Problemen motiviert, und sei es sogar nur, dass sie sich aufspielen wöllten, um Beachtung zu bekommen (wenn ich den doofen Lambert Wiesing lese, denk ich mir auch teilweise, dass der selber keine Ahnung hat, was er schreibt - aber ein Buch veröffentlicht haben ... ); - allerdings wirst du nunmal keinen durch und durch glücklichen Menschen dazu bekommen, sich darüber Gedanken zu machen, mit welchem Rezept man das ultimative Glück erreichen kann. Ich glaub sogar, das widerspricht schon wieder Nietzsche (von dem ich aber in etwa soviel Ahnung hab, als dass ich vor einem Jahr noch dachte, er wäre Russe), indem die Unterdrückten und Unglücklichen nunmal zwangsläufig danach streben sich von ihren Unterdrückern und dem Unglück zu befreien. Der Despot wird einen Kreidekasten tun, sich darüber Gedanken zu machen, wie man Demokratie verwirklicht.

Und jetzt hör ich auf zu reden, weil ich sonst wieder abschweife und ich sowieso von jedem genannten Menschlein nicht mehr als 10 Seiten zu lesen bekommen habe (außer von dem doofen Lambert), größtenteils zwecks Ethikunterricht - nur, um meinen Wissensstandpunkt klar zu machen =3.

kleine Edith: Warum eigentlich Homosexualität für Einsame? Sag nicht, du glaubst den Schmarn mit den vom Alphamännchen unterdrückten Rudelgenossen ;P.

Tyr
21.07.2008, 09:25
Viele Philosophien kommen zu dem Schluss, dass Lebensfreude, Selbstverwirklichung, wie auch immer man es nennen will, der Sinn des Daseins sind
Würde ich so nicht behaupten... überhaupt würde ich solche Begriffe nicht leichtfertig synonym benutzen.


Eine Sache, die für die meisten Leute selbstverständlich ist, die sich niemals mit Philosophie beschäftigt haben.
Das bezweifle ich ebenso.
Für die meisten Menschen ist das mal gar nicht selbstverständlich, was ihnen Freude im Leben bereitet, was Glück ist und was die Mission, also der Sinn, im Leben ist.

Das alles hat aber auch meistens recht wenig mit Philosophie zu tun.
Philosophie beschäftigt sich doch meist mehr mit ethisch, moralischen Aspekten.
Werte zu haben ist natürlich für die Selbstfindung essenziell... notwendig, aber nicht hinreichend.

Wichtig ist, dass man sich Gedanken darüber macht, dass man sich Ziele im Leben setzt und so weiter...

Glücklich sein kommt meist durch Zufriedenheit und dies durch die richtigen Entscheidungen und Taten.

Philosophie hat damit nicht viel zu tun. Selber die richtigen Gedanken machen schon eher.

TheBiber
21.07.2008, 10:12
Die Theorie ist ja wunderbar auf mich zugeschnitten: Ich halte absolut nichts von Philosophie, wahrscheinlich weil ich zu wenig unzufrieden bin.

Nyanya
21.07.2008, 18:38
Wer Zeit hat zu philosophieren, wieso man philosophierte, hat eindeutig zuviel davon. Das ist ja fast schon rekursiv. lol


Philosophie ist eine Stütze für alle, die ein unzufriedenes Leben haben - so wie eine Brille für Kurzsichtige, Superheldencomics für Schwächlinge, Krücken für Lahme, Homosexualität oder Internetforen für Einsame usw.Schwachsinn. Ich hoffe ich muss das nicht begründen und du nimmst das selbst nicht ernst, weil sonst tät mir das irgendwie leid.
Deine ganze Argumentation baut darauf auf, dass Leute philosophieren weil sie unglücklich sind. Dass sie unglücklich wurden, weil ihre Oma gestorben ist, oder weil man sie ungewollt in den Arsch fickte (Alter, du scheinst mir negativ gegenüber Homosexualität eingestellt zu sein lol), oder weil sie über die Schäfchenherde namens Gesellschaft in der sie lebten, nachdachten und zu dem Schluss kamen, dass der Großteil aus lethargischen Vollidioten besteht und kein Platz für eigenständig denkende Menschen vorhanden ist, ziehst du garnicht erst in Betracht.
Dass sich ein "normaler" Mensch nie mit Philosophie auseinander setzen würde (wie du ja behauptest), zeugt nur von Engstirnigkeit und Verblendung.

Skorp
21.07.2008, 18:57
Wer Zeit hat zu philosophieren, wieso man philosophierte, hat eindeutig zuviel davon. Das ist ja fast schon rekursiv. lol

Schwachsinn. Ich hoffe ich muss das nicht begründen und du nimmst das selbst nicht ernst, weil sonst tät mir das irgendwie leid.
Deine ganze Argumentation baut darauf auf, dass Leute philosophieren weil sie unglücklich sind. Dass sie unglücklich wurden, weil ihre Oma gestorben ist, oder weil man sie ungewollt in den Arsch fickte (Alter, du scheinst mir negativ gegenüber Homosexualität eingestellt zu sein lol), oder weil sie über die Schäfchenherde namens Gesellschaft in der sie lebten, nachdachten und zu dem Schluss kamen, dass der Großteil aus lethargischen Vollidioten besteht und kein Platz für eigenständig denkende Menschen vorhanden ist, ziehst du garnicht erst in Betracht.
Dass sich ein "normaler" Mensch nie mit Philosophie auseinander setzen würde (wie du ja behauptest), zeugt nur von Engstirnigkeit und Verblendung.

Großes DITO !!!

Wer unzufrieden ist, philosophiert nicht gezwungenermaßen, denn er wird auf die Schnelle eh keine passende Antwort finden...

Oder hat jeder, der Schokolade mag, automatisch schlechte Zähne?

gas
21.07.2008, 20:15
Philosophie ist eine Stütze für alle, die ein unzufriedenes Leben habenIch kann die These nachvollziehen. Philosophie fängt meistens mit der Feststellung an, dass man das alltägliche Leben auch aus anderen Perspektiven betrachten kann. Je nachdem, wie man es betrachtet, verändern die Dinge ihre Bedeutung und ihren Wert.

Während man aufwächst werden einem natürlich gewisse Wertvorstellungen mitgegeben. Wem es nicht gelingt, diesen zu entsprechen, der wird mit sich selbst unzufrieden sein. Das wiederum gibt vermutlich (und hier kommt Cipos Theorie ins Spiel) den Anstoß, die eigene Perspektive und damit die eigenen Wertvorstellungen zu hinterfragen, womit man schon mitten in philosophischen Gebieten gelandet ist.
Natürlich muss es nicht zwingend eigenes Versagen sein, das einen unglücklich werden lässt. Oft hat sich die eigene Perspektive schon vorher unbemerkt verschoben, so dass man eines Tages erschrocken feststellt, dass bestimmte Dinge einfach ihre (subjektive) Bedeutung verloren haben und nicht mehr glücklich machen.

Das Hinterfragen von Wertvorstellungen ist vermutlich auch einer der Gründe, aus denen die Philosophie geringgeschätzt wird. Jeder kann sich seine Perspektive so zurechtrücken, dass die eigenen Schwächen bedeutungslos sind, oder gar zu Stärken werden (z.B. die von Nietzsche beschriebene Flucht des Schwachen in die moralische Verachtung des Starken). Und plötzlich haben wir überall verärgerte Menschen, die feststellen, dass für andere bedeutungslos ist, was ihnen wichtig ist, und umgekehrt.


Oder hat jeder, der Schokolade mag, automatisch schlechte Zähne?Das ist sicher nicht streng logisch deduzierbar, aber doch immerhin plausibel, oder nicht? Denn dass in diesem Beispiel ein Wirkungszusammenhang besteht, würde wohl nur die Familie Ferrero ernsthaft bestreiten wollen. Ich nehme also an, dass es auch eine statistische Korrelation gibt - nur dass wir ohne Statistiken über ihr Gewicht nichts sagen können.

