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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zeigt mir...eure Fachliteratur!



Ianus
21.01.2008, 18:28
Ich habe im Laufe meines Lebens bemerkt, dass es überhaupt nicht einfach ist, gute Fachliteratur zu finden. Bücher sind oft überalter, arbeiten auf einem zu hohen oder zu niedrigen Niveau oder sind einfach nicht erhältlich. Meistens weiß mal selbst nicht genau, was man benötigt und die Beschreibungen sind zu schwammig. Ich denke wir könnten dem teilweise Abhilfe schaffen, indem wir unsere Fachliteratur herumzeigen und kurz Beschreiben.

Ob eure Obsession Flugzeuge, Teilchenbeschleuniger, Statistik, Eidechsenzucht oder die Geschichte von Leeds zwischen 1430-1850 ist, wenn ihr Fachliteratur dazu habt, zeigt sie her!



Ich habe bemerkt, dass sich in meinem Besitz ein wachsender Haufen Literatur zu einem sehr spezifischen Thema angesammelt hat: Bewaffnung kombiniert mit ein bischen Literatur über Krieg in Mittelalter und früher Neuzeit. Ich weiß, ein nerdiges Gebiet und die Beschäftigung damit wirft kein gutes Licht auf meine geistige Gesundheit, aber was solls.

Ich bin im Moment zu faul, um die japanspezifische Literatur zu organisieren und in Sachen Architektur/Möbeldesign habe ich noch keine bemerkenswerten Bestände aufgebaut.

Von Links nach Rechts:

http://img167.imageshack.us/img167/2610/clipboard01vu1.th.jpg (http://img167.imageshack.us/my.php?image=clipboard01vu1.jpg)

Stone, "A Glossary of the construction, decoration and use of arms and armour in all times and all countries."
Kein Leisetreter. Das Buch ist das einzige Umfassende Lexikon zum Thema Blankwaffen, Rüstungen und alte Feuerwaffen. Hat verdammt viele Abbildungen und verdammt viele veralterte Texte. In spezifischeren Bereichen, wie z.B. der Geschichte der besprochenen Gerätschaften und im gesamten Feld der Archäologie ist das Buch schwach. Erwartet also nur ganz wenig Information zu Bronzewaffen oder der geschichtlichen Entwicklung irgend eines Gerätes. Weiters kann es wenig zu südostasiatischen Waffen sagen, da dieser Bereich von den Benelux-Ländern abgedeckt wurde. Trotzdem, bis jemand die Aufgabe auf sich nimmt, eine korrigierte und erweiterte Neuauflage herauszugeben bleibt das Buch empfehlenswert.

Tinker, "The medieval sword in the modern world"
Ein von einem Schmied verfasstes Büchlein über moderne Reproduktionen. Interessant, wenn man bis jetzt noch nicht gewusst hat, dass es sehr gute Reproduktionen von historischen Waffen zu kaufen gibt. Bemerkenswert dürfte die aktuelle Theorie zum "Wie und Warum Schwerter jetzt wirklich gut funktionieren" sein. Darüber hat man schon in älterer Literatur geräzelt und dann die Überlegenheit des Säbel erklärt und das gerade Schwert als unsexy links liegen lassen.

Price, "Techniques of medieval armour reproduction"
Price ist ein Harnischschmied, der die längste Zeit seines Lebens für die SCA Tournierrüstungen geschmiedet hat. Das Buch befasst sich mit den Techniken, die zur Herstellung einer Rüstung aus dem 14. Jahrhundert notwendig sind - angefangen vom Hämmern eines Helmes, zum Biegen der Kettenrüstung und bis zum Schneidern des Pourpoints, der alles zusammen hält.

Lanzardo, "Ritter - Rüstungen"
Ein Photoband mit SW-Aufnahmen von Rüstungen. Hübsch anzusehen, aber inhaltlich nur mäßig empfehlenswert.

Kohlmorgen "Der Mittelalterliche Reiterschild"
Wie waren Schilde gebaut, wie baut man sie nach. Das ist das Thema. Guter historischer Teil, sehr gute Untersuchungen erhaltener Reiterschilde und ein guter praktischer Teil. Eines der Bücher, um das uns das Ausland beneidet. :D

Clements, "Medieval Swordmanship"
"Eine Einführung". Plus viel "Clements regt sich über alles und jeden auf". Inhaltlich versucht der Autor ein paar alte Mythen auszuräumen und stellt seine Theorie zum Thema "Schwertkampf mit Rundschild" und eine Sammlung von Grundlagen zum Langen Schwert zusammengesetzt aus den Inhalten verschiedener Fechtbüchern vor. Clements war eine nicht unbedeutende Figur in der Frühzeit des Schwertkampf-Revivals und der Abspaltung von der SCA, aber sein damals dringend notwendiges Sendungsbewusstsein hat zu einem Bruch zwischen ihm und der weniger obsessiven, akademischer vorgehenden Gemeinde geführt.
Inzwischen gibt es genügend Bearbeitungen und Übersetzungen von Fechtbüchern, sodass man dieses Werk nicht mehr benötigt. Man ist mit einer gut kommentierten Edition von Liechtenauers Fechtbuch besser bedient.