Warum soll das nicht auch für Cipos Theorie gelten? Natürlich kann sie nicht logisch absolut gültig sein, aber wäre Plausibilität nicht schon einmal ein Anfang?

Und warum habe ich plötzlich so einen Gefallen an rhetorischen Fragen gefunden? http://www.multimediaxis.de/images/smilies/old/1/nixweiss.gif

Nyanya
21.07.2008, 20:24
Zwischen dem Philosophieren und dem Unglücklich sein gibt es nur leider keinen Wirkungszusammenhang wie zwischen Schokolade und schlechten Zähnen. Ich kann glücklich sein und trotzdem WARUM fragen. Dass er behauptet der einzige Grund weshalb ein Mensch JEMALS auf die IDEE kommen könnte, NACHZUDENKEN, die eigene UNZUFRIEDENHEIT sein soll, reduziert den Menschen in meinen Augen jedenfalls auf ein nicht selbstständig handlungsfreies Wesen.

gas
21.07.2008, 21:29
Wir sprechen hier nicht von logisch zwingenden Implikationen. Wenn Cipolla das wirklich gemeint hätte, dann würde ein einzelnes Gegenbeispiel ausreichen, um die komplette Theorie zu Fall zu bringen. Unter diesen strengen Kriterien würden aber fast alle Theoriegebäude in der Soziologie und der Psychologie einstürzen. Man kann diesen Fachgebieten den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit absprechen, aber man kann kaum leugnen, dass die Theorien, wenn sie denn gewisse (leider oft schwammige) Plausibilitätskriterien erfüllen, zum Verständnis des Verhaltens von Menschen und Menschengruppen beitragen.
So, denke ich, sollten wir auch Cipollas Idee verstehen. Es geht in diesem Thread also darum, das Verhältnis zwischen Philosophie und Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben zu klären. Dass es da überhaupt keine Verbindung gibt, halte ich für unwahrscheinlich. Also steht die Frage im Raum, wie genau der Zusammenhang aussieht, und wie stark er ist.


Zwischen dem Philosophieren und dem Unglücklich sein gibt es nur leider keinen Wirkungszusammenhang wie zwischen Schokolade und schlechten Zähnen.Doch, und ich habe in meinem Beitrag versucht, ihn ein wenig zu beleuchten. Und nachdem ich es noch einmal durchgelesen habe, erscheint es mir nach wie vor plausibel.

Skorp
21.07.2008, 23:58
Das ist sicher nicht streng logisch deduzierbar, aber doch immerhin plausibel, oder nicht? Denn dass in diesem Beispiel ein Wirkungszusammenhang besteht, würde wohl nur die Familie Ferrero ernsthaft bestreiten wollen. Ich nehme also an, dass es auch eine statistische Korrelation gibt - nur dass wir ohne Statistiken über ihr Gewicht nichts sagen können.

Warum soll das nicht auch für Cipos Theorie gelten? Natürlich kann sie nicht logisch absolut gültig sein, aber wäre Plausibilität nicht schon einmal ein Anfang?

Und warum habe ich plötzlich so einen Gefallen an rhetorischen Fragen gefunden? http://www.multimediaxis.de/images/smilies/old/1/nixweiss.gif

Genau... es gibt sicherlich Leute, welche schlechte Zähne aufgrund ihrer Essgewohnheiten haben...aber nicht automatisch alle, und das versuchte ich auch zu sagen...
Denn, wei Nyanya schon sagte, ich kann glücklich sein und totzdem nach dem WARUM fragen...

Schattenläufer
22.07.2008, 03:01
Zwischen dem Philosophieren und dem Unglücklich sein gibt es nur leider keinen Wirkungszusammenhang wie zwischen Schokolade und schlechten Zähnen. Ich kann glücklich sein und trotzdem WARUM fragen. Dass er behauptet der einzige Grund weshalb ein Mensch JEMALS auf die IDEE kommen könnte, NACHZUDENKEN, die eigene UNZUFRIEDENHEIT sein soll, reduziert den Menschen in meinen Augen jedenfalls auf ein nicht selbstständig handlungsfreies Wesen.
Fühlst du dich davon irgendwie persönlich angegriffen?
Weil du so persönlich reagierst und La Cipolla beleidigst und Ausdrücke verwendest und so :-/

Er hat Argumente in den Raum gestellt, die sicher angreifbar sind. Daran sollte man ansetzen, nicht an der angeblichen Verblendung und Idiotie des anderen. So funktionieren gute Gegenargumentationen - man zerreißt die Argumente des anderen und lässt ihn wissen, wie einfach das für einen gerade war.

Ich werde das jetzt aber nicht exemplarisch tun, denn ich finde den Gedanken interessant. Womit ich, so wie ich La Cipolla verstehe, übrigens nicht unbedingt auf seiner Seite stehe.

Sich überhaupt die Frage zu stellen, was der Sinn des Lebens ist, zeugt doch von einer gewissen Unzufriedenheit und Unsicherheit. Warum bin ich hier? Diese Frage stellt man sich doch nicht, wenn man rundum zufrieden ist mit allem, was einem geschieht und was man ist. Da sagt man sich: Scheiß drauf, die Frage führt mich doch nirgendwo hin. Sich die Frage ernsthaft zu stellen bedeutet doch, eine negative Antwort in Betracht zu ziehen.

Der Sinn des Lebens ist etwas, das man erfüllen muss. Wenn man weiß, was der Sinn des Lebens ist, kann man nichtmehr einfach sagen: "Egal, ich mach weiter wie bisher." Zumindest nicht als als ein Mensch, der nicht komplett ignorant ist.
Doch meiner Meinung nach ist man das, wenn man glückselig ist. Weil man nicht mehr auf der Suche sein muss. Man hat alles, was man braucht. Glückseligkeit und die Erfüllung des Sinn des Lebens bzw. die Suche nach ihm schließen sich gegenseitig aus, wenn der Sinn des Lebens nicht die Glückseligkeit selbst ist.

Es wird oft gesagt: Der Mensch braucht Lügen, an die er glauben darf. Damit er glücklich sein kann. Er kann niemals wissen, was der Sinn des Lebens ist. Also braucht er eine Lüge, damit er sich nicht die Frage zu stellen braucht.
Und wir alle belügen uns selbst. Wir suchen nicht nach dem Sinn des Lebens, wir erfinden uns einen. Denn die Erfüllung des Sinns des Lebens macht uns glücklich, das Gefühl das Richtige zu tun, und das ist im Grunde alles, was wir brauchen. Und da ist es dann egal, ob das wirklich der Sinn des Lebens ist, was wir dafür halten.

La Cipolla
22.07.2008, 03:26
*g* Sehr schön, hier sieht man, wer die Partei mit den Steuersenkungen wählen würde. :D

Mal was zur Entstehungsgeschichte: Ich habe mich sehr lange und ausgiebig mit dem ganzen Schmarn beschäftigt, ziemlich genau zu der Zeit, wo ich recht viel Angst vor dem Tod hatte (vor 7 Jahren+ oder so). Das ist mit der Zeit verflogen, auch durch Philosophie, und inzwischen ist mein Leben für mich ziemlich nah an der Perfektion. Seitdem interessiert mich auch Philosophie kaum noch, um genau zu sein, merke ich erst jetzt, wie obskur und fluchtartig vieles in die Richtung ist.
Mir hat die Philosophie also unglaublich geholfen.
Allerdings kenne ich genug Leute, die mindestens ein ebenso tolles Leben haben und sich niemals Sorgen um sowas gemacht haben (geschweige denn um Philosophie). Und ich weiß, dass ich diesen Leuten nur voraus habe, dass ich bewusst glücklich bin. Dafür hab ich mir in den Jahren aber auch einen Haufen Scheiße durch den Kopf gehen lassen und habe unglaublich viel Zeit mit Überleben verbracht, in denen die anderen einfach gelebt haben, wie ich es heute kann.
Ich sehe da ein Krankheitsbild, wenn ein Mensch sich erst erklären muss, wie er gut und zufrieden leben kann, während es bei anderen auch so klappt. Nicht, dass man das nicht überwinden könnte (wie fast jede Krankheit), und nicht, dass es etwas Schlimmes wär, aber ich find es unnormal.
Auch nochmal zu der Schwulensache: Hallo? ich hab nichts gegen Brillenträger nur weil ich ihre "Abnormalität" zum Vergleich ranziehe. Der Großteil der Menschen ist nun hetero, is Fakt. Damit ist alles andere unnormal, per definare also krank. :rolleyes: Was ich nicht für schlimm halte. Aber ja, wer sich daran aufziehen will, soll es tun. :p




Ich hoffe ich muss das nicht begründen und du nimmst das selbst nicht ernst, weil sonst tät mir das irgendwie leid.
Und wie! :O


Dass er behauptet der einzige Grund weshalb ein Mensch JEMALS auf die IDEE kommen könnte, NACHZUDENKEN, die eigene UNZUFRIEDENHEIT sein soll, reduziert den Menschen in meinen Augen jedenfalls auf ein nicht selbstständig handlungsfreies Wesen.
Ich sehe ihn als solches. Nicht, dass das mein Leben großartig beeinflussen würde, weil die "Gedanken" nunmal die Umleitung der Instinkte sind, und es gibt keinen Grund, sich von biologischen Fakten das Dasein vermiesen zu lassen. :D Verdrängung ist bekanntlich die größte Freude des Menschen.


Es wird oft gesagt: Der Mensch braucht Lügen, an die er glauben darf. Damit er glücklich sein kann. Er kann niemals wissen, was der Sinn des Lebens ist. Also braucht er eine Lüge, damit er sich nicht die Frage zu stellen braucht.
Und wir alle belügen uns selbst. Wir suchen nicht nach dem Sinn des Lebens, wir erfinden uns einen. Denn die Erfüllung des Sinns des Lebens macht uns glücklich, das Gefühl das Richtige zu tun, und das ist im Grunde alles, was wir brauchen. Und da ist es dann egal, ob das wirklich der Sinn des Lebens ist, was wir dafür halten.
*g* Genau! ^.^


Dass sie unglücklich wurden, weil ihre Oma gestorben ist, oder weil man sie ungewollt in den Arsch fickte (Alter, du scheinst mir negativ gegenüber Homosexualität eingestellt zu sein lol), oder weil sie über die Schäfchenherde namens Gesellschaft in der sie lebten, nachdachten und zu dem Schluss kamen, dass der Großteil aus lethargischen Vollidioten besteht und kein Platz für eigenständig denkende Menschen vorhanden ist, ziehst du garnicht erst in Betracht.
Wieso sollte ich auch? Der Grund fürs Unglücklichsein ist mir an der Stelle völlig egal. Es geht mir nur darum, dass Philosophie ein Weg ist, Unglück zu beseitigen, im Ergo also eine Stütze. Warum es jemanden schlecht geht, ist da absolut im Hintergrund. Nicht umsonst werden viele Leute nach traumatischen Ereignissen religiös, weil sie halt eine Stütze brauchen.


Dass sich ein "normaler" Mensch nie mit Philosophie auseinander setzen würde (wie du ja behauptest), zeugt nur von Engstirnigkeit und Verblendung.
Zeig mir, wo ich das behauptet habe! ;) Das ist deine eigene Interpretation, nachdem du in dieser Theorie einen Angriff gesehen hast, der dich offenbar getroffen hat. Oder du nimmst es nicht ernst, das wäre ein zweiter (ein guter) Grund für Worte wie Schwachsinn! http://www.multimediaxis.de/images/smilies/old/1/ugly.gif


Das bezweifle ich ebenso.
Für die meisten Menschen ist das mal gar nicht selbstverständlich, was ihnen Freude im Leben bereitet, was Glück ist und was die Mission, also der Sinn, im Leben ist.
Nicht das Glück, sondern das Leben, das Streben nach Glück. Ob das klappt, ist eine andere Frage. Aber die meisten Menschen streben unbewusst, und oft haben sie damit mehr Erfolg, weil sie ihren Erfolg nur verteidigen müssen, wenn er in Frage gestellt wird, niemals vor sich selbst. Sie leben halt einfach, auf Gedeih und Verderb, während der Philosoph ständig überlegt, wie er es machen soll, vor allem auch, weil er es ohne nicht gebacken kriegt.


Würde ich so nicht behaupten... überhaupt würde ich solche Begriffe nicht leichtfertig synonym benutzen.
Ist aber Fakt, im weitesten Sinne. Alle Utopien streben bspw nach einem erfüllten Leben in einer passenden Gesellschaft, und das ist schonmal ein nicht zu unterschätzender Teil der Philosophie. Das, was man gern "Sinn des Lebens" nennt, ist letztendlich doch auch nur etwas, das einen antreibt -> das man gern und mit Überzeugung tut. Andere Leute würden das stupide Glück nennen.


Wichtig ist, dass man sich Gedanken darüber macht, dass man sich Ziele im Leben setzt und so weiter...
Glücklich sein kommt meist durch Zufriedenheit und dies durch die richtigen Entscheidungen und Taten.
Philosophie hat damit nicht viel zu tun. Selber die richtigen Gedanken machen schon eher.
Wo ist jetzt der Unterschied? ^_~ Wozu machst du dir denn Gedanken? Ausschließlich, damit du richtig handeln kannst oder eigene Mängel rechtfertigen kannst, wobei ersterer Fall der normale ist. Der Mensch tut nichts, was nicht auf Handlungen basiert ist. Wieso sollte er auch? Er ist am Ende instinktgesteuert, Gedanken sind nur Mittel zum Zweck, niemals, niemals Selbstzweck, jedenfalls nicht im Inneren.




kleine Edith: Warum eigentlich Homosexualität für Einsame? Sag nicht, du glaubst den Schmarn mit den vom Alphamännchen unterdrückten Rudelgenossen ;P.
What? oô

Mordechaj
22.07.2008, 08:20
What? oô
Irgendwer meinte mal in einem Sumpf-Thread, dass Homosexualität evolutionstheoretisch erklärbar wäre, nämlich so, dass die anderen Männchen in der Gruppe sich zwangsläufig anderweitig vergnügt haben, weil ja das Alphamännchen das Vorrecht auf die Frauen hatte...
Nun finde ich, dass Homosexuelle nicht zwangsläufig einsam sind - oder versteh ich da schon wieder was falsch? .__."

Tyr
22.07.2008, 12:14
Nicht das Glück, sondern das Leben, das Streben nach Glück. Ob das klappt, ist eine andere Frage. Aber die meisten Menschen streben unbewusst, und oft haben sie damit mehr Erfolg, weil sie ihren Erfolg nur verteidigen müssen, wenn er in Frage gestellt wird, niemals vor sich selbst. Sie leben halt einfach, auf Gedeih und Verderb, während der Philosoph ständig überlegt, wie er es machen soll, vor allem auch, weil er es ohne nicht gebacken kriegt.

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Ist aber Fakt, im weitesten Sinne. Alle Utopien streben bspw nach einem erfüllten Leben in einer passenden Gesellschaft, und das ist schonmal ein nicht zu unterschätzender Teil der Philosophie. Das, was man gern "Sinn des Lebens" nennt, ist letztendlich doch auch nur etwas, das einen antreibt -> das man gern und mit Überzeugung tut. Andere Leute würden das stupide Glück nennen.

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Wo ist jetzt der Unterschied? ^_~ Wozu machst du dir denn Gedanken? Ausschließlich, damit du richtig handeln kannst oder eigene Mängel rechtfertigen kannst, wobei ersterer Fall der normale ist. Der Mensch tut nichts, was nicht auf Handlungen basiert ist. Wieso sollte er auch? Er ist am Ende instinktgesteuert, Gedanken sind nur Mittel zum Zweck, niemals, niemals Selbstzweck, jedenfalls nicht im Inneren.