Gerstenberger "Waffen"
Eine Publikation des British Museeum für Kinder. Deckt wie in alle Kinderbücher des Museeums mit sehr guten Bildern so ziemlich alle Kontinente ab. Außer China und Südostasien. Und die Seiten zu Japan sind äußerst unspektakulär.

Zwei Bücher zur Terrakotta-Armee
Inhaltlich gleich bis auf die Photographien. Das Buch "Die Grabanlage des ersten Kaisers" beinhaltet allerdings wesentlich detailiertere Abbildungen und Beschreibungen der Funde.

http://img529.imageshack.us/img529/4853/clipboard02sz3.th.jpg (http://img529.imageshack.us/my.php?image=clipboard02sz3.jpg)

Lidschun, Schützenwaffen heute
Ein Buch aus der DDR, ich glaube inzwischen nicht mehr erhältlich und nicht mehr ganz up-to-date. Inhaltlich stellt es eine umfassende Darstellung aller Schützenwaffen aller Nationen um circa 1995 durch Abbildungen, Beschreibungen der Entwicklungs- und Produktionsgeschichte, Schnitt- und Explosionszeichnungen dar. Waffen, die nach '95 in die Heere übernommen wurden sind keine enthalten. Bedeutet, dass die Neuauflagen des M16, die ganzen neuen russischen, chinesischen und israelischen Waffen nicht enthalten sind. Genausowenig dieses klobige Experimentalgewehr.

Weiters beinhaltet das Buch eine Auflistung gebräuchlicher Kaliber in Wort und Bild, gebräuchlicher Verriegelungssysteme und Texte zur Entwicklung der Infanteriekriegsführung bzw der Gewehrmunition.

Diverse, Attila und die Hunnen/Die Alamanen
Beide wurden anlässlich einer Ausstellung verfasst und sind inhaltlich vergleichbar aufgebaut. Eine Darstellung der Geschichte dieser historischen Volksgruppen und der Zeit in der sie hier wirkten. Weiters stets auch Texte zur Rezeption während des 19. und frühen 20. Jahrhundert. Den Hauptteil machen Beschreibungen von Grabungsfunden in Wort und Bild aus. Bei den Alamanen sind auch Untersuchungen von Gräberfeldern und Siedlungen dabei. Die Bücher strotzen vor deutscher Gründlichkeit und Wertarbeit. Definitiv empfehlenswert. Einziger Kritikpunkt meinerseits wäre, dass ein Fund eines iranischen Spatha in einem hunnischen Grab im Buch: "Das Gold der Barbarenfürsten" besser abgebildet ist.

http://img110.imageshack.us/img110/159/clipboard03vq8.th.jpg (http://img110.imageshack.us/my.php?image=clipboard03vq8.jpg)

Dörfler, Lexikon der Handfeuerwaffen/Lexikon der Waffen im 1. und 2. Weltkrieg/Lexikon der Hieb- und Stichwaffen
Bücher aus dem Ostblock, gute und viele Abbildungen, leider kleinformatig.

Lexikon Handfeuerwaffen: Deckt die Zeit von 1350-1896 ab. Rein europäische Waffen. Die Abbildungen zeigen oft nur Schaft und Schloss, an Daten bekommt man den Schmied, das Kaliber und die Gesamtlänge des Stücks, dazu eine kurze Beschreibung. Streift so ziemlich alles, inklusive der Wasserfesten Schlösser, erste Schwarzpulver-Repitiertsysteme und einige Hinterladersysteme. Technisch interessierte sind mit älteren Büchern besser bedient, da diese bei schlechteren Abbildungen der technischen Beschreibung der Schlösser mehr Platz lassen. Trotzdem ein schönes Buch.

Lexikon Waffen 1. und 2. Weltkrieg: VInhaltlich ähnlich, allerdings mit Vollansichten anstelle der Ausschnitte.

Lexikon Hieb- und Stichwaffen: Länge und Breite der Objekte sind angegeben, Rest inhaltlich vergleichbar. Meist wurde blos der Griff und die Parier abgelichte. Es gäbe bessere Bücher aus derselben Zeit und Region, die sind aber nur noch antiquarisch erhältlich. Oakshotts Werk stellt eine vertretbare Alternative für den kleinen Geldbeutel dar.