Da haben wir wohl im Grundsatz unterschiedliche Meinungen.
Zu einem denke ich, dass der Mensch ein vernunftbasiertes Wesen ist (oder besser... sein kann?), zum anderen dass die Gedanken um einen "Sinn" essenziell für die Zufriedenheit um im Endeffekt "wahres" Glücklichsein ist.

Solche Gedanken sind wichtig, um sich Ziele zu setzen; Ziele braucht man um für sich definieren zu können, was Erfolg bedeutet. Zielorientiertes Handeln und resultierender Erfolg bewirken innere Zufriedenheit, das ist Glück; das bewusste, zweifelsfreie Gefühl, das Richtige zu tun. Dieses Glück ist unantastbar, weil es auf Werten beruht, die dies sind. Zufriedenheit ist beständig und unerschütterlich.

Und dies sind alles Dinge, die man nicht einfach so unbewusst schon weiß. Man denkt vielleicht, man wüsste, was man will, wer man ist und wohin die Reise geht, aber ich glaube nicht, dass man das wirklich hundertprozentig tut.

Irgendwann fängt man dann mal an, alles in Frage zu stellen, was man bisher getan hat, auch wenn oft erst sehr spät (Midlife Crisis).
Kann man ja auch gar nicht anders. Man hat ja keine Sicherheit, nichts, an das man sich halten könnte, das sagt, dass man auf dem richtigen Weg ist. Man hat ja nicht mal einen Weg. Denn den bekommt man nicht einfach so.

Ich hab z.B. immer von mir gedacht, ich wüsste, was ich wollte. Ich habe immer versucht, dass zu tun, was ich für richtig gehalten hab (kategorischer Imperativ, um wieder die Philosophie mit reinzubringen? ^^).
Aber das reicht bei weitem nicht. Letztens brachte man mich auf die Idee, mal darüber nachzudenken, was wohl die Menschen, würde ich sterben, in ihrer Grabrede über mich erzählen würden... und es hat mir ein zutiefst unbefriedigendes Gefühl vermittelt. Dann habe ich versucht darüber nachzudenken, was ich gerne hätte, was sie über mich reden sollten... ansatzweise konnte ich mir vielleicht etwas denken, aber voll ausformulieren konnte ich es nicht... noch nicht.

Das Ich, die Mission im Leben, den Sinn zu finden ist ein so komplexer und langer Prozess, das kann man doch nicht einfach so nebenbei beim Leben schnell machen ^^''

Es ist natürlich möglich, dass wir "Glück" anders definieren. Aber deshalb meinte ich ja auch, man solle doch die Begriffe nicht so synonym verwenden. Lebensfreude ist z.B. ziemlich heikel. Der eine sieht darin das, was ich oft abwertend als Spaß verstehe. Der andere das, was ich vorhin als Glück und Zufriedenheit beschrieben habe.
Ersteres ist kurweilig und verfliegt, zweiteres ist beständig und bleibt.
Ersteres führt Depressionen und Unzufriedenheit, zweiteres muss man sich erst hart erarbeiten.

Aber das alles ist eher im Bereich der Psychologie. Kommen wir zur Philosophie zurück.

Du behauptest, man müsse sich nur vor andern rechtfertigen, nicht vor sich selber.
Aber gerade man selber ist es doch, vor dem man sich am meisten und heftigsten rechtfertigen muss. Selbstzweifel sind doch natürlich. Hat man sich die richtigen Ziele gesetzt? Warum tut man überhaupt das, was man tut?

Am Ende der Frage Warum wartet ein Wert, etwas, worauf jedes Ziel begründet ist und etwas, was Erfolg definieren kann. Ein Wert ist etwas, womit man sich identifiziert. Etwas, was man nicht weiter hinterfragen kann und auch nicht braucht. Etwas, was man mit Stolz antwortet, müsse man sich vor sich oder anderen "rechtfertigen".

Philosophen haben oft eben diese eigentlich unerschütterlichen Werte hinterfragt. Ich bezweifle, dass das viel mit Unglücklichsein zu tun hat.

Vielleicht haben sie auch einfach nur die durchaus nachzuvollziehende Freude daran, sich über intellektuelle Themen den Kopf zu zerbrechen?

Nun ja, zumindest wenn ich mir mal über Ethik, Moral oder Vernunft Gedanken mache, sind das eher gute Momente in meinem Leben und nicht die unglücklichen...

Schattenläufer
22.07.2008, 13:37
La Cipolla: Naja Homosexualität als Stütze ist schon heikel. Aber zu sagen, dass es per Definition krank ist, weil eine erschlagende Mehrheit der Menschen hetero ist, ist größter Humbug. Wenn 90% der Erdbevölkerung AIDS hätten, wären die anderen 10% trotzdem die Gesunden.

SephiMike, dir ist aber schon klar, dass deine Ausführungen letztendlich vor allem eines sagen, nämlich: wenn ein Mensch unglücklich wird, fängt er an zu philosophieren, um wieder glücklich zu werden?

All das, was du als "richtige Gedanken machen" bezeichnest, ist nämlich quasi per Definition Philosophie.
Ich glaube, du denkst bei Philosophie an Ethik, eine "Abteilung" der Philosophie. Da wird wirklich hauptsächlich gefragt, wie man sich "gut" verhält. Nach welchen Maßstäben oder Gesetzen man sich da richten kann.

Das unterscheidet sich vom Thema dieser Diskussion dahingegend, dass "gutes Handeln" in keiner Weise bedingt zur Glückseligkeit führen wird, noch irgendetwas mit dem Sinn des Lebens zu tun haben muss. Hier kommt wieder eine Lüge ins Spiel - der Philosoph muss den Menschen und sich selbst verklickern, dass da eben DOCH ein Zusammenhang besteht. Die Welt zeigt oft das Gegenteil - sei ein Arsch und du wirst belohnt - also wird die "höchste aller Belohnungen" für das gute Handeln propagiert. Sei es nun der Einzug ins Himmelreich, die vollendete Glückseligkeit oder sonst irgendwas in der Richtung.


Solche Gedanken sind wichtig, um sich Ziele zu setzen; Ziele braucht man um für sich definieren zu können, was Erfolg bedeutet. Zielorientiertes Handeln und resultierender Erfolg bewirken innere Zufriedenheit, das ist Glück; das bewusste, zweifelsfreie Gefühl, das Richtige zu tun. Dieses Glück ist unantastbar, weil es auf Werten beruht, die dies sind. Zufriedenheit ist beständig und unerschütterlich.
Da geb ich dir vollkommen Recht - mit einem kleinen Nachtrag: die beständigen und unerschütterlichen Werte, auf denen die eigene Zufriedenheit beruht, sind natürlich alles Lügen. ;>

Kaltblut
22.07.2008, 19:59
@ La Cipolla:
Die Theorie hat bestimmt einen wahren Kern. Zumindest die Grundidee, lediglich der Zusammenhang ist irgendwie tautologisch. Also A = B deswegen B = A.

Einerseits "Philosophisch veranlagte Leute sind von der Natur benachteiligt" und "Philosophie ist eine Stütze für alle, die ein unzufriedenes Leben haben"
Also Philosophen sind Verlierer und Verlierer werden zu Philosophen - etwas überspitzt. Nur sind deswegen ja nicht alle Philosphen Verlierer und nicht alle Verlierer sind Philosophen.

Ich kann mir aber durchaus vorstellen da es einen "statistischen" Zusammenhang gibt. Also, dass menschen die Unzufrieden sind zum philosophieren neigen. Ob dewegen auch Philosophen unzufriedener sind bezweifle ich. Dazu müsste man eigentlich die Philosophen mit den Nicht-Philosophen vergleichen. Und den Nicht-Philosophen gehts im allgemeinen genauso dreckig. Ein paar Gegenbeispiele wären hier auch der Dalai Lama, Gandih oder evtl. Einstein. Ich halte es auch für relativ natürlich, dass jemand seine Probleme lösen will. Und eine Variante, neben Wände einschlagen, ist nachdenken.