Oakeshott The sword in the age of chivalry
Eine Fortschreibung von Behmers Typologie von migrationsperiodischen Spathen und Wheelers Typologie für "Wikingerschwertern" ins Mittelalter bis ins Jahre 1550. Es ging ihm darum, aus einer kombinierten Analyse von Knauf, Griff, Parier und Klinge eine Typologie zu erzeugen, welche eine klare zeitliche Zuordung von Fundobjekten ermöglichen würde. Ob er erfolgreich war, weiß ich nicht. Zur Beschreibung von Schwertern hat sich seine Typologie auf jeden Fall im englischsprachigen Raum durchgesetzt, auch wenn es Schwerter gibt, die von dieser nicht erfasst werden.
Das Buch ist umfassend. Die Beschreibungen der 24 Typen detailiert, ihre Dokumentation durch Photographien erhaltener Exemplare und Nachzeichnungen aus zeitgenössischer Kunst sehr gut. Weitere Unterkapitel behandeln Varianten des Knaufs, des Griffs und der Parier. Empfehlenswert.

Wenn man blos an Knäufen interssiert ist, gibt es: " Die Schwerter und Schwertknäufe der Sammlung Carl von Schwerzenbach, Bregenz", ein etwa fünfmal so umfassendes Werk zu dem Thema.

Robinson, "Oriental Armour"
Eine Einführung in das Gebiet der Nah- und Fernöstlichen Rüstungen, nicht mehr und nicht weniger. Inhaltlich ist das Buch extrem schlecht gealtert und bedarf dringendst einer Überarbeitung. Es gibt inzwischen sehr gute Funde aus dem nahen Osten, aus China und chinesische Funde auf russischem Gebiet, welche erwähnt gehören. Die zeitgenössischen Abbildungen sind ja leider sehr undetailiert. Auch Korea wird sträflich vernachlässigt, obwohl sie bald mehr herzuzeigen haben als die Chinesen und ihr Einfluss auf Japan nicht zu unterschätzen ist. Als Startpunkt ist das Werk gut, aber es mangelt ihm leider an vielen Stellen.

Lindholm, "Fighting with the Quarterstaff"
Eine Einführung in zweihundert Jahre europäischen Stockkampf. Lindholm stellt sechs Meister, vier Engländer und zwei Deutsche vor und präsentiert jeweils ein Stück ihrer Theorie und ihrer praktischen Anweisungen. Gut, wenn man sich ein wenig in das Gebiet einlesen will, aber kein Ersatz für die umfassenderen bearbeiteten Editionen der vorhandenen Fechtbücher.

Hall, Weapons and Warfare in Renaissance Europe
Hall ist ein Technologiehistoriker und sein Thema hier ist die Geschichte des Schwarzpulvers und der Schwarzpulverwaffen. Was ihn interessiert, ist wie Schwarzpulver hergestellt und eingesetzt wurde und welche schon vorhandenen Beschränkungen sozialer, organisatorischer und technischer Art die Methoden des Einsatzes formten.
Neben Schwarzpulver und der Ballistik von glatten Läufen schreibt er deswegen auch über die strategischen und taktischen Beschränkungen und den Einsatz von Kavallerie, Infanterie und Schützentruppen, bzw Belagerungsmaschinen und Befestigungen. Ich halte das Buch für sehr empfehlenswert, wenn man eine weniger romantische Version vom "Ende des Mittelalters herbeigeführt durch das Schwarzpulver" lesen möchte.

Talhoffer/Rector Medieval Combat
Eine Reproduktion von Hans Talhoffers Fechtbuch. Ein blutiges Bilderbuch ohne verwertbaren Inhalt verglichen mit andere Fechtbüchern. Vielleicht kann man einen Kick aus den Duellschilden und dem Duell: "Mann in einem Loch vs Frau mit Stein in einem Sack" bekommen, aber sonst gibt es nichts, was das Werk empfehlenswert machen würde.

Souyri "The World turned upside down"
Ein Buch über den Wandel der japanischen Gesellschaft von der Heian- bis in die Edoperiode. Beschäftigt sich damit, wie Veränderungen im Landbesitz und in den religiösen und kulturellen Vorstellungen Konflikte und Lösungen für diese hervorbrachten.

Maruyama "Loyalität und Rebellion"
Ein rechtsphilosophisches Werk über die Definition von Loyalität, Rebellion und Rechtlichkeit in Japan. Schwer zu lesen, erweitert aber vieles, was in obigem Werk nur angeschnitten werden kann. Zumindest im ersten Kapitel. Der Rest behandelt die Rezeption und Veränderungen dieser Vorstellungen während der Meiji-Restauration.