So gesehen denke ich, dass du den Schluss, von "Alle Unglücklichen werden zu Philosophen" gleich "alle Philosophen sind unglücklich" gesetzt hast. Was ja nicht das selbe ist.
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übrigens schön dass du im siebten Himmel wohnst, krieg ich da ein Stück von? :)

Ianus
22.07.2008, 21:29
Viele Philosophen waren arme Ärsche, die sich gern bemitleidet und suizidiert haben. Beim Suizid kenne ich nur Jean Amery und einen Vorsokratiker, der in einen Vulkan sprang. Jean Amery wurde während des 2. Weltkrieges gefoltert und sah im KZ, dass seine Lebenswelt eine hochgradig artifizielle war. Er verlohr sein Vertrauen in die Menschen durch die Folter und sein Platz in der Welt im KZ. Sein Selbstmord ist dementsprechend also irgendwo verständlich.

Beim Selbstmitleid könnte man wohl Albert Camus nennen, mit seinem ganzen "Alles ist mir Fremd!" und "Die Welt ist so Absurd!", aber wen sonst noch?


Viele Philosophien kommen zu dem Schluss, dass Lebensfreude, Selbstverwirklichung, wie auch immer man es nennen will, der Sinn des Daseins sind - Eine Sache, die für die meisten Leute selbstverständlich ist, die sich niemals mit Philosophie beschäftigt haben. Noch mehr Philosophen beschäftigen sich überhaupt nicht mit diesem Bereich des menschlichen Lebens. Mit dem Glück des Menschen befassen sich doch hauptsächlich die nachsokratischen Philosophen. Die Moderne hat andere Themen. Weiters sagen die Nachsokratiker nicht, dass Selbstverwirklichung das Ziel sein, sondern ein gemäßigtes Leben nach irgendwelchen Prinzipien. Glück liegt für sie in der richtigen Strukturierung der Existenz.


Wenn ein Mensch etwas nicht versteht, versucht er, es zu kategorisieren (also ein wissenschaftlicher Ansatz). Die Philosphie ist dann die wissenschaftliche Variante des alltäglichen Lebens. Philosophie befasst sich auch mit Themen, die eine Stufe über dem alltäglichen Leben stehen, z.B. der Frage nach der Entstehung des Schöpfers oder dem Modell, das den Zusammenhang zwischen dem Mensch und seiner Umwelt Sinnhaft erklärt. Oder mit Staatstheorie. Oder warum Porno so langweilig ist.


Als Gegenargument könnte jetzt kommen, dass durch Philosophie "gewonnenes" Lebensglück viel bewusster und dementsprechend intensiver sei. Allerdings steht das zur Debatte, dieser Theorie hier folgend beschäftigen sich schließlich nur Leute ernsthaft mit Philosophie, die eh Probleme damit haben, das Leben einfach nur zu genießen - und im Ergo auch nicht einschätzen können, ob "gezieltes" oder ideologisch hinterlegtes Leben nun "besser", glücklicher ist. Naja, im Glück übersieht man, dass sich nicht die Welt, sondern wir geändert haben. Wenn man ein philosophisches Problembewusstsein hat, fragt man sich dann, was sich geändert hat und warum man nun Glück genießt, wo man zuvor noch im Unglück war.


Aussage hinter dieser Theorie: Philosophisch veranlagte Leute sind von der Natur benachteiligt. Krank, um ein hübsches Wort zu benutzen. Sie flüchten sich in eine Traumwelt, in der alles einen "Sinn" hat, statt wie ein "braver Mensch" die Sinnlosigkeit zu genießen. (Oder sie müssen sich diese Sinnlosigkeit erst in langwieriger Denkarbeit rechtfertigen, bevor sie sie genießen können). Gegenaussage: Philosophie ist Ergebnis eines Problembewusstseins und hat wenig mit Glück oder Unglück zu tun. Die Probleme, welche die Philosophie zu behandeln versucht, sind unabhängig von der aktuellen Stimmung. Sie haben natürlich einen Zusammenhang mit den Problemen, denen sich die einzelnen Philosophen besonders bewusst sind, aber das sagt wenig über ihr Glück aus. Ist in etwa so, als würde man erfolgreiche Wissenschaftler als Unglücklich und gescheiterte als Glücklich bezeichnen.

La Cipolla
22.07.2008, 23:29
aber wen sonst noch?
Keine Ahnung. ö_ö Soweit kommts noch, dass ich meine Behauptungen belegen müsste (oder könnte :o).

Philosophie befasst sich auch mit Themen, die eine Stufe über dem alltäglichen Leben stehen, z.B. der Frage nach der Entstehung des Schöpfers oder dem Modell, das den Zusammenhang zwischen dem Mensch und seiner Umwelt Sinnhaft erklärt. Oder mit Staatstheorie. Oder warum Porno so langweilig ist.
Das triffts doch. ;) Porno, Gesellschaft, Religion und Sinn des Lebens sind schon Alltagsthemen.


Wenn man ein philosophisches Problembewusstsein hat, fragt man sich dann, was sich geändert hat und warum man nun Glück genießt, wo man zuvor noch im Unglück war.
Das stimmt. Heißt in der Praxis, ein Mensch, der sich mit Philosophie beschäftigt hat, würde wohl durchschnittlich (!) schwieriger wieder ins Unglück "abrutschen" und leichter wieder rauskommen. Hm, gut, erfahrungsgemäß würd ich jetzt dagegen stimmen, aber das mögen meine Erfahrungen sein.

Ist in etwa so, als würde man erfolgreiche Wissenschaftler als Unglücklich und gescheiterte als Glücklich bezeichnen.
Das kapiere ich jetzt nicht. ö_ö


Ein paar Gegenbeispiele wären hier auch der Dalai Lama, Gandih oder evtl. Einstein.
Ich kenne mich zu wenig mit ihnen aus, um zu wissen, ob sie unglücklich waren, bevor sie sich ihre Gedanken gemacht haben. Ich denke, das sind keine Gegenbeispiele, eher Beispiele. Leute, die ohne ihre Gedanken sicher nicht besonders glücklich gewesen wären. Ergo, die Philosophie ist ihre Krücke.

ABER. Was mir noch eingefallen ist. Man kann das Ganze auch erweitern und sagen, dass die Philosophie nicht nur Krücke, sondern auch Verbesserung sein kann. Also etwa ein Fernglas, statt einer Brille. Oder eher noch - beides in einem. Darauf könnte ich mich einigen.



Wenn 90% der Erdbevölkerung AIDS hätten, wären die anderen 10% trotzdem die Gesunden.
Ansichtssache. Kommt auf die persönliche Definition von "krank" an, das Thema müssen wir hier aber nicht weiter ausdehnen, is Off-Topic und zudem völlig uninteressant (weil ich es wie gesagt nicht für schlimm halte). Wir sind alle mal erkältet.



Da haben wir wohl im Grundsatz unterschiedliche Meinungen.
Zu einem denke ich, dass der Mensch ein vernunftbasiertes Wesen ist (oder besser... sein kann?), zum anderen dass die Gedanken um einen "Sinn" essenziell für die Zufriedenheit um im Endeffekt "wahres" Glücklichsein ist.
Ich bin ein großer Freund von Verdrängung, aber deine beiden Punkten wären mir zu fantastisch gegriffen. ;) Zweiterer Punkt ist mir bei weitem zu absolut, ersterer Punkt ist mir gar unbegreiflich. Denk ma darüber nach, ob du in deinem Leben irgendetwas getan hast, was nicht einem Zweck gedient hat. "Vernunft" ist nur die Instinktumleitung, die wir den Tieren voraushaben, wir müssen uns nicht aufs Essen stürzen, wir können bspw. eine Falle bauen. Aber letztendlich wollen wir fressen, das ist der Zweck der Falle. -> Instinkt umgeleitet.


Nun ja, zumindest wenn ich mir mal über Ethik, Moral oder Vernunft Gedanken mache, sind das eher gute Momente in meinem Leben und nicht die unglücklichen...
Wie Schattenläufer schon meinte, das ist eher ein Pro-Argument. Ohne die Philosphie wärst du wohl nicht so zufrieden (wie ich auch). Ich finde das unnormal, krank.

basti-kun
23.07.2008, 12:26
Philosophie ist eine Stütze für alle, die ein unzufriedenes Leben haben - so wie eine Brille für Kurzsichtige, Superheldencomics für Schwächlinge, Krücken für Lahme, Homosexualität oder Internetforen für Einsame usw.
:D

ich hatte mal respekt vor dir....

Kaltblut
23.07.2008, 14:49
@ La Cipolla:

Was mir noch eingefallen ist. Man kann das Ganze auch erweitern und sagen, dass die Philosophie nicht nur Krücke, sondern auch Verbesserung sein kann. Also etwa ein Fernglas, statt einer Brille. Oder eher noch - beides in einem. Darauf könnte ich mich einigen.
Ich glaub ich hab jetzt kapiert was du meinst. Die Krücke, die beim Aufstehen hilft, kann auch Flügel verleihen (um mal blumig zu bleiben ^^). Das ist wohl der Sinn hinter all den Sinn-im-Leben-Philosphien. Dann müsste aber statistisch eher ein Zusammenhang von glücklich-philsophisch bestehen als umgekehrt, zumindest bei alten Philosophen bei denen ja die "Pille" schon gewirkt hat. Oder es müsste sich im Lebenslauf von Philosphen eine Entwicklung von (-) in (+) ergeben.

Ob jetzt auch Gedankenlose Menschen glücklicher sind ist schwer zu beantworten. Ich nehme aber mal an, dass sie es nicht sind, sondern nur andere Problemlösungsstrategien entwickeln. Ob die genauso gut funktionieren wie Philosophien ... hmmm ... dazu müsste man wohl selbst einer von "denen" sein. Ganz subjektiv zweifle ich aber dran.
---
Ich glaub du hast hier eine kleine Lawine losgetreten, deine Grundidee kann ich aber unterstützen :)

La Cipolla
24.07.2008, 00:08
ich hatte mal respekt vor dir....
Ich bin kein Mensch für Respekt, da es mir inzwischen sehr schwer fällt, "wichtige" Dinge ernst zu nehmen. ^_~
Das macht sie uninteressant und (meistens) auch langweilig.
Mit Ausnahmen natürlich - die alle höchst persönlicher Natur sind - wie ich es jedem anderen auch empfehlen würde.


Ich glaub du hast hier eine kleine Lawine losgetreten, deine Grundidee kann ich aber unterstützen
Das ist doch der Sinn der Sache. ;) Wenn der Text zu lang wird, liest ihn keiner. Wird er so differenziert wie nötig, antwortet keiner, weil er sich nicht auf den Schlips getreten fühlt oder den Text langweilig findet. So ist das nunmal mit den Menschen. Sie brauchen ideologische Arschtritte zum Lesen.

Es geht mir heute weniger um Respekt als um bloße Aufmerksamkeit (wie ein heulendes Kind) und ausgelassene Klugscheißerei. :D

basti-kun
24.07.2008, 00:35
Ich bin kein Mensch für Respekt, da es mir inzwischen sehr schwer fällt, "wichtige" Dinge ernst zu nehmen. ^_~
Das macht sie uninteressant und (meistens) auch langweilig.
Mit Ausnahmen natürlich - die alle höchst persönlicher Natur sind - wie ich es jedem anderen auch empfehlen würde.

lol, yeah....red unsinn und mach ihn gaaaanz schnell wieder weg ;)

La Cipolla
24.07.2008, 00:43
Ja, das war mir dann doch zu provokativ. ;) Und was spricht dagegen, Unsinn wegzumachen, wenn man ihn als solchen erkennt? :p

Rübe
24.07.2008, 13:19
Ha, vielleicht ist es genau umgekehrt. Man philosophiert nicht, weil man unglücklich ist, sondern wird unglücklich, weil man philosophiert. Wenn man bei allem im Leben "wieso?" fragt, erhält man einfach zu viele unbefriedigende Antworten. Und mit der Zeit frustriert das eben.

Jeder Mensch philosophiert ja ein wenig. Es sind aber nur jene, die das ganze ad absurdum führen, die sich auch als "echte" Philosophen verstehen. Damit erreicht die Unzufriedenheit über die Antworten ein Höchstmass und man wird "ein Arsch oder suizidiert sich" ^^. Insofern scheint mir dieser Typus Philosoph das Gegenteil vom Pragmatiker zu sein... die sind ja irgendwie auch zufriedener.
Hier noch ein kleiner politischer Einwurf: Linke sind laut Studien unzufriedener als Rechte. Ich sehe da einiges an Parallelen ;).

Ianus
24.07.2008, 23:05
Das kapiere ich jetzt nicht. ö_ö Philosophie ist Methode nicht Religion. Bei korrekter Anwendung der Methode kann man zu einem Ergebnis kommen. Wissenschaftler tun nichts anderes in der Forschung, Handwerker nichts anderes in der Werkstatt. Autoren tun es beim Schreiben.
Deine Aussage ist, dass derjenige, der die Methode beherrscht und anzuwenden weiß der Unglücklichste von allen sein wird. Ich halte das für Stumpfsinn. Als würde man behaupten, erfolgreiche Wissenschaftler seinen generell unglücklicher als erfolglose.

Die Frage, welches Feld mit welcher Methode beackert wird, hängt allein davon ab, welche Position der Philosoph für geeignet zum Erkenntnisgewinn hält. Der Pragmatiker z.B. beschränkt seine Überlegungen von Haus aus schon auf ein sehr enges Feld: Die durch Menschen getätigten Handlungen und deren Auswirkungen. Er tut dies unter anderem, da ihm das Nützlichkeitskriterium bei einer Erkenntnis an erster Stelle steht und aus vielen idealistischeren Standpunkten nun mal leider kein direkter Nutzen für Handlungen ableitbar ist.

Der Pragmatismus verschließt sich aber z.B. gegenüber dem Selbsterkenntnis. Das Feld, das von Nietzsche das "Menschliche, allzu Menschliche" genannt wird ist für ihn nicht betretbar, da vieles darin wenig mit Handlungen und viel mit Sprache und Bedeutung zu tun hat.

Ha, vielleicht ist es genau umgekehrt. Man philosophiert nicht, weil man unglücklich ist, sondern wird unglücklich, weil man philosophiert. Wenn man bei allem im Leben "wieso?" fragt, erhält man einfach zu viele unbefriedigende Antworten. Und mit der Zeit frustriert das eben. In einer Gesellschaft, in der weder die Rhetorik noch das Gespräch als Fähigkeit gelehrt werden, mag es nicht wundern, dass nichts über den Palaver hinaus kommt. Die Leute haben ganz banal keinen Schimmer, wie sie eine Frage anständig formulieren und ein Argument aufbauen könnten. Ihre Gegenüber im Dialog wiederum können weder zuhören noch auf die Argumente eingehen. Das die Versuche in der Philosophie dementsprechend scheitern und Frust hervorbringen, ist voraussehbar. Ist in etwa so, als würde man annehmen, dass jeder, der einen Bleistift halten kann allein dadurch automatisch alles, was er sieht mit einiger Genauigkeit auf einem Stück Papier niederzeichnen könnte.


Jeder Mensch philosophiert ja ein wenig. Es sind aber nur jene, die das ganze ad absurdum führen, die sich auch als "echte" Philosophen verstehen. Damit erreicht die Unzufriedenheit über die Antworten ein Höchstmass und man wird "ein Arsch oder suizidiert sich" ^^. Insofern scheint mir dieser Typus Philosoph das Gegenteil vom Pragmatiker zu sein... die sind ja irgendwie auch zufriedener. Argumentierst du hier gegen die Philosophie oder für die philosophische Position des Pragmatismus? Ein Pragmatiker ist nämlich unbewusst ein Anhänger einer sehr spezifischen Strömung der Philosophie und sein Glück somit ein Philosophisches.


Hier noch ein kleiner politischer Einwurf: Linke sind laut Studien unzufriedener als Rechte. Ich sehe da einiges an Parallelen . Wie weit links muss ich denn stehen, um Unglücklich zu sein? Reicht Amerikanisch-Links schon aus oder muss ich französischer Kommunist werden? Und wo Rechts muss ich stehen, um Zufrieden zu sein? Rechts wie im Rechten Rand in der Schweiz, oder muss es der Deutsche Ständestaat oder südamerikanisches Nazitum plus konservativer Katholizismus sein?

Setzt diese Statistik nicht konservative und progressive Gesinnungen unsachgemäß ausschließlich mit politischer Überzeugung gleich? Die Nazis waren mal mindestens so progressiv wie die Linken, darf man nicht vergessen.

TheBiber
25.07.2008, 00:24
Wie weit links muss ich denn stehen, um Unglücklich zu sein? Reicht Amerikanisch-Links schon aus oder muss ich französischer Kommunist werden? Und wo Rechts muss ich stehen, um Zufrieden zu sein? Rechts wie im Rechten Rand in der Schweiz, oder muss es der Deutsche Ständestaat oder südamerikanisches Nazitum plus konservativer Katholizismus sein?

Setzt diese Statistik nicht konservative und progressive Gesinnungen unsachgemäß ausschließlich mit politischer Überzeugung gleich? Die Nazis waren mal mindestens so progressiv wie die Linken, darf man nicht vergessen.

So weit ich mich entsinne, ging es um die wirtschaftliche Position und darum, wie Gerechtigkeit aufgefasst wird: Die Linken finden es gerecht, wenn der Reichtum prinzipiell gleichverteilt wäre, was beim Kapitalismus grundsätzlich nicht möglich ist, weshalb sie eher unzufrieden sind. Die Rechten hingegen finden es gerecht, wenn man verhältnismässig soviel verdient, wie man auch für die Gesellschaft leistet, was die unsichtbare Hand eines Marktes durchaus gewährleistet, weshalb sie zufriedener sind mit der momentanen Lage.

Wie die Studie selbst durchgeführt wurde und welche exakten Definitionen man verwendet hatte, ist mir selbst nicht bekannt, die Grundaussage macht in meinen Augen aber halbwegs Sinn und passt auch zu meinen Erfahrungen im Bekanntenkreis.

Schattenläufer
25.07.2008, 01:16
Für mich bedeutet links zu sein aber halt auch, immer irgendwie unzufrieden zu sein mit dem, was ist. Stillstand ist Rückschritt und so, ein System kann quasi gar nicht gut sein, wenn es sich bewährt hat.
Was ich irgendwie auch nicht gutheiße. :D Politische Richtungen sind was Komisches. Ich bin irgendwie zwischendrin, ohne mittig zu sein, ich bin idealistisch und möchte gleichzeitig auch Dinge bewahren, die den Kapitalismus auszeichnen... naja aber das ist ein anderes Thema.

Generell würde ich Rübe zustimmen - wenn man sich über viele Dinge (das Leben betreffend) Gedanken macht, hat man größere Chancen, unzufrieden zu werden.
Andererseits: als Philosoph bist du meiner Meinung nach nicht nur jemand, der sich Gedanken macht. Das kommt zwar wirklich extrem blöd, dass ich das mit den Lügen jetzt schon zum dritten Mal sage, aber: Philosophen entwickeln Systeme, die ihnen aus dieser Misere heraushelfen, dass Nachdenken (was ja nichts Schlechtes sein kann?!) irgendwie unglücklich macht.
Und diese Systeme sind einfach zwangsweise lückenhaft und funktionieren nur bis zu einem bestimmten Punkt - weil Glück nicht mit den Antworten zu jenen Gedanken vereinbar ist. Den Rest macht dann der Glaube an das gerade erfundene System, das Relativieren und so.

Ist das jetzt eigentlich nihilistisch?

gas
25.07.2008, 16:11
Generell würde ich Rübe zustimmen - wenn man sich über viele Dinge (das Leben betreffend) Gedanken macht, hat man größere Chancen, unzufrieden zu werden.Kommt drauf an. Unzufriedenheit ist immer nur ein Symptom, und Selbstreflektion hilft, die Ursachen ausfindig zu machen. Wer zu wenig über sein Leben nachdenkt, der sieht es schnell den Bach hinunter gehen, ohne die Gründe dafür (rechtzeitig) zu erkennen.

Rübe
26.07.2008, 00:34
Der Pragmatismus verschließt sich aber z.B. gegenüber dem Selbsterkenntnis. Das Feld, das von Nietzsche das "Menschliche, allzu Menschliche" genannt wird ist für ihn nicht betretbar, da vieles darin wenig mit Handlungen und viel mit Sprache und Bedeutung zu tun hat.
Ergo: Etwas das nur jene glücklich macht, die auch danach streben. Das kann man sich auch sparen. Der Pragmatiker verfügt über ein Menschenbild, das so schlecht sein kann, dass wohl alles, das man als Menschlich bezeichnet, zu genüge abgedeckt ist.

In einer Gesellschaft, in der weder die Rhetorik noch das Gespräch als Fähigkeit gelehrt werden, mag es nicht wundern, dass nichts über den Palaver hinaus kommt. Die Leute haben ganz banal keinen Schimmer, wie sie eine Frage anständig formulieren und ein Argument aufbauen könnten. Ihre Gegenüber im Dialog wiederum können weder zuhören noch auf die Argumente eingehen. Das die Versuche in der Philosophie dementsprechend scheitern und Frust hervorbringen, ist voraussehbar. Ist in etwa so, als würde man annehmen, dass jeder, der einen Bleistift halten kann allein dadurch automatisch alles, was er sieht mit einiger Genauigkeit auf einem Stück Papier niederzeichnen könnte.
Ich versteh den Zusammenhang jetzt nicht ganz. Das ist die normale Unzufriedenheit aller Intelektuellen, wenn sie sich mit dem "ungebildeten Pöbel" auseinandersetzen müssen, die übliche Kritik an "der Kultur". Eine Binsenweisheit wie die Behauptung älterer Menschen, dass früher alles Besser war. Mit der Unzufriedenheit der Philosophen meinte ich die Unzufriedenheit über die Ergebnisse ihres Denkens, wenn sie (wieder einmal) mit der Realität kollidieren und sich ganz lapidar fragen: Muss das wirklich so sein und wieso ist es nicht so wie ich es gerne hätte?

Argumentierst du hier gegen die Philosophie oder für die philosophische Position des Pragmatismus? Ein Pragmatiker ist nämlich unbewusst ein Anhänger einer sehr spezifischen Strömung der Philosophie und sein Glück somit ein Philosophisches.
Ich argumentiere gegen die Unzufriedenheit ;). Manchmal muss man sich eben der Realität fügen anstatt darüber unzufrieden zu sein. Philosophie bis zur Verbitterung ist eben Quatsch und in meinen Augen auch nur unbesonnen.

Ah, und es gibt jetzt auch noch eine pragmatische Schule? Ist die realitätstauglicher?

Wie weit links muss ich denn stehen, um Unglücklich zu sein? Reicht Amerikanisch-Links schon aus oder muss ich französischer Kommunist werden? Und wo Rechts muss ich stehen, um Zufrieden zu sein? Rechts wie im Rechten Rand in der Schweiz, oder muss es der Deutsche Ständestaat oder südamerikanisches Nazitum plus konservativer Katholizismus sein?

Setzt diese Statistik nicht konservative und progressive Gesinnungen unsachgemäß ausschließlich mit politischer Überzeugung gleich? Die Nazis waren mal mindestens so progressiv wie die Linken, darf man nicht vergessen.
Ich meine mich zu erinnern, dass es um die sozio-ökonomische Position ging. Ich habe aber nur von den Ergebnissen der Studie gelesen, nicht aber die Studie selbst.
Zu den Nazis sage ich lieber nichts... ich bin immer noch der Meinung, dass die nicht umsonst Nationalsozialisten hiessen. Allgemein sind sich sozialistische und republikanische Systeme unglaublich nahe. Was mich wohl darin bestärkt, dass es in der Studie wohl doch primär ums sozio-ökonomische (also etatistisch-liberalistische) Spannungsfeld ging.

FF
29.07.2008, 09:42
um nochmal auf cippo einzugehen: für eine antwort ist es essentiell zu wissen, ob es verschiedene "Wertigkeiten" von glück gibt.
Ein Berühmtes Zitat von J.S.Mill(?) sagt "lieber ein unglücklicher Sokrates, als ein glückliches schwein" was ja wohl direkt die Problematik anspricht. Dabei ist in gewisser Weise (auch) gemeint, dass ein Bewusstes Leben lebenswerter ist, und eine größere "Gesammtmenge" an Glück produziert, als ein unbewusstes, dass zwar weniger glück produziert, aber einen größeren "Anteil" an möglichem Glück.

Wenn man annimmt, dass man glücklicher sein kann, wenn man sein glück begreift, und es bewusst erlebt - und somit seinen "maximalen glückswert" anhebt, ist man eher unzufrieden, weil für das eigene empfinden scheinbar nicht der absolute sondern der Prozentuale Glückswert entscheidend ist.



Das andere, was du anspichst, ist ja wohl dass man sich als Philosoph das Leben unnötig kompliziert macht. Das passt zu diesem alten Gleichnis mit Thales im Brunnen. Die Magd(?) die ihn sieht, (und einen kleinen Tank für Glück hat, der aber relativ voll ist, wenn sie blos was zum anziehn und zu essen hat) hällt ihn für doof, weil er in den Brunnen gefallen ist. Das Thales da aber ganz andere Perspektiven hat (im Brunnen kann man besser Sterne gucken) und es zu seinem Glück auch gehört, sterne anzugucken (was die Magd so gar nicht intressiert) bekommt er da auch glückspunkte. Nur leider ist sein Glückstank viel umfassender, und er mag mehr der für sein Glück wichtigen Punkte in seinem leben erfüllen - aber bei weitem nicht genug, um seinen großen Tank genauso voll zu bekommen wie die arme Magd.


Natürlich kann man jetzt auch sagen, glück == glück, da gibts keine "abstufungen", dann ist die ganze Argumentation für die Katz, dann kann man sich aber auch die ganze Zeit mit Drogen Vollpumpen lassen, oder sich direkt Endorphine und Serotonin (oder so... k.a.^^) spritzen lassen, so einfach gehts ja auch.

Chaik
12.08.2008, 22:23
"In der Tat finden wir auch, daß, je mehr eine kultivierte Vernunft sich mit der Absicht auf den Genuß des Lebens und der Glücksseligkeit abgibt, desto weiter der Mensch von der wahren Zufriedenheit abkomme, woraus bei vielen, und zwar den Versuchtesten im Gebrauche derselben, wenn sie nur aufrichtig genug sind, es zu gestehen, ein gewisser Grad von Misologi, d.i. Haß der Vernunft, weil sie nach dem Überschlage alles Vorteils, den sie, ich will nicht sagen von der Erfindung aller Künste des gemeinen Luxus, sondern sogar von den Wissenschaften (die ihnen am Ende auch ein Luxus des Verstandes zu sein scheinen) ziehen,
dennoch finden, daß sie sich in der Tat nur mehr Mühseligkeit auf den Hals gezogen, als an Glückseligkeit gewonnen haben und darüber endlich den gemeinen Schlag der Menschen, welcher der Leitung des bloßen Naturinstinkts näher ist, und der seiner Vernunft nicht viel Einfluß auf sein Tun und Lassen verstattet, eher beneiden als geringschätzen."

Aus: Immanuel Kant - Grundlegung der Metaphysik der Sitten. Les ich momentan, und bei diesem Satz (es ist wirklich nur ein einziger!) musste ich an diesen Thread denken.

La Cipolla
13.08.2008, 00:33
Ich würde die Lektüre nach diesem Satz abbrechen. ö_ö Hab jetzt ne Minute gebraucht, um ihn zu kapieren. xD Aber ja, stimmt, ich musste auch an meinen Thread denken. ;)

Schattenläufer
13.08.2008, 14:41
Mann, ein Glück, dass wir einen kompetenten Ethiklehrer hatten, der solche Sätze lieber auf ihren wirklich einfachen Inhalt reduzierte, anstatt uns zu zwingen, das Original zu lesen. Oo

Grauenhafter Stil, ganz grauenhaft. Wenn ich das so lese, kommt mir ein Verdacht:
Ich stimme nur deswegen in so vielen Punkten mit Kant überein, weil er eine echt simple und natürliche Philosophie hatte, die er allerdings selbst auch nur als Grundlage für den übergeordneten Zweck heranzog, ein ganzes Buch voller möglichst kompliziert konstruierter Sätze zu schreiben.

TheBiber
13.08.2008, 17:06
Solche Sätze waren es, die mich auf den Hass gegenüber der Philosophie gebracht haben. Noch schlimmer sind dann die Sätze, die noch nicht mal grammatikalisch richtig formuliert sind. Wenn ich das so lese, werden grauenvolle Erinnerungen an die Philosophie-Stunden der Schule wach: Wir lasen ausschliesslich solche Texte und mussten ihren Inhalt wiedergeben, sie interpretieren mit allem was dazugehört und uns eine Meinung darüber bilden. Irgendwann kam der Lehrer dann noch mit französischsprachigen Texten angeflogen. Mensch, der hatte mich gehasst, weil ich die Aufgaben nie machte und knallte mir schlechte Noten rein aus reiner Antipathie, das waren noch Zeiten. :D

Wer solche Texte nie lesen musste, der weiss nicht, was Philosophie ist und wird meine äusserst negative Meinung darüber kaum nachvollziehen können.

Chaik
13.08.2008, 21:08
Ich lese solche Texte freiwillig... ._.

Vale
14.08.2008, 16:57
Ich lese solche Texte freiwillig... ._.

Ähja.

Wir mussten das Geschreibse vom Kant lesen. Es ist nicht zum Aushalten, wir haben in Philosophie letztes Jahr damit ein gesamtes Halbjahr verbracht.
Das große kantsche Problem ist für mich dabei, dass er viel zu viel einfach vorraussetzt, annimmt, versucht sich seine Gegebenheiten zu schaffen, auf denen er seine Sittenlehre aufbaut.
Ich könnt auch hingehen und den ewigen Frieden im mittleren bis fernen Osten wollen und vorraussetzen:

Dass...
der Friede vorbehaltlos sein muss, (kein Waffenstillstand, z.B. um sich auf Israel besser konzentrieren zu können)
Staaten untereinander sich nicht "schlucken" dürfen, (Georgien, Süd-Ossetien etc.)
stehende Armeen abgerüstet werden müssen, (ja sicherlich)
keine (internationalen) Schulden gemacht werden dürfen, (siehe vorigen Punkt)
die Autonomie eines jeden Staates gewährleistet sein muss (Indien, na hallo Bangladesh/ Bhutan), sowie
man drauf vertraut, dass ein Staat nach einem Krieg gegen einen anderen sofort ewigen Frieden will (jep, klar, siehe Irak gegen Iran, bzw. Hussein gegen Iran).

Dummschwätzer und Theorethiker wie Kant gibt's heutzutage schon genug. (Staats-, sowie Sitten) Philosophie muss (wie ich meine) umsetzbar sein, sonst ist sie uneffektiv bzw. unproduktiv und mEn bloße Zeitverschwendung.